VwGH Ra 2017/02/0178

VwGHRa 2017/02/01789.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revisionen 1. des T und

2. der C GmbH, beide in L, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 1. Juni 2017, Zl. LVwG-1-496/2016-R10, betreffend Übertretungen des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn),

Normen

VwGG §28 Abs3;
VwGG §41;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WettenG Vlbg 2003 §10;
WettenG Vlbg 2003 §13;
WettenG Vlbg 2003 §15 Abs1 litk;

 

Spruch:

I. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich der Bestrafung gemäß § 15 Abs. 1 lit. k Wettengesetz (Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses vom 12. Mai 2016) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen (hinsichtlich der bewilligungslosen Vermittlung von Wettkunden (Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom 12. Mai 2016)) wird die Revision zurückgewiesen.

Das Land Vorarlberg hat dem Erstrevisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht den Erstrevisionswerber folgender Übertretungen schuldig erkannt:

"1.Sie haben als gemäß § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) des Unternehmens (Zweitrevisionswerberin) mit Sitz in L, zu verantworten, dass dieses Unternehmen in der angeführten Betriebsstätte Wettkunden gewerbsmäßig vermittelt und somit die Tätigkeit des Wettunternehmers ausgeübt hat, indem gewerbsmäßig die Vermittlung von Wettkunden an die Buchmacherfirma X iSd § 1 Abs 2 dritter Fall Wettengesetz (Vermittler von Wettkunden) durchgeführt wurde, obwohl das Unternehmen nicht im Besitze der hierfür erforderlichen Bewilligung der Vorarlberger Landesregierung war.

 

Tatzeit:

18.11.2015, zwischen 16.02 und 16.11 Uhr

Tatort:

L...Imbiss

  

 

2. Weiters haben Sie während der Kontrolle nach dem Vorarlberger Wettengesetz durch Kontrollorgane der Marktgemeinde L einen gerade durch einen Gast benutzten Wettterminal offensichtlich durch eine Zentralschaltung vom Strom genommen bzw. abgeschalten und sich trotz Aufforderung geweigert, den Bildschirm wieder einzuschalten.

Dies, obwohl die Organe der Behörde sowie die zugezogenen Sachverständigen jederzeit zur Überprüfung berechtigt sind, ob die Tätigkeit eines Wettunternehmers entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes, der erteilten Bewilligung und den darin vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen oder der Berechtigung aufgrund einer Anzeige ausgeübt wird. Den Organen sowie den zugezogenen Sachverständigen sind die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die erforderlichen Überprüfungen zu ermöglichen sowie Einblick in die geführten Aufzeichnungen zu gewähren.

 

Tatzeit:

18.11.2015, 16.20 Uhr

Tatort:

L...lmbiss

  

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. § 15 Abs 1 lit. a iVm. § 2 Abs 1 Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten sowie die Vermittlung von Wettkunden LGBl. Nr. 18/2003 idF. LGBl. Nr. 9/2012

2. § 15 Abs 1 lit. k i.V. m. § 10 Abs. 2 Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten sowie die Vermittlung von Wettkunden LGB1. Nr. 18/2003 idF. LGBl. Nr. 9/2012

Wegen dieser/diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie

folgende Strafe verhängt:

 

Zu

Geldstrafe Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1

2.500,00

33 Stunden

§ 15 Abs 3 Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wettkunden LGBl. Nr. 18/2003 idF. LGBl. Nr. 9/2012

2

2.500,00

33 Stunden

§ 15 Abs 3 Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wettkunden LGBl. Nr. 18/2003 idF. LGBl. Nr. 9/2012

    

 

 

Ferner haben Sie zu bezahlen:

 

Betrag Euro

Für

500,00

Strafverfahrenskosten gemäß § 64 Abs. 1+2 VStG

  

 

 

 

Zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Barauslagen):

Euro 5.500,00

  

 

..."

2 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, dass sich am 18. November 2015 bei einer Kontrolle durch Organe der Marktgemeinde L im Lokal der Zweitrevisionswerberin in einem Raum im hinteren Bereich des Lokales ein Wettterminal befunden habe. Als die Organe diesen Raum betreten hätten, sei gerade von diesem Wettterminal eine Wette durch einen Spieler abgeschlossen worden. Kurz nachdem die Kontrollorgane diesen Raum mit dem Wettterminal betreten hätten, sei dieser offensichtlich durch eine Zentralschaltung vom Strom genommen bzw. abgeschaltet worden. Der Spieler habe kurz zuvor Wetten abgeschlossen. Zwei Einzelwetten, welche abgeschlossen worden seien, seien am 18. November 2015 um

16.11 Uhr bei einem Einsatz von EUR 4,-- und EUR 6,-- abgeschlossen worden. Hier sei darum gewettet worden, wer das nächste Tor schieße bzw. seien Wetten hinsichtlich diverser Fußballspiele abgeschlossen worden. Der Erstrevisionswerber habe das Wiedereinschalten des Wettterminals trotz mehrfacher Aufforderung verweigert. Der Erstrevisionswerber sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zweitrevisionswerberin.

3 Nach Wiedergabe der vom Verwaltungsgericht als maßgeblich erachteten Rechtslage hielt das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht fest, der Revisionswerber habe die Kontrollorgane an der Ausübung der ihnen gemäß Wettengesetz zustehenden Überprüfungsrechte gehindert. Dies dadurch, dass er nach Betreten des Lokals durch die Kontrollorgane die Internet- und die Stromverbindung ausgeschaltet habe, sodass der Wettterminal vom Netz getrennt gewesen sei. Er habe die Internet- und die Stromverbindung auch über Aufforderung nicht wieder eingeschaltet und weder jemanden genannt, noch verständigt oder herbeigezogen, der dazu in der Lage gewesen wäre. Damit sei den Kontrollorganen eine Überprüfung des Wettterminals nicht möglich gewesen und der Revisionswerber habe sich trotz mehrmaliger Aufforderung geweigert, den Wettterminal wieder in Betrieb zu nehmen. Der Revisionswerber sei verpflichtet gewesen, die Zutritts- und Überprüfungsrechte auf Grundlage des Wettengesetzes wahrzunehmen. Es sei ihm zumutbar gewesen, alles Mögliche zu unternehmen, um seinen Verpflichtungen zu entsprechen. Der Revisionswerber habe sich beharrlich geweigert, den Wettterminal wieder in Betrieb zu nehmen.

Durch das betriebsbereite Aufstellen des Wettterminals seien Wettkunden an den Buchmacher X vermittelt worden. Der Revisionswerber sei als Wettunternehmer tätig geworden und habe diese Tätigkeit ohne die zum Kontrollzeitpunkt erforderliche Bewilligung ausgeübt. Er habe das Tatbild des § 15 Abs. 1 lit. a Wettengesetz erfüllt.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

5 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Ab- bzw. Zurückweisung der Revision beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Revision richtet sich gegen das gesamte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, enthält aber keine Ausführungen zu den vom Verwaltungsgericht übernommen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom 12. Mai 2016, weshalb feststeht, dass unter den im Spruch näher genannten Umständen Wetten ohne Bewilligung vermittelt wurden. In diesem Umfang war die Revision daher als unzulässig zurückzuweisen.

7 Nur gegen Spruchpunkt 2. wendet sich der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung, wenn er ausführt, die Revision sei zulässig, weil nach dem Wettengesetz nur Organe der Bezirkshauptmannschaft die nach den Feststellungen von Organen der Marktgemeinde L ausgeübten Befugnisse zustünden. Gegenüber den eingeschrittenen Kontrollorganen der Marktgemeinde L hätten die Verpflichtungen nach dem Wettengesetz nicht bestanden, weshalb die Bestrafung ohne rechtliche Grundlage erfolgt sei.

8 In der Revisionsbeantwortung wird im Wesentlichen eingewendet, bei der Behauptung, die Organe seien nicht zuständig gewesen, handle es sich um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.

9 Hinsichtlich Spruchpunkt 2. ist die Revision zulässig und berechtigt:

10 Vorweg ist festzuhalten, dass das Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung - anders als die belangte Behörde in der Revisionsbeantwortung ausführt - nicht gegen das Neuerungsverbot verstößt, weil weder neues Tatsachenvorbringen noch Rechtsausführungen erstattet wurden, die zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen erforderlich machten (vgl. etwa VwGH vom 9. September 2015, Ra 2015/04/0012, mwN).

11 Die hier maßgebenden Bestimmungen des Wettengesetzes in

der Fassung LGBl. Nr. 44/2013 lauten:

"§ 10 Überwachung

(1) Den Organen der Behörde sowie den zugezogenen Sachverständigen und Zeugen ist jederzeit Zutritt zu allen Räumlichkeiten, in denen die Tätigkeit eines Wettunternehmers ausgeübt wird, insbesondere in denen Wettterminals aufgestellt sind, zu gewähren. Dies gilt auch, wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Tätigkeit eines Wettunternehmers ohne Bewilligung oder Berechtigung aufgrund einer Anzeige ausgeübt wird.

(2) Die Organe der Behörde sowie die zugezogenen Sachverständigen sind jederzeit zur Überprüfung berechtigt, ob die Tätigkeit eines Wettunternehmers entsprechend den Bestimmungen dieses Gesetzes, der erteilten Bewilligung und den darin vorgeschriebenen Auflagen und Bedingungen oder der Berechtigung aufgrund einer Anzeige ausgeübt wird. Den Organen sowie den zugezogenen Sachverständigen sind die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die erforderlichen Überprüfungen zu ermöglichen sowie Einblick in die geführten Aufzeichnungen zu gewähren.

(3) Zum Zwecke der Überprüfung von Wettterminals sind dem überprüfenden Organ oder Sachverständigen die Teilnahme an Wetten ohne Entgelt zu ermöglichen und die Wettterminals zu öffnen.

(4) Zur Erwirkung der Zutritts- und Überprüfungsrechte gemäß Abs. 1 bis 3 ist die Anwendung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig.

...

§ 13 Behörde

(1) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist die Bezirkshauptmannschaft, soweit nicht eine Zuständigkeit der Landesregierung festgelegt ist.

(2) Die Landesregierung kann mit Verordnung ihre Zuständigkeit in einzelnen oder allen Angelegenheiten auf die Bezirkshauptmannschaft übertragen, wenn es im Interesse der Zweckmäßigkeit, Einfachheit und Raschheit gelegen ist.

...

§ 15 Strafbestimmungen

(1) Eine Übertretung begeht, wer

...

k) die Organe der Behörde oder die zugezogenen

Sachverständigen oder Zeugen an der Ausübung der ihnen gemäß § 10 zustehenden Rechte hindert oder als Eigentümer oder sonst verfügungsberechtigte Person der Mitwirkungspflicht nach § 10 Abs. 6 nicht nachkommt."

12 Behörde im Sinne des Wettengesetzes ist die Bezirkshauptmannschaft, weshalb Organe der Behörde solche der Bezirkshauptmannschaft sind.

Nachdem gemäß § 10 iVm § 13 Wettengesetz Organe der Bezirkshauptmannschaft zur Überwachung zuständig sind, stehen nur diesen die in § 10 Wettengesetz umschriebenen Rechte zu. Organe einer Gemeinde sind für die Überwachung nicht zuständig, weshalb deren Behinderung oder mangelnde Mitwirkung keine Strafbarkeit nach § 15 Abs. 1 lit. k Wettengesetz begründet.

Nach den Feststellungen im Revisionsfall haben am 18. November 2015 Organe der Marktgemeinde L die in Rede stehende Kontrolle durchgeführt. Der Bestrafung des Revisionswerbers im Spruchpunkt 2. liegt zu Grunde, dass er diese Kontrollorgane an der Ausübung der Rechte gemäß § 10 Wettengesetz gehindert habe bzw. nicht mitgewirkt habe.

Nachdem den Organen der Marktgemeinde L keine Kontrollrechte gemäß § 10 Wettengesetz zustanden, war deren Behinderung bzw. das Unterlassen einer Mitwirkung nicht nach § 15 Abs. 1 lit. k Wettengesetz strafbar.

Das angefochtene Erkenntnis war daher hinsichtlich der Bestrafung gemäß § 15 Abs. 1 lit. k Wettengesetz (Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses vom 12. Mai 2016) einschließlich des damit verbundenen anteiligen Kostenbeitrages gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

13 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 9. Oktober 2017

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