Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 30. 10. 2000 wurde die Schwester der Betroffenen, Halida H*****, zu deren einstweiligen Sachwalterin zur Vertretung im Verfahren, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters geprüft wird, sowie zur Besorgung der gesamten Einkommens- und Vermögensverwaltung und der Vertretung vor Gerichten, Behörden und Ämtern, insbesondere vor dem Sozialhilfeverband, bestellt. Ein vom Erstrichter versuchtes Gespräch mit der Betroffenen habe gezeigt, dass auch ihre Schwester nicht in der Lage gewesen sei, in deren gemeinsamer bosnischer Muttersprache ein Gespräch über die näheren persönlichen Umstände mit ihr zu führen. Laut einer vorgelegten ärztlichen Bescheinigung leide die Betroffene an einer Imbezillität mit mittelgradig bis schwergradiger Intelligenzminderung. Sie müsse auch jetzt noch im Familienverband ihrer Schwester ständig betreut werden; sie sei kaum in der Lage, sich in ihrer Muttersprache zu unterhalten, und spreche nur ganz wenige Sätze.
Mit Beschluss vom 17. 5. 2001 stellte das Erstgericht das Verfahren ein. Aus dem im Verfahren erstatteten Sachverständigengutachten ergebe sich zwar die Geschäftsunfähigkeit der Betroffenen, nach dem Konsularvertrag zwischen der Republik Österreich und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien, der auch für Bosnien-Herzegowina als Nachfolgestaat anwendbar sei, stehe es primär dem Konsul jenes Staates zu, für die handlungsunfähige, in Österreich lebende Betroffene erforderlichenfalls einen gesetzlichen Vertreter zu bestellen.
Nachdem das Rekursgericht das Erstgericht aufgefordert hatte, gemäß § 249 Abs 3 Satz 2 AußStrG eine Gleichschrift des von der einstweiligen Sachwalterin gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurses an die Betroffene zur allfälligen Rekursbeantwortung zuzustellen, bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 9. 8. 2001 von Amts wegen einen Rechtsanwalt zum "Kollisionskurator (§ 273 ABGB)" für die Entgegennahme des Rekurses sowie die allfällige Rekursbeantwortung mit dem Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.
Infolge Rekurses der einstweiligen Sachwalterin gegen die Bestellung eines "Kollisionskurators" hob das Rekursgericht den Bestellungsbeschluss ersatzlos auf; es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Zu Recht weise die Rekurswerberin darauf hin, dass kein Anlass dafür bestehe, für die Betroffene einen "Kollisionskurator" oder irgend einen anderen Kurator zu bestellen. Da bereits der Beschluss über die Einstellung des Verfahrens gemäß § 246 AußStrG trotz völliger Geschäftsunfähigkeit dem Betroffenen wirksam zugestellt werden und der Betroffene selbst auch Rechtsmittel gemäß § 249 Abs 2 AußStrG erheben könne, bedürfe es keiner Bestellung eines Kurators für den Betroffenen zur Zustellung eines Rekurses und einer allfälligen Rekursbeantwortung. Der Gesetzgeber des Sachwalterschaftsgesetzes sei bewusst von dem Grundsatz ausgegangen, dass Entscheidungen in Sachwalterschaftsverfahren auch an den Betroffenen selbst zugestellt werden. Der Betroffene habe im Rahmen des Bestellungsverfahrens selbst dann uneingeschränkte Verfahrensfähigkeit, wenn sein Zustand dem im § 865 Satz 2 ABGB beschriebenen Zustand einer Person entspreche, die "den Gebrauch der Vernunft nicht hat". Der Rekurs der einstweiligen Sachwalterin wäre vielmehr an die Betroffene selbst zuzustellen, die auch selbst eine allfällige Rekursbeantwortung erstatten könne.
Der von dem vom Erstgericht zum Kollisionskurator bestellten Rechtsanwalt erhobene Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
In jenem Verfahren, in dem zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kurators - im vorliegenden Fall hat das Erstgericht dem Einschreiter offenbar die Funktion eines besonderen "Prozesskurators" für die Betroffene zugedacht - vorliegen, ist die für den Fall einer positiven Entscheidung in Aussicht genommene Person nicht vertretungsbefugt; sie wird es erst - und auch nur für den im Bestellungsbeschluss umschriebenen Bereich - mit wirksamer Bestellung. In diesem Sinne wurde etwa ausgesprochen, dass dem noch nicht rechtswirksam bestellten Sachwalter nicht das Recht zusteht, die Einstellung des Verfahrens auf Bestellung eines Sachwalters durch das Gericht zweiter Instanz mit der Begründung anzufechten, es wäre doch ein Sachwalter zu bestellen (ÖA 1997, 134, RIS-Justiz RS0006603, zuletzt 1 Ob 216/01y). Gleiches muss für den noch nicht bzw nicht mehr wirksam bestellten Kurator gelten, der sich somit gegen einen Beschluss des Rekursgerichtes, mit dem der erstgerichtliche Bestellungsbeschluss aufgehoben wurde, nicht namens der betroffenen Partei zur Wehr setzen kann.
Das namens der Betroffenen erhobene Rechtsmittel war daher mangels Vertretungsmacht des Einschreiters zurückzuweisen. Der Versuch einer Genehmigung durch die Betroffene konnte schon deshalb unterbleiben, weil diese nach der Aktenlage eindeutig nicht in der Lage wäre, dem Einschreiter rechtswirksam Vollmacht zu erteilen.
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