OGH 3Ob336/98b

OGH3Ob336/98b30.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der Hertha W*****, infolge Rekurses der Dr. Elisabeth L*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 30. Oktober 1998, GZ 18 R 159/98f-32, womit infolge Rekurses der einstweiligen Sachwalterin der Beschluß des Bezirksgerichtes Mödling vom 8. Mai 1998, GZ 1 P 16/98a-11, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 18. 2. 1998 (ON 3) wurde Herta S***** zur einstweiligen Sachwalterin der Betroffenen bestellt.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens beraumte das Erstgericht mit Verfügung vom 30. 4. 1998 die Tagsatzung "zur Erörterung des Gutachtens" auf den 8. 5. 1998 an. Die Ladung wurde der einstweiligen Sachwalterin nach einem Zustellversuch am 6. 5. 1998 durch Hinterlegung am 6. 5. 1998 (Beginn der Abholfrist) zugestellt. Die einstweilige Sachwalterin erschien bei der Tagsatzung am 8. 5. 1998 nicht. In dieser Tagsatzung wurde Dr. Elisabeth L***** gemäß § 273 ABGB zur Sachwalterin zur Besorgung folgender Angelegenheiten bestellt: Verwaltung des Einkommens und Vermögens, Vertretung vor Gerichten, Ämtern und Behörden, Vertretung in medizinischen Belangen und Bestimmung des Aufenthaltes.

Die einstweilige Sachwalterin teilte mit Eingabe vom 22. 5. 1998, beim Erstgericht am 28. 5. 1998 eingelangt, mit, sie habe den Termin nicht wahrnehmen können, weil sie nur kurzfristig geladen worden sei und sich auf dem Land aufgehalten habe.

Aus Anlaß des Rekurses der einstweiligen Sachwalterin hob das Rekursgericht den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf und erklärte die Durchführung der Tagsatzung am 8. 5. 1998 - mit Ausnahme des Vortrages des Gutachtens des Sachverständigen - für nichtig; es trug dem Erstgericht die neuerliche Durchführung dieser Tagsatzung und die neuerliche Entscheidung über die Bestellung eines Sachwalters auf. Das Rekursgericht sah den Rekurs an den Obersten Gerichtshof als zulässig an, weil zu der Frage, welche Folgen es hat, wenn die Tagsatzung nach §§ 239 ff AußStrG in Abwesenheit des einstweiligen Sachwalters durchgeführt wird, eine Rechtsprechung des Höchstgerichtes - soweit überblickbar - fehle.

In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus, nach § 238 Abs 1 AußStrG sei für den Betroffenen zwingend ein einstweiliger Sachwalter zur Vertretung im Verfahren zu bestellen, sofern er nicht über einen selbstgewählten Vertreter verfügt. Zweck dieser Bestimmung sei es, für eine ausreichende Interessenwahrung des Betroffenen im Verfahren zu sorgen und dessen häufig gegebene (beschränkte) "Prozeßfähigkeit" zu kompensieren. Jedenfalls dann, wenn dem Betroffenen - wie hier - der persönliche und situative Überblick fehle und er nicht in der Lage sei, Inhalte folgerichtig zu analysieren, begründe die mangelnde Vertretung in der obligatorisch durchzuführenden Tagsatzung vor der Sachwalterbestellung eine Nichtigkeit im Sinn des § 477 Abs 1 Z 5 ZPO. Soweit es allerdings den für diese Tagsatzung vorgesehenen Vortrag des Sachverständigengutachtens betreffe, könne hier von einer Heilung dieses Vertretungsmangels durch nachträgliche Genehmigung (im Sinn des § 477 Abs 3 ZPO) ausgegangen werden, weil dem Schreiben der einstweiligen Sachwalterin ON 14 zu entnehmen sei, daß sie mit dem Inhalt des Sachverständigengutachtens konform gehe und daher diesbezüglich offenbar keinen Verfahrensfehler erblicke. Diese Auffassung erscheine auch deshalb gerechtfertigt, weil unnötige Sachverständigenkosten vermieden würden. Im übrigen, nämlich soweit die Tagsatzung die Auswahl der Person des Sachwalters (und so weit damit im Zusammenhang stehend die Bestimmung der zu besorgenden Angelegenheiten) betreffe, sei deren Durchführung nichtig und bedürfe einer Wiederholung unter Beteiligung der Betroffenen, der einstweiligen Sachwalterin, ihres Rechtsvertreters (und zweckmäßigerweise) von Dr. L*****. Da es im Hinblick auf den Rekursinhalt geradezu ausgeschlossen sei, daß die einstweilige Sachwalterin diesbezüglich die Verfahrensführung durch die Betroffene nachträglich genehmige, habe ein Heilungsversuch unterbleiben können.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des mit dem Beschluß des Erstgerichtes gemäß § 273 ABGB bestellten Sachwalters ist nicht zulässig.

Das Rekursgericht hat mit dem angefochtenen Beschluß den Beschluß des Erstgerichtes, mit dem der Sachwalter gemäß § 273 ABGB bestellt wurde, aufgehoben. Da gemäß § 247 AußStrG der Beschluß, mit dem der Sachwalter bestellt wird, mit dem Eintritt der Rechtkraft wirksam wird, ist die Rekurswerberin somit bei Einbringung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nicht wirksam bestellt.

Mangels wirksamer Bestellung zum Sachwalter gemäß § 273 ABGB hat die Rekurswerberin keine Rechte erlangt. § 249 Abs 2 AußStrG räumt zwar dem Sachwalter neben dem Betroffenen und seinem Vertreter den Rekurs gegen den Beschluß, mit dem er zum Sachwalter bestellt wurde, ein. Dem Sachwalter steht das Rekursrecht auch gegen einen Aufhebungsbeschluß, mit dem dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über den Antrag des Betroffenen auf Aufhebung der Sachwalterschaft aufgetragen wird, zu (NZ 1985, 177). Anders als hier war aber der Sachwalter in einem solchen Fall bereits wirksam bestellt worden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Dem noch nicht wirksam bestellten Sachwalter steht aber etwa nicht das Recht zu, die Einstellung des Verfahrens auf Bestellung eines Sachwalters durch das Gericht zweiter Instanz mit der Begründung, es wäre doch ein Sachwalter zu bestellen, anzufechten (SZ 59/224). Dies hat auch hier zu gelten; dem noch nicht wirksam bestellten Sachwalter steht kein Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen den Beschluß des Erstgerichtes zu, mit dem der erstinstanzliche Bestellungsbeschluß aufgehoben wird, zumal ihm das Rekursrecht im § 249 Abs 2 AußStrG nur gegen den Bestellungsbeschluß eingeräumt wird.

Da der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an einen Ausspruch des Rekursgerichtes nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG nicht gebunden ist (§ 16 Abs 3 AußStrG), war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.

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