AWG 2002 §15 Abs3
AWG 2002 §79 Abs1 Z1
AWG 2002 §79 Abs2 Z1
AWG 2002 §79 Abs3 Z1
RBV §4
RBV §5
VStG §9
VStG §45 Abs1 Z2
MRKZP 07te Art. 4 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.003.032.5869.2019
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Pühringer über die Beschwerden 1.) des Mag. A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 8. April 2019, Zl. MBA/...1, (protokolliert zur Zl. VGW-003/032/5869/2019) und 2.) des DI C. D. gegen das Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien vom 8. April 2019, Zl. MBA/...2, (protokolliert zur Zl. VGW-003/032/5871/2019) jeweils betreffend Übertretungen 1.) des § 79 Abs. 2 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002 iVm § 15 Abs. 3 AWG 2002, 2.) des § 6 Abs. 1 iVm Abs. 5 Recycling-Baustoffverordnung iVm § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002, 3.) des § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung iVm § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 und 4.) des § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002,
zu Recht e r k a n n t:
A. Zu VGW-003/032/5869/2019:
I. Der Beschwerde des Mag. A. B. wird in folgendem Ausmaß stattgegeben:
1. Die einleitende Zeile des angefochtenen Straferkenntnisses lautend auf "Datum: 05.03.2018 – 08.08.2018" hat zu entfallen.
2. Spruchpunkt "2)" des angefochtenen Straferkenntnisses wird behoben und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
3. Der Tatvorwurf in Spruchpunkt "3)" des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgendermaßen zu lauten:
"zwischen 24. Juni 2018 und 30. Juni 2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße, entgegen § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung ein maschineller Rückbau der Dachkonstruktion erfolgte, ohne zuvor die FCKW-haltigen Dämmstoffe aus der Bausubstanz zu entfernen."
4. Das zu Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF." ist durch das Normzitat "§ 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002" und das Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF." durch das Normzitat "§ 79 Abs. 1 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002" zu ersetzen.
5. Das zu Spruchpunkt "4)" des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF." ist durch das Normzitat "§ 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002" und das Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF." durch das Normzitat "§ 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002" zu ersetzen.
6. Die zu Spruchpunkt "3)" des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wird von € 2.500,— bzw. zwei Tagen auf € 2.300,— bzw. einen Tag und 20 Stunden herabgesetzt. Der gemäß § 64 VStG in diesem Punkt vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wird dementsprechend mit € 230,— festgesetzt.
7. Die zu Spruchpunkt "4)" des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wird von € 2.500,— bzw. zwei Tagen auf € 1.000,— bzw. 20 Stunden herabgesetzt. Der gemäß § 64 VStG in diesem Punkt vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wird dementsprechend mit € 100,— festgesetzt.
II. 1. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Der im angefochtenen Straferkenntnis genannte zu zahlende Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG hat dementsprechend auf "€ 930,—", der zu zahlende Gesamtbetrag auf "€ 10.230,—" und die gesamte Ersatzfreiheitsstrafe auf "sechs Tage 16 Stunden" zu lauten.
III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer € 1.200,— als Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Straferkenntnisses zu leisten. Die F. GmbH haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für diesen Beitrag zur ungeteilten Hand.
B. Zu VGW-003/032/5871/2019:
I. Der Beschwerde des DI C. D. wird in folgendem Ausmaß stattgegeben:
1. Die einleitende Zeile des angefochtenen Straferkenntnisses lautend auf "Datum: 05.03.2018 – 08.08.2018" hat zu entfallen.
2. Spruchpunkt "2)" des angefochtenen Straferkenntnisses wird behoben und das gegen den Beschwerdeführer geführte Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
3. Der Tatvorwurf in Spruchpunkt "3)" des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgendermaßen zu lauten:
"zwischen 24. Juni 2018 und 30. Juni 2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße, entgegen § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung ein maschineller Rückbau der Dachkonstruktion erfolgte, ohne zuvor die FCKW-haltigen Dämmstoffe aus der Bausubstanz zu entfernen."
4. Das zu Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF." ist durch das Normzitat "§ 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002" und das Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF." durch das Normzitat "§ 79 Abs. 1 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002" zu ersetzen.
5. Das zu Spruchpunkt "4)" des angefochtenen Straferkenntnisses angeführte Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF." ist durch das Normzitat "§ 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002" und das Normzitat "§ 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF." durch das Normzitat "§ 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002" zu ersetzen.
6. Die zu Spruchpunkt "4)" des angefochtenen Straferkenntnisses verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe wird von € 2.100,— bzw. einem Tag und 12 Stunden auf € 800,— bzw. zehn Stunden herabgesetzt. Der gemäß § 64 VStG in diesem Punkt vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens wird dementsprechend mit € 80,— festgesetzt.
II. 1. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Der im angefochtenen Straferkenntnis genannte zu zahlende Kostenbeitrag gemäß § 64 VStG hat dementsprechend auf "€ 710,—", der zu zahlende Gesamtbetrag auf "€ 7.810,—" und die gesamte Ersatzfreiheitsstrafe auf "drei Tage 22 Stunden" zu lauten.
III. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer € 840,— als Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend den Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Straferkenntnisses zu leisten. Die F. GmbH haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für diesen Beitrag zur ungeteilten Hand.
C. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend den Erstbeschwerdeführer vom 8. April 2019, Zl. MBA/...1, lautet:
"Datum: 05.03.2018 - 08.08.2018
Ort: Wien, E.-straße
Firma F. GmbH mit Sitz in Wien, G.-gasse
Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F. GmbH mit Sitz in G.-gasse, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als gewerbsmäßig in der Abfallwirtschaft tätige Abfallsammlerin und als Bauunternehmerin (Abbruch- und Entsorgungsarbeiten)
1) am 08.08.2018 beim Abbruch der Gebäude auf der Liegenschaft in Wien, E.-straße, gefährliche Abfälle, nämlich XPS-Dämmstoffplattenabfälle, die Freon 142 (FCKW) enthalten und entsprechend der Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der geltenden Fassung, i.V.m. der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis', ausgegeben am 1. Oktober 2005, der Schlüsselnummer 57108-77 'Polystyrol, Polysytrolschaum' zuzuordnen sind, insofern entgegen § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 außerhalb von für die Sammlung geeigneten Orten gelagert hat, als diese in einem Betonabbruchhaufen am Fuße des Bauwerks am Boden ungeschützt vor weitere Zerstörung, vermischt mit anderen Abfällen gelagert wurden und nicht in vor Bruch geschützten Gebinden, wie Absetzmulden und Containern.
Geeignete Orte für die Lagerung von XPS -Dämmstoffplattenabfällen sind Absetzmulden und Container, die abseits von herabfallenden Bauwerken aufzustellen sind und die Platten vor weiterem Zerbrechen schützen. Die Lagerung in derartigen Gebinden ist erforderlich, da im Zuge jedes weiteren Zerbrechens FCKW in die Atmosphäre freigesetzt werden kann. FCKW ist ein ozondezimierendes Treibhausgas. Durch die Freisetzung des FCKW werden die öffentlichen Interessen nach § 1 Abs. 3 Z 4 AWG 2002, nämlich die Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidbare Ausmaß hinaus beeinträchtigt, da die Emissionen von klimarelevanten Gasen nicht so gering wie möglich gehalten werden.
2) in der Zeit von 05.03.2018 bis 08.08.2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße entgegen § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Recycling-Baustoffverordnung, gefährliche Abfälle, nämlich
XPS-Dämmplatten, die entsprechend der Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der geltenden Fassung, i.V.m. der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis', ausgegeben am 1. Oktober 2005, der Schlüsselnummer 57108-77 'Polystyrol, Polysytrolschaum zuzuordnen sind, vor Ort nicht von den nicht gefährlichen Abfällen (Betonabbruch) getrennt hat, da diese gemeinsam mit Betonabbruch vermischt auf einem Haufen gelagert wurden.
3) in der Zeit von 05.03.2018 bis 08.08.2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße entgegen § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung, die Schad- und Störstoffentfernung insofern nicht vor dem maschinellen Rückbau durchgeführte, als die Dachkonstruktion mitsamt den FCKW-haltigen XPS-Dämmstoffplatten, im Zuge des maschinellen Abbruchs mit der Abbruchzange gemeinsam heruntergebrochen wurde. Der maschinelle Abbruch erfolgte somit, ohne dass zuvor eine vollständige Störstoffentfernung durchgeführt wurde.
4) auf der Baustelle in Wien, E.-straße am 08.08.2018 entgegen § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung, insofern auf Verlangen keine Dokumentation des Rückbaus vorlegen konnte, als trotz Verlangens kein Freigabeprotokoll zum Bauteil A vorgelegt wurde.
Es wurde festgestellt, dass mehr als 750 t Bau- und Abbruchabfälle anfallen und der Brutto-Rauminhalt des abzubrechenden Objektes mehr als 3.500 m3 beträgt, weshalb die Bestimmungen der Recycling-Baustoffverordnung, BGBl. II Nr. 181/2015, in der geltenden Fassung zur Anwendung kommen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Verwaltungsübertretungen nach
Ad 1) § 79 Abs. 2 Z1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF. i.V.m. § 15 Abs. 3 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 i.d.g.F.
Ad 2) § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. sowie § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Ad 3) § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. in Verbindung mit § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Ad 4) § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. in Verbindung mit § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Wegen dieser 4 Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, […] Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
Ad 1):€ 6.000,00 Ad 1) 4 Tage Ad 1) § 79 Abs. 2 Z1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF.
Ad 2-4) jeweils Ad 2-4) je 2 Tage, Ad 2-4) jeweils § 79 Abs 2 Z 1
€ 2.500,00, zweiter Strafsatz AWG 2002
idgF.
insgesamt gesamt:
€ 13.500,00 10 Tage
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 1.350,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 14.850,00"
2. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses betreffend den Zweitbeschwerdeführer vom 8. April 2019, Zl. MBA/...1, lautet:
"Datum: 05.03.2018 - 08.08.2018
Ort: Wien, E.-straße
Firma F. GmbH mit Sitz in Wien, G.-gasse
Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der F. GmbH mit Sitz in G.-gasse, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als gewerbsmäßig in der Abfallwirtschaft tätige Abfallsammlerin und als Bauunternehmerin (Abbruch- und Entsorgungsarbeiten)
1) am 08.08.2018 beim Abbruch der Gebäude auf der Liegenschaft in Wien, E.-straße, gefährliche Abfälle, nämlich XPS-Dämmstoffplattenabfälle, die Freon 142 (FCKW) enthalten und entsprechend der Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der geltenden Fassung, i.V.m. der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis', ausgegeben am 1. Oktober 2005, der Schlüsselnummer 57108-77 'Polystyrol, Polysytrolschaum' zuzuordnen sind, insofern entgegen § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 außerhalb von für die Sammlung geeigneten Orten gelagert hat, als diese in einem Betonabbruchhaufen am Fuße des Bauwerks am Boden ungeschützt vor weitere Zerstörung, vermischt mit anderen Abfällen gelagert wurden und nicht in vor Bruch geschützten Gebinden, wie Absetzmulden und Containern.
Geeignete Orte für die Lagerung von XPS -Dämmstoffplattenabfällen sind Absetzmulden und Container, die abseits von herabfallenden Bauwerken aufzustellen sind und die Platten vor weiterem Zerbrechen schützen. Die Lagerung in derartigen Gebinden ist erforderlich, da im Zuge jedes weiteren Zerbrechens FCKW in die Atmosphäre freigesetzt werden kann. FCKW ist ein ozondezimierendes Treibhausgas. Durch die Freisetzung des FCKW werden die öffentlichen Interessen nach § 1 Abs. 3 Z 4 AWG 2002, nämlich die Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidbare Ausmaß hinaus beeinträchtigt, da die Emissionen von klimarelevanten Gasen nicht so gering wie möglich gehalten werden.
2) in der Zeit von 05.03.2018 bis 08.08.2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße entgegen § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Recycling-Baustoffverordnung, gefährliche Abfälle, nämlich
XPS-Dämmplatten, die entsprechend der Anlage 5 der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der geltenden Fassung, i.V.m. der ÖNORM S 2100 'Abfallverzeichnis', ausgegeben am 1. Oktober 2005, der Schlüsselnummer 57108-77 'Polystyrol, Polysytrolschaum zuzuordnen sind, vor Ort nicht von den nicht gefährlichen Abfällen (Betonabbruch) getrennt hat, da diese gemeinsam mit Betonabbruch vermischt auf einem Haufen gelagert wurden.
3) in der Zeit von 05.03.2018 bis 08.08.2018 auf der Baustelle in Wien, E.-straße entgegen § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung, die Schad- und Störstoffentfernung insofern nicht vor dem maschinellen Rückbau durchgeführte, als die Dachkonstruktion mitsamt den FCKW-haltigen XPS-Dämmstoffplatten, im Zuge des maschinellen Abbruchs mit der Abbruchzange gemeinsam heruntergebrochen wurde. Der maschinelle Abbruch erfolgte somit, ohne dass zuvor eine vollständige Störstoffentfernung durchgeführt wurde.
4) auf der Baustelle in Wien, E.-straße am 08.08.2018 entgegen § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung, insofern auf Verlangen keine Dokumentation des Rückbaus vorlegen konnte, als trotz Verlangens kein Freigabeprotokoll zum Bauteil A vorgelegt wurde.
Es wurde festgestellt, dass mehr als 750 t Bau- und Abbruchabfälle anfallen und der Brutto-Rauminhalt des abzubrechenden Objektes mehr als 3.500 m3 beträgt, weshalb die Bestimmungen der Recycling-Baustoffverordnung, BGBl. II Nr. 181/2015, in der geltenden Fassung zur Anwendung kommen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
Verwaltungsübertretungen nach
Ad 1) § 79 Abs. 2 Z1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF. i.V.m. § 15 Abs. 3 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 i.d.g.F.
Ad 2) § 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. sowie § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Ad 3) § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. in Verbindung mit § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Ad 4) § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung, BGBL II Nr. 181/2915 idgF. in Verbindung mit § 79 Abs 2 Z 1 AWG 2002 BGBl. I Nr. 193/2013 idgF
Wegen dieser 4 Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, […] Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
Ad 1):€ 4.200,00 Ad 1) 2 Tage Ad 1) § 79 Abs. 2 Z1 zweiter Strafsatz AWG 2002 idgF.
Ad 2-4) jeweils Ad 2-4) je 2 Tage, Ad 2-4) jeweils § 79 Abs 2 Z 1
€ 2.100,00, zweiter Strafsatz AWG 2002
idgF.
insgesamt gesamt:
€ 10.500,00 6 Tage 12 Stunden
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 1.050,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens 10 Euro für jedes Delikt
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 11.550,00"
3. Gegen diese Bescheide richten sich die von den Beschwerdeführern im Wesentlichen wortident erhobenen Beschwerden, in welchen auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG verwiesen wird; eine Verantwortlichkeit der Beschwerdeführer scheide deshalb aus. Unter einem wird mit den Beschwerden eine Bestellungsurkunde vom 7. Jänner 2013 vorgelegt.
4. Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidungen und legte dem Verwaltungsgericht Wien die Beschwerden samt den bezughabenden Verwaltungsakten vor.
5. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 17. Juli 2019 und am 4. September 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Beschwerdeführer legten weitere Urkunden vor und erstatteten schriftliche Stellungnahmen.
II. Sachverhalt
1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:
Die beiden Beschwerdeführer sind und waren auch zum Tatzeitpunkt jeweils handelsrechtliche Geschäftsführer der F. GmbH (ab hier: haftungsbeteiligte Gesellschaft).
Mit Urkunde vom 7. Jänner 2013, unterzeichnet an diesem Tag von einem Vertreter der F. GmbH und H. I., wurde H. I. von der F. GmbH per 7. Jänner 2013 "gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 VStG die Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher Verwaltungsvorschriften, sowie des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und der Arbeitnehmerschutzvorschriften (insbesondere ASchG, AZG, ARG, ArbVG, BauKG, etc.)" übertragen.
In der Bestellungsurkunde heißt es weiters wörtlich:
"Der Verantwortungsbereich von Herrn H. I. umfasst insbesondere:
-> die sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsvorschriften (z.B. ASVG);
-> die baurechtlichen Verwaltungsvorschriften des Bundes und der Länder (z.B. NÖ Bauordnung, Salzburger BautechnikG, Wiener GebrauchsabgabenG); die wasser-, umwelt- und naturschutzrechtlichen Vorschriften (z.B. WRG, IG-L, ForstG, MinroG, UVPG, Lärmschutz- und Baumschutzvorschriften des Bundes und der Länder)
Herr H. I. verfügt im Rahmen seines Verantwortungsbereiches über umfassende Anordnungsbefugnis, um für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen und das hierfür erforderliche Kontrollsystem aufrecht zu erhalten.
Der bestellte verantwortliche Herr H. I. zeichnet dieses Schreiben zum Zeichen seiner Zustimmung mit."
H. I. hat seinen aufrechten Hauptwohnsitz im Inland.
Ab März 2018 wurden von der haftungsbeteiligten Gesellschaft Abbrucharbeiten auf einer Baustelle in Wien, E.-straße, durchgeführt. Bei diesen Abbrucharbeiten fielen mehr als 750 Tonnen Bau- und Abbruchabfälle an, der Brutto-Rauminhalt betrug mehr als 3.500 m³. Das abzubrechende Objekt bestand aus mehreren Bauteilen; in den Beschwerdefällen ist der im nördlichen Teil der Liegenschaft situierte Bauteil A relevant. Dieser Bauteil A bestand aus einem Altbau aus dem Baujahr 1870 sowie späteren Neu- bzw. Zubauten. Ein solcher Zubau war das Stiegenhaus im mittleren Teil des Bauteils A.
In Vorbereitung der Abbrucharbeiten wurde eine Schad- und Störstofferkundung durchgeführt. Im Zuge dieser Untersuchung wurde – unter anderem – eine Probe (im Dokument als "P3" bezeichnet) vom Dach des Bauteils A genommen, welche das Vorhandensein FCKW-haltiger XPS-Dämmstoffplatten ergab. Dabei handelt es sich um gefährliche Abfälle nach der Schlüsselnummer 57108-77 des Abfallverzeichnisses. Diese Probe wurde vom Dach des später zugebauten Stiegenhauses in der Mitte des Bauteils A genommen.
Mit dem maschinellen Abbruch des Stiegenhauses in der Mitte des Bauteils A wurde Ende Juni 2018 begonnen; zu diesem Zeitpunkt lag keine Bestätigung der Erreichung des Freigabezustands gemäß Rückbaukonzept iSd Pkt. 7.4. der ÖNORM B 3151 iZm § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung vor. Infolge der maschinellen Abbrucharbeiten in unteren Stockwerken des Stiegenhauses brach die Decke des Stiegenhauses ein und rutschte zusammen mit anderem Bauschutt bis zum Erdboden ab.
Dieser im Zuge des Abbruchs entstandene Schutthaufen enthielt ein Gemenge aus gebrochenen XPS-Dämmstoffplatten und anderem Bauschutt. Der Schutthaufen lag ab Ende Juni 2018 vor der Mitte des Bauteils A auf Straßenniveau unbefestigt im Freien und wurde dort jedenfalls bis zum 8. August 2018 so belassen. Einzelne rund um den Haufen liegende Plattenbruchstücke wurden von Arbeitern entfernt. Weitere Maßnahmen zur Trennung der Abfälle oder zum Schutz der XPS-Plattenbruchstücke vor weiterer Zerkleinerung wurden nicht getroffen. Bei einer solchen Lagerung besteht die Gefahr, dass die Plattenbruchstücke infolge herabstürzender weiterer Bauteile oder durch den Einsatz von Maschinen erneut zerkleinert werden, wodurch klimaschädliches FCKW austritt.
Mit – unter anderem gegenüber der haftungsbeteiligten Gesellschaft erlassenen – Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 4. Juli 2018, MA37/...3, wurde spruchgemäß angeordnet, "[d]ie Bauführung zum Abbruch der Gebäude auf der Liegenschaft ... Bez., E.-straße, EZ ... der Kat. Gem. ... […] gemäß § 127 Abs. 8a in Verbindung mit § 127 Abs. 8 lit. a der Bauordnung für Wien (BO) für den zentralen Bauteil mit Sichtmauerwerk an der E.-straße einzustellen." Dieser Bescheid wurde frühestens am 9. Juli 2019 zugestellt. Infolge einer Beschwerde – unter anderem der haftungsbeteiligten Gesellschaft – wurde dieser Bescheid mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 18. Dezember 2018, VGW-111/075/12581/2018 ua., aufgehoben. Dies unter anderem mit der Begründung, dass auf Grund der Unbestimmtheit des Spruchs nicht erkennbar sei, "welcher Gebäudeteil von der Baueinstellung mit dem gegenständlichen Bescheid gemeint sein soll, da sich das Gebäude an der Straßenseite nicht in der angeführten Grundstücksnummer Nr. ... befindet und auch nicht der Ordnungsnummer ... zugeordnet werden kann".
Beim Erstbeschwerdeführer liegen zahlreiche verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen, auch solche nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, beim Zweitbeschwerdeführer verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen, jedoch keine einschlägigen, vor.
Die Beschwerdeführer haben durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse und keine Sorgepflichten.
2. Diese Feststellungen ergeben sich aus folgender Beweiswürdigung:
Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, Würdigung des Beschwerdevorbringens und der von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen sowie Einvernahme der Beschwerdeführer als Beschuldigte und des Ing. Mag. J. und des Ing. K. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellungen zur gesellschaftsrechtlichen Stellung der Beschwerdeführer und zum Inhalt der Bestellungsurkunde betreffend den H. I. ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt, insbesondere aus der darin enthaltenen Bestellungsurkunde betreffend den H. I.. Der Hauptwohnsitz des H. I. im Inland ergibt sich aus einem amtswegig eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Die Feststellungen zum Umfang und Ausmaß des gegenständlichen Abbruchvorhabens ergeben sich ebenfalls aus dem Verwaltungsakt und der von den Beschwerdeführern selbst vorgelegten Dokumentation zur Schad- und Störstofferkundung.
Die Feststellungen zur Probennahme auf dem Dach des Stiegenhauses des Bauteils A ergeben sich aus der in der Schadstofferkundung enthaltenen Skizze der Probenentnahmestellen in Zusammenschau mit einem Luftbild der Liegenschaft. Daraus ist für das Verwaltungsgericht Wien die Entnahmestelle "P3" eindeutig im Bereich des Dachs des Stiegenhauses des Bauteils A verortet (vgl. die Gegenüberstellung Beilage ./1 zum Verhandlungsprotokoll vom 4. September 2019). Zudem lassen die vom Amtssachverständigen vorgelegten Abbildungen des Probenentnahmeprotokolls (Beilage ./2 zum Verhandlungsprotokoll vom 17. Juli 2019) auf das Dach des später zugebauten Stiegenhauses und nicht der historischen Bausubstanz schließen. Dem Verwaltungsgericht Wien liegt die Schad- und Störstofferkundung nur unvollständig vor – so wurde diese von den Beschwerdeführern am 7. August 2019 ohne Beilagen vorgelegt – sodass von den vorliegenden Beweisergebnissen auf die Position der Probenentnahmestelle "P3" geschlossen werden muss. Der Zeuge Ing. K. gab zwar an, davon ausgegangen zu sein, dass die Probe vom Dach der historischen Bausubstanz stamme, räumte aber auch ein, bei der Probenentnahme nicht dabei gewesen zu sein und die genaue Position auch nur mutmaßen zu können. Aus dem vom Zeugen Ing. K. angeführten Umstand, wonach später zugebaute Stiegenhäuser üblicherweise thermisch entkoppelt seien und deshalb der Einsatz von Dämmstoffplatten nicht zu erwarten gewesen sei, kann für das Verwaltungsgericht Wien nicht nachvollziehbarerweise darauf geschlossen werden, dass bei einem später zugebauten Stiegenhaus jedenfalls keine solchen Dämmstoffplatten verbaut wurden bzw. eine entnommene positiv getestete Probe jedenfalls von einem anderen Bauteil stammen müsse.
Dass zum Zeitpunkt des Beginns der Abbrucharbeiten des Stiegenhauses in Bauteil A keine Bestätigung der Erreichung des Freigabezustands vorlag, erschließt sich daraus, dass schon bei der Begehung am 8. August 2018 trotz Aufforderung des Amtssachverständigen kein solches vorgelegt werden konnte und von den Beschwerdeführern weder im weiteren verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein solches vorgelegt wurde. Das im Verwaltungsakt enthaltene Freigabeprotokoll betreffend eine "Stiege 1" bezog sich dem Protokoll des Amtssachverständigen vom 8. August 2019 nach auf einen anderen Bauteil. Auch der Zeuge Ing. K. hat in seiner Einvernahme eingeräumt, dass die Datierung auf einen anderen Bauteil schließen lasse. Für das Verwaltungsgericht Wien ist kein Grund ersichtlich, weshalb ein vorhandenes Freigabeprotokoll von den Beschwerdeführern bewusst nicht vorgelegt werden sollte, es ist folglich der Schluss zu ziehen, dass ein solches Freigabeprotokoll schlicht nicht vorlag zum Abbruchzeitpunkt.
Die Feststellungen zum Ablauf der Abbrucharbeiten betreffend das Stiegenhaus des Bauteils A ergeben sich aus dem eigenen Beschwerdevorbringen und den glaubhaften Angaben des Zeugen Ing. K. in der mündlichen Verhandlung, welcher zwar beim Einbruch des Dachs des Stiegenhauses nicht selbst dabei war, welcher als Bauleiter aber über alle wesentlichen Vorkommnisse auf der Baustelle informiert wurde.
Die Feststellungen zum Baueinstellungsbescheid und der darauf fußenden verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gründen zum einen auf dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführer bzw. des Zeugen Ing. K. und zum anderen auf eine Einschau in das Aktenverwaltungssystem des Verwaltungsgerichts Wien.
Die Feststellungen zu den verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen der Beschwerdeführer ergeben sich aus diesbezüglichen Registerauszügen in den Verwaltungsakten. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse wurden vom Verwaltungsgericht Wien mangels anderslautender Anhaltspunkte geschätzt.
I.
II.
III. Rechtliche Beurteilung
1. § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. 52 idF BGBl. I 3/2008, lautet (auszugsweise):
" Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
[…]
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.
(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten – unbeschadet der Fälle des § 7 – strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.
[…]"
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Vorschriften des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 – AWG 2002, BGBl. I 102/2002 idF BGBl. I 44/2018, lauten:
"Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15. (1) Bei der Sammlung, Beförderung, Lagerung und Behandlung von Abfällen und beim sonstigen Umgang mit Abfällen sind
1. die Ziele und Grundsätze gemäß § 1 Abs. 1 und 2 zu beachten und
2. Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden.
(2) Das Vermischen oder Vermengen eines Abfalls mit anderen Abfällen oder Sachen ist unzulässig, wenn
1. abfallrechtlich erforderliche Untersuchungen oder Behandlungen erschwert oder behindert werden,
2. nur durch den Mischvorgang
a) abfallspezifische Grenzwerte oder Qualitätsanforderungen oder
b) anlagenspezifische Grenzwerte in Bezug auf die eingesetzten Abfälle
eingehalten werden oder
3. dieser Abfall im Widerspruch zu § 1 Abs. 3 behandelt oder verwendet wird.
Die gemeinsame Behandlung von verschiedenen Abfällen oder von Abfällen und Sachen in einer Anlage gilt jedenfalls dann nicht als Vermischen oder Vermengen im Sinne dieser Bestimmung, wenn diese Behandlung für jeden einzelnen Abfall zulässig ist. Das gemeinsame Sammeln von verschiedenen Abfallarten oder von Abfällen derselben Art mit unterschiedlich hohen Schadstoffgehalten ist dann zulässig, wenn keine chemische Reaktion zwischen den Abfällen auftritt und die gemeinsame Verwendung oder Behandlung entsprechend den genannten Kriterien zulässig ist.
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1. hiefür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
[…]
Strafhöhe
§ 79. (1) Wer
1. gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,
[…]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41 200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4 200 € bedroht.
(2) Wer
1. den Vorschriften einer Verordnung gemäß § 4, § 5 Abs. 2, § 13a Abs. 1a, § 14 Abs. 1 oder 2b oder § 23 Abs. 1 oder 2, ausgenommen Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage-, Nachweis- und Meldepflichten, zuwiderhandelt,
[…]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.
(3) Wer
1. entgegen § 5 Abs. 4, 5 oder 7, § 7 Abs. 1 oder 7, § 13, § 13a Abs. 1b, 3, 4 oder 4a, § 13g Abs. 3 oder 4, § 15 Abs. 6, § 16 Abs. 2 Z 5, § 17 Abs. 1, 3, 4 oder 5, § 18 Abs. 3, 4 oder 5, § 20, § 21, § 22 Abs. 6, § 22a, § 22b, § 22c, § 24a Abs. 2 Z 3 oder 5, § 29 Abs. 8 und 9, § 29b Abs. 3, § 29d Abs. 2 und 3, § 31 Abs. 2 Z 2, § 32 Abs. 4, § 35 Abs. 3, § 40 Abs. 3a, § 47 Abs. 3, § 48 Abs. 2a, § 51 Abs. 2a, § 60 Abs. 1, 3, 4 oder 5, § 61 Abs. 2 oder 3, § 64 oder § 77 Abs. 5 oder 6, § 78 Abs. 7 oder 12 oder entgegen einer Verordnung nach § 4, § 5, § 13a Abs. 1a, § 14 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 9, § 14 Abs. 2b, § 23 Abs. 1 Z 5, Abs. 2 oder 3, § 36 Z 4, § 65 Abs. 1 Z 4 oder § 71a Abs. 6 oder entgegen der EG PRTR V den Aufzeichnungs-, Aufbewahrungs-, Vorlage- oder Nachweis-, Melde-, Auskunfts- oder Einsichtspflichten oder Registrierungs-, Mitwirkungs-, Mitteilungs- oder Berichtigungspflichten oder Veröffentlichungspflichten nicht nachkommt,
[…]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 400 € zu bestrafen ist."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Recycling-Baustoffverordnung – RBV, BGBl. II 181/2015 idF BGBl. II 290/2016, lauten:
"Pflichten bei Bau- und Abbruchtätigkeiten
Schad- und Störstofferkundung und orientierende Schad- und Störstofferkundung
§ 4. (1) Vor Abbruch eines Bauwerks oder mehrerer Bauwerke im Rahmen eines Bauvorhabens, bei dem insgesamt mehr als 750 t Bau- oder Abbruchabfälle, ausgenommen Bodenaushubmaterial, anfallen, ist eine Schad- und Störstofferkundung als orientierende Schad- und Störstofferkundung gemäß ÖNORM B 3151 'Rückbau von Bauwerken als Standardabbruchmethode', ausgegeben am 1. Dezember 2014, durch eine rückbaukundige Person durchzuführen. Dieser Absatz gilt nicht für Linienbauwerke und Verkehrsflächen.
(2) Vor Abbruch eines Bauwerks oder mehrerer Bauwerke im Rahmen eines Bauvorhabens, bei dem insgesamt mehr als 750 t Bau- oder Abbruchabfälle, ausgenommen Bodenaushubmaterial, anfallen und mit einem gesamten Brutto-Rauminhalt von mehr als 3.500 m3, ist anstatt einer orientierenden Schad- und Störstofferkundung gemäß Abs. 1 eine Schad- und Störstofferkundung gemäß ÖNORM EN ISO 16000-32 'Innenraumluftverunreinigungen, Teil 32: Untersuchung von Gebäuden auf Schadstoffe', ausgegeben am 1. Oktober 2014, durch eine externe befugte Fachperson oder Fachanstalt, die über bautechnische Kenntnisse verfügt, durchzuführen. Dieser Absatz gilt nicht für Linienbauwerke und Verkehrsflächen.
(3) Im Rahmen der Schad- und Störstofferkundung gemäß Abs. 1 und 2 sind auch jene Bauteile zu dokumentieren, welche einer Vorbereitung zur Wiederverwendung zugeführt werden können.
[…]
(5) Der Bauherr hat die Dokumentation der Schad- und Störstofferkundung mindestens sieben Jahre nach Abschluss des Abbruchs eines Bauwerks oder mehrerer Bauwerke im Rahmen eines Bauvorhabens aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen vorzulegen.
[…]
Rückbau
§ 5. (1) Der Abbruch eines Bauwerks oder mehrerer Bauwerke im Rahmen eines Bauvorhabens, bei dem insgesamt mehr als 750 t Bau- oder Abbruchabfälle, ausgenommen Bodenaushubmaterial, anfallen, hat als Rückbau gemäß ÖNORM B 3151 zu erfolgen. Es ist sicherzustellen, dass Bauteile, die einer Vorbereitung zur Wiederverwendung zugeführt werden können und welche von Dritten nachgefragt werden, so ausgebaut und übergeben werden, dass die nachfolgende Wiederverwendung nicht erschwert oder unmöglich gemacht wird. Schadstoffe, insbesondere gefährliche Abfälle (zB Asbestzement, asbesthaltige Abfälle, teerhaltige Abfälle, PCB-haltige Abfälle, phenolhaltige Abfälle und (H)FCKW-haltige Dämmstoffe oder Bauteile), und Störstoffe (zB gipshaltige Abfälle), die ein Recycling erschweren, sind zu entfernen. Der Ausbau von wiederverwendbaren Bauteilen und die Schad- und Störstoffentfernung haben vor einem allfälligen maschinellen Rückbau zu erfolgen. Dieser Absatz gilt nicht für Linienbauwerke und Verkehrsflächen.
(2) Die entfernten Abfälle, die Schad- und Störstoffe enthalten, sind vor Ort voneinander zu trennen und einer ordnungsgemäßen Behandlung zuzuführen.
[…]
(4) Der Bauherr und der Bauunternehmer sind verantwortlich, dass vor Beginn und während des Abbruchs eines Bauwerks die Dokumentation des Rückbaus gemäß Abs. 1 auf der Baustelle aufliegt und der Behörde auf Verlangen vorgelegt wird. Im Falle der Übergabe mineralischer Abfälle zur Herstellung von Recycling-Baustoffen oder der Übergabe von Holzabfällen aus einem Rückbau gemäß ÖNORM B 3151 hat der Bauherr und jeder weitere Übernehmer bei der ersten Übergabe des Abfalls an einen Dritten eine Kopie der Dokumentation des Rückbaus gemeinsam mit dem Abfall weiterzugeben.
(5) Der Bauherr hat die Dokumentation des Rückbaus mindestens sieben Jahre nach Abschluss des Abbruchs eines Bauwerks aufzubewahren und der Behörde auf Verlangen vorzulegen."
2. Zur Strafbarkeit der Beschwerdeführer:
2.1. Die Strafbarkeit der Beschwerdeführer wird in den angefochtenen Straferkenntnissen auf deren Rolle als nach außen vertretungsbefugte Organe der haftungsbeteiligten F. GmbH gestützt.
Die Beschwerdeführer wenden in ihren Beschwerden dagegen ein, dass H. I. als verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs. 2 VStG bestellt worden sei und legen dazu eine Bestellungsurkunde vor.
2.2. Aus dem klaren Wortlaut des § 9 Abs. 2 VStG folgt zunächst, dass das Gesetz den Verpflichteten bei der Bestellung der verantwortlichen Beauftragten aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen die Wahlmöglichkeit einräumt, den Bereich der Verantwortung auf das ganze Unternehmen zu beziehen oder im Einzelfall auf bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens zu beschränken (VwGH 15.9.1997, 97/10/0079).
In weiterer Folge unterscheidet § 9 Abs. 2 VStG zwischen zwei Personengruppen, welche zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden können. Zunächst wird im ersten Satz der Fall genannt, dass eine Person aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wird. Dies ist entweder für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens möglich. Demgegenüber wird im zweiten Satz die Möglichkeit der Bestellung "anderer Personen" – also solcher, welche nicht zur Vertretung des Unternehmens nach außen berufen sind – eingeräumt. Hinsichtlich dieser Personengruppe ist jedoch nur die Bestellung "für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens" zulässig. Im Umkehrschluss ist abzuleiten, dass für "andere Personen" eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für das ganze Unternehmen nicht zulässig ist.
Dieser Ansicht folgt auch Wessely in Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG² [2016] zu § 9 VStG, Rz. 7, wonach für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens – nicht hingegen für das gesamte Unternehmen – andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden können. Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 161 BlgNR 15. GP , welcher eine im Wesentlichen vergleichbare Textierung des § 9 Abs. 2 VStG wie nach der geltenden Rechtslage zugrunde lag, gehen in diese Richtung:
"Der Abs. 2 enthält eine Regelung über die Bestellung eines oder mehrerer verantwortlicher Beauftragter. Die vorgeschlagene Regelung unterscheidet zwischen solchen verantwortlichen Beauftragten, die aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen entnommen werden und verantwortlichen Beauftragten, die nicht diesem Kreis zugehören. Die Unterscheidung hat insofern rechtliche Bedeutung, als für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für den Gesamtbetrieb nur eine Person gewählt werden kann, die dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen angehört."
2.3. Folglich ist in den Beschwerdefällen zu beurteilen, ob der in der Bestellungsurkunde Genannte, welcher unzweifelhaft nicht zur Vertretung des Unternehmens nach außen berufen ist, für einen bestimmten räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich oder für das ganze Unternehmen bestellt wurde.
Nach der ständigen Judikatur ist der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den im Sinne des § 9 VStG ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen". Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereichs entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist sohin ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an (vgl. etwa VwGH 20.2.2019, Ra 2018/03/0121).
In der Bestellungsurkunde vom 7. Jänner 2013 wird H. I. die Verantwortung "für die Einhaltung sämtlicher Verwaltungsvorschriften" übertragen. Wenngleich in der Folge einzelne Materien beispielhaft ("insbesondere") herausgegriffen werden, besteht angesichts des Wortlauts der Bestellungsurkunde kein Zweifel, dass sich die Verantwortung des H. I. auf die Einhaltung jeglicher Verwaltungsvorschriften ohne Abgrenzung auf einen bestimmten Bereich bezieht (vgl. zu solchen beispielhaften Aufzählungen VwGH 14.7.2006, 2005/02/0167, ua.). Im Übrigen finden sich in der Bestellungsurkunde keine weiteren Einschränkungen auf eine Eingrenzung der Verantwortung des H. I. in räumlicher oder sachlicher Hinsicht. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer kann in der Adressierung der Bestellungsurkunde in deren Kopf an das Arbeitsinspektorat in … Wien oder aus der Nennung des Dienstortes des H. I. in … Wien keine räumliche Beschränkung auf das Land Wien erkannt werden (vgl. in diese Richtung auch VwGH 14.7.2006, 2005/02/0167).
2.4. Somit ist davon auszugehen, dass H. I. als verantwortlicher Beauftragter für das ganze Unternehmen bestellt wurde. Wie eben dargestellt, ist eine solche Bestellung einer nicht zur Vertretung des Unternehmens nach außen berufenen Person nach § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG nicht zulässig, weshalb auch in den Beschwerdefällen eine solche Bestellung nicht greifen kann. Die belangte Behörde hat folglich zu recht die Verwaltungsstrafverfahren gegen die zur Vertretung der haftungsbeteiligten Gesellschaft nach außen berufenen handelsrechtlichen Geschäftsführer geführt.
3. Zu Spruchpunkt "1)" der angefochtenen Straferkenntnisse:
3.1. Den Beschwerdeführern wird die Lagerung von als gefährlicher Abfall einzustufenden XPS-Dämmstoffplattenabfällen vermischt mit anderen Abfällen in einem Betonabbruchhaufen vorgeworfen; dies am 8. August 2018 auf einer Baustelle in Wien, E.-straße.
3.2. Zunächst ist davon auszugehen, dass es sich bei den FCKW-haltigen XPS‑Dämmstoffplattenabfällen, welche im Zuge der Abbrucharbeiten anfielen, um Abfall iSd § 2 Abs. 1 AWG 2002 handelt (vgl. allgemein zum Abfallbegriff VwGH 28.11.2013, 2010/07/0144). Es handelt sich bei diesen der Schlüsselnummer 57108-77 zuzuordnenden Stoffe um gefährliche Abfälle (vgl. § 2 Abs. 4 Z 3 AWG 2002).
Grundsätzlich bedeutet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum AWG 1990 und zum AWG 2002 "lagern" etwas Vorübergehendes, "ablagern" hingegen etwas Langfristiges (VwGH 29.1.2004, 2003/07/0121, mwN). Unter der Lagerung von Abfällen im Sinne des § 15 Abs. 3 AWG 2002 ist daher die vorübergehende Lagerung von Abfällen zu verstehen (VwGH 28.01.2010, 2009/07/0210).
Die gegenständlichen Abfälle fielen im Zuge von Abbrucharbeiten Ende Juni 2018 an und wurden in der Folge über mehrere Wochen hinweg in dem Schutthaufen auf der Baustelle belassen; zweifellos handelt es sich dabei um eine Lagerung iSd § 15 Abs. 3 AWG 2002. In den Beschwerdefällen liegt keine für die Lagerung von Abfällen genehmigte Anlage iSd § 15 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 vor. Da die Lagerung nicht in einer ortsfesten Behandlungsanlage erfolgte, bestand auch keine Genehmigungspflicht nach § 37 AWG 2002. In diesem Fall ist in weiterer Folge zu prüfen, ob es sich iSd § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002 beim Ort der Lagerung um einen für die Sammlung oder Behandlung der Abfälle geeigneten Ort handelt (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/07/0122). Die gebrochenen Plattenbruchstücke wurden unter freiem Himmel in einem Schutthaufen vermengt mit anderen Abfällen ohne Abdeckung gelagert, wodurch die Gefahr der Verunreinigung der Umwelt durch weiteres Zerbrechen der Plattenbruchstücke und Freisetzung klimaschädlicher Treibhausgase bestand (vgl. zur Eignung des Orts der Lagerung bei der Gefährdung öffentlicher Interessen etwa VwGH 18.2.2010, 2009/07/0131, oder VwGH 30.9.2010, 2007/07/0167). Der Ort war für die Lagerung daher nicht geeignet iSd § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002. Dieser Zustand dauerte zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt 8. August 2018 noch an. Das jeweils in Spruchpunkt "1)" der angefochtenen Straferkenntnisse angelastete Delikt ist damit in objektiver Hinsicht verwirklicht.
3.3. Bei der Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG das Verschulden der Täter vermutet wird, sofern sie nicht glaubhaft machen, dass ihnen die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei (vgl. zu nicht gefährlichen Abfällen VwGH 25.2.2009, 2008/07/0182). Die Beschwerdeführer wenden dazu ein, dass ihnen bis zum Abbruch des Stiegenhauses nicht bewusst gewesen sei, dass sich in dessen Dach XPS-Dämmstoffplatten befinden. Zudem sei das Dach bei Abbrucharbeiten an dem Stiegenhaus ungeplantermaßen eingestürzt. In der Folge seien zwar einzelne Plattenbruchstücke händisch entfernt worden, durch die behördlich verfügte Baueinstellung sei jedoch eine weitere Behandlung des Schutthaufens nicht mehr möglich gewesen, sodass sich diese am 8. August 2018 noch immer dort befunden haben.
Dazu ist anzumerken, dass hinsichtlich des gegenständlichen Abbruchobjekts eine Schad- und Störstofferkundung durchgeführt wurde, nach deren Ergebnis am Dach des Bauteils A XPS-Dämmstoffplatten verbaut waren; die entsprechende Probe wurde vom Dach eben jenes Stiegenhauses entnommen, welches letztlich den gegenständlichen Bauschutthaufen nährte. Dass es den für die haftungsbeteiligte Gesellschaft handelnden Personen nicht klar gewesen sei, dass dieses Dach XPS-Dämmstoffplatten enthalten könne, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Selbst wenn die Probenentnahme von einer anderen Stelle am Dach des Gebäudes erfolgt wäre, ließe sich daraus nicht mit Sicherheit ausschließen, dass an anderer Stelle am Dach jedenfalls keine solchen Dämmstoffplatten verbaut wurden und hätte dies überprüft werden müssen. Zudem lag zum Zeitpunkt des Beginns des Abbruchs keine entsprechende sachverständige Bestätigung der Erreichung des Freigabezustands gemäß dem Rückbaukonzept vor, was umso mehr zu entsprechender Vorsichtnahme bei den Abbrucharbeiten leiten hätte müssen. Diese Abbrucharbeiten wurden ohne weitere Überprüfung des Dachs des Stiegenhauses und insbesondere ohne Entfernung der XPS-Dämmstoffplatten begonnen, weshalb der haftungsbeteiligten Gesellschaft und in Folge den Beschwerdeführern als deren verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der Bruch der XPS-Dämmstoffplatten infolge des Einsturzes des Dachs bei den Bauarbeiten als Sorgfaltswidrigkeit anzulasten ist.
Ungeachtet einer Beurteilung des Normgehalts des Baueinstellungsbescheids vom 4. Juli 2018 entband dieser die haftungsbeteiligte Gesellschaft nicht von einer Beseitigung des sorgfaltswidrig Ende Juni 2018 entstandenen Schutthaufens, zumal dieser Bescheid frühestens am 9. Juli 2018 durch Zustellung an eine Verfahrenspartei in Existenz getreten ist und somit ab Entstehung des Schutthaufens jedenfalls mehr als eine Woche zur Verfügung gestanden wäre, um die unsachgemäße Lagerung der Plattenbruchstücke zu beseitigen.
Das in Spruchpunkt "1)" des angefochtenen Straferkenntnisses genannte Delikt ist den Beschwerdeführern somit auch subjektiv vorwerfbar. Die von der belangten Behörde im Straferkenntnis zitierte Rechtsgrundlage des § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 als Strafsanktionsnorm erweist sich aber als unzutreffend, vielmehr ist § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 für die unsachgemäße Lagerung gefährlicher Abfälle einschlägig. Das Zitat ist dementsprechend zu korrigieren (vgl. VwGH 20.9.2018, Ra 2018/17/0145, wonach eine solche Korrektur vom Verwaltungsgericht vorzunehmen ist).
4. Zu Spruchpunkt "2)" der angefochtenen Straferkenntnisse:
4.1. In diesem Spruchpunkt wird den Beschwerdeführern die fehlende Trennung gefährlicher Abfälle von anderen Abfällen vorgeworfen, indem diese "gemeinsam mit Betonabbruch vermischt auf einem Haufen gelagert wurden".
4.2. In seiner jüngeren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf eine vorgeworfene Lagerung von Asbestzement und eine in der Folge ergangene Bestrafung nach § 15 Abs. 1 iVm § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 wie auch nach § 15 Abs. 3 iVm § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 ausgesprochen, dass der Unrechtsgehalt des § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 darin besteht, dass der Normunterworfene beim Umgang mit Abfällen die Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft nicht beachtet hat. Der maßgebliche Unrechtsgehalt des Tatvorwurfs des Lagerns von Asbestzement ist im Lichte der verwiesenen materiellen Normen des § 15 Abs. 1 und 3 AWG 2002 gleich, weshalb eine unzulässige Doppelbestrafung vorliegt (VwGH 26.6.2018, Ra 2017/05/0294).
4.3. In den Beschwerdefällen wurde zwar nicht wegen Übertretung des § 15 Abs. 1 und des § 15 Abs. 3 AWG 2002 parallel bestraft, die wesentlichen Sachverhaltselemente in den Spruchpunkten "1)" und "2)" des angefochtenen Straferkenntnisses sind aus Sicht des Verwaltungsgerichts Wien dennoch ident. So wird – auf das Wesentliche heruntergebrochen – in Spruchpunkt "1)" eine unsachgemäße Lagerung durch das Lagern vermischt mit anderen Abfällen und ungeschützt vor Zerstörung und in Spruchpunkt "2)" die fehlende Trennung der Abfälle durch das Lagern vermischt mit anderen Abfällen auf einem Haufen vorgeworfen. In beiden Tatvorwürfen steht das Lagern vermischt mit anderen Abfällen im Vordergrund, ein in einem Tatvorwurf enthaltener Unrechtsrechtsgehalt, welcher jeweils über jenen des anderen Tatvorwurfs hinausginge, ist für das Verwaltungsgericht Wien nicht erkennbar.
Spruchpunkt "2)" der angefochtenen Straferkenntnisse ist folglich jeweils wegen Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot des Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK zu beheben und sind die gegen die Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.
5. Zu Spruchpunkt "3)" der angefochtenen Straferkenntnisse:
5.1. In Spruchpunkt "3)" der angefochtenen Straferkenntnisse wird den Beschwerdeführern jeweils eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung vorgeworfen.
5.2. Nach den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren getroffenen Feststellungen wurde mit den maschinellen Abbrucharbeiten des Stiegenhauses des Bauteils A tatsächlich begonnen, ohne die XPS-Dämmstoffplatten vorher zu entfernen. Damit wurde gegen § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung verstoßen, weil nach dieser Bestimmung die Schad- und Störstoffentfernung vor einem allfälligen maschinellen Rückbau zu erfolgen hat. Der Tatzeitraum ist jedoch jeweils auf die letzte Juniwoche einzuschränken, weil in diesem Zeitraum die Bauarbeiten betreffend den Abbruch des Stiegenhauses des Bauteils A durchgeführt wurden. Weiters ist der Tatvorwurf aus Gründen der besseren sprachlichen Verständlichkeit neu zu fassen.
5.3. Zur Verschuldensfrage, insbesondere hinsichtlich des Vorbringens, wonach nicht bekannt gewesen sei, dass das Dach XPS-Dämmstoffplatten enthalte bzw. dass das Dach nicht aktiv abgebrochen worden, sondern bei den Abbrucharbeiten eingestürzt sei, ist auf die bereits zu Pkt. III.3.3. getroffenen Ausführungen zu verweisen.
Der in Spruchpunkt "3)" der angefochtenen Straferkenntnisse genannte Tatvorwurf ist somit jeweils mit den eben dargelegten Abänderungen zu bestätigen.
6. Zu Spruchpunkt "4)" der angefochtenen Straferkenntnisse:
6.1. Gemäß § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung hat vor Beginn und während des Abbruchs eines Bauwerks die Dokumentation des Rückbaus gemäß Abs. 1 auf der Baustelle aufzuliegen und ist der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Der Abbruch eines Bauwerks hat gemäß § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung als Rückbau gemäß ÖNORM B 3151 zu erfolgen. Bei der nach § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung erforderlichen Dokumentation des Rückbaus sind somit die einzelnen Schritte der – als Anhang zur Recycling-Baustoffverordnung publizierten – ÖNORM B 3151 zu beachten. Nach Pkt. 7.4 der ÖNORM B 3151 ist die "Erreichung des Freigabezustandes gemäß Rückbaukonzept […] von einer rückbaukundigen Person bzw. einer befugten Fachperson oder Fachanstalt im Auftrag des Bauherrn zu bestätigen". Eine ordnungsgemäße Dokumentation des Rückbaus umfasst somit die Bestätigung der Erreichung des Freigabezustands – etwa in Form eines Freigabeprotokolls – hinsichtlich jener Bauteile, mit deren Abbruch bereits begonnen wurde.
6.2. Zum Zeitpunkt der Begehung der gegenständlichen Baustelle am 8. August 2018 war mit dem Abbruch des Stiegenhauses des Bauteils A bereits begonnen worden. Gemäß § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung hätte für diesen Bauteil der Behörde somit ein Freigabeprotokoll iSd § 5 Abs. 1 Recycling-Baustoffverordnung iVm Pkt. 7.4 der ÖNORM B 3151 auf Verlangen vorgelegt werden müssen, was bis dato nicht erfolgte. Die in Spruchpunkt "4)" der angefochtenen Straferkenntnisse genannten Tatvorwürfe treffen somit in objektiver Hinsicht zu.
Mit diesem Verhalten haben die Beschwerdeführer jedoch – entgegen dem Zitat der belangten Behörde in den angefochtenen Straferkenntnissen – keine Übertretung des § 79 Abs. 2 Z 1 AWG 2002 begangen, weil es sich hier zweifellos um eine Vorlagepflicht handelt, welche nach § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 zu bestrafen ist. Die Strafsanktionsnorm ist dementsprechend zu korrigieren.
6.3. In subjektiver Hinsicht haben die Beschwerdeführer darauf verwiesen, dass die Betriebsräumlichkeiten der haftungsbeteiligten Gesellschaft in unmittelbarer Nähe zu Baustelle situiert seien, weshalb ein Aufliegen der erforderlichen Unterlagen möglicherweise unterblieben sei. Abgesehen davon, dass nach § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung die Dokumentation des Rückbaus eindeutig auf der Baustelle aufzuliegen hat, verfängt dieses Vorbringen schon deshalb nicht, weil eine Vorlage des Freigabeprotokolls trotz ausdrücklicher Aufforderung der Behörde auch in der Folge unterblieb und somit keinerlei Bemühungen unternommen wurden, die erforderlichen Unterlagen aus den Betriebsräumlichkeiten in der Nähe der Baustelle zu beschaffen. Damit ist ein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 Recycling-Baustoffverordnung jedenfalls auch subjektiv vorwerfbar.
7. Zur Strafbemessung:
7.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
7.2. Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde von einem gewerbsmäßigen Handeln der haftungsbeteiligten Gesellschaft im Bereich der Abfallwirtschaft aus. Dieser Umstand wurde von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogen. Wenngleich nicht jeder, der gewerbsmäßig eine unter das Abfallwirtschaftsgesetz fallende Tätigkeit ausübt, gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung VwGH 27.2.2018, Ra 2016/05/0021), hat die haftungsbeteiligte Gesellschaft im Beschwerdefall die entgeltliche Entsorgung der bei den Abbrucharbeiten anfallenden Abfälle als Leistung angeboten. Sie hatte somit die Verfügungsgewalt über die Abfälle, hat diese eigenständig gesammelt und behandelt und musste sich auf eigenes wirtschaftliches Risiko um eine Entsorgung dieser Abfälle kümmern. Für das Verwaltungsgericht Wien stellen die den Beschwerdeführern angelasteten Tathandlungen damit zweifellos gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft liegendes Handeln der haftungsbeteiligten Gesellschaft dar (vgl. zu einem ähnlichen Leistungsumfang VwGH Ra 2017/05//0294).
7.3. Das strafrechtlich geschützte Rechtsgut – der Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren und der Schutz der Umwelt – haben keine geringe Bedeutung, weshalb eine Anwendung des § 33a VStG oder des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG in den Beschwerdefällen von vornherein ausscheidet. Auch die Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG liegen in den Beschwerdefällen mangels besonderen Gewichts der Milderungsgründe nicht vor (vgl. zu den Voraussetzungen näher VwGH 25.4.2018, Ra 2017/09/0044).
7.4. Hinsichtlich Spruchpunkt "1)" der angefochtenen Straferkenntnisse ging die belangte Behörde unzutreffend von § 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 als Strafsanktionsnorm aus. In Wahrheit ist § 79 Abs. 1 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 und der damit einhergehende höhere Strafrahmen jeweils als Strafsanktionsnorm heranzuziehen. Nachdem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren keine weiteren – von der belangten Behörde noch nicht berücksichtigten Milderungs- oder Erschwerungsgründe hervorgekommen sind – und von durchschnittlichem Verschulden auszugehen ist, erweisen sich angesichts des heranzuziehenden höheren Strafrahmens die in Spruchpunkt "1)" der angefochtenen Straferkenntnisse jeweils verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen als schuld- und tatangemessen.
7.5. Hinsichtlich Spruchpunkt "3)" der angefochtenen Straferkenntnisse ist zu berücksichtigen, dass durch die Neuformulierung des vorgeworfenen Tatzeitraums im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Einschränkung des Tatvorwurfs in zeitlicher Hinsicht erfolgte, was bei der Strafbemessung grundsätzlich zu berücksichtigen ist (VwGH 28.5.2019, Ra 2019/15/0019, uva). Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers ist die in Spruchpunkt "3)" des ihn betreffenden Straferkenntnisses verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe daher – angesichts des Vorliegens einschlägiger Vormerkungen – auf einen Betrag knapp oberhalb der Mindeststrafe herabzusetzen. Beim Zweitbeschwerdeführer wurde bereits die Mindeststrafe verhängt, weshalb eine weitere Herabsetzung nicht in Betracht kommt.
7.6. Betreffend Spruchpunkt "4)" der angefochtenen Straferkenntnisse ist zu berücksichtigen, dass hier die belangte Behörde verfehlt von einem höheren Strafrahmen – nämlich jenem des § 79 Abs. 2 Z 1 zweiter Strafsatz AWG 2002 anstatt § 79 Abs. 3 Z 1 AWG 2002 – ausgegangen ist. Dementsprechend erweisen sich die im oberen Bereich des tatsächlich heranzuziehenden Strafrahmens verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen als überhöht und sind auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen. Beim Erstbeschwerdeführer ist die Strafe angesichts seiner einschlägigen Vormerkungen höher anzusetzen als beim Zweitbeschwerdeführer.
8. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG haben die Beschwerdeführer infolge der Beschwerdeabweisung 20% der jeweils zu Spruchpunkt "1)" der angefochtenen Straferkenntnisse verhängten Geldstrafen als Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu leisten.
Im Übrigen sind gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG infolge des zumindest teilweisen Obsiegens der Beschwerdeführer hinsichtlich der einzelnen Spruchpunkt keine Kosten aufzuerlegen. Für den Zweitbeschwerdeführer hat ein Kostenausspruch zu dem der Strafhöhe nach bestätigten Spruchpunkt "3)" des ihn betreffenden angefochtenen Straferkenntnisses zu unterbleiben, weil mit der Einschränkung des Tatzeitraums eine Einschränkung des strafbaren Tatbestands erfolgte (VwGH 12.2.2019, Ra 2019/16/0015).
Der Haftungsausspruch für die haftungsbeteiligte Gesellschaft stützt sich auf § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG.
9. Ergebnis:
Die angefochtenen Straferkenntnisse sind somit jeweils hinsichtlich ihrer Spruchpunkte "2)" zu beheben. Im Übrigen sind die angefochtenen Straferkenntnisse mit den eben dargestellten Änderungen zu bestätigen und die dagegen erhobenen Beschwerden abzuweisen. Das in der jeweiligen ersten Zeile der angefochtenen Straferkenntnisse genannte Datum "05.03.2018 – 08.08.2018" ist zur Vermeidung von Missverständnissen hinsichtlich des Tatzeitraums zu streichen, zumal bei jedem einzelnen Spruchpunkt ohnehin der jeweilige Tatzeitraum angeführt ist.
10. Die ordentliche Revision gegen diese Entscheidung ist zulässig, da im Beschwerdefall eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit für das Verwaltungsgericht Wien überblickbar, liegt nämlich keine ausdrückliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage vor, ob nach § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG eine "andere Person" ohne Einschränkung auf einen räumlich oder sachlich abgegrenzten Bereich zum verantwortlichen Beauftragten bestellt werden kann.
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