VwGH Ra 2016/12/0119

VwGHRa 2016/12/011925.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision der A P in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22. Februar 2016, W201 2111568-1/5E, betreffend Wiederaufnahme von Verwaltungsverfahren i.A. Bemessung von Ruhegenuss, Nebengebührenzulage und Witwenversorgungsgenuss (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §38;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z3;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;
VwGVG 2014 §14 Abs1;
VwGVG 2014 §15 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §28 Abs2;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird - zur Vermeidung von Wiederholungen -

auf die hg. Erkenntnisse vom 14. Oktober 2013, 2012/12/0148 und vom 23. November 2011, 2010/12/0071, sowie die dort zitierten weiteren Erkenntnisse verwiesen.

2 Folgende Umstände seien hier hervorgehoben:

3 Die Revisionswerberin ist Witwe nach GP. Dieser stand bis 30. Juni 2002 als Oberst in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. Seitens der Verwaltung war sein Arbeitsplatz zuletzt der Funktionsgruppe 6 der Verwendungsgruppe M BO 2 zugeordnet worden. Am 16. Dezember 1998 hatte er die bescheidmäßige Feststellung der Einstufung seines Arbeitsplatzes beantragt.

4 Mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 13. März 2002 wurde festgestellt, dass sein Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 6 innerhalb der Verwendungsgruppe M BO 2 zuzuordnen sei. Dagegen erhob GP Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

5 Mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 5. Juni 2002 wurde sein Ruhegenuss, mit Bescheid dieser Behörde vom 29. November 2002 die Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss bemessen. Beiden Bescheiden wurde die Wertigkeit des Arbeitsplatzes des GP mit M BO 2/6 zu Grunde gelegt. Eine Anfechtung dieser Bescheide durch GP erfolgte nicht.

6 In der Folge wurde mit hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, 2002/12/0163, der im Arbeitsplatzbewertungsverfahren ergangene Feststellungsbescheid der Dienstbehörde vom 13. März 2002, insoweit er die Funktionsgruppenzuordnung betraf, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

7 In weiterer Folge ergingen am 9. September 2005 und am 22. Februar 2010 neuerlich Bescheide der Dienstbehörde im Arbeitsplatzbewertungsverfahren, welche ihrerseits mit Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Mai 2008 bzw. vom 23. November 2011 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben wurden.

8 Am 15. Dezember 2011 verstarb GP, wobei die Revisionswerberin als dessen Alleinerbin in das Arbeitsplatzbewertungsverfahren eintrat.

9 Mit Bescheid der Pensionsbehörde vom 10. Jänner 2012 wurde der Witwenversorgungsgenuss der Revisionswerberin bemessen, wobei auch dieser Bemessung eine Wertigkeit des Arbeitsplatzes des GP mit M BO 2/6 zu Grunde gelegt wurde.

10 Schließlich wurde mit Bescheid der Dienstbehörde vom 26. Februar 2015 festgestellt, dass der von GP innegehabte Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 7 innerhalb der Verwendungsgruppe M BO 2 zuzuordnen ist.

11 Die Revisionswerberin beantragte daraufhin am 16. März 2015 die Neubemessung des Ruhegenusses sowie der Nebengebührenzulage des GP sowie ihres Witwenversorgungsgenusses; gleichzeitig stellte sie einen Antrag auf Wiederaufnahme der mit den vorzitierten Bescheiden vom 5. Juni 2002, vom 29. November 2002 und vom 10. Jänner 2012 abgeschlossenen Verfahren.

12 Am 7. Mai 2015 erging an die Revisionswerberin folgender Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter:

"Ihr Antrag vom 16. März 2015 auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 5. Juni 2002, GZ 3763- 200442/1, mit Bescheid des Bundespensionsamtes vom 29. November 2002, GZ 3763-200442/8 und mit Bescheid der BVA, Pensionsservice vom 10. Jänner 2012, GZ 3763-200442/30 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend die Bemessung des Ruhegenusses, der Nebengebührenzulage und des Witwenversorgungsgenusses nach GP, wird gemäß § 69 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wegen Versäumung der gesetzlichen Frist zurückgewiesen."

13 Begründend führte die Pensionsbehörde aus die Frist des § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG iVm § 14 Abs. 4 DVG sei abgelaufen.

14 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde, worauf am 16. Juli 2015 eine abweisliche Beschwerdevorentscheidung erging.

15 Aufgrund eines dagegen erhobenen Vorlageantrages wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ab und bestätigte die Beschwerdevorentscheidung. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

16 Die Zurückweisung der Wiederaufnahmeanträge der mit Bescheiden vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 abgeschlossenen Verfahren bestätigte das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG iVm § 14 Abs. 4 DVG.

17 In Ansehung des Wiederaufnahmeantrages betreffend das mit Bescheid vom 10. Jänner 2012 abgeschlossene Verfahren führte es Folgendes aus:

"Gemäß § 15 Abs 1 PG 1965 ergibt sich das Ausmaß des Witwenversorgungsgenusses aus einem Prozentsatz des Ruhegenusses, der dem Beamten gebührte. Der dem verstorbenen Beamten gebührende Ruhegenuss wurde mit den rechtskräftigen Bescheiden vom 05.06.2002 und 29.11.2002 festgestellt und können diese Verfahren aufgrund Fristablaufes auch nicht wiederaufgenommen werden. Die Vorfrage für das Verfahren zur Bemessung des Witwen(r)versorgungsgenusses bildet gemäß dem Pensionsgesetz der Ruhegenuss des verstorbenen Beamten, nicht jedoch seine besoldungsrechtliche Stellung. Damit liegt aber kein tauglicher Wiederaufnahmegrund vor, es wurde nämlich im vorliegenden Fall keine Vorfrage rechtskräftig anders beurteilt. Daher kann auch die Feststellung des Ruhegenusses nicht (mehr) anders entschieden werden."

18 Darüber hinaus enthalten die Entscheidungsgründe des angefochtenen Erkenntnisses auch Erwägungen, mit welchen die Unzulässigkeit der von der Revisionswerberin gleichfalls gestellten Anträge auf Neubemessung der Ansprüche des GP auf Ruhegenuss bzw. Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss sowie der Revisionswerberin auf Witwenversorgungsgenuss - und zwar jeweils ohne vorangehende Bewilligung der Wiederaufnahme der diesbezüglichen Verfahren - dargetan werden soll.

19 Die Revision sei unzulässig, weil die vorliegende Entscheidung weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche noch es an einer solchen fehle; schließlich sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

20 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher sie eine Verfassungswidrigkeit des Regelungssystems gemäß § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG iVm § 14 Abs. 4 DVG behauptete.

21 Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 2016, E 614/2016-5 wurde die Behandlung dieser Beschwerde abgelehnt und den Verfassungsbedenken der Revisionswerberin das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1984, G75/83 = VfSlg Nr. 10.084, entgegengehalten.

22 Nach Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 9. November 2016 richtet sich nunmehr die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen das angefochtene Erkenntnis, welche sich jedoch aus folgenden Erwägungen als unzulässig erweist:

23 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

26 Zur Begründung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision wird - abgesondert - Folgendes ausgeführt:

"Primär geht es meinem Standpunkt entsprechend um die Frage, ob wegen geänderter Sach- und Rechtslage eine neue Entscheidung zu fällen ist und inwieweit hierbei allenfalls die Verjährung Bedeutung hat, in eventu ob einer Wiederaufnahme des Verfahrens wegen Ablauf von mehr als zehn Jahren eine Verfristung iSd § 14 Abs. 4 DVG entgegensteht - all dies im Zusammenhang mit der offenkundigen Tatsache, dass eine Verfahrensdauer gegeben war, durch welche das Grundrecht auf Fair Trial iSd Art. 6 EMRK verletzt wurde und zufolge dessen dem Einwand einer Verfristung oder Verjährung im vorigen Sinne die redliche Verkehrssitte entgegensteht."

27 Dem ist Folgendes zu erwidern:

28 § 69 AVG idF BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches

Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung

herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im

Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche

Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat."

29 § 14 DVG idF BGBl. Nr. 362/1991 lautet:

"Zu den §§ 69 und 70 AVG

§ 14. (1) Durch die Verfügung der Wiederaufnahme des Dienstrechtsverfahrens wird der frühere Bescheid nicht aufgehoben.

(2) Erst mit Beendigung des wiederaufgenommenen Verfahrens tritt der neue Bescheid an die Stelle des früheren Bescheides.

(3) Der neue Bescheid hat jedoch dann, wenn sich dies zugunsten der Partei auswirkt, anzuordnen, daß der Zustand hergestellt wird, der sich ergeben hätte, wenn der neue Bescheid schon im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des früheren Bescheides erlassen worden wäre.

(4) Die im § 69 Abs. 2 und 3 AVG mit drei Jahren festgesetzten Fristen betragen im Dienstrechtsverfahren zehn Jahre."

30 Soweit die Zulassungsbegründung die Frage aufwirft, ob die Anträge der Revisionswerberin auf Neubemessung der strittigen Geldleistungen auch ohne Dazwischentreten von Wiederaufnahmen zulässig waren, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:

31 Über die diesbezüglichen Anträge wurde nach dem klaren Wortlaut des Spruches des Bescheides der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter vom 7. Mai 2015 nicht entschieden. Letzterer beschränkte sich auf die Zurückweisung der Wiederaufnahmeanträge der Revisionswerberin.

32 Dass die Berufungsvorentscheidung vom 16. Juli 2015 offenkundig auf die Abweisung der gegen den vorzitierten Bescheid erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin abzielte, wurde vom Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis dargelegt, wobei die diesbezügliche Beurteilung in der Revision nicht bekämpft wird.

33 Aufgrund des Vorlageantrages der Revisionswerberin wurde schließlich mit dem angefochtenen Erkenntnis deren Beschwerde abgewiesen und damit die Berufungsvorentscheidung bestätigt. Ebenso wie das Verwaltungsgericht mit der Abweisung der Beschwerde den Spruch des mit Beschwerde bekämpften Bescheides der vor ihm belangten Behörde übernimmt (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2015, Ra 2015/16/0038), gilt dies auch für die Übernahme des Spruches eines mit Beschwerde angefochtenen Bescheides durch eine abweisliche Beschwerdevorentscheidung, bzw. für die aufgrund eines dagegen erhobenen Vorlageantrages erfolgte Abweisung der Beschwerde.

34 Der Umstand, dass die Entscheidungsgründe des angefochtenen Erkenntnisses auch Erwägungen zur Zulässigkeit isolierter Neubemessungsanträge enthalten, steht der Annahme der Übernahme des Spruches des Bescheides vom 7. Mai 2015 durch das Bundesverwaltungsgericht nicht entgegen, zumal eine Ergänzung des Spruches eines Erkenntnisses aus seinen Entscheidungsgründen nicht vorgenommen werden darf (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. März 2012, 2008/12/0152, und vom 28. Mai 2014, 2013/12/0198). Überdies würde der Grundsatz einer gesetzeskonformen Auslegung eines Bescheidspruches gegen die Annahme sprechen, das Bundesverwaltungsgericht habe eine außerhalb der "Sache", über die die Verwaltungsbehörde entschieden hat, gelegene Entscheidung getroffen.

35 Im Übrigen wird zur Frage der Zulässigkeit von Neubemessungsanträgen ohne vorangehende Wiederaufnahme des Verfahrens auch auf das hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, 2007/12/0073, verwiesen.

36 Soweit die Revisionswerberin im Zusammenhang mit der Versagung der Wiederaufnahme der mit Bescheiden vom 5. Juni 2002 und vom 29. November 2002 abgeschlossenen Verfahren als Zulassungsgrund die Frage aufwirft, ob "dem Einwand einer

Verfristung ... die redliche Verkehrssitte entgegensteht", zumal

vorliegendenfalls die Dauer des Arbeitsplatzbewertungsverfahrens Art. 6 EMRK verletzt habe, ist ihr der klare Wortlaut des § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG iVm § 14 Abs. 4 DVG entgegenzuhalten, welcher eine Berücksichtigung der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Gründe nicht vorsieht. Da unter "Rechtsfragen" im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG Auslegungsfragen zu verstehen sind, fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision dann, wenn sich das Verwaltungsgericht - wie hier - auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss vom 20. Oktober 2014, Ra 2014/12/0007). Überdies gilt nach der Rechtsprechung, dass es der klare Wortlaut des § 69 Abs. 2 AVG ausschließt, die objektive Befristung des Wiederaufnahmeantrages mit drei Jahren von einem anderen Zeitpunkt zu berechnen als jenem, in welchem der das wiederaufzunehmende Verfahren abschließende Bescheid erlassen wurde. Wird der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht innerhalb der im Gesetz bestimmten Frist gestellt, so ist er als verspätet zurückzuweisen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 2013, 2013/05/0211).

37 Im Übrigen ist festzuhalten, dass die überlange Dauer des Arbeitsplatzbewertungsverfahrens eine sachlich richtige Bemessung der hier strittigen Geldleistungen bei zutreffender Beurteilung nicht vereitelt hat:

38 Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang vorbringt, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in den Raum gestellte Möglichkeit einer Anfechtung der Bescheide vom 5. Juni und vom 29. November 2002 durch GP im Hinblick auf die damals bestandene Bindungswirkung des Feststellungsbescheides der Dienstbehörde vom 13. März 2002 aussichtslos gewesen wäre, ist ihr nämlich Folgendes zu erwidern:

39 Wenngleich der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 3 AVG in aller Regel erst mit der nachträglich über die Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde ergangenen Entscheidung verwirklicht ist (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2 E 228 f zu § 69 AVG wiedergegebene Judikatur), wobei eine analoge Anwendung dieses Wiederaufnahmetatbestandes auf den Fall einer (bloßen) nachträglichen Aufhebung einer im wiederaufzunehmenden Verfahren bindenden Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof nur dort in Betracht kommt, wo nach Maßgabe des aufhebenden Erkenntnisses ein Ersatzbescheid nicht zu ergehen hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. März 2007, 2007/04/0038, sowie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, 2007/12/0073), wäre es dem GP nichts desto trotz möglich gewesen, als Folge der Aufhebung des Bescheides vom 13. März 2002 mit dem hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, 2002/12/0163, eine Wiederaufnahme der Verfahren zur Bemessung des Ruhegenusses und der Nebengebührenzulage zum Ruhegenuss, freilich gestützt auf den Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG zu erreichen, wenn sich die Rechtmäßigkeit dieser pensionsbehördlichen Bescheide ausschließlich auf die rechtskräftige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit in dem mit dem zuletzt zitierten Erkenntnis aufgehobenen Bescheid vom 13. März 2002 hätte stützen können:

40 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt nämlich aus der "ex tunc"-Wirkung eines den Bescheid aufhebenden Erkenntnisses, dass der Rechtszustand zwischen der Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Gerichtshof öffentlichen Rechts im Nachhinein so zu betrachten ist, als wäre der aufgehobene Bescheid ursprünglich nicht erlassen worden. Allen (rechtlichen und faktischen) Maßnahmen, die während der Geltung eines später vom Gerichtshof aufgehobenen Bescheides auf dessen Basis gesetzt worden waren, wurde hinterher durch die Aufhebung die Rechtsgrundlage entzogen. Durch die nachträgliche Aufhebung des Bescheides ex tunc liegt in Bezug auf das rechtskräftig abgeschlossene Verfahren, welches auf dem aufgehobenen Bescheid basiert, eine neue Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG vor, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnte (vgl. hiezu Hengstschläger/Leeb, Kommentar zum Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Teilband, Rz 31 zu § 69 AVG, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

41 Zwar wurden die vorzitierten Grundsätze - soweit überblickbar - von der Rechtsprechung bisher bloß auf Bescheide mit in materiellen Bestimmungen angeordneter Tatbestandswirkung zur Anwendung gebracht, was aber der Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den rückwirkenden Wegfall der Bindungswirkung des eine Vorfrage entscheidenden Bescheides durch dessen Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht entgegensteht:

42 Stützte sich nämlich der im wiederaufzunehmenden Verfahren ergangene Bescheid ausschließlich auf diese Bindungswirkung so setzt seine Rechtmäßigkeit - in gleicher Weise wie bei Statuierung einer Tatbestandswirkung in einer Norm des materiellen Rechts - die Rechtstatsache der Existenz der bindenden Vorfragenentscheidung voraus. Diese Rechtstatsache fällt aber - ebenso wie im Falle der Tatbestandswirkung - durch die rückwirkende Aufhebung eines solchen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nachträglich weg.

43 Für die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG in einer Sachverhaltskonstellation wie der vorliegenden ist es auch ohne Bedeutung, ob er lediglich die "Möglichkeit einer anderen Entscheidung" voraussetzt, oder ob schon im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen ist, ob tatsächlich und konkret ein anderer Bescheid zu erlassen gewesen wäre (vgl. hiezu Walter/Thienel, a.a.O., Anm 14 und E 117 zu § 69 AVG sowie die bei Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rn 600, wiedergegebene Rechtsprechung). Je nachdem, welcher Lösung man zuneigt, wäre fallbezogen die Frage der objektiv richtigen Arbeitsplatzbeschreibung nach Aufhebung eines diesbezüglich bindenden Feststellungsbescheides erst im wiederaufgenommenen Verfahren oder aber bereits im Wiederaufnahmeverfahren selbst zu prüfen.

44 Im Übrigen stehen § 69 Abs. 1 Z 2 und Z 3 AVG zueinander nicht im Verhältnis der Spezialität; insbesondere stellt die zuletzt genannte Bestimmung keine Sondernorm für die Behandlung von Sachverhalten, in denen in der einen oder anderen Weise Vorfragenentscheidungen involviert sind, schlechthin im Wiederaufnahmeverfahren mit Ausschlusswirkung für andere Wiederaufnahmetatbestände dar. Vielmehr können die in Rede stehenden Tatbestände kumulativ oder auch sukzessiv verwirklicht sein (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 31. August 2015, Ro 2015/11/0012).

45 Soweit die Revisionswerberin aber Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Regelungssystems gemäß § 69 Abs. 2 dritter Satz AVG iVm § 14 Abs. 4 DVG mit der Verfassungsnorm des Art. 6 EMRK erhebt, ist sie darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit einer Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mit der Behauptung der Verfassungswidrigkeit genereller Normen begründet werden kann (vgl. hiezu etwa den hg. Beschluss vom 19. Oktober 2016, Ra 2016/12/0091). Im Übrigen hat die Revisionswerberin von ihrer Möglichkeit solche Bedenken direkt an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen Gebrauch gemacht, wobei in diesem Zusammenhang auf den in dieser Sache ergangenen Ablehnungsbeschluss dieses Gerichtshofes vom 23. September 2016 zu verweisen ist.

46 Die Begründung des Bundesverwaltungsgerichtes für seine Entscheidung betreffend die Versagung der Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich des Witwenversorgungsgenusses wird in der Zulassungsbegründung nicht angegriffen.

47 Aus diesen Gründen war die Revision wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung geeignet und daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 25. Jänner 2017

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