OGH 1Ob620/93

OGH1Ob620/9317.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Max O*****, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Rudolf E*****, 2. C***** H*****, 3. Verein für I*****, 4. Franz F*****, 5. Hermine T*****, 6. Kalina T*****, 7. Johannes H*****, 8. Rupert T*****, 9. Dipl.Ing.Robert H*****, 10.,*****, 11. Elisabeth E*****, 12. Johann A*****, 13. Oskar W*****, 14. Kurt M*****, 15. Annemarie M*****, 16. Ilse K*****, 17. Friedrich W*****, und 18. Ingrid Z*****, der Erstbeklagte vertreten durch Dr. Wolfgang Dellhorn, Rechtsanwalt in Wien, der Zwölfbeklagte vertreten durch seinen Sachwalter Dr. Franz Kampel, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen Übergabe eines Mietobjekts, infolge Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 16. April 1993, GZ 41 R 911/92-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Favoriten vom 2. Juni 1992, GZ 5 C 3649/89-38, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 4.075,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 679,20 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten sind Miteigentümer einer Liegenschaft mit einem Haus in Wien-Favoriten.

Der Kläger begehrte deren Verurteilung zur „Gewährung“ seines Mietrechts am Bestandobjekt E 1, einem näher umschriebenen Geschäftslokal im Souterrain des Hauses, und zur Übergabe dieses Lokals, geräumt von Fahrnissen Dritter, an ihn. Er brachte hiezu vor, er sei Hauptmieter des Geschäftslokals, der Vertrag sei mit dem Erstbeklagten - damals noch Alleineigentümer des Hauses - zustandegekommen, in der Vertragsurkunde jedoch versehentlich als Untermietvertrag bezeichnet worden. Die Kinder des Erstbeklagten, die sich fälschlich als Liegenschaftseigentümer bezeichnet hätten, hätten ihrer Mutter, die sich als Hauptmieterin des Geschäftslokals geriert habe, in Absprache mit ihren Eltern den Bestandgegenstand aufgekündigt; die Aufkündigung sei mangels Einwendung rechtskräftig geworden. In die darauf eingeleitete zwangsweise Räumung habe der Kläger deshalb nicht eingreifen können, weil er damals nicht im Bestandobjekt anwesend gewesen sei.

Der Erstbeklagte wendete ein, der Hauptmietvertrag zwischen ihm und seiner Ehegattin sei kein Scheinvertrag gewesen, sondern habe dieser ein eigenes Einkommen verschaffen sollen. Im übrigen habe er das Haus vertraglich seinen drei Kindern übergeben, die es an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung veräußert hätten; beide Verträge seien nicht verbüchert worden. Schließlich habe die Gesellschaft die ihr verbliebenen Miteigentumsanteile an der Liegenschaft, mit welchen die alleinige Nutzung des Geschäftslokals verbunden gewesen sei, mit Vertrag vom 8.11.1989 einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung weiterveräußert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es meinte in rechtlicher Hinsicht, der Kläger sei aufgrund der mit dem Erstbeklagten - damals Alleineigentümer der Liegenschaft - geführten Verhandlungen bloß Untermieter von dessen Ehegattin geworden, habe ihm dieser doch schon zu Beginn der Vertragsgespräche mitgeteilt, daß er bloß Untermieter seiner Ehegattin werden könne. Das gegen die im Zeitpunkt der Klagseinbringung bücherlichen Miteigentümer gerichtete Begehren auf Zuhaltung des (Haupt-)Mietvertrags sei daher abzuweisen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Nach Beweiswiederholung stellte es fest, der Kläger habe 1974 ein geeignetes Geschäftslokal gesucht. Er sei mit dem Hauptmieter des streitverfangenen Objekts, das dieser aufzugeben beabsichtigt habe, in Kontakt gekommen und habe dabei erfahren, daß der Erstbeklagte - damals noch Rechtsanwalt - Eigentümer der Liegenschaft sei. Der Vormieter habe sich bereiterklärt, gegen Zahlung eines Betrages von S 30.000,-- auf seine Mietrechte zugunsten des Klägers zu verzichten. Der Vormieter und der Kläger hätten darauf gemeinsam die Rechtsanwaltskanzlei des Erstbeklagten aufgesucht, der das Haus damals selbst verwaltet habe. Daß dieser verheiratet war, habe der Kläger damals noch gar nicht gewußt. Im Zuge der Vertragsgespräche habe sich der Erstbeklagte mit dem Kläger über die Vermietung des Lokals im Souterrain um einen monatlichen Bruttomietzins - damals rund S 3.500,- - - ab 1.10.1974 geeinigt. Der Erstbeklagte habe den Kläger nicht darauf aufmerksam gemacht, daß er bloß Untermieter von dessen Ehegattin werden könne. Er habe auch nicht offengelegt, daß er den Mietvertrag in deren Namen abschließe. Erst bei Unterfertigung der als „Untermietvertrag“ überschriebenen Vertragsurkunde am 13.1.1975 habe der Kläger feststellen müssen, daß als Vermieterin die Ehegattin des Erstbeklagten aufscheine. Auf dessen Vorhalt habe der Erstbeklagte bedeutet, dies habe bloß steuerliche Gründe, und den Kläger auf sein ohnehin im Vertrag festgehaltenes Weitergaberecht verwiesen. Mit dieser Zusicherung habe sich der Kläger abgefunden; auch in den folgenden Jahren - in welchen sich sowohl Hausverwalter als Vertreter des Liegenschaftseigentümers wie auch die Ehegattin des Erstbeklagten, obwohl nie Liegenschaftseigentümerin gewesen, als solche an ihn gewandt, ihn des öfteren als Untermieter angesprochen und von ihm teils Untermietzins, teils aber auch Hauptmietzinszahlung begehrt hätten - habe er keine Veranlassung gesehen, an den Zusagen des ihm als Rechtsanwalt bekannten Erstbeklagten zu zweifeln. Die Ehegattin des Erstbeklagten habe nach der Mietvertragsunterfertigung für das Geschäftslokal sowohl Unter- wie auch Hauptmietzins vorgeschrieben. Daueraufträge zur Überweisung des Mietzinses an die im Mietvertrag aufscheinende Untervermieterin habe der Kläger erstmals am 3.3.1975 erteilt. Diese sei ihm gegenüber übrigens auch als Hausverwalterin aufgetreten, obwohl sie mit der Verwaltung des Hauses erst seit 1980 betraut gewesen sei. Mit nicht datiertem, aber noch vor dem 1.1.1979 und somit zu einem Zeitpunkt, da der Erstbeklagte das Haus noch selbst verwaltet habe, an den Kläger abgefertigten Schreiben habe ihn der Erstbeklagte ersucht, den Mietzins auf ein auf ihn lautendes Bankkonto zu überweisen, worauf der Kläger am 11.1.1979 den entsprechenden Dauerauftrag erteilt habe. Am 24.3.1989 habe die Ehegattin des Erstbeklagten als „Liegenschaftseigentümerin“ gegen den Kläger als Mieter des streitverfangenen Geschäftslokals einen Mietzinsrückstand eingeklagt und gleichzeitig die Räumung des Mietgegenstandes begehrt. Den Rückstand habe der Kläger bezahlt; das Verfahren ruhe. Am 7.7.1989 hätten die drei Kinder des Erstbeklagten, obwohl sie nie Liegenschaftseigentümer gewesen seien, der Ehegattin des Erstbeklagten, ihrer Mutter, das Geschäftslokal aufgekündigt; diese habe keine Einwendungen erhoben, sie habe vielmehr dem Kläger mit Schreiben vom 20.7.1989 ihre Genugtuung über die Aufkündigung zum Ausdruck gebracht. Diese Vorgangsweise sei zwischen ihr und dem Erstbeklagten abgesprochen gewesen. Gegen sie sei die Räumung vollzogen und damit auch die Geschäftseinrichtung des Klägers entfernt worden.

Aus diesen Feststellungen schloß das Gericht zweiter Instanz, der Kläger habe mit dem Erstbeklagten als Alleineigentümer der Liegenschaft einen ab Oktober 1974 wirksam gewordenen mündlichen Mietvertrag abgeschlossen. Die Abweichungen in der im Jänner 1975 ausgestellten Vertragsurkunde änderten an der Vereinbarung nichts. Der Mietvertrag sei gemäß § 2 Abs. 1 MRG Hauptmietvertrag, an den sämtliche Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft gebunden seien. Die Beklagten seien bei Klagszustellung kraft ihres Eigentums an der Liegenschaft Vermieter gewesen und daher zur Zuhaltung des Mietvertrags verpflichtet. Die abgesprochene und von den Kindern des Erstbeklagten betriebene zwangsweise Räumung habe das Hautmietverhältnis zwischen den Liegenschaftseigentümern und dem Kläger nicht berührt, auch wenn ihm durch dieses Vorgehen dinglich an der Liegenschaft nicht Berechtigter der Rechtsbesitz vorläufig entzogen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Erstbeklagten dagegen erhobene außerordentliche Revision ist zwar zulässig, weil die Rechtsprechung über die Sachlegitimation des Erwerbers der Bestandsache vor Verbücherung seines Eigentums uneinheitlich ist, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Erstbeklagte bekämpft die Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz, zwischen ihm und dem Kläger sei ein (Haupt-)Mietvertrag zustandegekommen, in der Revision nicht mehr; er bestreitet lediglich seine Passivlegitimation, weil er - was er in der Tat schon in erster Instanz vorgebracht hat - seine Liegenschaftsanteile schon vor Klagseinbringung an seine Kinder veräußert habe, diese sich der Anteile an eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung entäußert hätten und letztere Gesellschaft die Liegenschaftsanteile an eine andere Gesellschaft mit beschränkter Haftung weiterveräußert und vor allem das Geschäftslokal der Erwerberin bereits am 10.11.1989, also noch vor Klagseinbringung, übergeben habe. Unbestritten ist indessen, daß der Erstbeklagte nach wie vor bücherlicher Eigentümer dieser Anteile ist. Damit beschränkt sich das Revisionsverfahren im wesentlichen auf die Frage, ob der Erstbeklagte (noch) als Bestandgeber des Klägers anzusehen bzw. ob die Bestandgebereigenschaft mit der Einräumung des tatsächlichen Besitzes und der Nutzung am Bestandgegenstand bereits auf die (Letzt-)Käuferin übergegangen sei:

Der Kläger ist den begehrten Feststellungen zufolge Hauptmieter eines Lokals in einem Haus, das nach dem Grundbuchsstand bei Abschluß des Vertrages im Allein- und bei Klagseinbringung noch im Miteigentum des Erstbeklagten stand. Nach dessen - allerdings nicht näher geprüften - Behauptungen hat er seine Anteile bereits vor Klagseinbringung verkauft und ist mit diesen Anteilen kraft einer Benützungsregelung unter den Miteigentümern das Recht zur freien Verfügung über das Bestandlokal verbunden.

Der Kläger ist aufgrund eines nicht verbücherten Bestandvertrags Mieter eines Geschäftslokals. Das Mietrechtsgesetz gilt nach seinem § 1 Abs. 1 unter anderem für die Miete von Geschäftsräumen und dessen 1. Hauptstück (§§ 1 bis 42), soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge, die vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geschlossen worden sind (§ 43 Abs. 1 MRG). In den Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes fallende Bestandverhältnisse unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes, soweit nicht ein Ausnahmetatbestand (§ 1 Abs. 2 bis 4 MRG) unter Beweis gestellt wird (SZ 61/236 uva; Würth in Rummel, ABGB2 § 1 MRG Rz 1). Ein solcher Ausnahmetatbestand wurde gar nicht behauptet. Die Rechtsnachfolge auf der Vermieterseite wird demnach durch § 2 Abs. 1 MRG geregelt. Die in der Revision allein relevierte Frage, ob der Mieter seine Ansprüche auf Erfüllung des Mietvertrags gegen den bücherlichen Eigentümer oder den Erwerber des Bestandgegenstandes, dessen Rechte aber (noch) nicht verbüchert sind, geltend machen muß, findet ihre Regelung im § 1120 ABGB, an den § 2 Abs. 1 MRG anschließt (SZ 61/236). Nach der erstgenannten Bestimmung muß, hat der Eigentümer die Bestandsache an einen anderen veräußert und ihm bereits übergeben, der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§ 1095 ABGB), nach gehöriger Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Die Veräußerung der Bestandsache beendet das Bestandverhältnis daher noch nicht, der Bestandnehmer muß das Bestandobjekt erst nach gehöriger Kündigung räumen. Der Erwerber der Bestandsache bleibt daher zunächst an den Bestandvertrag gebunden. § 1120 ABGB sieht - bei Rechtsbesitz des Bestandnehmers (MietSlg. 42.162/24 uva; Würth aaO § 1120 Rz 1 und 2; Hoyer in WoBl. 1991, 152 ff, 154) und Einzelrechtsnachfolge auf der Bestandgeberseite - eine vom Willen der Beteiligten unabhängige, kraft Gesetzes wirksam werdende Übernahme des Bestandvertrags durch den Erwerber des Bestandgegenstands vor, sofern ihm diesen deren (bisheriger) Eigentümer veräußert und bereits übergeben hat (MietSlg. 42.142/24 uva; Würth aaO § 1120 Rz 1 und 5; Mayerhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht, AT3 533 und FN 2). Der Erwerber tritt mit der sachenrechtlich wirksamen „Übergabe“, bei verbücherten Liegenschaften also gemäß § 431 ABGB mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch, in den Bestandvertrag ein (MietSlg. 41.141 uva; Würth aaO § 1120 Rz 5 und 7; Binder in Schwimann, ABGB § 1120 Rz 21 mwN; Klang in Klang 2 V 129 mwN in FN 18; Ehrenzweig, System2 II/1 448 unter Hinweis auf SpR. 199 und WN in FN 80; Feil, Liegenschaftsrecht II 29). Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei nicht erst der Vollzug der Eintragung im Hauptbuch, sondern im Fall der rechtskräftigen Bewilligung schon der des Einlangens des entsprechenden Gesuchs beim Grundbuchsgericht (SZ 58/117; SZ 51/151 ua; Spielbüchler in Rummel aaO § 431 Rz 8; Hoyer aaO 154 f).

Der Bestandvertrag kann vom Erwerber aber auch schon vor der dinglichen Übergabe übernommen werden, weil der Bestandgeber, ebensowenig wie der Verkäufer einer Sache (§ 1092 ABGB), Eigentümer der Bestandsache sein muß. Die neuere Rechtsprechung hat - entgegen Klang (aaO) - daher auch dem außerbücherlichen Erwerber das Recht zur Auflösung von Bestandverträgen, somit die auch hier bedeutsame Vermieterstellung, zugebilligt, wenn ihm nur vom Veräußerer der Besitz und die Verwaltung (Nutznießung) des Bestandgegenstandes übertragen wurde und der Erwerber entweder in den bestehenden Bestandvertrag eingetreten ist oder diesen erneuert hat (WoBl 1991, 159; MietSlg. 40.182; SZ 59/127 uva, zuletzt wieder 5 Ob 82/92; Binder aaO Rz 24 mwN; Feil aaO). Einem Teil der zu dieser Frage einschlägigen Rechtsprechung scheint allerdings die Auffassung zugrundezuliegen, daß der Eintritt in den Bestandvertrag bzw. dessen Erneuerung die Zustimmung des Bestandnehmers gar nicht erfordere, sondern schon die Überlassung von Besitz und Verwaltung (Nutznießung) für sich allein genüge:

So stellt etwa die Entscheidung SZ 57/156 zwar zunächst bei Beurteilung der Vermieterstellung des außerbücherlichen Erwerbers des Bestandgegenstandes darauf ab, daß er bereits in den Bestandvertrag eingetreten sei bzw. diesen erneuert habe, knüpft aber in der Folge diese Rechtsposition des Erwerbers an die physische Übergabe der Bestandsache, ohne hiefür eine besondere Form zu fordern. Da aber nach dem Inhalt des zu beurteilenden Mietvertrags ohnedies die jeweiligen Rechtsnachfolger der Geschäftspartner in den Vertrag eintreten sollten, kam es nach dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt gar nicht darauf an, ob die Vermieterstellung des Erwerbers vor der Verbücherung an die Zustimmung des Mieters gebunden war.

Die Entscheidung MietSlg. 38.218 billigt dem Legatar die Legitimation zur Aufkündigung für den Fall zu, daß ihm Besitz und Verwaltung (Nutznießung) der Liegenschaft bereits übertragen seien und er in den Bestandvertrag eingetreten sei, begnügte sich aber letztlich mit der keiner besonderen Form bedürftigen Übergabe des Bestandgegenstandes. In den in dieser Entscheidung gerafft wiedergegebenen Feststellungen finden sich indes Hinweise auf eine (zumindest schlüssige) Zustimmung der beklagten Bestandnehmerin zum Vertragseintritt, sodaß ein verläßlicher Schluß verwehrt bleibt, die Entscheidung habe die Einräumung von Besitz und Verwaltung der Bestandsache an den Erweber schon als dessen Eintritt in den Bestandvertrag bzw. als dessen Erneuerung durch ihn angesehen.

Der in MietSlg. 40.182 nur teilweise veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 28.7.1988, 7 Ob 623/88, liegt die Auffassung zugrunde, sei dem außerbücherlichen Erwerber Besitz und Verwaltung der Liegenschaft übertragen, so ergäbe sich der Eintritt in den Bestandvertrag in der Regel aus § 1120 ABGB, sofern der Erwerber nicht zu erkennen gebe, daß er das Bestandverhältnis nicht fortsetzen wolle. Billige man dem außerbücherlichen Erwerber das Recht zur Auflösung von Bestandverträgen, ja sogar zur Vornahme weiterer gegen den Mieter gerichteten Verwaltungshandlungen zu, so müsse er es auch in Kauf nehmen, daß der Mieter die zur Durchsetzung seiner Ansprüche erforderlichen Schritte gegen ihn unternehme. Diese Darlegungen waren dort aber letztlich für den Sachausgang nicht entscheidend, wurde doch das auf § 372 ABGB gestützte Begehren des Mieters schon allein deshalb nicht als berechtigt erkannt, weil ihm das Bestandobjekt bisher noch nicht übergeben worden war und das Begehren daher schon daran scheiterte, daß sich der Kläger weder im Besitz der Bestandsache befand noch sich je befunden hatte.

In der Entscheidung vom 13.10.1992, 5 Ob 82/92 - in diesem Verfahren war über den Antrag des Erwerbers der Bestandsache auf Bestimmung des angemessenen Mietzinses gemäß § 12 Abs. 3 MRG zu befinden (§ 37 Abs. 1 Z 8 MRG) - , führte der Oberste Gerichtshof aus, die Antragstellerin sei zwar mangels Verbücherung des Kaufvertrags nicht Eigentümerin der Liegenschaft, wohl aber aufgrund der kaufvertraglichen Bestimmung über den Übergang von Rechten und Besitzvorteilen Vermieterin. Die ständige Rechtsprechung räume auch dem außerbücherlichen Erwerber die Vermieterstellung ein, wenn ihm vom Veräußerer Besitz und Verwaltung der Liegenschaft übertragen und „er in den vom bisherigen Eigentümer abgeschlossenen Bestandvertrag eingetreten“ sei bzw. diesen erneuert habe. Dabei genüge es, daß der Erwerber den physischen Besitz und die Verwaltung des Hauses erhalten habe. Im Zweifel sei anzunehmen, daß derjenige, der den Besitz übertragen habe, mit dem Grundstück nichts mehr zu schaffen habe. Eine Besitzergreifungshandlung trage in der Regel den Besitzwillen in sich, sodaß nicht der Beweis des Besitzwillens nötig, sondern nur der Gegenbeweis seines Nichtvorhandenseins zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof sehe sich trotz der Kritik der Lehre (Würth aaO § 1120 Rz 7) nicht veranlaßt, davon abzugehen. Damit wird aber die Auffassung, daß der außerbücherliche Erwerber der Bestandsache zum Eintritt in den Bestandvertrag der Zustimmung des Bestandnehmers nicht bedürfe, ganz unmißverständlich zum Ausdruck gebracht. Dieser Ansicht vermag der erkennende Senat nach neuerlicher Prüfung der anstehenden Rechtsfragen - jedenfalls in deren vollen Konsequenz - nicht beizutreten:

Wegen des mit dem Eintritt eines Dritten in ein bestehendes Vertragsverhältnis (der Vertragsübernahme) notwendigerweise verbundenen Übergangs wechselseitiger Rechte und Pflichten (Synallagma) verbietet sich bei einem gegenseitigen Vertrag - demnach auch beim Bestandvertrag - eine einseitige zessionsrechtliche Sicht. In Wahrheit handelt es sich beim Eintritt in ein bestehendes Vertragsverhältnis um eine dreipersonale - selbst wieder vertraglich zustandegekommene - Vertragsübernahme als Mittel der Übertragung der gesamten Rechtsstellung eines der Vertragspartner aus dem Schuldverhältnis. Diese bedarf nach herrschender Ansicht (JBl. 1984, 439 uva; Apathy in Schwimann aaO § 859 Rz 5; Rummel, Würth und Ertl in Rummel aaO § 859 Rz 34, § 1098 Rz 14 bzw. § 1406 Rz 2; Koziol-Welser, Grundriß9 I 304; P. Bydlinski, Gestaltungsrechte, 181) einer Vereinbarung zwischen Überträger und Übernehmer sowie der - zumindest schlüssig erteilten - Zustimmung des verbleibenden Vertragspartners.

An dieser Auffassung ist auch bei Veräußerung der Bestandsache festzuhalten: Der Erwerber einer verbücherten Liegenschaft tritt in bestehende Bestandverträge somit vor Einverleibung seines Eigentumsrechts im Grundbuch nur ein, wenn ihm der Veräußerer im Vertrag Besitz, Verwaltung und Nutznießung überläßt und überdies der Bestandnehmer der Vertragsübernahme zumindet schlüssig zustimmt; mit der Einverleibung seines Eigentumsrechts übernimmt der Erwerber gemäß § 1120 ABGB (bzw. § 2 Abs. 1 MRG) die bestehenden Bestandverträge dagegen kraft Gesetzes, sodaß dann zur Wirksamkeit des Vertragseintritts die Zustimmung des Bestandnehmers nicht mehr erforderlich ist (vgl. P. Bydlinski aaO 181 ff).

Der erkennende Senat verkennt indessen nicht, daß auch der Abtretung von Ansprüchen aus gegenseitigen Verträgen nichts im Wege steht (Mayerhofer aaO 476) und der (kaufvertraglichen) Überlassung von Besitz, Verwaltung und Nutznießung an den Erwerber regelmäßig, soweit nicht § 42 Abs. 2 MRG entgegensteht, die Abtretung der dem Bestandgeber aus dem Bestandverhältnis erwachsenden Rechte an den Erwerber der Liegenschaft impliziert ist, nicht nur, weil im Zweifel angenommen werden muß, daß der Veräußerer danach mit dem Grundstück nichts mehr zu schaffen haben will, sondern vor allem auch, weil mit der Nutznießung der Liegenschaft zwangsläufig auch die Ausübung der Rechte aus bestehenden Bestandverträgen - vor allem die Einziehung der Mietzinse - verbunden ist.

Ob und inwieweit mit der Abtretung der Bestandzinsforderung oder überhaupt aller Rechte des Bestandgebers aus dem Bestandvertrag auch dessen Gestaltungsrechte übergehen, deren erfolgreiche Ausübung den Bestand des Schuldverhältnisses an sich berührt, mag strittig sein (vgl. etwa P. Bydlinski aaO 187 f und Ertl aaO § 1393 Rz 5), muß aber im vorliegenden Fall nicht abschließend geklärt werden, weil hier der Bestandnehmer die (bücherlichen) Eigentümer der Bestandliegenschaft auf Zuhaltung jenes Bestandvertrages belangt hat, den der Erstbeklagte als seinerzeitiger Alleineigentümer der Liegenschaft, auf der sich das Bestandobjekt befindet, mit ihm abgeschlossen hat. Gegenstand des Rechtsstreits sind demnach nicht etwa die Rechte des Bestandgebers, sondern dessen bestandvertragliche Pflichten, deren Übertragung auf einen Dritten im Wege einer Vereinbarung unter Ausschluß des verbleibenden Vertragspartners (hier des Bestandnehmers) nicht möglich ist, sofern der Überträger hiedurch von seinen Verpflichtungen befreit werden soll (§ 1405 ABGB; Mayerhofer aaO 476). Wohl ist in der Überlassung der Verwaltung und Nutznießung der Liegenschaft nicht etwa nur die Abtretung der Gläubigerrechte des Veräußerers zu erblicken, sondern liegt darin gewiß auch die dem bisherigen Bestandgeber vom Erwerber erklärte Schuldübernahme, die aber mangels Einwilligung des Bestandnehmers - insoweit Gläubigers - bloß als Erfüllungsübernahme (§ 1494 ABGB) wirksam ist (§ 1405 zweiter Satz ABGB).

Gewiß kann der Bestandnehmer in solchen Fällen auch schon den Erwerber in Anspruch nehmen, weil der im Veräußerungsvertrag vereinbarte „Eintritt“ des Erwerbers in sämtliche Rechte und Pflichten des Veräußerers ein Vertrag zugunsten des Bestandnehmers als Dritten zu beurteilen ist (WoBl. 1992, 237 mit zust. Glosse von Würth; ähnlich schon MietSlg. 40.182); es steht diesem aber frei, weiterhin den Veräußerer als bücherlichen Eigentümer auf Erfüllung der bestandvertraglichen Pflichten in Anspruch zu nehmen.

Da der Erstbeklagte nach wie vor bücherlicher Miteigentümer der Bestandliegenschaft ist, kann er sich - mangels Zustimmung des Klägers zur Vertragsübernahme durch die außerbücherliche Erweberin - deshalb allein durch Berufung auf die Veräußerungsverträge seiner Passivlegitimation nicht entledigen.

Nicht ganz verständlich ist der Hinweis in der Revision auf § 1094 ABGB, vor allem auf die Erörterungen Würths (aaO Rz 7), weil dieser Autor dort zwar in der Tat zwischen Rechtswirksamkeit und Erfüllbarkeit des Bestandvertrages unterscheidet, aber - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. nur die Nachweise aaO) - ohnedies klarstellt, daß der Bestandnehmer den Bestandgeber trotz der mangelnden Erfüllbarkeit auf Leistung belangen kann.

Da der Erstbeklagte - der allein unter den Beklagten als notwendige Streitgenossen (§ 14 ZPO) Revision gegen das Berufungsurteil, das dem Standpunkt des Klägers Rechnung trägt, erhoben hat - passiv legitimiert ist und auch die subjektive Unmöglichkeit der Leistung für ihn nicht mit Erfolg einwenden kann, ist der Revision ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; ersatzpflichtig sind alle Beklagten als unzertrennliche Streitpartei.

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