Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Vater Kurt S***** hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
In dem anlässlich ihrer Ehescheidung geschlossenen, pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleich kamen die Eltern der mj Lisa S***** überein, dass die Obsorge der Mutter zustehen solle. Der Vater verpflichtete sich, ab 1. 9. 1993 monatliche Unterhaltsbeiträge von 4.300 S zu zahlen. Am 25. 5. 2001 beantragte die Mutter, die Unterhaltsbeiträge ab 1. 7. 1998 auf 10.000 S zu erhöhen. Diesen Antrag modifizierte sie am 10. 7. 2002 dahin, dass der Vater zur Zahlung des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfsatzes verpflichtet werden solle.
Der Vater verwies darauf, dass er ab 1. 7. 1998 auf Grund einer außergerichtlichen Vereinbarung mit der Mutter 6.130 S monatlich an Unterhalt zahle und erklärte sich lediglich mit einer Erhöhung des Unterhaltsbeitrages ab 1. 6. 2001 auf 6.800 S monatlich einverstanden.
Das Erstgericht erhöhte mit Beschluss vom 14. 11. 2002 die Unterhaltsbeiträge ab 1. 7. 1998 jährlich gestaffelt auf insgesamt 679,50 EUR, 683,13 EUR, 695,85 EUR und 720 EUR sowie vom 1. 7. 2002 bis 30. 9. 2002 auf insgesamt 732,50 EUR und ab 1. 2. 2002 auf insgesamt 860 EUR. Die bis zur Rechtskraft des Beschlusses aufgelaufenen Unterhaltsrückstände abzüglich der ab 1. 7. 1998 geleisteten Zahlungen seien binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im Voraus zu zahlen.
Das Rekursgericht bestätigte folgende Teilzusprüche:
Unterhaltserhöhung vom 1. 7. 1998 bis 30. 6. 2000 um 232,61 EUR auf 545 EUR, vom 1. 7. 2000 bis 30. 6. 2001 um 242,61 EUR auf 555 EUR, vom 1. 7. 2001 bis 30. 6. 2002 um 262,61 EUR auf 575 EUR, vom 1. 7. 2002 bis 30. 9. 2002 um 272,61 EUR auf 585 EUR und ab 1. 10. 2002 um 375,61 EUR auf 690 EUR. Weiters bestätigte es den erstgerichtlichen Beschluss "hinsichtlich des Leistungsbefehls ab 14. 11. 2002". Hinsichtlich des Erhöhungsmehrbegehrens "und in seinem Leistungsbefehl bis 14. 11. 2002" hob es den Beschluss des Erstgerichtes auf und trug diesem insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs sowie der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Die Vorinstanzen gingen von folgendem Sachverhalt aus:
Der Vater erzielte als alleiniger Gesellschafter der Kurt S*****gesellschaft mbH im Jahr 1998 ein durchschnittliches Einkommen von 9.071 EUR, 1999 von 9.082 EUR und 2000 von 9.118 EUR monatlich. Das Durchschnittseinkommen innerhalb dieser ja drei Jahre errechnet sich daher mit 9.090 EUR. Der Vater erzielte dieses Einkommen auch ab dem Jahr 2001. Im August 1999 vereinbarten die Eltern eine monatliche Unterhaltsleistung des Vaters von 6.130 S, die dieser seit 1. 7. 1998 auch erbrachte. Dieser Vereinbarung lag die Annahme zugrunde, dass der Vater entsprechend seiner Steuererklärung 1997 2.325,53 EUR (32.000 S) monatlich verdiene.
Das Rekursgericht ging in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass der Minderjährigen mit Rücksicht auf das festgestellten Einkommen des Vaters der zweieinhalbfache Regelbedarf zustehe und dem Erstgericht insoweit kein Bemessungsfehler unterlaufen sei. Der außergerichtlichen Unterhaltsvereinbarung komme schon mangels gerichtlicher Genehmigung keine Relevanz zu. Ein Festhalten an der ursprünglich im Scheidungsvergleich festgelegten Relation zwischen dem Einkommen des Vaters und seiner Unterhaltspflicht komme im Hinblick auf den seither verstrichenen Zeitraum nicht in Betracht. Der Vater habe in seinem Rekurs jedoch zu Recht gerügt, dass das Erstgericht die von der Mutter bezogenen Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) nicht als unterhaltsmindernd berücksichtigt habe. Der Vater habe zwar einen derartigen Einwand nicht schon im erstinstanzlichen Verfahren, sondern erst in seinem Rekurs erhoben. Bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. 6. 2002 am 13. 9. 2002, mit dem § 12a Familienausgleichsgesetz (FLAG) teilweise aufgehoben worden sei, sei hier ein Anlassfall vorgelegen, sodass der Umstand, dass das betreffende Vorbringen erst im Rekurs erfolgt sei, nicht schade. Für die Unterhaltsbeiträge ab 1. 10. 2002 hätte zwar die Anrechnung der Transferleistungen bereits in erster Instanz begehrt werden müssen, weil die neue Rechtslage nicht mehr als Rechtsänderung während des Verfahrens zu beurteilen gewesen sei. Dennoch sei hier die Einwendung des Vaters noch rechtzeitig, weil die angefochtene Entscheidung des Erstgerichtes ergangen sei, ohne dass der unvertretene Vater (nach Veröffentlichung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes) nochmals einvernommen worden sei. Im Hinblick auf die Folgerechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (3 Ob 141/02k) und die dort dargelegte Vorgangsweise zur Berücksichtigung der Transferleistungen sei davon auszugehen, dass sich im vorliegenden Fall im Ergebnis maximal eine Unterhaltsminderung von 20 % ergeben werde. Der Beschluss des Erstgerichtes sei daher schon jetzt teilweise zu bestätigen. Im Umfang der möglichen Unterhaltsminderung durch Anrechnung der Transferleistungen sei jedoch mit einer Aufhebung vorzugehen, weil weitere Feststellungen zur Beurteilung des genauen Ausmaßes der Unterhaltsminderung, insbesondere über das Jahresbruttoeinkommen des Vaters, erforderlich seien. Der Rekurs sei auch insofern berechtigt, als das Erstgericht mit der Formulierung "abzüglich allfälliger Zahlungen" im Leistungsbefehl keinen ausreichend bestimmten Exekutionstitel im Sinn des § 7 EO geschaffen habe. Die bisherigen Zahlungen seien durch eine genaue Auflistung im Leistungsbefehl zu berücksichtigen. Der ordentliche Revisionsrekurs und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof seien zulässig, weil zur Frage der "Spaltung" des Unterhaltsverfahrens für die Zeit vor und nach der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes keine Rechtsprechung vorliege.
Der bestätigende Teil der Rekursentscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Rechtliche Beurteilung
Das nur gegen den aufhebenden Teil erhobene Rechtsmittel der Minderjährigen ist nach § 14b AußStrG zulässig, aber nicht berechtigt.
Bis zu den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 27. 6. 2001, B 1285/00 und vom 19. 6. 2002, G 7/02 (ua) ging die oberstgerichtliche Rechtsprechung entsprechend dem Wortlaut des § 12a FLAG davon aus, dass die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) zur Gänze dem Haushalt zukommen solle, in dem das Kind betreut werde, um die Betreuungslast wenigstens teilweise abzudecken. Sie sei nicht dazu bestimmt, den nicht betreuenden geldunterhaltspflichtigen Elternteil zu entlasten. Die Familienbeihilfe sei nicht auf die Unterhaltspflicht anrechenbar (1 Ob 218/00s mwN). Im Erkenntnis vom 27. 6. 2001 vertrat der Verfassungsgerichtshof eine gegenteilige Ansicht. Es sei schon auf der Grundlage des geltenden Rechtes eine steuerliche Entlastung der Unterhaltsleistungen an nicht haushaltsgehörige Kinder durch Anrechnung eines Teiles der gesetzlichen Leistungen (Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG; Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG und Familienbeihilfe § 8 Abs 2 FLAG) verfassungsrechtlich geboten.
Der Oberste Gerichtshof beantragte gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) aus Anlass anhängiger Revisionsrekurse beim Verfassungsgerichtshof, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit seinem Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 (ua) hat der Verfassungsgerichtshof im § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof wiederholte seine schon im vorher ergangenen Erkenntnis erläuterte Auffassung, dass auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe. Weil der Gesetzgeber die indirekte steuerliche Entlastung von Geldunterhaltsschuldnern auf dem Weg über "(erhöhte) Transferleistungen" spätestens seit dem BudgetbegleitG 1998, BGBl I 1998/79 bevorzuge, habe er "in Kauf genommen, dass ein Teil dieser Transferleistungen in bestimmten Situationen und in unterschiedlicher Höhe nunmehr nicht für die Kinder bestimmt" sei, "sondern der steuerlichen Entlastung der Unterhaltsverpflichteten" diene.
Der Oberste Gerichtshof hat seither in zahlreichen Entscheidungen die nach Aufhebung der Wortfolge im § 12a FLAG eingetretene neue Rechtslage bei der Unterhaltsfestsetzung berücksichtigt (RIS-Justiz RS0117015), allerdings nicht im Wege einer Judikaturänderung bei gleichbleibender Gesetzeslage, sondern im Sinn seiner Anträge auf Gesetzesaufhebung ausschließlich auf Grund der nun durch den Verfassungsgerichtshof geänderten Gesetzeslage. Die Frage der Rückwirkung hängt damit nicht von einer Änderung der Unterhaltsjudikatur des Obersten Gerichtshofes, sondern von einer Gesetzesänderung wie bei einer Änderung durch den Gesetzgeber selbst ab, also von den Übergangsbestimmungen, die der Gesetzgeber bzw der Verfassungsgerichtshof verfügt hat, hier im Besonderen in seinem zweiten Erkenntnis. Das (erstmals) im Rekurs erhobene Begehren des Vaters, die Transferleistungen unterhaltsmindernd zu berücksichtigen, gründet sich daher nicht auf eine Änderung der Rechtsprechung, die dem Vater vor Fassung des erstgerichtlichen Beschlusses bereits bekannt hätte sein müssen, sondern auf eine geänderte Gesetzeslage, auf die schon das Erstgericht Bedacht nehmen hätte können, weil das zweite Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes schon vor Fassung seines Unterhaltserhöhungsbeschlusses kundgemacht wurde.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. 6. 2002 keine rückwirkende Aufhebung des Teilsatzes im § 12a FLAG angeordnet, sondern nur ausgesprochen, dass (mit Wirkung ab Kundmachung) die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten. Daraus folgt, dass eine rückwirkende Änderung bereits ergangener rechtskräftiger Unterhaltsentscheidungen, die ausschließlich auf Grund dieser geänderter Gesetzeslage beantragt wird, nicht in Frage kommt. Wurde ein Unterhaltsabänderungsantrag - wie hier - aber schon vor der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes anhängig gemacht, ist bei der Gerichtsentscheidung darüber schon die neue Rechtslage anzuwenden. Es gilt zwar der allgemeine Grundsatz, dass bei Dauerrechtsverhältnissen im Fall einer Gesetzesänderung mangels abweichender Übergangsregelung der in den zeitlichen Geltungsbereich reichende Teil eines Dauertatbestandes nach dem neuen Gesetz zu beurteilen ist; eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die sich abschließend vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung verwirklicht haben, ist im Zweifel nicht anzunehmen (5 Ob 78/00g; 6 Ob 16/01y; RIS-Justiz RS0008715). Hier ist aber die Rückwirkung der Gesetzesänderung für bereits laufende, schon gerichtsanhängige Unterhaltsverfahren infolge der sofortigen Aufhebung der Wortfolge im § 12a FLAG durch den Verfassungsgerichtshof anzunehmen (6 Ob 159/02d).
Das Gesetz gebietet nicht zwingend eine steuerliche Entlastung des Unterhaltsschuldners. Die Entlastung hängt vielmehr von seiner Disposition ab. Der Untersuchungsgrundsatz im außerstreitigen Verfahren geht nicht so weit, dass von Amts wegen eine vom Unterhaltsschuldner gar nicht begehrte Steuerentlastung vorgenommen werden müsste, ihm also ein verzichtbarer Rechtsanspruch (Rechtsgrund) geradezu aufgedrängt wird. Den Unterhaltspflichtigen trifft daher die diesbezügliche Behauptungs- und Beweispflicht (6 Ob 159/02d; 7 Ob 167/02p; Gitschthaler, Familienbeihilfe und deren Anrechnung auf Kinderunterhaltsansprüche, JBl 2003, 9 [14]).
§ 10 AußStrG erlaubt es, im Rekurs neue Umstände und Beweismittel anzuführen. Diese Bestimmung wird in der oberstgerichtlichen Rechtsprechung so verstanden, dass sich die Neuerungserlaubnis nur auf Tatsachen bezieht, die bereits vor der erstrichterlichen Beschlussfassung eingetreten sind und dass ferner eine Einschränkung sich daraus ergibt, dass der Gesetzgeber nur neue Umstände (also Tatsachen) und Beweismittel erwähnt, nicht jedoch neue Sachanträge. Auf neue Sachanträge erstreckt sich somit die Neuerungserlaubnis nicht (6 Ob 106/00g mwN). Nach diesen Grundsätzen dürfte der Unterhaltsschuldner einen im Verfahren erster Instanz unterbliebenen Antrag auf steuerliche Entlastung im Rekursverfahren nicht mehr nachholen. Die Besonderheit des Falles liegt hier aber darin, dass die Neuerung in einer Änderung der Rechtslage infolge der Aufhebung eines Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof besteht, die der Revisionsrekurswerber im Verfahren erster Instanz naturgemäß noch nicht geltend machen konnte (musste).
Auf die geänderte Rechtslage ist vom Gericht in jeder Lage des Verfahrens Bedacht zu nehmen, soferne die neuen Bestimmungen nach ihrem Inhalt auf das in Streit stehende Rechtsverhältnis anzuwenden sind. Es hängt grundsätzlich von den Übergangsbestimmungen ab, ob eine Gesetzesänderung für ein laufendes Verfahren zu beachten ist (RS0031419), dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren, wenn die neuen materiellen Bestimmungen nach dem Übergangsrecht schon auf die im anhängigen Rechtsstreit zu klärenden Fragen anwendbar sind (1 Ob 261/01s; 10 ObS 261/01g für die Rechtslage nach einem gesetzesaufhebenden Erkenntnis des VfGH). Für gerichtsanhängige Verfahren hat der Oberste Gerichtshof schon mehrfach eine rückwirkende Anwendung der neuen Rechtslage zu § 12a FamLAG auch auf vor der Gesetzesaufhebung liegende Unterhaltsperioden bejaht (6 Ob 159/02d; 1 Ob 135/02p; 3 Ob 81/02m; 4 Ob 12/03y uva). Die Rückwirkung bedeutet eine Veränderung der Entscheidungsgrundlagen für die Vergangenheit, sodass zwar die Rechtsänderung eine der Beschlussfassung in der Unterhaltssache nachfolgende Tatsache ist, die ein Rekurswerber aber deshalb mit einer nach § 10 AußStrG zulässigen Neuerung ins Treffen führen darf, weil durch die Rechtsänderung die schon im Verfahren erster Instanz vorliegenden Tatsachen (Bezug der Familienbeihilfe durch den betreuenden Elternteil; Steuerpflicht des Unterhaltsschuldners) eine besondere Relevanz erhielten, die vom Rekurswerber aber noch nicht geltend gemacht werden konnte oder zumindest nicht geltend gemacht werden musste. Der Unterhaltsschuldner hätte zwar, wie zahlreiche andere Geldunterhaltsschuldner auch, schon auf Grund des ersten Erkenntnisses des VfGH und vor der Kundmachung des zweiten Erkenntnisses im Verfahren erster Instanz einen entsprechenden Antrag stellen können. Eine zumutbare Verpflichtung zu einer solchen Antragstellung bloß in der Hoffnung auf eine Rechtsänderung durch den VfGH bzw auf eine Änderung der oberstgerichtlichen Rechtsprechung zur Anrechenbarkeit der Transferleistungen bestand aber nicht. Der zu § 10 AußStrG judizierte Rechtssatz, dass im Verfahren erster Instanz mögliches Tatsachenvorbringen oder Beweisanbot und eine mögliche Antragstellung die Neuerung im Rekursverfahren ausschließt, setzt die Beurteilung nach der materiellen Rechtslage in erster Instanz voraus. Damals war im vorliegenden Fall aber das zweite Erkenntnis des VfGH noch nicht bekannt. Über die künftige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs konnten nur Spekulationen angestellt werden. Dem damals unvertretenen Unterhaltsschuldner ist nicht anzulasten, dass er ein mögliches Tatsachenvorbringen und eine Antragstellung auf steuerliche Entlastung im Verfahren erster Instanz unterließ. Er durfte die auf den entscheidungswesentlichen Sachverhalt rückwirkende Rechtsänderung mit zulässigen Neuerungen gemäß § 10 AußStrG auch noch im Rekursverfahren geltend machen. Dieses Ergebnis deckt sich mit demjenigen in einigen oberstgerichtlichen Vorentscheidungen, in denen - wie jeweils aus der Sachverhaltswiedergabe ersichtlich ist - die Unterhaltsschuldner ebenfalls erst im Rekursverfahren die Frage der steuerlichen Entlastung relevierten und der Oberste Gerichtshof - wenn auch ohne Begründung - dieses Thema als entscheidungswesentlich aufgriff und keineswegs eine unzulässige Neuerung annahm (3 Ob 40/02g; 3 Ob 193/02y; 3 Ob 285/01k; 1 Ob 182/02z ua).
Wie der Oberste Gerichtshof in den auf die Teilaufhebung des § 12a FLAG folgenden Entscheidungen ausgeführt hat, muss der Geldunterhaltspflichtige nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhaltes steuerlich entlastet werden. Dabei ist der Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte und steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %, bei einem Grenzsteuersatz von 41 % - wenn die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebene Absenkung proportional vorgeschrieben wird - zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 % (RIS-Justiz RS0117015). Der nach diesen Vorgaben abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren. Um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der Unterhaltsbeitrag zur Gänze im höchsten Teil des Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen Teilbetrag der nächstniedrige Grenzsteuersatz maßgebend ist. Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit b EStG) bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 lit a EStG) und Familienbeihilfe - heranzuziehen, indem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird (RIS-Justiz RS0117016; 4 Ob 52/02d; 1 Ob 79/02b und die dort angeführten Berechnungsbeispiele).
Eine abschließende Erledigung des Unterhaltserhöhungsantrages setzt Feststellungen über das zu versteuernde Jahresbruttoeinkommen des Vaters voraus, damit unter Heranziehung des Steuersatzes die steuerliche Entlastung berechnet werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Oberste Gerichtshof auch in Außerstreitsachen nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz. Er kann daher dem diesbezüglichen Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes, der auf einer zutreffenden Rechtsansicht beruht, nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0006737).
Die Ausführungen des Rekursgerichtes, dass eine Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Leistung der in der Vergangenheit aufgelaufenen Unterhaltsbeiträge "abzüglich allfälliger Zahlungen" nicht den Erfordernissen des § 7 EO entspricht und der Schuldner Anspruch darauf hat, dass ihm keine höhere Unterhaltsverpflichtung auferlegt wird als sich unter Berücksichtigung dieser Zahlungen ergibt, steht mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Einklang (RIS-Justiz RS0000588).
Der (allein) angefochtene aufhebende Teil des Beschlusses des Rekursgerichtes ist daher zu bestätigen.
Ein Kostenersatz ist im außerstreitigen Unterhaltsverfahren nicht vorgesehen, weshalb der Vater die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung jedenfalls selbst zu tragen hat.
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