Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 17.550 S (darin 2.925 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Beide Streitteile beschäftigen sich mit der Entwicklung und Fertigung hochspezialisierter Werkzeuge und Anlagen zur Herstellung von Spritzgußteilen für weiches Kunststoffmaterial. Die Beklagte nützt dabei ein Franz S***** erteiltes europäisches Patent Nr 0162037 und das japanische Patent Nr 52767. Die klagende Partei wurde von ehemals bei der Beklagten in leitender Position beschäftigten Mitarbeitern gegründet. Sie ist nicht das einzige Unternehmen, in dem frühere Mitarbeiter der Beklagten unter anderem mit der Erzeugung und Vermarktung von Spritzgußwerkzeugen tätig sind. Dies trifft auch für zwei weitere in Wels ansässige Unternehmen zu, die von der Beklagten am 19. 8. 1997 wegen Verletzung des europäischen Patents Nr 0162037 geklagt wurden. Beide Verfahren sind beim Handelsgericht Wien anhängig.
Im Jänner 1997 richtete die Beklagte das nachstehende Schreiben an die V***** AG in Gelnhausen, Deutschland, und die E***** GmbH in Schwertberg:
"......
Uns ist bekannt geworden, daß am Markt von verschiedenen Unternehmen, in welchen (teilweise in leitender Funktion) frühere Mitarbeiter unseres Unternehmens tätig sind, Spritzgußwerkzeuge für LSR bzw Elastomerverarbeitung in hohen Kavitätenzahlen angeboten werden.
In diesem Zusammenhang möchten wir auf unser europäisches Patent Nr 0162037 hinweisen, das in allen angegebenen Vertragsstaaten in Kraft ist. Wir ersuchen Sie..... bei den Ihnen offerierten und eventuell von Ihnen eingesetzten Werkzeugsystemen sicherzustellen, daß diese in den Schutzumfang unserer EP-B1-0162037, die wir zu Ihrer Information beilegen, nicht eingreifen.
Im besonderen weisen wir darauf hin, daß es eine Ausführung gibt, bei der die im Werkzeug angeordnete Düsentechnologie (Heiß-Kalttrennung) dem vorgenannten europäischen Patent-Nr 0162037 entspricht, bei der am Spritzgußteil nur ein kleiner Punktanguß sichtbar ist, anstatt wie üblich der Kreisring der Düse und Punktanguß.
Sie werden Verständnis dafür haben, daß wir im Fall einer unerlaubten Nutzung unserer Patentschutzrechte, die uns zustehenden Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche gegenüber solchen unberechtigten Benutzern geltend machen werden.
Gerne stehen wir Ihnen für ein klärendes Gespräch zur Verfügung, falls Sie feststellen sollten, daß Ihnen von einem Ihrer Lieferanten ein in den Schutzbereich unseres europäischen Patentes fallendes Spritzgußwerkzeug geliefert wurde, um eine für Ihr Unternehmen tragbare Lösung zur Weiterbenutzung dieses Spritzgußwerkzeuges zu finden....."
Unter Hinweis auf das aufrechte Patent Nr 52767 richtete die Beklagte ein sinngemäß gleichlautendes Schreiben in englischer Sprache an die japanische Firma C***** & Co Ltd.
Die Klägerin begehrt die Unterlassung von Behauptungen, die den Vorwurf des Eingriffs in das zugunsten der Beklagten bestehende europäische Patent Nr 162037 durch die Klägerin bedeuten oder als solche verstanden werden können, ferner den Widerruf der - wenngleich in Form eines Verdachts geäußerten - Behauptungen, die den Vorwurf des Eingriffs in die zugunsten der Beklagten bestehenden Patente durch die Klägerin bedeuten oder als solche verstanden werden können gegenüber der V***** AG, der E***** GmbH und der C***** & Co Ltd. Des weiteren begehrt die Klägerin Urteilsveröffentlichungen. Die Beklagte habe in ihrem an mehrere potentielle Kunden der Klägerin gerichteten Schreiben die unwahre Behauptung aufgestellt, die von der Klägerin angebotenen und hergestellten Spritzgußwerkzeuge griffen in ihre Patentrechte ein. Eine derartige - wenngleich in Verdachtsform geäußerte - Behauptung sei geeignet, den Betrieb des klägerischen Unternehmens zu schädigen, verstoße gegen die guten Sitten und sei auch irreführend im Sinn des § 2 UWG.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Die beanstandeten Schreiben seien weder nach österreichischem noch nach deutschem noch auch nach japanischem Recht wettbewerbswidrig. Die Beklagte habe darin nicht behauptet, die Werkzeuge der Klägerin verletzten ihr Patent. Dies sei aber tatsächlich der Fall. Die Beklagte habe sich darauf beschränkt, einige Kunden auf ihr Patent hinzuweisen und sie gebeten sicherzustellen, daß die von ihnen verwendeten Werkzeuge nicht in diese Patente eingreifen. Dabei habe sie auf ein besonderes - bei den Werkzeugen der Klägerin nicht verwirklichtes - Merkmal hingewiesen, an dem Patentverletzungen erkennbar seien und ein klärendes Gespräch angeboten. Es sei ihr gutes Recht, Dritte vor den Folgen einer Patentverletzung zu warnen. Hingegen habe sie eine unberechtigte Abnehmerverwarnung nicht ausgesprochen.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren statt und verpflichtete die Beklagte zum Widerruf gegenüber der V***** AG und der E***** GmbH. Das gegenüber der C***** & Co Ltd erhobene Widerrufsbegehren wie auch das Begehren auf Urteilsveröffentlichung wies es ab. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche seien nach dem Recht des Landes zu beurteilen, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirke. Seien die Märkte mehrerer Staaten betroffen, müßten die Folgen nach dem Recht jedes einzelnen Staates gesondert beurteilt werden. Das Schreiben der Beklagten verstoße sowohl gegen § 7 öUWG als auch gegen § 14 dUWG. Es gehe über eine Schutzrechtsverwarnung hinaus, indem es nicht nur auf das Recht der Beklagten hinweise und vor Schutzrechtsverletzungen warne, sondern - in seinem Tatsachenkern - auch den Vorwurf der Patentverletzung durch namentlich nicht genannte, aber näher umschriebene Mitbewerber enthalte. Angesichts des beschränkten Kreises von Anbietern und Kunden, denen bekannt sei, daß es sich bei den Gesellschaftern der Klägerin um frühere Mitarbeiter der Beklagten handle, hätten die Empfänger des Schreibens den Eindruck erhalten, die Klägerin verletze das Patent. Diese - im Kern nachprüfbare - Behauptung erwecke aber eine nachteilige Meinung über den Geschäftsbetrieb der Klägerin, die zu einem Schaden des betroffenen Unternehmens oder zu einer Kreditschädigung seines Inhabers führen könne. Die Beklagte sei für die Richtigkeit der Behauptung beweispflichtig, habe den Wahrheitsbeweis aber nicht erbracht. Der Unterlassungsanspruch sei in § 7 UWG und § 14 dUWG begründet. § 7 Abs 1 UWG räume dem Verletzten neben der Unterlassung auch einen Anspruch auf Widerruf ein. Der Widerrufsanspruch gegenüber den deutschen Kunden der Klägerin ergebe sich aus § 1004 Abs 1 Satz 1 BGB und sei gleichfalls begründet. Hingegen fehle das für die begehrte Urteilsveröffentlichung im Sinn des § 25 Abs 3 UWG und § 23 Abs 1 dUWG erforderliche Informationsbedürfnis, weil der in Betracht kommende Personenkreis sehr klein sei und im übrigen schon durch den Widerruf aufgeklärt werde.
Das Berufungsgericht bestätigte - insoweit rechtskräftig - die Abweisung des Widerrufsbegehrens gegen die C***** & Co Ltd mit Teilurteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insoweit 52.000 S nicht übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Im übrigen hob es das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 2 und Abs 2 ZPO zulässig sei. Der Inhalt des von der Beklagten verfaßten Schreibens könne von seinen Empfängern nur so aufgefaßt werden, daß darin der gegen die Klägerin gerichtete Vorwurf einer Patentverletzung erhoben werde. Dieser Vorwurf sei kein reines Werturteil, weil er in seinem Kern eine nachprüfbare Tatsachenbehauptung enthalte.
Im erstinstanzlichen Verfahren sei nun offengeblieben, ob die Klägerin tatsächlich das von der Beklagten benutzte Patent verletzte. Auch die Feststellungen des Erstgerichts, wonach die Werkzeuge der Klägerin nicht der im Schreiben angeführten Ausführung entsprechen (bei der am Spritzgußteil ein kleiner Punktanguß, anstatt wie üblich der Kreisring der Düse und ein Punktanguß sichtbar sei), lasse diese Frage offen. Die Beklagte habe eine Patentverletzung durch die Klägerin behauptet und die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür beantragt, daß die von der Klägerin angebotenen Werkzeuge in den Schutzbereich ihres Patents fallen. Diesem Beweisantrag hätte das Erstgericht - das offensichtlich nicht über die erforderlichen fachmännischen Kenntnisse zur Beurteilung eines möglichen Patenteingriffs verfüge - stattgeben müssen. Die Beklagte rüge daher zu Recht, daß das erstgerichtliche Verfahren mangelhaft geblieben sei.
Auch für die Frage der Berechtigung der begehrten Urteilsveröffentlichung sei zunächst zu klären, ob die Klägerin das Patent verletzt habe. Nur in einem solchen Fall wäre das Urteilsveröffentlichungsbegehren jedenfalls unberechtigt. Habe die Klägerin aber das Patent nicht verletzt, komme es darauf an, welchem Personenkreis gegenüber die Beklagte ihre Behauptungen aufgestellt habe. Dazu habe die Klägerin vorgebracht, die Aussendungen der Beklagten seien über die namentlich genannten Firmen hinaus an einen größeren Personenkreis gegangen, damit sei aber ein unbestimmter und größerer Kreis angesprochen worden. Sie habe sich dabei erfolglos auf einen Zeugen berufen. Ansprüche auf Widerruf einer herabsetzenden Tatsachenbehauptung und auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung könnten im Einzelfall dann nebeneinander bestehen, wenn die Behauptung nicht nur ihrem eigentlichen Adressaten, sondern darüber hinaus auch noch einem weiteren unbestimmten Personenkreis zur Kenntnis gekommen sei. Die bisherigen Verfahrensergebnisse ließen eine Beurteilung des von der Äußerung der Beklagten angesprochenen Personenkreises nicht zu. Das Erstgericht werde im fortgesetzten Verfahren mit der Beklagten zu erörtern haben, an welche Personen ihr Schreiben über den namentlich genannten Personenkreis hinaus gerichtet war. Erst dann könne beurteilt werden, ob dieser Personenkreis als ein "größerer" oder "unbestimmter" zu beurteilen sei. Sollte sich die Beklagte nicht bereit erklären, über den von ihr angesprochenen Personenkreis Auskunft zu geben, gebiete es der Grundsatz von Treu und Glauben, die Beklagte so zu behandeln, als ob die herabsetzende Tatsachenbehauptung einem nicht überschaubaren und daher unbestimmbaren Kreis zugekommen wäre. In diesem Fall käme dem Urteilsveröffentlichungsbegehren jedenfalls Berechtigung zu.
Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit der Beklagten, worin sie die aus ihrem Schreiben hervorgehende Patentverletzung im einzelnen erblicken, ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen haben, ob die Klägerin tatsächlich in den Schutzbereich des europäischen Patents Nr 0162037 eingreife. Könne kein Patenteingriff der Klägerin festgestellt werden, wäre das Widerrufsbegehren gegenüber der E***** GmbH und der V***** AG zu bejahen. Könne eine Patentverletzung verneint werden, sei der angesprochene Personenkreis zu klären, um beurteilen zu können, inwieweit neben dem Widerruf das Urteilsveröffentlichungsbegehren berechtigt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen den Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 48 Abs 2 IPRG sind aus unlauterem Wettbewerb erwachsene Ansprüche nach dem Recht jenes Staates zu beurteilen, auf dessen Markt sich der Wettbewerb auswirkt (Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht2 17 f; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 Rz 17 ff zu § 21; Schwimann in Rummel, ABGB2 Rz 11 zu § 48 IPRG). Werden herabsetzende Behauptungen im Sinn des § 7 UWG in einem Schreiben aufgestellt, ist Begehungsort nicht der Wohnort oder Sitz des Beklagten (wo er den Brief verfaßte oder von wo er ihn absendete), sondern jener Ort, an dem die von den Behauptungen betroffene Ware mit jener des Klägers in Konkurrenz tritt (SZ 45/94). Die Vorinstanzen haben den vorliegenden Sachverhalt angesichts der an Kunden in Österreich und Deutschland gerichteten Schreiben damit zu Recht nach österreichischem und deutschem Wettbewerbsrecht beurteilt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, Unterlassungs- und Widerrufsansprüche seien schon deshalb nicht berechtigt, weil sie weder (unrichtige) Tatsachen behauptet oder verbreitet habe noch auch eine (unberechtigte) Schutzrechtsverwarnung ausgesprochen habe; die Annahme einer Schutzrechtsverwarnung scheide schon deshalb aus, weil sie weder eine Patentverletzung ausdrücklich behauptet noch die Unterlassung weiterer Patentverletzungen ausdrücklich und unbedingt verlangt habe.
Der von Lehre und Rechtsprechung geschaffene Begriff der "Schutzrechtsverwarnung" umfaßt außergerichtliche - der Verletzung gewerblicher Schutzrechte entgegenwirkende - Maßnahmen des Schutzrechtsinhabers gegen (vermeintliche) Verletzer oder deren Abnehmer (John, Die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung im deutschen und österreichischen Recht GRURInt 1979, 236 ff; GRUR 1995, 424). Schutzrechtsverwarnungen enthalten im allgemeinen die Behauptung, Inhaber eines bestimmten Schutzrechts zu sein, verbunden mit der Aufforderung, ein bestimmtes, dieses Schutzrecht angeblich beeinträchtigendes Verhalten zu unterlassen (Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht20 Rz 9 zu § 14 dUWG; von Gamm, Wettbewerbsrecht I5, 960 Rz 14 zu Kapitel 49; Schulte, dPatG5 Rz 40 zu § 139 (§ 47); Bruchhausen in Benkard, dPatG Rz 13 vor §§ 9 bis 14 PatG; GRUR 1997, 896). Soweit Schutzrechtsverwarnungen sachlich begründet sind, werden sie in Lehre und Rechtsprechung als in Wahrnehmung berechtigter Interessen des Schutzrechtsinhabers zulässig beurteilt (von Gamm aaO 963 Rz 18 zu Kapitel 49). Sie werden hingegen dann als unberechtigt angesehen, wenn das behauptete Schutzrecht nicht, noch nicht oder (rückwirkend infolge Vernichtung) nicht mehr besteht, ein weiterer als tatsächlich bestehender Schutzumfang behauptet wird oder wenn die beanstandete Handlung nicht begangen wurde (Fitz/Gamerith aaO 33;
John aaO 236; Schulte aaO 928 Rz 42 zu § 139 mwN; von Gamm 963 Rz 19 zu Kapitel 49; Bruchhausen in Benkard aaO Rz 17 vor §§ 9 bis 14;
Baumbach/Hefermehl aaO Rz 8 zu § 14). Die Rechtswidrigkeit der Verwarnung wird nach objektiven Gesichtspunkten beurteilt; auf den guten Glauben des Warnenden kommt es dabei nicht an (Bruchhausen in Benkard Rz 17 vor §§ 9 bis 14).
Ob nun die einem Abnehmer gegenüber geäußerte (unberechtigte) Schutzrechtsverwarnung gegen § 7 UWG bzw § 14 dUWG verstößt, hängt davon ab, ob die Verwarnung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung qualifiziert wird. Während Lehre und Rechtsprechung in Österreich in der Behauptung, jemand verletze ein Patent, eine Tatsachenbehauptung und kein Werturteil erblicken (ÖBl 1977, 11 - Stahlkanalverbau; Fitz/Gamerith aaO 33; John aaO 242 mN; Koppensteiner aaO Rz 9 zu § 26), war die Rechtsprechung des Reichsgerichts zu dieser Frage nicht einheitlich (vgl von Gamm aaO 961 Rz 16 zu Kapitel 49; John aaO 241; Bruchhausen in Benkard aaO Rz 15 vor §§ 9 bis 14). Der BGH hat diese Frage bislang offengelassen, hat jedoch die Möglichkeit der Anwendung des § 14 dUWG bei unbegründeten Schutzrechtsverwarnungen gegenüber Dritten (Abnehmern) bejaht (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 8 zu § 14 mwN; Bruchhausen in Benkard aaO Rz 15 vor §§ 9 bis 14).
Die Lehre in Deutschland vertritt die Auffassung, eine Abnehmerverwarnung könne Tatsachenbehauptung oder Werturteil sein, je nachdem wie die Äußerung im konkreten Einzelfall nach Inhalt und Begleitumständen von den angesprochenen Empfängern aufgefaßt werde. Der Umstand, daß die Verwarnung eine Schlußfolgerung aus Tatsachen sei, schließe den Charakter der Tatsachenbehauptung nicht aus (von Gamm aaO 962 f, Rz 17 und 18 zu Kapitel 49; Bruchhausen in Benkard aaO Rz 15 vor §§ 9 bis 14). Der Vorwurf einer Patent-, Muster- oder Zeichenverletzung sei jedenfalls kein reines Werturteil, sondern im Kern eine Tatsachenbehauptung, sei doch die Tatsache der Verletzung objektiv nachprüfbar (Baumbach/Hefermehl aaO Rz 8 zu § 14 mwN).
Ob nun das Schreiben der Beklagten eine unberechtigte Schutzrechtsverwarnung im Sinn der dargelegten Definition der Lehre enthält (was die Revision unter Hinweis auf das Fehlen eines ausdrücklichen und unbedingten Unterlassungsgebots und der ausdrücklichen Behauptung eines Patentverstoßes verneint), ist im vorliegenden Fall nicht entscheidenswesentlich. Es kommt vielmehr darauf an, ob die in ihrem Schreiben an Abnehmer getroffenen Aussagen der Beklagten die für die Angesprochenen erkennbare (nach dem Standpunkt der Klägerin unrichtige) Tatsachenbehauptung enthalten, die Klägerin verletze ihr Patent. Ob dieser Vorwurf dem Schreiben der Beklagten entnommen werden kann, richtet sich nach Lehre und Rechtsprechung in Österreich und Deutschland nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise bei ungezwungener Auslegung (Koppensteiner aaO Rz 7 zu § 26, Baumbach/Hefermehl aaO Rz 20 zu § 14 dUWG); dabei kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den daraus ermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung an (SZ 68/177 = ÖBl 1996, 124 - Leserverblödung). Bei mehrdeutigen oder unklaren Angaben muß der Äußernde stets die ungünstigste Auslegung - sofern sie noch ernstlich in Betracht kommt - gegen sich gelten lassen (MR 1994, 111 - Nazijournalismus; Fitz/Gamerith aaO 33, Baumbach/Hefermehl aaO Rz 20 zu § 14 dUWG). Dabei muß auch das von der Äußerung betroffene Unternehmen nicht namentlich bezeichnet werden, es genügt, daß es von der Äußerung erkennbar betroffen oder mitbetroffen wird (Koppensteiner aaO Rz 8 zu § 26 mwN).
Bei Anwendung dieser Grundsätze unterliegt es keinem Zweifel, daß die angesprochenen Abnehmer schon angesichts des beschränkten Kreises von Anbietern, auf die sich die Behauptungen der Beklagten beziehen konnten, dem Schreiben der Beklagten die (zumindest konkludente) Tatsachenbehauptung entnehmen konnten, die Klägerin verletze das von der Beklagten genutzte Patent. Auch die in Abs 3 des Schreibens aufgenommene Ausführungsbeschreibung der patentverletzenden Werkzeuge schränkt die erkennbar auch gegen die Klägerin gerichtete Behauptung nicht so weit ein, daß die angesprochenen Abnehmer hätten erkennen können, daß die Klägerin vom Vorwurf nicht betroffen sein sollte. Ist aber die Klägerin - wie hier - vom Vorwurf der Patentverletzung erkennbar betroffen, muß auch ihre Klagslegitimation entgegen der Auffassung des Rekurses bejaht werden.
Der Vorwurf der Patentverletzung vermittelt eine nachteilige Meinung über das Unternehmen der Klägerin und die von ihr vertriebenen Produkte und ist geeignet, das Unternehmen der Klägerin und ihren Kredit zu schädigen (ÖBl 1977, 11; Koppensteiner aaO Rz 12 zu § 26; Baumbach/Hefermehl aaO Rz 8 zu § 14). Es liegt daher an der Beklagten, den Beweis für die Richtigkeit der ihrer Mitteilung zu entnehmenden Tatsachenbehauptung zu erbringen.
Die Beklagte hat im Verfahren vor dem Erstgericht eine Patentverletzung behauptet, die Einholung des dazu von ihr beantragten Sachverständigengutachtens ist unterblieben. Die vom Berufungsgericht beschlossene Aufhebung und Rückverweisung zur Klärung der Frage, ob die Klägerin in das Patent der Beklagten eingreife (womit der Beweis für die Richtigkeit der von der Beklagten verbreiteten Tatsache erbracht wäre) ist daher berechtigt.
Zur Berechtigung des Widerrufsbegehrens gegenüber den beiden Abnehmern in Österreich und Deutschland wird auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichts verwiesen (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Widerrufsbegehren ist nach § 7 Abs 1 UWG bzw - der deutschen Abnehmerin gegenüber - im Beseitigungsanspruch des § 1004 BGB (Benkard Rz 18 vor §§ 9 bis 14; Bernhardt, Lehrbuch Patentrecht4 679) dann begründet, wenn sich die Behauptung der Beklagten als unwahr herausstellen sollte.
Die von der Klägerin begehrte Urteilsveröffentlichung setzt sowohl nach deutschem als auch nach österreichischem Recht ein schutzwürdiges Interesse der obsiegenden Partei an der Aufklärung des Publikums voraus (§ 25 Abs 3 UWG und § 23 Abs 2 dUWG), welches hier - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte - nur dann angenommen werden könnte, wenn ein Patenteingriff der Klägerin nicht festgestellt werden kann (die Beklagte somit den Wahrheitsbeweis nicht erbracht hätte), die Äußerung der Beklagten über die namentlich genannten Abnehmer hinaus einem nicht überschaubaren und daher unbestimmbaren Personenkreis bekanntgeworden wären und damit der Widerruf gegenüber den beiden namentlich genannten Abnehmern nicht genügte, um die über die Behauptung der Beklagten informierte Öffentlichkeit aufzuklären (vgl WBl 1994, 385; Baumbach/Hefermehl aaO Rz 9 zu § 23 dUWG). Die zur Beurteilung dieser Frage erforderlichen Feststellungen fehlen.
Das Berufungsgericht hat damit zu Recht die Entscheidung des Erstgerichts aufgehoben und diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung im angeführten Sinn aufgetragen. Dem dagegen erhobenen unberechtigten Rekurs ist ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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