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BGBl I 3/2008

BUNDESGESETZBLATT

FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

3. Bundesgesetz: (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz - EU-VStVG) sowie Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 und des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991
(NR: GP XXIII RV 46 AB 373 S. 41 . BR: AB 7837 S. 751 .)

3. Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz - EU-VStVG) erlassen wird und das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 geändert werden

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz - EU-VStVG)

Inhaltsverzeichnis

1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen

§ 1.

Anwendungsbereich

§ 2.

Begriffsbestimmungen

2. Abschnitt
Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich

§ 3.

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 4.

Übermittlung der Entscheidung

§ 5.

Unzulässigkeit der Vollstreckung

§ 6.

Vollstreckung

§ 7.

Anrechnung geleisteter Zahlungen

§ 8.

Beendigung der Vollstreckung

§ 9.

Erlös aus der Vollstreckung

§ 10.

Unterrichtung des Entscheidungsstaats

§ 11.

Kosten

3. Abschnitt
Vollstreckung von österreichischen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat

§ 12.

Voraussetzungen

§ 13.

Übermittlung der Entscheidung

§ 14.

Beendigung der Vollstreckung

§ 15.

Folgen der Übermittlung

4. Abschnitt
Schlussbestimmungen

§ 16.

Verhältnis zu anderen Übereinkünften und Vereinbarungen

§ 17.

Verweisungen

§ 18.

Inkrafttreten

§ 19.

Vollziehung

Anlage 1

Liste von Straftaten, bei denen die beiderseitige Strafbarkeit nicht geprüft wird

Anlage 2

Bescheinigung

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt

  1. 1. die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Österreich, soweit sie nicht im Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, geregelt ist, und
  2. 2. die Vollstreckung von Entscheidungen österreichischer Verwaltungsbehörden in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union,

jedoch mit Ausnahme von Entscheidungen der Finanz- und Zollbehörden.

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet der Begriff

  1. 1. „Entscheidung“
    1. a) eine rechtskräftige Entscheidung über die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße durch eine natürliche oder juristische Person, die
      1. aa) von einer nicht gerichtlichen Behörde des Entscheidungsstaats in Bezug auf eine nach dessen Recht strafbare Handlung getroffen wurde, vorausgesetzt, die Person hatte die Möglichkeit, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen, oder
      2. bb) von einer nicht gerichtlichen Behörde des Entscheidungsstaats in Bezug auf Handlungen getroffen wurde, die nach dessen innerstaatlichem Recht als Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften geahndet wurden, vorausgesetzt, die Person hatte die Möglichkeit, die Sache vor ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht zu bringen;
    2. b) im Anwendungsbereich des 3. Abschnitts auch eine rechtskräftige Entscheidung über die Zahlung einer Geldstrafe oder Geldbuße durch eine natürliche oder juristische Person, die von einem auch in Strafsachen zuständigen Gericht getroffen wurde und sich auf eine unter lit. a sublit. bb fallende Entscheidung bezieht;
  2. 2. „Geldstrafe oder Geldbuße“ die Verpflichtung zur Zahlung
    1. a) eines in einer Entscheidung festgesetzten Geldbetrags auf Grund einer Bestrafung wegen einer strafbaren Handlung oder Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften;
    2. b) einer in derselben Entscheidung festgesetzten Entschädigung für die Opfer, wenn das Opfer im Rahmen des Verfahrens keine zivilrechtlichen Ansprüche geltend machen darf und das Gericht in Ausübung seiner strafrechtlichen Zuständigkeit tätig wird;
    3. c) von Geldbeträgen für die Kosten der Gerichts- und Verwaltungsverfahren, die zu der Entscheidung geführt haben;
    4. d) von in derselben Entscheidung festgesetzten Geldbeträgen an eine öffentliche Kasse oder eine Organisation zur Unterstützung von Opfern.

Unter den Begriff „Geldstrafe oder Geldbuße“ fallen weder Anordnungen über die Einziehung von Tatwerkzeugen oder von Erträgen aus Straftaten noch Anordnungen zivilrechtlicher Natur, die sich aus Schadenersatzansprüchen und Klagen auf Wiederherstellung des früheren Zustands ergeben und gemäß der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. Nr. L Nr. 12 vom 16.01.2001 S. 1, vollstreckbar sind;

  1. 3. „Bestrafter“ die auf Grund der Entscheidung zur Zahlung der Geldstrafe oder Geldbuße verpflichtete Person;
  2. 4. „Rahmenbeschluss“ den Rahmenbeschluss 2005/214/JI über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, ABl. Nr. L 76 vom 22.03.2005 S. 16;
  3. 5. „Mitgliedstaat“ einen Mitgliedstaat der Europäischen Union;
  4. 6. „Entscheidungsstaat“ den Mitgliedstaat, in dem die Entscheidung ergangen ist;
  5. 7. „Vollstreckungsstaat“ den Mitgliedstaat, dem die Entscheidung zum Zweck der Vollstreckung übermittelt wurde;
  6. 8. „Bescheinigung“ die Bescheinigung nach Art. 4 des Rahmenbeschlusses.

2. Abschnitt

Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 3. Soweit sich aus den Bestimmungen dieses Abschnitts nicht anderes ergibt, ist auf das Verfahren zur Vollstreckung von Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, anzuwenden.

Übermittlung der Entscheidung

§ 4. Ist eine österreichische Verwaltungsbehörde, die eine zur Vollstreckung übermittelte Entscheidung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des EU-JZG erhält, nicht zuständig, die erforderlichen Maßnahmen für deren Vollstreckung zu treffen, so hat sie die Entscheidung von Amts wegen der zuständigen Vollstreckungsbehörde oder dem gemäß § 53b Abs. 1 und 2 EU-JZG zuständigen Gericht zu übermitteln.

Unzulässigkeit der Vollstreckung

§ 5. (1) Die Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung der Entscheidung zu verweigern, wenn die Bescheinigung nicht vorliegt, unvollständig ist oder der Entscheidung offensichtlich nicht entspricht. Als Unvollständigkeit gilt auch, wenn nicht zusammen mit der Bescheinigung die Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung übermittelt wird oder wenn eine Übersetzung der Bescheinigung in die deutsche Sprache fehlt, es sei denn der Entscheidungsstaat hat die Erklärung abgegeben, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren.

(2) Die Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung der Entscheidung zu verweigern, wenn

  1. 1. der Bestrafte im Inland nicht über Vermögen verfügt oder Einkommen bezieht, oder sich nicht in der Regel im Inland aufhält bzw. dort seinen Sitz hat,
  2. 2. gegen den Bestraften wegen derselben Tat eine rechtskräftige Entscheidung im Inland ergangen oder eine in einem anderen Staat als dem Entscheidungsstaat oder Österreich ergangene Entscheidung vollstreckt worden ist,
  3. 3. sich die Entscheidung auf eine Tat bezieht, die nach österreichischem Recht keine strafbare Handlung darstellen würde, sofern es sich nicht um einen in der Liste in Anlage 1 aufgezählten Fall handelt,
  4. 4. die Vollstreckbarkeit der Entscheidung nach österreichischem Recht verjährt ist und die Entscheidung sich auf eine Tat bezieht, für die österreichisches Strafrecht gilt,
  5. 5. sich die Entscheidung auf eine Tat bezieht,
    1. a) die im Inland oder an Bord eines österreichischen Schiffes oder Luftfahrzeuges begangen worden ist oder
    2. b) die nicht im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats begangen worden ist, und nach österreichischem Recht im Ausland begangene Taten gleicher Art nicht strafbar sind,
  6. 6. nach österreichischem Recht Immunitäten bestehen, die einer Vollstreckung entgegenstehen,
  7. 7. die Entscheidung gegen eine natürliche Person ergangen ist, die nach österreichischem Recht zur Zeit der Tat strafunmündig war,
  8. 8. dem Bestraften im Entscheidungsstaat Amnestie oder Begnadigung gewährt worden ist,
  9. 9. laut Bescheinigung der Bestrafte
    1. a) im Fall eines schriftlichen Verfahrens nicht persönlich oder über einen nach innerstaatlichem Recht befugten Vertreter von seinem Recht, die Entscheidung anzufechten, und von den Fristen, die für dieses Rechtsmittel gelten, gemäß den Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaats unterrichtet worden ist, oder
    2. b) im Verfahren nicht persönlich erschienen ist, es sei denn, aus der Bescheinigung geht hervor, dass der Bestrafte
      1. aa) persönlich oder über einen nach innerstaatlichem Recht befugten Vertreter gemäß den Rechtsvorschriften des Entscheidungsstaats über das Verfahren unterrichtet worden ist oder
      2. bb) angegeben hat, dass er die Entscheidung nicht anficht,
  10. 10. die verhängte Geldstrafe oder Geldbuße unter 70 Euro oder dem Gegenwert dieses Betrags liegt oder
  11. 11. Grundrechte oder allgemeine Rechtsgrundsätze gemäß Art. 6 des Vertrags über die Europäische Union verletzt wurden.

(3) Die Vollstreckungsbehörde hat die Vollstreckung der Entscheidung zu verweigern, soweit

  1. 1. die Republik Österreich den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses in einer gemäß Art. 20 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses abgegebenen Erklärung beschränkt hat oder
  2. 2. im Hinblick auf eine vom Entscheidungsstaat gemäß dieser Bestimmung abgegebene Erklärung Gegenseitigkeit fehlt.

(4) Bevor die Vollstreckungsbehörde in den in Abs. 1 und Abs. 2 Z 4, 9 und 11 genannten Fällen die Vollstreckung einer Entscheidung ganz oder teilweise verweigert, hat sie auf geeignete Art und Weise die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats zu konsultieren und diese gegebenenfalls um die unverzügliche Übermittlung aller erforderlichen zusätzlichen Angaben zu bitten.

(5) Bevor die Vollstreckungsbehörde die Eintreibung der zu zahlenden Geldstrafe oder Geldbuße durch das zuständige Gericht veranlasst oder diese selbst vornimmt (§ 3 Abs. 1 VVG), hat sie den Bestraften zu deren Zahlung aufzufordern und ihm Gelegenheit zu geben, sich zu den möglichen Gründen für eine Verweigerung der Vollstreckung der Entscheidung zu äußern, wenn ihm im Inland zugestellt werden kann. Liegen solche Gründe vor, ist die Vollstreckung unzulässig; die Bewilligung einer gerichtlichen Exekution ist vom Gericht auf Antrag des Verpflichteten zu verweigern.

Vollstreckung

§ 6. (1) Der zu vollstreckende Geldbetrag ist von der Vollstreckungsbehörde in Euro anzugeben. Ist die zu zahlende Geldstrafe oder Geldbuße in der zu vollstreckenden Entscheidung nicht in Euro angegeben, so ist der zu vollstreckende Geldbetrag zu dem am Tag der Verhängung der Geldstrafe oder Geldbuße geltenden Wechselkurs in Euro umzurechnen.

(2) Bezieht sich die Entscheidung nachweislich auf Taten, die nicht im Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaats begangen worden sind, und gilt für diese Taten österreichisches Strafrecht, so ist der zu vollstreckende Betrag auf das nach österreichischem Recht zulässige Höchstmaß herabzusetzen.

(3) § 54b Abs. 3 VStG ist sinngemäß anzuwenden.

(4) Die Vollstreckung der Entscheidung kann für die Zeit ausgesetzt werden, die für eine Anfertigung ihrer Übersetzung benötigt wird.

Anrechnung geleisteter Zahlungen

§ 7. Kann der Verpflichtete den Nachweis für eine teilweise oder vollständig geleistete Zahlung in einem Staat erbringen, so hat die Vollstreckungsbehörde nach dem Verfahren des § 5 Abs. 4 die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats zu konsultieren. Jeder in einem Staat in welcher Weise auch immer eingetriebene Teil der Geldstrafe oder Geldbuße ist voll auf den einzutreibenden Geldbetrag anzurechnen.

Beendigung der Vollstreckung

§ 8. Unterrichtet die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats die Vollstreckungsbehörde über eine Entscheidung oder Maßnahme, auf Grund derer die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt oder die Vollstreckung Österreich aus anderen Gründen wieder entzogen wird, so ist die Vollstreckung zu beenden.

Erlös aus der Vollstreckung

§ 9. Sofern nicht eine anders lautende Vereinbarung mit dem Entscheidungsstaat getroffen wurde, fließt der Erlös aus der Vollstreckung dem Rechtsträger zu, der den Aufwand der Vollstreckungsbehörde zu tragen hat.

Unterrichtung des Entscheidungsstaats

§ 10. Die jeweilige Behörde hat die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats unverzüglich in einer Form, die einen schriftlichen Nachweis ermöglicht,

  1. 1. über die Übermittlung der Entscheidung an die zuständige Vollstreckungsbehörde oder an das zuständige Gericht gemäß § 4,
  2. 2. über die Verweigerung der Vollstreckung einer Entscheidung gemäß § 5 zusammen mit einer Begründung,
  3. 3. über die in ihrer Gesamtheit oder in Teilen aus den in § 6 Abs. 2, § 7 oder in anderen Rechtsvorschriften genannten Gründen nicht erfolgte Vollstreckung der Entscheidung und
  4. 4. über die Vollstreckung der Entscheidung, sobald sie abgeschlossen ist,

zu unterrichten.

Kosten

§ 11. Ein Ersatz für entstehende Kosten darf von anderen Mitgliedstaaten nicht gefordert werden.

3. Abschnitt

Vollstreckung von österreichischen Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat

Voraussetzungen

§ 12. Entscheidungen österreichischer Behörden können in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden, wenn eine Vollstreckung im Inland nicht möglich ist oder mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.

Übermittlung der Entscheidung

§ 13. (1) Die Strafbehörde hat die Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung zusammen mit einer Bescheinigung der zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats zu übermitteln, in dem der Bestrafte über Vermögen verfügt, Einkommen bezieht oder sich in der Regel aufhält bzw. seinen eingetragenen Sitz hat.

(2) Für die Bescheinigung ist das Formblatt in Anlage 2 zu verwenden; sie ist von der Strafbehörde zur Bestätigung der Richtigkeit ihres Inhalts zu unterzeichnen. Sofern der Vollstreckungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren, ist die Bescheinigung in die Amtssprache oder eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats oder, wenn der Vollstreckungsstaat die Erklärung abgegeben hat, eine Übersetzung in eine oder mehrere andere Amtssprachen der Europäischen Union zu akzeptieren, in eine dieser Amtssprachen zu übersetzen.

(3) Die Übermittlung gemäß Abs. 1 hat in einer Form zu erfolgen, die einen schriftlichen Nachweis unter Bedingungen ermöglicht, die dem Vollstreckungsstaat die Feststellung der Echtheit gestattet. Das Original der Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung und das Original der Bescheinigung sind dem Vollstreckungsstaat auf Wunsch im Postweg zuzusenden. Die Übermittlung gemäß Abs. 1 sowie sämtliche offiziellen Mitteilungen erfolgen unmittelbar zwischen der Strafbehörde und der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats.

(4) Die Strafbehörde darf die Entscheidung jeweils nur einem Vollstreckungsstaat übermitteln.

(5) Ist der Strafbehörde nicht bekannt, welche Behörde im Vollstreckungsstaat zuständig ist, so hat sie zu versuchen, diese beim Vollstreckungsstaat mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln - auch über die Kontaktstellen des Europäischen Justiziellen Netzes - in Erfahrung zu bringen.

Beendigung der Vollstreckung

§ 14. (1) Die Strafbehörde hat die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats unverzüglich über jede Entscheidung oder Maßnahme zu unterrichten, auf Grund derer die Vollstreckbarkeit der Entscheidung erlischt.

(2) Die Strafbehörde hat dem Vollstreckungsstaat die Vollstreckung wieder zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nach § 12 weggefallen sind.

Folgen der Übermittlung

§ 15. (1) Vorbehaltlich des Abs. 2 darf eine gemäß § 13 übermittelte Entscheidung im Inland nicht vollstreckt werden.

(2) Die Vollstreckung ist wieder zulässig,

  1. 1. nachdem der Vollstreckungsstaat die Strafbehörde davon unterrichtet hat, dass bei Anwendung von Art. 7, ausgenommen dessen Abs. 2 Buchstabe a, von Art. 11 Abs. 1 oder von Art. 20 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses die Vollstreckung der Entscheidung in ihrer Gesamtheit oder in Teilen nicht erfolgt ist oder die Entscheidung nicht anerkannt wurde, oder
  2. 2. wenn die Strafbehörde den Vollstreckungsstaat davon unterrichtet hat, dass sie ihm die Vollstreckung der Entscheidung gemäß § 14 Abs. 2 wieder entzogen hat.

(3) Erhält nach Übermittlung einer Entscheidung gemäß § 13 eine österreichische Behörde einen Geldbetrag, den der Bestrafte freiwillig auf Grund der Entscheidung gezahlt hat, so hat sie dies der zuständigen Behörde im Vollstreckungsstaat unverzüglich mitzuteilen. § 7 ist sinngemäß anzuwenden.

4. Abschnitt

Schlussbestimmungen

Verhältnis zu anderen Übereinkünften und Vereinbarungen

§ 16. Dieses Bundesgesetz schließt die Anwendung anderer Übereinkünfte oder Vereinbarungen zwischen Mitgliedstaaten nicht aus, insoweit diese Übereinkünfte oder Vereinbarungen Möglichkeiten bieten, die über die Bestimmungen des Rahmenbeschlusses hinausgehen und zu einer weiteren Vereinfachung oder Erleichterung der Verfahren zur Vollstreckung von Geldstrafen oder Geldbußen beitragen.

Verweisungen

§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Inkrafttreten

§ 18. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. März 2008 in Kraft. Auf Übertretungen, die vor diesem Datum begangen wurden, ist dieses Gesetz jedoch nicht anzuwenden.

Vollziehung

§ 19. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

Anlage 1

Liste von Straftaten, bei denen die beiderseitige Strafbarkeit nicht geprüft wird

  • Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung,
  • Terrorismus,
  • Menschenhandel,
  • sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie,
  • illegaler Handel mit Drogen und psychotropen Stoffen,
  • illegaler Handel mit Waffen, Munition und Sprengstoffen,
  • Korruption,
  • Betrugsdelikte, einschließlich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften im Sinne des Übereinkommens vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften,
  • Wäsche von Erträgen aus Straftaten,
  • Geldfälschung, einschließlich der Euro-Fälschung,
  • Cyberkriminalität,
  • Umweltkriminalität, einschließlich des illegalen Handels mit bedrohten Tierarten oder mit bedrohten Pflanzen- und Baumarten,
  • Beihilfe zur illegalen Einreise und zum illegalen Aufenthalt,
  • vorsätzliche Tötung, schwere Körperverletzung,
  • illegaler Handel mit Organen und menschlichem Gewebe,
  • Entführung, Freiheitsberaubung und Geiselnahme,
  • Rassismus und Fremdenfeindlichkeit,
  • Diebstahl in organisierter Form oder mit Waffen,
  • illegaler Handel mit Kulturgütern, einschließlich Antiquitäten und Kunstgegenstände,
  • Betrug,
  • Erpressung und Schutzgelderpressung,
  • Nachahmung und Produktpiraterie,
  • Fälschung von amtlichen Dokumenten und Handel damit,
  • Fälschung von Zahlungsmitteln,
  • illegaler Handel mit Hormonen und anderen Wachstumsförderern,
  • illegaler Handel mit nuklearen und radioaktiven Substanzen,
  • Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen,
  • Vergewaltigung,
  • Brandstiftung,
  • Verbrechen, die in die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs fallen,
  • Flugzeug- und Schiffsentführung,
  • Sabotage,
  • gegen die den Straßenverkehr regelnden Vorschriften verstoßende Verhaltensweise, einschließlich Verstößen gegen Vorschriften über Lenk- und Ruhezeiten und des Gefahrgutrechts,
  • Warenschmuggel,
  • Verletzung von Rechten an geistigem Eigentum,
  • Bedrohungen von Personen und Gewalttaten gegen sie, einschließlich Gewalttätigkeit bei Sportveranstaltungen,
  • Sachbeschädigung,
  • Diebstahl,
  • Straftatbestände, die vom Entscheidungsstaat festgelegt wurden und durch Verpflichtungen abgedeckt sind, die sich aus im Rahmen des EG-Vertrags oder des Titels VI des EU-Vertrags erlassenen Rechtsakten ergeben.

Anlage 2 siehe Anlagen

Artikel 2

Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991

Das Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 113/2006, wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 3 lautet:

„(3) Niemand darf wegen einer Verwaltungsübertretung an einen anderen Staat ausgeliefert werden, und eine von einer ausländischen Behörde wegen einer Verwaltungsübertretung verhängte Strafe darf im Inland nicht vollstreckt werden, es sei denn, dass in Staatsverträgen ausdrücklich anderes bestimmt ist.“

2. In § 9 Abs. 1 wird die Wortfolge „juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften“ durch die Wortfolge „juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften“ ersetzt.

3. In § 9 Abs. 7 wird die Wortfolge „Juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften“ durch die Wortfolge „Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften“ ersetzt.

4. In § 15 Z 2, § 29a und § 53 Abs. 1 wird das Wort „Bundespolizeibehörde“ durch das Wort „Bundespolizeidirektion“ ersetzt.

5. In § 26 Abs. 2 und § 53c Abs. 6 wird das Wort „Bundespolizeibehörden“ durch das Wort „Bundespolizeidirektionen“ ersetzt.

6. In § 51g Abs. 3 Z 1 wird das Wort „Gebrechlichkeit“ durch das Wort „Behinderung“ ersetzt.

7. In § 52a Abs. 2 wird das Zitat „Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 270/1969,“ durch das Zitat „Strafrechtlichen Entschädigungsgesetz 2005 (StEG 2005), BGBl. I Nr. 125/2004,“ ersetzt.

8. In § 54 Abs. 1 wird das Wort „geisteskranken“ durch die Wörter „psychisch kranken“ ersetzt.

9. In § 54 Abs. 3 wird das Klammerzitat „(§ 2 Abs. 1 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305)“ durch das Klammerzitat „(§ 2 Abs. 1 des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146)“ ersetzt.

10. § 66b wird folgender Abs. 13 angefügt:

„(13) § 2 Abs. 3, § 9 Abs. 1 und 7, § 15 Z 2, § 26 Abs. 2, § 29a, § 51g Abs. 3 Z 1, § 52a Abs. 2, § 53 Abs. 1, § 53c Abs. 6 und § 54 Abs. 1 und 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 3/2008 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft. Das VStG-Übergangsrecht 1991, Anlage 2 zur Kundmachung BGBl. Nr. 52/1991, tritt mit diesem Zeitpunkt außer Kraft.“

Artikel 3

Änderung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991

Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 113/2006, wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 2 wird das Wort „Bundespolizeibehörden“ durch das Wort „Bundespolizeidirektionen“ ersetzt.

2. § 5 Abs. 4 lautet:

„(4) Die Vollstreckung durch Geldstrafen als Zwangsmittel ist auch gegen juristische Personen mit Ausnahme der Körperschaften des öffentlichen Rechts und eingetragene Personengesellschaften zulässig.“

3. In § 10 Abs. 1 wird die Wortfolge „der I. und der IV. Teil und hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 des AVG“ durch die Wortfolge „der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61, § 61a und der IV. Teil mit Ausnahme der §§ 67a bis 67h des AVG“ ersetzt.

4. § 10 Abs. 3 zweiter Satz lautet:

„Sie geht

  1. 1. in einer Angelegenheit der Sicherheitsverwaltung an die Sicherheitsdirektion,
  2. 2. in einer sonstigen Angelegenheit der Bundesverwaltung an den Landeshauptmann und
  3. 3. in einer Angelegenheit der Landesverwaltung an die Landesregierung.“

5. In § 11 Abs. 4 wird die Wortfolge „Zinsfuß für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank“ durch das Wort „Basiszinssatz“ ersetzt.

6. § 13 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) § 1 Abs. 2, § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 1 und Abs. 3 zweiter Satz, § 11 Abs. 4 und § 15 samt Überschrift in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 3/2008 treten mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes in Kraft.“

7. Folgender § 15 samt Überschrift wird angefügt:

„Sprachliche Gleichbehandlung

§ 15. Soweit in diesem Bundesgesetz auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der

Anwendung der Bezeichnung auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.“

Anlage

Anlage 2 zu Art 1 

Fischer

Gusenbauer

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