Normen
EGVG 1991 Art9 Abs1 Z1;
GewO 1973 §1 Abs2;
GewO 1973 §1 Abs4;
GewO 1994 §1 Abs2;
GewO 1994 §1 Abs4;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556 ;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556;
RAO 1868 §8 Abs1 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 idF 1990/474 ;
VwRallg;
EGVG 1991 Art9 Abs1 Z1;
GewO 1973 §1 Abs2;
GewO 1973 §1 Abs4;
GewO 1994 §1 Abs2;
GewO 1994 §1 Abs4;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556 ;
RAO 1868 §57 Abs2 idF 1987/556;
RAO 1868 §8 Abs1 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 Abs2 idF 1990/474 ;
RAO 1868 §8 idF 1990/474 ;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren an Ersatz von Stempelgebührenaufwand wird abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte JL unterfertigte mit 7. Oktober 1996 und mit 29. Oktober 1996 datierte Schreiben, welche an einen deutschen Rechtsanwalt adressiert wurden. Im Kopf dieser Schreiben scheint als Absender "Detektivbüro JL konz. Berufsdetektiv, Inh. BL", im Betreff desselben der Name eines Klienten dieses Unternehmens, K, auf.
Das Schreiben vom 7. Oktober 1996 lautet wie folgt:
"Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
ich darf Sie bitten, nachstehenden Sachverhalt Ihrer Mandantschaft und auch dem Amtsgericht, namens und auftrags unseres Klienten K zur Kenntnis zu bringen.
1) Unser Klient war vom 2.8.96 bis 2.10.96 in Griechenland auf Urlaub und hier in der Bundesrepublik beruflich unterwegs. Es war ihm daher nicht möglich, sehr verehrter Herr Anwalt, das uns vorliegende Schreiben fristgerecht zu beantworten, weshalb wir höflichst um Entschuldigung und Nachsicht bitten.
2) Unser Klient ist der deutschen Sprache, insbesondere der Geschäfts- und Gerichtssprache insoweit nicht mächtig, als es ihm nicht möglich ist, unverzüglich auf gefährliche Passagen in einem amtlichen Schreiben oder einem Vertrag entsprechend zu reagieren.
3) Besteht die diesem Schreiben zugrundeliegende Forderung mit Sicherheit zu Unrecht und hat sich ihre österreichische Mandantschaft in den Besitz eines VU begeben können - aus den schon hinreichend vorgenannten Gründen - weshalb die hier stattgehabte Vorgangsweise erst möglich geworden ist.
4) Dürfen wir Sie höflichst davon informieren, daß unser Klient zwar einem Leistungs- und Lieferungsübereinkommen vom 5.7.90, resp. 10.7.90 der G-AG beigetreten ist, neben zwei weiteren Unternehmern, dessen ungeachtet kam es in weiterer Folge aber nie zur Erfüllung dieses Vertrages von seiten der Brauerei. Das heißt, daß in dem angesprochenen Vertrag zwar ein einmaliger Betrag von öS 150.000,-- zugesagt, aber de facto weder zugezählt noch in Anspruch genommen wurde. Weiters würde das heißen, daß die Brauerei ein Geld einklagt in absoluter betrügerischer Absicht, weil unser Klient von der Brauerei zwar einige Lieferungen erhalten, diese aber jeweils bar bezahlt hat, respektive hat dies der eigentl. Betreiber der Gesellschaft getätigt, Herr D.
Es ist nicht einzusehen, sehr verehrter Herr Anwalt, daß unser Klient Forderungen übernimmt, die er weder verursacht, noch dafür etwas konsumiert hat. Darüber hinaus dürfen wir Sie davon unterrichten, daß gegen die erwähnte Firma ein Konkursverfahren eingeleitet wurde und der eigentliche Verursacher dieses Konkurses - Herr D - sich derzeit in Griechenland aufhält, dort unseres Wissens ein Lokal aufgemacht hat und daß gegen ihn hier in Salzburg, wg. des Verdachtes der betrügerischen Krida ein Strafverfahren beantragt wurde.
Ein Anfangs gegen unseren Klienten eingebrachtes Verfahren wg. Verd. der fahrlässigen Krida wurde nunmehr von der StA Salzburg, aufgrund unseres Erhebungsergebnisses zurückgelegt. Sie werden daher ersucht, sehr geehrter Herr Anwalt, diesen Umstand Ihrer Mandantschaft darzulegen, weil wir ansonsten gehalten wären, den Vertreter der Brauerei nicht nur bei der StA Sbg zur Anzeige zu bringen, sondern darüber hinaus uns noch vorbehalten, gegen diesen eine Schadenersatzklage anzubringen."
Im Schreiben vom 29. Oktober 1996 heißt es (auszugsweise):
"...
Zunächst fällt auf, daß die G-AG sich offenbar in der einen Sache mehrerer Anwälte bedient und auch, daß Sie es nicht der Mühe wert finden, einen solchen Anwaltswechsel Ihrem Kontrahenten höflichkeitshalber anzuzeigen oder ihm mitzuteilen, daß Sie nunmehr zusätzl. dieselbe Sache bearbeiten. Rechtlich ist zu sagen, daß es durchaus sein mag, daß sich Ihr österr. Mandant ein VU erwirkt hat, und zwar ausschließlich aus Ungeschicklichkeit und vor allem mangels hinreichender Sprachkenntnisse und mangels einer seriösen Rechtsvertretung meines Klienten, denn hätte dieser eine Rechtsvertretung gehabt, die ihm auch nur in groben Zügen den Weg in eine österr. Ges.m.b.H. gewiesen hätte, dann wäre ihm vieles erspart geblieben, auch Ihre Belehrungen hinsichtl. der Urlaubszeit.
...
Er wird mit Sicherheit keine weiteren gerichtl. Auseinandersetzungen vermeiden, das werde ich ihm jedenfalls empfehlen. Auch wird er Ihre befohlenen Zahlungstermine vorerst zurückstellen. Denn eines steht schon heute fest, daß nicht er Fehler über Fehler begangen hat, sondern seine rechtsfreundl. Vertretung zum einen und dann Ihr Mandant, der ihm einen Vertrag untergejubelt hat von einem Vorgänger, den K nie zu Gesicht bekommen hat, geschweige denn gewußt hat, was es mit diesem Dokument auf sich hat. Hier wurden gleich zwei Generationen von Bierabnehmern übersprungen und meinem Klienten ein Papier angedreht, das alles eher als seriös ist. Er bekam ja auch erst vor ein paar Monaten ein Duplikat ausgefolgt, und zwar von mir.
Darüber hinaus darf ich Sie davon informieren - wenn Sie schon so bedacht sind auf Ihr förmliches Recht - daß ich nicht nur den Gang zum Staatsanwalt empfehlen werde, wenn auch nur eine weitere Forderung auf K zukommen soll, sondern auch noch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und dann sprechen wir einmal davon, daß K gar nicht berechtigt war, namens der T-Ges.m.b.H. aufzutreten, sondern nur der einzige handels- u. gewerberechtl. GF, dessen Unterschrift ich aber auf dem Dokument vermisse. Hier hätte Ihr Mandant besser aufpassen sollen, wen er für diesen Bierliefervertrag vor sich hat, allesamt gewöhnliche Zivilisten und keine Rechtspersönlichkeiten für dieses Geschäft. Abnehmer war allemal noch die T-Ges.m.b.H. und nicht mein Klient. Allerdings haben Sie den wirkl. Betreiber der Gesellschaft auf dem Papier, welcher heute wieder in Griechenland ein neues Restaurant betreibt und Sie haben lediglich den Strohmann in Ihren Händen.
Aber auch D hätte namens der Gesellschaft kein Vertretungsrecht, also auch nicht die Befugnis, diesen windigen Vertrag zu unterschreiben. ..."
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 6. Februar 1997 wurde der Mitbeteiligte für schuldig erkannt, er habe von zumindestens 7. Oktober 1996 bis 29. Oktober 1996 von einem näher bezeichneten Standort aus eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt, indem er für seine Mandantschaft entgeltlich die rechtliche Beurteilung eines strittigen Sachverhaltes vorgenommen habe und einen Anspruch eines Rechtsanwaltes aus der Bundesrepublik Deutschland abgewehrt habe. Hiedurch habe der Mitbeteiligte gegen § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 RAO verstoßen. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 57 Abs. 2 RAO eine Geldstrafe in Höhe von S 6.000,--, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag verhängt. Weiters wurde ausgesprochen, daß der Mitbeteiligte S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu entrichten habe.
Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Mitbeteiligte habe im Oktober 1996 in Schriftsätzen an einen deutschen Rechtsanwalt Ausführungen getätigt, die als den Anwälten vorbehaltene rechtliche Ausführungen bzw. Ausführungen in einem Rechtsstreit zu beurteilen seien. Die Unkenntnis des Mitbeteiligten von der angewendeten Rechtsvorschrift stehe einer Bestrafung nicht entgegen. Im Hinblick auf die Verwendung von gewerblichem Briefpapier sei von einer Entgeltlichkeit und Erwerbsmäßigkeit der Tätigkeit des Mitbeteiligten auszugehen.
Der Mitbeteiligte erhob Berufung. Er vertrat die Auffassung, bei der Verfassung der in Rede stehenden Schreiben handle es sich nicht um eine den Anwälten vorbehaltene Tätigkeit. Insbesondere sei der Mitbeteiligte nicht rechtsberatend oder rechtsvertretend tätig geworden. Der Beruf eines Berufsdetektivs bringe es im Zusammenhang mit Ermittlungs- und Erhebungstätigkeiten natürlich immer mit sich, daß rechtlich relevante Umstände vom Auftrag berührt bzw. umfaßt würden und auch im Hinblick auf rechtlich relevante Umstände interveniert werde. Die Tätigkeitsmerkmale des Berufsdetektivs seien sehr ähnlich jenen der Exekutive, nur mit dem Unterschied, daß ersterer nicht im Auftrag der öffentlichen Hand, sondern für einen Privaten tätig werde. Wäre eine schriftliche Intervention wie im gegenständlichen Fall nicht mehr "von der Gewerbeordnung" erlaubt, so könnten Berufsdetektive ihr Gewerbe überhaupt nicht ausüben.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 1997 wurde dieser Berufung gemäß § 66 AVG in Verbindung mit § 24 VStG Folge gegeben, der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Dabei ging die belangte Behörde von folgenden Sachverhaltsfeststellungen aus:
"Der Beschuldigte hat in seiner Eigenschaft als Privatdetektiv für seinen Auftraggeber einen Briefwechsel, der insgesamt zwei Briefe umfaßte, mit einem deutschen Rechtsanwalt geführt. Auch im zweiten Brief sprach der Beschuldigte lediglich davon, seinem Klienten den Gang zum Staatsanwalt zu empfehlen, respektive auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erwirken. Dem Anwalt wird weiters empfohlen, das Strafverfahren gegen eine bestimmte Person in Österreich abzuwarten und sich vielleicht doch den Verursacher dieser Pleite für einen Regreß zu holen."
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus wie folgt:
"Die Frage, wann eine dem Rechtsanwalt ähnliche Tätigkeit ausgeübt wird, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15.2.1983, 82/14/0170, 0176, näher behandelt. Er hat dabei auf das typisierte Bild des Rechtsanwaltes abgestellt und nur eine tatsächliche Tätigkeit, die den wesentlichen und typischen Teil der Tätigkeiten umfaßt, zu denen die Vorschriften über den Rechtsanwaltsberuf berechtigen, als eine einem Rechtsanwalt ähnliche Tätigkeit angesehen. Für die Rechtsanwaltstätigkeit aber sei wesentlich und typisch, daß sie die rechtliche Beratung und Vertretung von Klienten in dem weitesten Ausmaß und Umfang umfaßt, der denkbar ist.
Im vorliegenden Fall ergibt sich, daß dem Beschuldigten weder eine Rechtsberatung seines Klienten, noch etwa die Vertretung vor Behörden oder Gerichten angelastet werden kann. Die in seinen beiden Briefen enthaltene Korrespondenz vermag nicht das dem Beschuldigten angelastete Delikt zu erfüllen. Es steht jedermann frei, in entsprechenden Fällen Dritten gegenüber etwa eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft bzw. die Einbringung einer Schadenersatzklage anzudrohen. Der Beschuldigte hat hiezu ja keine konkreten rechtlichen Ausführungen getätigt und hat auch seinen Klienten nicht etwa vor Gericht oder vor anderen Behörden rechtlich vertreten.
Gerade eine solche Vertretung ist jedoch vom typisierten Bild des Rechtsanwaltes nicht wegzudenken.
Eine einem Rechtsanwalt ähnliche Tätigkeit des Beschuldigten ist damit hier nicht erkennbar.
Für den Beschuldigten spricht aber auch, daß gerade im vorliegenden Fall von seinem Klienten auch zusätzlich ein Rechtsanwalt eingeschaltet war, mit dem der Beschuldigte auch in Kontakt stand. So schilderte der Beschuldigte mit Brief vom 11.11.1996 dem Rechtsvertreter seines Klienten, RA Dr. J in S, die gesamte Angelegenheit und ersuchte ihn abschließend, das ergangene Versäumungsurteil seines Klienten 'fachgerecht' zu bekämpfen.
Hätte der Beschuldigte tatsächlich die Absicht gehabt, eine Rechtsvertretung seines Klienten (verbotenerweise) durchzuführen, hätte er wohl nicht dessen Anwalt in dieser Angelegenheit zum Einschreiten ersucht.
Die in der Strafsanktionsnorm des § 57 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung angeführte Tätigkeit entspricht der im Artikel 9 Abs. 1 Z. 1 EGVG dargelegten Winkelschreiberei, also der gewerbsmäßigen Vertretung von Parteien vor inländischen Verwaltungsbehörden in Angelegenheiten, in denen der Bevollmächtigte nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist.
Verpönt im Sinne der obgenannten Bestimmung und von deren Schutzzweck erfaßt ist demnach eine (gewerbsmäßig ausgeübte) Tätigkeit wie das Erteilen einschlägiger Auskünfte durch nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung Befugte nur dann, wenn diese Tätigkeit, also 'einschlägige Auskünfte', im selben Zeitraum einer von vornherein nicht begrenzten Zahl von Auftraggebern erteilt werden (VwGH 21.12.1988, 88/10/0088).
Der Beschuldigte hat aber zweifelsohne seine fälschlich als Winkelschreiberei gewertete Tätigkeit ohnehin ausschließlich seinem Klienten gegenüber erbracht und nicht etwa generell einer nicht begrenzten Anzahl von Auftraggebern.
Aus all den dargelegten Gründen kann daher das dem Beschuldigten angelastete Handeln nicht als strafbares Vergehen im Sinne des § 57 Abs. 2 iVm § 8 der Rechtsanwaltsordnung erkannt werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Salzburger Rechtsanwaltskammer gemäß § 58 RAO. Die beschwerdeführende Partei macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
JL beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Straftatbestand des § 57 RAO geht auf die Novelle BGBl. Nr. 556/1985 zurück.
§ 8, § 57 und § 58 RAO in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 556/1985 lauteten auszugsweise:
"§ 8. Das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts erstreckt sich auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfaßt die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten.
Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinn des Abs. 1 ist den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Berufsbefugnisse der Notare, Patentanwälte, Wirtschaftstreuhänder und Ziviltechniker werden hiedurch nicht berührt.
Jedenfalls unberührt bleiben auch Parteienvertretungen auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen, der Wirkungsbereich von gesetzlichen Interessenvertretungen und von freiwilligen kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer, die Auskunftserteilung oder Beistandsleistung durch Personen oder Vereinigungen, soweit sie nicht unmittelbar oder mittelbar dem Ziel wirtschaftlicher Vorteile dieser Personen oder Vereinigungen dienen, sowie Befugnisse, die in den Berechtigungsumfang von gebundenen oder konzessionierten Gewerben oder von Handwerken fallen.
...
§ 57. ...
Wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 60 000 S zu bestrafen. Diese Tat darf nicht auch nach anderen Bestimmungen über die Strafbarkeit der Winkelschreiberei geahndet werden.
...
§ 58. Im Verwaltungsstrafverfahren nach § 57 sowie in einem anderen Verfahren wegen Winkelschreiberei durch unbefugte Ausübung einer den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit hat die Rechtsanwaltskammer, in deren Sprengel die zur Verfolgung zuständige Behörde ihren Sitz hat, Parteistellung einschließlich der Rechtsmittelbefugnis und des Rechtes auf Erhebung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG."
Durch die Novelle zur RAO, BGBl. Nr. 474/1990, wurde dem § 8 erster Absatz ein weiterer Satz hinzugefügt, welcher bestimmt, daß die Berufung des Rechtsanwaltes vor Gerichten und Behörden auf die erteilte Vollmacht die Vorlage der Vollmachtsurkunde ersetzt. Durch Z. 20 dieser Novelle wurden Absatzbezeichnungen eingeführt.
§ 1 Abs. 2, 3 und 4 der Gewerbeordnung in der Fassung der Wiederverlautbarungskundmachung, BGBl. Nr. 194/1994 (GewO), lauten:
"§ 1. ...
(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.
(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.
(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten."
Diese Bestimmungen standen - mit Ausnahme des zweiten Halbsatzes des § 1 Abs. 2 - auch im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle zur RAO, BGBl. Nr. 556/1985, in Kraft.
Der Berechtigungsumfang einer Bewilligung für das Gewerbe des Berufsdetektives ist in § 249 Abs. 1 GewO geregelt. Dieser lautet:
"Berufsdetektive
§ 249. (1) Der Bewilligungspflicht unterliegen
- 1. die Erteilung von Auskünften über Privatverhältnisse,
- 2. die Vornahme von Erhebungen über strafbare Handlungen,
- 3. die Beschaffung von Beweismitteln für Zwecke eines gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens,
4. die Ausforschung von verschollenen oder sich verborgen haltenden Personen, der Verfasser, Schreiber oder Absender anonymer Briefe, der Urheber oder Verbreiter von Verleumdungen, Verdächtigungen oder Beleidigungen,
- 5. die Beobachtung und Kontrolle der Treue von Arbeitnehmern,
- 6. die Beobachtung von Kunden in Geschäftslokalen,
- 7. der Schutz von Personen."
Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG lautet:
"Art. IX. (1) Wer
1. in Angelegenheiten, in denen er nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist, gewerbsmäßig für den Gebrauch vor inländischen oder ausländischen Behörden (Gerichten oder Verwaltungsbehörden) schriftliche Anbringen oder Urkunden verfaßt, einschlägige Auskünfte erteilt, vor inländischen Behörden Parteien vertritt oder sich zu einer dieser Tätigkeiten in schriftlichen oder mündlichen Kundgebungen anbietet (Winkelschreiberei) oder ...
begeht, ..., eine Verwaltungsübertretung und ist ... mit
Geldstrafe bis zu 3000 S ..., zu bestrafen. ..."
§ 57 Abs. 2 RAO stellt die unbefugte und gewerbsmäßige Ausübung einer durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeit unter Strafe. Gemäß § 8 Abs. 2 RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne des Abs. 1 den Rechtsanwälten vorbehalten. Die in Rede stehende Strafbestimmung zielt also darauf ab, daß unbefugte Personen von der gewerbsmäßigen Erbringung auch nur einzelner aus dem Gesamtspektrum der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten abgehalten werden. Zur Verwirklichung des Tatbildes des § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 RAO ist es daher nicht erforderlich, daß der Täter gewerbsmäßig im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig wird, also alle den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten gewerbsmäßig ausübt. Nach dem Vorgesagten genügt vielmehr die gewerbsmäßige Ausübung einzelner oder auch nur einer einzigen derartigen Tätigkeit. Andernfalls wäre die Bestimmung des § 8 Abs. 2 zweiter Satz RAO, wonach durch den ersten Satz der zitierten Gesetzesbestimmung die Berufsbefugnisse von Notaren, Patentanwälten, Wirtschaftstreuhändern und Ziviltechnikern unberührt bleiben, obsolet, werden doch gerade diese Berufsgruppen nicht im Sinne einer umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung tätig. Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers sollten aber (auch) mit § 8 Abs. 2 zweiter Satz RAO die Ausnahmen vom Vorbehalt der Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung umschrieben werden (vgl. die Wortmeldung des Berichterstatters Abg. Gradischnik St Prot NR 16. GP 108. Sitzung, S. 9406). Für diese Interpretation spricht auch die Formulierung in § 57 Abs. 2
RAO "Wer unbefugt eine ... den Rechtsanwälten vorbehaltene
Tätigkeit ausübt", welche der Gesetzgeber wohl kaum verwendet hätte, wenn ausschließlich die unbefugte Ausübung der Rechtsanwaltschaft selbst, und zwar in umfassender Form, unter Strafsanktion hätte gestellt werden sollen.
Hier war daher nicht wie in dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten, dem hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1983, Zlen. 82/14/0170, 0176, zugrundeliegenden Fall zu beurteilen, ob der Mitbeteiligte eine dem Rechtsanwaltsberuf "ähnliche" Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt hat, sondern ausschließlich ob ihm dies in Ansehung einzelner oder auch nur einer der den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten vorzuwerfen ist.
Gemäß § 8 Abs. 1 RAO umfaßt das Vertretungsrecht eines Rechtsanwaltes die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Da diese Bestimmung - nur insoweit ist der belangten Behörde zu folgen - auf das typische Berufsbild des Rechtsanwaltes und die traditionellerweise von Rechtsanwälten ausgeübten Tätigkeiten abstellt, muß es sich bei der "Parteienvertretung" um eine solche in Rechtsangelegenheiten handeln (vgl. hiezu auch Gebauer in AnwBl. 1/1987, 39 f). Allerdings umfaßt der Begriff der "Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten" nicht bloß die Vertretung vor Behörden oder Gerichten, sondern u.a. auch die Vertretung eines Klienten in Rechtsangelegenheiten gegenüber Dritten im Zuge einer vor- oder nachprozessualen Korrespondenz.
Nach dem Vorgesagten überschneidet sich der Regelungsumfang des § 57 Abs. 2 RAO i.V.m. § 8 RAO zwar mit jenem des nur subsidiär anzuwendenden Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG, ist jedoch mit diesem nicht ident.
Bei den vom Mitbeteiligten unterfertigten Schreiben handelt es sich aber der Art nach um Korrespondenz in juristischen Angelegenheiten, wie sie typischerweise von Anwälten im Rahmen ihres beruflichen Leistungsspektrums (wenn auch auf höherem juristischen Niveau) erbracht wird, zumal darin auch mit rechtlichen Argumenten zu untermauern versucht wurde, daß die vom Gegner gegen den Klienten erhobene Forderung unberechtigt sei. In diesem Zusammenhang wurde die Nichterfüllung des Vertrages durch die Gegenpartei sowie die mangelnde Vertretungsmacht jener Person, die den Vertrag für die T-Ges.m.b.H. unterfertigt hatte, ins Treffen geführt. Weiters wurde die Rechtsposition vertreten, daß das Versäumungsurteil durch einen dem Klienten zu empfehlenden Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand wieder beseitigt werden könnte. Schließlich wurde im Schreiben vom 7. Oktober 1996 auch die Einbringung einer Schadenersatzklage und einer Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Salzburg angedroht. Diese rechtlichen Erörterungen fallen jedenfalls in ihrer Gesamtheit unter den Begriff der Parteienvertretung im Verständnis des § 8 Abs. 1 RAO.
Daran vermag auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Umstand nichts zu ändern, daß seitens des Klienten auch zusätzlich ein (mit anderen Tätigkeiten befaßter) Rechtsanwalt eingeschaltet war, welcher in der Folge vom Mitbeteiligten ersucht wurde, das ergangene Versäumungsurteil "fachgerecht" zu bekämpfen.
Das in § 8 RAO weiters umschriebene Merkmal der Berufsmäßigkeit der Parteienvertretung ist mit dem Begriff der "Gewerbsmäßigkeit" in § 57 Abs. 2 RAO ident (vgl. das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 29. September 1992, Zl. 4 Ob 69/92).
Der Begriff "gewerbsmäßig" in § 57 Abs. 2 RAO orientiert sich am Begriffsverständnis des Gewerberechts (vgl. hiezu das zu Art. IX Abs. 1 Z. 4 (nunmehr Z. 1) EGVG ergangene hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1981, Zl. 81/10/0113). Nach § 1 Abs. 2 GewO ist darunter eine Tätigkeit zu verstehen, die selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbst eine einmalige Handlung gilt gemäß § 1 Abs. 4 GewO als regelmäßig, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann.
Handlungen eines Gewerbetreibenden, die der Erreichung des mit seinem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dienen, erlangen, sofern sie ihrem Inhalt nach eine gewerbliche Tätigkeit darstellen, schon durch diese Zweckverbundenheit gewerbsmäßigen Charakter; daß sie nicht für sich einen abgesonderten Ertrag liefern, ändert daran nichts. Das trifft für jeden Aufwand und für jede Tätigkeit zu, die der Gewerbetreibende zur Erbringung seiner gewerbsmäßigen Tätigkeit entfaltet. Jede im Rahmen eines Gewerbebetriebes ausgeübte Tätigkeit trägt schon hiedurch allein den Charakter der Gewerbsmäßigkeit an sich (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 12. Mai 1986, Zl. 86/10/0069, und vom 24. April 1989, Zl. 89/10/0045).
Auf Basis der Bescheidfeststellungen erbrachte der Mitbeteiligte aber die in Rede stehenden Leistungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Privatdetektiv. Für das Bestehen eines solchen Zusammenhanges mit dem Detektivgewerbe spricht auch das Berufungsvorbringen, wonach Berufsdetektive im Falle eines verwaltungsstrafrechtlichen Verbotes derartiger Interventionen ihr Gewerbe überhaupt nicht mehr ausüben könnten.
Die belangte Behörde irrte daher, wenn sie die Auffassung vertrat, die Gewerbsmäßigkeit sei schon deshalb zu verneinen, weil der Mitbeteiligte die in Rede stehende Tätigkeit ausschließlich gegenüber "einem" Klienten und nicht etwa generell gegenüber einer nicht begrenzten Anzahl von Auftraggebern erbracht habe.
Das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte - ebenfalls zu Art. IX Abs. 1 Z. 4 (nunmehr Z. 1) EGVG ergangene - hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 88/10/0088, betraf eine andere Fallkonstellation. Die dort inkriminierten Vertretungshandlungen wurden vom Beschuldigten nämlich ausschließlich im Rahmen eines "Dienstvertrages" für einen einzelnen Auftraggeber, nicht jedoch - wie hier - als Nebenleistungen im Rahmen eines seine Dienste der Allgemeinheit anbietenden Gewerbebetriebes erbracht. Gerade der Zusammenhang der hier erbrachten Leistungen mit dem Detektivgewerbe läßt aber nach den Umständen des vorliegenden Falles eine Wiederholungsabsicht - und zwar auch im Sinne der Erbringung solcher Nebenleistungen gegenüber anderen Klienten - im Verständnis des § 1 Abs. 4 GewO indiziert erscheinen. Der Tätigkeit des Mitbeteiligten fehlte daher nicht - wie in dem dem Erkenntnis vom 21. Dezember 1988 zugrundegelegenen Fall - das Charakteristikum "einer von vornherein nicht begrenzten Zahl von Auftraggebern".
Da schließlich die Verfassung der gegenständlichen Schreiben von dem in § 294 GewO umschriebenen Berechtigungsumfang des Gewerbes der Berufsdetektive nicht umfaßt ist, steht auch § 8 Abs. 3 RAO der Tatbildmäßigkeit des Verhaltens des Mitbeteiligten nicht entgegen.
Schließlich kommt es für die Strafbarkeit des Verhaltens des Mitbeteiligten auf die Absicht, verbotenerweise eine Rechtsvertretung seines Klienten durchzuführen, nicht an (§ 5 Abs. 2 VStG), sodaß auch die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid dessen Spruch nicht zu tragen vermögen.
Indem die belangte Behörde die oben dargestellte Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, sodaß dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Im fortgesetzten Verfahren wird weiters folgendes zu beachten sein:
Auf Basis der Bescheidfeststellungen hat der Mitbeteiligte die in Rede stehenden Schreiben "in seiner Eigenschaft als Privatdetektiv", und nicht etwa namens eines im Eigentum eines anderen stehenden Unternehmens als dessen Mitarbeiter verfaßt. Auf Basis dieser Bescheidannahme wäre auch das für die Gewerbsmäßigkeit essentielle Tatbildelement der Selbständigkeit seiner Tätigkeit gegeben. Die Formulierung des Absenders der in Rede stehenden Schreiben mit "JL konz. Berufsdetektiv, Inh. BL" läßt aber jedenfalls auch die Deutung offen, daß das in Rede stehende Unternehmen nicht von JL, sondern von BL betrieben wurde. Diesfalls hätte JL nicht tatbildmäßig gehandelt und käme als unmittelbarer Täter einer Übertretung nach § 57 Abs. 2 in Verbindung mit § 8 RAO nicht in Betracht.
Eine Beteiligung des JL an einem tatbildmäßigen Verhalten des Unternehmensinhabers hätte zwar die Strafbarkeit des Mitbeteiligten gemäß § 7 VStG begründen können. Eine Bestrafung wegen Anstiftung oder Beitragstäterschaft wäre allerdings nicht von der "Sache", über die die Berufungsbehörde neuerlich zu entscheiden haben wird, umfaßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1983, Zlen. 83/06/0155, 0156).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Ersatz von Stempelgebühren war der beschwerdeführenden Partei nicht zuzusprechen, weil diese gemäß § 24 Abs. 3 VwGG i.V.m. § 2 Z. 3 GebG von der Gebührenpflicht befreit war.
Wien, am 4. Dezember 1998
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