VwGH 2010/03/0190

VwGH2010/03/019023.8.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Verizon Austria GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Norbert Wiesinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 3, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 18. Oktober 2010, Zl Z 2/10 - 50, betreffend Zusammenschaltung (mitbeteiligte Partei: A1 Telekom Austria AG in 1020 Wien, Lassallestraße 9; weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

TKG 2003 §48;
TKG 2003 §50;
VwGG §41 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2013:2010030190.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und die Mitbeteiligte sind Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes.

Ihr Rechtsverhältnis zueinander betreffend die Zusammenschaltung ihrer Kommunikationsnetze beruht im Wesentlichen auf einer Zusammenschaltungsvereinbarung vom 19. Mai 2003. Deren die Entgelte betreffender Anhang 6 wurde von der Mitbeteiligten zum 31. Dezember 2009 gekündigt. Nachfolgende Verhandlungen führten ebenso wenig wie ein Streitschlichtungsverfahren gemäß § 121 Abs 3 TKG 2003 zu einer Einigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid erließ die belangte Behörde über Antrag der Beschwerdeführerin gemäß §§ 48 Abs 1, 50 Abs 1, 117 Z 7, 121 Abs 3 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) in Ergänzung des Zusammenschaltungsvertrags vom 19. Mai 2003 eine die wechselseitigen Entgelte ab 1. Jänner 2010 betreffende Zusammenschaltungsanordnung.

Spruchpunkt A regelt - mit Wirksamkeit von 1. Jänner 2010 bis 28. Juli 2010 - die Verkehrsarten gemäß § 1 Z 4 und 5 Telekommunikationsmärkteverordnung 2008 (Vorleistungsmärkte Originierung und Terminierung in individuellen öffentlichen Telefonnetzen an festen Standorten) und legt dafür folgende Entgelte (pro Minute, excl USt) fest:

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

Mit Spruchpunkt B wurden - mit Wirksamkeit ab 29. Juli 2010 - für die gleichen Verkehrsarten folgende Entgelte festgelegt:

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

Mit Spruchpunkt C schließlich wurden - mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2010 - Entgelte für nicht unter § 1 Z 4 und 5 TKMV 2008 fallende sonstige Verkehrsarten wie folgt festgelegt:

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

In der Begründung des angefochtenen Bescheids legte die belangte Behörde dar, dass sie Amtssachverständige beauftragt habe, ein wirtschaftliches Gutachten betreffend jene Zusammenschaltungsleistungen zu erstellen, hinsichtlich derer die Mitbeteiligte nicht als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht festgestellt wurde. Ein Auszug aus dem Gutachten des Verfahrens Z 9/07, das in den Bescheid der belangten Behörde vom 6. August 2009 gemündet habe, sei zum Akt genommen worden. Darüber hinaus sei eine gutachterliche Stellungnahme bezüglich jener Zusammenschaltungsleistungen erstellt worden, hinsichtlich derer die Mitbeteiligte als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht festgestellt wurde. Zu diesen Gutachten hätte die Beschwerdeführerin Stellungnahmen erstattet und ein eigenes Privatgutachten vorgelegt.

Nach einer grundsätzlichen Darlegung hinsichtlich der in Rede stehenden Zusammenschaltungsleistungen (Terminierung, Originierung, Transit) traf die belangte Behörde Feststellungen zur beträchtlichen Marktmacht der Verfahrensparteien:

"a. Mit Bescheid M 7/06-58 der Telekom-Control-Kommission vom 05.02.2007 wurde festgestellt, dass (die damalige) Telekom Austria auf dem Markt für 'Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Vorleistungsmarkt)' (Originierungsmarkt) gemäß § 1 Z 7 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 über beträchtliche Marktmacht verfügt. (Die damalige) Telekom Austria hatte gemäß § 42 TKG 2003 für die Zusammenschaltungsleistung der Originierung ein Entgelt zu verrechnen, das sich an zukunftsorientierten langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers iSv 'FL-LRAIC' ('Forward Looking - Long Run Average Incremental Costs') orientiert. Der Markt gemäß § 1 Z 4 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2008, BGBl II Nr 505/2008, ist identisch abgegrenzt. Umstände, die eine abweichende Beurteilung der entscheidungswesentlichen Sachlage derzeit erforderlich machen würden, stehen nicht fest.

b. Mit Bescheid M 8a/06-41 der Telekom-Control-Kommission vom 05.02.2007 wurde festgestellt, dass (die damalige) Telekom Austria auf dem Markt für 'Terminierung in das feste öffentliche Telefonnetz der Telekom Austria AG (Vorleistungsmarkt)' gemäß § 1 Z 8 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 über beträchtliche Marktmacht verfügt. (Die damalige) Telekom Austria hatte gemäß § 42 TKG 2003 für die Zusammenschaltungsleistung der Terminierung ein Entgelt zu verrechnen, das sich an zukunftsorientierten langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers iSv 'FL-LRAIC' ('Forward Looking - Long Run Average Incremental Costs') orientiert. Der Markt gemäß § 1 Z 5 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2008, BGBl II Nr 505/2008, ist identisch abgegrenzt. Umstände, die eine abweichende Beurteilung der entscheidungswesentlichen Sachlage derzeit erforderlich machen würden, stehen nicht fest.

c. Mit Bescheid M 8h/06-32 der Telekom-Control-Kommission vom 05.02.2007 wurde festgestellt, dass Verizon auf dem Markt für 'Terminierung in das feste öffentliche Telefonnetz der Verizon (Vorleistungsmarkt)' gemäß § 1 Z 8 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 über beträchtliche Marktmacht verfügt. Verizon wurde die Verpflichtung gemäß § 42 Abs 1 TKG 2003 auferlegt, für die Zusammenschaltungsleistung der Terminierung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten nach der Methode des Vergleichsmarktkonzepts ('Benchmarking') ein Entgelt zu verrechnen, das sich als Ausgangswert am aktuellen Entgelt der Telekom Austria für die Verkehrsart der regionalen Terminierung (Verkehrsart V3) orientiert. Der Markt gemäß § 1 Z 5 der Telekommunikationsmärkteverordnung 2008, BGBl II Nr 505/2008, ist identisch abgegrenzt. Umstände, die eine abweichende Beurteilung der entscheidungswesentlichen Sachlage derzeit erforderlich machen würden, stehen nicht fest.

d. Mit Bescheid Z 9/07 der Telekom-Control-Kommission vom 6.8.2009 wurden die auch hier verfahrensgegenständlichen Zusammenschaltungsentgelte zwischen A1 Telekom und Hutchison 3G Austria GmbH angeordnet. Insbesondere die Geltung des Anhangs 6 (Entgelte, die von beträchtlicher Marktmacht abhängen) wurden mit 'der nächstfolgenden Entscheidung der Telekom-Control-Kommission in einem einschlägigen Verfahren nach § 37 TKG 2003' festgelegt. Basierend auf dem Bescheid Z 9/07 hat A1 Telekom Austria bereits mit mehreren Zusammenschaltungspartnern inhaltsgleiche Verträge abgeschlossen.

e. Mit Bescheid M 4/09-124 der Telekom-Control-Kommission vom 26.7.2010, zugestellt am 28.7.2010, wurde festgestellt, dass A1 Telekom auf dem Markt für 'Verbindungsaufbau im öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten (Vorleistungsmarkt)' iSd § 1 Z 4 TKMV 2008 über beträchtliche Marktmacht verfügt. A1 Telekom wurde gemäß § 42 TKG 2003 verpflichtet, für die Zusammenschaltungsleistung 'Originierung in ihrem öffentlichen Telefonnetz an festen Standorten' mit anderen Betreibern öffentlicher Kommunikationsnetze auf Nachfrage folgende maximale Entgelte zu verrechnen:

Beträge in Cent pro Minute, exkl. USt

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

f. Mit Bescheid M 5/09-149 der Telekom-Control-Kommission vom 26.7.2010, zugestellt am 28.7.2010, wurde festgestellt, dass A1 Telekom auf dem Vorleistungsmarkt 'Anrufzustellung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten' iSd § 1 Z 5 TKMV 2008 über beträchtliche Marktmacht verfügt. A1 Telekom wurde gemäß § 42 TKG 2003 verpflichtet, für die Zusammenschaltungsleistung 'Anrufzustellung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten' mit anderen Betreibern öffentlicher Kommunikationsnetze auf Nachfrage folgendes maximales Entgelt zu verrechnen:

Beträge in Cent pro Minute, exkl. USt

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

g. Mit den Bescheiden M 4/09-124 und M 5/09-149 der Telekom-Control-Kommission vom 26.7.2010 wurde der A1 Telekom unter anderem die Verpflichtung auferlegt, ein Konzept für einen Migrationsprozess, der sich auf den Umbau des Netzes der A1 Telekom in Richtung NGN (Next Generation Network) bezieht, bis spätestens Ende Mai 2011 zu erstellen.

h. Mit Bescheid M 5/09-167 der Telekom-Control-Kommission vom 26.7.2010, zugestellt am 28.7.2010, wurde festgestellt, dass Verizon auf dem Vorleistungsmarkt 'Anrufzustellung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten' iSd § 1 Z 5 TKMV 2008 über beträchtliche Marktmacht verfügt. Verizon wurde gemäß § 42 TKG 2003 verpflichtet, für die Zusammenschaltungsleistung 'Anrufzustellung in ihr öffentliches Telefonnetz an festen Standorten' mit anderen Betreibern öffentlicher Kommunikationsnetze auf Nachfrage folgendes maximales Entgelt zu verrechnen:

Beträge in Cent pro Minute, exkl. USt

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

i. Mit Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 19.3.2007,

M 16a/06, wurden die gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 geltenden Verpflichtungen der (damaligen) Telekom Austria wegen deren festgestellter marktbeherrschender Stellung nach § 33 TKG (1997), soweit sie sich auf den Markt 'Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)' gemäß § 1 Z 9 TKMVO 2003 bezogen hat, mit Wirksamkeit per Ablauf des 30.06.2007 gemäß § 37 Abs 3 TKG 2003 aufgehoben. Mit Inkrafttreten der TKMV 2008 der RTR-GmbH, BGBl II Nr 505/2008, am 31.12.2008 trat § 1 Z 9 TKMVO 2003 außer Kraft. Der Vorleistungsmarkt 'Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)' ist seitdem nicht mehr als für die sektorspezifische Regulierung relevanter Markt festgelegt (amtsbekannt). Der Bescheid vom 19.03.2007, M 16a/06, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17.04.2009, Zl. 2008/03/0146, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben (amtsbekannt). Mit Bescheid M 13/09-27 vom 06.08.2009 wurden die wegen des genannten Erkenntnisses gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 wieder geltenden Verpflichtungen der (damaligen) Telekom Austria, soweit sie sich auf die Leistungen beziehen, die dem Markt 'Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)' gemäß § 1 Z 9 TKMVO 2003 zugehörten, analog § 37 Abs 3 TKG 2003 mit Rechtskraft dieses Bescheides aufgehoben."

Zu den "Entgeltmaßstäben" der Mitbeteiligten für die verfahrensgegenständlichen Leistungen traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:

"6.1. Anhang 6

6.1.1. Allgemeines

Basierend auf den Planminuten für 2008 betrugen die Kosten der A1 Telekom für die erforderliche Datenbereitstellung pro Minute 0,17955 Cent (Gutachten aus Z 9/07, Punkt 6). Die ermittelten Werte werden in naher Zukunft nicht sinken. Dies deshalb, weil A1 Telekom zunehmend die Vorteile der Kostendegression (Economies of Scale) abhanden kommen.

6.1.2. Zu den Ergebnissen des Top Down-Modells

Aus dem Top-Down-Modell der A1 Telekom ergaben sich nach den aus technischer und kostenrechnerischer Sicht für eine Annäherung an Next-Generation-Network-Entwicklungen derzeit möglichen und zweckmäßigen Adaptierungen, nämlich der Senkung der Anzahl der Vollvermittlungsstellen auf 30, sowie der Zugrundelegung der prognostizierten Teilnehmerstände und Verkehrsmengen, als Kosten effizienter Leistungsbereitstellung für die lokale Ebene (Verkehrsarten V33 und V41 zusammengefasst) Cent 1,8236 und für die regionale Ebene (Verkehrsarten V3 und V11 zusammengefasst) Cent 1,9480.

6.1.3. Zu den Ergebnissen des Bottom Up-Modells

Aus dem Bottom-Up-Modell ergaben sich nach den aus technischer und kostenrechnerischer Sicht für eine Annäherung an Next-Generation-Network-Entwicklungen derzeit möglichen und zweckmäßigen Adaptierungen, nämlich der Senkung der Anzahl der Vollvermittlungsstellen auf 30, der Zugrundelegung der prognostizierten Teilnehmerstände und Verkehrsmengen, der Anpassung hinsichtlich der Netzstruktur (teilweises Unterbinden der Modellierung von Querverbindungen) sowie der Anwendung eines symmetrischen Verhältnisses von ein- und ausgehendem Verkehr als Kosten effizienter Leistungsbereitstellung für die lokale Ebene (Verkehrsarten V33 und V41 zusammengefasst) Cent 0,5606 und für die regionale Ebene (Verkehrsarten V3 und V11 zusammengefasst) Cent 0,6938.

6.1.4. Berücksichtigung beider Modelle ('Hybridmodell')

Die arithmetischen Mittel der ermittelten Kosten aus dem Top Down- und Bottom Up-Modell betragen:

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

* Entgelte gültig im Verhältnis mit bestimmten Betreibern

6.2.3. Alternative Preismaßstäbe

- Preise anderer Marktteilnehmer

Die am Markt von anderen Betreibern tatsächlich verrechneten Entgelte für die gegenständlich untersuchten Leistungen sind ein nahe liegender Vergleichsmaßstab, da es sich dabei um dieselben bzw. ähnliche Leistungen handelt und diese Entgelte ohne regulatorische Intervention vereinbart wurden. Es handelt sich also um Marktpreise.

Die in der abschließenden Tabelle dargestellten Entgelte niedrigster/durchschnitts/höchster Preis national (ANB) stammen aus einer Befragung der Betreiber Tele2, Colt, Verizon und 1012.

- Internationaler Preisvergleich

Im 15. Implementierungsbericht der Europäischen Kommission

(KOM(2010)253) werden regionale (=single tandem) und nationale

(=double tandem) Terminierungsentgelte zur peak-time der Incumbent-

Betreiber in EU-Ländern verglichen.

TABELLE 5: INTERNATIONALER VERGLEICH REGIONALER UND

NATIONALER TERMINIERUNGSENTGELTE PER 1.10.2009

TABELLE IM RIS NICHT DARSTELLBAR

 

*) In Finnland existieren 33 lokale SMP-Betreiber. Es erfolgt anscheinend keine Differenzierung zwischen lokaler, single tandem und double tandem Zusammenschaltung. Der Wert ist ein Durchschnittswert.

Aus der Differenz zwischen den lokalen und den single tandem bzw. double tandem Entgelten lässt sich - näherungsweise - auch ein Benchmark für Transit terminierend regional und Transit terminierend national (zur peak-time) errechnen. Diese Differenzen betragen im europäischen Durchschnitt (Stand: 1.10.2009):

 

* errechneter Näherungswert

** errechnet aus Bündelentgelt minus angeordneter Terminierungsentgelte in andere Festnetze (d.h. ohne Bündel zu Mobilnetzen, die z.T. wesentlich höhere Werte aufweisen würden)

- Fixkosten

Da es sich bei Telekommunikationsdiensten um eine fixkostenintensive Produktion bei gleichzeitig niedrigen Grenzkosten handelt, müssen Unternehmen Markups auf die Grenzkosten vornehmen, um ihre fixen Kosten decken zu können. Insofern wäre eine Orientierung am unteren Ende des Preisbandes, bei den Grenzkosten bzw. inkrementellen Kosten nicht gerechtfertigt. Würde ein Unternehmen auf allen Märkten einem solchen Maßstab unterliegen, könnte es seine Fixkosten (in Form vom Gemeinkosten und gemeinsamen Kosten) nicht decken."

Im Rahmen der Beweiswürdigung legte die belangte Behörde einleitend dar, dass dem gegenständlichen Verfahren betreffend Kosten und Entgelte nach Anhang 6 (Entgelte in Abhängigkeit von der marktbeherrschenden Stellung) das Gutachten aus dem Verfahren Z 9/07 zugrunde gelegt worden sei. Dessen Ergebnisse seien überprüft worden; trotz der auf ein Sachverständigengutachten gestützten Einwände der Beschwerdeführerin gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass die im genannten - schlüssigen und nachvollziehbaren - Gutachten ermittelten Werte in naher Zukunft sinken würden.

Im Weiteren legte die belangte Behörde im Einzelnen dar, warum die Einwände der Beschwerdeführerin gegen die genannten Gutachten ihrer Auffassung nach unberechtigt seien.

Betreffend das "Hybridmodell" führte sie dabei Folgendes aus:

"2.9. Hybridmodell

Zur allgemeinen Kritik am Hybridmodell ist auszuführen, dass die Telekom-Control-Kommission die Heranziehung eines Bottom-Up-Modells neben einem Top-Down-Modell ('Hybridmodell') grundsätzlich für geeignet erachtet, um Kosten effizienter Leistungsbereitstellung nach dem FL-LRAIC-Ansatz zu ermitteln. Diese Herangehensweise wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11.12.2002, Zl. 2000/03/0190-9, bereits für zulässig erklärt. Im Hinblick auf das Vorbringen von Prof. Gerpott aber auch von Verizon ist klarzustellen, dass der Abgleich zwischen den beiden Modellen nicht ausschließlich in Form einer Durchschnittswertbildung stattfindet. Diese Durchschnittsbildung bildet vielmehr erst den letzten Schritt in der Zusammenführung der Modellergebnisse. Bevor dieser Schritt durchgeführt wird, werden zuerst sowohl im Bottom-Up- als auch im Top-Down-Modell die betriebsnotwendigen Kapazitäten/Infrastrukturen (Elemente und Topologie) an die Bewältigung der Anforderungen zukünftiger (forward looking) Nachfragemengen angepasst. Weiters erfolgt eine kritische Analyse der betriebsnotwendigen Personalressourcen und Kosten aus indirekten Investitionen (OAM-Software-Lizenzen, Gebäude, Fuhrpark, EDV, etc.). Die Ergebnisse werden letztendlich nach einer Adaptierung des Top-Down-Modells mit dem Ergebnis der Bottom-Up-Rechnung mittels einer Durchschnittsbildung zusammengeführt. Diese Mittelwertbildung - nach vorgenommenen Effizienzanpassungen im Sinne effizienter Leistungsbereitstellung nach FL-LRAIC - ist aus Sicht statistischer Theorie eine zulässige Methode.

Dem Vorbringen von Verizon, die Anwendung des Hybridmodells in der von den Amtssachverständigen ermittelten Form sei rechtswidrig, ist nicht zu folgen. Auch der Verweis der Verizon auf eine Stellungnahme der Europäischen Kommission AT/2009/0909 kann dieses Vorbringen nicht unterstützen, zumal die Europäische Kommission in diesem Zusammenhang auf ihre 'Empfehlung über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zusammenschaltungsentgelte in der EU' vom 7.5.2009 verweist. Diese Empfehlung sieht für die inhaltliche Umsetzung ihrer Vorgaben die von der Europäischen Kommission genannte Übergangsfrist bis 2012 vor. Während dieser Frist sind die rechtlichen (zB Adaptierung der Verpflichtungen aus Marktanalyseverfahren) und tatsächlichen (zB entsprechende Bottom-Up-Modelle) Maßnahmen zu treffen, um die Vorgaben der Europäischen Kommission nach Ablauf der Übergangsfrist berücksichtigen zu können. Es kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist, in einem bilateralen Streitschlichtungsverfahren die geltenden Verpflichtungen entgegen ihrer bisherigen, auch in der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs manifestierten Bedeutung, zu Ungunsten des Verpflichteten uminterpretiert werden müssen bzw können.

Bei der Entscheidung nur auf Grund der Tatsache, dass der massive Minutenrückgang im Festnetz zu höheren Kosten führt, ausschließlich auf das Bottom-Up-Modell abzustellen, wäre nach Ansicht der Telekom-Control-Kommission willkürlich."

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte die belangte Behörde dar, dass bei der Entgeltsfestlegung danach differenziert worden sei, ob die Entgelte von beträchtlicher Marktmacht abhingen oder nicht, zumal dafür auch unterschiedliche Geltungszeiträume festzulegen gewesen seien.

Die Beschwerdeführerin habe die Ergänzung des wirtschaftlichen Gutachtens dahingehend beantragt, dass die Kosten der Originierung und der Terminierung bei der Mitbeteiligten auf Grundlage der Kosten eines effizienten Anbieters ohne Berücksichtigung jener Kosten festgelegt würden, die nicht unmittelbar bei der Bereitstellung der jeweiligen Zusammenschaltungsleistung anfallen. Diese Vorgaben entsprächen der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 7. Mai 2009 über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU (2009/396/EG ), die jedoch erst mit 31. Dezember 2012 vollständig umzusetzen sei. Ein dieser Empfehlung folgendes Kostenrechnungsmodell stehe derzeit noch nicht zur Verfügung. Da die Umsetzungsfrist noch nicht abgelaufen sei und eine vorzeitige Anwendung der Empfehlung nicht verpflichtend sei, sei dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Gutachtensergänzung nicht gefolgt worden. Darüber hinaus würden in den relevanten Marktanalyseentscheidungen verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Höhe der Zusammenschaltungsentgelte festgelegt.

Hinsichtlich der im Anhang 6 für den Zeitraum 1. Jänner 2010 bis 28. Juli 2010 (mit Spruchpunkt A) festgelegten Entgelte führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Sie erachte die Heranziehung eines Bottom-Up-Modells neben einem Top-Down-Modell ("Hybridmodell") für geeignet, um die Kosten effizienter Leistungsbereitstellung nach dem FL-LRAIC-Ansatz zu ermitteln. Diese Herangehensweise sei bereits mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Dezember 2002, Zl 2000/03/0190, "für rechtskräftig erklärt" worden, und werde seit Jahren von ihr so geübt; ein Abgehen wäre disruptiv.

Hinsichtlich der Leistungen der lokalen Terminierung und Originierung sowie der regionalen Originierung zu Diensterufnummern sei der Mitbeteiligten bis zur Rechtskraft der Bescheide M 4/09 und M 5/09 die Verpflichtung auferlegt worden, die Entgelte an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nach dem FL-LRAIC-Ansatz zu orientieren. Höhere Entgelte seien demnach jedenfalls ausgeschlossen. Die von der Mitbeteiligten im gegenständlichen Verfahren beantragten Entgelte seien niedriger als die von den Amtssachverständigen im Gutachten Z 9/07 ermittelten und dem gegenständlichen Verfahren zugrunde gelegten FL-LRAIC-Entgelte. Diese Antrags- und Sachlage sei zu berücksichtigen, um einen erforderlichen Ausgleich der beteiligten Interessen zu finden; die Anordnung der ermittelten (höheren) FL-LRAIC-Entgelte sei nicht erforderlich, zumal mit dem Antrag der Mitbeteiligten auch der ihr im Verfahren M 8a/06 auferlegten regulatorischen Verpflichtung nicht widersprochen werde.

Die Beschwerdeführerin habe - zusammengefasst - eine deutlichere Absenkung der verfahrensgegenständlichen Kosten beantragt, habe aber nicht ausreichend begründen können, warum die Zusammenschaltungsentgelte gesenkt werden müssten.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. Februar 2007, Zl M 8a/06, sei die Mitbeteiligte dazu verpflichtet worden, Entgelte zu verrechnen, die sich an den zukunftsorientierten langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers iSd FL-LRAIC orientieren. Vor diesem Hintergrund bestehe kein Platz, die Entgelte - wie von der Beschwerdeführerin beantragt - im Rahmen eines Vergleichsmarktkonzepts anzuordnen.

Hinsichtlich der im Anhang 6 für den Zeitraum ab 29. Juli 2010 - mit Spruchpunkt B - angeordneten Entgelte führte die belangte Behörde aus, dass diesbezüglich jene Entgelte zur Anwendung kämen, die in den Bescheiden M 4/09 und M 5/09, jeweils vom 26. Juli 2010, angeordnet worden seien. Im Zuge dieser Verfahren seien die jeweiligen Terminierungs- und Originierungsmärkte überprüft und der Mitbeteiligten Entgeltverpflichtungen auferlegt worden. Diese Verpflichtung gelte jedenfalls bis zur Durchführung einer neuen Marktanalyse. Auf Grund dieser in den genannten Marktanalyseverfahren angeordneten Verpflichtung seien auch für das gegenständliche bilaterale Verfahren jene Entgelte angeordnet worden, die sich aus den Marktanalysebescheiden ergäben. Deshalb sei dem Antrag der Beschwerdeführerin, im gegenständlichen Verfahren das Entgelt V 33 entsprechend den Vorgaben der genannten Empfehlung der Europäischen Kommission festzulegen, die erst mit 31. Dezember 2012 vollständig umzusetzen sei, nicht gefolgt worden.

Hinsichtlich der im Anhang 7 - mit Spruchpunkt C - angeordneten Entgelte führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Diesbezüglich seien Entgelte für eine im Rahmen der Zusammenschaltung erforderliche Leistung eines Unternehmens ohne beträchtliche Marktmacht betroffen, weshalb es an einer Festlegung für deren konkrete Ausgestaltung fehle. Die Wettbewerbsverhältnisse am Transitmarkt seien im Jahr 2006 nach den Maßstäben des TKG 2003 überprüft worden, wobei festgestellt worden sei, dass auf diesem Markt effektiver Wettbewerb herrsche. Die Mitbeteiligte habe die Entgelte für reine Transitleistungen nach Aufhebung der Regulierung am Transitmarkt unverändert belassen. Bei der Beurteilung der Frage, welche Preise für Transitleistungen sowie regionale und nationale Terminierungs- und regionale (zu Verbindungsnetzbetreibern) und nationale Originierungsleistungen angemessen seien, gelte es zu berücksichtigen, dass die Leistungen im Wettbewerb erbracht würden. Aus ökonomischer Sicht seien Preise, die im Wettbewerb gesetzt werden, gesamtwirtschaftlich effizient (falls - wie vorliegend - keine anderen Verzerrungen existierten) und somit angemessen.

Angemessen iSd § 1152 ABGB sei jenes Entgelt, das sich unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Bedachtnahme auf das, was unter ähnlichen Umständen geschehe oder geschehen sei, ergebe. Im allgemeinen Wettbewerbsrecht werde für marktbeherrschende Unternehmen eine genauere Determinierung des angemessenen Preises darin gesehen, dass der angemessene Preis jener sei, der sich unter Wettbewerbsbedingungen herausgebildet hätte. Im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens seien neben den betreiberindividuellen Kosten der Terminierung und Originierung (Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs zu 2000/03/0285, 2001/03/0170, 2002/03/0164 und 2002/03/0188) auch weitere eine Rolle für die Festlegung angemessener Entgelte spielende Parameter ermittelt worden: Insbesondere seien die am Markt von den Betreibern Tele2, Colt und der Beschwerdeführerin verrechneten Entgelte als Vergleichsmaßstab herangezogen worden, weiters sei ein Preisvergleich mit anderen nationalen Märkten sowie ein internationaler Preisvergleich durchgeführt worden. Auch seien alternative Kostenmaßstäbe untersucht worden. Weitere mögliche für eine Festlegung der gegenständlichen Entgelte bedeutsame Parameter hätten sich nicht ergeben.

Aus den festgestellten verschiedenen möglichen Benchmarks habe sich ein sehr breites Band für mögliche angemessene Preise ergeben. Angesichts der fixkostenintensiven Produktion sei der Empfehlung der Gutachter gefolgt worden, von einer Orientierung am unteren Ende des Preisbandes (inkrementelle Kosten/Grenzkosten) jedenfalls Abstand zu nehmen. Die von der Mitbeteiligten auch im gegenständlichen Verfahren beantragten Entgelte lägen unter den diesen zugrunde liegenden Vollkosten und entsprächen jenen aus dem Verfahren Z 9/07. Vor dem dargestellten Hintergrund seien der Mitbeteiligten jene Entgelte zugestanden worden, die sie beantragt habe, zumal diese unter den ermittelten Vollkosten der jeweiligen Leistungen lägen.

Hinsichtlich der Geltungsdauer der Entgeltsfestlegung führte die belangte Behörde Folgendes aus:

Die von beträchtlicher Marktmacht einer Partei abhängigen Entgelte nach Anhang 6 sei befristet angeordnet worden, wobei sich die Geltungsdauer nach der nächstfolgenden Entscheidung der belangten Behörde in einem einschlägigen Verfahren nach § 37 TKG 2003 bestimme. Die Befristung begründe sich darin, dass spätestens mit der Umsetzung der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 7. Mai 2009 ein neues Kostenrechnungsmodell vorliegen müsse, das den Vorgaben dieser Empfehlung Rechnung trage. Es werde daher ein neues Marktanalyseverfahren durchgeführt werden, in dem unter anderem die Entgelte neu errechnet würden und seien nach Vorliegen dessen Ergebnisse die Entgelte in Anhang 6 anzupassen.

Hingegen seien die Entgelte gemäß Anhang 7, die nicht von beträchtlicher Marktmacht einer Partei abhingen, ohne Befristung anzuordnen gewesen und unterlägen den Kündigungsregelungen des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde (die Mitbeteiligte nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand) in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde - wie dargestellt - für den Zeitraum ab 1. Jänner 2010 wechselseitige Zusammenschaltungsentgelte im Zusammenschaltungsverhältnis der Streitteile festgesetzt. Sie hat dabei danach differenziert, ob sich die Entgelte auf Leistung eines Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht auf dem betreffenden Markt beziehen (Anhang 6, Spruchpunkte A und B), oder ob Leistungen eines Unternehmens ohne beträchtliche Marktmacht auf dem betreffenden Markt betroffen sind (Anhang 7, Spruchpunkt C).

Für den Zeitraum 1. Jänner 2010 bis 28. Juli 2010 (also ab Wirksamkeit der Aufkündigung des die Entgelte betreffenden Teils des Zusammenschaltungsvertrags bis zur Rechtskraft der in den Marktanalyseverfahren nach § 37 TKG 2003 ergangenen Bescheide vom 28. Juli 2010, Zlen M4/09-124 und M5/09-149) wurden von der belangten Behörde die seitens der Mitbeteiligten beantragten Entgelte angeordnet. Diese seien niedriger als die von den Amtssachverständigen ermittelten und dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde gelegte Entgelte nach dem Maßstab FL-LRAIC. Mit der Anordnung in dieser Höhe werde auch der regulatorischen Verpflichtung der Mitbeteiligten, die Entgelte an den Kosten effizienter Leistungsbereitstellung nach dem Maßstab FL-LRAIC zu orientieren, entsprochen.

Hinsichtlich des Zeitraums ab 29. Juli 2010 gelangten jene Entgelte zur Anwendung, die in den Bescheiden M4/09 und M5/09 angeordnet worden seien. Im Zuge dieser Verfahren nach § 37 TKG 2003 seien die jeweiligen Terminierungsmärkte sowie der Originierungsmarkt der Mitbeteiligten überprüft und Entgeltverpflichtungen auferlegt worden.

Mit Spruchpunkt C (Anhang 7) wurden Entgelte für im Rahmen der Zusammenschaltung zu erbringende Leistungen eines Unternehmens ohne beträchtliche Marktmacht nach dem Maßstab der Angemessenheit angeordnet.

2. Die Beschwerde, die sich gegen alle drei Spruchpunkte richtet, ist insgesamt begründet.

Dazu ist einleitend festzustellen, dass die von der belangten Behörde in der Gegenschrift vertretene Auffassung, dem Beschwerdevorbringen, das hinsichtlich der unterschiedlichen Entgeltarten nach Anhang 6 und Anhang 7 differenziere, während eine so deutliche Trennung im Verwaltungsverfahren noch nicht vorgenommen worden sei, stehe das Neuerungsverbot entgegen, nicht zutrifft:

Rechtsausführungen, die sich auf den festgestellten Sachverhalt beziehen, sind vom Neuerungsverbot nicht erfasst; ihm unterliegen Rechtsausführungen nur dann, wenn zu deren Beurteilung zusätzliche Sachverhaltsfeststellungen erforderlich wären, die aber wegen Untätigkeit der Partei im Verwaltungsverfahren unterblieben sind (vgl die bei Mayer, B-VG4, Anm II.1. zu § 41 VwGG zitierte hg Judikatur).

Dass derartige - der Beschwerdeführerin obliegende - Sachbehauptungen im Verwaltungsverfahren unterblieben sind, wird von der belangten Behörde gar nicht konkret vorgebracht.

Im Übrigen wird bereits im verfahrenseinleitenden Sachantrag der Beschwerdeführerin vom 11. März 2010 hinsichtlich der vorzunehmenden Entgeltfestlegung danach differenziert, ob diese nach FL-LRAIC (auf Basis der Bescheide M 7/06 und M 8a/06), nach pure-LRIC (M 4/09 und M 5/09) oder angemessen festzulegen sind. Eine derartige Differenzierung wird auch in den nachfolgenden Stellungnahmen der Beschwerdeführerin aufrechterhalten (Stellungnahmen zum wirtschaftlichen Gutachten vom 7. Juli 2010 und vom 31. August 2010).

3. Spruchpunkt A:

3.1. Mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden der belangten Behörde vom 5. Februar 2007, Zlen M7/06-58 bzw M8a/06-41 (dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerden wurden in der Folge zurückgezogen), ist festgestellt worden, dass die Mitbeteiligte (bzw ihre Rechtsvorgängerin) auf dem Originierungsmarkt nach § 1 Z 7 TKMV 2003 sowie dem Terminierungsmarkt nach § 1 Z 8 TKMV 2003 über beträchtliche Marktmacht verfügt; ihr wurde jeweils die Verpflichtung auferlegt, für die betreffende Zusammenschaltungsleistung ein Entgelt zu verrechnen, das sich an zukunftsorientierten, langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten eines effizienten Betreibers iSd FL-LRAIC orientiert.

Die somit gebotene Orientierung an den Kosten effizienter Leistungsbereitstellung hat die belangte Behörde durch Ermittlung dieser Kosten auf Basis eines "Hybridmodells" versucht, das dem arithmetischen Mittel der Ergebnisse des (seitens der Amtssachverständigen adaptierten) Top Down-Modells der Mitbeteiligten und des Bottom Up-Modells entspricht (unter Zugrundelegung von Kosten von 1,8236 Cent pro Minute nach Top Down und 0,5606 Cent pro Minute nach Bottom Up ergeben sich Kosten nach dem Hybridmodell von 1,1921 Cent pro Minute (lokal); unter Zugrundelegung von Kosten von 1,9480 Cent pro Minute nach top-down und 0,6938 Cent pro Minute nach Bottom Up ergeben sich Kosten nach dem Hybridmodel von 1,3209 Cent pro Minute für Single Tandem.

Diese Kosten seien höher als die seitens der Mitbeteiligten zuletzt verrechneten und die von ihr im gegenständlichen Verfahren beantragten Entgelte. Die Anordnung der zuletzt verrechneten bzw beantragten Entgelte entspreche daher dem geforderten Maßstab.

3.2. Die Beschwerde wendet dagegen unter anderem Folgendes ein:

Beim Top Down-Modell der Mitbeteiligten handle es sich um ein Plan-Vollkostenmodell, das keinen FL-LRAIC Ansatz verfolge. Schon deshalb könnten durch Mittelung der Ergebnisse des Top Down-Modells mit den Ergebnissen eines Bottom Up-Modells nicht die Kosten eines effizienten Betreibers nach FL-LRAIC ermittelt werden.

Zudem lägen die Ergebnisse des Top Down- und des Bottom up-Modells derart weit auseinander, dass ihr arithmetisches Mittel ("Hybridmodell") nach den Grundsätzen mathematischer Fehlerschätzung nicht geeignet sei, ein richtiges Ergebnis zu ermitteln.

Überdies würde im Top Down-Modell der Mitbeteiligten das Effektivitätserfordernis nicht im angeordneten Ausmaß berücksichtigt, weil nicht die Kosten eines effizienten Betreibers, sondern die der Mitbeteiligten selbst zu Grunde gelegt würden. Die Amtssachverständigen hätten zwar insofern Anpassungen an ein effizienteres Netz durchgeführt, als sie die Netztopologie (durch Senkung der Anzahl der Vollvermittlungsstellen auf 30) adaptiert hätten, im Übrigen seien aber offenbar sämtliche Angaben der Mitbeteiligten übernommen worden und es seien keine dem reduzierten Verkehrsvolumen entsprechende Reduktionen bei der Übertragungstechnik, der Linientechnik, dem technischen Personal, dem reduzierten Platzbedarf in den Technik- und Büroräumen und den Betriebskosten erfolgt.

Nicht einmal die Amtssachverständigen selbst führten aus, mit dem Hybridmodell würden die FL-LRAIC eines effizienten Betreibers ermittelt. Besonders deutlich zeigten sich die Mängel der Top Down-Kostenermittlung, vergleiche man die Ergebnisse dieses Modells mit den Ergebnissen der Vollkostenrechnung in der Kostenermittlung betreffend die Angemessenheit, würden doch die Stückkosten der Mitbeteiligten für die regionale Originierung und Terminierung mit 1,95 Cent pro Minute im Rahmen der "Kostenermittlung FL-LRAIC" festgestellt, im Rahmen der "Kostenermittlung Angemessenheit" die historischen Vollkosten der Mitbeteiligten für dieselbe Leistung und den selben Zeitraum hingegen mit 1,76 Cent. Würden bei der Top Down-Rechnung tatsächlich effizienzbereinigte Planvollkosten zu Wiederbeschaffungswerten angesetzt, müssten diese niedriger liegen als die Berechnung der historischen Vollkosten. Tatsächlich aber lägen die angeblichen historischen Vollkosten um 0,19 Cent niedriger als die angeblich effizienzbereinigten Kosten. Diese Widersprüche deuteten auf massive methodische Fehler hin und belegten, dass die angeblichen Effizienzbereinigungen tatsächlich nicht stattgefunden hätten.

3.3. Schon mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, der "Abgleich" zwischen dem Top down- und dem Bottom up-Modell sei nicht bloß mittels Durchschnittsbildung erfolgt, diese habe vielmehr erst den letzten Schritt in der Zusammenführung der Modellergebnisse gebildet. Es seien in beiden Modellen "die betriebsnotwendigen Kapazitäten/Infrastrukturen (Elemente und Topologie) an die Bewältigung der Anforderungen zukünftiger (forward looking) Nachfragemengen angepasst" worden. Zudem sei "eine kritische Analyse der betriebsnotwendigen Personalressourcen und Kosten aus indirekten Investitionen (OAM-Software-Lizenzen, Gebäude, Fuhrpark, EDV etc." erfolgt und erst dann die Ergebnisse "zusammengeführt" worden.

Auf Basis des Gutachtens der Amtssachverständigen "Berechnung der FL-LRAIC Kosten für Originierung und Terminierung im Netz der Telekom Austria im Verfahren Z9/07" kann diese Einschätzung nicht nachvollzogen werden:

Die Sachverständigen legen einleitend ("1.1.2 Erhebungen zum Top-Down Kostenrechnungsmodell") dar, dass die Mitbeteiligte am 5. März 2008 aufgefordert worden sei, einen Kostennachweis, basierend auf einem FL-LRAIC Ansatz, bewertet zu Wiederbeschaffungskosten, zu erbringen. Die daraufhin "präsentierten Ansätze und Werte" seien nicht plausibel erschienen bzw es hätten Unterlagen gefehlt. Die Mitbeteiligte sei deshalb aufgefordert worden, weitere Daten zu liefern. Detaildaten zum ersten Modelldurchlauf seien am 17. Juni 2008 übermittelt worden, am 1. Juli 2008 eine Kalkulation hinsichtlich der Reduktion von Vermittlungsstellen; weitere Gutachterfragen seien am 3. September 2008 beantwortet worden.

Damit bleibt, wie die Beschwerde mit Recht rügt, schon offen, ob tatsächlich Änderungen (bzw welche Änderungen) hinsichtlich der zunächst als unplausibel gerügten Ansätze vorgenommen worden seien.

Bei der Darstellung des Top-Down Ansatzes führen die Amtssachverständigen (Punkt 2.3.4.3. des Gutachtens) zunächst aus, es würden bei diesem Modell, ausgehend von den bestehenden Informationen aus der Kostenrechnung und der Buchhaltung, "alle für die Zusammenschaltung nicht relevanten Kosten eliminiert (für Interconnection nicht direkt zurechenbare Kosten, Altlasten, Überkapazitäten, Ineffizienzen)." Da der Ansatz auf historischen bzw prognostizierten Kosten beruhe und alle Kosten aktivitätsorientiert ermittelt würden, biete er "bei entsprechender Transparenz und Nachvollziehbarkeit einen guten Benchmark für die Höhe von FL-LRAIC". Würden jedoch "vorhandene Ineffizienzen nicht aus dem Modell eliminiert, so ergeben sich durch diese Berechnung zu hohe Werte für FL-LRAIC." Es gehe "möglicherweise ein Teil des Anlagevermögens über die Erfordernisse hinaus" oder sei "die Netzarchitektur nicht optimal". Die Verwendung eines wirtschaftlich-technischen "Bottum Up Modells" solle dazu beitragen, Informationen über derartige Ineffizienzen zu liefern.

Nach Beschreibung des Top-Down Modells der Mitbeteiligten wird abschließend ausgeführt, es könne "festgestellt werden, dass im Ansatz der TA nicht alle Annahmen im Sinne einer Berechnung der FL-LRAIC entsprechend berücksichtigt wurden. Die angewandte Methode entspricht einer Plan-Vollkostenrechnung unter Zugrundelegung von Wiederbeschaffungskosten, die möglichst verursachungsgerecht die Kosten zurechnet" (Punkt 2.3.4.4 des Gutachtens).

Bei Beschreibung des Top Down Modells werden zunächst die aus dem Kostenrechnungssystem der Mitbeteiligten stammenden Kalkulationsergebnisse dargestellt (Punkt 3.1.), worauf im folgenden Absatz (Punkt 3.2.) die "Anpassungen der Gutachter (SMP-Leistungen) dargestellt werden. Hier heißt es:

"Die Berechnungen der TA wie sie den Gutachtern übermittelt wurden … berücksichtigen bereits einen Netzrückbau von 74 auf 49 Vollvermittlungsstellen. Passt man das Modell der TA noch weiter an eine ‚NGN-ähnliche' Netzstruktur wie im Bottom-Up Modell an und ersetzt die 19 Ortsvermittlungsstellen durch unselbstständige Vermittlungsstellen (UVSt), führt dies zu einer Reduktion der Minutenkosten um 15,61 %. Dadurch sinken die Gesamtkosten für Vermittlungsstellen um 20,45 %. Die Kosten der Vermittlungsstellen nach dieser Korrektur weisen einen Anteil von 71,96 % an den Gesamtkosten für Verbindungsleistungen auf (weitere Kosten für IC-Produkte fallen für die Verbindungen der Vermittlungsstellen sowie in geringem Umfang für wholesalespezifische Leistungen an).

Wie im Bottom-Up Modell bleiben 30 Vollvermittlungsstellen auf der untersten (lokalen) Netzhierarchie bestehen. Diese Anzahl an Vermittlungsstellen ist in dieser Größenordnung nach Ansicht der Gutachter auch notwendig, um lokale Zusammenschaltung überhaupt anbieten zu können."

In der Folge wird der Einfluss der Reduktion der Vollvermittlungsstellen auf die Kosten für einzelne Verkehrsarten dargestellt. Zur Vornahme oder zum Erfordernis weiterer Effizienzanpassungen im Top Down Modell finden sich keine Ausführungen.

Damit bleibt aber offen, inwieweit eine nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid zur Gewährleistung einer Übereinstimmung mit FL-LRAIC erforderliche, vorhandene Ineffizienzen eliminierende "kritische Analyse der betriebsnotwendigen Personalressourcen und Kosten aus indirekten Investitionen (OAM-Software-Lizenzen, Gebäude, Fuhrpark, EDV, etc)" tatsächlich vorgenommen wurde - die diesbezüglichen Ausführungen der Amtssachverständigen beschränken sich, wie dargestellt, auf Anpassungen der Netztopologie.

Die belangte Behörde hat daher nicht schlüssig begründet, dass das angewendete Top Down Modell dem geforderten Maßstab genüge. Diesem Verfahrensmangel kommt auch Relevanz zu, weil sich die belangte Behörde bei ihrer Argumentation, die im Anhang 6 mit Spruchpunkt A festgelegten Entgelte entsprächen der Verpflichtung einer Orientierung an FL-LRAIC, primär darauf gestützt hat, die von der Mitbeteiligten geforderten und im angefochten Bescheid festgelegten Entgelte seien ohnehin niedriger als die von den Amtssachverständigen nach dem Maßstab FL-LRAIC ermittelten. Werden bei der Top Down Berechnung aber vorhandene Ineffizienzen nicht eliminiert, schlägt dies auch bei einem "Hybridmodell", das das arithmetische Mittel zwischen dem Top Down- und dem Bottom Up-Modell (ohne weitere Gewichtung) darstellt, auf das Ergebnis durch, verfälscht dieses also, noch dazu dann, wenn - wie hier - eine derartige Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der beiden Modelle besteht.

3.4. Die belangte Behörde hat also, was die Entgeltsfestlegung mit Spruchpunkt A anlangt, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

4. Spruchpunkt B

Die diesbezügliche Entgeltfestlegung baut insofern auf die Bescheide der belangten Behörde vom 26. Juli 2010, Zlen M 4/09-124 und M 5/09-149, auf, als die Festlegung der in diesem Spruchpunkt angeordneten Zusammenschaltungsentgelte unter Berücksichtigung der in den genannten Bescheiden angeordneten spezifischen Verpflichtungen und in jener Höhe erfolgte, wie sie in diesen Bescheiden angeordnete wurde.

Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheids wurde damit auf Basis der Bescheide der belangten Behörde vom 26. Juli 2010 erlassen und steht mit diesen in einem unlösbaren Zusammenhang. Die genannten Bescheide wurden mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. März 2013, 2010/03/0125, 2010/03/0126, wegen Rechtwidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Die Aufhebung dieser Bescheide bewirkt, dass die dem Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides zu Grunde liegende Basis für die Festlegung der Zusammenschaltungsentgelte des Anhanges 6 (Entgelte, die von beträchtlicher Marktmacht einer Partei abhängig sind) weggefallen ist, sodass Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides die Rechtsgrundlage entzogen wurde. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund hinsichtlich seines Spruchpunktes B als inhaltlich rechtswidrig (vgl VwGH vom 24. April 2013, 2010/03/0155).

5. Spruchpunkt C

Die Entgeltfestlegung zu Spruchpunkt C ist, weil es sich bei den Zusammenschaltungsentgelten um wesentliche, das Äquivalenzgefüge bestimmende Bestandteile der Zusammenschaltungsanordnung handelt, untrennbar mit den Spruchpunkten A und B verbunden, weshalb auch Spruchpunkt C des angefochtenen Bescheids keinen Bestand zu haben vermag (vgl das eben zitierte Erkenntnis mwN).

6. Der angefochtene Bescheid war daher bereits aus diesen Erwägungen - zur Gänze - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 23. August 2013

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