VwGH Ro 2015/07/0032

VwGHRo 2015/07/003229.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des Ing. E M in M, vertreten durch Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 21. Oktober 2014, Zl. LVwG-AB-14-4024, betreffend Schließung einer Deponie nach § 62 AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §68 Abs1;
AVG §68 Abs2;
AVG §68 Abs3;
AVG §68 Abs4;
AVG §69;
AWG 2002 §27;
AWG 2002 §37 Abs1;
AWG 2002 §37 Abs2 Z1 idF 2011/I/009;
AWG 2002 §37 Abs4;
AWG 2002 §37;
AWG 2002 §38 Abs1a;
AWG 2002 §51 Abs1;
AWG 2002 §51;
AWG 2002 §55 Abs1;
AWG 2002 §55 Abs2;
AWG 2002 §55 Abs4;
AWG 2002 §55;
AWG 2002 §62 Abs2a idF 2011/I/009;
AWG 2002 §62 Abs2a;
AWG 2002 §62 Abs2b idF 2011/I/009;
AWG 2002 §62 Abs2c idF 2011/I/009;
AWG 2002 §63 Abs1;
AWG 2002 §63 Abs4;
AWG 2002 §63;
AWG 2002 §65;
AWG 2002;
GewO 1973 §80 Abs1;
GewO 1973 §81 Abs1;
GewO 1973 §81 Abs2;
GewO 1973 §81 Abs3;
GewO 1973 §81;
GewO 1994 §345 Abs6;
GewO 1994 §345 Abs8 Z6;
GewO 1994 §360 Abs3;
GewO 1994 §366 Abs1 Z1;
GewO 1994 §80 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs3;
GewO 1994;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Landeshauptmann von Niederösterreich (LH) erteilte der B-GmbH mit Bescheid vom 21. März 2006 die abfallrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf näher bestimmten Grundstücken; dieser Bescheid wurde am 7. April 2006 rechtskräftig.

Der Revisionswerber ist seit 8. April 2010 Konsensinhaber der gegenständlichen Bodenaushubdeponie.

Mit Bescheid vom 29. Februar 2012 nahm der LH die Anzeige des Revisionswerbers vom 8. Juli 2010, ergänzt am 11. Jänner 2011 sowie am 13. Dezember 2011, hinsichtlich der Anpassung der gegenständlichen Bodenaushubdeponie an den Stand der Technik der Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) unter Vorschreibung von Aufträgen, Abänderung und Ergänzung von Auflagen und einer qualitativen Konsenseinschränkung zur Kenntnis. Dieser Bescheid erwuchs am 16. März 2012 in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2014 verfügte der LH die sofortige Schließung der konsenslos betriebenen ortsfesten Abfallbehandlungsanlagen (Deponie und Abfallzwischenlager) gemäß § 62 Abs. 2a und 2c Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002). Sämtliche Abfallablagerungen und Abfallzwischenlagerungen seien unverzüglich, spätestens jedoch bis Ende August 2014 nachweislich ordnungsgemäß zu entfernen. Die Entsorgungsnachweise seien im Wege des Deponieaufsichtsorganes der Behörde vorzulegen. Es dürften keine neuen Abfälle zugeführt werden.

Begründend führte der LH im Wesentlichen aus, es sei offenkundig, dass der Revisionswerber am gegenständlichen Standort nicht genehmigte ortsfeste Behandlungsanlagen (Deponie und Abfallzwischenlager) betreibe. Die Genehmigung für die Deponie sei ohne Zweifel erloschen. Eine Genehmigung für Abfallzwischenlagerungen habe es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Dagegen wandte sich der Revisionswerber mit Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Das LVwG erließ nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das nunmehr angefochtene Erkenntnis vom 21. Oktober 2014, in welchem es über die Beschwerde gegen den Bescheid des LH folgendermaßen entschied:

"1. Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, dass der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert wird, als der

2. Satz, der lautet 'Sämtliche Abfallablagerungen und Abfallzwischenlagerungen sind unverzüglich, spätestens jedoch bis Ende August 2014 nachweislich ordnungsgemäß zu entfernen.' und der

3. Satz des Spruches, der lautet 'Die Entsorgungsnachweise sind im Wege des Deponieaufsichtsorganes der Behörde vorzulegen.'

ersatzlos entfallen. Über diese Abänderung hinausgehend wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) zulässig."

Das LVwG führte begründend aus, im Jahr 2006 seien auf der verfahrensgegenständlichen Deponie konsenslose Zwischenlagerungen mit Bodenaushubmaterial mit einem Volumen von ca. 55.000 m3 im Bereich der Deponieabschnitte VA01 und VA02 vorgenommen worden. Die Errichtung des Deponieabschnittes VA01 sei nur in Teilbereichen und lediglich schleppend erfolgt. Der Revisionswerber habe weiteres Fremdmaterial in der verfahrensgegenständlichen Deponie zwischengelagert. Ein Teilbereich des Deponieabschnittes VA01 sei im Frühjahr 2012 fertig gestellt worden. Im Frühjahr 2013 sei ein Teil der zwischengelagerten Materialien im ausgebauten Teilabschnitt abgelagert worden, obwohl das Kollaudierungsverfahren noch nicht habe abgeschlossen werden können. Eine Kollaudierungsanzeige gemäß § 61 Abs. 1 AWG 2002 sei bis dato für keinen einzigen Abschnitt bzw. Teilabschnitt bei der Behörde eingebracht worden.

Da die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der verfahrensgegenständlichen Bodenaushubdeponie am 7. April 2006 rechtskräftig geworden sei, habe die in § 55 Abs. 1 AWG 2002 vorgesehene Fünf-Jahres-Frist am 7. April 2011 geendet. Die gegenständliche Bodenaushubdeponie habe sich am 7. April 2011 noch in der Errichtungsphase befunden, weshalb die Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb am 7. April 2011 ex lege erloschen sei.

Die im Frühjahr 2013 ohne behördliche Freigabe erfolgten konsenslosen Zwischenlagerungen auf Teilbereichen des Deponieabschnittes VA01 führten nicht dazu, dass ein Erlöschen der Genehmigung nach § 55 Abs. 1 AWG 2002 verhindert worden sei. Einerseits sei die Deponiegenehmigung zu diesem Zeitpunkt von Gesetzes wegen bereits erloschen gewesen und sei durch die spätere konsenswidrige Ablagerungshandlung nicht wieder aufgelebt. Andererseits könne dem Gesetzgeber mit der von ihm in § 55 Abs. 4 AWG 2002 getroffenen Bestimmung nicht unterstellt werden, er wolle eine konsenslose Ablagerungstätigkeit insofern honorieren, als dadurch die Anwendung des § 55 Abs. 1 AWG 2002 ausscheide.

Nach § 51 Abs. 1 AWG 2002 bilde ein Bescheid, der auf dieser Rechtsgrundlage erlassen worden sei, einen Bestandteil des Genehmigungsbescheids. Der aufgrund der Änderung der verfahrensgegenständlichen Deponie zur Anpassung an den Stand der Technik nach der DVO 2008 erlassene Bescheid vom 29. Februar 2012 hätte demnach nicht mehr erlassen werden dürfen, weil zu diesem Zeitpunkt der Genehmigungsbescheid der Deponie bereits erloschen gewesen sei. Es sei daher die Frage zu klären, ob aus diesem Bescheid ein neues Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Deponie abgeleitet werden könne.

Da nach dem klaren Wortlaut des § 51 Abs. 5 AWG 2002 ein auf diese Norm gestützter Bescheid nur Bestandteil des Genehmigungsbescheides werde, also zur Genehmigung hinzutrete, könne ohne aufrechte Genehmigung aus dem Kenntnisnahmebescheid eine Neugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der Abfallbehandlungsanlage nicht konstruiert werden. Der behauptete Eingriff in eine bescheidmäßig verliehene Berechtigung könne schon aus diesem Grund nicht vorliegen.

Nach Darstellung des Überprüfungsverfahrens nach § 63 AWG 2002 vertrat das LVwG die Meinung, dass dieses nicht Teil des Bewilligungsverfahrens sei. Der Überprüfungsbescheid habe nur die Funktion, dem Anlagenbetreiber die Rechtmäßigkeit der Deponieerrichtung zu bestätigen, sofern nicht Mängel und Abweichungen im Kollaudierungsverfahren festgestellt würden. Ein Recht zur Betriebnahme werde mit dem Kollaudierungsbescheid aber nicht verliehen.

Unter der in § 55 Abs. 1 AWG 2002 genannten "Genehmigung" sei daher nur jene zu verstehen, die gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 erlassen oder nach anderen Rechtsgrundlagen übergeleitet worden sei.

Richtig sei, dass § 63 Abs. 4 AWG 2002 eine Spezialbestimmung für genehmigte Deponien sei; vorliegendenfalls sei die Behandlungsanlage aber keine genehmigte Deponie mehr gewesen.

Dem Vorbringen, wonach die Deponie gar nicht betrieben werde und deshalb der Stilllegungsbescheid rechtswidrig wäre, sei entgegenzuhalten, dass Abfälle in der Anlage abgelagert worden seien und somit bei einer nicht stillgelegten Deponie eine Anordnung, welche einen (weiteren) Schüttbetrieb verbiete, rechtmäßig ergehen könne. Da der Genehmigungsbescheid ex lege erloschen sei, habe die Behörde offenkundig im Zeitpunkt der Erlassung der behördlichen Erledigung davon ausgehen können, dass der Revisionswerber die Deponie ohne die erforderliche Genehmigung errichte bzw. betreibe.

Zumindest seit dem Inkrafttreten der DVO 2008 stelle ein Zwischenlager auf einer Deponie eine "andere Anlage" im Sinne des § 34 Abs. 2 leg. cit. dar und sei somit nach § 37 AWG 2002 genehmigungspflichtig. Die Ausnahmebestimmung des § 37 Abs. 2 AWG 2002 komme nicht zum Tragen, weil die Zwischenlager von Abfällen auf einer nicht abgeschlossenen Deponie errichtet worden seien und somit der LH als Abfallrechtsbehörde einzuschreiten habe. Weil für diese umfangreichen Zwischenlager kein abfallrechtlicher Konsens vorliege, sei von konsenslosen Zwischenlagern auszugehen, deren Betrieb nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 einzustellen sei.

In weiterer Folge legte das LVwG mit näherer Begründung dar, dass - entgegen dem Beschwerdevorbringen - die zwischengelagerten Materialien Abfälle seien und keine zulässige Verwertung vorgenommen worden sei. Insoweit der auf § 62 Abs. 2a AWG 2002 gestützte Auftrag über die Schließung hinausgehe, erweise er sich aber als rechtswidrig, weil die genannte Bestimmung diese Aufträge nicht trage; diesbezüglich wäre nach § 62 Abs. 2 AWG 2002 vorzugehen gewesen.

Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil der zu lösenden Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung zukomme, zumal das Verhältnis zwischen einem rechtswidrigen Kenntnisnahmebescheid nach § 51 AWG 2002 und einem ex lege erloschenen Genehmigungsbescheid vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet worden sei.

Der Revisionswerber wandte sich gegen dieses Erkenntnis an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 19. Februar 2015, E 1845/2014-12, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im Beschluss des Verfassungsgerichtshofes heißt es zur Behauptung der Verfassungswidrigkeit der §§ 55 und 62 Abs. 2a AWG 2002:

"Es ist nicht unsachlich, dass die Genehmigung für den Betrieb einer Deponie gemäß § 55 Abs. 1 AWG 2002 erlischt, wenn der Betrieb nicht innerhalb von fünf Jahren ab der Genehmigung aufgenommen wird. Dass vor der Aufnahme des Betriebs noch ein Kollaudierungsbescheid gemäß § 63 Abs. 1 AWG 2002 eingeholt werden muss, verkürzt diese Frist nicht unverhältnismäßig; im Übrigen besteht auch die Möglichkeit einer Fristverlängerung nach § 55 Abs. 2 AWG 2002. Dass der Gesetzgeber in § 62 Abs. 2a AWG 2002 die bescheidmäßige Schließung einer 'offenkundig' genehmigungslosen Behandlungsanlage 'ohne weiteres Verfahren' ermöglicht, begegnet angesichts der Gefährdung öffentlicher Interessen, die von einer genehmigungslos betriebenen Deponie auszugehen vermag, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken."

Die in der Folge an den Verwaltungsgerichtshof erhobene ordentliche Revision richtet sich gegen die Aufrechterhaltung des Schließungsauftrages (1. Spruchpunkt, 2. Satz des angefochtenen Erkenntnisses) und macht Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung vom 3. August 2015, in der sie ausführte, die Bestimmung des § 55 AWG 2002 sei eindeutig. Aufgrund der Anzahl an rechtswidrigen Abfallanlieferungen hätten unzählige Überprüfungsverfahren gemäß § 62 AWG 2002 stattgefunden, im Zuge derer auch die benötigten Unterlagen und Maßnahmen für ein späteres Kollaudierungsverfahren besprochen worden seien. Eine Kollaudierungsanzeige gemäß § 61 Abs. 1 AWG 2002 sei nie erfolgt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Das LVwG ließ die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis zu, weil eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. So sei das Verhältnis zwischen einem rechtswidrigen Kenntnisnahmebescheid nach § 51 AWG 2002 und einem ex lege erloschenen Genehmigungsbescheid vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht geklärt worden.

2. In der Revision wird zu deren Zulässigkeit auf die Ausführungen des LVwG verwiesen und ausgeführt, der Kenntnisnahmebescheid gehöre jedenfalls dem Rechtsbestand an und müsse zumindest in irgendeiner Form Rechtswirkungen entfalten. Bei gänzlicher Ignoranz des Kenntnisnahmebescheids werde unzulässig in die Rechtskraft des Bescheides eingegriffen.

Zusätzlich wird zusammengefasst ausgeführt, es gelte im Hinblick auf Deponien zu klären, ob der in § 55 Abs. 1 AWG 2002 vorgesehene Fristenlauf mit Erteilung einer Bewilligung nach § 37 AWG 2002 oder erst mit Erlass des Abnahmebescheids iSd § 63 AWG 2002 beginne. Mit einer Bewilligung nach § 37 AWG 2002 werde bei Deponien vorerst nur das Recht zur Errichtung der Deponie verliehen, während das Recht zur Inbetriebnahme und zum weiteren Betrieb erst mit einem Bescheid gemäß § 63 AWG 2002, also erst nach Durchführung eines Kollaudierungsverfahrens, erteilt werde.

In der Revision wird weiters vorgebracht, es sei unklar, wie das LVwG zu dem Schluss kommen könne, die Anlage sei offenkundig ohne aufrechte Bewilligung betrieben worden. Das Verhältnis zwischen Abs. 1 bzw. Abs. 2 und Abs. 4 des § 55 AWG 2002 sei widersprüchlich und lasse sich weder durch den Wortlaut noch mit Hilfe von Judikatur, Literatur oder der diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen aufklären. § 55 Abs. 1 AWG 2002 beziehe sich ausschließlich auf die Inbetriebnahme einer Anlage. Nach § 55 Abs. 4 AWG 2002 komme Abs. 1 leg. cit jedoch nach Inbetriebnahme einer Deponie nicht mehr zur Anwendung. § 55 Abs. 1 AWG 2002 beziehe sich daher hinsichtlich der Fünf-Jahres-Frist auf die Errichtungsphase einer Deponie. Aus diesem Grund sei der Schluss des LVwG, wonach die Deponiebewilligung nach Ablauf von fünf Jahren erloschen sein könnte, falsch, weil innerhalb der Fünf-Jahres-Frist mit der Errichtung der Deponie in wesentlichen Teilen begonnen worden sei. Unklar sei auch das Verhältnis zwischen § 55 Abs. 2 AWG 2002 und Abs. 4 leg. cit, da sich ersterer auf die Errichtungsphase beziehe. § 55 Abs. 4 AWG 2002 könne Abs. 2 leg. cit nicht erfassen, weil bei der Ablagerung von Abfall die Errichtungsphase bereits abgeschlossen sein müsse.

Schließlich wird in der Revision die Frage aufgeworfen, ob eine Genehmigung für eine Abfallbehandlungsanlage, die Kraft der Konzentrationsanordnung des § 38 AWG 2002 anderen Anlagengenehmigungen derogiere, überhaupt einer Erlöschensfrist wie jener nach § 55 Abs. 1 AWG 2002 unterliegen könne.

3. Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF BGBl. I Nr. 193/2013 lauten auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2 (...)

(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

(...)

4. 'Deponien' Anlagen, die zur langfristigen Ablagerung von Abfällen oberhalb oder unterhalb (dh. unter Tage) der Erdoberfläche errichtet oder verwendet werden, einschließlich betriebseigener Anlagen für die Ablagerung von Abfällen, oder auf Dauer (dh. für länger als ein Jahr) eingerichtete Anlagen, die für die vorübergehende Lagerung von Abfällen genutzt werden. (...)

(...)

Behandlungsanlagen

Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste

Behandlungsanlagen

§ 37. (...)

(4) Folgende Maßnahmen sind - sofern nicht eine Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 oder 3 vorliegt - der Behörde anzuzeigen:

1. eine Änderung zur Anpassung an den Stand der Technik;

(...)

Konzentration und Zuständigkeit

§ 38. (1) (Verfassungsbestimmung) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften -mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzuwenden, die im Bereich des Gas-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Hinsichtlich dieser landesrechtlichen Vorschriften hat die Behörde im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den folgenden Bestimmungen dieses Abschnitts wahrzunehmen. In Angelegenheiten des Landesrechts ist der Landeshauptmann als Mitglied der Landesregierung oberstes Organ der Landesvollziehung.

(1a) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften - mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren - anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrt-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Gaswirtschafts- und Denkmalschutzrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Die Genehmigung oder Nicht-Untersagung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den folgenden Bestimmungen dieses Abschnitts wahrzunehmen.

(...)

Anzeigeverfahren

§ 51. (1) Maßnahmen gemäß § 37 Abs. 4 Z 1, 2, 4 und 8 sind der Behörde drei Monate vor Durchführung unter Anschluss der Antragsunterlagen gemäß § 39, soweit diese Unterlagen erforderlich sind, anzuzeigen. Die Behörde hat diese Anzeige erforderlichenfalls unter Erteilung der zur Wahrung der Interessen gemäß § 43 geeigneten Aufträge mit Bescheid innerhalb von drei Monaten zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Mit den Maßnahmen darf erst nach Rechtskraft des Kenntnisnahmebescheides begonnen werden.

(...)

(...)

Erlöschen der Genehmigung

§ 55. (1) Eine Genehmigung gemäß §§ 37, 44 oder 52 erlischt, wenn der Betrieb der Behandlungsanlage nicht binnen fünf Jahren nach rechtskräftiger Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Behandlungsanlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teilen unterbrochen wird.

(2) Die Behörde hat über Antrag die Frist zur Inbetriebnahme der Behandlungsanlage auf Grund eines vor Fristablauf gestellten Antrags um längstens zwei Jahre zu verlängern, wenn es Art und Umfang des Projekts erfordern oder die Fertigstellung der Behandlungsanlage auf Grund unvorhergesehener Schwierigkeiten nicht rechtzeitig möglich ist. Durch Antrag wird der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung gehemmt.

(3) Abs. 2 gilt sinngemäß auch für die Unterbrechung des Betriebs.

(4) Für Deponien gelten die Abs. 1 und 2 nur, sofern noch kein Abfall in die Deponie eingebracht wurde.

Bestimmungen für den Betrieb einer Deponie

§ 61. (1) Der Inhaber der Deponie hat die Errichtung einer Deponie oder eines Deponieabschnittes der Behörde anzuzeigen. Er darf erst nach einer Überprüfung der Anlagen und Maßnahmen (§ 63 Abs. 1) Abfälle in die Deponie oder den Deponieabschnitt einbringen. (...)

(...)

Überwachung von Behandlungsanlagen und Maßnahmen für die Betriebs- und Abschlussphase

§ 62. (...)

(2) Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde - unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens - den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

(2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Erlaubnis gemäß § 24a zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen.

(...)

(2c) Die Bescheide gemäß Abs. 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen.

(...)

Zusätzliche Bestimmungen betreffend die Überwachung einer Deponie

§ 63. (1) Unmittelbar nach erfolgter Errichtung der Deponie oder eines Teilbereichs der Deponie und vor Einbringung der Abfälle hat die Behörde die Übereinstimmung der Anlage und der Maßnahmen mit der erteilten Genehmigung zu überprüfen. Parteistellung in diesem Verfahren hat der Antragsteller und der von einer Abweichung in seinen Rechten Betroffene. Über das Ergebnis dieser Überprüfung ist bescheidmäßig abzusprechen und die Behebung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen ist zu veranlassen. Die Einbringung von Abfällen in die Deponie oder den Teilbereich der Deponie ist erst nach Behebung der wahrgenommenen Mängel oder Abweichungen zulässig. Geringfügige Abweichungen, die den gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen nicht widersprechen oder denen der von der Abweichung in seinen Rechten Betroffene zustimmt, dürfen im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.

(...)

(4) Unbeschadet des § 79 hat die Behörde das vorübergehende Verbot der Einbringung von Abfällen oder die Schließung der Deponie anzuordnen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz oder einer Verordnung nach § 65 über Deponien oder Auflagen des Genehmigungsbescheides oder Anordnungen nicht eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn keine angemessene Sicherstellung geleistet wird."

3.1. Aus dem Wortlaut des § 55 Abs. 1 AWG 2002 ergibt sich, dass eine Genehmigung nach § 37 AWG 2002 erlischt, wenn der Betrieb der Behandlungsanlage nicht binnen fünf Jahren nach rechtskräftiger Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzwecks wesentlichen Teil der Behandlungsanlage aufgenommen wird. Die Fünf-Jahres-Frist beginnt somit mit der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides zu laufen (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, Kommentar zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (2015), § 55 AWG 2002, Anm. 5).

Daran ändert auch das Vorbringen des Revisionswerbers nichts, wonach mit einer Bewilligung nach § 37 AWG 2002 bei Deponien vorerst nur das Recht zur Errichtung der Deponie verliehen werde, während das Recht zur Inbetriebnahme und zum weiteren Betrieb erst nach Durchführung eines Kollaudierungsverfahrens und des "Abnahmebescheides nach § 63 AWG 2002" erwachse. § 55 Abs. 1 AWG 2002 stellt ausdrücklich (wie an anderen Stellen auch: vgl. etwa § 27 AWG 2002) allein auf die Rechtskraft des Genehmigungsbescheides, also des die Errichtung und den Betrieb der Deponie genehmigenden Bescheides, und nicht eines anderen Bescheides ab.

Abgesehen davon ist Gegenstand des Kollaudierungsverfahrens ausschließlich die Frage, ob die Ausführung der Anlage mit der erteilten Genehmigung übereinstimmt (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, § 63 AWG 2002, Anm. 6). Ein Bescheid nach § 63 AWG 2002 vermittelt daher kein gesondertes Recht zur Inbetriebnahme der Deponie; eine der Folgen dieses Bescheides liegt allerdings darin, dass sich nach seiner Erlassung die Inbetriebnahme nicht mehr als unzulässig erweist. Das Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Anlage selbst wird aber bereits mit dem Genehmigungsbescheid nach § 37 AWG 2002 (hier: mit dem Bescheid des LH vom 21. März 2006) erteilt.

Der Genehmigungsbescheid wurde - dies ist unstrittig - am 7. April 2006 rechtskräftig. Die Frist des § 55 Abs. 1 AWG 2002 lief ab diesem Tage.

3.2. Der Revisionswerber meint weiters, dass sich aus dem Gesamtverständnis von § 55 Abs. 1 bzw. Abs. 2 und § 55 Abs. 4 AWG 2002 der Schluss ziehen lasse, dass sich § 55 Abs. 1 AWG 2002 lediglich auf die Errichtungsphase einer Deponie beziehe. Nach § 55 Abs. 4 AWG 2002 solle Erlöschen nur solange eintreten können, solange noch kein Abfall in die Deponie eingebracht worden sei. Mit der Inbetriebnahme der Deponie, auf den Abs. 1 abstelle, werde aber Abfall eingebracht, sodass ab diesem Zeitpunkt die Genehmigung nicht mehr erlöschen könne. § 55 Abs. 1 AWG 2002 beziehe sich daher nur auf die Errichtungsphase einer Deponie; mit der Errichtung sei aber zweifelsfrei innerhalb der Fünf-Jahres-Frist begonnen worden.

3.2.1. Dazu ist zu bemerken, dass hinter der Schaffung des § 55 Abs. 4 AWG 2002 die Überlegung steht, dass mit einer Genehmigung für eine Deponie nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten (z.B. Nachsorge) verbunden sind. Daher soll eine Deponiegenehmigung nur erlöschen können, wenn noch keine Abfälle abgelagert wurden (RV 984, BlgNR XXII. GP, zu § 55 Abs. 4 AWG 2002). Damit wird aber klar, dass § 55 Abs. 4 AWG 2002, wenn vom Einbringen von Abfall in die Deponie die Rede ist, nicht auf eine bloße Zwischenlagerung von Abfällen in einer Deponie abstellt. Wird Abfall in eine Deponie nicht abgelagert, sondern nur zwischengelagert, so liegt kein Fall der Einbringung in die Deponie vor; in solchen Fällen gilt die Rechtsfolge des § 55 Abs. 1 (und 2) AWG 2002 uneingeschränkt.

3.2.2. Fraglich ist, was unter der "Aufnahme des Betriebs der Behandlungsanlage" zu verstehen ist. Der Revisionswerber meint, darunter falle bereits die Errichtung (zB Aufbringung des Rohplanums) und nicht erst die Einbringung von Abfällen. Schließlich fielen nach § 55 Abs. 4 AWG 2002 die Rechtsfolgen des § 55 Abs. 1 leg. cit. sofort wieder weg, wenn es zur Inbetriebnahme (= Ablagerung von Abfällen in) der Deponie komme.

Vorweg ist zum System des § 55 AWG 2002 zu bemerken, dass sich Abs. 1 und Abs. 2 dieser Bestimmung nicht nur auf Genehmigungen betreffend Deponien, sondern auch auf andere Bewilligungen beziehen. § 55 Abs. 4 leg. cit. und dessen Rechtsfolgen haben für diese Fälle keine Bedeutung.

Aber auch im Fall der Inbetriebnahme einer Deponie erscheint eine vom Wortlaut abweichende Interpretation dieser Bestimmung keinesfalls geboten. Kommt es bei Deponien vor Ablauf der fünf Jahre ab der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides zur Einbringung (Ablagerung) von Abfällen, also zur Inbetriebnahme, kann die Bewilligung nicht mehr erlöschen; erfolgt diese Einbringung aber erst später, ist die Bewilligung nach § 55 Abs. 1 AWG 2002 mit dem Ablauf des fünften Jahres bereits erloschen und es handelt sich um eine konsenslose Ablagerung.

Maßstab für das Verständnis der "Aufnahme des Betriebs der Behandlungsanlage" ist daher - wie es der Wortlaut nahe legt - der Betrieb (hier: nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides: die Ablagerung von Abfällen) und nicht die bloße Errichtung der Anlage. Die bloße Zwischenlagerung von Abfällen stellt hingegen im vorliegenden Fall keine Aufnahme des Betriebs der Behandlungsanlage dar.

3.2.3. Auch aus dem Umstand, dass mit einem Deponiebetrieb ohne Erlassung eines Bescheides nach § 63 Abs. 1 AWG 2002 nicht begonnen werden darf, ist für den Revisionswerber nichts zu gewinnen.

§ 55 Abs. 1 AWG 2002 stellt seinem Wortlaut nach auf die Aufnahme des Betriebs in wesentlichen Teilen binnen einer ab der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides laufenden Fünf-Jahres-Frist ab. Dies hat zur Folge, dass innerhalb dieser Fünf-Jahres-Frist auch der Bescheid nach § 63 Abs. 1 AWG 2002 erwirkt werden muss, um rechtmäßigerweise mit dem Betrieb beginnen zu können. Angesichts der Möglichkeit einer Fristverlängerung nach § 55 Abs. 2 AWG 2002 und des Betriebs auch in Teilbereichen der Deponie (vgl. dazu § 63 Abs. 1 AWG 2002) erscheint die Erwirkung dieses Bescheides innerhalb der genannten Frist keinesfalls von vornherein unmöglich und die Bestimmung daher nicht als unverhältnismäßig (vgl. dazu auch die oben wiedergegebene Begründung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 19. Februar 2015, E 1845/2014-12).

In diesem Zusammenhang ist auf das hinter der Erlöschensanordnung stehende Motiv zu verweisen; es soll eine Hortung von Genehmigungen verhindert werden. Damit soll der Praxis ein Riegel vorgeschoben werden, Genehmigungen für Projekte zu erlangen, die erst viele Jahre später realisiert werden sollen und dann nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen (vgl. dazu Bumberger/Hochholdinger/Niederhuber/Wolfslehner, AWG 2002, Abfallwirtschaftsgesetz 20022, K1 zu § 55). Vor diesem Hintergrund ist das straffe zeitliche Korsett des § 55 AWG 2002 in Verbindung mit § 63 AWG 2002 zu verstehen.

3.3. Der Revisionswerber verweist auch darauf, dass die Genehmigung für die Abfallbehandlungsanlage wegen der Konzentrationsanordnung des § 38 AWG 2002 anderen Anlagengenehmigungen derogiere; es sei zweifelhaft, ob eine solche Genehmigung einer Erlöschensfrist wie jener nach § 55 Abs. 1 AWG 2002 unterliegen könne.

Nach § 38 Abs. 1a AWG 2002 ersetzt die Genehmigung oder Nicht-Untersagung nach dem AWG 2002 die nach den in dieser Bestimmung genannten und mitangewendeten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen. Die behördlichen Befugnisse und Aufgaben zur Überprüfung der Ausführung einer Behandlungsanlage und der Übereinstimmung mit dem Genehmigungsbescheid, zur Kontrolle, zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustands, zur Gefahrenabwehr, zur nachträglichen Konsensanpassung und zur Vorschreibung und Durchführung von Maßnahmen bei Errichtung, Betrieb, Änderung und Auflassung sind vom Landeshauptmann entsprechend den Bestimmungen des AWG 2002 (und zwar des 6. Abschnittes) wahrzunehmen. Die Konzentrationsbestimmung des § 38 Abs. 1a AWG 2002 erstreckt sich somit auch auf die in dessen letztem Satz bezeichneten Folgeverfahren (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO, § 356b GewO 1994, Anm. 51).

Aus § 38 Abs. 1a AWG 2002 ist aber nicht ableitbar, dass der Erlöschenstatbestand des AWG 2002 in den Fällen mitangewendeter bundesrechtlicher Vorschriften nicht zur Anwendung käme. Aus dieser Bestimmung ergibt sich lediglich, dass neben dem abfallrechtlichen Erlöschenstatbestand des § 55 AWG 2002 etwaige, in den mitanzuwendenden Materiengesetzen vorgesehene (weitere) Erlöschenstatbestände ebenfalls anzuwenden sind (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002, § 55 AWG 2002, Anm. 4; vgl. auch Bumberger/Hinterwirth, WRG, Wasserrechtsgesetz2 (2013), K 14 zu § 27 WRG).

§ 38 Abs. 1a AWG 2002 steht der Anwendung des § 55 leg. cit. und damit dem Eintritt des Erlöschens des gegenständlichen Genehmigungsbescheides nicht entgegen.

3.4. Dass ein konsensgemäßer Betrieb der Anlage im oben dargelegten Verständnis nicht innerhalb von fünf Jahren nach der Rechtskraft der Genehmigung erfolgte, ist unstrittig.

Das Erlöschen der Genehmigung tritt ex lege nach Ablauf der Fünf-Jahres-Frist ein; eines Bescheides bedarf es im Allgemeinen nicht (vgl. dazu zum einen das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1995, 94/04/0251, zur vergleichbaren Regelung des § 80 Abs. 1 GewO 1973 und das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2014, Ro 2014/07/0004, zur vergleichbaren Regelung der §§ 27 und 29 WRG 1959).

Der Annahme des LVwG, wonach der Genehmigungsbescheid vom 21. März 2006 mit Ablauf des 7. April 2011 erloschen ist, begegnet daher keinen Bedenken.

4. Fraglich ist weiter, welche Bedeutung dem Kenntnisnahmebescheid vom 29. Februar 2012 zukommt.

4.1. Im AWG 2002 sind vielfach Regelungen den ihnen korrespondierenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) nachgebildet, weshalb in diesen Fällen auf die Rechtsprechung zur GewO 1994 zurückgegriffen werden kann, während bei anderen Regelungen des AWG 2002 dies nicht der Fall und ein Rückgriff unzulässig ist. Entscheidend für die Heranziehung der Rechtsprechung der GewO 1994 zum Verständnis von Regelungen des AWG 2002 ist die Vergleichbarkeit der Regelungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. März 2013, 2012/07/0050, und vom 25. September 2014, 2013/07/0060, mwN).

Eine Vergleichbarkeit in diesem Sinn liegt zwischen den Bestimmungen des § 80 Abs. 1 GewO 1994 und des § 55 Abs. 1 AWG 2002 ebenso vor wie zwischen § 37 Abs. 1 AWG 2002 (Genehmigungspflicht einer Änderung einer Anlage) und § 81 Abs. 1 GewO, zwischen § 37 Abs. 4 AWG 2002 (anzeigepflichtige Maßnahmen) und § 81 Abs. 2 und 3 GewO 1994 und zwischen der Bestimmung des § 51 AWG 2002 und derjenigen des § 345 Abs. 6 GewO 1994. 4.2. Nach der Rechtsprechung zur GewO 1994 ist eine Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage unzulässig, wenn die Genehmigung einer Betriebsanlage gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erloschen ist (in diesem Sinne Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO, Kommentar zur Gewerbeordnung3 (2011), § 81 GewO 1994, Anm. 1). Die Anwendung des § 81 GewO 1994 setzt das Vorliegen einer genehmigten Betriebsanlage voraus. Ist hingegen die der zu ändernden Betriebsanlage zu Grunde liegende Betriebsanlagengenehmigung inzwischen erloschen, so ist es rechtlich verfehlt, die vorgenommenen Änderungen in Anwendung der Bestimmung des § 81 GewO 1994 gewerberechtlich zu genehmigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, 87/04/0271).

Die Änderung einer Behandlungsanlage im Sinn des § 37 AWG 2002 setzt eine bereits erteilte Bewilligung voraus; davon ist nicht schon beim Betrieb einer "wilden Deponie" auszugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2011, 2007/07/0134).

4.3. Im vorliegenden Fall handelt es sich nun nicht um die Änderung einer Behandlungsanlage und deren Verhältnis zum Genehmigungsbescheid, sondern um die bescheidmäßige Kenntnisnahme nach einem Anzeigeverfahren und deren Verhältnis zum Genehmigungsbescheid. Diese Konstellation ist aber nicht anders zu betrachten.

Der Rechtsprechung zur GewO 1994 ist zu entnehmen, dass das Gesetz keine konkludente mündliche Kenntnisnahme der Änderungen kennt, sondern vielmehr gemäß § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 (nun: § 345 Abs. 6 GewO 1994) vorschreibt, dass die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen sind. Dieser Bescheid bildet sodann einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 2011, 2009/04/0154).

Diese Anordnung, wonach der Kenntnisnahmebescheid zum Teil des Genehmigungsbescheides wird, findet sich im AWG 2002 in der Bestimmung des § 51 Abs. 1 AWG 2002. Damit der Kenntnisnahmebescheid Bestandteil eines Genehmigungsbescheides werden kann, muss dieser Genehmigungsbescheid aber noch dem Rechtsbestand angehören.

Im vorliegenden Fall war der Genehmigungsbescheid bereits mit Ablauf des 7. April 2011 erloschen. Der Kenntnisnahmebescheid vom 29. Februar 2012 hätte daher nicht mehr erlassen werden dürfen.

Der Genehmigungsbescheid lebt - entgegen der Vorstellung des Revisionswerbers - auch nicht als Folge des rechtswidrig erlassenen Kenntnisnahmebescheides wieder auf. Mit seiner Erlassung ist auch keine "implizite Aussage" verbunden, dass zu diesem Zeitpunkt weiterhin eine bestehende Genehmigung vorgelegen sei. Der Kenntnisnahmebescheid kann, zumal er zum einen Anpassungen enthält, die ohne die mit dem Genehmigungsbescheid erteilte Genehmigung allein nicht bestehen können, und zum anderen einige der Auflagen des Genehmigungsbescheides ändert bzw. ergänzt, keine eigenständigen Rechtswirkungen entfalten. Insbesondere verleiht er dem Revisionswerber kein (weiteres oder neues) Recht auf Errichtung und Inbetriebnahme der Deponie; auch die Frist des § 55 Abs. 1 AWG 2002 beginnt mit seiner Erlassung nicht neu zu laufen.

Die Rechtswirkungen eines Kenntnisnahmebescheides können sich daher nur dann entfalten, wenn ein aufrechter Genehmigungsbescheid besteht, dessen Teil der Kenntnisnahmebescheid wird. Fehlt es an einem solchen, entfaltet der Kenntnisnahmebescheid keine Rechtswirkungen.

4.4. Wenn der Revisionswerber in diesem Zusammenhang meint, es müssten mit dem Kenntnisnahmebescheid "in irgendeiner Form" Rechtswirkungen verbunden sein, weil bei gänzlicher Ignoranz dieses Bescheides ein unzulässiger Eingriff in seine Rechtskraft liege, so vermischt er die Frage der Rechtswirkungen von Bescheiden mit deren Rechtskraft.

Es gibt nämlich durchaus Fälle, in denen rechtskräftige Bescheide zwar bestehen, aber - wie hier - gar keine Rechtswirkungen oder keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Ob und welche Rechtswirkungen mit einem Bescheid einhergehen, ist allein eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Nur die mit einem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen sind auch von der Rechtskraft erfasst. Die Rechtskraft kann daher nicht weiter gehen als die Rechtswirkungen eines Bescheides reichen. Die rechtliche Beurteilung, wonach einem Bescheid keine Rechtswirkungen zukommen, stellt daher entgegen der Ansicht des Revisionswerbers keinen Eingriff in dessen Rechtskraft dar.

Von dieser Überlegung ist die Frage zu unterscheiden, ob solche Bescheide in Durchbrechung der Rechtskraft aus dem Rechtsbestand zu eliminieren sind, etwa auf Grundlage des § 68 Abs. 2 bis 4 AVG oder als Folge eines Verfahrens nach § 69 AVG. Diese Frage ist im vorliegenden Fall aber nicht zu beurteilen.

4.5. Nach dem Vorgesagten ist der Rechtsansicht des LVwG nicht entgegenzutreten, wonach aus dem Kenntnisnahmebescheid eine Neugenehmigung zur Errichtung und zum Betrieb der gegenständlichen Abfallbehandlungsanlage nicht konstruiert werden kann.

5. Schließlich wendet der Revisionswerber auch ein, es fehle die für ein Einschreiten nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 notwendige "Offenkundigkeit".

Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu die Ansicht vertreten, dass "offenkundig" nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 im Sinne der Rechtsprechung zu § 360 Abs. 3 GewO 1994 zu verstehen ist. Aus den Materialien (1147 der Beilagen XXII. GP, 18) ergibt sich, dass § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 der Bestimmung des § 360 GewO 1994 nachgebildet ist. Dabei ist eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 im Sinne des § 360 Abs. 3 GewO 1994 "offenkundig", wenn bei Bedachtnahme auf den der Behörde offenliegenden Sachverhalt daran keine Zweifel bestehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Mai 2015, 2012/07/0003, und vom 28. April 2011, 2010/07/0021, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 2003, 2002/04/0112).

Der vorliegende Sachverhalt ist angesichts des ex lege eingetretenen Erlöschens der Genehmigung und weil dem danach ergangenen Kenntnisnahmebescheid keine Rechtswirkungen zukommen, ein "offenkundiger" iSd zitierten hg. Judikatur. Der Deponie fehlte es seit dem eingetretenen Erlöschensfall an einer rechtswirksamen Genehmigung.

6. Der Revisionswerber meint, der Bescheid verstoße gegen das "Überraschungsverbot", hätte ihn doch die Behörde durch das von ihr durchgeführte Kollaudierungsverfahren in Sicherheit gewogen, über einen aufrechten Genehmigungsbescheid (in der Fassung des Kenntnisnahmebescheides) zu verfügen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Verwaltungsverfahren das "Überraschungsverbot" zu beachten. Darunter ist das Verbot zu verstehen, dass die Behörde in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezieht, die der Partei nicht bekannt waren (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, und vom 3. Mai 2005, 2002/18/0053, mwN).

Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof auch wiederholt festgehalten, dass sich das zum Überraschungsverbot in Beziehung gesetzte Parteiengehör nur auf die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts, nicht aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung erstreckt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, vom 19. Februar 2014, 2013/22/0177, und vom 22. März 2012, 2010/07/0038).

Der Revisionswerber bringt vor, die Annahme der belangten Behörde, die Genehmigung wäre erloschen, sei für ihn überraschend erfolgt. Damit bezieht er sich aber auf die von der Behörde vorzunehmende rechtliche Beurteilung des maßgeblichen Sachverhalts, die vom Gebot des Parteiengehörs und damit vom "Überraschungsverbot" nicht erfasst ist.

Dass diese rechtliche Beurteilung ihrerseits keine Rechte des Revisionswerbers verletzte, wurde bereits oben dargetan.

7. Der Revisionswerber verweist weiters darauf, dass § 62 Abs. 2a AWG 2002 die falsche Rechtsgrundlage für das Einschreiten der Behörde gewesen sei. § 63 Abs. 4 AWG 2002 stelle eine spezielle Rechtsgrundlage für die vorliegende Fallgestaltung dar und wäre daher richtigerweise heranzuziehen gewesen. Sofern eine genehmigte Deponie vorliege, dürfe ein Bescheid nicht auf § 62 Abs. 2a AWG 2002 gestützt werden.

§ 63 Abs. 4 AWG 2002 sieht die Möglichkeit der Anordnung der Schließung einer Deponie vor, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz oder einer Verordnung nach § 65 über Deponien oder Auflagen des Genehmigungsbescheides oder Anordnungen nicht eingehalten werden.

§ 62 Abs. 2a AWG 2002 hat den Fall vor Augen, in dem es offenkundig ist, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird.

§ 63 Abs. 4 AWG 2002 regelt hingegen den Fall, in dem eine aufrechte Deponiebewilligung besteht und die Bestimmungen entweder des Gesetzes, oder einer Verordnung, oder des Genehmigungsbescheides oder von Anordnungen nicht eingehalten werden.

Wie oben dargelegt, verfügt die gegenständliche Deponie über keine aufrechte Genehmigung mehr. Es handelte sich somit im Zeitpunkt der Erlassung des Schließungsbescheides nicht mehr um eine genehmigte Deponie. § 63 Abs. 4 AWG 2002 fand daher keine Anwendung.

8. Die Revision war aus den dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Oktober 2015

Stichworte