VwGH 2008/03/0146

VwGH2008/03/014617.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Hutchison 3G Austria GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 19. März 2007, Zl. M 16a/06-25, betreffend Aufhebung spezifischer Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 3 TKG 2003 (mitbeteiligte Partei: Telekom Austria TA AG in 1020 Wien, Lassallestraße 9; weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art16;
AVG §8;
EURallg;
TKG 2003 §128 Abs1;
TKG 2003 §129 Abs1 Z2;
TKG 2003 §133 Abs7;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKMV 2003 §1 Z9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art16;
AVG §8;
EURallg;
TKG 2003 §128 Abs1;
TKG 2003 §129 Abs1 Z2;
TKG 2003 §133 Abs7;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKMV 2003 §1 Z9;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 geltenden Verpflichtungen der mitbeteiligten Partei wegen deren festgestellter marktbeherrschender Stellung nach § 33 TKG (1997), soweit sie sich auf den Markt "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)" gemäß § 1 Z 9 Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 beziehen, gemäß § 37 Abs 3 TKG 2003 aufgehoben (Spruchpunkt 1) und ausgesprochen, dass die Aufhebung der Verpflichtungen mit Ablauf des 30. Juni 2007 wirksam werde (Spruchpunkt 2).

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass in einem Verfahren gemäß § 37 TKG 2003 mit Beschluss vom 5. Februar 2007 "- vorbehaltlich der Verfahren nach §§ 128f TKG 2003 -" festgestellt worden sei, dass auf dem Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt) effektiver Wettbewerb herrsche. Dieser Beschluss sei veröffentlicht und als Entwurf einer Vollziehungsmaßnahme gemäß § 128 Abs 1 TKG 2003 konsultiert und gemäß § 129 Abs 1 Z 2 TKG 2003 koordiniert worden.

Stelle die Regulierungsbehörde auf Grund eines Marktanalyseverfahrens nach § 37 TKG 2003 fest, dass auf dem relevanten Markt effektiver Wettbewerb bestehe und somit kein Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfüge, dürfe sie - mit Ausnahme von § 47 Abs 2 TKG 2003 - keine Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 2 TKG 2003 auferlegen. Diesfalls werde das Verfahren hinsichtlich dieses Marktes durch Beschluss der Regulierungsbehörde eingestellt und dieser Beschuss veröffentlicht. Dies sei hinsichtlich des gegenständlichen Marktes mit Beschluss der belangten Behörde vom 5. Februar 2007 im Verfahren M 16/06 "- auf Grund von §§ 128, 129 TKG 2003 bloß vorläufig -" erfolgt. Soweit für Unternehmen noch spezifische Verpflichtungen auf diesem Markt bestünden, seien diese nach § 37 Abs 3 TKG 2003 mit Bescheid aufzuheben. Da auf dem gegenständlichen Markt effektiver Wettbewerb bestehe, habe die belangte Behörde die die mitbeteiligte Partei wegen ihrer marktbeherrschenden Stellung nach dem TKG 1997 treffenden und nach § 133 Abs 7 TKG 2003 fortwirkenden Verpflichtungen insoweit aufzuheben, als sie den Markt für Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt) beträfen.

Vom 6. Februar 2007 bis zum 28. Februar 2007 sei ein Konsultationsverfahren nach § 128 TKG 2003 und vom 6. Februar 2007 bis zum 6. März 2007 sei ein Koordinationsverfahren nach § 129 TKG 2003 über den Maßnahmenentwurf (für den angefochtenen Bescheid) durchgeführt worden. Mit E-Mail vom 13. Februar 2007 habe die Bundeswettbewerbsbehörde Stellung genommen und auf mögliche Auswirkungen des beantragten Zusammenschlusses zwischen der mitbeteiligten Partei und eTel Austria AG hingewiesen. Mit Stellungnahme vom 6. März 2007 habe sich die Europäische Kommission mit dem Vorschlag der belangten Behörde zur Aufhebung der ex ante Regulierung auf diesem Markt einverstanden erklärt.

Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei, die in dem diesem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren nicht als Partei beigezogen worden war, auf Grund eines am 12. August 2008 gestellten Antrags am 25. August 2008 zugestellt.

Mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerde beantragt die beschwerdeführende Partei die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. März 2008, Zl 2008/03/0020, ausgeführt hat, ist einer von der Entscheidung der Regulierungsbehörde im Marktanalyseverfahren nach Art 16 der Richtlinie 2002/21/EG betroffenen Partei nicht nur, wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, ein Rechtsmittelrecht einzuräumen, sondern ihr auch (zuvor) Parteistellung im Sinn des § 8 AVG samt den damit verbundenen Rechten zu gewähren. Dies hat die belangte Behörde unterlassen.

2. Die belangte Behörde macht in ihrer Gegenschrift geltend, dass der Verfahrensmangel der Nichteinräumung der Parteistellung nicht wesentlich gewesen sein könne. Die beschwerdeführende Partei habe zugestanden, dass in der Vergangenheit ein "intensives Wettbewerbsumfeld" am gegenständlichen Markt bestanden habe; die "vor Einstellung des Verfahrens" eingetretenen Änderungen seien berücksichtigt worden und allfällige weitere Änderungen seien auch nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei erst "in absehbarer Zeit" zu erwarten. Es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die beschwerdeführende Partei meine, dass ihr Beschwerdevorbringen zu einer anderen Entscheidung hätte führen können.

Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beitreten:

Die beschwerdeführende Partei hat in ihrer Beschwerde dargelegt, dass sie im Falle der Einräumung des Parteiengehörs Vorbringen im Hinblick auf die - näher ausgeführte - "erhebliche Verringerung der Zahl der Wettbewerber" und die dadurch ihrer Ansicht nach maßgeblich geänderte Marktsituation hätte erstatten können. Diese Marktstrukturänderung wäre auch bereits deutlich vor der Beschlussfassung durch die belangte Behörde im gegenständlichen Marktanalyseverfahren eingetreten.

Dies lässt es nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensfehlers und Einräumung der Parteistellung an die beschwerdeführende Partei zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 17. April 2009

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