VwGH Ro 2016/03/0003

VwGHRo 2016/03/00033.5.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 12. Oktober 2015, Zl LVwG-550606/8/Br, betreffend Entziehung einer Jagdkarte (mitbeteiligte Partei: R E in H, vertreten durch Mag. Rupert Wagner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Graben 32), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
B-VG Art133 Abs4;
JagdG OÖ 1964 §38 Abs1 lita;
JagdG OÖ 1964 §38;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 lita;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 litd;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 lite;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs1 litf;
JagdG OÖ 1964 §39 Abs3;
JagdG OÖ 1964 §39;
JagdG OÖ 1964 §40 Abs1 lite;
JagdG OÖ 1964 §40;
MRKZP 07te Art4;
VwGG §25a;
VwRallg;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z3;
WaffG 1996 §8 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2016030003.J00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 I. Sachverhalt

2 A.1.  Aus der Darstellung im bekämpften Erkenntnis ergibt sich, dass die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft Rohrbach (BH) der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 15. Juni 2015 für die Dauer von einem Jahr und zehn Monaten (beginnend mit 15. Juni 2015) die Jagdkarte gemäß § 40 iVm §§ 38 Abs 1 lit a und d sowie 39 Abs 1 lit a und Abs 2 sowie § 46 iVm § 44 des Oö Jagdgesetzes 1964 (Oö JagdG) entzog. Für den selben Zeitraum wurde der mitbeteiligten Partei die Betrauung als Jagdschutzorgan für das genossenschaftliche Jagdgebiet H widerrufen. Ausgesprochen wurde ferner, dass die Jagdkarte, der Ausweis und das Abzeichen des Dienstausweises als Jagdschutzorgan unverzüglich bei der BH abzugeben seien.

3 Nach der Bescheidbegründung lag dieser Entscheidung im Wesentlichen Folgendes zugrunde: Die mitbeteiligte Partei habe laut Abschlussbericht der Polizeiinspektion L vom 24. Oktober 2014 am 21. September 2014 gegen 6.45 Uhr in H (ca 100 m nördlich der F Straße 4 bei Strkm 15,8) mit ihrem Jagdgewehr (Marke Winchester, Kaliber 30.06) auf ein auf einer Wiese stehendes Rehkitz geschossen. Die mitbeteiligte Partei habe das Rehkitz aber nicht getroffen. Das Projektil sei etwas weiter geflogen, bis es auf die Verglasung der Schmutzschleuse bei einem näher bezeichneten Haus in H aufgetroffen sei. Das Geschoß habe die äußere Glasscheibe durchschlagen und sei im Hohlraum der zwei Verglasungen liegen geblieben.

4 Bei einer Vernehmung direkt nach dem Vorfall habe der Mitbeteiligte angegeben, einer der vier Jagdpächter der Jagdgenossenschaft H und seit 30 Jahren Jäger in diesem Revier zu sein. Am 21. September 2014 sei er um 6.00 Uhr mit seinem PKW zu einem näher bezeichneten Revierteil gefahren. Dabei habe er am Waldrand zwei Rehe stehen sehen. Er habe seinen PKW neben der Straße stehen gelassen und sich zwischen den Maisfeldern durchgepirscht. Am Ende eines Maisfeldes sei er stehen geblieben und habe dem Rehkitz ca zwei Minuten durch das Zielfernrohr zugeschaut und es beobachtet. Er habe aber vorerst nicht schießen können, weil ihn das Rehkitz immer angeschaut habe und es somit nicht möglich gewesen sei, einen tödlichen Schuss abzugeben. Ihr Jagdgewehr habe die mitbeteiligte Partei immer am Pirschstock aufgelegt in Richtung Rehkitz gehabt. Als das Kitz das Haupt gehoben habe, habe er in Richtung Träger vom Kitz geschossen. Sie habe aber sofort bemerkt, dass er das Kitz nicht getroffen habe, weil es vertraut ins Maisfeld gewechselt habe und nicht geflüchtet sei. Die mitbeteiligte Partei habe dann noch am Rande des Maisfeldes nach Schweiß gesucht, habe aber nichts feststellen können. Dann sei die mitbeteiligte Partei noch an einen näher bezeichneten Ort gefahren und habe Schwammerl gesucht, anschließend sei sie nach Hause gefahren.

5 Zu ihrer Rechtfertigung habe die mitbeteiligte Partei gegenüber der BH Folgendes angegeben: Als sie auf das in der Wiese stehende Rehkitz geschossen habe, sei eine Munition der Marke Hornady (150gr. GMX) verwendet worden. Das Kitz sei nicht getroffen worden. Hinter dem Rehkitz habe sich gewachsener Boden (Wiese) befunden, es sei daher ein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen. Diesbezüglich sei auf beiliegende Lichtbilder verwiesen worden, welche den Ort der Schussabgabe wiedergeben würden. Es sei davon auszugehen, dass das Projektil vor dem Durchschlagen der Glasscheibe erhebliche Energie abgegeben habe. Dies ergebe sich aus der Verformung des Projektils, auch diesbezüglich werde auf beiliegende Lichtbilder verwiesen. Auf diesen Bildern sei klar ersichtlich, dass das Geschoss offensichtlich auf einen harten Gegenstand aufgeprallt und sodann abgelenkt worden sei (abgeschrägte Geschossspitze). Es könne sich hier denkmöglich um einen in der Wiese liegenden Stein gehandelt haben. Das Geschoss sei sodann in einem Winkel von mehr als 45 Grad seitlich abgelenkt und in einer Entfernung von ca 800 m gegen die Glasscheibe geprallt. Aus technischer Sicht sei auszuschließen, dass der Aufprall auf die Glasscheibe eine derartige Deformation des Geschosses nach sich ziehe. Außerdem hätte das Projektil bei einem direkten Treffer der Glasscheibe diese und auch die dahinter befindliche Glasscheibe durchschlagen und wäre aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auffindbar gewesen. Das gerichtliche Verfahren wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB) gegen die mitbeteiligte Partei sei eingestellt worden. Der mitbeteiligten Partei sei daher keinerlei Verschulden anzulasten. Die Jagd sei von ihr mit der im Zusammenhang mit der Jagd erforderlichen Verlässlichkeit ausgeübt worden. Der Vorfall sei auf ein Zusammentreffen unglücklicher Umstände zurückzuführen. Mit einem weiteren Schreiben habe die mitbeteiligte Partei einen Lageplan mit von ihr eingezeichneten Positionen übermittelt (mit einem Kreuz, das sich näher bei der Straße befindet, wurde die Position des Schützen markiert, das andere Kreuz markierte die Position des Rehkitzes).

6 Die BH habe den jagdfachlichen Amtssachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens darüber beauftragt, ob ein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen sei. Der Sachverständige sei nach einem Lokalaugenschein im Beisein der Polizeibeamten der Polizeiinspektion, die nach dem Vorfall am 21. September 2014 den Abschlussbericht erstellt hatten, zu folgendem Ergebnis gekommen:

Ein Polizeibeamter habe die genaue Position der mitbeteiligten Partei zum Zeitpunkt der Schussabgabe am 21. September 2014 rekonstruiert und dabei berichtet, dass an diesem Standort zum Aufnahmezeitpunkt des Vorfalles noch eindeutig Trittspuren eines Schuhwerkes am Boden sowie Spuren am Grasbewuchs erkennbar und feststellbar gewesen seien. Die mitbeteiligte Partei habe nach Angaben dieses Beamten bei der örtlichen Aufnahme des Vorfalls durch die Polizeibeamten keine exakten Angaben zum Standort des Rehkitzes machen können, auf welches sie den Schuss abgegeben hätte. Lediglich die Richtung und ein ungefährer Standort sei bei der Polizeieinvernahme vor Ort angegeben worden. Nach Angabe der mitbeteiligten Partei sei aber die Schussabgabe in Richtung Nordosten erfolgt. In dem vom Mitbeteiligten später übermittelten (schon angesprochenen) Lageplan sei seine Position zum Zeitpunkt der Schussabgabe rund 46 m weiter nordöstlich angegeben. Von beiden angegebenen Standpunkten des Weges aus sei das Rehkitz bei der Schussabgabe in jedem Fall im Bereich einer Kuppenlage gestanden. Unter Berücksichtigung beider Positionen verlaufe innerhalb einer Distanz von ca 200 Laufmetern im Nordosten und somit in Schussrichtung hinter dieser Kuppe ein Feldweg zwischen nordwestlicher und südöstlicher Richtung (öffentliches Gut der Marktgemeinde H). Aus jagdfachlicher Sicht sei bei beiden angegebenen Positionen des Jägers mit Schussabgabe in Richtung Nordosten in Richtung der Kuppenlage kein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen. Dass es sich um ein Gelände ohne ausreichenden Kugelfang handle - flaches Gelände mit einer Hangneigung von weniger als 15 % - sei aus den Höhenschichtlinien im von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Plan vom 22. Jänner 2015 ersichtlich. Überdies sei die Abgabe eines Schusses wie im konkreten Fall ohne erhöhte jagdliche Einrichtung vom Boden aus als gefährlich einzustufen und daher aus jagdfachlicher Sicht zu unterlassen.

7 In ihrer Stellungnahme vom 18. März 2015 dazu habe die mitbeteiligte Partei die Rekonstruktion des Standortes durch den Polizeibeamten als befremdlich erachtet und einen neuerlichen Ortsaugenschein unter ihrer Beiziehung beantragt. Ferner sei auf die Stellungnahme eines allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen verwiesen worden, wonach die Aussage des Amtssachverständigen, dass aus jagdfachlicher Sicht ein derartig flaches Gelände mit einer Hangneigung von weniger als 15 % keinen Kugelfang aufweise, nicht zulässig sei. Zudem habe der Amtssachverständige auf die Geschossverformung keine Rücksicht genommen. Die bereits von der mitbeteiligten Partei angegebene Verformung lasse aus technischer Sicht lediglich den Schluss zu, dass das Projektil vor dem Eintritt in die Glasscheibe ein anderes Hindernis touchiert haben müsse. Das Geschoss sei daher offensichtlich durch einen vorhandenen Kugelfang abgelenkt und für den Schützen völlig unvorhersehbar in Richtung des gegenständlichen Hauses abgelenkt worden. Bei der Schussabgabe sei ein eindeutiger Kugelfang in Form eines gewachsenen Bodens gegeben gewesen. Zudem könne eine einmalige Verfehlung niemals die geforderte jagdliche Verlässlichkeit in Frage stellen. Für die Verlässlichkeit im Sinn des § 38 Oö Jagdgesetz sei die Verlässlichkeit nicht in jede Richtung gefordert, sondern nur für die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche. In Analogie zu § 6 Abs 1 und § 8 Abs 1 WaffG sei bei der Wertung einer Person als verlässlich ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen, weil der Begriff der Verlässlichkeit einen Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall erfasse. Gleichzeitig zu dieser Stellungnahme sei eine jagdfachliche Stellungnahme von Mag. C B (Oö Landesjagdverband) vorgelegt worden. Darin wurde ausgeführt, dass im konkreten Fall keine Aussage getroffen werden könne, da anhand der von der mitbeteiligten Partei zur Verfügung gestellten Fotos keine Detailansicht der Causa möglich sei. Bei Annahme der von der mitbeteiligten Partei genannten Kriterien sei aber festzustellen, dass bei einer Hangneigung von 15 % (entsprechend einem Winkel von 8,5 Grad ) eine Entfernung von 50 m zum Ziel (Annahme adultes Reh mit Schulterhöhe von 85 cm) und einer Größe des Schützen von 1,80 m ein Kugelfang mit gewachsener Erde sehr wahrscheinlich sei. Der Schnittpunkt der Schussbahn (Kugel) mit der Hanglinie (Kugelfang) finde sich bei 75 m. Die weiteren Fragen (ungefährer Standort des Schützen, ungefährer Standort des Ziels, Hanglänge, Untergrundbeschaffenheit, etc) bezüglich des konkreten Falles könnten nur bei einem Lokalaugenschein geklärt werden. Aus jagdfachlicher Sicht sei aber eine Pauschalaussage dahin, dass ein "flaches" Gelände mit einer Hangneigung von weniger als 15 % keinen Kugelfang aufweisen würde, nicht zulässig.

8 Am 23. April 2015 habe zum Thema "Kugelfang" - wie von der mitbeteiligten Partei gefordert - ein neuerlicher Lokalaugenschein an Ort und Stelle stattgefunden, bei der neben dem Mitbeteiligten, seinem Rechtsvertreter, einem bei seiner Ersteinvernahme nach dem Vorfall anwesenden Polizeibeamten, dem Bezirksförster auch der Jagdsachverständige Dipl. Ing. M P vom Forsttechnischen Dienst der BH anwesend gewesen sei. Dieser sei zu folgendem Ergebnis gekommen: Abweichend von ihren ersten Angaben habe die mitbeteiligte Partei nunmehr als damaligen Standort bei der Schussabgabe einen dritten Ort bezeichnet, von welchem sie auf das Rehkitz geschossen habe. Ausgehend von diesem nunmehr angegebenen dritten Standort verändere sich die Entfernung Schütze - Rehkitz insofern deutlich, als nunmehr nicht mehr von 75 m (nach dem Karteneintrag in dem übermittelten Lageplan von der mitbeteiligten Partei) die Rede sei, sondern die Entfernung ziemlich bestimmt 34 m betrage. Die mitbeteiligte Partei sei auch sicher gewesen, das Rehkitz nicht verfehlt zu haben, sondern mittels eines "Kammerschusses" getroffen zu haben. Warum damals nicht sofort eine Nachsuche erfolgt sei, sei unbeantwortet geblieben, womit den Bestimmungen über die Nachsuche nach krank geschossenem oder vermutlich getroffenem Wild iSd § 57 Oö JagdG offenbar nicht nachgekommen worden sei. Damals sei nämlich unterlassen worden, am Standort des Rehkitzes oder im Verlauf seiner Flucht nach eindeutigen Spuren zu suchen, die auf eine erhebliche Verletzung oder aber auf den Tod des Rehkitzes (ein Kammerschuss führe nämlich entweder zu sehr erheblichen Verletzungen oder in der Regel meist zum Tod des Rehkitzes) hingewiesen hätten. Ein bloßes Nachschauen am Rande des Maisfeldes nach Schweiß reiche nicht aus, um dem Erfordernis einer weidgerechten Nachsuche gerecht zu werden. Zum nunmehr angeführten dritten Standort der mitbeteiligten Partei sei Folgendes festzuhalten: Am Tag der Schussabgabe habe sich unmittelbar rechts vom Schützen ein noch nicht abgeerntetes Maisfeld befunden. Wuchshöhen von erntereifem Mais in dieser Region bewegten sich durchaus jenseits der Schulterhöhe eines Erwachsenen, weshalb es unwahrscheinlich erscheine, dass der Schütze (geschätzte Schulterhöhe 1,60 m) über das Maisfeld hinweg einen Blickkontakt zum 34 m entfernt stehenden Rehkitz gehabt habe, der einen sicheren Schuss auf dieses gewährleistet hätte. Im Zusammenhang mit der Frage des Vorhandenseins eines sicheren Kugelfanges könne ein Kugelfang im eigentlichen Wortsinn nur so verstanden werden, dass die Kugel durch ein Medium gefangen werde und nicht als Abpraller oder Geller die Umgebung gefährde, also nicht zur Gefahr für umliegende Objekte oder gar Lebewesen werde. Obwohl richtungsstabile Jagdgeschosse wie im vorliegenden Fall das Deformationsgeschoss der Marke Hornady eine geringe Tendenz zum Abprallen aufwiesen und als formstabile Geschosse im zielballistischen Verhalten eine eher gleichbleibende Richtungsstabilität aufwiesen, sei der Aufprallwinkel auch auf "gewachsenem Boden" sehr entscheidend. Einem Jäger mit über 30jähriger Praxis sei es zumutbar, ein stehendes Rehkitz auf 34 m Entfernung tödlich zu treffen. Das Medium sollte in erster Linie also das Rehkitz selbst sein, erst in weiterer Folge nach deutlicher Verringerung der Geschossenergie ein (anderer) sicherer Kugelfang. Unabhängig von den nunmehr drei verschiedenen Positionen des Jägers bei der Schussabgabe und jenen des Rehkitzes verlaufe das Gelände ansteigend mit einer Steigung von ca 11 % in Richtung Nordosten. Diese Steigung ergebe sich sehr wohl aus den in der Karte gemessenen Daten und Höhenquoten und einer durchgeführten Messung mittels eines Gefällsmessers. Beim gegebenen Gelände, einer geschätzten Schulterhöhe von 1,60 m, einer Entfernung von 34 m und einer angenommenen Höhe der "Kammer" des Rehkitzes von 40 cm ergäben sich (wie in einer Beilage dargestellt) schneidende Geraden, ein sich daraus ergebender Schnittpunkt in einer Entfernung von 49,90 m und ein dazugehöriger Winkel von 1,94 Grad (Altgrad). Bei einer Ungenauigkeit der Messungen seien diese beiden Ebenen (Geländer und Flugplan des Geschosses) also annähernd parallel, der Winkel erreiche im Schnittpunkt mit Sicherheit keine 5 Grad , egal ob der Schuss dann ungehindert das Gelände oder aber das Reh durch einen Kammerschuss durchschlagen habe. Einer im Jahr 2011 durchgeführten, aufwändigen Studie der DEVA (Deutsche Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen) könne eindeutig und gesichert entnommen werden, dass - egal mit welcher Munition (bleihältig oder bleifrei) und egal auf welchem Untergrund (Wiese, Waldboden, Acker, Maisacker) - für einen gesicherten Kugelfang insbesondere die Entfernung des Schützen zu seinem Ziel und die Höhe seines Standortes über dem Gelände entscheidend seien, welche zusammen den entscheidenden Aufprallwinkel des Geschosses im Gelände ergeben würden. Nach der Studie könne erst bei Aufprallwinkel ab 10 Grad angenommen werden, dass die Kugel im Boden verbleibe und dieser als Kugelfang diene. Je höher die Schussposition, umso größere Winkel ergäben sich bei unverminderter Entfernung und böten also einen immer besseren Kugelfang, je größer die Entfernung, umso kleinere Winkel ergäben sich bei unveränderter Höhe der Schussposition, der Kugelfang werde immer unsicherer. Grundsätzlich sollte das Geschoss also so stumpf wie möglich in das Gelände (Kugelfang) eindringen, dann sei die Sicherheit am größten und die Abpralltendenz am geringsten. Weiters sollte der Kugelfang möglichst knapp hinter dem beschossenen Wild beginnen. Je weiter dieser vom Stück entfernt sei, desto größer sei der Gefährdungsbereich durch Splitter und Abpraller. Beides seien Voraussetzungen, die bei der vorliegenden Schussabgabe nicht vorhanden gewesen seien. Unter den gegebenen Bedingungen am Tag der Schussabgabe werde daher gefolgert, dass der mitbeteiligten Partei bei der Schussabgabe auf das Rehkitz ganz sicher kein Kugelfang zur Verfügung gestanden habe. Auch wenn die mitbeteiligte Partei darauf hinweise, in ihrer Jagdausbildung gelernt zu haben, dass der gewachsene Boden einen ausreichenden Kugelfang böte, sei darauf hinzuweisen, dass in jedweder Jagdausbildung gelehrt werde, dass sich der Schütze bei der Abgabe seines Schusses, der jagdbares Wild tödlich treffen solle, in erster Linie zu vergewissern habe, dass er mit seinem Schuss nicht andere Objekte oder gar Lebewesen gefährde. Jeder Schütze sei selbst für seine Schussabgabe verantwortlich. Es müsse ein geeigneter Kugelfang vorhanden sein, damit das Geschoss nicht absorbiert werden könne. Erst durch einen geeigneten Kugelfang (gewachsener Boden plus ausreichend großer Aufprallwinkel) werde die Energie des Geschosses dabei verlässlich vernichtet und könne die Kugel als Ganze oder im Teilstück danach keinen Schaden mehr anrichten. Im Zweifelsfall habe die Kugel im Lauf zu bleiben.

9 In ihrer Stellungnahme dazu vom 22. Mai 2015 habe die mitbeteiligte Partei vorgebracht, dass der jagdfachliche Sachverständige offensichtlich keinerlei fundierte Ausbildung im Bereich des Schießwesens und der Ballistik habe. Zudem habe sie entgegen dem Sachverständigen eine Wildfolge nach § 57 Oö Jagdgesetz mit ihrem Hund selbst durchgeführt. Das vom Sachverständigen herangezogene deutsche Forschungsergebnis aus dem Jahr 2011 habe weder in die deutschen Unfallverhütungsvorschriften noch in die österreichische Lehre bzw den österreichischen Meinungsstand Eingang gefunden. Von einem österreichischen Jäger könne nicht verlangt werden, dass er die selbst in Deutschland strittigen Erkenntnisse beachte. Nach den in Österreich anerkannten Unfallverhütungsvorschriften sei ein geeigneter Kugelfang prinzipiell gegeben gewesen, da als Hintergrund ein (gewachsenes) Gelände gegeben gewesen sei (unter Hinweis auf ein vorgelegtes Gutachten vom 18. Mai 2015 sowie auf die Jagd- und Unfallverhütungsvorschrift). Der gegenständliche Vorfall hätte sich mit einem herkömmlichen Teilmantelgeschoss nicht ereignet, es sei daher der mitbeteiligten Partei nicht vorwerfbar (abermals unter Hinweis auf das vorgelegte Gutachten). Das (vorgelegte) Gutachten eines gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Schießwesen vom 8. Mai 2015 führe an, dass das verwendete bleifreie Geschoss eine erhöhte Abpralleigenschaft aufweise und diese Zusatzinformation unter Bezugnahme auf den "10 Grad Schusswinkel" der mitbeteiligten Partei nicht habe bekannt sein müssen. Verwiesen wurde auch auf die Stellungnahme eines Ausbilders in den Jungjäger- und Jagdhüterkursen in den Bezirken Linz und Linz-Land, wonach gelehrt werde, dass der gewachsene Boden grundsätzlich als ausgezeichneter Kugelfang diene; eine dezidierte Winkelzahl für den Schusswinkel werde nicht genannt und nicht gelehrt. Wenn hinter dem geschossenen Stück vollständig gewachsener Boden sei, sei ein Kugelfang gegeben. Nach einer weiteren vorgelegten Stellungnahme werde es von den Prüflingen auch in den Jagdprüfungen und an den landwirtschaftlichen Fach- und Berufsschulen als ausreichend angesehen, wenn diese im Sinn eines Kugelfanges hinter einem beschossenen Stück gewachsenen Boden sähen. Der Amtssachverständige habe offensichtlich ein Detail aus der deutschen Literatur herangezogen. Dies sei für österreichische Verhältnisse bzw für den objektiv ordnungsgemäß handelnden österreichischen Jäger nicht zumutbar. Zudem sei im vorliegenden Fall auch nach den vorgelegten Gutachten vom 18. Mai 2015 ein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen. Der vorliegende Unfall sei auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen, die vom Schützen nicht einmal ansatzweise vorhergesehen gewesen seien.

10 Von der BH wurde festgestellt, die mitbeteiligte Partei habe bei ihrer Beschuldigtenvernehmung (etwa vier Stunden nach der Schussabgabe) angegeben, dass sie sich zwischen zwei Maisfeldern angepirscht habe und am Ende des Maisfeldes stehen geblieben sei und das Rehkitz etwa zwei Minuten durch das Zielfernrohr beobachtet habe. In weiterer Folge habe die mitbeteiligte Partei in Richtung Träger des Kitzes geschossen, das nach ihrer Erstaussage nicht getroffen worden sei, weil das Kitz vertraut in das Maisfeld gewechselt habe und daher von ihr auch kein Schweiß am Rande des Maisfelds habe festgestellt werden können. Dass das Kitz von der mitbeteiligten Partei nicht getroffen worden sei, sei von ihr auch in ihrer Stellungnahme vom 9. Jänner 2015 angegeben worden. Der in dem von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Lageplan angegebene Standpunkt zur Zeit der Schussabgabe weiche von dem Standort ab, den die mitbeteiligte Partei bei ihrer Beschuldigtenvernehmung angegeben habe. Beim Lokalaugenschein des jagdfachlichen Amtssachverständigen im Beisein der Polizeibeamten habe ein Polizeibeamter die genaue Position zum Aufnahmezeitpunkt des Vorfalles rekonstruiert, weil eindeutige Trittspuren sowie Spuren am Grasbewuchs erkennbar und feststellbar gewesen seien. Der exakte Standort des Rehkitzes habe von der mitbeteiligten Partei nicht angegeben werden können, lediglich dass der Schuss vom Standort in Richtung Nordosten erfolgt sei. Der Amtssachverständige sei in seinem schlüssigen Gutachten zum Ergebnis gelangt, dass von beiden angegebenen Standpunktorten des Jägers aus die Schussabgabe auf jeden Fall im Bereich einer Kuppenlage erfolgt und damit kein ausreichender Kugelfang gegeben gewesen sei. Zusätzlich verlaufe innerhalb einer Distanz von etwa 200 m im Nordosten (somit in angegebener Schussrichtung) hinter dieser Kuppe ein öffentlicher nicht einsehbarer Feldweg, was der mitbeteiligten Partei auf Grund ihrer 30jährigen Jagdausübung in diesem Revier bekannt habe sein müssen. Bei einem vom Jagdsachverständigen Dipl. Ing. M P auch im Beisein der mitbeteiligten Partei durchgeführten Lokalaugenschein sei das angesprochene Gutachten des Amtssachverständigen in vollem Umfang bestätigt und ebenfalls festgestellt worden, dass bei der Schussabgabe auf das Rehkitz kein Kugelfang zur Verfügung gestanden habe. Abweichend von ihren bisherigen Angaben habe die mitbeteiligte Partei bei diesem Lokalaugenschein einen dritten Standort bei der Abgabe des Schusses in der Entfernung von lediglich 34 m zum Standort des Rehkitzes angegeben und ferner festgehalten, dass die mitbeteiligte Partei das Rehkitz nicht verfehlt, sondern mittels Kammerschuss getroffen habe. Diese Angaben erschienen dem Jagdsachverständigen dahingehend unwahrscheinlich, als zum Zeitpunkt der Schussabgabe unmittelbar rechts vom Schützen ein noch nicht abgeerntetes Maisfeld gestanden habe, über das hinweg ein Blickkontakt und in weiterer Folge eine sichere Schussabgabe über das 34 m entfernt stehende Rehkitz nicht gewährleistet gewesen wäre. Ungeachtet dessen haben der Amtssachverständige und der Jagdsachverständige detailliert nachvollziehbar und schlüssig dargestellt, dass - egal ob der abgegebene Schuss ungehindert das Gelände oder aber das Reh durch einen Kammerschuss durchschlagen habe - kein geeigneter Kugelfang gegeben gewesen sei.

11 Die von der mitbeteiligten Partei beigebrachten und in ihrem Auftrag veranlassten jagdfachlichen Äußerungen und Begutachtungen seien nicht weiter maßgebend, zumal diese allesamt auf den (mitunter recht unterschiedlichen) Angaben der mitbeteiligten Partei basierten und ohne Durchführung eines Lokalaugenscheins erfolgt seien. Zudem sei in der vorgelegten Stellungnahme vom 10. März auch festgehalten worden, dass für den konkreten Fall keine Aussage getroffen werden könne, weil anhand der Fotos keine Detailansicht der Angelegenheit möglich sei. Die Einholung eines ballistischen Gutachtens sei deshalb nicht erforderlich gewesen, weil bereits das jagdfachliche Gutachten das Vorliegen eines Kugelfanges zweifelsfrei verneint habe. Die von der mitbeteiligten Partei angeführten Jagd- und Unfallverhütungsvorschriften (mit Stand Jänner 2013) hielten in ihren Empfehlungen eindeutig fest, dass sich vor Abgabe eines Schusses der Schütze zu vergewissern habe, dass niemand gefährdet würde, und dass ein Büchsenschuss nur dann abgegeben werden dürfe, wenn ein geeigneter Kugelfang gegeben sei. Die durch die Amtssachverständigen durchgeführten Erhebungen hätten allerdings ergeben, dass ein derartiger Kugelfang nicht zur Verfügung gestanden und überdies die Schussabgabe auch noch in Richtung eines nicht einsehbaren öffentlichen Weges erfolgt sei. Basierend auf den eingehenden Ermittlungen und insbesondere auf den nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachten der Amtssachverständigen einerseits sowie den teilweise widersprüchlichen und damit unglaubwürdigen Angaben der mitbeteiligten Partei (Angabe mehrerer unterschiedlicher Standorte und mehrerer divergierender Entfernungen zum Rehkitz; einerseits Angabe eines Fehlschusses, andererseits Angabe eines Kammerschusses) werde von der BH davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall kein Kugelfang zur Verfügung gestanden habe. Dazu komme, dass die gegenständliche Schussabgabe im Bereich einer Kuppenlage erfolgt sei und in Schussrichtung hinter dieser Kuppe ein öffentlicher Feldweg verlaufe, der der mitbeteiligten Partei auf Grund ihrer jahrelangen jagdlichen Tätigkeiten habe bekannt sein müssen. Damit stehe zweifelsfrei fest, dass durch das Verhalten der mitbeteiligten Partei die öffentliche Sicherheit gefährdet worden sei (Schussabgabe in Richtung eines nicht einsehbaren öffentlichen Weges; das Geschoss habe - wie erwähnt - die äußere Glasscheibe einer Türe eines Wohnhauses durchschlagen), weshalb die erforderliche Verlässlichkeit nicht mehr gegeben sei. Nach § 38 Oö Jagdgesetz sei nämlich angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Auf Grund der bisherigen Unbescholtenheit der mitbeteiligten Partei habe mit der festgelegten Dauer des Jagdkartenentzuges das Auslangen gefunden werden können. Infolge des Entzugs der Jagdkarte sei auch die Bestellung als Jagdschutzorgan zu widerrufen gewesen.

12 B.  Mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 28 Abs 1 VwGG statt und behob ihn ersatzlos (Spruchpunkt I.). Die Erhebung einer außerordentlichen Revision gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 25a VwGG für zulässig erklärt (Spruchpunkt II.).

13 Aus der Begründung dieser Entscheidung ergibt sich im Wesentlichen Folgendes:

14 Der im Rahmen des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht beigezogene jagdfachliche Amtssachverständige Dipl. Ing. D sei ua zum Schluss gekommen, dass nach den Angaben zum Standort am 23. April 2015 (Entfernung Schütze - Reh: 34 m, 1,25facher Kugelfang; Einschusswinkel 5,8 Grad ) eine sichere Schussabgabe nur in Richtung Nordosten bis maximal 50 m möglich gewesen sei. Die sichere Schussabgabe sei daher nur in jene Richtung und Entfernung möglich gewesen, die auch am 23. April 2015 beim Lokalaugenschein zu Protokoll gegeben worden sei. Dem sei insbesondere zugrunde gelegt worden, dass dann, wenn der Kugelfang knapp hinter dem Stück entfernt liege, ein bis zwei Körpergrößen Kugelfang rundherum für eine sichere Schussabgabe reichten, und nach einer Studie der DEVA bei einem weichen Untergrund und unter 5 Grad  Einschusswinkel eine Tendenz zu Abprallern bestehe.

15 Die mitbeteiligte Partei stütze ihre Ausführungen auf eine Reihe von Expertenaussagen. Aus den im Beschwerdeschriftsatz zitierten Fachmeinungen ergebe sich zusammengefasst Folgendes: Im Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für das Schießwesen Ing. O, werde im Befund festgehalten, dass es sich bei dem von der mitbeteiligten Partei verwendeten Geschosstyp um einen in jüngerer Zeit vom Handel propagiertes bleifreies Geschoss mit einem Gewicht von 9,7 g und einer Mündungsgeschwindigkeit von knapp 900 m/sek gehandelt habe. Aus dem Ergebnis von Beschussversuchen ergebe sich, dass bleifreie Geschosse nach dem Abprallen eine signifikant größere Masse (im Mittel um 36 %) und ebenfalls eine um 28 % höhere Energie als bleihaltige Geschosse aufwiesen. Bleifreie Geschosse würden nach dem Abprallen signifikant weiter fliegen als bleihaltige Geschosse (nämlich erstere 747 m und zweitere lediglich 516 m). Dieser Umstand sei in der Bewerbung bleifreier Geschosse bislang nirgends erwähnt worden. Zusammenfassend sei dieser Sachverständige hinsichtlich des von der mitbeteiligten Partei abgegebenen Schusses zum Ergebnis gelangt, dass diese Partei das Abprallverhalten des von ihr verwendeten Geschosses nicht habe wissen können und offenbar auch nicht damit habe rechnen müssen. Die Wiesenfläche sei von der vom jagdfachlichen Gutachten genannten "Position 3" oberhalb des beschossenen Rehkitzes in zumindest zweifacher Höhe des Kitzes sichtbar gewesen. Das beschossene Stück habe sich jedenfalls nicht an der Horizontlinie befunden. Vielmehr sei rund um das beschossene Rehkitz die Wiese in einer Tiefe von etwa 200 m sichtbar gewesen. Hinter der Wiesenfläche habe sich ein Wald in einer Tiefe von etwa 180 m und erst 340 m weiter dahinter wiederum das letztlich getroffene Haus befunden. Mit einem herkömmlichen Teilmantelgeschoss mit Bleikern hätte in dieser Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Geschossrest den Wiesenboden verlassen. Diesem Gutachten seien acht Literaturhinweise beigefügt gewesen. In der Beilage befinde sich auch eine Feldstudie über Auftreffwinkel und Abprallverhalten von Geschossen. Aus dieser Studie könne abgeleitet werden, dass bei einer Hochstandshöhe von 6 m es lediglich auf eine Entfernung von 34 m als hinreichend gesichert gelten könne, dass bei einem Geschossauftreffwinkel von zumindest 10 Grad mit keinem Abpraller (Geller) mehr gerechnet werden müsste, was in der täglichen jagdlichen Praxis weitgehend nicht einzuhalten sei, weil Rehe (Schalenwild) in der Praxis aus größerer Entfernung beschossen werden müssten. Die ebenfalls beigeschlossenen Jagd- und Unfallverhütungsvorschriften (UVV) mit dem Stand Jänner 2013 verwiesen betreffend den Büchsenschuss unter Ziffer 3.2. auf einen geeigneten Kugelfang. Als solcher sei der Hintergrund des Geländes anzusehen, wobei ein Wald auf Grund der hohen Gellergefahr keinen geeigneten Kugelfang darstelle. In einer weiteren Beilage werde von der DEVA auf das Ergebnis eines Forschungsprojektes auch über das Abprallverhalten auf weichem Boden (Wald- und Feldboden) verwiesen. Es wäre daher möglich (so der Verfasser dieser Beilage), eine Aussage zum gegenständlichen Fall zu treffen, insbesondere sei auf die Abprallsituation beim Verfehlen eines Rehwildes eingegangen worden. Dabei sei etwa bekräftigt worden, dass ab einem Auftreffwinkel von 10 Grad kein Geschoss mehr das Medium "weicher Boden" verlassen habe. Nicht auszuschließen wäre, dass es Geschosskonstruktionen gäbe, die dennoch in der Lage seien, auch bei einem Winkel von mehr als 10 Grad den Boden noch zu verlassen. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass es etwa in Deutschland bislang keine einzuhaltenden Sicherheitswinkel bei Schussabgaben in Bodenrichtung gäbe. Es sei jedoch auf ein Gerichtsverfahren verwiesen worden, wo ein Jäger für einen Schuss in einem Winkel von weniger als 30 Grad und dabei eingetretenem Abpraller verantwortlich gemacht hätte werden sollen. Das Oberlandesgericht sei (unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes) zum Ergebnis gelangt, dass bei einer Schussabgabe ein Sicherheitswinkel von mindestens 30 Grad ausreiche, um nach menschlichem Ermessen eine ausreichende Gewähr zur Vermeidung eines Abprallers zu bieten. In einer weiteren Beilage werde ein von der mitbeteiligten Partei beigeschafftes Gutachten von H M vorgelegt. Dieser Sachverständige habe eingangs erklärt, zum konkreten Fall keine Angaben machen zu können, von dem Ergebnis jedoch aus dem an sich feststehenden Sachverhalt Schlussfolgerungen ableiten zu können. Dies würde zum Ergebnis führen, dass die Gefahr von Abprallern in der Praxis weitgehend unterschätzt würde. Auf die Schusswinkel würde in der Praxis so gut wie keine Rücksicht genommen. Aus praktischer Sicht würde sich die Jagd aber ad absurdum führen, wenn die laut Studien angegebenen Schusswinkel von 10 Grad nicht unterschritten werden dürften. Demnach würde die maximal zulässige Schussdistanz aus einer etwa 3 m hohen Reviereinrichtung (Kanzel oder Hochsitz) lediglich 34 m betragen und sich bei einer Schussdistanz auf 100 m nur mehr ein Winkel von 2,5 Grad ergeben. In der Praxis bewege sich demnach der Großteil der Jäger "auf dünnem Eis", was die Einhaltung der empfohlenen 10 Grad  Schusswinkel beträfe. Bei der Gegenüberstellung von Gefährdungen des Hintergrundes durch bleihaltige gegenüber bleifreien Geschossen werde insbesondere das wesentlich höhere Gefahrenpotential durch bleifreie Geschosse gegenüber bleihaltigen Geschossen infolge deutlich höherer Wahrscheinlichkeit von Abprallern aufgezeigt. Abschließend würde darauf hingewiesen, dass nicht der Jäger, sondern der Fachhandel mit bleifreien Geschossen "geflutet" würde, wobei der Informationspflicht über die größere Abpralleigenschaft und Hintergrundgefährdung nur bedingt nachgekommen würde. Die Verwendung von bleifreier Munition habe hier zu einer Potenzierung des Gefahrenpotentials geführt. In einer weiteren Beilage verweise ein nunmehr neun Jahre tätiger Ausbildner für den Bereich der Handhabung von Jagdwaffen und das Schießwesen in Jungjäger- und Junghüterkursen darauf, dass bei der Ausbildung darauf hingewiesen werde, dass der gewachsene Boden (gemeint: vegetationsbewachsener Boden) grundsätzlich als ausgezeichneter Kugelfang diene. Hinsichtlich des Winkels sei angemerkt worden, dass ein zu flacher Winkel zum Abprallen führen könnte, jedoch eine dezidierte Anzahl nicht genannt bzw gelehrt werden würde. Grundsätzlich werde aber seit Jahrzehnten gelehrt, dass hinter einem zu beschießenden Stück ein vollständig gewachsener Boden einen Kugelfang böte. Eine weitere Beilage beinhalte das Schreiben eines Jagdausbildners, der seit 17 Jahren als aktiver Jäger und Vortragender in einer Landwirtschaftsschule im Rahmen des Freigegenstandes Jagd tätig sei. Auch dieser bringe zum Ausdruck, dass gewachsener (gemeint: bewachsener) Boden grundsätzlich als geeigneter Kugelfang im Rahmen der Ausbildung dargestellt würde, wenn sich ein solcher Boden hinter einem beschossenen Wild befinde. Selbstverständlich müsste Rücksicht etwa auf Bodenfrost oder Gesteinsmaterial am Boden genommen werden. Unter solchen Umständen könnte es zu unbeabsichtigten "Abprallern" kommen. Sollte ein gewachsener Boden nicht als ausreichender Kugelfang eingestuft werden, dann wäre wohl eine Jagd auf Schalenwild in unserem Gebiet mit gängiger gesetzlich erlaubter Büchsenmunition kaum mehr denkbar.

16 Im Rahmen der mündlichen Verhandlung habe die mitbeteiligte Partei die damalige Situation geschildert und nochmals (unter Hinweis auf ein Foto mit einer am Anschuss positionierten Rehattrappe) die Schusssituation erklärt. Zudem habe sie auf die erstmalige Verwendung eines bleifreien Geschosses verwiesen, welches die mitbeteiligte Partei zwischenzeitlich nur mehr am Schießplatz verwende.

17 Das Verwaltungsgericht folge der von der mitbeteiligten Partei dargestellten Schussposition 3 auf eine Distanz von 34 m. Demnach hätte sie sich dem Rehkitz über das Maisfeld angepirscht und dieses aus einer Stelle am Pirschstock angestrichen beschossen, wo der Mais bereits etwas zusammengebrochen gewesen sei. Der Schuss sei während des Äsens des Rehs (also bei gesenktem Haupt (Kopf) auf den Träger (Hals des Rehs)) angetragen worden. Diese Position habe laut Gutachten noch eine ausreichende Überhöhung des ansteigenden Geländes und danach einen scheinbar tauglichen Kugelfang ergeben. Dahinter habe sich als Horizontlinie auch noch ein Nadelwald befunden. Das Kitz sei auf den Schuss flüchtig abgegangen und eine mit dem Hund durchgeführte Nachsuche habe zum Ergebnis gebracht, dass das Reh wohl nicht getroffen worden sei.

18 Der jagdliche Amtssachverständige habe einen auf mehrere Schusspositionen abstellenden und umfangreichen Ortsaugenschein durchgeführt, bei dem Bilder und Messdaten erhoben worden seien und ein darauf basierendes, mehrere Varianten darstellendes Gutachten erstattet. Dieses sei im Rahmen der Verhandlung ausführlich vorgetragen worden. Letztlich sei nur die sogenannte "Variante 3" geblieben, von der aus eine Schussabgabe als vertretbar beurteilt worden sei. Auch der von der mitbeteiligten Partei der Verhandlung beigezogene Jagdsachverständige Mag. B habe sich dem Kalkül des Amtssachverständigen angeschlossen.

19 Der Schießsachverständige habe aus dem von der Polizei sichergestellten Geschoss gefolgert, dass dieses - ob am Ziel vorbei oder auch nicht - Bodenkontakt gehabt haben müsse, ehe es von dort abgeprallt sei, den Wald überflogen und schließlich mit nicht mehr allzu großer Energie die Glasscheibe durchschlagen habe. Dies werde nachvollziehbar mit der Verformung der an sich geringen glatten frontalen Deformierung erklärt. Der Sachverständige habe dabei Bezug auf einschlägige Literatur genommen, derzufolge bei bleifreien Geschossen durch deren sehr geringe Verformungsneigung die Geschossmasse nahezu zur Gänze erhalten bleibe, dies im Gegensatz zu einem konventionellen Bleikern-Geschoss. Daraus habe der Schießsachverständige den Schluss gezogen, dass aus der von der mitbeteiligten Partei zuletzt angegebenen Schussposition (laut Gutachten: Nr 3) die Schussabgabe sowohl jagdlich als auch schießtechnisch vertretbar gewesen sei. Die mitbeteiligte Partei habe aus ihrer Entfernung heraus mit diesem Abprallverhalten nicht rechnen können und müssen. Die bleifreien Geschosse seien in Fachkreisen sehr beworben worden, jedoch sei vom Handel nicht hinreichend deren Abprallverhalten aufgeklärt worden, welches laut Sachverständigen unter Bezugnahme auf die Fachliteratur "mit bis zu fünffacher Wahrscheinlichkeit angegeben" worden sei. Letztlich habe der ballistische Sachverständige die Fachmeinung vertreten, dass in dieser Situation ein Bleigeschoss keinen Abpraller mit einer derart weiten Flugbahn zur Folge gehabt hätte, weil durch die größere Verformung und den Verlust der Masse beim (ersten) Auftreten am Boden eine dadurch schlechtere aerodynamische Form erreicht und folglich der zweite Aufschlag am Boden in deutlich kürzerer Distanz erfolgt wäre. Das Verwaltungsgericht folge diesen plausiblen und logisch nachvollziehbaren Darstellungen.

20 Die ursprünglich variierende Darstellung der Schussposition und der Positionierung des Rehs beim Beschuss habe die mitbeteiligte Partei mit der Fehleranfälligkeit der Markierung mit einem "x" auf einem Luftbild im Maßstab von 1:5000 erklärt. Auch dies sei nachvollziehbar, wobei (wie ausgeführt) ihre letztlich angenommene Position sowohl aus jagdpraktischer Sicht "logischer" scheine und auch gutachterlich untermauert habe werden können. Wäre nämlich das Reh auf 74 m (wie offenbar vom Amtssachverständigen im Verfahren vor der BH "in seinem antizipativ beweiswürdigenden und als tendenziös ... vorverurteilenden Gutachten" zugrunde gelegt worden sei) beschossen worden, wäre die Entscheidung für einen Trägerschuss über den Bergstock mit höchster Wahrscheinlichkeit von keinem die Trefferwahrscheinlichkeit realistisch beurteilenden Jäger getroffen worden. Darüber hinaus hätte das Geschoss von dort den Boden (wenn überhaupt) in einem so flachen Winkel berührt, dass die Einschlagenergie noch deutlich höher gewesen wäre, um lediglich eine Glasscheibe zu durchschlagen. Auch dies sei unter Bedachtnahme auf die Anfangsgeschwindigkeit im Bereich von 900 m/sek logisch nachvollziehbar. Wenn der Amtssachverständige im Verfahren der BH schließlich gemeint habe, in diesem Fall hätte die Kugel im Zweifel im Lauf zu bleiben gehabt, müsste letztlich die Rehwildbejagung überhaupt in Frage gestellt werden, weil in der Praxis keine Hochstände in dreifacher Höhe denkbar seien und Rehe nur mehr auf etwas mehr als 30 m beschossen werden könnten, um einen Auftreffwinkel des Geschosses von mehr als 10 Grad zu erreichen.

21 Letztlich habe auch der vom Verwaltungsgericht beigezogene jagdfachliche Amtssachverständige in seinem umfang- und variantenreich abgefassten Gutachten dieses Ereignis als auf die Verkettung unglücklicher Umstände zurückführbar bezeichnet. Diese vermögen daher weder den Schuldvorwurf der nicht weidgerechten Jagdausübung zu tragen noch könne trotz dieses wohl bedauerlichen Zwischenfalls an der jagdlichen Verlässlichkeit der mitbeteiligten Partei sachlich ein Zweifel begründet gesehen werden. Da letztlich erst dieses Ereignis das Abprallverhalten von bleifreien Geschossen verdeutliche, werde sich künftig der Fachkreis in größerem Umfang mit dieser Problematik auseinander zu setzen haben.

22 In rechtlicher Hinsicht sei festzuhalten, dass gemäß § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG für die Ausstellung einer Jagdkarte erforderliche Verlässlichkeit grundsätzlich auch ohne Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung zu verneinen sein könne. Die fehlende Verurteilung bzw eine Einstellung des Strafverfahrens (etwa wegen einer gefährlichen Drohung oder wie hier eines strafrechtlich relevanten Gefährdungstatbestandes) sei kein Hindernis für eine eigenständige Beurteilung des Persönlichkeitsbildes bzw einer negativen Beurteilung. Im vorliegenden Fall habe die Strafverfolgungsbehörde offenbar keinen strafwürdigen Gefährdungstatbestand erblickt.

23 Der Verwaltungsgerichtshof scheine zu den §§ 38 ff Oö JG "im Grunde einer am (unerwünschten) Erfolg orientiert zu erscheinenden Rechtsprechung anzuhängen". Im vorliegenden Fall stelle sich aber die Frage, ob die besagte Schussabgabe mit einem nicht vorhersehbaren Abpraller eine Grundlage dafür biete, dass bei einem Jäger, der ein auf einer Wiese unter der Horizontlinie und mit einem Wald im Hintergrund stehendes Reh im Zug des Herbstrehabschusses beschieße, die Annahme gerechtfertigt sei, diesem die jagdfachliche Verlässlichkeit abzusprechen. Inwieweit vor dem Hintergrund nicht eine Vielzahl von Jägern in Erfüllung des Abschussplanes in dieser Situation ebenso gehandelt hätte, sei hier "auf der Tatsachenebene und demnach an der realen Verkehrspraxis zu messen". Es gelte hier zu klären, ob "dieser Abpraller auf die Verkettung unvorhersehbarer Umstände, insbesondere in Verbindung auch mit der Unkenntnis über die deutlich höhere Abprallwahrscheinlichkeit" des von der mitbeteiligten Partei im Jagdbetrieb erstmals verwendeten bleifreien Geschosses, zurückzuführen sei. Wie hier gutachterlich mit Bezug auf die Literatur eindrucksvoll festgestellt, könne in der Praxis offenbar ein Geller nicht gänzlich ausgeschlossen werden, wie er auch jedem anderen Jäger und Schützen genauso unterlaufen könnte.

24 Mit dieser "differenzierenden Feststellung" habe sich der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, nicht nachvollziehbar auseinander gesetzt. Eine pauschalierende und ausschließlich am (negativen) Erfolg gemessene Beurteilung würde letztlich Ungleiches in der Rechtsfolge gleich behandeln.

25 Nach § 40 Abs 1 lit e Oö JagdG (gemeint offenbar: § 39 Abs 1 lit e Oö JagdG) sei bei Vergehen und Übertretungen aus der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers zu prüfen, ob ein Entzug der Jagdkarte oder eine Verweigerung der Jagdkarte gerechtfertigt sei. Eine frühere Regelung im Oö JagdG habe sich als zu starr erwiesen. Es sei nämlich vorgekommen, dass Jägern wegen an sich geringfügiger Verfehlungen, die mit der Jagdausübung nicht in Zusammenhang zu bringen gewesen seien, auf Grund eines gerichtlichen Urteils die Jagdkarte für die Dauer von drei Jahren habe entzogen werden müssen. Dass bei der Prüfung der Eigentümlichkeit einer strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers selbst konkret tatbestandsmäßig erfasste Verweigerungsgründe nicht als absolut gälten und nicht zu starr auszulegen seien, ergebe sich auch aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Vor dem Hintergrund der dem öffentlichen Interesse dienenden Zielsetzung der §§ 38 ff Oö JagdG sei eine eigenständige Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit unabhängig von der Erledigungsart eines gerichtlichen Strafverfahrens geboten. Vor diesem Hintergrund sei auch vorliegend eigenständig zu prüfen, ob auf Grund des Verhaltens der mitbeteiligten Partei die Folgerung gerechtfertigt sei, sie weise nicht mehr die vom Oö JagdG geforderte Verlässlichkeit auf.

26 Ein im öffentlichen Interesse begründeter Entzugsgrund könne in einem für den Schützen in Wahrheit nicht vorhersehbaren Abpraller sachlich betrachtet nicht begründet werden. Dem unbestimmten Rechtsbegriff "Verlässlichkeit" dürfe letztlich kein Inhalt zugedacht werden, "der über die im Gesetz (§ 39) definierten und deliktspezifisch festgelegten höchsten zulässigen Zeiträume (Delikte, die alle ein Defizit in der Verbundenheit mit gesetzlich geschützten Werten zum Inhalt haben) unter diesem Begriff dennoch eine sich im Ergebnis über drei Jahre erstreckende Unverlässlichkeitsannahme die Verweigerung einer Jagdkarte zuließe".

27 Grundsätzlich erscheine der Hinweis auf Entzugspraktiken für andere Berechtigungen - entgegen der bislang (etwa aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040) hervorleuchtenden Sichtweise - durchaus berechtigt. Bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit, bei der es darauf ankomme, ob der Betroffene eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer (konkrete Straßenbenützer) darstelle und inwieweit er sich auf Grund des Bildes seiner Gesamtpersönlichkeit voraussichtlich im Verkehr künftighin verhalten werde, wobei sich auch in diesem Rahmen Unfälle letztlich als unvermeidlich herausstellten, stelle sich die vorliegend maßgebliche Frage ebenso. So sei das Sachlichkeitsgebot als Maßstab einer verfassungskonformen Rechtsanwendung zugrunde zu legen, "das wiederum den Kreis in einem Urteil des EGMR mit Blick auf Art 4,

7. ZP" schließe. Darin scheint ein vergleichender Hinweis auf die Praxis im Führerscheinentzugsverfahren (entgegen der etwa im VwGH-Erkenntnis vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, zum Ausdruck gelangenden Rechtsmeinung) durchaus zulässig zu sein. In einer Presseaussendung des Präsidenten des Gerichtshofes "im Fall Rinas

v. Finnland, Nr. 17039/13 vom 27.1.2013 wurden die Sachzusammenhänge dargestellt". Vor diesem Hintergrund erscheine es schwer nachvollziehbar, dass das in Rede stehende Abprallerereignis eine sachliche Gefahr in sich bergen könnte, der Betroffene würde abermals im Zusammenhang mit Schussabgaben einen solchen Erfolg leichtfertig herbeiführen wollen. Vielmehr bewirke ein derartiges Ereignis einen wohl unauslöschlichen Erfahrungsgewinn, welcher die mitbeteiligte Partei etwa zum Umstieg auf konventionelle Bleimunition veranlasst habe.

28 Das Verwaltungsgericht sehe daher in dem von der mitbeteiligten Partei "nicht kalkulierbar gewesenen Abpraller" keine sachliche Grundlage, auf eine fehlende jagdliche Verlässlichkeit der mitbeteiligten Partei zu schließen und ihr die Jagdkarte zu entziehen und auch die Berechtigung als Jagdschutzorgan zu widerrufen. Einem derartigen Entzug würde letztlich nur ein verschuldensunabhängiger strafender Charakter zukommen, der dem Schutzziel des Art 4 7. ZPEMRK krass zuwiderlaufen würde. Ein nicht gänzlich ausschließbares Restrisiko eines Abprallers, insbesondere durch die im Fachkreis vermehrt beworbene Verwendung einer in der Praxis noch wenig erprobten bleifreien Munition, vermöge einem bislang stets rechtsverbundenen Menschen nicht als Verlässlichkeitsmangel zugeschrieben werden. Ein solches Ereignis könne sachlich beurteilt nicht als Grund dafür herhalten, eine derart betroffene Person vom einschlägigen Verkehrskreis auszuschließen. Sonst müsste im Grund jeder Teilnehmer eines bestimmten Verkehrskreises, dem bei der Ausübung einer gefahrengeneigten Tätigkeit ein Schadensfall widerfahre, als unverlässlich gelten. Selbst wenn im Umgang mit Schusswaffen höchste Sorgfalt zu fordern ist, liegt es in der Natur der Materie, dass in dieser Situation auch jedem anderen wertverbundenen Menschen dieses Verkehrskreises dieses Ereignis hätte widerfahren können.

29 Selbst vom Verwaltungsgerichtshof würden für die Beurteilung der Verlässlichkeit im jagdrechtlichen Sinn die Wertungskriterien zur waffenrechtlichen Verlässlichkeit iSd § 8 Abs 1 Z 1 und 2 WaffG grundsätzlich ident gesehen (vgl VwGH vom 30. Juni 2011, 2011/03/0072). Die Umstände des vorliegenden Schadensereignisses ließen den Rückschluss, dass die mitbeteiligte Partei Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren würde, nicht zu. Dafür spreche nicht zuletzt die langjährige unbeanstandete Jagdausübung der mitbeteiligten Partei.

30 Wenn der Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 9. September 2015, Ro 2015/03/0028-6) die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Landesverwaltungsgericht noch nach zweieinhalb Jahren nach einem aus einem vergleichbaren Anlass von der Behörde ausgesprochene Entzug einer Jagdkarte offenbar als rechtswidrig dargestellt habe, "mag trotz der hier sachverständig umfassend untermauerten h. Sachentscheidung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Konflikt beurteilt werden". Die vorliegende Entscheidung könne mit der Rechtsprechung des Höchstgerichtes als in Konflikt stehend gesehen werden. Aus dieser Rechtsprechung lasse sich aber (zusammengefasst) ein durchaus punitiver Charakter der höchstgerichtlichen Beurteilung der jagdrechtlichen Verlässlichkeit bzw Entzugspraxis erkennen.

31 Der Verwaltungsgerichtshof möge daher im Revisionsfall durch einen verstärkten Senat die Entzugspraxis von Jagdkarten, die offenbar einer am Erfolgsmaßstab orientierten Beurteilung anzuhängen scheine, an einem praxisrelevanten ex ante-Maßstab des Verkehrskreises schärfen.

32 Die ordentliche Revision sei zulässig, da sich der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Konstellationen von dieser Entscheidung abweichend offenbar weitgehend an einem verschuldensunabhängigen Erfolg zu orientieren scheine. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege daher vor, weil vor diesem Hintergrund die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche oder die Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet scheine, weil im Lichte der Ausführungen des Sachverständigen für das Schießwesen die mitbeteiligte Partei mit einem derartigen Abprallverhalten des auf ein Reh abgefeuerten Büchsengeschosses nicht habe rechnen müssen und dieser Aspekt in der Judikatur bislang nicht beantwortet worden sei. Da Schießversuche zeigten, dass die Jagdpraxis von einem Hochstand kaum Schüsse in einem Winkel von mehr als 10 Grad zuließen, bleibe ein geringes, letztlich jedoch (weil der Kontrolle des Jägers entzogenes) zu tolerierendes Restrisiko, welches im Fall der mitbeteiligten Partei unverschuldet schlagend geworden sei. "Dies darf der objektiven Wahrheit wegen nicht verschwiegen werden." Letztlich habe auch das Strafgericht kein strafwürdiges Verhalten festgestellt, wobei auch aus der Sicht des Verwaltungsgerichts von einer nichtvorhersehbaren Folge einer Schussabgabe auszugehen sei. Daher sei ein Jagdkartenentzug mit dem Verbot einer Doppelsanktion im Sinn des Art 4 7. ZPEMRK im Konflikt zu sehen. Der Entzug könne hier empirisch gesehen nur als (Zusatzstrafe begriffen und empfunden werden. Von einer Änderung der Sinneshaltung und dem Schutz öffentlicher Interessen könne hier mit einem Ausschluss der mitbeteiligten Partei aus der Jägerschaft (auf dem Boden des Urteils des EGMR im Fall Rinas gegen Finnland) nicht ernsthaft argumentiert werden. In diesem Urteil werde etwa explizit auch auf den Führerscheinentzug verwiesen, "wenngleich die Ausgangslage - wie auch in diesem Fall -

nicht unbedingt vergleichbar ist". Da die höchstgerichtliche Spruchpraxis weitgehend auf den Erfolg abzustellen scheine und eine Differenzierung am Fahrlässigkeitsmaßstab sowie eine zeitliche Determination mit jagdgesetzlich definierten und zeitlich begrenzten Entzugstatbeständen nicht erkennen lasse, möge in der vorliegenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts ein Abgehen von der Rechtsprechung erblickt werden. Im Sinn der Rechtssicherheit sei die ordentliche Revision daher zuzulassen gewesen.

33 II. Revisionsverfahren

34 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsrevision, mit der insbesondere begehrt wird, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

35 Die mitbeteiligte Partei erstattete trotz Aufforderung

keine Revisionsbeantwortung.

36 III. Rechtslage

37 Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö Jagdgesetzes,

LGBl Nr 32/1964 idF LGBl Nr 90/2013 (Oö Jagdgesetz), lauten

auszugsweise:

"§ 35

Jagdkarte; Jagdgastkarte; Jagderlaubnisschein

(1) Niemand darf, ohne im Besitz einer gültigen Jagdkarte bzw. Jagdgastkarte zu sein, die Jagd ausüben.

...

§ 38

Voraussetzungen für die Erlangung einer Jagdkarte

(1) Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte ist der

Nachweis

a) der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen

Verläßlichkeit;

b) der jagdlichen Eignung;

c) einer ausreichenden Jagdhaftpflichtversicherung;

d) daß kein Verweigerungsgrund im Sinne des § 39 vorliegt.

...

§ 39

Verweigerung der Jagdkarte

(1) Die Ausstellung der Jagdkarte ist zu verweigern:

a) Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Mängel

unfähig sind, ein Jagdgewehr sicher zu führen oder deren bisheriges Verhalten besorgen läßt, daß sie die öffentliche Sicherheit gefährden werden;

b) Personen, für die nach § 273 ABGB ein Sachwalter bestellt ist;

c) Personen vor Vollendung des 18. Lebensjahres (Jugendlichen);

d) Personen, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz

begangener gerichtlich strafbarer Handlungen gegen die Sicherheit der Person oder des Eigentums zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, für die Dauer von höchstens sieben Jahren;

e) Personen, die wegen einer sonstigen gerichtlich

strafbaren Handlung verurteilt wurden, für die Dauer von höchstens

drei Jahren;

f) Personen, die wegen einer tierschutzrechtlichen

Verwaltungsübertretung oder auf Grund des § 93 bestraft wurden, für die Dauer von höchstens zwei Jahren nach Rechtskraft des zuletzt gefällten Straferkenntnisses bzw. im Falle des § 93 Abs. 4 für die Dauer, für die auf Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde.

(2) Der Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. c gilt nicht, wenn für Schüler einer Forstschule die Schulleitung, für jugendliche Forstzöglinge der Leiter des Ausbildungsbetriebes oder für Berufsjägerlehrlinge der Lehrherr um die Ausstellung der Jagdkarte ansuchen.

(3) Ein Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. e oder f hat nur zu gelten, wenn nach der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers dessen Verläßlichkeit (§ 38 Abs. 1 lit. a) nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Dies gilt jedoch nicht für den Fall des § 93 Abs. 4.

(4) Die Fristen gemäß Abs. 1 lit. d und e sind vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteiles an zu berechnen.

§ 40

Entziehung der Jagdkarte

Wenn bei einem Inhaber einer Jagdkarte, der ursprüngliche und noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt, so ist die Jagdkarte zu entziehen."

38 IV. Erwägungen

39 A. Nach Art 133 Abs 4 B-VG iVm § 25a VwGG ist vom Verwaltungsgericht eine ordentliche Revision gegen seine Entscheidungen jedenfalls dann zuzulassen, wenn diese Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, wenn zu den entscheidungswesentlichen Fragen eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht besteht oder die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu widersprüchlich ist. In diesen Fällen ist nämlich nach den genannten Rechtsvorschriften eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gegeben, die zu beantworten der Verwaltungsgerichtshof zuständig ist (vgl dazu etwa VwGH vom 31. Jänner 2017, 2017/03/0001). Liegen diese Fälle vor, ist die ordentliche Revision zuzulassen, ohne dass es zusätzlich auf eine Überlegung "im Sinn der Rechtssicherheit" ankäme (siehe idZ VwGH vom 27. November 2014, Ra 2014/03/0036).

40 Die vorliegende ordentliche Revision erweist sich als zulässig, weil das Verwaltungsgericht (wie von ihm offenbar erkannt) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen ist. Sie erweist sich zudem als begründet.

41 B.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu §§ 38 ff Oö JagdG bereits ausgesprochen, dass gemäß § 40 Oö JagdG die Jagdkarte zu entziehen ist, wenn bei einem Inhaber einer Jagdkarte der ursprüngliche oder noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 Oö JagdG nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt. Gemäß § 38 Abs 1 Oö JagdG werden als Voraussetzungen für die Erlangung einer Jagdkarte unter anderem der Nachweis der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit (lit a) und der Nachweis, dass kein Verweigerungsgrund iSd § 39 Oö JagdG vorliegt (lit d), verlangt (vgl VwGH vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, mwH).

42 Wenn das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf "§ 40 Abs 1 lit e Oö JagdG" begründend ausführt, dass aus der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers für eine Jagdkarte bzw des Inhabers einer Jagdkarte zu prüfen sei, ob ein Entzug der Jagdkarte oder eine Verweigerung der Jagdkarte gerechtfertigt sei, so ist es auf § 39 Abs 3 Oö JagdG hinzuweisen, wonach diese Prüfung lediglich für einen Verweigerungsgrund gemäß § 39 Abs 1 lit e oder f leg cit und damit auch für die Entziehung der Jagdkarte iSd § 40 Öo JagdG lediglich aus dem Blickwinkel dieser Gründe zum Tragen kommt, nicht aber bezüglich der in § 39 Abs 1 lit a bzw lit d leg cit genannten Gründe (im Übrigen fehlt ein "§ 40 Abs 1 lit e Oö JG" - wie schon angesprochen (vgl Rz 25) - offenbar im Gesetzestext).

43 Wie vom Verwaltungsgericht insofern zutreffend festgehalten, entsprechen die aus § 39 Abs 1 lit a Öo JagdG ersichtlichen Wertungskriterien denen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit nach § 8 Abs 1 Z 1 und 2 des Waffengesetzes 1996 (WaffG; vgl VwGH vom 1. März 2017, Ra 2017/03/0004, mwH). § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG definiert in Form einer Generalklausel die jagdrechtliche Verlässlichkeit im Sinn einer Prognoseentscheidung, wie dies in § 8 Abs 1 WaffG erfolgt (vgl dazu und zum Folgenden etwa VwGH vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0038, mwH).

44 Der Beurteilung der Verlässlichkeit des Inhabers einer Jagdkarte liegt eine Prognose voraussichtlicher zukünftiger Verhaltensweisen des zu Beurteilenden zugrunde; in diese Prognose haben die gesamte Geisteshaltung und Sinnesart, konkrete Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften des zu Beurteilenden einzufließen, weil der Begriff der Verlässlichkeit der Ausdruck ihrer Wesenheit, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun oder Lassen im Einzelfall ist. Als "bisheriges Verhalten" als Ausgangspunkt der Prognoseentscheidung kommt jede Verhaltensweise bzw jede Charaktereigenschaft der zu beurteilenden Person in Betracht, die nach den Denkgesetzen und der Erfahrung einen Schluss auf ihr zukünftiges Verhalten zulässt, also erwarten lässt, dass der Betreffende "die öffentliche Sicherheit gefährden werde". Die damit erfasste Abwehr von Gefahren betrifft mit Blick auf § 8 Z 1 bis 3 WaffG jedenfalls ein Verhalten, das erwarten lässt, der Betreffende werde Waffen im Bereich des Jagdwesens missbräuchlich oder leichtfertig verwenden, damit unvorsichtig umgehen, sie nicht sorgfältig verwahren oder sie Menschen überlassen, die zu deren Besitz nicht berechtigt sind. Daraus ergibt sich auch die Pflicht eines vorsichtigen und sachgemäßen Umganges mit Waffen im Zusammenhang mit der Jagdausübung, woran ein strenger Maßstab anzulegen ist (vgl in diesem Zusammenhang etwa VwGH vom 29. Oktober 2009, 2008/03/0099, und VwGH vom 18. September 1991, 91/01/0049). Angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses ist nach dem Sinn und Zweck dieser Regelung bei der Prüfung der Verlässlichkeit iSd § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG ein strenger Maßstab anzulegen. Die nach § 39 Abs 1 lit a leg cit vorzunehmende Verhaltensprognose kann bereits auf der Grundlage eines einzigen Vorfalls einen Schluss auf eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit rechtfertigen. Die Entziehung der Jagdkarte nach § 40 Oö JagdG stellt keine Ermessensentscheidung dar, weil die Behörde bei Fehlen der für die Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit iSd § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG und § 39 Abs 1 lit a leg cit verpflichtet ist, die Jagdkarte zu entziehen. Eine bisherige Unbescholtenheit tritt bei dieser Beurteilung in den Hintergrund (vgl dazu VwGH vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/03/0113, mwH). Mit Verweigerung bzw Entziehung der Jagdkarte ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Jagdkarteninhaber gewährleiste nicht mehr, dass die in § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG genannten Umstände zutreffen.

45 B.2. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall vertretenen Auffassung trägt die Entziehung der Jagdkarte auf dem Boden des § 40 Oö JagdG keinen strafrechtlichen Charakter, sondern stellt eine administrativrechtliche Maßnahme dar, die bezüglich der in § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG genannten Voraussetzung insbesondere sicherstellen soll, dass eine Person, die über eine Jagdkarte verfügt, die für die Jagdausübung maßgeblichen Rechtsvorschriften und darauf gegründeten Verhaltensweisen beachtet (vgl VwGH vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, mwH; vgl ferner auch VwGH vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0085). Beachtet eine über eine Jagdkarte verfügende Person die für die Jagdausübung maßgeblichen Rechtsvorschriften und die darauf gegründeten Verhaltensweisen derart nicht, dass ihr bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die öffentliche Sicherheit im genannten Sinn gefährden wird (vgl § 39 Abs 1 lit a JG), so ist nach § 40 Oö JagdG ihre Jagdkarte zu entziehen, um dieser Gefahr abzuhelfen. Damit tritt - entgegen dem Verwaltungsgericht - eine verpönte Doppelverfolgung iSd Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK nicht in den Blick.

46 Zudem sind die Wertungskriterien des § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG (wiederum entgegen dem Verwaltungsgericht) nicht mit jenen gleichzusetzen, die für die "Praxis im Führerscheinentzugsverfahren" oder für Entzugspraktiken für andere Berechtigungen maßgeblich sind. Von den letzteren ist schon angesichts des strengen Maßstabes für die Prüfung der Verlässlichkeit iSd § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG auf dem Boden des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses die Prognoseentscheidung über die Verwendung bzw Verwahrung einer Waffe für den jagdlichen Gebrauch iSd § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG zu unterscheiden (siehe schon VwGH vom 20. Oktober 1999, 96/03/0338). Das vom Verwaltungsgericht herangezogene Urteil des EGMR im Fall Rinas gegen Finnland betrifft (wie der Text dieses Urteils zeigt) Rechtsverstöße im Bereich des Abgabenrechts und deren Ahndung, nicht aber die Praxis im Führerscheinentzugsverfahren. Die in § 40 OöJagdG normierte Regelung weist vor diesem Hintergrund keinen strafrechtlichen Charakter auf. Ausgehend davon kommt dem Entzug der Jagdkarte entgegen dem Verwaltungsgericht auch kein "punitiver" Charakter zu.

47 B.3. Schon im freien Gelände ist immer die Gefahr gegeben, dass unbeteiligte Personen (oder auch Tiere) in das Schussfeld geraten können (vgl etwa VwGH vom 20. Juni 2012, 2011/03/0235; dies gilt umso mehr, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine Schussabgabe (unstrittig) vor einer Kuppe erfolgt, hinter der ein öffentlich benützter Feldweg verläuft).

48 Deshalb ist es im Interesse eines sorgfältigen und sachgemäßen Umgangs mit Jagdwaffen jedenfalls erforderlich, dass sich eine Jägerin bzw ein Jäger vor Abgabe eines Schusses sowohl mit der Funktionsweise der Jagdwaffe als auch der bei der Schussabgabe verwendeten Munition vertraut gemacht hat. Dies vor dem Hintergrund der sich mit dem Besitz einer Waffe verbundenen Pflicht des vorsichtigen und sachgemäßen Umganges mit dieser (vgl VwGH vom 18. September 1991, 91/01/0049), was auch verlangt, sich vor einer Schussabgabe davor ausreichend zu vergewissern, dass die Schussabgabe ohne Gefährdung anderer Personen und fremden Eigentums möglich ist; dazu zählt insbesondere das Achten auf einen ausreichenden Kugelfang, was von den jeweils gegebenen Umständen, insbesondere betreffend Entfernung, Geländesituation, Bodenbeschaffenheit und der verwendeten Munition abhängig ist (vgl idZ auch VwGH vom 24. Mai 2016, Ra 2016/03/0054, VwGH vom 29. Oktober 2009, 2008/03/0099, und VwGH vom 20. Oktober 1999, 96/03/0338).

49 Damit muss von der jagdausübenden Person auch verlangt werden, über die technischen Eigenschaften von Munition etwa im Zusammenhang mit einem Abprallverhalten informiert zu sein. Die Erfüllung dieser Pflicht dient dazu, um ein verbleibendes Restrisiko bei einer Schussabgabe, von dessen Existenz das Verwaltungsgericht ausgeht, für Unbeteiligte möglichst gering zu halten und dieses Risiko in diesem Sinn nicht Unbeteiligten anzulasten. Ist eine solche Information von der schussabgebenden Jägerin bzw dem schussabgebenden Jäger nicht (ausreichend) eingeholt worden und sind die notwendigen technischen Kenntnisse über die Eigenschaften von Munition im Zusammenhang mit ihrem Abprallverhalten nicht vorhanden, besteht - wird dessen ungeachtet eine solche Munition verwendet - eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit iSd § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG. Dass eine bisher wenig verwendete Munition vermehrt beworben wird, ändert nichts an der Pflicht des Jägers und der Jägerin, diesen für den sorgfältigen und sachgerechten Umgang mit Jagdwaffen und Jagdmunition notwendigen Informationsstand zu erwerben. Entgegen dem Verwaltungsgericht kann daher nicht gesagt werden, dass das Fehlen des erforderlichen Informationsstandes ein der Kontrolle der jagenden Person entzogenes und daher zu tolerierendes Restrisiko darstellen würde.

50 Es kann somit nicht dem Oö JagdG entsprechen, wenn das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gelangte, dass der von ihm eingehend beschriebene Abpraller infolge der neuartigen verwendeten bleifreien Munition nicht kalkulierbar gewesen sei und keine sachliche Grundlage dafür abgebe, auf die fehlende Verlässlichkeit der mitbeteiligten Partei zu schließen. Im Hinblick auf die zu beachtenden spezifischen Schutzzwecke des § 40 iVm § 39 Abs 1 lit a Oö JagdG reicht das einmalige Schussverhalten der mitbeteiligten Partei mit einer Munition, deren Eigenschaften ihr offensichtlich nicht hinreichend bekannt waren, für die Annahme aus, dass ihr bisheriges Verhalten besorgen lässt, dass sie die öffentliche Sicherheit im Bereich des Jagdrechtes gefährden werde, weshalb ihr die Jagdkarte zu entziehen ist (§ 39 Abs 1 lit a Oö JagdG und § 40 leg cit; vgl idS VwGH vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0040, und VwGH vom 9. September 2015, Rao 2015/03/0028).

51 Dass es - wie das Verwaltungsgericht annimmt - im Sinn einer Läuterung zu einem wohl unauslöschlichen Erfahrungsgewinn der mitbeteiligten Partei durch das Schussereignis gekommen sei, das die mitbeteiligte Partei zum Umstieg auf konventionelle Bleimunition veranlasst habe, vermag an dem in dieser Schussabgabe zum Ausdruck gekommenen Mangel an jagdlicher Verlässlichkeit nichts zu ändern. In der Verwendung von Munition, die die mitbeteiligte Partei bezüglich ihrer schießtechnischen Eigenschaften nicht hinreichend einschätzen konnte, manifestiert sich eine besondere Sorglosigkeit im Umgang mit Waffen bzw jagdlicher Munition, woraus eine besondere Gefährdung für Unbeteiligte resultiert.

52 Dass diese besondere Sorglosigkeit infolge des Einschlages des abgeschossenen Geschoßes in eine Glastür bekannt wurde, bedeutet entgegen dem Verwaltungsgericht nicht, dass es für den Entzug der Jagdkarte auf einen derartigen Erfolg ankäme. Auch ohne einen solchen Erfolg würde bei einem vergleichbaren gravierenden Sorgfaltsverstoß § 40 Oö JagdG zur Anwendung kommen. Ebenso erweisen sich die wiederholten Hinweise des Verwaltungsgerichtes auf die jagdpraktischen Erfordernisse für die Bejagung von einem Hochstand aus als nicht einschlägig, zumal im gegenständlichen Fall diese Erfordernisse nicht ausschlaggebend sind.

53 B.4. Bei der Beurteilung der jagdlichen Verlässlichkeit bzw der Voraussetzungen für die Entziehung einer Jagdkarte (vgl §§ 38 bis 40 Oö JagdG) handelt es sich um die Lösung von Rechtsfragen, die einer Behörde bzw dem im Beschwerdeweg angerufenen Verwaltungsgericht, nicht aber einem beigezogenen Sachverständigen zukommt. Der Sachverständige kann daher lediglich bei der Ermittlung für eine rechtliche Beurteilung einschlägiger Tatsachen behilflich sein. Ob diese dann unter die genannten Bestimmungen zu subsumieren sind, ist eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung vorzunehmende Wertungsfrage.

54 Die Hinweise des Verwaltungsgerichts, seine rechtliche Beurteilung würde der Beurteilung von Sachverständigen folgen, vermag seine Entscheidung daher nicht zu untermauern. Vielmehr erweist sich ein Gutachten eines Sachverständigen zur Lösung eines Falles nicht geeignet, wenn es auf einer unzutreffenden Rechtslage aufbaut (vgl VwGH vom VwGH vom 26. April 2005, 2001/03/0454 (VwSlg 16.600 A/2005)).

55 B.5. Das Verwaltungsgericht hat somit in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes die Rechtslage unzutreffend beurteilt und daher das in Revision gezogene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

56 V. Ergebnis

57 Ausgehend davon war das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

58 Die Bildung eines verstärkten Senates war entgegen dem Verwaltungsgericht nicht erforderlich, weil die vorliegende Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Wien, am 3. Mai 2017

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