VwGH Ra 2018/03/0001

VwGHRa 2018/03/000120.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dr. I S in B, vertreten durch Dr. Reinhard Weber, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 5/Top 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 21. August 2017, LVwG-460- 4/2016-R11, betreffend Ruhen eines Anspruchs auf Altersrente und Rückzahlung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gesamtausschuss der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer), zu Recht erkannt:

Normen

RAO 1868 §8 Abs1;
RAO 1868 §8 Abs2;
RAO 1868 §8;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §16 Abs3;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §16;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §2;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §6 Abs4;
Satzung Versorgungseinrichtung TeilA RAK Vlbg §6 Abs5;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030001.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 I. Gegenstand

2 A. Mit Bescheid vom 8. Juli 2016 stellte die belangte Behörde fest, dass der Anspruch des Revisionswerbers auf Bezug einer Altersrente aus der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer von September 2014 bis Dezember 2015 gemäß § 6 Abs. 5 der Satzung Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer (im Folgenden: Satzung) ruhe und verpflichtete den Revisionswerber zur Rückzahlung entgegen diesem Ruhen ausbezahlter Altersrentenbeträge in Höhe von EUR 36.392,12.

3 B. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg der dagegen erhobenen Revision insofern Folge, als es den Zeitraum des Ruhens auf Oktober 2014 bis Dezember 2015 verkürzte. Weiters sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber beziehe als emeritierter Rechtsanwalt eine Altersrente aus der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer und habe sich im Bezugszeitraum der Altersrente bereit erklärt, eine Bekannte in einer Erbschaftsangelegenheit rechtlich zu beraten und die erforderlichen Schriftsätze und sonstigen gerichtlichen Eingaben zu verfassen. Diese Bekannte habe als Legatarin in einer Erbschaftsangelegenheit rechtlichen Beistand benötigt. Als die Sache einen größeren Umfang angenommen habe, habe der Revisionswerber am 22. September 2014 mit der Bekannten eine in der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auszugsweise wiedergegebene Honorarvereinbarung abgeschlossen. Aus dieser gehe auch hervor, dass er den Rechtsanwalt Dr. B für sämtliche weitere Vertretungshandlungen in der Erbschaftsangelegenheit habe gewinnen können, hinsichtlich welcher der Revisionswerber als emeritierter Anwalt nicht mehr vertretungsbefugt gewesen sei; hiefür sei Bedingung gewesen, dass der Revisionswerber zur Entlastung des angesprochenen Rechtsanwalts sämtliche Schriftsätze verfasse. Weiters sei darin u.a. vereinbart worden, dass der Revisionswerber dafür ein Honorar erhalte, welches nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG) und den autonomen Honorarrichtlinien der österreichischen Rechtsanwälte zu ermitteln und nach Abschluss des anhängigen Verfahrens fällig sei.

5 Der Revisionswerber habe nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes nach Abschluss dieser Honorarvereinbarung bis Dezember 2015 derart "Konzipiententätigkeiten" ausgeführt. So habe er unter anderem den gesamten Schriftverkehr verfasst und dem genannten Rechtsanwalt vorgelegt; z.B. habe er eine Erbverzichtsvereinbarung (samt einer Neufassung) sowie eine Berufungsbeantwortung verfasst.

6 Für seine Tätigkeit habe er in weiterer Folge eine Honorarnote vom 23. März 2016 in Höhe von EUR 69.782,-

(EUR 63.985,76 zzgl. 20% MWSt) an seine Bekannte gestellt, in welcher er die Überweisung des genannten Betrages begehrt habe. Die Bekannte habe an den Revisionswerber für seine Tätigkeit seit deren Beginn bis zur Legung der Honorarnote bereits EUR 7.000,- in Teilbeträgen in der Angelegenheit gezahlt.

7 Als sich die Bekannte nach Legung der Honorarnote an die Rechtsanwaltskammer gewandt habe, habe der Revisionswerber (wie bei der mündlichen Verhandlung am 3. Mai 2017 angegeben) auf seine Honorarforderung verzichtet, um seine Altersrente aus der Versorgungseinrichtung "zu retten".

8 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, der Revisionswerber habe dadurch von September 2014 bis Dezember 2015 eine entgeltliche Tätigkeit ausgeübt, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten falle, wodurch Ruhen der Altersrente gemäß § 6 Abs. 5 der Satzung, ab dem der Ausübung folgenden Kalendermonat, somit von Oktober 2014 bis Dezember 2015, eingetreten sei. Der später abgegebene Verzicht ändere nichts an der entgeltlichen Ausübung der Tätigkeit.

9 C. In seiner dagegen erhobenen, Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machenden Revision begehrte der Revisionswerber das angefochtene Erkenntnis kostenpflichtig aufzuheben, in eventu den Betrag auf EUR 7.000,- herabzusetzen. Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.

10 In der Zulässigkeitsbegründung der Revision führt der Revisionswerber aus, das Verwaltungsgericht habe sich in Anwendung der Ruhensbestimmung des § 6 Abs. 5 der Satzung ausschließlich auf die bloße Vereinbarung einer Entgeltlichkeit gestützt, ohne dabei auf die Höhe und Rechtsgrundlage dieser Vereinbarung und auf den Anlass, die Dauer und die Qualifikation der erbrachten Tätigkeit Rücksicht zu nehmen. Das Landesverwaltungsgericht habe vor allem den nachträglichen Verzicht mit einvernehmlich erfolgter rückwirkender Aufhebung der Entlohnungsvereinbarung als unbeachtlich gewertet. Die Ansicht des Landesverwaltungsgerichts laufe dem Versorgungszweck der Satzung zuwider. Dazu fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

11 II. Rechtslage

12 A. Die im Revisionsfall einschlägigen Bestimmungen der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Vorarlberger Rechtsanwaltskammer in ihrer Fassung vom 15. Oktober 2014 (Satzung) lauten auszugsweise:

"§ 2 Zweck

(1) Die Versorgungseinrichtung der Rechtsanwaltskammer hat den Zweck, durch Gewährung der satzungsmäßigen Leistungen zur Versorgung alter oder berufsunfähiger Beitragspflichtiger und deren Witwen und Waisen beizutragen. ...

§ 6 Altersrente und vorzeitige Altersrente

(1) Bedingung für Ansprüche auf Bezahlung von Altersrenten sind:

a) der Erwerb eines Beitragsmonates bei dieser

Rechtsanwaltskammer und die Erfüllung der Wartezeit gemäß § 5 Abs 2,

b) die Vollendung

des 65. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die vor dem

1.1.1949,

des 66. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die am oder

nach dem 1.1.1949 aber vor dem 1.1.1959,

des 67. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die am oder

nach dem 1.1.1959, aber vor dem 1.1.1969,

des 68. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die am oder

nach dem 1.1.1969, aber vor dem 1.1.1979,

des 69. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die am oder

nach dem 1.1.1979, aber vor dem 1.1.1989,

des 70. Lebensjahres für Beitragspflichtige, die am oder

nach dem 1.1.1989 geboren sind und

c) der Verzicht auf die Eintragung in die Verteidigerliste

sowie

d) bei Rechtsanwälten gemäß § 1 Abs 1 RAO das Erlöschen der

Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 RAO,

e) bei niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten und bei

Personen, die den Beruf als Rechtsanwalt unter einer der in der

Anlage zum EIRAG Art I BGBl I Nr. 27/2000 in der jeweils geltenden

Fassung angeführten Bezeichnung in einem der dort genannten

Staaten berechtigt ausüben, der Nachweis der Beendigung der

Zugehörigkeit des Rechtsanwaltes zu diesem Beruf durch

Bescheinigung der im Herkunftsstaat zuständigen Stelle oder der

Beendigung der Ausübung der Rechtsanwaltschaft in Ländern, die

eine Eintragung als Rechtsanwalt bei einer Standes- oder

Registrierungsbehörde nicht vorsehen, und die Streichung aus allen

Listen der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte,

f) bei Rechtsanwaltsanwärtern der Verzicht auf die

Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter,

g) der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft wo

immer.

(2) Vorzeitige Altersrente:

a) Dem Beitragspflichtigen steht es ungeachtet des § 6 Abs 1 frei, bis zu 4 Jahre vor Erreichung des für ihn gemäß § 6 Abs 1 lit b) anwendbaren Pensionsalters die Altersrente bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen in Anspruch zu nehmen.

b) Dem Beitragspflichtigen steht bei Inanspruchnahme der

vorzeitigen Altersrente die sich für den Beitragspflichtigen gemäß § 6 Abs 6 (unter allfälliger Berücksichtigung von § 6 Abs 7) zu errechnende Altersrente gekürzt um 0,4 % pro angefangenem Monat des vorzeitigen Pensionsantrittes zu.

(3) Der Anspruch auf Gewährung der Altersrente beginnt bei Vorliegen und Nachweis aller hiefür erforderlichen Voraussetzungen mit dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten.

(4) Der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente endet

a) durch Verzicht auf die Altersrente,

b) durch Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte, der

niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte oder der

Rechtsanwaltsanwärter einer Rechtsanwaltskammer oder Ausübung der

Rechtsanwaltschaft, wo auch immer,

c) durch den Tod.

Der Anspruch auf Gewährung der Altersrente endet mit dem Ende jenes Monates, in welchem die Bedingungen für den Wegfall des Anspruches eingetreten sind.

(5) Der Rechtsanspruch auf Bezug einer Altersrente ruht bei Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten (§ 8 RAO) fällt, ab dem der Ausübung der Tätigkeit folgenden Kalendermonat für die Dauer der Tätigkeit, mindestens aber für die Dauer von 3 Monaten. Kein Ruhen wird bewirkt durch die Ausübung von Hilfstätigkeiten in einer Rechtsanwaltskanzlei, der der Rechtsanwalt vor seinem Verzicht angehört hat, wobei als Hilfstätigkeit nur administrative Tätigkeiten gelten.

...

§ 16 Verfahren

...

(3) Umstände, welche das Erlöschen oder eine Verringerung des Versorgungsanspruches zur Folge haben könnten, sind vom Bezugsberechtigten unverzüglich der Rechtsanwaltskammer schriftlich zu melden und zu bescheinigen. Diesbezügliche Anfragen der Rechtsanwaltskammer sind bei sonstigem Ruhen der Leistung vollständig und fristgerecht zu beantworten.

(4) Der Verstoß gegen die Auskunfts-, Bescheinigungs- und Mitwirkungspflicht trotz schriftlicher Aufforderung der Rechtsanwaltskammer unter Setzung einer angemessenen Nachfrist bewirkt das Ruhen des Anspruches des Berechtigten.

...

(7) Der Leistungsempfänger hat zu Unrecht bezogene Leistungen zurückzuzahlen, insbesondere, wenn die Leistungen durch unrichtige Angaben oder Nichtmeldung maßgeblicher Tatsachen zu Unrecht bezogen oder irrtümlich unrichtig berechnet wurden.

..."

B. Die im Revisionsfall einschlägige Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung idF BGBl. I Nr. 68/2008 (RAO) lautet auszugsweise:

"Rechte und Pflichten der Rechtsanwälte § 8. (1) Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts

erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

(2) Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs. 1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse, die sich aus den österreichischen Berufsordnungen für Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker ergeben, werden hiedurch nicht berührt.

...

§ 49. (1) Die Rechtsanwaltskammern haben Einrichtungen zur Versorgung der Rechtsanwälte für den Fall des Alters und der Berufsunfähigkeit sowie zur Versorgung der Hinterbliebenen für den Fall des Todes des Rechtsanwalts oder des Rechtsanwaltsanwärters entsprechend der vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag zu beschließenden Satzung (§ 36 Abs. 1 Z 6) zu schaffen und aufrechtzuerhalten.

...

§ 50. (1) Jeder Rechtsanwalt und Rechtsanwaltswärter sowie deren Hinterbliebene haben bei Vorliegen der Voraussetzungen und bei Eintritt des Versorgungsfalls Anspruch auf Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung.

(2) Dieser Anspruch ist in der Satzung der Versorgungseinrichtungen nach festen Regeln festzusetzen. Hiebei sind folgende Grundsätze zu beachten:

1. Anspruch auf Altersversorgung haben beitragspflichtige

Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung die Witwe beziehungsweise der Witwer (der geschiedene Ehegatte) und die Kinder eines beitragspflichtigen oder ehemals beitragspflichtigen Rechtsanwalts oder Rechtsanwaltsanwärters.

...

2. Voraussetzungen für den Anspruch sind

...

c) im Fall der Alters- und Berufsunfähigkeitsversorgung

aa) der Verzicht auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft im

In- und Ausland;

bb) bei niedergelassenen europäischen Rechtsanwälten

darüber hinaus eine Bescheinigung der im Herkunftsstaat

zuständigen Stelle über diesen Verzicht;

cc) der Verzicht auf die Eintragung in die Verteidigerliste;

..."

13 III. Erwägungen

14 A. Entgegen der im Wesentlichen bloß den Text des Art. 133 Abs. 4 B-VG referierenden Begründung des Verwaltungsgerichtes ist die Revision (im Sinn des Revisionsvorbringens dazu) schon deshalb zulässig, weil im Sinn des maßgebenden Revisionsvorbringens Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier maßgeblichen Bestimmung des § 6 Abs. 5 der Satzung, insbesondere auch zur vorliegend entscheidungswesentlichen Frage, inwieweit ein nachträglicher Verzicht auf den Honoraranspruch für die Beurteilung der Entgeltlichkeit der Ausübung einer Tätigkeit beachtlich ist, nicht (ausreichend) vorliegt, um dem Verwaltungsgericht Leitlinien für die Handhabung dieser Bestimmung zur Verfügung zu stellen (vgl. Art. 133 Abs. 4 letzter Halbsatz B-VG). Angesichts des Inhaltes dieser Bestimmung kann nicht gesagt werden, dass diese jedenfalls als klar und eindeutig zu qualifizieren ist (vgl. etwa VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

15 In einem solchen Fall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb entgegen dem Verwaltungsgericht kein Raum dafür bleibt, die Erhebung einer Revision gegen seine Entscheidung für unzulässig zu erklären (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014, und ferner VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0029, beide mwH). "Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage", wie sie das Verwaltungsgericht offenbar zusätzlich für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für erforderlich hält, sind hier rechtlich irrelevant (vgl. VwGH 3.5.2017, Ro 2016/03/0003, mwH).

16 Die außerordentliche Revision ist daher zulässig, sie ist aber nicht begründet.

17 B.a. Gemäß § 6 Abs. 5 der Satzung ruht der Anspruch auf Altersrente bei Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten (§ 8 RAO) fällt.

18 Nach § 8 Abs. 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst unter anderem die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. § 8 Abs. 1 RAO stellt auf das typische Berufsbild des Rechtsanwaltes und die traditionellerweise von Rechtsanwälten ausgeübten Tätigkeiten ab (vgl. VwGH 4.12.1998, 97/19/1553). Zur umfassenden Parteienvertretung im Sinne des § 8 Abs. 1 und 2 RAO gehört neben dem Beratungsrecht auch das berufsmäßige Verfassen von Rechtsurkunden oder gerichtlichen Eingaben für Parteien bzw. das gewerbsmäßige Verfassen schriftlicher Anträge oder Urkunden sowie das Erteilen einschlägiger Auskünfte für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (vgl. OGH 8.3.2006, 7 Ob 258/05z, mwH). Der Begriff der "Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten" in § 8 Abs. 1 RAO umfasst nicht bloß die Vertretung vor Behörden und Gerichten, sondern u.a. auch die Vertretung eines Klienten in Rechtsangelegenheiten gegenüber Dritten im Zuge einer vorund/oder nachprozessualen Korrespondenz (vgl. nochmals VwGH 4.12.1998, 97/19/1553). Für den Rechtsanwaltsberuf ist typisch, dass er die rechtliche Beratung und Vertretung von Klienten vor Gerichten in dem weitesten Ausmaß und Umfang umfasst, der denkbar ist (vgl. VwGH 16.5.2000, 94/14/0105, mwH).

19 Während § 6 Abs. 5 der Satzung für den Fall der Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit aus dem beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten lediglich ein Ruhen des Rechtsanspruches auf Bezug einer Altersrente vorsieht, normiert § 6 Abs. 4 leg.cit. die Beendigung dieses Anspruches mit der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte bzw. "der Ausübung der Rechtsanwaltschaft, wo auch immer".

20 § 6 Abs. 5 der Satzung verlangt für die Rechtsfolge des Ruhens des Rechtsanspruches auf Bezug einer Altersrente lediglich die Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit aus dem beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten. Ein nach außen in Erscheinung tretendes (etwa auch das Auftreten vor Gericht oder Behörden einschließendes) Vertretungsverhalten ist derart nicht gefordert. Vielmehr reicht es aus, wenn eine jedenfalls zum beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten zählende Tätigkeit entgeltlich erbracht wird. In Betracht kommt diesbezüglich insbesondere das Verfassen von zur Parteienvertretung bestimmten Eingaben, stellt dies doch einen zentralen Bestandteil der anwaltlichen Tätigkeit dar, die zum typischen Berufsbild des Rechtsanwaltes zählt.

21 Die Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung bewirkt nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ex lege - somit unmittelbar rechtsgestaltend - das Ruhen der Altersrente. Eine behördliche Entscheidung dahin, dass das Ruhen eintritt, ist dazu nicht erforderlich.

22 B.b. Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen hat der Revisionswerber den (gesamten) Schriftverkehr für seine Bekannte in der Erbschaftsangelegenheit verfasst (unter anderem die Erbverzichtsvereinbarung und eine Berufungsbeantwortung), damit dann der in der Honorarvereinbarung aus dem September 2014 genannte Rechtsanwalt diese zur Vertretung der Bekannten verwendet.

23 Ausgehend davon begegnet auf dem Boden der dargestellten Rechtslage die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, der Revisionswerber habe als emeritierter Rechtsanwalt damit eine Tätigkeit ausgeübt, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtanwälten falle, keinen Bedenken. Der Revisionswerber hat die vorliegenden relevanten Schreiben (einschließlich eines Rechtsmittelschriftsatzes) für die Verwendung durch diesen Rechtsanwalt verfasst, welcher nach der Honorarvereinbarung überhaupt nur unter der Bedingung tätig wurde, dass diesem die vom Revisionswerber abgefassten Schreiben bzw. Schriftsätze dazu zur Verfügung stünden. Der in der Honorarvereinbarung genannte Rechtanwalt hat sich derart offenbar die Ausarbeitung der Schriftstücke erspart, die an seiner Stelle der als Rechtanwalt emeritierte Revisionswerber erbrachte. Nach den Umständen des Falles lag damit ein maßgeblicher Anteil der Vertretungstätigkeit für seine Bekannte beim Revisionswerber. Eine (wie der Revisionswerber meint) rein juristische Hilfstätigkeit, welche ausschließlich in häuslicher Abgeschiedenheit ausgeübt worden sei und somit den Tatbestand des § 6 Abs. 5 der Satzung nicht erfülle, kann darin auf Basis der dargestellten Rechtslage jedenfalls nicht erblickt werden. In diese Richtung weist zudem, dass der Revisionswerber für seine Tätigkeit ein Honorar erhalten sollte, welches (wenn auch der Höhe nach gedeckelt mit 20 % des Prozessergebnisses) nach dem RATG (das den Entlohnungsanspruch für Rechtsanwälte unvorgreiflich des "Rechtes auf freie Vereinbarung" u. a. auch für das zivilgerichtliche Verfahren normiert, vgl. §§ 1 f RATG) und den autonomen Honorarrichtlinien der österreichischen Rechtsanwälte - somit nach für die Entlohnung von Rechtsanwälten einschlägigen Grundlagen - zu ermitteln war.

24 B.c. Wie angesprochen bewirkt die Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung das Ruhen des Rechtsanspruches auf Bezug der Altersrente. Entgeltlich ist eine Tätigkeit dann, wenn sie auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteiles gerichtet ist, wenn sie also mit Gewinnabsicht erfolgt, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Erfolg. Höhe und Ausmaß des Entgeltes müssen nicht von vorneherein bestimmt sein (vgl. VwGH 25.6.2003, 2002/03/0069). Liegt Entgeltlichkeit einer Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung vor, tritt das Ruhen ex lege ein. Ein späterer Entgeltverzicht vermag an dem bereits ex lege eingetretenen Ruhen für die betroffenen Zeiträume nichts (mehr) zu ändern.

25 Unstrittig wurde im gegenständlichen Fall die Honorarvereinbarung vom September 2014 zwischen dem Revisionswerber und seiner Bekannten für seine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Erbschaftsangelegenheit geschlossen und damit Entgeltlichkeit der Tätigkeit vereinbart. Der spätere - unstrittig erst nach Legung der Honorarnote vom 23. März 2016 erfolgte - Verzicht des Revisionswerbers auf seinen Entgeltanspruch gegenüber seiner Vertragspartnerin vermag für das zuvor bereits ex lege eingetretene Ruhen des Rentenanspruchs gemäß § 6 Abs. 5 der Satzung und die Rückzahlungsverpflichtung zu Unrecht bezogener Leistungen gemäß § 16 Abs. 7 der Satzung jedenfalls für den nach der vorliegenden Entscheidung maßgeblichen, vor der Verzichtserklärung liegenden Zeitraum von Oktober 2014 bis Dezember 2015 nachträglich keine Änderung herbeizuführen, zumal durch diesen vertraglichen Verzicht die aus der Satzung resultierenden Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden konnten. Ob der Revisionswerber diesen späteren Verzicht (wie in der Revision angegeben: abverlangterweise) erklärte, ist nicht entscheidend. Entgegen der Revision kommt es für den Entgeltcharakter zudem nicht auf die tatsächliche Leistung eines Entgelts an (vgl. dazu VwGH 7.6.2017, Ra 2017/08/0057), weshalb der Hinweis, der Revisionswerber habe keine Belohnung, sondern bloß einen Aufwandersatz erhalten, nicht zu seinen Gunsten auszuschlagen vermag. Ausgehend davon lag für den im angefochtenen Erkenntnis festgehaltenen Zeitraum des Ruhens von Oktober 2014 bis Dezember 2015 eine entgeltliche Tätigkeit des Revisionswerbers iSd § 6 Abs. 5 der Satzung vor.

26 B.d. Entgegen der Revision erweist sich die dort vertretene Auffassung, ein nachträglicher Verzicht auf das vereinbarte Entgelt müsste aufgrund des Versorgungszweckes der Satzung den Entgeltcharakter der Tätigkeit rückwirkend beseitigen, auch aus den folgenden Überlegungen als nicht zielführend. Zweck der Satzung ist es nach ihrem § 2, durch Gewährung satzungsmäßiger Leistungen zur Versorgung alter und berufsunfähiger Beitragspflichtiger beizutragen. Übt eine bezugsberechtigte Person aber ohnehin eine entgeltliche Tätigkeit aus, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten iSd § 8 RAO fällt, kommt es konsequenterweise gemäß § 6 Abs. 5 der Satzung zum Ruhen des Anspruches auf Bezug der Altersrente. Zudem sind, um einen rechtswidrigen Bezug einer Altersrente zu vermeiden, Umstände, die das Erlöschen oder eine Verringerung des Versorgungsanspruchs zur Folge haben könnten, vom Bezugsberechtigten gemäß § 16 Abs. 3 der Satzung unverzüglich der Rechtsanwaltskammer anzuzeigen. Zu diesen Umständen zählt auch eine entgeltliche Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung iVm § 8 RAO, weil diese zum Ruhen des Anspruchs und damit zu einer Verringerung der Versorgungsleistung führt. Zweck der Ruhensbestimmung ist es somit, den Bezug der Altersrente neben einer Einnahmequelle aus der Ausübung einer Tätigkeit, die in den beruflichen Aufgabenkreis von Rechtsanwälten fällt, auszuschließen und durch die Normierung einer Auskunfts- und Mitwirkungspflicht gemäß § 16 der Satzung einen rechtswidrigen Bezug der Altersrente hintanzuhalten.

27 Die erkennbare Auffassung des Revisionswerbers, wonach durch den nachträglichen Verzicht auf das vereinbarte Honorar kein Ruhen der Altersrente aufgrund (rückwirkenden) Wegfalls der Entgeltlichkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung einträte, würde dieser Zielsetzung zuwider laufen. Das Unterbleiben des Ruhens hätte nämlich zur Folge, dass der Bezugsberechtigte trotz der Ausübung einer entgeltlichen Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung während aufrechten Altersrentenbezuges durch einen nachträglichen Verzicht - wie hier aus Anlass einer Anzeige durch Dritte bei der Rechtsanwaltskammer - stets den Eintritt des Ruhens seines Altersrentenanspruchs verhindern könnte. Es würde damit die Möglichkeit eröffnet werden, bei rechtswidrigem und dem Versorgungszweck iSd § 2 der Satzung zuwiderlaufendem Bezug der Altersrente neben dem Ausüben einer entgeltlichen Tätigkeit jederzeit durch die Abgabe einer Verzichtserklärung die in der Satzung vorgesehene Konsequenz des Ruhens zu umgehen. Eine bezugsberechtigte Person könnte diese Umgehungsmöglichkeit insofern rechtsmissbräuchlich ausnutzen, als sie neben der Ausübung entgeltlicher Tätigkeit iSd § 6 Abs. 5 der Satzung weiterhin rechtswidrigerweise Altersrente im Wissen darum bezieht, dass im Falle der Ruhendstellung der Altersrente durch die Rechtsanwaltskammer die Möglichkeit eines nachträglichen Verzichts auf das vereinbarte Entgelt offen stünde, um diese Rechtsfolge rückwirkend zu verhindern. Eine derartige Umgehungsmöglichkeit eröffnen zu wollen kann dem Satzungsgeber aber nicht zugesonnen werden.

28 B.e. Dem erstmals im Revisionsverfahren erstatteten Vorbringen, der Revisionswerber habe seine Ansprüche aus der Altersrente wirksam an die Zessionarin S abgetreten und es sei die Altersrente somit aus seinem Vermögen ausgeschieden, weshalb keine Rückforderungsansprüche gegen ihn geltend gemacht werden könnten, ist schon das Neuerungsverbot gemäß § 41 VwGG entgegenzuhalten. Das Neuerungsverbot gilt auch für solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil - wie hier - im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (vgl. VwGH 9.10.2017, Ra 2017/02/0178; 9.9.2015, Ra 2015/04/0012; 23.8.2013, 2010/03/0190). Das Vorliegen und damit die Beurteilung der Wirkung einer rechtswirksamen Zession auf den Rückforderungsanspruch der belangten Behörde gegen den Revisionswerber kann vom Verwaltungsgerichthof nur aufgrund diesbezüglicher Sachverhaltsfeststellungen überprüft werden, weshalb das Vorbringen betreffend die Abtretung der Altersrente unter das Neuerungsverbot fällt.

29 IV. Ergebnis

30 A. Da schon der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

31 B. Eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte unterbleiben, weil das Verwaltungsgericht (ein Tribunal iSd EMRK) eine mündliche Verhandlung durchführte (vgl. etwa VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014, mwH).

Wien, am 20. März 2018

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