OGH 3Ob285/01k

OGH3Ob285/01k30.1.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Marco Z*****, geboren am 19. Mai 1995, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Landeck als Unterhaltssachwalter aus Anlass des ordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Egon M*****, vertreten durch Dr. Simon Brüggl und Dr. Günter Harasser, Rechtsanwälte-OEG in Kitzbühel, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 4. Oktober 2001, GZ 52 R 114/01y-11, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 4. September 2001, GZ P 98/01i-6, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, den § 12a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsrekursverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung

Der Revisionsrekurswerber ist der uneheliche Vater des am 19. 5. 1995 geborenen Marco. Er ist ferner für zwei Töchter im Alter von acht und elf Jahren sorgepflichtig. Marco wird im Haushalt der obsorgeberechtigten Mutter betreut. Der Vater verpflichtete sich mit Vergleich vor der Bezirkshauptmannschaft Landeck am 2. 9. 1996 zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts für Marco von 4.700 S (= 341,56 Euro). Am 13. 7. 2001 beantragte die Bezirkshauptmannschaft Landeck als Unterhaltssachwalter des mj Marco, den Vater ab 1. 6. 2001 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 7.400 S (= 537,78 Euro) für Marco zu verpflichten. Der Vater verfüge als Hoteldirektor über ein monatliches Nettoeinkommen von 49.510 S (= 3.598,03 Euro) und sei auch unter Berücksichtigung seiner weiteren Sorgepflichten für seine beiden Töchter im Stande und verpflichtet, seinen Sohn mit dem begehrten Unterhaltsbetrag an seinen Vermögensverhältnissen angemessen teilhaben zu lassen.

Der Vater erklärte sich zu einer Unterhaltserhöhung auf 5.500 S monatlich bereit, sprach sich aber gegen den darüber hinausgehenden Erhöhungsantrag aus. Er habe für seine beiden Töchter insgesamt 10.500 S monatlich zu zahlen und wolle zwar durchaus für den Unterhalt seines Sohnes aufkommen, nicht jedoch "die Mutter mitfinanzieren".

Mit Beschluss vom 4. 9. 2001 gab das Erstgericht dem Erhöhungsantrag zur Gänze statt.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es erwog in rechtlicher Hinsicht unter anderem:

Richtig sei zwar, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, die Auffassung vertrete, dass es den Zivilgerichten im Rahmen des Unterhaltsfestsetzungsverfahrens obliege, im Falle getrennter Haushaltsführung die in höheren Einkommensstufen vom Verfassungsgerichtshof erkannte steuerentlastende Funktion von sogenannten Transferleistungen (insbesondere der Familienbeihilfe) sicherzustellen, zumal § 12a FLAG zwischen gemeinsamen und getrennten Haushalten nicht unterscheide und der nötige Ausgleich nicht im Steuerrecht und auch nicht im Zuge der Transferleistungen durchgeführt werden könne. Dieser Ansicht könne sich das Rekursgericht (wie schon in seinen Beschlüssen vom 14. 9. 2001, 52 R 102/01h, und vom 17. 9. 2001, 52 R 103/01f) nicht anschließen:

Gemäß § 12a FLAG gelte die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes und mindere nicht dessen Unterhaltsanspruch. Das Gesetz unterscheide nicht, ob ein gemeinsamer Haushalt zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Kind bzw dem Bezieher der Familienbeihilfe (§ 2 FLAG) bestehe oder nicht. Im genannten Erkenntnis habe der Verfassungsgerichtshof diese unterschiedslose Behandlung durch den Gesetzgeber ausdrücklich als nicht verfassungswidrig angesehen. Nach Auffassung des Rekursgerichts könne es nicht Sache des Zivilgerichts sein, entgegen der eindeutigen und vom Verfassungsgerichtshof auch nicht als verfassungswidrig erkannten Bestimmung des § 12a FLAG für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen mit höherem Einkommen bei getrenntem Haushalt zu sorgen, wenn dies zum Nachteil der Unterhaltsberechtigten sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zur Wahrung der Rechtseinheit zuzulassen, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Anrechnung von Transferleistungen bei getrenntem Haushalt im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

1. Der Oberste Gerichtshof stellte bereits in dem zu 6 Ob 243/01f anhängigen Revisionsrekursverfahren den Antrag, den § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 (offenkundig seinem ganzen Inhalt nach) als verfassungswidrig aufzuheben. Er erläuterte dort, dass sich das vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, entwickelte, die Familienbeihilfe betreffende Anrechnungsmodell bereits bei einer Unterhaltsverpflichtung von 40.000 S jährlich und einem Einkommen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils von unter 200.000 S jährlich auswirke. Demnach solle die Reduktion der Unterhaltsverpflichtung schon durchschnittliche Einkommen als Unterhaltsbemessungsgrundlage erfassen.

Bei Vollziehung des privatrechtlichen Unterhaltsrechts durch die ordentlichen Gerichte sei die Möglichkeit der Übernahme der vom Verfassungsgerichtshof begründeten teleologischen Reduktion des § 12a FLAG nach den für die Gesetzesauslegung im Zivilrecht maßgebenden Grundsätzen zu beurteilen. Die Familienbeihilfe sei nach der auf § 2 Abs 2 erster Satz FLAG 1967 idF BGBl I 1998/79 und § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 beruhenden ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ihrem Wesen nach Betreuungshilfe, die die Pflege und Erziehung des Kindes als Zuschuss erleichtern und die mit der Betreuung verbundenen Mehrbelastungen zumindest teilweise ausgleichen solle. Diese Sozialbeihilfe des öffentlichen Rechts sei eine besondere Form der Drittzuwendung. Der Staat verfolge damit einen doppelten Zweck. Der Mindestunterhalt des Kindes solle bei gleichzeitiger teilweiser Entlastung der Eltern von der Unterhaltspflicht gewährleistet sein. In den Gesetzesmaterialien zu § 12a FLAG idF BGBl 1977/646 werde verdeutlicht, dass die Familienbeihilfe - anders als nach der Fassung des § 12a FLAG vor dieser Novelle - zur Gänze dem Haushalt zufließen solle, in dem das Kind betreut werde. Sie diene daher nicht der Entlastung desjenigen, der gegenüber dem Kind eine Unterhaltspflicht zu erfüllen habe, dessen Haushalt es aber nicht teile. Die Familienbeihilfe sei somit kein Einkommen, das den Unterhaltsanspruch des Kindes nach § 140 Abs 3 ABGB - etwa infolge eines herabgesetzten Bedarfs - verringern könnte. Nach dem Zweck der Neufassung des § 12a FLAG durch die Novelle BGBl 1977/646 solle also die Familienbeihilfe ungeschmälert jenem Haushalt zukommen, in dem das Kind betreut werde. In der Regierungsvorlage (RV 636 BlgNR 14. GP, 11) werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Vorteil des Kinderabsetzbetrags für den Elternteil, der ein nicht zu seinem Haushalt gehöriges Kind alimentiere, für das er auch nicht die Familienbeihilfe beziehe, - abweichend von der alten Rechtslage - verloren gehe. Dieser Vorteil komme jedoch in Gestalt der höheren Familienbeihilfe unmittelbar dem anderen Elternteil zugute, der die Betreuungslast im Rahmen seines Haushalts trage. Infolge dieses eindeutigen Willens des historischen Gesetzgebers sei die Familienbeihilfe in der Rechtsprechung stets als Betreuungshilfe angesehen worden, die die Pflege und Erziehung des Kindes erleichtern und die mit seiner Betreuung verbundenen Mehrbelastungen ausgleichen solle. Daran sei an sich festzuhalten, weil es an den Voraussetzungen für die vom Verfassungsgerichtshof angeregte Rechtsfortbildung mangle. Eine teleologische Reduktion des normativen Gehalts des § 12a FLAG auf einen Anwendungsbereich, innerhalb dessen die Familienbeihilfe nicht als Ausgleich für eine überhöhte Steuerbelastung benötigt werde, sei zivilrechtlich nicht geboten. Die teleologische Reduktion verschaffe der "ratio legis" nicht gegen einen engen, sondern gegen einen überschießend weiten Gesetzeswortlaut Geltung. Die (verdeckte) Lücke bestehe also im Fehlen einer nach dem Sinn des Gesetzes notwendigen Ausnahme. Die Voraussetzung einer solchen Reduktion sei stets der Nachweis, dass eine abstrakt umschriebene Fallgruppe von den Grundwerten oder Zwecken des Gesetzes - entgegen seinem Wortlaut - gar nicht getroffen werde, weil sie sich von den "eigentlich gemeinten" Fallgruppen soweit unterscheide, dass ihre Gleichbehandlung sachlich ungerechtfertigt und willkürlich wäre. Eine teleologische Reduktion erfordere also den klaren Nachweis jenes Gesetzeszwecks, an dem sich die (den Gesetzeswortlaut letztlich) korrigierende Auslegung orientieren solle. Vom bereits dargelegten eindeutigen Willen des historischen Gesetzgebers dürfe nur dann abgegangen werden, wenn sich seither die für die Erlassung des Gesetzes maßgebenden sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten geändert hätten oder der seinerzeitige Wille mit den im positiven Recht bereits bekundeten Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers unvereinbar wäre. Keine dieser Voraussetzungen sei erfüllt. Schon der Gesetzgeber des Jahres 1977 sei sich der wirtschaftlichen Situation getrennt lebender Elternteile bewusst gewesen und habe die Familienbeihilfe gerade deshalb jenem Haushalt ungeschmälert zugeordnet, in dem die Betreuungslast für das Kind getragen werde. Dass die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs den Absichten des gegenwärtigen Gesetzgebers entsprächen und bereits Niederschlag im positiven Recht gefunden hätten, sei nicht erkennbar. Zorn (SWK 2001, 799) erläutere in Erörterung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, den Gedanken, dass die Familienbeihilfe nicht nur eine Art sozialer Förderung bzw Betreuungshilfe sei, sondern darüber hinaus auch Geldunterhaltslasten abgelten solle, was sich aus dem Ansteigen der Familienbeihilfe mit steigendem Alter des Kindes trotz einer umgekehrt proportionalen Entwicklung der Betreuungslast ergebe. Demnach sei - nach diesem Autor - spätestens seit der Erhöhung der Familienbeihilfe durch das Budgetbegleitgesetz 1998 nicht mehr zweifelhaft, dass der Gesetzgeber die Familienbeihilfe - zumindest soweit dies bei höherem Einkommen erforderlich sei - auch als Steuerrefundierung bzw Negativsteuer ansehe. Nach der in der Entscheidung 6 Ob 243/01f dargelegten Ansicht des Obersten Gerichtshofs wird jedoch mit dieser Argumentation nicht nachgewiesen, dass der Wille des gegenwärtigen Gesetzgebers den Überlegungen des Verfassungsgerichtshofs entspreche, habe doch der Gesetzgeber auch anlässlich der Erhöhung der erörterten Transferleistung durch das Budgetbegleitgesetz 1998 den § 12a FLAG nicht geändert. Damit sei aber auch der "Telos" für die angestrebte teleologische Reduktion nicht erkennbar. Der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 1998 sei vielmehr zu entnehmen, dass auch der gegenwärtige Gesetzgeber die mangelnde Entlastung des haushaltsfremden, geldunterhaltspflichtigen Elternteils bewusst in Kauf genommen habe (RV, 1099 BlgNR 20. GP, 16): Bei getrennt lebenden Ehegatten (bzw Eltern) sei es - so die Regierungsvorlage - "Sache privater Lebensgestaltung", dass ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushalts lebe. Der Gesetzesentwurf gehe davon aus, dass die durch ein Kind verursachten Unterhaltslasten durch die vorgesehenen gesetzlichen Änderungen adäquat abgegolten würden. Dass die zur Abgeltung der Unterhaltslasten ausreichend vorgesehenen Transferleistungen nur deshalb nicht wirkten, weil ein Elternteil außerhalb des Kindeshaushalts lebe, sei eine Folge der privaten Lebensgestaltung. Die dann fehlende (ausreichende) Abgeltung der Unterhaltslasten müsse steuerlich nicht anderweitig abgedeckt werden. Der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs sei vor allem aber auch deshalb nicht beizutreten, weil die danach aus dem Anwendungsbereich des § 12a FLAG herausfallende Gruppe die Mehrheit aller Geldunterhaltspflichtigen umfasse und damit nicht nur "verdeckte" Ausnahmefälle betreffe, auf die eine sonst grundsätzlich anzuwendende Regelung ausnahmsweise nicht passe. Somit würde im Wege einer teleologischen Reduktion nicht eine fehlende Ausnahmevorschrift ersetzt, sondern dem § 12a FLAG sein Hauptanwendungsbereich genommen. Die Korrektur einer als unbefriedigend empfundenen gesetzlichen Regelung sei nach herrschender Meinung nicht Sache der Rechtsprechung, sondern Aufgabe des Gesetzgebers. Die vom Verfassungsgerichtshof verfochtene verfassungskonforme Auslegung des § 12a FLAG im Wege einer teleologischen Reduktion scheitere also daran, dass eine solche Maßnahme dem dem Wortlaut entsprechenden klaren Willen des Gesetzgebers zuwiderliefe und so einen unhaltbaren Eingriff in die Kompetenz des Gesetzgebers verwirklichte.

2. Der erkennende Senat tritt den unter 1. referierten Erwägungen des 6. Senats bei. Der § 12a FLAG ist auch im vorliegenden Fall bei der Entscheidung über den ordentlichen Revisionsrekurs des geldunterhaltspflichtigen Vaters anzuwenden. Gegen eine solche Anwendung bestehen nunmehr - anders als in früheren Verfahren (1 Ob 218/00s; JBl 1995, 372) - aus dem Grund der Verfassungswidrigkeit Bedenken.

Wie bereits dargelegt wurde, divergiert die Praxis des Obersten Gerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs in der Beurteilung der Möglichkeit einer teleologischen Reduktion des § 12a FLAG im Interesse einer steuerlichen Entlastung von Unterhaltszahlungen durch die Kürzung des privatrechtlichen Unterhaltsanspruchs eines Kindes im Wege einer teilweisen Anrechnung der Familienbeihilfe. Diese Divergenz wurde durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, offenkundig. Es ist nicht Aufgabe des Oberste Gerichtshofs, über das in diesem Erkenntnis erzielte Ergebnis einer erforderlichen größeren steuerlichen Entlastung bestimmter Geldunterhaltslasten im Lichte verfassungsrechtlicher Kriterien zu rechten, ist doch der Verfassungsgerichtshof das von der Verfassungsordnung berufene Organ zur Kontrolle der Übereinstimmung des einfachen Gesetzesrechts mit der Verfassungsrechtslage. Der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs, die erforderliche steuerliche Entlastung bestimmter Geldunterhaltsschuldner nicht unmittelbar im Steuerrecht zu verwirklichen, sondern mittelbar auf dem Weg über eine Kürzung des privatrechtlichen Unterhaltsanspruchs des Kindes durch eine teilweise Anrechung der Familienbeihilfe zu erreichen, ist allerdings, wie schon begründet wurde, nicht beizutreten. Vor diesem Hintergrund kann aber das nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, verfassungsrechtlich offenkundig gebotene Ergebnis, die Verfassungsmäßigkeit des Systems der Besteuerung bestimmter Geldunterhaltspflichtiger auf dem Umweg über die Lösung einer zivilrechtlichen Vorfrage abseits des Steuerrechts zu bejahen, nur durch eine - letztlich dem Gesetzgeber vorbehaltene - Reform des § 12a FLAG erreicht werden. Dieser Befund erzwingt Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des § 12a FLAG in seiner geltenden Fassung, weil eine der Ansicht des Verfassungsgerichtshofs entsprechende teleologische Reduktion dieser Norm zur steuerlichen Entlastung bestimmter Geldunterhaltspflichtiger - allein auf Kosten ihrer Kinder durch die Kürzung deren privatrechtlichen Unterhaltsanspruchs - nicht in Betracht kommt. Damit verhindert aber der § 12a FLAG in der geltenden Fassung die verfassungsrechtlich gebotene, vom Gesetzgeber angestrebte und durch eine teilweise Anrechnung der Familienbeihilfe auf den privatrechtlichen Unterhaltsanspruch des Kindes auch erzielbare steuerliche Entlastung einer großen Gruppe an geldunterhaltspflichtigen Elternteilen. Nach dieser Rechtslage erscheint der Geldunterhaltsschuldner im Verhältnis zu Personen mit gleichem Einkommen ohne Geldunterhaltspflichten, gegenüber Unterhaltspflichtigen, deren Haushalt das unterhaltsberechtigte Kind angehört, aber auch gegenüber jenem Elternteil ungerechtfertigt benachteiligt, in dessen Haushalt das Kind betreut wird (Art 7 Abs 1 B-VG). Die Ungleichbehandlung gegenüber dem haushaltsführenden Elternteil liegt darin, dass die Transferleistungen, die der Gesetzgeber zur Erleichterung der Kinderlast vorgesehen hat (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) nach der derzeitigen einfachgesetzlichen Rechtslage nur dem haushaltsführenden Elternteil zufließen, während der geldunterhaltspflichtige Elternteil bloß den seine Unterhaltslast nicht adäquat abgeltenden Unterhaltsabsetzbetrag beanspruchen kann.

Der Verfassungsgerichtshof hat über bestimmt umschriebene Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes nur einmal zu entscheiden. Nach Abweisung eines Normenprüfantrags ist daher wegen deren Rechtskraft eine abermalige Befassung des Verfassungsgerichtshofs nur dann zulässig, wenn nunmehr Bedenken geltend gemacht werden, über die vom Verfassungsgerichtshof noch nicht abgesprochen wurde. Der Verfassungsgerichtshof entschied im Erkenntnis vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, weder über einen auf § 12a FLAG bezogenen Gesetzesprüfungsantrag, noch unterzog er diese Bestimmung einer amtswegigen Gesetzesprüfung. Das zitierte Erkenntnis steht demnach einer materiellen Entscheidung über den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag nicht entgegen (6 Ob 243/01f). Der erkennende Senat hat im Anlassfall einen Sachverhalt zu beurteilen, für den die Auslegung der angefochtenen Norm wegen der Einkommensverhältnisse des Vaters und der Höhe des zuerkannten Unterhaltsbetrags präjudiziell ist. Auf diesen Sachverhalt träfen auch die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs über die gebotene Kürzung des privatrechtlichen Unterhaltsanspruchs auf dem Weg über eine teilweise Anrechung der Familienbeihilfe nach dem Erkenntnis vom 27. 6. 2001, Zl B 1285/00, zu. Auf dieser Grundlage wird die Aufhebung des § 12a FLAG seinem ganzen Inhalt nach als verfassungswidrig beantragt.

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