VwGH Ra 2015/03/0047

VwGHRa 2015/03/004710.8.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache 1. der G. GmbH in W, und 2. des P H in P, beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2015, Zlen W176 2107115- 1/3E, W176 2107183-1/2E, betreffend Gerichtsgebühren (mitbeteiligte Partei: A AG in G; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsidentin des Landesgerichts Wiener Neustadt), im Umlaufweg den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art94;
EO §355;
EO §359 Abs1;
GEG §1 Z2;
GEG §6 Abs1;
GEG §6;
GEG §7;
VwRallg;
B-VG Art94;
EO §355;
EO §359 Abs1;
GEG §1 Z2;
GEG §6 Abs1;
GEG §6;
GEG §7;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen zwei Bescheide der Präsidentin des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 11. März 2013 gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm § 355 Abs 1 EO sowie § 6 Abs 1 GEG als unbegründet ab (Spruchpunkt A) und erklärte ferner die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG für unzulässig (Spruchpunkt B).

2. Den Bescheiden der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde liegt Folgendes zugrunde:

Die mitbeteiligte Partei brachte beim Bezirksgericht Wiener Neustadt am 10. Dezember 2012 als betreibende Partei einen

"32. weitere(n) Strafantrag" gegen die revisionswerbenden Parteien als verpflichtete Parteien ein und beantragte, über die verpflichteten revisionswerbenden Parteien eine weitere angemessene Strafe in der Höhe von jeweils EUR 100.000,-- für die Verletzung eines Exekutionstitels am 2. Dezember 2014 zu verhängen und die verpflichteten Parteien in den Kostenersatz zu verfällen. Nach einer vollstreckbaren einstweiligen Verfügung des Landesgerichts Wiener Neustadt aus dem Jahr 2013 seien die revisionswerbenden Parteien verpflichtet, es zu unterlassen, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben und den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Maschinen im L Casino in W, solange sie nicht über die dafür erforderliche behördliche Bewilligung verfügten. Eben gegen diesen vollstreckbaren Titel hätten die revisionswerbenden Parteien am 2. Dezember 2014 (was näher dargestellt wird) verstoßen.

Dieser Antrag wurde vom Bezirksgericht Wiener Neustadt am 12. Dezember 2012 bewilligt, ferner wurden die Kosten der dort antragstellenden mitbeteiligten Partei festgesetzt.

Weiters wurde ein gleichgerichteter, beim Bezirksgericht Wiener Neustadt am 12. Dezember 2014 eingebrachter "33. weiterer Strafantrag", der ebenfalls auf die Verhängung einer "weiteren angemessenen Strafe" in der Höhe von jeweils EUR 100.000,-- gegen die revisionswerbenden Parteien gerichtet war, vom Bezirksgericht Wiener Neustadt am 16. Dezember 2014 bewilligt (bei gleichzeitiger betragsmäßiger Bestimmung der Kosten der dort antragstellenden mitbeteiligten Partei).

3. In der Folge richtete die belangte Behörde zwei Zahlungsaufträge in der Form von Mandatsbescheiden vom 20. Jänner 2015 an die revisionswerbenden Parteien, mit denen diese jeweils aufgefordert wurden, die mit den Beschlüssen des Bezirksgerichts Wiener Neustadt verhängten Geldstrafen sowie eine Einhebungsgebühr einzuzahlen, andernfalls die Beträge zwangsweise eingebracht würden.

Auf Grund dagegen erhobener Vorstellungen erließ die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde schließlich korrespondierend zu den bezirksgerichtlichen Exekutionsbewilligungen zwei Bescheide (Zahlungsauftrag) vom 11. März 2015 gegenüber den revisionswerbenden verpflichteten Parteien. Danach sei in der Exekutionssache der betreibenden mitbeteiligten Partei gegen die verpflichtenden revisionswerbenden Parteien wegen EUR 34.900,-- samt Anhang (Unterlassungsexekution) des Bezirksgerichts Wiener Neustadt jeweils ein offener Gesamtbetrag von EUR 208.000,--

aufgelaufen, für den die erstrevisionswerbende Partei zahlungspflichtig sei. Die entsprechenden Exekutionsanträge seien mit rechtskräftigen und vollstreckbaren Beschlüssen des Bezirksgerichts Wiener Neustadt bewilligt worden, am 19. Jänner 2015 habe die zuständige Richterin die Einhebung der Geldstrafen verfügt.

4. Im nunmehr angefochtenen Erkenntnis wurde zur Abweisung der dagegen gerichteten Beschwerde der revisionswerbenden Parteien begründend insbesondere festgehalten, dass dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien, den Bescheiden lägen insofern keine gerichtlichen Entscheidungen zugrunde, als ein betreibender Gläubiger bezüglich einer Unterlassungsexekution nach § 355 EO ausschließlich die Bewilligung der Exekution beantragen könnte, aber kein Antragsrecht auf Verhängung einer Geldstrafe gegenüber dem Verpflichteten hätte, die Regelungen des § 355 Abs 1 EO iVm § 359 EO entgegenstünden. Das Vorbringen, die bezirksgerichtlichen Beschlüsse seien entgegen § 355 Abs 1 vierter Satz EO nicht begründet worden, sei angesichts der von den revisionswerbenden Parteien nicht in Abrede gestellten Rechtskraft dieser Beschlüsse im Hinblick auf die Bindung der Justizverwaltung an rechtskräftige Gerichtsentscheidungen nicht zielführend.

5. Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

6. Entgegen der Stoßrichtung der außerordentlichen Revision sind die das GEG vollziehenden Justizverwaltungsorgane bei der Gerichtsgebührenfestsetzung an die Entscheidungen des Gerichtes gebunden, und zwar selbst dann, wenn gerichtliche Entscheidungen offenbar unrichtig sein sollten (vgl etwa VwGH vom 16. Dezember 2014, 2013/16/0172).

Den Justizverwaltungsbehörden ist es damit verwehrt, das gerichtliche Verfahren, das zur rechtskräftig ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung geführt hat, auf seine Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl etwa VwGH vom 27. Jänner 2009, 2008/06/0227). Daher darf auch die Gesetzmäßigkeit der durch die gerichtliche Entscheidung dem Grund und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht nicht im Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden (vgl VwGH vom 22. Dezember 2010, 2010/06/0173, mwH).

Zudem kann die Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung auch in einem Berichtigungsverfahren nach § 7 GEG nicht mehr aufgerollt werden (vgl etwa VwGH vom 18. Dezember 2007, 2007/06/0285, VwGH vom 18. Dezember 2008, 2008/06/0197, VwGH vom 29. Jänner 2015, 2013/16/0100).

Die Rechtmäßigkeit der unbestritten rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidungen, die den vorliegenden Zahlungsaufträgen zugrunde liegen, durften daher im Justizverwaltungsweg nicht überprüft werden.

7. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach § 1 Z 2 GEG ua Geldstrafen aller Art, die von den Gerichten verhängt worden sind oder deren Einbringung nach besonderen Vorschriften den Gerichten obliegt, von Amts wegen einzubringen sind. Das GEG geht dabei von einem weiten Verständnis des Begriffes "Geldstrafen" aus (auch verdeutlicht durch die Wortwahl "Geldstrafen aller Art", vgl VwGH vom 28. November 2006, 2006/06/0261).

Die EO selbst nennt in ihrem § 355 die dem Verpflichteten zur Erwirkung von Duldungen oder Unterlassungen auferlegte Geldleistung "Geldstrafe". Diese Bestimmung ordnet ausdrücklich an, dass "die Exekution gegen den zur Unterlassung einer Handlung oder zur Duldung der Vornahme einer Handlung Verpflichteten (dadurch) geschieht ..., dass wegen eines jeden Zuwiderhandelns nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels auf Antrag vom Exekutionsgericht anlässlich der Bewilligung der Exekution eine Geldstrafe verhängt wird". Nach § 359 Abs 1 EO darf die Geldstrafe je Antrag EUR 100.000,-- nicht übersteigen.

Damit ergibt sich schon aus dieser klaren gesetzlichen Anordnung, dass (anders als die Revision meint) die antragsgemäße Bewilligung der exekutionsweisen Verhängung einer angemessenen Strafe zur Durchsetzung einer Unterlassungsverpflichtung gerichtlich durch Verhängung dieser Strafe angeordnet wird. Angesichts des betragsmäßig fixierten Antrages bedeutet die gerichtliche Bewilligung auch, dass die Strafe gerichtlich auch der Höhe nach festgesetzt wurde.

Die gegen die bezirksgerichtlichen Bewilligungsbeschlüsse gerichteten Einwände (etwa dass diesen Beschlüssen nicht zu entnehmen sei, über welche Person die Geldstrafen verhängt wurden) wären vor diesem Hintergrund vor den ordentlichen Gerichten im Rechtsmittelweg geltend zu machen gewesen.

8. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Zum einen hat das Verwaltungsgericht in seinem angefochtenen Erkenntnis die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beachtet. Zum anderen ist die angesprochene Rechtslage betreffend § 355 Abs 1 EO klar und eindeutig (vgl in diesem Zusammenhang VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2015/03/0002, und VwGH vom 29. Jänner 2015, Ra 2014/03/0061).

Die außerordentliche Revision war daher gemäß § 34 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Diese Entscheidung konnte im Umlaufweg getroffen werden, weil im Revisionsfall die Voraussetzungen des § 15 Abs 4 iVm § 12 Abs 1 Z 1 lit a VwGG gegeben sind.

Wien, am 10. August 2015

Stichworte