OGH 7Ob35/03b

OGH7Ob35/03b19.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jagdverein "S*****", vertreten durch den Obmann Leopold S*****, vertreten durch Mag. Cornelia Strauss, Rechtsanwältin in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde M*****, vertreten durch den Bürgermeister Anton E*****, wegen Feststellung (Streitwert EUR 5.000), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 4. Dezember 2002, GZ 3 R 403/02b-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit an der Glan vom 11. Oktober 2002, GZ 5 C 190/02h-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben und diesem die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der Klage begehrt die klagende Partei die urteilsmäßige Feststellung, dass der zwischen den Streitteilen am 1. 6. 2001 abgeschlossene Jagdpachtvertrag bindend sei und insbesondere den Grundbesitz "M*****" in der T*****, im Umfang von 6,675 ha beinhalte. Die klagende Partei brachte dazu vor, sie sei mit Schreiben vom 22. 4. 2002 davon informiert worden, dass sich die Jagdgebietsfläche zufolge einer mit Bescheid des UVS für Kärnten vom 10. 4. 2002 vorgenommenen Abrundung um die im Klagebegehren genannte Fläche vermindert habe. Ihr, der klagenden Partei, sei im betreffenden Verwaltungsverfahren kein rechtliches Gehör gewährt worden; sie habe gegen den Bescheid auch kein Rechtsmittel ergriffen, sodass er in Rechtskraft erwachsen sei. Dessen ungeachtet bestünden für die beklagte Partei jedenfalls zivilrechtliche Möglichkeiten, das im gegenständlichen Jagdpachtvertrag vereinbarte Jagdausübungsrecht im vollem Umfang zu gewährleisten. Der Jagdpachtvertrag beinhalte keinerlei Vorbehalt im Hinblick auf eine allfällige Abrundung. Die beklagte Partei habe jedoch zum Ausdruck gebracht, dass der Bescheid für sie bindend sei. Die nachträgliche einseitige Änderung des Inhalts des Jagdpachtvertrags stelle einen Eingriff in vertraglich gesicherte Rechte dar. Sie, die klagende Partei, habe sohin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die klagende Partei begehre offensichtlich die Feststellung des Jagdgebietes. Dafür normiere § 9 Abs 1 des Kärntner Jagdgesetzes (K-JG) ausdrücklich die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde.

Das von der klagenden Partei angerufene Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 4.000, nicht jedoch EUR 20.000 übersteige. Zwar gehörten Streitigkeiten aus einem Jagdpachtvertrag grundsätzlich vor die ordentlichen Gerichte. Da in § 9 Abs 1 K-JG zur Festsetzung des Ausmaßes eines verpachteten Jagdgebietes und in § 11 Abs 1 leg cit für eine Abrundung desselben jeweils ausdrücklich die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde normiert sei, sei aber für die gegenständliche Klage - auch mit Rücksicht auf das Prinzip der Gewaltentrennung - der Rechtsweg unzulässig.

Das Rekursgericht sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Es änderte diesen Ausspruch über Antrag der klagenden Partei gemäß § 528 Abs 2a ZPO aber dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO doch für zulässig erklärte, weil zur Frage, ob durch die §§ 9 und 11 K-JG auch die ausschließliche Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Beurteilung des Umfanges eines konkreten zivilrechtlichen Jagdpachtverhältnisses angeordnet werde, keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, da das Rekursgericht die von ihm als erheblich erkannte Rechtsfrage unrichtig beantwortet hat, zulässig und berechtigt.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagssachverhalt (die Klagsbehauptungen) von Bedeutung. Es kommt auf die Natur, das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an, wofür wiederum der geltend gemachte Rechtsgrund von ausschlaggebender Bedeutung ist. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch iSd § 1 JN erhoben wurde, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (SZ 68/220; 1 Ob 2344/96d mwN; 7 Ob 45/01w; 1 Ob 193/01s; uva; RIS-Justiz RS0045584). Im vorliegenden Verfahrensstadium ist es noch unerheblich, ob der behauptete Anspruch auch berechtigt ist, weil hierüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen ist (SZ 51/41; SZ 66/13; 1 Ob 193/01s ua; Mayr in Rechberger 2, vor § 1 JN Rz 6). Ob die Zivilgerichte zur Entscheidung berufen sind, ob also der Rechtsweg (= Gerichtsweg) gegeben ist, hängt somit davon ab, ob es sich um eine bürgerliche Rechtssache handelt und, falls ein bürgerlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, ob dieser nicht durch Gesetz ausdrücklich vor eine andere Behörde verwiesen wird (SZ 57/59; 7 Ob 17/00a, EvBl 2000/189; 7 Ob 286/00k; 1 Ob 193/01s; ua; Ballon in Fasching Komm I2 § 1 JN Rz 61).

Das Jagdrecht ist die ausschließliche Befugnis, jagdbare Tiere innerhalb von Jagdgebieten zu hegen, zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen; gemäß § 1 des Kärntner Jagdgesetzes 2000 (K-JG) umfasst das Jagdrecht ferner die Befugnis, sich Fallwild, Abwurfstangen und die Eier des Federwildes anzueignen. Das Jagdrecht steht dem Grundeigentümer als Ausfluss seines Eigentums zu (SZ 56/20; 3 Ob 147/99k; Spielbüchler in Rummel 3 Rz 2 zu § 383 ABGB). Der Grundeigentümer darf das Jagdrecht aber aus jagdpolizeilichen und jagdwirtschaftlichen Gründen nur ausüben, wenn er über eine zusammenhängende und jagdlich (oder land- oder forstwirtschaftlich) nutzbare Fläche von einer bestimmten Mindestgröße verfügt. Ist das nicht der Fall, so bildet sein Eigentumskomplex einen Bestandteil des Genossenschafts- oder Gemeindejagdgebietes (3 Ob 147/99k unter Hinweis auf Anderluh, Jagdrecht und Grundeigentum, ÖJZ 1984, 630). Wiederholt hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass das Jagdrecht grundsätzlich ein Privatrecht ist (6 Ob 140/73, MietSlg 25.501; 5 Ob 538/85; 6 Ob 674/85; RIS-Justiz RS0045539). Für Streitigkeiten aus einer Jagdpachtung sind daher die ordentlichen Gerichte zur Entscheidung berufen, wenn nicht durch ausdrückliche Vorschrift die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden angeordnet ist (SZ 5/204; 6 Ob 674/85; 2 Ob 255/02t; RIS-Justiz RS0045772; RS0045438; Ballon aaO Rz 181 zu § 1 JN mwN).

Im vorliegenden Fall ist daher zu prüfen, ob eine Klage auf Feststellung des Bestehens bzw des räumlichen Umfangs eines Jagdpachtvertrages zwischen den Parteien dieses Vertrages vom Kärntner Landesgesetzgeber tatsächlich einer Verwaltungsbehörde, nämlich der Bezirksverwaltungsbehörde, übertragen wurde, wobei dies - wie bereits erwähnt - ausdrücklich geschehen sein müsste, da eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, welche die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde in bürgerlichen Rechtssachen normieren, unzulässig ist (8 Ob 529/90, EvBl 1990/101 mwN; 4 Ob 11/01y; 1 Ob 193/01s; 4 Ob 158/02t; 2 Ob 255/02t; RIS-Justiz RS0045474; RS0085461).

Derartige gesetzliche Vorschriften haben die Vorinstanzen hier in § 9 Abs 1 K-JG bzw § 11 Abs 1 K-JG erblickt, die wie folgt lauten:

§ 9

Feststellung der Jagdgebiete

(1) Die Jagdgebiete werden durch die Bezirksverwaltungsbehörde auf die Dauer der Pachtzeit der Gemeindejagd (§ 17 Abs 1) festgestellt.

§ 11

Abrundung der Jagdgebiete

(1) Jagdgebiete können im Interesse eines geordneten Jagdbetriebes auf Antrag der Gemeinde, der Eigenjagdberechtigten oder von Amts wegen durch die Bezirksverwaltungsbehörde abgerundet werden. Hiebei können Grundflächen von einem Jagdgebiet abgetrennt oder einem benachbarten angeschlossen oder Flächen aneinander grenzender Jagdgebiete getauscht werden. Durch die Abrundung oder den Flächentausch darf die Größe der Jagdgebiete möglichst wenig geändert werden. Die Abrundung von Jagdgebieten wird durch die Grenzen der politischen Bezirke nicht gehindert. Liegen die Jagdgebiete in verschiedenen Bezirken, so ist die Entscheidung von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden einvernehmlich zu treffen. Kommt eine einvernehmliche Entscheidung nicht zustande, so entscheidet die Landesregierung.

Eine ausdrückliche Zuständigkeitszuweisung für einen Streit zwischen den Parteien eines Jagdpachtvertrages über das Bestehen bzw den (räumlichen) Umfang des Vertrages ist diesen Bestimmungen nicht zu entnehmen. Zutreffend führt die klagende Partei im Revisionsrekurs dazu aus, dass § 9 Abs 1 K-JG nur die generelle Feststellung der Jagdgebiete, also die Festlegung der Flächen, die für die Jagd abstrakt vorgesehen sind, in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden verweist und dass Gegenstand des § 11 Abs 1 K-JG allein die Erlassung von Abrundungsbescheiden ist. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass in der RV zum Kärntner Jagdgesetz 1978, Verf 107/6/1977, zum gleichlautenden § 9 Abs 1 K-JG 1978 ausgeführt wird, dem Pächter einer Eigenjagd sei in Fragen der Jagdgebietsfeststellung kein rechtliches Interesse zuzugestehen, weshalb er mangels Parteistellung in Verfahren zur Jagdgebietsfeststellung keine Möglichkeit habe, auf die Gestaltung der Jagdgebiete durch Einbeziehung oder Ausscheiden von Grundflächen Einfluss zu nehmen (Anderluh/Havranek Kärntner Jagdrecht3, 16).

Von der damit zu verneinenden Frage der Normierung einer ausschließlichen Kompetenz der Verwaltungsbehörde für ein Verfahren zwischen Jagdverpächter und Jagdpächter über Bestehen und Umfang des Jagdpachtpachtvertrages zu unterscheiden ist die Frage, ob und inwieweit dabei eine Bindung an verwaltungsbehördliche Bescheide (etwa betreffend die Abrundung) anzunehmen bzw zu beachten ist. Dies wird auch vom Rekursgericht in seinem Abänderungsbeschluss nunmehr ohnehin ausdrücklich eingeräumt.

Es war daher dem Revisionsrekurs stattzugeben und spruchgemäß zu entscheiden.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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