VwGH 91/01/0049

VwGH91/01/004918.9.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Hoffmann, Dr. Herberth, Dr. Kremla und Dr. Steiner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pichler, über die Beschwerde des Gottfried P in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 13. Februar 1991, Zl. WA 92/1-1990, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §6 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
WaffG 1986 §20 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1 Z2;
WaffG 1986 §6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 21. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Z. 2 Waffengesetz 1986 die Waffenbesitzkarte entzogen. In der Begründung dieses Bescheides wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe auf seinem Grundstück am 21. Juni 1989 um etwa 20.00 Uhr mehrere Schüsse aus einer Faustfeuerwaffe abgefeuert, wobei durch die Projektile ein Fichtenbaum beschädigt worden sei und allenfalls auftretende Geller im verbauten Siedlungsgebiet eine konkrete Gefahr für die körperliche Sicherheit von Anrainern hätten herbeiführen können. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe sich herausgestellt, daß das gerichtliche Verfahren gegen den Beschwerdeführer eingestellt worden sei. Durch die Tatsache, daß der Beschwerdeführer am Tage des Vorfalles mit seiner Faustfeuerwaffe von seinem Grundstück aus auf einen Baum im angrenzenden Wald geschossen habe, sei seine waffenrechtliche Verläßlichkeit nicht mehr gegeben. Immerhin könne nicht ausgeschlossen werden, daß Personen ohne Wahrnehmung des Beschwerdeführers in die Schußlinie hätten kommen können, weil der Beschwerdeführer diese Personen durch das Unterholz und durch die Bewachsung des Zaunes nicht hätte sehen können. Der Beschwerdeführer habe daher nicht die dementsprechende Vorsicht walten lassen, weil er weder einen Kugelfang errichtet noch Sicherungsposten im Bereich seines Schußfeldes aufgestellt habe.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung berufen, daß Holz als Kugelfang derart geeignet sei, eine Gefährdung durch Geller auszuschließen; als Beweis für diese Tatsache beantragte er die Einholung eines Gutachtens eines Schießsachverständigen. Darüber hinaus wäre das Gelände so beschaffen, daß eine konkrete Gefährdung gar nicht möglich wäre. Der Beschwerdeführer habe auf den betreffenden Baum in einer Höhe von ca. 6 m vom Boden an gerechnet geschossen, wobei hinzukomme, daß das Grundstück in diesem Teil stark abschüssig und von einem Zaun begrenzt sei. Durch dieses abschüssige Gelände habe daher weder konkret noch abstrakt eine Gefahr für Dritte entstehen können. Der Wald sei dicht bewachsen, sodaß er als Kugelfang vollkommen den Anforderungen genüge.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, waffenrechtliche Urkunden seien wegen mangelnder Verläßlichkeit zu entziehen, wenn eine Person mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehe und diese sorgfältig verwahre. Der Beschwerdeführer habe aus einer Entfernung von ca. 20 m auf einen Baum knapp außerhalb seines Grundstückes geschossen, wobei die Treffer in einer Höhe von ca. 6 m vom Boden an gerechnet gelegen seien, weil das Gelände dort stark abschüssig sei. Dem Akteninhalt sei zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer nach seinen Angaben genau drei Schüsse abgegeben habe, weil er die Waffe für eine Schießveranstaltung habe einschießen müssen. Zusätzlich zur Argumentation der Behörde erster Instanz, daß der Beschwerdeführer keinen Kugelfang errichtet und keine Sicherheitsposten aufgestellt habe, ergäben sich für die Berufungsbehörde noch weitere Zweifel. So sei einmal darauf hinzuweisen, daß die zuständigen Polizeibeamten verständigt worden seien, weil Nachbarn Schüsse wahrgenommen hätten. Der Beschwerdeführer selbst habe angegeben, daß er drei Schüsse abgegeben habe. Die belangte Behörde stehe auf dem Standpunkt, daß in keiner Weise zum Ausdruck komme, daß der Beschwerdeführer nicht mehr als drei Schüsse abgegeben habe, wovon lediglich oder zumindest drei Treffer gewesen seien. Es sei nicht außer acht zu lassen, daß der Beschwerdeführer aus einer Entfernung von ca. 20 m auf einen Baumstamm von ca. 30 cm Durchmesser geschossen habe, wobei es schon richtig sein möge, daß Holz als Kugelfang ausreichend sei, allerdings nur dann, wenn der Holzstamm auch richtig getroffen werde. Bei einer Entfernung von 20 m könne es daher auch durchaus vorkommen, daß der Beschwerdeführer den Baumstamm nicht voll treffe und unter Umständen sogar danebenschieße; schon daraus sei zu ersehen, daß der Beschwerdeführer die notwendige Vorsicht im Umgang mit Waffen außer acht gelassen habe. Untermauert werde diese Schlußfolgerung noch dadurch, daß der Beschwerdeführer angegeben habe, die Waffe für eine Schießveranstaltung einzuschießen. Schon einem Laien sei dazu verständlich, daß eine Waffe für eine Schießveranstaltung nicht mit den von ihm "angegebenen" drei Schüssen einzuschießen sei, sondern für das Einschießen seien wohl wesentlich mehr Schüsse notwendig. Daraus ergebe sich, daß der Beschwerdeführer entweder mehr als drei Schüsse abgegeben habe, dann wären einige davon fehlgegangen oder seine Argumentation mit der Schießveranstaltung sei unrichtig, dann erhebe sich aber die Frage, warum er die drei Schüsse abgegeben habe. Nicht auszuschließen sei in diesem Zusammenhang auch, daß beispielsweise durch ein unvorhersehbares technisches Gebrechen die Zielgenauigkeit leide und er unter Umständen danebengeschossen oder schlecht getroffen habe, wodurch mit Sicherheit Geller entstanden seien. Daraus sei zu ersehen, daß durch die Schießübung auf einen außerhalb des Grundstückes des Beschwerdeführers stehenden Baum die notwendige Vorsicht im Umgang mit Faustfeuerwaffen nicht gegeben gewesen sei. Daher habe die Behörde erster Instanz zu Recht die waffenrechtliche Urkunde entzogen. Nur am Rande sei bemerkt, daß dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verläßlichkeit schon einmal im Jahre 1982 abgesprochen worden sei und von ihm daher erwartet werden könne, eine besondere Vorsicht im Umgang mit Schußwaffen an den Tag zu legen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach dem Beschwerdevorbringen in seinem Recht auf Nichtentziehung der Waffenbesitzkarte verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 20 Abs. 1 Waffengesetz 1986, BGBl. Nr. 443 (WaffG), hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit des Inhabers eines Waffenpasses oder eines Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunde zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 des Gesetzes. Gemäß dem im vorliegenden Fall angewendeten § 6 Abs. 1 Z. 2 WaffG ist dem Erfordernis der Verläßlichkeit des zum Waffenbesitz Berechtigten dann nicht mehr entsprochen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß mit den Waffen unvorsichtig und unsachgemäß umgegangen werde und diese nicht sorgfältig verwahrt würden. Hiebei ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. hiezu unter anderem die Erkenntnisse vom 22. Juli 1976, Slg. N.F. Nr. 9094/A und vom 13. Februar 1985, Zlen. 84/01/0142, 0143).

Ausgehend von dieser Rechtslage hat die Behörde der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge unbedenklich und vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auch nicht bestritten als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer seine Faustfeuerwaffe eines Abends, an dem noch Tageslicht herrschte, zu Schießübungen im freien Gelände verwendete, ohne einen Kugelfang zu errichten und Sicherheitsposten im Bereich des Schußfeldes aufzustellen.

Unterstellt man das solcherart festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers bei der Verwendung seiner Faustfeuerwaffe und die in diesem Verhalten zum Ausdruck kommende Einschätzung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Pflicht des vorsichtigen und sachgemäßen Umgehens mit derselben, so ergibt sich schon aus der angeführten Gesetzesstelle und der gebotenen strengen Auslegung, daß die Behörde keinem Rechtsirrtum unterlegen ist, wenn sie die Verhaltensweise des Beschwerdeführers in bezug auf seinen Umgang mit Waffen als einen Verstoß gegen das Gebot, mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umzugehen, gewertet hat. Den vom Beschwerdeführer gegen diese Rechtsauffassung vorgebrachten Argumenten kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es ohne rechtliche Bedeutung, wie übrigens erstmals in der Beschwerde behauptet wird (§ 41 VwGG), ob es sich bei der verwendeten Faustfeuerwaffe durch den Beschwerdeführer um eine kleine Waffe oder um eine Damenfaustfeuerwaffe handle. Entbehrlich war auch die Einholung des Gutachtens eines Schießsachverständigen, weil die belangte Behörde nicht angenommen hat, daß Holz eines Baumstammes, wenn es getroffen wird, als Kugelfang nicht ausreichend sei. Was die Anzahl der abgegebenen Schüsse anlangt, so muß die Rüge des Beschwerdeführers versagen, die belangte Behörde habe die Anzahl der Schüsse nicht festgestellt, weil die belangte Behörde die Abgabe von drei Schüssen präzise festgestellt und der Beschwerdeführer drei weitere Schüsse zugegeben hat. Im übrigen ist auch eine aktenwidrige Übernahme der Ortsaugenscheinergebnisse vom 28. März 1990 durch die belangte Behörde, denen der Beschwerdeführer seinerzeit auch gar nicht entgegengetreten ist, nicht feststellbar.

Entgegen der Rechtsansicht des Beschwerdeführers hat auch die belangte Behörde den Verfahrensgegenstand nicht ausgewechselt, wenn sie im Vorhalt der Verfahrensergebnisse vom 13. Juli 1989 § 6 Abs. 1 Z. 1 WaffG angeführt hat und insbesondere auf Grund der abgegebenen Stellungnahme des Beschwerdeführers nur zu einer anderen rechtlichen Subsumtion innerhalb desselben Paragraphen gelangt ist.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, es sei ihm erstmals im angefochtenen Bescheid eine ca. neun Jahre zurückliegende Entziehung der Waffenbesitzkarte vorgehalten worden, ist ihm entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde weder diese Tatsache zu einem tragenden Begründungsbestandteil ihrer Entscheidung gemacht hat ("nur am Rande sei bemerkt" ...) noch war jene Tatsache für den vorliegenden Fall von rechtlicher Bedeutung, waren doch die Umstände, die zum seinerzeitigen Entzug der Waffenkarte führten, völlig anders gelagert.

Da die Beschwerde sich sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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