OGH 7Ob317/03y

OGH7Ob317/03y25.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Anita P*****, vertreten durch Dr. Berndt Schön, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Antragsgegner Siegfried P*****, vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in Hall in Tirol, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens nach §§ 81 ff EheG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 16. September 2003, GZ 51 R 86/03a-37, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 20. Mai 2003, GZ 2 F 30/00m-32, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Parteien haben ihre Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 16 Abs 3 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichtes hängt die Entscheidung dieser Rechtssache nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ab:

Rechtliche Beurteilung

Der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse erlischt, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird (§ 95 EheG). Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist dies eine von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Präklusiv(Fall- oder Ausschluss-)frist, deren Nichteinhaltung zum Anspruchsverlust führt, ohne dass auch nur eine Naturalobligation bestehen bleibt (4 Ob 285/01t, 1 Ob 113/99w, RIS-Justiz RS0057726, RS0116131, RS0110013).

Ebenso ist es ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass jedenfalls bei Scheidungen aus Verschulden gemäß § 49 EheG die Präklusivfrist des § 95 EheG auch dann zu laufen beginnt, wenn in einem Teilurteil zunächst nur über das Scheidungsbegehren erkannt wurde und über die definitive Verschuldensaufteilung noch mittels Endurteils abzusprechen ist oder ein Scheidungsurteil mit Verschuldensausspruch nur im letzteren Punkt bekämpft wurde; ist doch die mangelnde Anfechtung des Scheidungsausspruchs insoweit einem Rechtsmittelverzicht gleichzuhalten (8 Ob 11/03f, 7 Ob 325/01x; RIS-Justiz RS0041294, RS0057735, RS0057493).

Die zwischen den Streitteilen am 28. 10. 1978 geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes Hall in Tirol vom 21. 6. 1999, 2 C 23/98z (2 C 48/98a)-13, nach § 49 EheG aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Dieses Scheidungsurteil wurde jeweils am 24. 6. 1999 zugestellt. Während der Antragsgegner das Scheidungsurteil ausschließlich bezüglich des Ausspruchs seines überwiegenden Verschuldens am Scheitern der Ehe bekämpfte, hat die Antragstellerin gegen das Scheidungsurteil kein Rechtsmittel ergriffen. Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 23. 9. 1999, 1 R 471/99t, wurde der Berufung des Antragsgegners keine Folge gegeben. Mit verfahrenseinleitendem Schriftsatz vom 29. 9. 2000, beim Erstgericht eingelangt am 3. 10. 2000, begehrte die Antragstellerin nach §§ 81 ff EheG die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass daher der Scheidungsausspruch mangels Anfechtung in Teilrechtskraft erwachsen ist und die Berechnung der Frist des § 95 EheG nach der Rechtskraft dieses Teiles der Entscheidung zu berechnen ist und der gegenständliche Aufteilungsantrag nach Fristablauf eingebracht wurde, hält sich an die oben dargelegte Judikatur. Ein Zweifel über den Umfang der Bekämpfung des erstinstanzlichen Urteils durch den Antragsgegner, der die Scheidungsklage erhoben hat, kann nicht bestehen.

Der Grundsatz, dass Präklusivfristen von Amts wegen wahrzunehmen sind, bedeutet, dass es nicht der formellen Erhebung von Einwendungen bedarf. Die tatsächlichen Voraussetzungen müssen aber bereits im Verfahren erster Instanz behauptet und bewiesen werden bzw aus den Prozessakten klar hervorgehen (5 Ob 47/02a, RIS-Justiz RS0034551). Die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass hier aus dem dem Verfahren zugrunde liegenden Ehescheidungsakt die entsprechenden Daten eindeutig hervorgehen und daher der Ablauf der Präklusionsfrist von Amts wegen auch erst im Rechtsmittelverfahren im Rahmen der allseitigen rechtlichen Überprüfung ohne entsprechenden Einwand des Antragsgegners berücksichtigt werden muss, hält sich also ebenfalls im Rahmen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Es standen daher keine wesentlichen Rechtsfragen zur Entscheidung an. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG. Trotz Misserfolgs eines Revisionsrekurses können Billigkeitserwägungen dazu führen, dass dem Gegner kein Kostenersatz für die Beantwortung des Rechtsmittels zuerkannt wird (RIS-Justiz RS0008509). Die Verfristung des Aufteilungsanspruches wurde erstmals vom Rekursgericht von Amts wegen wahrgenommen. In der Revisionsrekursbeantwortung wurde demnach die entscheidende Judikatur des Obersten Gerichtshofs nicht dargelegt.

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