VwGH 2011/03/0235

VwGH2011/03/023520.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W O in H, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. Oktober 2011, Zl E1/8637/2011, betreffend Erlassung eines Waffenverbots, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Zum angefochtenen Bescheid

1. Mit dem angefochtenen (im Instanzenzug ergangenen) Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 ein Waffenverbot erlassen.

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 26. Juli 2010 gegen 20 Uhr im Gemeindegebiet von H unter Außerachtlassung der im Umgang mit Waffen gebotenen Sorgfalt auf einen Rehbock geschossen habe, wobei das Projektil den Rehbock durchschlagen habe und in der Folge in der unmittelbaren Nähe eines Fußgängers und eines Inlineskaters, welche sich auf einem Feldweg befunden hätten, in einen Bahndamm eingeschlagen wäre, wodurch der Beschwerdeführer eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit dieser Personen herbeigeführt habe. Dies würde die Annahme rechtfertigen, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen insbesondere das Leben oder die Gesundheit von Menschen gefährden könnte.

Nach dem Abschlussbericht der Polizeiinspektion H an die Staatsanwaltschaft Korneuburg vom 5. August 2010 habe der Beschwerdeführer in Verdacht gestanden, am angegebenen Ort zur besagten Zeit die körperliche Sicherheit der auf einem Feldweg westlich der Nordbahn-Eisenbahnlinie befindlichen R K und H G fahrlässig gefährdet zu haben, indem er aus ca 230 m Entfernung einen Schuss auf einen Rehbock mit Gewehr mit Zielfernrohr abgegeben habe. Das Geschoß habe das Tier durchschlagen und wäre danach im Bahndamm in unmittelbarer Nähe von K und G eingeschlagen, welche keine Verletzungen erlitten hätten. Beim Tatort handle es sich um einen Feldweg entlang der Bahnlinie H-R auf der Höhe der Parzelle Nr 2413. Der Beschwerdeführer habe den Schuss auf einem Erbsenacker abgegeben, welcher zwischen zwei Weizenfeldern liege. Das Erbsenfeld sei 500 m lang und leicht abschüssig in Richtung des Bahndammes und des Feldweges. Dem Bericht sowie einer beiliegenden Handskizze sei zu entnehmen, dass der Standpunkt des Beschwerdeführers auf dem Feld in ca 120 m Entfernung vom westlichen Ende des Feldes gelegen sei, hinter dem sich ein Waldstück befinde. Die Entfernung zwischen der Position des Beschwerdeführers bei der Schussabgabe und dem erlegten Reh habe ca 230 m betragen. Der Rehbock habe sich wiederum in einer Entfernung von ca 150 m vom östlichen Ende des Erbsenfeldes und somit auch in nahezu derselben Entfernung von dem Feldweg befunden, auf dem K und G unterwegs gewesen seien. Die gesamte Länge des Erbsenfeldes betrage ca 500 m. Nach dem Vorfall sei die Tatwaffe nach § 110 StPO sichergestellt worden. Bei einer Einvernahme habe der Beschwerdeführer angegeben, sich am 26. Juli 2010 gegen 18.30 Uhr in der Nähe einer Lehmgrube zwischen H und R auf einen Rehbock angesetzt zu haben. Er sei in einem Acker in einer Furche auf einem Klappsessel gesessen, habe in Richtung des Bahndammes geschaut und sich hinsichtlich des Vorhandenseins eines Kugelfanges vergewissert. Nachdem der Rehbock zwischen dem Beschwerdeführer und dem Bahndamm auf dem Acker gekommen sei, habe er sich abermals bezüglich eines Kugelfanges vergewissert. Er habe sich auch vergewissert, dass sich auf dem Feldweg vor dem Bahndamm keine Person befinde, da dieser sehr frequentiert sei. Der Beschwerdeführer habe keine Personen wahrnehmen können, in der Folge habe er beim Anvisieren des Rehbocks nur mehr den Bock gesehen, weil er in seinem Zielfernrohr die Umgebung nicht mehr sehen würde. Als der Beschwerdeführer den Rehbock im Visier gehabt habe, habe er abgedrückt und ihn auch getroffen. Der Rehbock sei höchstwahrscheinlich auf Grund eines Trägerschusses umgefallen. Danach sei der Beschwerdeführer in Richtung Bahndamm zum Feldweg gefahren, dort seien K und ein zweiter Fußgänger anwesend gewesen. K habe den Beschwerdeführer angeschrien, dass er auf ihn geschossen hätte und das Projektil kurz hinter ihm in den Bahndamm eingeschlagen wäre. Der Beschwerdeführer habe K geantwortet, dass er nicht auf ihn, sondern auf den Rehbock geschossen und sich vor Abgabe des Schusses auch hinsichtlich eines Kugelfanges vergewissert habe. Es würde sich nur um einen Querschläger handeln können. Der Beschwerdeführer habe sich bei K wiederholt entschuldigt. G habe bei der Polizeiinspektion angegeben, dass er am 26. Juli 2010 gegen 19.30 Uhr auf dem asphaltierten Agrarweg neben dem Bahndamm gewesen sei, um von R einen Spaziergang in Richtung H zu machen. Dabei sei ihm K entgegengekommen, dieser sei bei der Abgabe des Schusses, welcher sowohl von G als auch von K gehört worden sei, ca 2 m entfernt gewesen. Unmittelbar nach dem Schuss habe G ein Zischen und einen Einschlag in den Bahndamm wahrgenommen. Der Schuss sei zwischen K und G hindurchgegangen, in der Folge habe G nach einigen Minuten den (näher genannten) Jagdleiter und den Beschwerdeführer zur Rede gestellt, dem Beschwerdeführer sei die Sache sehr unangenehm gewesen und er habe sich bei G und K entschuldigt. G habe sich in seiner Sicherheit gefährdet gefühlt und die Schussabgabe für unverantwortlich gehalten. Weiters habe er ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ihn und K hätte sehen müssen und dass eine Schussabgabe von einem Hochstand auszuschließen sei. K habe bei seiner Vernehmung angegeben, auf dem besagten Feldweg neben dem Bahndamm in Richtung H mit Inlineskates unterwegs gewesen zu sein. Er habe einen Schuss gehört, wobei das Projektil zwischen ihm und dem Fußgänger G in den Bahndamm eingeschlagen wäre. Der Beschwerdeführer habe auf den Vorhalt, warum er geschossen habe, angegeben, dass er nicht in den Bahndamm, sondern in den Boden geschossen habe, er habe sich in der Folge entschuldigt und gesagt, er würde nicht mehr so oft zum Schießen kommen. K habe den Vorfall schließlich angezeigt, weil der Feldweg bei Sportlern sehr beliebt sei. Der einvernommene Jagdleiter habe angegeben, dass sich der erlegte Rehbock gegen 20 Uhr in einer Entfernung von ca 150 m vom Begleitweg entlang der genannten Bahnlinie im Acker liegend befunden habe; dem Jagdleiter sei nicht bekannt, wo sich der Beschwerdeführer bei der Schussabgabe befunden habe.

Der Bezirksjägermeister habe zum in Rede stehenden Vorfall folgende Stellungnahme des Niederösterreichischen Landesjagdverbands abgegeben:

"Nach dem fachlichen Gespräch mit Herrn W O und einer skizierten Darstellung bezüglich Ablauf der Schussabgabe vom 26.07.2010 wird seitens der Bezirksgeschäftsstelle und des Bezirksjagdbeirates folgendes festgestellt:

Die Schussabgabe auf das gesichtete Wild erscheint trotz genannter Sitzposition durchaus gerechtfertigt, da ein Kugelfang durch die Geländekopierung und dem dahinter befindlichen Bahndamm jedenfalls vorhanden war. Nebenbei wurden zu diesem Zeitpunkt seitens des genannten Jägers keine Personen beobachtet. Die gerechtfertigte Schussabgabe und der verbundene Büchsenknall können somit keinesfalls Gefährdungen anderer Naturnutzer hervorrufen. Weder der Einschlag der Kugel noch eines Querschlägers konnten geortet werden. Der genannte Sachverhalt und die damit verbunden Vorgangsweise wurden auch mit dem NÖLJV besprochen."

Das von der Erstbehörde in Auftrag gegebene Gutachten des jagdfachlichen Amtssachverständigen Dipl.-Ing. Dr. N F vom 23. Februar 2011 habe folgenden Inhalt:

"Das Fachgebiet Polizei der BH Gänserndorf übermittelte mit Schreiben vom 12.01.2011 einen Akt bezüglich eines über W O verhängten Waffenverbotes und ersuchte um Erstellung eines Gutachtens, aus dem hervorgeht, ob Herr O bei der Schussabgabe, die zum Waffenverbot führte, alle relevanten Sicherheitsbestimmungen eingehalten hat.

Aus dem im Akt befindlichen Abschlussbericht der PI H geht hervor, dass W O am 26.07.2010 gegen 20.00 Uhr im Gemeindegebiet von H westlich der Nordbahnlinie aus einer Entfernung von ca. 230 m mit einem Kugelschuss aus einem kombinierten Gewehr der Marke Eduard Kettner, Kal. 12/70, 5,6 x 50, einen Rehbock erlegte. Der Schuss erfolgte von einem östlich eines Waldstückes gelegenen Ackers sitzend von einem Klappsessel aus Richtung Osten zur Nordbahn hin. Zwischen dem Acker und der Nordbahn liegt in einer Entfernung von ca. 380 m vom Ort der Schussabgabe ein unbekannter Feldweg, auf dem sich zum Zeitpunkt der Schussabgabe R K und H G befanden. Die Kugel schlug in unmittelbarer Nähe von K und G ein.

Der jagdfachliche Amtssachverständige nahm Einsicht in die in der landesinternen GIS-Applikation i-map vorhandenen Orthophotos und Katasterpläne des gegenständlichen Gebietes. Da im schriftlichen Abschlussbericht und einer beiliegenden Lageskizze widersprüchliche Angaben zum Vorfallsort enthalten sind, befragte der jagdfachliche Amtssachverständige am 31.01.2011 Grinsp Grois (PI H) dazu. Weiters führte der jagdfachliche Amtssachverständige am 31.01.2011 einen Lokalaugenschein durch.

Befund:

Aus der dem Abschlussbericht der PI H beiliegenden Lageskizze und dem in der landesinternen GIS-Applikation i-map vorhandenen Orthophoto geht hervor, dass der Schuss auf Gst.Nr. 2332/3, KG H, abgegeben wurde. Dies wurde auch von GrInsp Gr (PI H) am 31.01.2011 bestätigt, nachdem ihm vom jagdfachlichen Amtssachverständigen dieses Orthophoto mit eingezeichneten Grundstücksgrenzen vorgelegt wurde.

Die Orte der Schussabgabe und der Erlegung des Rehbockes wurden beim Lokalaugenschein anhand der o.a. Lageskizze mit Stöcken markiert.

Der Acker fällt leicht nach Osten hin. Östlich des Ackers befindet sich ein N-S Richtung verlaufender 4,5 m breiter asphaltierter Feldweg. Östlich dieses Feldweges liegt der etwa 2 m hohe Bahndamm der Nordbahn. Im Bereich südlich des Gst.Nr. 2332/3, KG H, ist der Bahndamm auf einer Länge von ca. 50 m unterbrochen. Östlich des Bahndammes verläuft die Nordbahn und in einer Entfernung von etwa 200 m befinden sich Wohnhäuser mit Gärten.

Während des Lokalaugenscheines, der an einem sehr kalten, windigen und bewölkten Wintertag stattfand, wurde festgestellt, dass der unbenannte Feldweg intensiv von Erholungssuchenden (Fußgänger und Radfahrer) frequentiert wird. Vom Ort der Schussabgabe aus konnten die auf dem Feldweg befindlichen Erholungssuchenden sowie die hinter dem Bahndamm auf der Nordbahn verkehrenden Züge und auch die dahinter liegenden Wohnhäuser deutlich wahrgenommen werden.

Gutachten:

Die Höchstschussweite und somit der größte Gefährdungsbereich von jagdlich verwendeten Geschoßen kann bis zu 5.000 m betragen.

Aus jagdfachlicher Sicht lag im gegenständlichen Fall kein ausreichender Kugelfang vor, da der Schuss sitzend in Bodennähe abgegeben wurde. Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass das Geschoß flach am Ackerboden oder am asphaltierten Feldweg auftrifft und als Geller abgelenkt wird.

Der gegenständliche Schuss aus Bodennähe hätte aus jagdfachlicher Sicht angesichts der örtlichen Situation (stark frequentierter Feldweg, unterbrochener Bahndamm, Nordbahn, Wohnhäuser in Schussrichtung und im Gefährdungsbereich) aus Sicherheitsgründen unterbleiben müssen.

Erhebungsdauer: 2/2 Stunden."

In einer Stellungnahme dazu vom 8. März 2011 habe der Beschwerdeführer unter anderem eingewendet, die Annahme des Amtssachverständigen, dass der Schuss sitzend von einem Klappsessel aus Richtung Osten zur Nordbahn hin erfolgt sei, sei unzutreffend. Der Beschwerdeführer habe auf das Wild gewartet und dieses zwar sitzend von einem Klappsessel aus beobachtet, die Schussabgabe sei aber stehend erfolgt, das Gewehr auf einer Zielhilfe aufgelegt. Bereits dadurch habe sich der Schusswinkel verändert und deshalb sei nicht einfach von einer Gellergefahr auszugehen. Ferner sei auf Grund der Ausführungen des Amtssachverständigen nicht eindeutig, was mit dem Ort der Erlegung des Rehbockes gemeint sei; es sei nämlich der Standort des Rehbockes bei der Schussabgabe und der Auffindungsort des veränderten Rehbockes zu unterscheiden, wobei im vorliegenden Zusammenhang nur der Ort, von dem aus der Rehbock geschossen worden sei, relevant sei. Der jagdfachliche Sachverständige habe nicht dargetan, welchen Schussabgabeort er angenommen habe, weshalb seine Ausführungen diesbezüglich nicht überprüft werden könnten. Der Sachverständige habe zwar angegeben, dass die Orte mit Stöcken markiert worden seien, der Beschwerdeführer sei aber vom Termin des Ortsaugenscheins nicht verständigt worden und habe daher die bloß in der Natur markierten Orte nicht überprüfen können. Ferner sei die Gellergefahr von Geschoßen umso größer, je härter der Boden sei; das bedeute, dass bei einem weichen Boden Geschoße viel leichter eindringen könnten als bei harten Böden, bei denen es viel leichter zu Abprellern (Gellern) kommen könne. Der Amtssachverständige habe beim Ortsaugenschein an einem sehr kalten, windigen und bewölkten Wintertag naturgemäß einen tiefgefrorenen und damit sehr harten Boden vorgefunden, das Gutachten lasse aber völlig unberücksichtigt, dass die Schussabgabe bei weichem Boden stattgefunden habe und daher eine sehr viel geringere Gellergefahr bestanden habe. Der Beschwerdeführer beantragte die Anberaumung eines Lokalaugenscheins in seinem Beisein. Weiters sei es mehr als schwierig, den Einschlagungsort einer Kugel (gemeint: eines Langgeschoßes) festzustellen, weshalb fraglich erscheine, dass K und G den Einschlagungsort tatsächlich hätten feststellen können; auch der Sachverständige dürfte nicht versucht haben, das Geschoß aufzufinden.

Gegen den Beschwerdeführer sei auf Grund des Vorfalls am 26. Juli 2010 von der Staatsanwaltschaft Korneuburg ein Ermittlungsverfahren wegen § 89 (§ 81 Abs 1 Z 1) StGB (Gefährdung der körperlichen Sicherheit, fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen) eingeleitet worden. Am 1. September 2010 sei ihm gemäß § 200 StPO ein Diversionsangebot unterbreitet worden, wonach die Staatsanwaltschaft gegen die Zahlung von EUR 680,-- von der Verfolgung der Straftat zurücktreten würde. Dieses Angebot habe der Beschwerdeführer angenommen und am 20. September 2010 EUR 680,-- einbezahlt. Am 22. September d.J. sei das Ermittlungsverfahren gemäß § 200 Abs 5 StPO eingestellt worden.

Die Daten betreffend die genannten Entfernungen und Standorte bei der Schussabgabe seien einer im Akt befindlichen, seitens eines Beamten der Polizeiinspektion H am Tatort gefertigten Handskizze entnehmbar, wobei die Skizze auf den Angaben des Beschwerdeführers sowie auf den Angaben der beiden Zeugen beruhe. Die im schon angesprochenen Abschlussbericht der Polizeiinspektion genannte Parzellennummer sei im jagdfachlichen Gutachten zutreffend korrigiert worden. Der Beschwerdeführer habe den in Rede stehenden Sachverhalt sowie den grundsätzlichen Ablauf des Vorfalls nicht bestritten. Danach habe der Beschwerdeführer in Richtung des Rehbockes und somit auch in Richtung des vor dem Bahndamm befindlichen Feldweges einen Schuss abgegeben, wobei der Rehbock ca 230 m von ihm und dieser wiederum ca 150 m vom Feldweg vor dem Bahndamm entfernt gewesen sei. Auch fahrlässige Handlungen seien relevante Tatsachen iSd § 12 Abs 1 WaffG. Schon auf Grund der vom Amtssachverständigen beschriebenen örtlichen Situation hätte der Beschwerdeführer den Schuss auf den Rehbock keinesfalls abgeben dürfen. Dies schon deshalb, weil er einen Schuss in Richtung eines stark frequentierten Feldwegs abgegeben habe, ohne auch nur über irgendeinen Kugelfang zu verfügen. Hinter dem Rehbock bis zum Feldweg vor dem Bahndamm sei kein Kugelfang vorhanden gewesen, weil ein bloßes Feld, auch wenn es sich in vollem Fruchtstand befunden hätte, keinesfalls als ausreichender Kugelfang anzusehen sei. Aus den Lichtbildern (Farbkopien) im Akt sei zu erkennen, dass hinter dem Rehbock und somit vor dem Feldweg kein Gegenhang vorhanden gewesen sei, vielmehr befinde sich hier (wie angesprochen) ein praktisch ebenes Feld, wobei der Acker sogar leicht nach Osten hin zum Bahndamm abfalle. Es sei schlicht unbegreiflich, wie der Beschwerdeführer vor Abgabe des Schusses zum Ergebnis habe kommen können, dass er einen ausreichenden Kugelfang gehabt hätte. Vom Sachverständigen sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer vom Ort der Schussabgabe aus die auf dem Feldweg befindlichen Personen deutlich hätte wahrnehmen können. Eine Schussabgabe unter solchen Verhältnissen bzw Bedingungen könne nur als grob fahrlässig eingestuft werden und nicht bloß als leichte Fahrlässigkeit, die auch einem sorgfältigen Jäger unter Umständen hätte "passieren" können. Ein sorgfältiger und gewissenhafter Jäger hätte unter solchen Bedingungen keinesfalls auf den Rehbock geschossen. Das Verhalten des Beschwerdeführers stelle eine eklatante Missachtung grundlegender jagdlicher Sorgfaltsgrundsätze dar. Es mache keinen Unterschied, ob der Beschwerdeführer den Schuss in stehender oder sitzender Position abgegeben habe, weil er jedenfalls in Richtung des Feldweges geschossen habe und daher auch damit habe rechnen müssen, den Rehbock zu verfehlen bzw damit, dass das Geschoß ohne Durchschlagen des Rehbockes und auch ohne Bodenberührung den Bereich des Feldweges und somit auch des Bahndammes erreiche. Die vom Beschwerdeführer angestellten Erwägungen bezüglich des Schusswinkels in stehender oder in sitzender Position seien daher für die zu beurteilende Rechtsfragen ohne Relevanz. Dass der Beschwerdeführer den Schuss von einem Hochstand aus abgegeben hätte, sei nicht einmal behauptet worden. Da die Abgabe des Schusses (unabhängig davon, ob mit einer Bodenberührung oder eine Ablenkung des Geschoßes zu rechnen gewesen sei) jedenfalls als grob fahrlässig zu qualifizieren sei, brauche die Bodenbeschaffenheit des Ackers sowie die eventuelle Gellergefahr nach Durchschlagen des Rehbockes oder Bodenberührung des Geschoßes bei der rechtlichen Beurteilung nicht berücksichtigt werden. Bei dieser Sachlage sei (entgegen dem Beschwerdeführer) es nicht erforderlich gewesen, die Position der Schussabgabe "zu 100 % genau…" festzuhalten, eine solche Festlegung sei wohl auch nicht mehr möglich gewesen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers könne nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass er von seiner Position aus auf den Rehbock jedenfalls in Richtung eines stark frequentierten Feldweges einen Schuss abgegeben habe, ohne über einen Kugelfang zu verfügen. Für die vorliegend zu beurteilende Rechtsfrage sei es ferner nicht maßgeblich, ob das Geschoß zwischen oder neben K und G eingeschlagen habe, weiters könne eine möglicherweise etwas größere Entfernung des Geschoßes von den genannten Personen nichts daran ändern, dass der Beschwerdeführer seine Waffe auf den Rehbock in Richtung eines stark frequentierten Feldweges geschossen habe, ohne (wie erwähnt) über einen Kugelfang zu verfügen, wobei der vor dem Bahndamm befindliche Feldweg lediglich in einer Entfernung von ca 380 m von der Position des Beschwerdeführers bei der Schussabgabe gelegen sei (von daher sei es auch unmaßgeblich, ob der größte Gefährdungsbereich bezüglich der vom Beschwerdeführer verwendeten Waffe und Munition über oder unter 5000 m liege). Der entscheidungsrelevante Sachverhalt sei hinreichend genau ermittelt worden und stehe fest, die vom Beschwerdeführer beantragte Durchführung eines Lokalaugenscheins samt Parteieneinvernahme erübrige sich; ferner sei Erstellung eines weiteren jagdfachlichen Gutachtens sowie zusätzlich eines waffentechnischen Gutachtens zum Beweis eines ausreichenden Kugelfangs nicht erforderlich, weil selbst ein im vollen Fruchtstand befindliches und in Richtung der Schussabgabe leicht abschüssiges Feld nicht nur einen mangelhaften, sondern überhaupt keinen Kugelfang darstelle. Die Stellungnahme des Bezirksjägermeisters könne vor dem Hintergrund des dargestellten Sachverhalts nur als Gefälligkeitsstellungnahme gewertet werden. Aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer der Diversion als Mittel der Erledigung des gegen ihn geführten Strafverfahrens hingenommen habe, lasse zwar nicht ohne Weiteres auf die Richtigkeit des gegen ihn erhobenen Tatvorwurfs schließen, dies sei aber doch ein Indiz dafür, dass er das Unrecht seiner Tat eingesehen habe und bei ihm die Bereitschaft vorhanden gewesen sei, eine gewisse Verantwortung dafür zu übernehmen.

Das grob fahrlässige Verhalten des Beschwerdeführers bei der Abgabe des Schusses auf den Rehbock wecke bei der belangten Behörde die Besorgnis, dass er auch künftig als Jäger nicht die im Umgang mit Waffen gebotene Sorgfalt an den Tag legen werde. Die Möglichkeit eines zukünftigen Missbrauchs einer Waffe seitens des Beschwerdeführers und eine dadurch hervorgerufene Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen sei nicht von der Hand zu weisen. Die belangte Behörde gehe daher von der begründeten Besorgnis aus, dass der Beschwerdeführer durch die missbräuchliche Verwendung von Waffen Leben oder Gesundheit von Menschen gefährden könnte, weshalb die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) zulässig sei.

B. Zum Beschwerdeverfahren

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

C. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 25. Jänner 2012, Zl 2012/03/0007, mwH).

2. Die Beschwerde bringt vor, dass die belangte Behörde lediglich einen einzigen Vorfall herausgegriffen und ausschließlich darauf die Verhängung des Waffenverbots gestützt habe. Damit sei der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben, weil sich die Behörde mit dem äußerst untadeligen Verhalten des Beschwerdeführers nicht im Mindesten beschäftigt habe. Die Behörde hätte miteinbeziehen müssen, dass der Beschwerdeführer nunmehr 72 Jahre alt sei und sich in der Vergangenheit nichts habe zuschulden kommen lassen; er sei Träger des "Goldenen Bruchs" des Landesjagdverbandes von Niederösterreich, was dokumentiere, dass er seit 50 Jahren unfallfrei und frei von irgendwelchen Vorfällen die Jagd ausübe; die korrekte Ausübung der Jagd über fünf Jahrzehnte sei ein Indiz dafür, dass vom Beschwerdeführer nicht unbedingt ein qualifizierter Missbrauch mit Waffen iSd § 12 WaffG zu erwarten sei. Ferner sei das Ermittlungsverfahren in entscheidenden Punkten mangelhaft und unvollständig geblieben. Eine unmittelbare Beweisaufnahme (auch an Ort und Stelle) habe nicht stattgefunden, die Beamten der Polizeiinspektion H seien bei der Schussabgabe nicht anwesend gewesen und könnten daher weder den Abgabeort des Schusses noch den Standort des Wildes angeben. Vom Amtssachverständigen sei zudem kein Lageplan angefertigt worden, in dem die Annahmen des Amtssachverständigen dargelegt würden. Die Feststellung des angefochtenen Bescheides stützen sich insbesondere betreffend das Vorhandensein eines Kugelfanges auf Lichtbilder, die von der Polizeiinspektion an die Staatsanwaltschaft Korneuburg übermittelt worden seien; diese Beweismittel wären dem Beschwerdeführer unter Wahrung des rechtlichen Gehörs zur Kenntnis zu bringen gewesen; wäre dies erfolgt, hätte der Beschwerdeführer anhand der Lichtbilder klar zeigen können, dass sehr wohl ein entsprechender Kugelfang vorhanden gewesen wäre. Dies auch deshalb, weil gerade ein mehr oder minder ebener Acker - konkret der Boden des Ackers - einen geeigneten Kugelfang darstellen könne, weil eben die Geschoße in den Boden eindringen würden. Ferner habe der Amtssachverständigen ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall nur deshalb kein ausreichender Kugelfang vorhanden gewesen wäre, weil der Schuss sitzend in Bodennähe abgegeben worden sei und nicht ausgeschlossen werden könne, dass das Geschoß flach am Ackerboden und am asphaltierten Boden auftreffen könnte und als Geller abgelenkt werden würde. Daraus ergebe sich, dass der Ackerboden nach Auffassung des Sachverständigen sehr wohl ein geeigneter Kugelfang sein könne, und dass die Abgabe des Schusses im Sitzen für die Annahme des Sachverständigen maßgeblich sei, dass kein Kugelfang vorhanden gewesen wäre. Es widerspreche daher dem eingeholten jagdfachlichen Gutachten, wenn die Behörde die Bodenbeschaffenheit des Ackers und auch die Frage der Abgabe des Schusses im Stehen oder im Sitzen für nicht relevant erachtete. Die belangte Behörde hätte ihre Ausführungen, die von den Ausführungen des Amtssachverständigen abwichen, ausführlich zu begründen gehabt. Entgegen der Behörde sei es auch im hohen Maße unwahrscheinlich, dass der Niederösterreichische Landesjagdverband - eine Körperschaft des öffentlichen Rechts - Gefälligkeitsgutachten abgebe und ein Verhalten als gerechtfertigt bezeichne, das nach Auffassung der belangten Behörde demgegenüber grob fahrlässig wäre. Eine solche Diskrepanz wäre zumindest zu begründen gewesen, zudem sei diese aufklärungsbedürftig gewesen, wozu ein Lokalaugenschein hätte durchgeführt werden müssen. Es hätte der Abhaltung eines Ortsaugenscheines bedurft, um feststellen zu können, von welchem Ort und in welcher Position der Beschwerdeführer den Schuss abgegeben habe, um darauf schließen zu können, dass der Beschwerdeführer sorgfaltswidrig gehandelt habe. Es sei nämlich evident, dass es leicht möglich sei, dass vom tatsächlichen Ort der Schussabgabe die Häuser, der Bahndamm etc nicht derart oder anders gesehen werden könnten als in der Weise, von der die belangte Behörde ausgegangen sei. Schließlich könne aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer die Diversion als Mittel der Erledigung angenommen habe, unter keinen Umständen auf die Richtigkeit des gegen ihn erhobenen Tatvorwurfs geschlossen werden, der Beschwerdeführer habe vielmehr von Anfang an im gegenständlichen Verwaltungsverfahren betont, dass ihm kein sorgfaltswidriges Verhalten bei der Schussabgabe zur Last falle.

3. Entgegen der Beschwerde hat die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung, dass der Beschwerdeführer bei der Abgabe des Schusses seine Waffe qualifiziert rechtswidrig iSd § 12 Abs 1 WaffG verwendet habe, nicht bloß auf das Fehlen eines Kugelfanges abgestellt, sondern auf das Verhalten des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund aller bei der Schussabgabe gegebenen Umstände. Der Beschwerdeführer hat zwar gerügt, dass die genaue Position der Schussabgabe nicht festgestellt worden sei, er hat aber die im Gutachten des Sachverständigen nachvollziehbar geschilderte räumliche Situation bei der Schussabgabe - insbesondere die Distanzen zwischen dem Abgabeort und dem von den Zeugen benützten Feldweg - nicht konkret in Abrede gestellt. Unstrittig ist vorliegend weiters, dass dieser Feldweg von Fußgängern häufig frequentiert wird. Nicht in Zweifel gezogen wurde ferner, dass sich zwischen dem Ort der Schussabgabe und dem Feldweg ein im Wesentlichen flaches Feld befindet. Bei dieser Sachlage kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis kam, dass die Schussabgabe unter diesen Voraussetzungen die Besorgnis erweckt, dass der Beschwerdeführer iSd § 12 Abs 1 WaffG von der Waffe gesetz- oder zweckwidrig Gebrauch machen könnte. Im freien - zudem einem häufig frequentierten Gehweg miteinschließenden - Gelände zwischen dem Ort der Schussabgabe und dem Bahndamm ist nämlich mangels gegenläufiger Anhaltspunkte (für solche Anhaltspunkte besteht vorliegend kein Hinweis, sie werden vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet) immer die Gefahr gegeben, dass unbeteiligte Personen (oder auch Tiere) in das Schussfeld geraten können (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 29. Oktober 2009, Zl 2008/03/0099). Eine Schussabgabe in Richtung auf den stark frequentierten Gehweg bei den im Wesentlichen unstrittigen Distanzen hätte daher jedenfalls unterbleiben müssen. Dies wird durch die (nicht in Abrede gestellte) Aussage des Beschwerdeführers gegenüber der genannten Polizeiinspektion unterstrichen, wonach er beim Anvisieren des Rehbockes unmittelbar vor der Schussabgabe nur mehr den Bock gesehen habe, weil er in seinem Zielfernrohr die Umgebung nicht mehr sehen würde. Damit lässt sich für den Beschwerdeführer mit dem Hinweis, der jagdfachliche Sachverständige sei für seine Beurteilung zum Kugelfang von einer sitzenden Schussposition ausgegangen, nichts gewinnen. Ob der Beschwerdeführer von seinem Schussabgabeort aus den Gehweg sowie den Bahndamm auf eben die Weise in den Blick bekam, wie dies die belangte Behörde feststellt, erscheint im Übrigen auch deshalb nicht maßgeblich, weil sich der Beschwerdeführer von den räumlichen Gegebenheiten seines Schussfeldes vor der Schussabgabe ohnehin vergewissert haben musste. Vor diesem Hintergrund geht die Verfahrensrüge fehl, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid genannten Lichtbilder nicht zur Stellungnahme vorgehalten und keinen Ortsaugenschein durchgeführt. Schließlich kommt es für die rechtliche Beurteilung im vorliegenden Fall nicht darauf an, dass sich der Beschwerdeführer behauptetermaßen als Jäger bisher untadelig verhalten habe (vgl oben Punkt C. 1.).

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Diese Entscheidung konnte auf Basis der hg Rechtsprechung in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 20. Juni 2012

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