VwGH Ra 2017/03/0004

VwGHRa 2017/03/00041.3.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des A W in H, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 16. August 2016, Zl LVwG-550906/12/KLe, betreffend Entziehung einer Jagdkarte nach § 40 Oö JagdG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn), den Beschluss gefasst:

Normen

JagdG OÖ 1964 §38 Abs1 lita;
JagdG OÖ 1964 §40;
WaffG 1996 §12;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
JagdG OÖ 1964 §38 Abs1 lita;
JagdG OÖ 1964 §40;
WaffG 1996 §12;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

2 B. Aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ergibt sich, dass der Revisionswerber Besitzer einer Jagdkarte nach § 37 des Oö Jagdgesetzes (Oö JagdG) ist. Mit Anzeigen der Polizeiinspektion A vom 12. Februar 2016 wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe sich am 10. Februar 2016 vor der Haustüre seines Wohnhauses nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hierzu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, zum angeführten Zeitpunkt ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Weiters wurde dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzliche Aufgabe wahrgenommen habe, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert. Er habe gegen die Polizeibeamten wild gestikuliert und sie mit heftigen Beschimpfungen bzw Unmutsäußerungen angeschrien.

3 Am 18. März 2016 um 9.00 Uhr fand beim Revisionswerber eine waffenrechtliche Überprüfung nach § 25 WaffG statt. Die Waffen des Revisionswerbers (ein Smith & Wesson Revolver Kaliber 38, ein Voere Halbautomat Kaliber 22, eine Remington 308 Winchester, eine Savage Bockbuchsflinte Kaliber 22 und eine Schrotflinte Monte Carlo Kaliber 67) waren in einem versperrten Kleiderschrank gelagert, wobei der Schlüssel an einem Haken in einer etwa 10 cm breiten Lücke zwischen dem Schrank und der Wand hing. Der Schlüssel war aus der Ferne nicht erkennbar, jedoch für jeden im Haus frei zugänglich. In der ca 10 cm breiten Lücke werden Wanderstöcke aufbewahrt. Bei dem Raum, in dem sich der Garderobenschrank befindet, handelt es sich um einen Vorraum, der als privater Eingangsbereich des Hauses dient. Weitere Mitbewohner des Revisionswerbers sind seine beiden Töchter (17 und 22 Jahre), seine Ehefrau und sein Vater. Keine dieser Personen besitzt ein waffenrechtliches Dokument.

4 C. Mit Mandatsbescheid vom 22. März 2016 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (BH) über den Revisionswerber ein Waffenverbot. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der Revisionswerber Vorstellung. Mit Bescheid vom 19. April 2016 bestätigte die BH nach Durchführung des ordentlichen Ermittlungsverfahrens den Mandatsbescheid, verhängte ein Waffenverbot nach § 12 Abs 1 WaffG und sprach aus, dass dem Revisionswerber der Besitz von Waffen und Munition verboten sei. Der dagegen eingebrachten Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 8. Juni 2016 statt und hob das Waffenverbot auf. Seit der Aufhebung des Waffenverbots hat der Revisionswerber für die Aufbewahrung seiner Waffen nunmehr einen massiven Waffenschrank mit Zahlencode in Verwendung. Hinsichtlich des Alkoholkonsums ist davon auszugehen, dass er mehr als nur gelegentlich Alkohol konsumiert.

5 D. Dem Revisionswerber wurde vom Verwaltungsgericht im Rechtsmittelweg mit Erkenntnis vom 8. September 2016 die Waffenbesitzkarte wegen mangelnder waffenrechtlicher Verlässlichkeit entzogen (§ 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 WaffG). Die dagegen erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichthof mit Beschluss vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/03/0113, auf dem Boden des Art 133 Abs 4 B-VG nach § 34 Abs 1 VwGG zurückgewiesen.

6 E. Mit Mandatsbescheid vom 6. April 2016 entzog die BH dem Revisionswerber nach § 40 iVm § 38 Abs 1 lit a des Oö Jagdgesetzes (Oö JagdG) die ihm am 8. April 2014 ausgestellte Jagdkarte mit sofortiger Wirkung und auf unbestimmte Dauer. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der Revisionswerber am 22. April 2016 Vorstellung. Mit Bescheid vom 27. Mai 2016 gab die BH der Vorstellung keine Folge und sprach aus, dass die Jagdkarte auf unbestimmte Dauer entzogen bleibt.

7 F. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber am 7. Juni 2016 Beschwerde. Mit Erkenntnis vom 16. August 2016 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde nach § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

8 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass die Verlässlichkeit im Sinne des § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG zwar nicht in jede Richtung gefordert sei, sondern nur für die im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderliche. Aufgrund des bei der Jagdausübung unabdingbaren Umgangs mit Schusswaffen sei aber bei der Beurteilung der Verlässlichkeit auch der Verlässlichkeitsbegriff des § 8 WaffG heranzuziehen. Als Faktor, der die Verlässlichkeit in Frage stellen könnte, ergäbe sich im gegenständlichen Fall vor allem die Neigung des Revisionswerbers zur Verletzung von waffenrechtlichen Vorschriften. Durch die sorglose Verwahrung des Schlüssels für den Garderobenschrank, in dem die teilweise geladenen Waffen aufbewahrt worden seien, und die daraus resultierende mangelnde Verwahrung, das äußerst aggressive Verhalten des Revisionswerbers unter Alkoholeinfluss gegenüber den Polizeibeamten am 9. Februar 2016, wie auch das mutwillige Zerbrechen des Besenstiels während der Amtshandlung zeige der Revisionswerber bereits ein Persönlichkeitsbild, das die Annahme rechtfertige, dass die mit der Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit nicht gegeben sei, und sein bisheriges Verhalten besorgen lasse, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet sei. Bei der Entziehung der Jagdkarte handle es sich nicht um eine Strafe, sondern um eine Administrativentscheidung. Es sei auch nicht ausschlaggebend, ob der Revisionswerber bisher die Jagd stets zuverlässig und nach den weidmännischen Bestimmungen ausgeübt habe.

9 G. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Begründung der Zulässigkeit bringt der Revisionswerber im Wesentlichen vor, dass es keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu einem vergleichbaren Fall gebe, in welchem dem Probanden die Jagdkarte entzogen werde, obwohl das Verwaltungsgericht wenige Monate zuvor das von der Behörde ausgesprochene Waffenverbot mit der Begründung aufgehoben habe, dass die von der Behörde hierfür herangezogenen Gründe weder für sich gesehen noch in ihrer Gesamtheit geeignet wären, die Besorgnis zu erwecken, dass Waffen in gesetz- oder zweckwidriger (missbräuchlicher) Weise gebraucht würden und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werde. Auch die missbräuchliche Verwendung von Waffen sei ihm nicht zuzutrauen. Wenn das Verwaltungsgericht auf der Basis des Ergebnisses des Waffenverbotsverfahrens dennoch eine mangelnde Verlässlichkeit im Sinne des § 38 Oö JagdG annehme, so verstoße es damit gegen die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs. Weiters seien gegenständlich sämtliche Waffen in einem Schrank versperrt gewesen, der Schlüssel hierfür sei an einem Haken an der Seitenwand des Schrankes angebracht gewesen. Damit liege keine im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs für die zu erstellende Prognoseentscheidung einmalige Tathandlung vor, welche derart gravierend sei, dass sie den Entzug der Jagdkarte zu tragen vermöge, weswegen die in Revision gezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichts gegen die höchstgerichtliche Judikatur verstoße. Schließlich sei es unzulässig, wenn das Verwaltungsgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung davon ausgehe, dass der Schlüssel an der Schrankseitenwand in einem Bereich angebracht gewesen wäre, der jederzeit von den beiden Töchtern des Revisionswerbers, seiner Ehefrau und seinem Vater eingesehen habe werden können, die keine waffenrechtlichen Dokumente besäßen, aber somit uneingeschränkten Zugriff zu Waffen und Munition hätten. Zur Annahme, dass der Schlüssel jederzeit von den Familienangehörigen eingesehen habe werden können und diese uneingeschränkten Zugriff zu Waffen und Munition gehabt hätten, finde sich im angefochtenen Erkenntnis keinerlei Beweiswürdigung, welche aber unabdingbar gewesen wäre, weil eine dem § 29 VwGVG entsprechende Begründung auch eine Beweiswürdigung umfassen müsse, wenn das Verwaltungsgericht eine Feststellung treffe, welche mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Widerspruch stehe.

10 H. Die Revision ist nicht zulässig, weil das Verwaltungsgericht die Leitlinien der Rechtsprechung beachtete.

11 Nach § 40 Oö JagdG ist, wenn bei dem Inhaber einer Jagdkarte der ursprüngliche und noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 Oö JagdG nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt, diesem die Jagdkarte zu entziehen. § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG verlangt als Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte den Nachweis der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verlässlichkeit. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zu der vergleichbaren Bestimmung des § 61 Abs 1 Z 8 Nö JagdG ausgesprochen hat, kann im Hinblick auf die spezifischen Schutzzwecke der Jagdgesetze bei der Prognoseentscheidung über die Verwendung und Verwahrung einer Jagdwaffe bereits eine einmalige - jedoch gravierende - Tathandlung als Verhalten gewertet werden, das einen Mangel an Verlässlichkeit aufzeigt, also die Prognoseentscheidung, der Betroffene werde auch in Zukunft Jagdwaffen nicht sorgfältig verwahren, rechtfertigen (VwGH vom 30. Juni 2011, 2011/03/0072). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon klargestellt, dass auch ein einmaliges Fehlverhalten zur Verneinung der waffenrechtlichen wie auch der jagdrechtlichen Verlässlichkeit führen kann, und zwar selbst dann, wenn die Zugriffsmöglichkeit auf die Waffe nur relativ kurze Zeit bestand, wobei weder entscheidend ist, ob ein Zugriff auf die Waffen durch Unberechtigte tatsächlich erfolgte, noch, ob die Waffe geladen oder ungeladen aufbewahrt wurde (VwGH vom 23. November 2009, 2007/03/0180).

12 Der Tatbestand des § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG hängt nicht mit der nach § 12 WaffG zu entscheidenden Rechtsfrage zusammen. Schon der Wortlaut dieser jagdrechtlichen Norm zeigt, dass diese Bestimmung nicht auf die für ein Waffenverbot nach § 12 WaffG aufgestellten (weiter gehenden, vgl etwa VwGH vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063), sondern auf die für die waffenrechtliche Verlässlichkeit normierten Kriterien iSd § 8 Abs 1 Z 1 und 2 WaffG abstellt. Aus der von einer zur Vollziehung des WaffG zuständigen Behörde oder einem Verwaltungsgericht getroffenen Beurteilung, dass nach § 12 WaffG kein Waffenverbot zu verhängen sei, ergibt sich daher nicht, dass die Verlässlichkeit nach § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG gegeben ist (vgl dazu VwGH vom 16. Februar 2016, Ra 2016/03/0022, und wiederum VwGH vom 30. Juni 2011, 2011/03/0072).

13 Angesichts der von § 38 Abs 1 lit a Oö JagdG geforderten Verlässlichkeit geht das Vorbringen des Revisionswerbers, die festgestellten Tatsachen seien weder für sich allein noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Besorgnis zu erwecken, dass der Revisionswerber Waffen in gesetz- oder zweckwidriger Weise gebrauche, er dadurch keine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeiführen könne, und ihm auch die missbräuchliche Verwendung von Waffen nicht zuzutrauen sei, ins Leere. Aber auch mit seiner Beurteilung, wonach der Revisionswerber durch die sorglose Verwahrung des Schlüssels für den Garderobenschrank, in dem die teilweise geladenen Waffen aufbewahrt worden seien und die daraus resultierende mangelnde Verwahrung, das aggressive Verhalten unter Alkoholeinfluss gegenüber den Polizeibeamten am 9. Februar 2016 während der Amtshandlung bereits ein Persönlichkeitsbild zeige, welches die Annahme rechtfertige, dass die mit der Jagdausübung erforderliche Verlässlichkeit nicht gegeben sei, und sein bisheriges Verhalten besorgen lasse, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet sei, bewegt sich das Verwaltungsgericht innerhalb der Leitlinien der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Sofern der Revisionswerber schließlich die Annahme des Verwaltungsgerichts beanstandet, dass seine Familienmitglieder uneingeschränkten Zugang zu Waffen und Munition gehabt hätten, ist ihm entgegenzuhalten, dass die gegenständliche Aufbewahrungsart des Schlüssels für Personen im privaten Nahebereich, die mit den Örtlichkeiten grundsätzlich vertraut sind, im Ergebnis kein Hindernis darstellt, das von ihnen für einen Zugang überwunden werden müsste (vgl die den Revisionswerber betreffende Entscheidung VwGH vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/03/0113). Damit erweist sich im Ergebnis auch die Rüge der mangelhaften Begründung betreffend die Beweiswürdigung als nicht zielführend.

14 I. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2017

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