VwGH Ra 2016/18/0343

VwGHRa 2016/18/034315.12.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des A S in T, vertreten durch Mag. Markus Abwerzger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Wilhelm-Greil-Straße 21/VI., gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Oktober 2016, Zl. W220 1434315-2/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §55;
AsylG 2005 §58 Abs2;
BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016180343.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 26. August 2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Im Beschwerdeverfahren wurde dieser Antrag vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im Juli 2015 im Hinblick auf Asyl abgewiesen, dem Revisionswerber jedoch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

2 Infolge einer strafgerichtlichen Verurteilung des Revisionswerbers wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach den §§ 15, 87 Abs. 1 StGB sowie des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB erkannte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) dem Revisionswerber mit Bescheid vom 24. August 2016 den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 2 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.), entzog ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig sei (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Revisionswerber gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt IV.).

3 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis hat das BVwG die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. des verwaltungsbehördlichen Bescheides als unbegründet abgewiesen. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Zulässigkeit zusammengefasst vorgebracht, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, inwiefern in einem Fall wie dem vorliegenden die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ("Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK") von Amts wegen zu prüfen sei.

6 Der Revisionswerber zeigt damit jedoch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:

7 Nach dem klaren Wortlaut des § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 nur dann von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine sonst drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK entgegensteht.

8 Ein solcher Fall lag jedoch im Verfahren des Revisionswerbers nicht vor, weil seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 für unzulässig erklärt wurde. Nach der Beurteilung des BVwG würde seine Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen.

9 Da somit im gegenständlichen Fall die in § 58 Abs. 2 AsylG 2005 normierte Voraussetzung für die amtswegige Prüfung des § 55 AsylG 2005 ohne Zweifel nicht gegeben war, hat das BFA bzw. das BVwG zu Recht keine solche Prüfung vorgenommen.

10 Ist die Rechtslage - wie hier - nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. VwGH vom 6. Juli 2016, Ro 2015/01/0013, mwN).

11 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Wien, am 15. Dezember 2016

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