OGH 10Ob17/03b

OGH10Ob17/03b27.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Lisa S*****, geboren am 12. Jänner 1990, und Lena S*****, geboren am 30. November 1991, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Magistrats der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge Bezirk 11, Enkplatz 2, 1110 Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12. März 2003, GZ 45 R 105/03d-18, womit infolge Rekurses des Magistrats der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge Bezirk 11, der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. Jänner 2003, GZ 59 P 21/02a-13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichtes vom 7. 1. 2003 (ON 13) wurde das Amt für Jugend und Familie, Rechtsfürsorge 11. Bezirk (in der Folge: Jugendamt) gemäß § 271 ABGB zum Kurator in Unterhaltsangelegenheiten für die Minderjährigen Lisa und Lena S*****, geboren am 12. 1. 1990 bzw 30. 11. 1991, bestellt. Obwohl die Ehe ihrer Eltern noch aufrecht sei, und alle in derselben Wohnung wohnten, hätten sowohl die Mutter als auch der Vater wechselseitige Unterhaltsanträge eingebracht. Trotz unbekämpfter und daher rechtskräftiger Abweisung des Unterhaltsantrags des Vaters sei im Hinblick auf die Rekursentscheidung ON 12 (Anm: wonach die Bestellung eines außenstehenden Vertreters der Kinder in Unterhaltssachen - auch ohne aktuellen Kollisionsfall - wegen der besondere Konfliktsituation der im gemeinsamen Haushalt lebenden Eltern und Kinder zweckmäßig sei) das Jugendamt zum Kurator zu bestellen.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem gegen den Bestellungsbeschluss erhobenen Rekurs des Jugendamtes nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des bestellten Kurators, der sich ausschließlich darauf beruft, die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kollisionskurators seien nicht erfüllt. Schon allein der gemeinsame Haushalt zwischen Eltern und Kindern bedeute, dass offenbar beide Eltern(-teile) ihre Unterhaltsverpflichtung in natura erfüllten, sodass für Geldunterhaltsverpflichtungen kein Raum bestehe. Außerdem liege (derzeit) lediglich ein Unterhaltsantrag der Mutter namens der Kinder vor, sodass kein Bedarf nach einem Kollisionskurator gegeben sei. Da "zweckmäßige" Überlegungen (!) gesetzliche Voraussetzungen nicht substituieren könnten, weiche das Rekursgericht von der Rsp des Obersten Gerichtshofes ab.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Rechtsmittellegitimation des Rekurswerbers unzulässig, was an sich auch schon für den an die zweite Instanz gerichteten Rekurs zu gelten gehabt hätte, und zwar aus folgenden Erwägungen:

Der Oberste Gerichtshof befasste sich bereits in der Entscheidung 1 Ob 684/86 (SZ 59/224) mit der Auslegung des § 249 Abs 2 AußStrG in Korrelation mit § 247 AußStrG. Danach hat der Sachwalter sein Amt gemäß § 247 AußStrG erst mit Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses anzutreten. Er ist vorher nicht berechtigt, für den Betroffenen einzuschreiten. Soweit § 249 Abs 2 AußStrG auch dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter ein Rekursrecht zubilligt, ist diese Legitimation auf "seine eigenen Rechte und Pflichten" beschränkt, also auf die Geltendmachung von Umständen, nach denen "er persönlich durch die Bestellung beschwert sein kann" (so später auch 2 Ob 513/90; sämtliche zitiert in 1 Ob 216/01y = RIS-Justiz RS0006603 [T4]).

Eigene Interessen eines noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalters sind von dieser Rechtsmittelbefugnis dagegen nicht umfasst. Das folgt schon aus dem Wesen des Sachwalterrechts, allein dem Betroffenen zu helfen. Der gleiche Gesichtspunkt wurde auch in der Entscheidung 1 Ob 607/87 (SZ 60/103) hervorgehoben. Danach kann ein Sachwalter durch seine Bestellung keine eigenen Rechte erwerben, in die eingegriffen werden könnte. Deshalb wurde auch in der Entscheidung 3 Ob 336/98b ausgesprochen, ein noch nicht rechtswirksam bestellter Sachwalter könne sich nur gegen "den Bestellungsbeschluss" - also offenkundig nur gegen die Heranziehung seiner Person als Sachwalter oder gegen eine sonstige Belastung seiner Rechtsstellung durch den erörterten Beschluss - zur Wehr setzen. An dieser Rechtsprechung ist, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 216/01y ausgesprochen hat, festzuhalten.

Demgemäß ist auch in einem Verfahren, in dem - wie hier - zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kurators vorliegen (im vorliegenden Fall wurde dem einschreitenden Jugendamt die Funktion eines besonderen Kurators gemäß § 271 ABGB zugedacht), die für den Fall einer positiven Entscheidung in Aussicht genommene Person nicht vertretungsbefugt; sie wird es erst - und auch nur für den im Bestellungsbeschluss umschriebenen Bereich - mit wirksamer Bestellung (RIS-Justiz RS0006603 [T5]). Soweit der Revisionsrekurs namens der betroffenen Minderjährigen erhoben wurde, war er daher schon mangels Vertretungsmacht des Einschreiters zurückzuweisen (vgl 1 Ob 9/02h zur Unzulässigkeit des Rekurses eines zum besonderen "Prozesskurator" für die dortige Betroffene bestellten Einschreiters).

Aber auch wenn davon auszugehen sein sollte, dass die beiden Rechtsmittel vom (noch nicht rechtskräftig) bestellten Kurator nicht namens der Minderjährigen, sondern im eigenen Namen erhoben wurden (vgl dazu: 7 Ob 213/01a und 7 Ob 82/02p), führt dies zum gleichen Ergebnis, also zur Zurückweisung des Rechtsmittels; wurde doch in die Rechte des Rechtsmittelwerbers selbst durch die vom Erstgericht getroffene (und vom Rekursgericht bestätigte) Entscheidung nicht eingegriffen, sodass ihm auch daraus keine Rechtsmittellegitimation (iSd § 9 AußStrG) erwachsen konnte (7 Ob 213/01a). Dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter käme aber - wie bereits ausgeführt - nur insoweit Rechtsmittelbefugnis zu, als es sich um seine eigenen Rechte und Pflichten handelt und er persönlich durch die Bestellung beschwert sein kann (Maurer/Tschugguel, Das österreichische Sachwalterrecht² 194 Rz 8 zu § 249 AußStrG; RIS-Justiz RS0008563 insb [T2]; zuletzt: 1 Ob 216/01y); er kann hingegen nicht geltend machen, dass kein Grund zur Bestellung eines Sachwalters bestünde, weil die Frage, ob es der Bestellung eines Sachwalter bedarf, nicht von ihm zu beurteilen ist (SZ 59/224 = RIS-Justiz RS00085563; zuletzt auch: 7 Ob 213/01a = RIS-Justiz RS0006229 [T11] zur Unzulässigkeit des Rekurses eine Sachwalters, der sich - im einen Namen - mit der Begründung, eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung liege nicht vor, gegen die Sachwalterbestellung "an sich" wendete).

Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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