OGH 2Ob2344/96m

OGH2Ob2344/96m31.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Thaddäus Schäfer und Mag.Peter Prechtl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei T***** Bank AG, ***** vertreten durch Dr.Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 231.680,-- sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 31.Mai 1996, GZ 2 R 286/96i-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Schwaz vom 30.Jänner 1996, GZ 4 C 713/95g-6, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.430,-- (darin enthalten USt von S 1.905,--, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Pachtvertrag vom 2.3.1990 nahm die Klägerin die Wohnungseigentumseinheit "Geschäft I AP 1", ein Geschäftslokal in ***** S*****, vom damaligen Mit- und Wohnungseigentümer Bruno F***** für den Zeitraum vom 1.8.1990 bis 28.2.1995 in Bestand. Die Klägerin betreibt im Bestandobjekt eine Pizzeria. Die Beklagte führte als betreibende Partei gegen F***** als Verpflichteten ein Zwangsversteigerungsverfahren betreffend diesen Mit- und Wohnungseigentumsanteil. Am 30.4.1992 wurde ihr als Meistbieterin der Zuschlag erteilt. In der Folge veräußerte die Beklagte diese Wohnungseigentumseinheit an Harald G*****; dieser verpachtete die Einheit nach dem Auslaufen des ursprünglichen Pachtvertrages neuerlich an die Klägerin.

Die Klägerin hatte gemäß Pkt IV. 5. des Bestandvertrages an den ursprünglichen Verpächter F***** "zur Sicherung aller wie immer gearteten Ansprüche des Verpächters eine Barkaution von S 200.000,--" zu leisten. Die Kaution wurde in zwei gleichen Teilbeträgen am 7.3. bzw 26.4.1990 bezahlt. Der beklagten Partei ist die Kaution nicht zugekommen, F***** ist vermögenslos.

Die klagende Partei begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von S 231.680,-- samt 11 % Zinsen seit 2.3.1995 mit der Begründung, die beklagte Partei sei bereits im Zuge des Zwangsversteigerungsverfahrens über den Bestand des Pachtverhältnisses informiert worden. Durch die Zuschlagserteilung sei sie Eigentümerin des Bestandsobjektes geworden und damit ex lege auf Verpächterseite in den Pachtvertrag eingetreten. Die beklagte Partei habe sich gegenüber dem Käufer G***** mit Erklärung vom 19.4.1993 zur vollen Schad- und Klagloshaltung verpflichtet, sollte dieser von der klagenden Partei um die Rückzahlung der Barkaution angegangen werden. G***** wiederum habe alle ihm gegen die beklagte Partei zustehenden Ansprüche an die klagende Partei zediert. Da die Barkaution am 1.3.1995 zur Rückzahlung fällig gewesen sei und mit einem durchschnittlichen Zinssatz von 6 % pa abzüglich KESt hätte veranlagt werden können, hafte per 1.3.1995 der Klagsbetrag unberichtigt aus.

Die beklagte Partei wendete ein, daß in den Versteigerungsbedingungen weder vom Pachtverhältnis noch von der Barkaution die Rede gewesen sei, sie habe auch nicht auf andere Weise davon erfahren; sie habe daher das Pachtobjekt entsprechend dem Inhalt der Versteigerungsbedingungen originär erworben und sei nicht verpflichtet, die ihr auch nie zugekommene Barkaution an die Klägerin zurückzuzahlen. Es fehle auch an der Passivlegitimation, weil sie das Pachtobjekt bereits vor dem Ende des ursprünglichen Pachtvertrages an G***** weiterveräußert habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab, wobei es über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinausgehend folgende Feststellungen traf:

Die beklagte Partei legte im Zwangsversteigerungsverfahren gegen Bruno F***** Versteigerungsbedingungen vor, in denen das Pachtverhältnis keine Erwähnung fand. Beim ersten Versteigerungstermin am 18.7.1991 trat der Geschäftsführer der klagenden Partei als Bieter auf und wurde über seine Veranlassung der Pachtvertrag verlesen. Bei diesem Versteigerungstermin war Dr.Gerhard R***** für die beklagte Partei anwesend. Die Liegenschaftsanteile wurden bei diesem Termin dem Geschäftsführer der klagenden Partei Parviz M***** um 3 Mio S zugeschlagen. Mangels grundverkehrsbehördlicher Genehmigung der Zuschlagserteilung erfolgte am 30.4.1992 die Wiederversteigerung. Auch bei diesem Versteigerungstermin war die beklagte Partei durch Dr.Gerhard R***** vertreten. Bei diesem Termin wurden der Pachtvertrag und eine Mitteilung der klagenden Partei verlesen. In dieser Mitteilung wies die klagende Partei allerdings nicht darauf hin, an Bruno F***** auch eine Kaution geleistet zu haben. Anläßlich dieses Termines wurde der beklagten Partei der Zuschlag erteilt.

In dem zwischen der beklagten Partei und Harald G***** abgeschlossenen Kaufvertrag nimmt der Käufer ausdrücklich zur Kenntnis, daß das Kaufobjekt verpachtet ist und erklärt, den Inhalt des Pachtvertrages zu kennen und das Pachtverhältnis zu den im Pachtvertrag ausgewiesenen Bedingungen zu übernehmen. Weiters traf die beklagte Partei mit Harald G***** noch folgende Vereinbarung:

"Der Käufer nimmt zur Kenntnis, daß diese Barkaution nicht mehr vorhanden ist und er daher auch keinen Anspruch auf diese Barkaution hat. Für den Fall, daß die Firma P***** GesmbH bei Beendigung des Pachtverhältnisses Ansprüche auf die Barkaution von S 200.000,-- gegenüber dem Käufer erhebt bzw die Barkaution fordert, verpflichtet sich die Verkäuferin, den Käufer daraus resultierend schad- und klaglos zu halten, bzw sich hinsichtlich dieser Barkaution direkt mit der Firma P***** GesmbH auseinanderzusetzen".

Am 11.11.1993 wurde das Eigentumsrecht der Käufers Harald G***** verbüchert.

Nach Ablauf der im Pachtvertrag vom 30.4.1992 vereinbarten Pachtdauer (28.2.1995) verpachtete Harald G***** das Lokal wieder an die klagende Partei, wobei er mit dieser folgende Vereinbarung traf:

"Herr Harald G***** erklärt - nunmehr auch schriftlich - daß er als nunmehriger Eigentümer von 150/839 Anteilen der Liegenschaft in EZl 164 Grundbuch 87007 Schwaz, Top 1, Bezirksgericht Schwaz, sämtliche ihm zustehende (Regreß)Ansprüche gegenüber der T***** Bank AG an die P***** GesmbH unwiderruflich abtritt, sodaß letztere den Kautionsbetrag von S 200.000,-- sA, wie er Gegenstand des Verfahrens 4 C 713/95e des BG Schwaz ist, aktiv geltend machen kann. Die P***** GesmbH nimmt diese Abtretung durch deren Geschäftsführer M***** Parviz ausdrücklich an."

Das Erstgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß eine Kautionsvereinbarung nicht mit dem Bestandrecht an sich, sondern mit anderen Umständen im Zusammenhang stehe, sodaß sie auf den Erwerber der Bestandsache nicht übergehe. Die beklagte Partei sei daher in die Kautionsvereinbarung nicht eingetreten. Als Meistbieterin im Zwangsversteigerungsverfahrens hätte sie die Pflicht zur Rückzahlung der Barkaution nur unter den Voraussetzungen des § 150 EO zu übernehmen gehabt, die hier jedoch nicht gegeben seien. Hiezu komme, daß die beklagte Partei das Bestandobjekt vor Fälligkeit der Kaution an G***** weiterveräußert habe. Vor der Entstehung allfälliger "Regreßrechte" gegenüber der beklagten Partei habe G***** dieselben auch nicht an die Klägerin abtreten können.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahingehend ab, daß es die beklagte Partei für schuldig erklärte, der klagenden Partei S 231.680,-- samt 5 % Zinsen seit 2.3.1995 zu bezahlen; das darüber hinausgehende Zinsenmehrbegehren wurde abgewiesen. Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Hinsicht aus, gemäß § 1120 ABGB trete bei verbücherten Liegenschaften der Erwerber der Bestandsache mit deren Übergabe in das bestehende, durch Rechtsbesitz geschützte Bestandverhältnis ex lege ein. § 1121 ABGB dehne dies auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus. Für unverbücherte Bestandverträge bestehe kein Unterschied; der Ersteher trete gleich dem Erwerber in den Bestandvertrag einschließlich aller Sonderregelungen (ausgenommen hinsichtlich der Kündigungsmöglichkeiten) ein. Ob Nebenabreden Teil des Bestandvertrages seien, in den der Erwerber eintrete, hänge davon ab, ob sie das Bestandverhältnis selbst oder andere, von diesem nicht mehr erfaßte Umstände regeln.

Eine Barkaution "zur Sicherung aller wie immer gearteten Ansprüche des Vermieters" stelle sich als unregelmäßiges Pfandrecht dar, was zur Folge habe, daß dem Pfandbesteller nur ein schuldrechtlicher Rückforderungsanspruch zustehe, der jedenfalls nicht vor dem Ablauf des versicherten Rechtsverhältnisses existent werde. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes könne der Bestandnehmer nach der Veräußerung der Bestandsache nur mehr den Erwerber zur Rückzahlung seiner Barkaution in Anspruch nehmen, weil die Kautionsvereinbarung doch einen das Bestandverhältnis selbst treffenden Umstand regle. Unabhängig davon, daß derartige Barkautionsvereinbarungen durchaus üblich seien, erscheine es sachgerechter, den Rückforderungsanspruch gegen den Erwerber zu eröffnen, weil er ja nicht vor Ablauf des versicherten Rechtsverhältnisses existent werde; regelmäßig werde dem Erwerber die Barkaution auch schon anläßlich des ordnungsgemäßen Bestandgeberwechsels ausgefolgt.

Die beklagte Partei treffe die Rückzahlungspflicht, obwohl ihr die Kaution nicht zugeflossen sei; ähnlich verhalte es sich etwa auch bei einem Nachmieter, der die noch beim Vormieter aufgelaufenen, jedoch erst nach dem Bestandnehmerwechsel abgerechneten Betriebskostenrückstände zu tragen habe.

Wie sich aus der Verpflichtungserklärung der beklagten Partei, den Erwerber G***** im Falle der Rückforderung der Barkaution schad- und klaglos zu halten ergebe, sei man sich offenbar auch bei der beklagten Partei längst vor Ablauf des ursprünglichen Pachtvertrages bewußt gewesen, daß mit Rückforderungsansprüchen gegen den Erwerber zu rechnen sei. Im Zusammenhang mit der Zession sämtlicher Forderungen von G***** gegen die beklagte Partei an die Klägerin sei sowohl die Aktivlegitimation der klagenden Partei als auch die Passivlegitimation der beklagten Partei zu bejahen.

Die Kaution sei mit dem üblichen Zinssatz für solche Spareinlagen zu verzinsen, deren zeitliche Bindung der vereinbarten Sicherungsdauer entspreche. Der von der klagenden Partei geltend gemachte Betrag von S 31.680,-- entspreche einer Nettoverzinsung von bloß knapp 3,5 % pa der im entscheidungsrelevanten Zeitraum für ein mehrjährig gebundenes Sparbuch erzielbar war.

Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil zur Frage, ob der Erwerber eines Bestandobjektes bei einem Bestandsrechtsübergang gemäß § 1120 AGBG dem Bestandnehmer bei Bestandende für die Rückzahlung einer dem Veräußerer geleisteten Barkaution hafte, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Die Revision der beklagten Partei ist aus den vom Berufungsgericht aufgezeigten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Vereinbarung einer Kaution stehe nicht mit dem Bestandrecht an sich, sondern mit anderen Umständen, etwa mit der Bonität des Mieters im Zusammenhang. Demnach trete der Ersteher einer Liegenschaft in eine Vereinbarung über die Leistung einer Kaution nicht ein, eine derartige Last müßte nur unter den Voraussetzungen des § 150 EO übernommen werden. Diese Voraussetzungen seien aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Kautionsvereinbarung sei bloß gelegentlich des Bestandvertragsabschlusses getroffen worden und stehe nicht in einem inneren Sachzusammenhang mit diesem, weil die Besicherung des Bestandverhältnisses mittels Barkaution auch andere Hintergründe habe, wie zB die Bonität des Bestandnehmers. Auch würde die Barkautionsvereinbarung die sonstigen Bestimmungen des Mietvertrages nicht berühren.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, tritt der Erwerber der Bestandsache mit deren Übergabe in das an ihr bestehende, durch Rechtsbesitz geschützte Bestandverhältnis ex lege ein (Würth in Rummel2, Rz 5 zu § 1120 mwN). § 1121 ABGB dehnt die Vorschrift des § 1120 auf den Ersteher im Zwangsversteigerungsverfahren aus; für unverbücherte Bestandverträge besteht keinerlei Unterschied, der Ersteher tritt also gleich dem Erwerber in den Bestandvertrag einschließlich aller Sonderregelungen - außer hinsichtlich Kündigung - ein; die §§ 1120 f ABGB durchbrechen insofern den originären Charakter des Eigentumserwerbs durch Zuschlag (Würth, aaO, Rz 1 zu § 1121 mwN).

Zutreffend hat das Berufungsgericht auch darauf hingewiesen, daß das Pfandrecht an vertretbaren Sachen in der Regel ein unregelmäßiges Pfandrecht ist. In diesem Fall wird der Empfänger Eigentümer durch Vermengung; der Pfandbesteller hat kein dingliches Recht, sondern nur den schuldrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung samt den inzwischen erzielbaren angemessenen Zinsen (Petrasch in Rummel2, Rz 7 zu § 447 mwN).

Ob Nebenabreden Teil des Bestandvertrages sind, in den der Erwerber eintritt, hängt nicht von ihrer Üblichkeit bei Bestandverhältnissen ab, sondern ob sie das Bestandverhältnis selbst oder andere von diesem nicht mehr erfaßte Umstände regeln (Würth, aaO, Rz 6 zu § 1120). Der Erwerber tritt also auch in ihm unbekannte Nebenabreden des Bestandvertrages ein, soweit sie mit dessen Inhalt zusammenhängen und nicht bloß gelegentlich des Vertrages vereinbart wurden (Klang in Klang V2, 130; MietSlg 6325; 20.193 ua). Die Vereinbarung einer Barkaution hängt mit dem Inhalt des Bestandvertrages zusammen, sie regelt das durch den Bestandvertrag geschaffene Rechtsverhältnis näher; es soll dadurch dem Bestandgeber ein Deckungsfonds für künftige Forderungen (aus dem Bestandverhältnis) geschaffen werden. Die Bonität ist lediglich ein (mögliches) Kriterium bei der Bemessung der Kaution und unter Umständen ein Motiv für die Vereinbarung einer solchen, der innere Zusammenhang zwischen der Kaution und dem Bestandvertrag wird dadurch aber nicht beseitigt. Es ist daher, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, der Anspruch auf Rückzahlung einer erlegten Kaution gegen den Objekterwerber durchzusetzen (Binder in Schwimann, ABGB, Rz 37 zu § 1120).

Es war sohin der Revision der beklagten Partei ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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