OGH 1Ob344/99s

OGH1Ob344/99s21.6.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Raiffeisenkasse P*****reg. Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wider die beklagten Parteien 1.) Manfred D***** (2 C 137/96w des Bezirksgerichts Leibnitz), 2.) Charlotte G***** (2 C 142/96f), 3.) Dr. Jörg B***** (2 C 145/96x), 4.) Kurt P***** (2 C 152/96a), 5.) Fritz R***** (2 C 162/96x), 6.) Ing. Peter R***** (2 C 172/96t), 7.) Richard F***** (2 C 174/96m), 8.) Herbert D***** (2 C 179/96x), 9.) a) Karl S***** und b) Josefine S***** (2 C 189/96t), 10.) Elisabeth T***** (2 C 204/96y), 11.) Karl D***** (2 C 205/96w), 12.) Robert W***** (2 C 209/96h), alle vertreten durch Rechtsanwälte Hofstätter & Isola Kommandit-Partnerschaft in Graz, und 13.) Josef K***** (2 C 173/96i), vertreten durch Dr. Richard Benda, Rechtsanwalt in Graz, jeweils wegen Aufkündigung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 5. Mai 1999, GZ 3 R 342/97d-60, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leibnitz vom 26. August 1997, GZ 2 C 137/96w-38, in Ansehung der erst- bis viert- und sechst- bis zwölftbeklagten Parteien bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben. Das Berufungsurteil, das in Ansehung der zu 5.) und 13.) beklagten Parteien als unangefochten unberührt bleibt, wird in Ansehung der zu 9b.) beklagten Partei bestätigt, im Übrigen jedoch dahin abgeändert, dass es in Ansehung der zu 1.) bis 4.), 6.) bis 8.), 9a.) und 10.) bis 12. beklagten Parteien wie folgt zu lauten hat:

"Die Aufkündigungen vom 6. November 1996, AZ 2 C 137/96w, 2 C 142/96f, 2 C 145/96x, 2 C 152/96a, 2 C 172/96t, 2 C 174/96m, 2 C 179/96x, 2 C 189/96t (in Ansehung der zu 9a) beklagten Partei), 2 C 204/96y, 2 C 205/96w und 2 C 209/96h, alle des Bezirksgerichts Leibnitz, werden als rechtswirksam erkannt.

Diese beklagten Parteien sind schuldig, nachstehende Grundstücksteile (Parzellen) auf der Liegenschaft EZ 365 Katastralgemeinde ***** samt der Pkw-Abstellplätzen auf den Grundstücken Nr 1477/2 und 1570, je EZ 365 Katastralgemeinde *****, Nr 1123/44 EZ 511 Katastralgemeinde ***** und Nr 726 EZ 512 Katastralgemeinde ***** an die klagende Partei geräumt von ihren Fahrnissen binnen 14 Tagen zu übergeben und zwar:

Manfred D***** die Parzelle Nr 29, Charlotte G***** die Parzelle Nr 6, Dr. Jörg B***** die Parzelle Nr 3, Kurt P***** die Parzelle Nr 27, Ing. Peter R***** die Parzelle Nr 26, Richard F***** die Parzelle Nr 40, Herbert D***** die Parzelle Nr 41, Karl S***** die Parzelle Nr 49, Elisabeth T***** die Parzelle Nr 55, Karl D***** die Parzelle Nr 45 und Robert W***** die Parzelle Nr 35."

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist infolge Zuschlags vom 14. Februar 1996 in einem gerichtlichen Versteigerungsverfahren "außerbücherliche" Eigentümerin und Verwalterin der - mittlerweile an einen Dritten verkauften - Liegenschaften EZ 365 der aus dem Spruch ersichtlichen Katastralgemeinde mit den Grundstücken (GSt) 1477/2 Sonstige (Weg), 1570 Baufläche (Gebäude), Gewässer (See) Sonstige, EZ 511 derselben Katastralgemeinde mit den GSten 709/1 LN Gewässer (See), 719/7 Baufläche (Gebäude) Wald, 719/9 Wald und 1123/44 Sonstige (Weg) sowie EZ 512 einer anderen aus dem Spruch ersichtlichen Katastralgemeinde mit dem GSt 726 Baufläche (Gebäude). Die Beklagten hatten ab 1980 auf durchschnittlich 130-160 m2 großen, in der Natur abgegrenzten Teilen dieser Grundstücke "samt dem darauf befindlichen Badesee" zur Erholung und Freizeitgestaltung aufgrund der mit dem Voreigentümer schriftlich, mündlich oder zumindest schlüssig zustande gekommenen, nicht verbücherten Bestandverträge auf unbestimmte Zeit ihre - zum Teil überbauten und aufgebockten, jedenfalls an das Strom-, Wasserleitungs- und Kanalnetz angeschlossenen - Wohnwagen und Mobilheime abgestellt; Teile der drei Liegenschaften wurden zum Abstellen bzw Parken von Fahrzeugen benützt. Auf den drei Liegenschaften befinden sich somit ein Campingplatz, eine zum Baden, Fischen, Surfen etc genützte Naßbaggerungsanlage sowie Parkplätze. Nach Zuschlagserteilung nahm die klagende Partei Verwaltungshandlungen in Bezug auf den Badesee vor; die Beklagten sahen die klagende Partei als Vertragspartnerin in Ansehung ihrer Bestandverhältnisse an.

Die klagende Partei kündigte im November 1996 mit getrennten Aufkündigungen den Beklagten und einer Reihe weiterer Bestandnehmer, mit denen mittlerweile Ruhen der jeweiligen Kündigungsverfahren vereinbart wurde, die Bestandverhältnisse zum 31. März 1997 gerichtlich auf und beantragte die Räumung der gemieteten Grundflächen. Die beklagten Parteien hätten die jeweiligen Grundflächen "samt dem darauf befindlichen Badesee" gemietet und auf einem in der Natur abgegrenzten Grundstücksteil einen Wohnwagen abgestellt sowie einen Teil der Liegenschaften zum Abstellen bzw Parken von Fahrzeugen benützt. Begehrt wurde jeweils, der gekündigten Partei aufzutragen, die - jeweils genutzte - Liegenschaft an die kündigende Partei geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.

Die Verfahren gegen die Beklagten wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Das Erstgericht hob die Aufkündigungen auf und wies die Räumungsbegehren ab. Es nahm zu allen Rechtsfragen iS des Vorbringens der klagenden Partei Stellung und begründete die dieser nachteilige Entscheidung allein damit, dass die zu räumenden Flächen in den Aufkündigungen nicht präzise genug bezeichnet worden seien und die in der Verhandlungstagsatzung vom 18. April 1997 vorgenommene Präzisierung erst nach Ablauf des Kündigungstermins und somit jedenfalls verspätet erfolgt sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im wesentlichen aus dessen Gründen.

Der erkennende Senat hob mit seiner Vorentscheidung 1 Ob 217/98p-57 (= JBl 1999, 475 = EvBl 1999/141 = immolex 1999, 238 = WoBl 2000, 97 [Hausmann]) das Berufungsurteil auf und trug der zweiten Instanz eine neuerliche Entscheidung auf. Er führte dort zusammengefasst dargestellt aus, es schade nicht, dass die klagende Partei erst nach Ablauf der Kündigungstermine (31. März 1997) die Bezeichnung der einzelnen Bestandobjekte präzisiert habe, weil die beklagten Parteien von Anfang an keine Zweifel über die Identität des aufgekündigten, zunächst unzureichend bezeichneten Bestandobjekts hätten haben können, somit gewusst hätten oder als redlicher Erklärungsempfänger zumindest hätten wissen müssen, welches Bestandobjekt in der Aufkündigung gemeint gewesen sei. Der von den Vorinstanzen herangezogene rechtliche Grund für die Klageabweisung liege demnach nicht vor, weil die Beklagten zu keinem Zeitpunkt in Zweifeln befangen gewesen sein konnten, welche Liegenschaftsteile sie zu räumen hätten. Das Berufungsurteil sei aufzuheben, weil die zweite Instanz die von den Parteien in deren Berufung bzw Berufungsbeantwortung erhobene Beweis- und Tatsachenrüge zu den nun relevant gewordenen Prozessthemen des - auch noch in der Revisionsbeantwortung aufrecht erhaltenen - zeitlich unbefristeten Kündigungsverzichts durch den Einzelrechtsvorgänger der klagenden Partei sowie die Passivlegitimation der Zweitgenannten der beiden Beklagten zu 9.) aus rechtlichen Erwägungen unerledigt gelassen habe.

Nun hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil in Ansehung der 5.) und 13. Beklagten ohne Zulassungsausspruch unanfechtbarer Weise aufgehoben und im Übrigen die klageabweisende Entscheidung des Erstgerichts bestätigt. Prozessthema sei nur mehr, ob der Einzelrechtsvorgänger der klagenden Partei den Beklagten gegenüber einen zeitlich unbefristeten Kündigungsverzicht abgegeben habe und die Passivlegitimation der zu 9.)b) Beklagten vorliege. Das Berufungsgericht billigte die erstrichterlichen Feststellungen und folgerte daraus, die vom Voreigentümer bzw seinem Verwalter gegenüber den Beklagten abgegebene Erklärung, "sie könnten bleiben, solange sie wollten, oder solange sie sich nichts zu schulden kommen ließen und die Miete zahlten", sei als unbefristeter Kündigungsverzicht zu werten, an welchen die klagende Partei gebunden sei (LG ZRS Wien MietSlg 42.143), gemeint wohl deshalb, weil es sich bei einem unbefristeten Kündigungsverzicht um ein den neuen Eigentümer bindendes Sonderrecht handle. Soweit die Erklärungen nur vom Verwalter abgegeben worden seien, seien sie dennoch wirksam, auch wenn der Abschluss von Mietverträgen mit Dritten zu nicht ortsüblichen Bedingungen nicht zur ordentlichen Verwaltung gehöre und er vom Voreigentümer zur Abgabe derartiger Erklärungen nicht bevollmächtigt gewesen sei. Denn der Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Verwalter berühre die Gültigkeit des mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrags nicht, es sei denn, dieser hätte hievon Kenntnis gehabt; derartiges habe die klagende Partei nicht einmal behauptet. Soweit die schriftlichen Mietverträge einen befristeten Kündigungsverzicht beinhalteten, sei also diese Bestimmung durch die jeweilige mündliche Vereinbarung abgeändert worden.

In Ansehung der zu 9.)b) Beklagten sei die Aufkündigung schon deshalb aufzuheben, weil diese nicht Mieterin der Liegenschaft sei.

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Dass die Bestandverträge zufolge § 1 Abs 2 Z 4 MRG nicht dem Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unterlagen, weil die Objekte ausschließlich zu Zwecken der Erholung oder der Freizeitgestaltung gemietet wurden und keiner der Beklagten auf den von ihm gemieteten Liegenschaftsteilen seinen Hauptwohnsitz begründete, wurde in der Vorentscheidung ebenso klargestellt wie der Umstand, dass das KleingartenG zufolge seines § 1 Abs 4 lit b hier nicht zur Anwendung kommt. Die Kündigungsregelungen der §§ 6 f, §§ 12 f KlGG sind demnach hier unanwendbar. Zutreffend verwies der Erstrichter auch schon darauf, dass die Beklagten weder das Eigentum an Bauwerken iSd § 435 ABGB noch die geeignete Übertragungsart des Eigentums an Superädifikaten durch Urkundenhinterlegung behauptet hätten.

b) Hat der Eigentümer das Bestandstück an einen andern veräußert, und ihm bereits übergeben; so muss der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095 ABGB), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen (§ 1120 erster Satz ABGB). Mangels Anwendbarkeit des MRG ist auch dessen § 2 unanwendbar, der Rechtsfall daher nach den Regelungen des ABGB zu lösen (stRspr, 4 Ob 535/92 = MietSlg 44/36 mwN ua). § 1120 ABGB sieht bei Rechtsbesitz des Bestandnehmers und Einzelrechtsnachfolge auf der Bestandgeberseite - wie hier - eine vom Willen der Beteiligten unabhängige, kraft Gesetzes wirksam werdende Übernahme des Bestandvertrags durch den Erwerber des Bestandgegenstands vor (1 Ob 512/93 = SZ 66/148 = MietSlg 45.150 = ecolex 1994, 226; 1 Ob 620/93 = MietSlg 45/29, je mwN aus Lehre und Rspr uva). Der Erwerber tritt mit der sachenrechtlich wirksamen "Übergabe", bei verbücherten Liegenschaften also gemäß § 431 ABGB mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch, in den Bestandvertrag ein (SZ 66/148 ua; Würth in Rummel2 § 1120 ABGB Rz 5 mwN; Binder in Schwimann2, § 1120 ABGB Rz 27 mwN; Klang in Klang2 V 129 mwN in FN 18). Damit ist nicht etwa ein bloßer Schuldbeitritt gemeint; vielmehr geht das Schuldverhältnis - abgesehen von dessen Dauer - kraft Gesetzes auf den Erwerber mit allen Rechten und Pflichten über (MietSlg 32.213 mwN; 3 Ob 2432/96k = immolex 1997, 260 [Pfiel] = MietSlg 49.212 uva). Das Bestandverhältnis wird jedoch insoweit verändert, als es sich mangels seiner - hier allerdings fehlenden - Verbücherung bzw einer besonderen Vereinbarung ("Volleintritt" des Erwerbers) in ein solches auf unbestimmte Dauer mit gesetzlichen Kündigungsfristen zu den gesetzlichen Kündigungsterminen (§§ 560 ff ZPO) verwandelt (MietSlg 44/40). An längere als die gesetzlichen Kündigungsfristen ist der Erwerber dabei nicht gebunden; kürzere vertragliche Fristen kommen ihm zustatten (MietSlg 21.236, 39.172 uva; Klang in Klang2 V 129).

Der Eintritt des Objekterwerbers in das Bestandverhältnis wird - wie schon erwähnt - allein durch die sachenrechtlich wirksame "Übergabe" des Bestandgegenstands, bei verbücherten Liegenschaften - wie hier - also durch die Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch bewirkt. Erst mit der Verbücherung gehen die Rechte des Bestandgebers, wie Kündigungsrecht und Räumungsanspruch, auf den Erwerber über (Binder aaO § 1120 ABGB Rz 27). Der Bestandvertrag kann allerdings auch bereits vor der dinglichen Übergabe vom Objektserwerber übernommen werden, weil der Bestandgeber - so wie der Verkäufer einer Sache (vgl § 1092 ABGB) - nicht, Eigentümer des Bestandgegenstands sein muss. Ihm steht daher das Kündigungsrecht zu, wenn ihm bereits Besitz und Verwaltung (Nutznießung) der Liegenschaft übertragen wurden. Außer Streit steht, dass die klagende Partei nach Erteilung des Zuschlags an sie Verwaltungshandlungen vornahm, womit unterstellt werden könnte, dass die Beklagten die klagende Partei seither als neue Bestandgeberin ansehen. Damit könnte auch die schlüssige Zustimmung der Beklagten zum Eintritt der klagenden Partei in die Bestandverhältnisse angenommen werden. Näherer Erörterungen dieser Fragen bedarf es indes aus nachstehenden Erwägungen nicht:

c) Die klagende Partei die Liegenschaften in einem Versteigerungsverfahren. § 1121 ABGB dehnt die Vorschrift des § 1120 auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus: Für unverbücherte Bestandverträge besteht somit keinerlei Unterschied, weil der Ersteher gleich dem rechtsgeschäftlichen Erwerber in den Bestandvertrag einschließlich aller Sonderregelungen - mit Ausnahme der Beendigung - eintritt. Nach der Rspr durchbrechen die §§ 1120 f ABGB insofern den originären Charakter des Eigentumserwerbs durch Zuschlag (MietSlg 34.276; SZ 59/155; 8 Ob 1521/88; 2 Ob 2344/96m = SZ 69/246; 1 Ob 243/97k = SZ 71/55; RIS-Justiz RS0105725; Würth aaO § 1121 ABGB Rz 1 mwN). Gemeint ist damit, dass der gesetzlich vorgesehene Vertragseintritt des Erstehers insofern den grundsätzlich originären Erwerb durch Zuschlag einschränkt (Schaar, Rechte und Pflichten des Erstehers bei exekutivem Liegenschaftserwerb, 66).

Davon zu unterscheiden ist die Frage, ab wann dem Ersteher das Recht zur Aufkündigung bestehender Verhältnisse geltend machen kann. Nach einer in der älteren Rechtsprechung mehrfach vertretenen Auffassung soll das Aufkündigungsrecht auch bei der Zwangsversteigerung erst mit der Eigentumseinverleibung und nicht schon mit dem Zuschlag der Liegenschaft an den Ersteher zustehen, weil mit der Zuschlagserteilung nur resolutiv bedingtes, von der vollständigen Erfüllung der Versteigerungsbedingungen abhängiges Eigentumsrecht erworben werde (SZ 10/311; RZ 1956, 92; JBl 1966, 255 = MietSlg 17.347; so auch Klang aaO V 133 f). In der Entscheidung MietSlg 7.099 wurde dagegen ausgesprochen, sei der Zuschlag in Rechtskraft erwachsen, seien die Versteigerungsbedingungen erfüllt, sei die Liegenschaft dem Ersteher physisch übergeben worden und werde sie seither von ihm im eigenen Namen verwaltet, so seien bestehende Mietverträge bereits erneuert worden. Im übrigen sei der Ersteher kraft § 156 Abs 1 EO Fruchtnießer der Liegenschaft, dem zur Benützung und Verwaltung einer Sache jene Rechte zustehen, die sonst dem Eigentümer zustünden.

Auch in der Lehre wird der in in den erwähnten Entscheidungen vertretene Standpunkt abgelehnt: Von Hoyer (Aufkündigung von Bestandverhältnissen bei Miteigentum in WoBl 1991, 152 ff, 154 f) deshalb, weil die Bedingungsfeindlichkeit der Kündigung bloß die Erklärung, nicht aber die legitimierende Position des Kündigenden betreffe und § 156 Abs 2 EO mit dem dort gebrauchten Terminus der "Übergabe" bloß die Besitzeinweisung, nicht aber den in § 1120 ABGB voraugesetzten Eigentumserwerb meine. Auch Binder (aaO § 1121 ABGB Rz 6) tritt der dargestellten Rspr entgegen, weil sich die Situation des Erstehers nicht anders darstelle als bei gewöhnlichen Käufen mit Kaufpreiskreditierung. Nach Reidinger (Inbestandgabe zur Erschwerung von Liegenschaftsexekutionen, Rechte des Erstehers in WoBl 1991, 220 f) tritt der Erwerber mit Zuschlag in den Bestandvertrag ein und hat ab diesem Zeitpunkt auch alle Gestaltungsrechte. Dafür spreche vor allem auch die in § 156 Abs 1 zweiter Satz EO angeordnete Zuteilung der Früchte und Einkünfte der Liegenschaft an den Ersteher ab dem Zuschlag (Reidinger aaO 221 mwN in FN 38). Auch Schaar (aaO 69 f) erachtet den Zeitpunkt des Zuschlags als maßgebend, erwerbe der Ersteher doch im Zwangsversteigerungsverfahren das Eigentum bereits mit dem Zuschlag (vgl § 237 EO), so dass der Einverleibung bloß deklarative Bedeutung zukomme.

Diese im Schrifttum vertretene Ansicht ist nach Auffassung des erkennenden Senats zu billigen: Mit dem Zuschlag erwirbt der Ersteher das - wenngleich auflösend bedingte - Eigentum; im Übrigen wäre dem Bestandgeber angesichts des Eigentumsverlusts des Verpflichteten infolge des Zuschlags der Vertragspartner abhanden gekommen (vgl Schaar aaO 70). Schließlich stehen dem Ersteher gemäß § 156 Abs 1 zweiter Satz EO bereits ab Zuschlagstag die Früchte und Einkünfte der Liegenschaft, somit auch die Bestandzinse zu (Reidinger aaO 221). Dazu kommen letztlich die gewichtigen Argumente von Hoyer (aaO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Übernahme des nicht verbücherten Bestandsvertrags im Fall des § 1121 ABGB ist demnach der Zuschlag der Liegenschaft an den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren.

Damit konnte die klagende Partei im vorliegenden Fall die Vermieterrechte nach § 1120 ABGB geltend machen. Danach ist der Erwerber als Einzelrechtsnachfolger an solche Bestimmungen des Bestandvertrags, die nur die Dauer des Vertrags oder die Kündigungsfrist betreffen, insbesondere auch an einen Kündigungsverzicht, den sein Vorgänger gegenüber dem Bestandnehmer ausgesprochen hat, nicht gebunden (stRspr: SZ 32/89; MietSlg 39.172, 40.180; SZ 69/123 uva; RIS-Justiz RS0014444; Würth aaO § 1120 ABGB Rz 6). Zwischen befristetem und unbefristetem Kündigungsverzicht, somit dem Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsrechts, ist dabei nicht zu unterscheiden, betreffen doch beide die Dauer des Vertrags und kein sonstiges Sonderrecht. Eine Bindung des Erwerbers oder Erstehers des Bestandgegenstands an die vertragliche Bestandzeit besteht nur bei verbüchertem Bestandrecht, Dreiparteienübereinkunft oder einem zwischen Veräuß‚rer und Erwerber geschlossenen und vom Bestandnehmer nicht zurückgewiesenen Vertrag zugunsten Dritter (Binder aaO § 1120 ABGB Rz 33 mwN). Die Voraussetzungen eines "Volleintritts" in den Bestandvertrag, somit auch in allfällige vertragliche Kündigungsbeschränkungen, der einer ausdrücklichen oder auch nur schlüssigen Vereinbarung (vgl dazu Würth aaO § 1120 Rz 8 mwN) zwischen Erwerber und Bestandnehmer (Binder aaO § 1120 ABGB Rz 34) bedarf, wurden von den Beklagten nicht behauptet. Die Mietverträge konnten daher von der klagenden Ersteherin unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen wirksam aufgekündigt werden.

Auf die beachtlichen Argumente im Schrifttum (vgl nur die Nachweise bei Binder aaO Rz 42), § 1120 ABGB sei - entgegen der Judikatur - so zu verstehen, dass der Erwerber seine besondere Kündigungsbefugnis innerhalb angemessener Frist auszuüben habe, widrigenfalls er auch an die vertraglichen Kündigungsbeschränkungen gebunden bleibe, haben sich die Beklagten nicht berufen; von Amts wegen ist nicht zu prüfen, ob die klagende Partei von ihrem Kündigungsrecht nur innerhalb angemessener Frist Gebrauch machen konnte bzw ob sie innerhalb einer solchen Frist Gebrauch gemacht hat.

Die Sittenwidrigkeit der Kündigungen (vgl dazu SZ 56/72, SZ 68/123, je mwN) wurde gleichfalls nicht behauptet. Demnach ist das Berufungsurteil in Ansehung der 1.) bis 4.), 6.) bis 8.) 9a) und 10.) bis 12. beklagten Parteien dahin abzuändern, dass die Aufkündigungen als rechtswirksam erkannt werden.

e) In Ansehung der zu 9.)b.) Beklagten, die nicht Bestandnehmerin ist, ist die zutreffende zweitinstanzliche Entscheidung zu bestätigen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Kostenvorbehalt fußt auf der analogen Anwendung des § 392 Abs 2 iVm § 52 Abs 2 ZPO.

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