VwGH Ra 2019/16/0015

VwGHRa 2019/16/001512.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des F A in N, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 11. Juni 2018, Zl. LVwG- 2018/46/0322-4, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Landeck), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §52 Abs8;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160015.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Bezirkshauptmannschaft Landeck erkannte mit Straferkenntnis vom 5. Jänner 2018 den Revisionswerber als Inhaber eines näher bezeichneten Lokals der dreifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig, verhängte über ihn drei Geldstrafen von jeweils 3.000 EUR (Ersatzfreiheitsstrafen für den Fall deren Uneinbringlichkeit jeweils zwei Tage) und verpflichtete ihn zu einem Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens von 900 EUR. Der Revisionswerber habe durch Verwirklichung eines näher dargestellten Sachverhaltes in einem näher bezeichneten Zeitraum in seinem Lokal Glücksspielgeräte bereitgestellt und somit verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht bzw. veranstaltet.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen erhobene Beschwerde u. a. mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass der Revisionswerber in seinem Lokal Glücksspielgeräte bereitgestellt und somit verbotene Ausspielungen unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Es verpflichtete den Revisionsweber zum Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 1.800,00 EUR und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; EuGH 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; EuGH 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C- 464/15 , Rn. 31, 35 ff, EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn 28, 62 ff, sowie EuGH 6.9.2018, Gmalieva s.r.o., C-79/17 ). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

7 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17 , Rn. 55 sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 24 ff).

8 Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers steht das in § 14 Abs. 3 GSpG statuierte Erfordernis eines Sitzes im Inland bzw. der davon normierten Ausnahme, wenn die ausländische Kapitalgesellschaft in ihrem Sitzstaat über eine vergleichbare Lotterienkonzession verfügt und einer vergleichbaren staatlichen Glücksspielaufsicht unterliegt, die im Sinne des § 19 GSpG der österreichischen Aufsicht erforderlichenfalls Kontrollauskünfte übermittelt und für sie Kontrollmaßnahmen vor Ort durchführt, nicht mit Unionsrecht im Widerspruch (vgl. näher VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048 bis 0049, Rn. 34 ff). In diesem Zusammenhang stellt sich daher vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

9 Dem Vorbringen des Revisionswerbers, es sei Beweisanträgen nicht gefolgt worden, ist entgegenzuhalten, dass die Zulässigkeit der Revision im Fall der Behauptung eines - eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden - Verfahrensmangels voraussetzt, dass die Revision auch von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 6.8.2018, Ra 2018/17/0094, und VwGH 20.3.2017, Ra 2016/17/0265, mwN). Mit seinem Vorbringen zeigt der Revisionswerber die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinne der hg. Rechtsprechung jedoch nicht auf.

10 Die Revision trägt vor, die Entscheidung weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Eigenschaft von Glücksspielen und zur Begründung von Erkenntnissen ab, sodass die Bestrafung hinsichtlich eines der Geräte unzulässig gewesen sei.

11 Die Qualifikation der angebotenen Spiele hängt von den Umständen des Einzelfalles ab; eine diesbezügliche Feststellung obliegt dem Verwaltungsgericht. Das Landesverwaltungsgericht hat fallbezogen Feststellungen zum Spielablauf getroffen. Bei der Frage, ob ausreichende Beweisergebnisse dafür vorhanden waren, Rückschlüsse auf den tatsächlichen Spielverlauf zu ziehen, handelt es sich um eine Frage der Beweiswürdigung. Der Verwaltungsgerichtshof ist allerdings als reine Rechtsinstanz tätig; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 29.12.2017, Ra 2017/17/0893).

12 Die Feststellungen der belangten Behörde und des Verwaltungsgerichtes, bei den am Glücksspielgerät angebotenen Walzenspielen sei keine Möglichkeit geboten worden, Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Spielkombinationen zu nehmen, durften sich auf die den Akten des Verfahrens enthaltene Dokumentation der Überprüfung der Geräte am 10. Jänner 2017 und auf die Aussage einer in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 28. März 2018 vernommenen Zeugin stützen. Die Revision legt - auch soweit sie nicht gegen das Neuerungsverbot verstößt - nicht dar, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene, auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht nehmende Beweiswürdigung an einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Fehlerhaftigkeit leide, insbesondere in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre.

13 Weiters bringt der Revisionswerber im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung vor, das angefochtene Erkenntnis verstoße gegen § 52 Abs. 8 VwGVG, weil das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde materiell insofern teilweise Folge gegeben habe, als der Vorwurf des Veranstaltens verbotener Ausspielungen eliminiert worden sei.

14 Diese Bestimmung ist indes nur dann anzuwenden, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung des Straferkenntnisses "zugunsten" des Bestraften vornimmt, also entweder die Strafe herabsetzt (in eine mildere umwandelt) oder ganz nachsieht oder wenigstens der von der Strafbehörde angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Die Bestimmung des § 52 Abs. 8 VwGVG greift dann nicht, wenn das Verwaltungsgericht bloß eine rechtliche Qualifikation der Tat oder der Strafbestimmung ändert (vgl. VwGH 29.6.2016, Ra 2016/09/0033). Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht bei unverändertem Tatvorwurf lediglich die rechtliche Qualifikation präzisiert.

15 Insgesamt wirft das Zulässigkeitsvorbringen der Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 12. Februar 2019

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