AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §58 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2023:I405.2280117.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.09.2023, ZI. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste unrechtmäßig ins Bundesgebiet ein und stellte am 10.08.2023 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
I.2. Am darauffolgenden Tag wurde der BF hinsichtlich seines Antrages auf internationalen Schutz vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Dabei führte er hinsichtlich seiner Fluchtgründe aus, dass er Marokko verlassen habe, da er dort die Routine nicht mehr ausgehalten habe und dort ein Ziel zu haben, etwas sei, worüber man nur träumen könne. Außerdem sei seine Mutter krank und brauche Geld für die Behandlung. Sonstige Gründe habe er nicht.
I.3. Am 13.09.2023 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde). Eingangs gab er zu seinen persönlichen Verhältnissen an, dass er 12 Jahre in der Schule und 3 Jahre auf der Universität gewesen sei. Er habe eine Ausbildung in Informatik und habe zwei Jahre als Informatiker in Casablanca gearbeitet. Er habe in Fes, Casablanca, Marrakesch und Alribat gearbeitet bzw. gelebt. Er habe eine weitere Ausbildung als Krankenpfleger gemacht, diesem Beruf sei er jedoch nur zwei Monate nachgegangen. Seinen Lebensunterhalt habe er durch seine Tätigkeit für ein amerikanisches Spital als Mitarbeiter des Callcenters von Zuhause aus bestritten. Diese Arbeit sei nicht legal gewesen. Zu seinen Familienangehörigen führte er auf Nachfrage aus, dass seine Eltern, vier Schwestern und drei Brüder noch in Marokko leben würden. Sein Vater arbeite als Mechaniker in Teilzeit, zwei Schwestern arbeiten „aktiv“, die restlichen Geschwister stehen noch in Ausbildung, mit denen er in Kontakt stehe.
Zu seinen Fluchtgründen legte er dar, dass es in Marokko Probleme mit der „Literatur“ gebe. Es sei total anders, als er denke. Es gebe Armut und Familienprobleme. Auf Nachfrage führte der BF aus, dass er wegen wirtschaftlichen und psychischen Gründen aus Marokko ausgereist sei. Er sei psychisch angeschlagen gewesen. Es gebe keine gute Arbeit, keine Zukunft und keine Hoffnung. Im Falle seiner Rückkehr befürchte er, seine Ziele nicht erreichen zu können. Er sehe dort keine Zukunft für sich. Er habe Angst vor Gewalt. Auf Nachfrage führte er dazu aus, dass er in seiner Stadt nicht sicher leben könne. Er könne auch geschlagen werden. In seinem Herkunftsort gebe es Mafioso-Leute, die mit Drogen arbeiten. Wenn man nicht nach deren Meinung gehe, sei man deren Gegner. Er wolle in Frieden leben, ganz normal wie andere Leute auch. Befragt, ob er eine Stellungnahme zur Lage in Marokko abgeben wolle, führte er an, dass sein Land ja schön sei, aber die „Literatur“ sehr kompliziert sei. Man fühle sich dort nicht sicher, man fühle sich beobachtet. Sein Privatleben werde nicht respektiert.
Abschließend führte er an, er wünsche sich, dass er den Rest seines Lebens hier verbringen könne. Er verspreche, dass er aktiv für das Land mit Leib und Seele arbeiten werde. Er wünsche sich, wie alle anderen ein schönes Leben. Er möge die Fahnenfarben hier, die für ihn für Ehrlichkeit und Mut bedeuten würden.
I.4. Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 19.09.2023, ZI. XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Marokko abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei (Spruchpunkt V.). Des Weiteren wurde bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).
I.5. Mit Schriftsatz vom 18.10.2023 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung fristgerecht und vollumfänglich Beschwerde gegen den vorangeführten Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften. In der Beschwerde erstmals ausgeführt, dass der BF Marokko wegen Familienproblemen verlassen habe, wobei er von seiner Familie bedroht werde. Seine Familie sei im Drogenhandel aktiv und habe von ihm verlangt, im Drogengeschäft einzusteigen und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Dies habe der BF jedoch strikt abgelehnt, weil er nichts mit Drogengeschäften zu tun haben wolle. Diese Ablehnung habe die Familie des BF nicht akzeptiert und ihn bedroht. Der BF habe bereits in seiner Einvernahme vorgebracht, wegen Familienproblemen und der Furcht vor Gewalt Marokko verlassen zu haben. Die belangte Behörde habe es aber unterlassen, den BF hierzu näher zu befragen, womit das Verfahren mit Mangelhaftigkeit behaftet sei. Auch hätte sie sich in weiterer Folge mit Länderberichten auseinanderzusetzen gehabt, die sich mit diesem konkreten Vorbringen befassen, ebenso mit der Frage, ob der marokkanische Staat willens und in er Lage sei, dem BF Schutz zu bieten, zumal den getroffenen Länderinformationen der Staatendokumentation zu Marokko Aussagen bzgl. Korruption marokkanischer Behörden zu entnehmen seien. Aufgrund des Umstandes, dass im Drogenhandel i.d.R. viel Geld fließe, könne davon ausgegangen werden, dass der BF infolge von Korruption von staatlicher Seite keinen Schutz erwarten könne und im Falle einer Willkür der Bestrafung durch seine Familie schutzlos ausgeliefert wäre. Sohin werde der BF aufgrund seiner Familienzugehörigkeit und damit wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt. Eine innerstaatliche Fluchtalternative scheide aus, da er sich wegen fehlender Mittel in anderen Teilen Marokkos aufgrund der dortigen Gegebenheiten nicht dauerhaft und sicher niederlassen könne. Schließlich wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt, zumal sich das Ermittlungsverfahrens als mangelhaft erweise und der Beweiswürdigung des Bundesamts substantiiert entgegengetreten worden sei, weshalb eine gerichtliche Überprüfung im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung notwendig sei.
I.6. Mit Schriftsatz vom 18.10.2023, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 20.10.2023, legte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des BF:
Der volljährige BF ist ledig, kinderlos und Staatsangehöriger von Marokko. Er gehört der Volksgruppe der Araber und der islamischen Religionsgruppe an. Er spricht muttersprachlich Arabisch. Seine Identität steht nicht fest.
Er reiste unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellte am 10.08.2023 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
Der BF stammt aus Marrakesch. Er hat in Fes, Casablanca, Marrakesch und Alribat gelebt bzw. gearbeitet. Der BF besuchte 12 Jahre die Schule und drei Jahre die Universität. Er verfügt über eine Ausbildung als Informatiker und Krankenpfleger, wobei er als Informatiker zwei Jahre und als Krankenpfleger zwei Monate gearbeitet hat. Zuletzt war er im Callcenter für ein Spital tätig. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Marokko hat der BF auch künftig eine Chance im marokkanischen Arbeitsmarkt unterzukommen.
Die Eltern, vier Schwestern und drei Brüder des BF leben noch in Marokko, zu denen er in Kontakt steht.
In Österreich verfügt der BF über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Er bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Der BF ist in Österreich nicht vorbestraft. Schützenswerte Aspekte eines Privatlebens konnten schon aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer nicht festgestellt werden.
1.2. Zu den Fluchtmotiven des BF:
Mangels Glaubhaftigkeit kann nicht festgestellt werden, dass der BF von seiner Familie verfolgt wurde bzw. wird, weil er sich geweigert hat, in deren Drogengeschäft einzusteigen.
Der BF wird in seinem Herkunftsland Marokko weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.
Der BF seinen Herkunftsstaat aus wirtschaftlichen Gründen verlassen.
Der BF wird im Fall seiner Rückkehr nach Marokko mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung sowie der Todesstrafe ausgesetzt sein. Im Fall seiner Rückkehr nach Marokko droht dem BF nicht die Gefahr, durch einen innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt in seinem Herkunftsstaat in seiner körperlichen Integrität verletzt zu werden. Ihm droht im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden.
1.3. Zur allgemeinen Situation in Marokko:
COVID-19
Letzte Änderung 2023-08-11 12:14
Alle Maßnahmen im Zusammenhang mit Covid-19 wurden aufgehoben (AA 8.6.2023, vgl. FD 6.6.2023). Gemäß dem französischen Außenministerium muss bei Ankunft weiterhin das ausgefüllte Gesundheitsformular für Passagiere [Fiche sanitaire du passager] (https://www.onda.ma/form.php ) vorgelegt werden (FD 6.6.2023). Auch der COVID-19-bedingte Ausnahmezustand wurde aufgehoben. Einige Einrichtungen und/oder Sehenswürdigkeiten bleiben weiterhin geschlossen (AA 8.6.2023). Das nationale Flughafenamt in Marokko berichtet, dass die marokkanischen Behörden beschlossen haben, dass das Gesundheitszeugnis des Passagiers bei der Einreise nach Marokko nicht mehr verlangt wird (ONDA 27.2.2023).
Seit Beginn der Pandemie bis zum 8.8.2023 wurden in Marokko 1.275.273 Infizierte und 16.297 Todesfälle gemeldet. Die insgesamt 1.275.273 infizierten Menschen entsprechen aktuell einem Anteil von 3,5 % der Gesamtbevölkerung. Nach offiziellen Angaben der WHO sind zum Stichtag am 14. Mai 2023 insgesamt 55,39 Millionen Impfdosen verabreicht worden. 23,52 Millionen (63,7 %) davon gelten in Marokko als vollständig geimpft (LI o.D.)
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.6.2023): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/marokkosicherheit/224080 , Zugriff 8.8.2023
BMEIA - Bundesministerium europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (5.6.2023): Marokko – Reiseinformationen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/marokko/ , Zugriff 8.8.2023
FD - France Diplomatie [Frankreich] (6.6.2023): Maroc, Entrée/Séjour, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#entree , Zugriff 8.8.2023
LI - Länderdaten.info (o.D.): Gesundheitswesen in Marokko, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Marokko/gesundheit.php , Zugriff 8.8.2023
ONDA - Office national des aéroports [Marokko] (27.2.2023): News aéroportuaires COVID19, https://www.onda.ma/Je-suis-Passager/Guide-du-voyageur/News-a%C3%A9roportuaires-COVID19 , Zugriff 8.8.2023
Politische Lage
Letzte Änderung 2023-08-11 12:14
Marokko ist eine islamisch legitimierte Monarchie mit konstitutionellen und demokratischen Elementen. Die zentralen politischen Vorrechte und die Führung des Landes liegen bei König Mohammed VI. (AA 28.6.2023; vgl. AA 22.11.2022, USDOS 20.3.2023). Die Verfassung belässt maßgebliche exekutive Reservat- und Gestaltungsrechte beim König. Er steht über den Staatsgewalten und ist staatsrechtlicher Kontrolle entzogen. In Bezug auf die Königsmacht bringt die Verfassung nur eine Abschwächung der absolutistischen Stellung, aber keinen Bruch mit dem bisherigen politischen System an sich (ÖB 8.2021).
Seit der Reform der Verfassung aus dem Jahr 2011 wird die Regierung jedoch durch das Parlament gebildet (AA 28.6.2023). Diese Reformen haben die Autorität über die Regierung teilweise vom Monarchen zur gewählten Legislative verschoben. Marokko führt regelmäßig Wahlen in einem parlamentarischen Mehrparteiensystem durch (FH 2023). Das Parlament wurde als Gesetzgebungsorgan durch die Verfassung aus dem Jahr 2011 aufgewertet, und es ist eine spürbare Verlagerung des politischen Diskurses in die Volksvertretung hinein erkennbar. Neu ist die Einführung einer regionalen Staatsebene mit demokratisch gewählten Institutionen und gestärkter Selbstverwaltung, die im Zuge des Jahres 2015 mit zahlreichen Wahlgängen konkret Gestalt angenommen hat (ÖB 8.2021). Dennoch verfügt König Mohamed VI. durch formale Machtbefugnisse sowie informelle Einflussmöglichkeiten in Staat und Gesellschaft über eine dominante Stellung (FH 2023).
Die Wahlen vom 8.9.2021 in Marokko brachten dem politischen Islam hohe Verluste – teils durch schlechte Performance der konservativ-islamischen PJD [Le parti de la justice et du développement] in der Regierung, aber auch durch eine sehr erfolgreiche und innovative Kampagne von Parteichef und jetzigem Premierminister (PM) Akhannouch. Einen Monat nach der Parlamentswahl wurde das neue marokkanische Kabinett PM Akhannouch von König Mohammed VI. am 7.10.2021 offiziell ernannt. Politisch basiert es auf der liberal-konservativen Koalition RNI-PAM-Istiqlal, die mit 270 von 395 Sitzen über eine 2/3-Mehrheit verfügt. Faktisch handelt es sich – mit Ausnahme der drei Parteiführer – um eine palastnahe Expertenregierung. Dieser neuen Regierungskoalition steht nach dem Absturz der PJD keine substantiell starke Opposition im Parlament mehr gegenüber (AA 22.11.2022).
Der König formulierte gegenüber Regierung und Parlament im Oktober 2021 drei „strategische Prioritäten“: (i.) Konsolidierung marokkanischer Souveränität und Verteidigung übergeordneter Interessen, (ii.) Management der COVID-19-Pandemie und ökonomische Erholung, (iii.) Operationalisierung des neuen Entwicklungsmodells und Reform der sozialen Sicherung (AA 22.11.2022).
Die Verwaltungsstrukturen sind vornehmlich zentralistisch. Marokko ist in 12 Regionen unterteilt, die sich ihrerseits in 62 Provinzen und 13 Präfekturen untergliedern. Hierin ist auch die Westsahara enthalten, die Marokko als integralen Teil seines Territoriums betrachtet, was international jedoch nicht anerkannt wird (AA 28.6.2023).
Die Judikative wird in der Verfassung 2011 als unabhängige Staatsgewalt gleichberechtigt neben Legislative und Exekutive gestellt. Das System der checks und balances als Ergänzung zur Gewaltenteilung ist dennoch vergleichsweise wenig ausgebildet (ÖB 8.2021).
Am 24.8.2021 sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und Marokko aufgrund von Spannungen zwischen den beiden Ländern seitens Algerien abgebrochen worden (Reuters 25.8.2021). Auslöser war u. a., dass Marokko die interne Krise in Algerien ausgenutzt hat, um in den letzten Jahren Erfolge im Bereich der Westsahara-Frage zu verbuchen - etwa den Beitritt zur Afrikanischen Union (AU) 2017 und die Anerkennung der marokkanischen Souveränität über die Westsahara durch die USA. Die im Zuge dieser Anerkennung erfolgte Normalisierung der marokkanischen Beziehungen zu Israel hat Algerien ebenfalls unter Druck gesetzt. Gleichzeitig interpretierte Algerien einige marokkanische Äußerungen der jüngeren Vergangenheit als „feindliche Aktionen“. Dies gilt etwa für die Forderung eines marokkanischen Diplomaten nach Selbstbestimmung für die algerischen Kabylen. Algerien hat Gaslieferungen nach Marokko via Maghreb-Europa-Gaspipeline ebenfalls am 1.11.2021 eingestellt (ACWDC 4.11.2021).
Am 1.11.2021 wurden darüber hinaus drei algerische Staatsbürger im umstrittenen Territorium der Westsahara bei einem Drohnenangriff getötet. Die rhetorischen Spannungen zwischen Algerien und Marokko sind in der Folge weiter angestiegen (MEI@75 10.11.2021). Algerien hat Gaslieferungen nach Marokko via Maghreb-Europa-Gaspipeline ebenfalls am 1.11.2021 eingestellt (MEI@75 10.11.2021; vgl. ACWDC 4.11.2021) und liefert Gas nur noch nach Spanien (ACWDC 4.11.2021). Die Lage kann als regionaler Kalter Krieg bezeichnet werden, diplomatische Bemühungen von beiden Seiten sind nötig, um militärische Konfrontationen zu vermeiden (MEI@75 10.11.2021), die jedoch als unwahrscheinlich gelten. Die gegenwärtigen diplomatischen Spannungen zwischen Algerien und Marokko hingegen könnten Jahrzehnte dauern (ACWDC 4.11.2021).
Mit dem seit November 2020 eskalierten Konflikt in der Westsahara zwischen der marokkanischen Armee (FAR) und der Frente Polisario (AI 27.3.2023), wurde der Waffenstillstand beendet (HRW 12.1.2023) und es kommt immer wieder zu einzelnen Gefechten und Luftangriffen (AA 22.11.2022).
Im Juni 2022 hat Spanien die marokkanische Souveränität über die Westsahara anerkannt (DW 9.6.2022; vgl. AI 27.3.2023). Algerien reagierte mit der Aussetzung eines Freundschaftsabkommens und einem Verbot für algerische Banken, mit spanischen Banken Geschäfte zu machen. Gaslieferungen waren nicht betroffen (DW 9.6.2022). Von der EU-Kommission wurde dieser Zug begrüßt, von der Polisario hingegen verurteilt (DW 23.3.2022).
Der algerische Präsident Tebboune äußerte im März 2023, dass er wenig Hoffnung auf eine positive Entwicklung des Konflikts hat. Die Beziehungen zwischen Algerien und Marokko sind weiterhin schlecht (MP 22.3.2023). Am 27.10.2022 wurde die UN-Mission für das Referendum in der Westsahara erneuert, ihr fehlt aber noch ein Menschenrechtsmandat (AI 27.3.2023; vgl. USDOS 21.3.2023). Menschenrechtsorganisationen haben immer noch keinen Zugang zur Westsahara (AI 27.3.2023).
In seiner Ansprache an die Nation, am 29.7.2023, dem Jahrestag seiner Thronbesteigung, betonte Mohammed VI. den Wunsch einer Rückkehr zur Normalität mit Algerien. Der Schlüssel zu dieser Normalisierung liegt insbesondere in der Wiedereröffnung der Grenze, die seit 1994 geschlossen ist. Dies ist ein wichtiger Schritt, vor allem nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen Algerien und Marokko im August 2021. Algier beschuldigte Rabat, "feindliche Handlungen" zu begehen. Diese Anschuldigungen wurden vom Königreich als "völlig ungerechtfertigt" angesehen. Seitdem werden die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarn durch eine regionale Rivalität angeheizt, die durch ihren Antagonismus in Bezug auf die Westsahara verschärft wird (JA 1.8.2023).
Ein weiterer Vorfall ereignete sich im April 2022, als Algerien die marokkanische Luftwaffe beschuldigte, bei einem Angriff auf einen zivilen Lastwagenkonvoi nahe der mauretanischen Grenze drei weitere Menschen getötet zu haben. In jüngster Zeit hat ein Anschlag in der von Marokko kontrollierten Westsahara das Potenzial für eine weitere militärische Eskalation aufgezeigt. Am 20.5.2023 wurde Berichten zufolge ein Bombenanschlag auf einen Abschnitt eines 100 Kilometer langen Förderbandes verübt, das von Marokko für den Export von Phosphaten aus einer tief in der Westsahara gelegenen Mine an die Küste genutzt wird. Marokkanische und propolisarische Medien berichteten nicht über diesen Vorfall, aber die pro-polisarische NGO Sahara Resource Watch veröffentlichte eine Reihe von Videos, die die Behauptung unterstützen, dass der Vorfall stattgefunden hat (ISPI 31.7.2023). Laut Sahara Resource Watch [Western Sahara Resource Watch], ereignete sich der Vorfall am 20.5.2023, obwohl die NGO bis heute keine Möglichkeit hatte, die Authentizität der erhaltenen Videos zu überprüfen, hält sie aber für glaubwürdig (WSRW 26.5.2023)
Die Tatsache, dass keine der beiden Seiten den angeblichen Vorfall publik gemacht hat, deutet zwar auf ein gemeinsames Interesse daran hin, eine Eskalation zum jetzigen Zeitpunkt zu vermeiden, doch diese Art von Angriff deutet auf die Möglichkeit einer neuen, gefährlicheren Phase des Konflikts hin, sollte es der Diplomatie nicht gelingen, die Spannungen einzudämmen (ISPI 31.7.2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (28.6.2023): Marokko - Politisches Portrait, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/marokko-node/politisches-portrait/224120 , Zugriff 8.8.2023
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.7.2023
ACWDC - Arab Center Washington DC (4.11.2021): Western Sahara Figures Prominently in Algeria-Morocco Tensions, https://arabcenterdc.org/resource/western-sahara-figures-prominently-in-algeria-morocco-tensions/ , Zugriff 8.8.2023
AI - Amnesty International (27.3.2023): Amnesty International Report 2022/23; The State of the World's Human Rights; Morocco And Western Sahara 2022, https://www.ecoi.net/en/document/2089568.html , Zugriff 11.4.2023
DW - Deutsche Welle (9.6.2022): Neue Spannungen im Dauerkonflikt um Westsahara, https://www.dw.com/de/neue-spannungen-im-dauerkonflikt-um-westsahara/a-62079174 , Zugriff 8.8.2023
DW - Deutsche Welle (23.3.2022): Nordafrika-Kehrtwende in Spaniens Westsahara-Politik, https://www.dw.com/de/kehrtwende-in-spaniens-westsahara-politik/a-61211839 , Zugriff 8.8.2023
FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Morocco, https://freedomhouse.org/country/morocco/freedom-world/2023 , Zugriff 16.5.2023
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 – Morocco and Western Sahara, https://www.ecoi.net/en/document/2085478.html , Zugriff 11.4.2023
ISPI – Italian Institute for international political studies(31.7.2023): The Western Sahara conflict: A fragile path to negotiations, https://www.ispionline.it/en/publication/the-western-sahara-conflict-a-fragile-path-to-negotiations-137512 , Zugriff 1.8.2023
JA - Jeune Afrique (1.8.2023): Ce que le Maroc et l’Algérie gagneraient à l’ouverture de la frontière, https://www.jeuneafrique.com/1469064/economie-entreprises/ouverture-de-la-frontiere-maroc-algerie-une-aubaine-pour-le-business/ , Zugriff 2.8.2023
MEI@75 / Zine Labidine Ghebouli (10.11.2021): Algeria-Morocco tensions: The onset of a regional cold war, https://www.mei.edu/publications/algeria-morocco-tensions-onset-regional-cold-war , Zugriff 8.8.2023
MP - Maghreb Post (22.3.2023): Algerien - Präsident nennt Beziehungen zu Marokko unumkehrbar, https://www.maghreb-post.de/algerien-praesident-nennt-beziehungen-zu-marokko-unumkehrbar/ , Zugriff 10.5.2023
Reuters (25.8.2021): Algeria cuts diplomatic relations with Morocco, https://www.reuters.com/world/algeria-says-cutting-diplomatic-ties-with-morocco-2021-08-24/ , Zugrrff 8.8.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2089139.html , Zugriff 20.4.2023
WSRW - Western Sahara resource watch (26.5.2023): Bomb destroys phosphate conveyor belt, https://wsrw.org/en/news/bomb-destroys-phosphate-conveyor-belt , Zugriff 1.8.2023
Sicherheitslage
Letzte Änderung 2023-08-11 12:14
Marokko kann grundsätzlich als stabiles Land betrachtet werden (EDA 9.5.2023). Das französische Außenministerium rät bis auf einige Regionen zu normaler Aufmerksamkeit im Land. In den Grenzregionen zu Algerien wird zu erhöhter Aufmerksamkeit geraten (FD 6.6.2023). Die Grenze zu Algerien ist seit 1994 geschlossen (AA 8.6.2023; vgl. BMEIA 5.6.2023). Für die Grenzregionen zu Mauretanien in der Westsahara besteht eine Reisewarnung (AA 8.6.2023; vgl. FD 6.6.2023, BMEIA 5.6.2023); zudem besteht eine Bedrohung durch Minen und nicht-detonierte Kampfmittel (AA 8.6.2023; vgl. BMEIA 5.6.2023). Die Grenzregion zu Mauretanien ist zum Großteil vermint. Der einzig offene Grenzübergang nach Mauretanien Guerguarat/ Nouadhibou (Grenzposten PK 55) führt über eine Sandpiste durch vermintes Gebiet. Die Durchfahrt des Bereichs zwischen den beiden Grenzposten wird immer wieder durch wegelagernde Personen erschwert (Anhaltungen, Geldforderungen). Weder die marokkanischen noch mauretanischen Behörden verfügen dort über Exekutivrechte. Aufgrund der Aktivitäten durch die Terrororganisation Al Qaida in der benachbarten Sahelregion und in Westafrika besteht auch in Marokko ein gewisses Risiko (BMEIA 5.6.2023).
In der Region Tanger-Tetouan-Al Hoceima – vor allem im Rif-Gebirge – herrscht aufgrund sozialer Konflikte eine angespanntere Situation als im Rest des Landes. Die Kriminalitätsrate ist infolge des Rauschgifthandels sehr hoch. Es besteht ein erhöhtes Sicherheitsrisiko (BMEIA 5.6.2023; vgl. AA 8.6.2023).
Marokko kann als sicheres Land angesehen werden, nicht nur in Bezug auf Terrorismus. Ausnahme bildet nur die Westsahara, wo es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen marokkanischen Truppen und der POLISARIO (Frente Popular para la Liberación de Saguía el Hamra y Río de Oro - Volksfront zur Befreiung von Saguía el Hamra und Río de Oro) kommt. Der letzte größere Terroranschlag fand im Jahr 2011 statt. 2018 gab es bei Morden mit mutmaßlich terroristischem Hintergrund zwei, im Jänner 2022 ein weiteres Todesopfer und einen Verletzten, im Dezember 2022 nochmals einen Toten. Die Bedrohung durch den Extremismus ist jedenfalls gegeben; es ist vor allem der Effektivität der Exekutive im Bereich der Terrorismusbekämpfung zu danken, dass terroristische Gruppen kaum aktiv werden können. Die Behörden, hier vor allem das Bureau central d‘investigation judiciaire (BCIJ), sind effektiv beim Erkennen und Verhindern potenzieller terroristischer Bedrohungen durch rechtzeitiges Ausheben von Terrorzellen. Es kommt zu zahlreichen Verhaftungen von Terrorverdächtigen. Im Jahresvergleich 2021 zu 2022 kann eine weitere Verbesserung festgestellt werden, trotz kleinerer Vorfälle – dies zeigt auch die Auswertung des Global Terrorism Index der entsprechenden Jahre (STDOK 11.4.2023).
Demonstrationen und Protestaktionen sind jederzeit im ganzen Land möglich. Vereinzelte gewalttätige Auseinandersetzungen können dabei nicht ausgeschlossen werden (EDA 9.5.2023; vgl. BMEIA 5.6.2023). In den größeren Städten ist fallweise mit Demonstrationen und Ausschreitungen zu rechnen (BMEIA 5.6.2023; vgl. AA 8.6.2023). Proteste entzünden sich meist an wirtschaftlichen und sozialen Missständen (AA 8.6.2023). Es kann zu Taschendiebstählen und Raubüberfällen kommen (BMEIA 5.6.2023).
Partielle Reisewarnung (Sicherheitsstufe 5) für Reisen in das Landesinnere des völkerrechtlich umstrittenen Territoriums der Westsahara und in entlegene Saharazonen Südmarokkos. Insbesondere vor der unmittelbaren Grenzregion zu Algerien, wird gewarnt (BMEIA 5.6.2023; vgl. AA 8.6.2023). Von Reisen in das Gebiet der Westsahara wird dringend abgeraten (AA 28.6.2023; vgl. EDA 9.5.2023). Das völkerrechtlich umstrittene Gebiet der Westsahara erstreckt sich südlich der marokkanischen Stadt Tarfaya bis zur mauretanischen Grenze. Es wird sowohl von Marokko als auch von der Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario beansprucht. Die United Nations Mission for the Referendum in Western Sahara MINURSO überwacht den Waffenstillstand zwischen den beiden Parteien. Auf beiden Seiten der Demarkationslinie (Sandwall) sind diverse Minenfelder vorhanden. Seit November 2020 haben die Spannungen in der Westsahara zugenommen. In El Guerguerat an der Grenze zu Mauretanien und entlang der Demarkationslinie ist es wiederholt zu Scharmützeln zwischen marokkanischen Truppen und Einheiten der Frente Polisario gekommen, die manchmal zivile Opfer fordern. Mit weiteren Ereignissen dieser Art muss gerechnet werden (EDA 9.5.2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (8.6.2023): Marokko: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/marokkosicherheit/224080 , Zugriff 8.8.2023
BMEIA - Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten [Österreich] (5.6.2023): Reiseinformation Marokko (Königreich Marokko), https://www.bmeia.gv.at/reise-services/reiseinformation/land/marokko/ , Zugriff 8.8.2023
EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelenheiten [Schweiz] (9.5.2023): Reisehinweise für Marokko, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/marokko/reisehinweise-fuermarokko.html#eda0aa0c9 , Zugriff 8.8.2023
FD - France Diplomatie [Frankreich] (6.6.2023): Maroc, Entrée/Séjour, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/maroc/#securite , Zugriff 8.8.2023
STDOK - Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (11.4.2023): Themenbericht intern: Nordafrika - Terrorismus in Ägypten, Libyen, Marokko und Tunesien, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf
Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung 2023-08-11 12:17
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Regierung respektierte die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz nicht immer (USDOS 20.3.2023). In der Praxis unterliegt die Justiz jedoch weiterhin dem Einfluss der Exekutive und ist an die Interessen der Monarchie gebunden (BS 23.2.2022; vgl. FH 2023); zudem wird diese Unabhängigkeit durch Korruption (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 22.11.2022, FH 2023) und außergerichtliche Einflüsse unterlaufen (USDOS 20.3.2023; vgl. FH 2023). Das Gerichtssystem ist nicht unabhängig vom Monarchen, der dem Obersten Justizrat vorsitzt (FH 2023; vgl. BS 2022). Marokko bekennt sich zu rechtsstaatlichen Grundsätzen, allerdings weist das Justizsystem Schwächen (mangelnde Unabhängigkeit der Richter, ausstehende Modernisierung der Justizverwaltung, bedenkliche Korruptionsanfälligkeit) auf. Die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze wird von staatlichen und nicht staatlichen Einrichtungen überwacht bzw. kritisch beobachtet (AA 22.11.2022).
Durch die Zusammenarbeit mit internationalen Partnerorganisationen (EU, Europarat, EU-Mitgliedstaaten) soll die Justiz effizienter, unabhängiger und weniger korruptionsanfällig gemacht werden. Noch liegt sie allerdings in ihrer Unabhängigkeit und Bindung an Recht und Gesetz hinter den in der Verfassung normierten Ansprüchen (Art. 107ff.) zurück. Mit dem in der Verfassung vorgesehenen und im April 2017 eingesetzten Conseil supérieur du pouvoir judiciaire (Oberster Rat der Rechtssprechenden Gewalt - Oberster Justizrat) wurden Richter- und Staatsanwaltschaft aus dem Verantwortungsbereich des Justizministeriums herausgelöst und verwalten sich nun selbst. Der Rat agiert als unabhängige Behörde. Mit der Herauslösung der Staatsanwaltschaft wurde formal die Unabhängigkeit der Ermittlungsbehörden von der Politik gestärkt. Es gibt jedoch Stimmen, die eine direkte Einflussnahme des Palastes befürchten, da sich Richterschaft und Staatsanwaltschaft nunmehr jeder demokratisch legitimierten Kontrolle entziehen (AA 22.11.2022).
Die Verfassung sieht darüber hinaus eine Reihe von Räten und Kommissionen vor, denen konsultative und überwachende Funktionen zukommt (der Oberste Justizrat, Gleichstellungsrat, Hohe Rundfunk-Behörde, Wettbewerbsrat, Nationalstelle für korrekte Verwaltung und Korruptionsbekämpfung, Familien- und Jugendbeirat). Diese Gremien stehen aber teilweise noch vor oder am Beginn der Tätigkeit bzw. muss ihr rechtlicher Unterbau erst geschaffen werden, sodass noch schwer absehbar ist, inwieweit sie für Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung und Achtung der Grundrechte in der Praxis Bedeutung gewinnen (ÖB 8.2021).
Formal besteht Gleichheit vor dem Gesetz. Das extreme Gefälle in Bildung und Einkommen, die materielle Unterentwicklung ländlicher Gebiete und der allgegenwärtige gesellschaftliche Klientelismus behindern allerdings die Umsetzung des Gleichheitsgrundsatzes (AA 22.11.2022). Gesetzlich gilt die Unschuldsvermutung. Der Rechtsweg ist formal sichergestellt. Angeklagte haben das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren, auf rechtzeitigen Zugang zu ihrem Anwalt und das Recht, Berufung einzulegen. Das marokkanische Recht sieht Pflichtverteidiger für mittellose Angeklagte vor. Der Zugang zu juristischem Beistand ist in der Praxis noch immer unzulänglich (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 22.11.2022). NGOs kritisieren, dass die Beschuldigten zu Geständnissen gedrängt werden (BS 23.2.2022; vgl. AA 22.11.2022). Das Strafprozessrecht erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen bis zu 48 Stunden in Gewahrsam (garde à vue) zu nehmen. Der Staatsanwalt kann diese Frist zweimal verlängern. Der Entwurf für ein neues Strafprozessgesetz sieht verbesserten Zugang zu Anwälten bereits im Gewahrsam vor. Das Gesetz wurde noch nicht verabschiedet (AA 22.11.2022).
Berichten zufolge werden Untersuchungshäftlinge in der Praxis länger als ein Jahr festgehalten, und das Gesetz enthält keine Bestimmungen, die es Untersuchungshäftlingen erlauben, ihre Inhaftierung vor Gericht anzufechten. Einige Verdächtige, insbesondere diejenigen, die des Terrorismus beschuldigt werden, werden tage- oder wochenlang in geheimer Haft gehalten, bevor eine formelle Anklage erhoben wird (FH 2023). Zudem wird Angeklagten nach ihrer Verhaftung der sofortige Zugang zu Anwälten verwehrt, und Verteidiger stoßen beim Zugang bei der Vorlage von Prozessbeweisen auf Hindernisse (BS 23.2.2022). Nach der Strafprozessordnung hat ein Angeklagter das Recht, nach 24 Stunden Polizeigewahrsam einen Anwalt zu kontaktieren, was auf 36 Stunden verlängert werden kann. Häftlinge haben jedoch nicht das Recht, einen Anwalt hinzuzuziehen, wenn die Polizei sie verhört oder ihnen ihre Aussagen zur Unterschrift vorlegt. Die Polizei wendet seit vielen Jahren Zwangstaktiken an, um Häftlinge unter Druck zu setzen, selbstbelastende Erklärungen zu unterschreiben, die Richter für Verurteilungen verwendet haben (HRW 12.1.2023).
Im Bereich der Strafzumessung wird häufig kritisiert, dass bestehende Möglichkeiten zur Vermeidung von Haft bei minder schweren Delikten (z. B. Geldstrafen, Sozialstunden) nicht genutzt und Beschuldigte zu Geständnissen gedrängt werden. König Mohammed VI. ordnet zu religiösen und staatlichen Anlässen regelmäßig Amnestien und den Erlass von Reststrafen an. Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden erstmals auch Hirak-Aktivisten berücksichtigt. 2021 wurden 17 Hirak-Häftlinge begnadigt. Im Jahr 2022 wurden bisher knapp 3.000 Häftlinge begnadigt, darunter auch einige Hirak-Häftlinge (AA 22.11.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.3.2023
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): Country Report 2022 – Morocco, Güterloh: Bertelsmann Stiftung, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069692/country_report_2022_MAR.pdf , Zugriff 8.8.2023
FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Morocco, https://freedomhouse.org/country/morocco/freedom-world/2023 , Zugriff 16.5.2023
HRW - Human Rights Watch (12.1.2023): World Report 2023 – Morocco and Western Sahara, https://www.ecoi.net/en/document/2085478.html , Zugriff 11.4.2023
ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 8.8.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2089139.html , Zugriff 20.4.2023
Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung 2023-08-11 12:32
Der Sicherheitsapparat verfügt über einige Polizei- und paramilitärische Organisationen, deren Zuständigkeitsbereiche sich teilweise überlappen. Die DGSN „Direction Générale de la Sûreté Nationale“ (Nationalpolizei) ist für die Umsetzung der Gesetze zuständig und untersteht dem Innenministerium. Bei den Forces Auxiliaires handelt es sich um paramilitärische Hilfskräfte, die dem Innenministerium unterstellt sind und die Arbeit der regulären Sicherheitskräfte unterstützen. Die Gendarmerie Royale ist zuständig für die Sicherheit in ländlichen Gegenden und patrouilliert auf Nationalstraßen. Sie untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 20.3.2023; vgl. AA 22.11.2022, ÖB 8.2021). Es gibt zwei Nachrichtendienste: den Auslandsdienst DGED (Direction Générale des Etudes et de Documentation) und den Inlandsdienst DGST (Direction Générale de la Surveillance du Territoire). Im April 2015 wurde zusätzlich das Bureau Central d'Investigations Judiciaires (BCIJ) geschaffen. Es untersteht dem Inlandsdienst DGST (AA 22.11.2022; vgl. ÖB 8.2021).
Das BCIJ hat originäre Zuständigkeiten und Ermittlungskompetenzen im Bereich von Staatsschutzdelikten sowie Rauschgift- und Finanzdelikten im Rahmen von Verfahren der Organisierten Kriminalität (AA 22.11.2022; vgl. ÖB 8.2021) sowie Entführungen. Damit wurde die Schlagkraft des Polizeiapparats gestärkt, diese spezialisierte Polizeitruppe ist besser ausgebildet und besser ausgerüstet. Seit der Gründung des BCIJ im Jahr 2015 wurden 84 Terrorzellen ausgehoben (ÖB 8.2021).
Auch wenn Angehörige der Sicherheitskräfte einige Übergriffe begingen, ist die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte gemäß USDOS wirksam (USDOS 12.4.2022), gemäß Auswärtigem Amt hingegen sind die Sicherheitskräfte weitgehend der zivilen Kontrolle durch Parlament und Öffentlichkeit entzogen (AA 24.11.2021). [Anm.: Das Auswärtige Amt bezieht sich hier wohl auf die weitgehende Kontrolle der Sicherheitskräfte durch den König und sein Umfeld.] Typisch für das marokkanische politische System ist, dass die Weisungskette der Polizeidienste an der Regierung vorbei unmittelbar zur Staatsspitze führt (ÖB 8.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.3.2023
ÖB - Österreichische Botschaft Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 26.7.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2089139.html , Zugriff 20.4.2023
Korruption
Letzte Änderung: 11.08.2023
Das Gesetz sieht für behördliche Korruption Strafen vor, aber die Regierung setzt die gesetzlichen Regelungen nicht effektiv um (USDOS 20.3.2023). Die Korruption ist in Marokko weit verbreitet und betrifft auch das Rechtssystem (AA 22.11.2022). Korruption ist in den staatlichen Institutionen und in der Wirtschaft weit verbreitet (FH 2023). Der ehemalige Premierminister El Othmani bezifferte den Schaden durch Korruption vor allem in der öffentlichen Verwaltung auf bis zu 7 % des Bruttoinlandsprodukts BIP (MP 10.5.2023). Deshalb werden leitende Staatsdiener in Korruptionsbekämpfung geschult, obwohl Beamte nur selten wegen Korruption strafrechtlich verfolgt werden (AA 22.11.2022). Es gibt Berichte über Regierungskorruption, Korruptionsfälle bei der Exekutive, Legislative und in der Justiz. Korruption ist bei der Polizei weit verbreitet (USDOS 20.3.2023).
Trotz der offiziellen Rhetorik über die Korruptionsbekämpfung ist die Bilanz bei der Durchsetzung der Gesetze gemischt. Tiefgreifende Reformen zur Bekämpfung der Korruption werden durch einen Mangel an politischem Willen, geringe institutionelle Kapazitäten und den Einfluss von Eliten, die vom Status quo profitieren, gebremst. Im Jahr 2021 stärkte das Parlament die Nationale Kommission für Rechtschaffenheit, Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung, indem die Definition von Korruption erweitert wurde und dem Gremium größere Ermittlungsbefugnisse erteilte; die Ergebnisse dieser Reform bleiben jedoch abzuwarten (FH 2023).
Seit dem 13.12.2018 ist Bachir Rachdi seit seiner Ernennung durch König Mohammed VI. Vorsitzender der Nationalen Instanz für Rechtschaffenheit, Prävention und Korruptionsbekämpfung (INPPLC). Mit der Ernennung der zwölf Mitglieder des Verwaltungsrat der INPPLC will das Land eine neue Ära im Streben nach Vertrauen in die politischen Akteure einleiten. Rachdi möchte die Effizienz der Maßnahmen der INPPLC steigern. Mit der Schaffung eines neuen Gesetzes (46-19) am 4.11.2022 wurde ein Rahmen geschaffen, dessen Inhalt vielmehr der Verfassung entspricht. Es erweitert die Definition von Korruption bzw. den Handlungsspielraum der Regierung mit zahlreichen Befugnissen bzw. Vorrechten (MP 16.11.2022). Die Regierung behauptet, Korruption und anderes polizeiliches Fehlverhalten mittels interner Mechanismen zu untersuchen. Dennoch stellen internationale und nationale Menschenrechtsorganisationen fest, dass die Behörden viele Beschwerden ignorieren und sich auf Behauptungen seitens der Polizei stützen (USDOS 20.3.2023).
Um der Misswirtschaft, der Veruntreuung öffentlicher Gelder, der Fälschung und des Machtmissbrauchs entgegen zu treten kündigte das Innenministerium eine "Säuberungsaktion" an. Innenminister Abdelouafi Laftit hat strenge Richtlinien erlassen um Verfahren zur Amtsenthebung bzw. Strafrechtlichen Verfolgung von gewählten Beamten einzuleiten, die der Korruption verdächtigt werden. Wallis und Gouverneure wurden vom Innenminister angewiesen, gegen korrupte Politiker vorzugehen, diese aus dem Amt zu werfen und vor Gericht zu stellen. Zugleich versucht die Regierung die Korruption durch die Einrichtung von Hotlines, Kontrollen und Anklagen gegen Verdächtige zu bekämpfen (MP 10.5.2023). So kam es nach einer Anzeige durch die zweite Frau, zu einem eingeleiteten Verfahren gegen einen mutmaßlich korrupten Richter in der Stadt Tétouan. Die Ermittlungen wurden auf sein Umfeld ausgeweitet und mehrere Anwälte und Mittelsmänner wurden vorgeladen (MP 4.7.2023).
Gegenüber dem Vorjahr war in 2022 ein leichter Anstieg der Korruption zu verzeichnen (Länderdaten.info o.D.). Somit belegt Marokko auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2022 den 94. von insgesamt 180 Plätzen und hat im Vergleich zum Vorjahr einen Platz verloren (TI 31.1.2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf Zugriff 20.3.2023
FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Morocco, https://freedomhouse.org/country/morocco/freedom-world/2023 , Zugriff 16.5.2023
Länderdaten.info (o.D.): Korruption in Marokko, https://www.laenderdaten.info/Afrika/Marokko/korruption.php , Zugriff 27.7.2023
MP - Maghreb Post (4.7.2023): Marokko – Korruptionsermittlungen in der Justiz von Tétouan werden ausgeweitet, https://www.maghreb-post.de/marokko-korruptionsermittlung-in-der-justiz-von-tetouan-werden-ausgeweitet/ , Zugriff 27.7.2023
MP - Maghreb Post (10.5.2023): Marokko – Innenministerium verfolgt zunehmend Korruption bei Mandatsträgern, https://www.maghreb-post.de/marokko-innenministerium-verfolgt-zunehmend-korruption-bei-mandatstraegern/ , Zugriff 27.7.2023
MP - Maghreb-Post (16.11.2022): Marokko - Präsident der Behörde für Korruptionsbekaempfung will neuen Anlauf nehmen, https://www.maghreb-post.de/marokko-praesident-der-behoerde-fuer-korruptionsbekaempfung-will-neuen-anlauf-nehmen/ , Zugriff 27.7.2023
TI - Transparency International (31.1.2023): Corruption Perceptions Index 2022, https://images.transparencycdn.org/images/Report_CPI2022_English.pdf , Zugriff 16.5.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2089139.html , Zugriff 20.4.2023
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 11.08.2023
Gesetzlich sind innerhalb des Landes Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Behörden respektieren diese Rechte im Allgemeinen, obwohl sie die Bewegungsfreiheit auf Gebiete beschränkt, in denen weitverbreitete Unruhen herrschen (USDOS 20.3.2023). Sowohl Marokko als auch die Frente Polisario schränken die Bewegungsfreiheit in der Westsahara ein. Eine in den 1980er Jahren von Marokko errichtete Sandbarriere, die das von Marokko kontrollierte Gebiet von den von den Sahrauis kontrollierten Gebieten im Osten trennt, ist 1.700 Meilen lang. Die Mauer, die auf beiden Seiten von Landminen umgeben ist, stellt das möglicherweise längste zusammenhängende Minenfeld der Welt dar (FH 13.4.2023).
Allerdings genießen auch Sahrawis/Sahraouis innerhalb Marokkos uneingeschränkte Bewegungsfreiheit (AA 22.11.2022). Die Regierung stellt Sahrawis üblicherweise weiterhin Reisedokumente zur Verfügung und ermutigte saharauische Flüchtlinge aus Algerien und anderen Ländern zur Rückkehr, wenn sie die Souveränität der Regierung über die Westsahara anerkennen. Flüchtlinge, die zurückkehren möchten, müssen die entsprechenden Reise- oder Identitätsdokumente bei einem marokkanischen Konsulat im Ausland, häufig in Mauretanien, besorgen. Es wird allerdings von Fällen berichtet, wo die Behörden Sahrawis daran hinderten, Reisen anzutreten (USDOS 20.3.2023).
Wer nicht per Haftbefehl gesucht wird, kann unter Beachtung der jeweiligen Visavorschriften in der Regel problemlos das Land verlassen. Dies gilt auch für bekannte Oppositionelle oder Menschenrechtsaktivisten (AA 22.11.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.3.2023
FH - Freedom House (13.4.2023): Freedom in the World 2023 - Western Sahara*, 2023, https://www.ecoi.net/de/dokument/2090199.html , Zugriff 17.4.2023
USDOS - US Department of State [USA] (20.3.2023): 2022 Country Report on Human Rights Practices: Morocco, https://www.ecoi.net/en/document/2089139.html , Zugriff 20.4.2023
Grundversorgung
Letzte Änderung 2023-09-20 15:53
Die Grundversorgung der Bevölkerung ist gewährleistet, Brot, Zucker und Gas werden subventioniert (AA 22.11.2022). Der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, Wasser, Strom und Abwasserentsorgung verbessert sich allmählich, aber es bestehen nach wie vor große infrastrukturelle Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten sowie innerhalb marginalisierter städtischer Viertel, in denen es immer noch an grundlegenden Dienstleistungen mangelt. Insgesamt sind 77 % der Haushalte an Abwassersysteme und 85 % an verbesserte Wasserquellen angeschlossen. Einigen Gemeinden fehlen noch immer die technischen und finanziellen Mittel für die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen, einschließlich öffentlicher Verkehrsmittel (BS 23.2.2022). Staatliche soziale Unterstützung ist begrenzt (vor allem private Organisationen oder die Fondation Mohammed VI), vielfach sind religiös-karitative Organisationen tätig. Die entscheidende Rolle bei der Betreuung Bedürftiger spielt nach wie vor die Familie (AA 22.11.2022).
Marokko hatte die Ausnahmesituationen, hervorgerufen durch die Pandemie und die Ukraine-Krise der vergangenen Jahre, bislang gut überstanden und hat sich dynamisch an die Herausforderungen angepasst. Die weltweit gestiegenen Energiepreise (Öl, Gas und Kohle), die Unterbrechung der Gaspipeline aus Algerien und anhaltender Wassermangel und damit einhergehender Probleme für die Landwirtschaft, haben die Preise für Getreide und Gemüse angeheizt und die Inflation 2022 auf 6,7 % steigen lassen. All dies gab dem aufkeimenden wirtschaftlichen Optimismus im Land zumindest 2022 einen ordentlichen Dämpfer (WKO 4.2023a). Ihren Höchststand erreichte die marokkanische Jahresinflation gegen Ende 2022 mit 8,3 % (WB 14.2.2023).
Allerdings konnte Marokko durch das international hohe Preisniveau von Phosphat im Export einiges auffangen. So konnte für 2022, trotz massiven Einbruch im Agrarbereich, ein Wirtschaftswachstum von 1 % erreicht werden. Für 2023 und die Periode bis ca. 2027 gehen Analysten von durchschnittlich 3 % jährlichem Wachstum aus. Aufgrund der starken Preiserhöhungen haben soziale Spannungen im Land zugenommen. Diese werden zwar anhalten, die generelle Stabilität des Landes wird aber dadurch nicht weiter beeinflusst (WKO 4.2023a).
Die trotz Regierungswechsel stabilen, politischen Verhältnisse und die zahlreichen Investitionspläne mit dem Ziel der Diversifizierung und Stärkung der marokkanischen Wirtschaft und einer Umstellung auf erneuerbare Energie, ziehen mittelfristig gute Geschäftschancen in den unterschiedlichsten Bereichen nach sich: Prozessoptimierung und Modernisierung der Industrie steht ganz oben auf der Agenda der marokkanischen Industrie. Hier ergeben sich für Automobilzulieferer, Industrieausstatter, Anlagenlieferanten und Dienstleister gute Marktchancen. Die Casablanca Finance City, wurde kürzlich wieder zum wichtigsten und besten Finanzzentrum auf dem Kontinent gekürt, bietet über Marokkos Grenzen hinaus Chancen im Bereich Dienstleistungen, Informationstechnologie, FinTec und Urban Development. Interessant sind auch die Bereiche erneuerbare Energie und Energieeffizienz, Wasserwirtschaft, Tourismus, Infrastrukturausbau, Chemie, maritime Wirtschaft, Umwelttechnologie sowie Entsorgungs- und Recyclingwirtschaft. Auch im Agrarbereich (landwirtschaftliche Maschinen) oder im Bereich Papier und Holz (Schnittholz) und nicht zuletzt in der Pharmabranche gibt es gute Absatzchancen (WKO 4.2023a).
Marokko ist ein agrarisch geprägtes Land: Die Landwirtschaft erwirtschaftet in Marokko ca. 20 % des BIP und ist damit der bedeutendste Wirtschaftszweig des Landes. Ca. zwei Drittel der Landesfläche wird landwirtschaftlich genutzt, davon 18 % als Ackerland. Da davon nur rund 15 % systematisch bewässert werden, ist die Wetterabhängigkeit sehr hoch. Der Sektor schafft 40 % der Arbeitsplätze und ist Einkommensquelle für drei Viertel der Landbevölkerung. Von den 1,5 Mio. landwirtschaftlichen Betrieben sind mehr als zwei Drittel Kleinstbetriebe, die über weniger als 3 Hektar Land verfügen, mit geringer Mechanisierung arbeiten und nur zu 4 % am Export beteiligt sind. Die modernen Landwirtschaftsbetriebe decken erst rund ein Achtel der kultivierbaren Gesamtfläche ab (WKO 12.5.2023).
Die Arbeitslosenquote liegt für 2023 bei 11 % [Prognose]. Die Arbeitslosenquote der Erwerbstätigen zwischen 15-64 lag 2022 bei 12,9 %, die Jugendarbeitslosenquote (15-24 Jahre) lag bei 24,9 % (WKO 4.2023b). Die Dunkelziffer liegt wesentlich höher - vor allem unter der Jugend. Der informelle Bereich der Wirtschaft wird statistisch nicht erfasst, entfaltet aber erhebliche Absorptionskraft für den Arbeitsmarkt. Fremdsprachenkenntnisse - wie sie z. B. Heimkehrer aufweisen - sind insbesondere in der Tourismusbranche und deren Umfeld nützlich. Arbeitssuchenden steht die Internet-Plattform des nationalen Arbeitsmarktservices ANAPEC zur Verfügung (www.anapec.org ), die neben aktueller Beschäftigungssuche auch Zugang zu Fortbildungsmöglichkeiten vermittelt. Unter 30-Jährige, die bestimmte Bildungsebenen erreicht haben, können mithilfe des OFPPT (www.ofppt.ma/ ) eine weiterführende Berufsausbildung einschlagen (ÖB 8.2021).
Die wirtschaftliche Erholung des Tourismus in Marokko nach COVID erhält nach der Fußball Weltmeisterschaft einen großen Schub. Marokkos Auftritt bei der Weltmeisterschaft war wie eine massive Marketingkampagne für das Land und somit für den Tourismus. Der Sektor ist die wichtigste Devisenquelle des Landes. Ende Oktober 2022 beliefen sich die Einnahmen aus dem Tourismus auf 6,1 Mrd. Euro, was einem deutlichen Anstieg von 148,9 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das Land verzeichnete in den ersten neun Monaten des Jahres 2022 7,7 Mio. Touristenankünfte. Dieser massive Zustrom von Touristen ermöglichte es dem Sektor, sich nach mehr als zwei Jahren Stagnation und Einnahmenausfällen zu erholen (WKO 1.2023).
Armut ist weit verbreitet und wirtschaftliche Möglichkeiten sind für einen großen Teil der Bevölkerung knapp (FH 2023).
Umfragen deuten darauf hin, dass das subjektive Wohlbefinden der marokkanischen Haushalte in den letzten Monaten gesunken ist. Der umfragebasierte Haushalts-Vertrauensindex der Haushalte, der von HCP erstellt wurde, begann gegen Ende 2021 zu sinken und erreichte im dritten Quartal 2022 einen 14-Jahres-Tiefstand. Besorgniserregend ist, dass mehr als die Hälfte der befragten Haushalte der Ansicht ist, dass sich ihre finanzielle Situation im vergangenen Jahr verschlechtert hat, während 81 % der Ansicht sind, dass sich ihr Lebensstandard verschlechtert hat, und 87 % erwarten einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Zukunft (WB 2022/23).
Es kam zu mehreren Demonstrationen gegen die steigenden Preise im Land. Am 4.12.2022 versammelten sich zwischen 1.200 und 3.000 Menschen in Rabat, um gegen die hohen Lebensmittelpreise, Korruption und staatliche Repressionen zu demonstrieren. Als Reaktion darauf hat die Regierung Maßnahmen ergriffen. Im Oktober hat die Regierung einen Fond mit 4,1 Mrd. EUR gestartet, um private Investitionen und die Wirtschaft des Landes zu unterstützen (BAMF 12.12.2022).
Um die Auswirkungen der Lebensmittel- und Energiepreise auf die Haushalte abzumildern, verabschiedete Marokko ein politisches Paket, das allgemeine Subventionen für Grundnahrungsmittel umfasste und die bereits bestehenden regulierten Preise beibehielt. Dieser Ansatz stabilisierte die Preise für Waren und Dienstleistungen, die fast ein Viertel der Ausgaben eines Durchschnittshaushalts ausmachen, und verhinderte so einen möglicherweise stärkeren Anstieg der Armut. Es erforderte die Mobilisierung zusätzlicher öffentlicher Ausgaben in Höhe von fast 2 % des BIP (WB 14.2.2023).
Ungeachtet dieser Maßnahmen litten bescheidene und gefährdete Haushalte immer noch am meisten unter den Auswirkungen der steigenden Lebensmittel- und sonstigen Preise aufgrund der Inflation. Dem Bericht zufolge war die jährliche Inflation für die ärmsten 10 % der Bevölkerung um fast ein Drittel höher als für die reichsten 10 % der Bevölkerung, was in erster Linie auf die Auswirkungen der Preissteigerungen bei Lebensmitteln zurückzuführen ist, die einen höheren Anteil an den Ausgaben der ärmeren Haushalte ausmachen. In dem Bericht heißt es ferner, dass die geplante umfassende Reform des sozialen Sicherheitsnetzes des Königreichs eine wirksame Ausrichtung der Subventionen auf die Unterstützung der Armen und Schwachen ermöglichen wird (WB 14.2.2023).
Die marokkanische Regierung führt Programme der Armutsbekämpfung (INDH) und des sozialen Wohnbaus. Eine staatlich garantierte Grundversorgung/arbeitsloses Basiseinkommen existiert allerdings nicht. Der Mindestlohn (SMIG) liegt bei 2.828 Dirham (ca. EUR 270). Ein Monatslohn von etwa dem Doppelten dieses Betrags gilt als bürgerliches Einkommen. Statistisch beträgt der durchschnittliche Monatslohn eines Gehaltsempfängers 4.060 Dirham, wobei allerdings die Hälfte der - zur Sozialversicherung angemeldeten - Lohnempfänger nur den Mindestlohn empfängt. Ein ungelernter Hilfsarbeiter erhält für einen Arbeitstag (10 Std.) ca. 100 Dirham, Illegale aus der Subsahara erhalten weniger (ÖB 8.2021).
Dennoch wird erwartet, dass sich das Wirtschaftswachstum Marokkos dank einer Erholung des Primärsektors im Jahr 2023 auf 3,1 % beschleunigen wird (WB 14.2.2023).
Ein Erdbeben der Stärke 7 mit Epizentrum in der Gemeinde Ighil in der Provinz Al Haouz, hat Marokko in der Nacht von Freitag, 8.9.2023, auf Samstag, 9.9.2023, erschüttert (Le matin.ma 8.9.2023; vgl. Le matin.ma 10.9.2023a). Das Erdbeben war gegen 23:11 Uhr in mehreren Städten Marokkos zu spüren. Das Beben trieb viele Menschen in Casablanca, Rabat, Marrakesch und Agadir auf die Straßen (Le matin.ma 8.9.2023). Laut Reuters-Zeugen flohen Menschen in Rabat, etwa 350 km nördlich von Ighil, dem Epizentrum des Bebens, und in der Küstenstadt Imsouane, etwa 180 km westlich, aus Angst vor einem stärkeren Beben aus ihren Häusern (ORF 9.9.2023). Die Telefonleitungen waren gestört. Nach Angaben des US-amerikanischen Instituts für Geologische Überwachung (USGS) wurde gegen 23:30 Uhr nordöstlich von Taroudant ein zweites Beben der Stärke 4,9 registriert (Le matin.ma 8.9.2023).
Nach Angaben des örtlichen Beamten seien in der schwer zugänglichen Bergregion auch die meisten Opfer zu beklagen. Einwohner der Stadt Marrakesch berichten von eingestürzten Gebäuden in der historischen Altstadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört (tagesschau 9.9.2023).
Berichten zufolge leben 1,8 Millionen Menschen in den fünf betroffenen Provinzen, ein Drittel der marokkanischen Bevölkerung sind Kinder. Daher ist zu befürchten, dass unter den Opfern und Betroffenen auch sehr viele Kinder sind (Unicef.de 12.9.2023). Die meisten Opfer unter den Kindern gab es in den Provinzen Al Haouz, gefolgt von Chichaoua und Taroudant, berichtet die Tageszeitung Al Ahdath Al Maghribia. Seismologen sagen für die kommenden Tage und Wochen Nachbeben voraus (Magrhreb-Post.de 15.9.2023).
Die Schäden betreffen vor allem die Provinzen Chichaoua und Taroudant (Le matin 10.9.2023b).
Es war das stärkste Erdbeben, das jemals in der Geschichte Marokkos gemessen wurde und war so stark, dass es fast alle Bewohner des Königreichs spürten. Die Provinzen und Gemeinden Al Haouz, Marrakesch, Ouarzazate, Azilal, Chichaoua und Taroudant waren von dem starken Erdbeben besonders betroffen und verzeichneten fast alle Opfer und eingestürzten Gebäude. Auch in der Provinz Al Haouz wurden Nachbeben geringerer Intensität registriert (Le matin.ma 10.9.2023a). In Ausführung der Hohen Königlichen Weisungen wurde eine dreitägige Staatstrauer beschlossen (Le matin.ma 10.9.2023a; vgl. tagesschau 12.9.2023). Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von dem Unglück betroffen (tagesschau 12.9.2023; vgl. Unicef.de 12.9.2023).
Die humanitäre Situation verschlechtert sich zunehmend. Die Familien benötigen nun am dringendsten Wasser, Nahrung, Hygieneartikel, Gesundheitsversorgung und eine sichere Unterkunft (Care.at 11.9.2023; vgl. tagesschau 12.9.2023). Der Präsident des Repräsentantenhaus geht davon aus, dass der Wiederaufbau mehrere Jahre benötigen kann (Magrhreb-Post.de 18.9.2023a). Auch Präsident Biden drückte seine Unterstützung in einem Telefonat mit König Mohammed VI. zum Ausdruck (Magrhreb-Post.de 18.9.2023b).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.3.2023
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.12.2022): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2022/briefingnotes-kw50-2022 .pdf ?__blob=publicationFile&v=6, Zugriff 12.4.2023
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): Country Report 2022 - Morocco, Güterloh: Bertelsmann Stiftung, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069692/country_report_2022_MAR.pdf , Zugriff 8.8.2023
Care.at (11.9.2023): Erdbeben in Marokko: CARE leistet Nothilfe, https://care.at/erdbeben-in-marokko-care-bereitet-soforthilfemassnahmen-vor/ , Zugriff 18.9.2023
FH - Freedom House (2023): Freedom in the World 2023 – Morocco, https://freedomhouse.org/country/morocco/freedom-world/2023 , Zugriff 16.5.2023
Le matin.ma (18.9.2023): Séisme d'Al Haouz: reprise des études dans la commune d’Amizmiz, https://lematin.ma/express/2023/seisme-al-haouz-reprise-etudes-commune-damizmiz/394323.html , Zugriff 19.9.2023
Le matin.ma (17.9.2023): Séisme: environ 6.000 collégiens et lycéens des zones sinistrées transférés vers d'autres établissements, https://lematin.ma/express/2023/seisme-6000-collegiens-lyceens-zones-sinistrees-transferes/394279.html , Zugriff 19.9.2023
Le matin.ma (10.9.2023a): Séisme au Maroc: retour sur une catastrophe naturelle sans précédent, https://lematin.ma/express/2023/seisme-maroc-retour-catastrophe-naturelle-precedent/394000.html ?, Zugriff 19.9.2023Le matin.ma (10.9.2023b): Séisme au Maroc: le ministère de l’éducation suspend les cours dans 42 communes et douars, https://lematin.ma/express/2023/seisme-maroc-cours-suspendus-42-communes-douars/394008.html , Zugriff 19.9.2023
Le matin.ma (8.9.2023): Un séisme de magnitude 7 ressenti dans plusieurs villes du Maroc, https://lematin.ma/express/2023/seisme-magnitude-7-ressenti-plusieurs-villes-maroc/393919.html , Zugriff 18.9.2023
Magrhreb-Post.de (18.9.2023a): Marokko – König bedankt sich bei ausländischen Rettungskräften, https://www.maghreb-post.de/marokko-koenig-bedankt-sich-bei-auslaendischen-rettungskraeften/ , Zugriff 19.9.2023
Magrhreb-Post.de (18.9.2023b): Marokko – USA bekräftigen Unterstützung nach dem schweren Erdbeben in Al Haouz, https://www.maghreb-post.de/marokko-usa-bekraeftigen-unterstuetzung-nach-dem-schweren-erdbeben-in-al-haouz/ , Zugriff 19.9.2023
Magrhreb-Post.de (15.9.2023): Marokko – Erdbeben könnte bis zu 100.000 Kinder betroffen haben, https://www.maghreb-post.de/marokko-erdbeben-koennte-bis-zu-100-000-kinder-betroffen-haben/ , Zugriff 18.9.2023
ÖB - Österreichische Botschaft in Rabat [Österreich] (8.2021): Asylländerbericht Marokko, https://www.ecoi.net/en/file/local/2060711/MARO_%C3%96B_Bericht_2021_08.pdf , Zugriff 30.9.2022
ORF - Österreichischer Rundfunk (9.9.2023): Verheerendes Erdbeben in Marokko: 296 Tote, https://orf.at/stories/3330521/ , Zugriff 18.9.2023
tagesschau (12.9.2023): Der Überlebenskampf geht weiter, https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/marokko-erdbeben-ausnahmezustand-104.html , Zugriff 18.9.2023
tagesschau (9.9.2023): Hunderte Tote bei schwerem Erdbeben in Marokko, https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/erdbeben-marokko-100.html , Zugriff 18.9.2023
Unicef.de (12.9.2023): Erdbeben in Marokko: Mindestens 100.000 Kinder betroffen, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/presse/-/erdbeben-in-marokko-helfen/338922 , Zugriff 18.9.2023
WB - The World Bank (14.2.2023): Morocco’s Economy Has Come Under Pressure from Supply Shocks, https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2023/02/14/morocco-s-economy-has-come-under-pressure-from-supply-shocks , Zugriff 20.4.2023
WB - The World Bank (2022/23): Middle East - North Africa: Economic Monitor – Morocco Economic Update, Responding to Supply Shocks, https://documents1.worldbank.org/curated/en/099332002132325417/pdf/IDU0e3742c55010a3044730a80a0ad6062acd9db.pdf , Zugriff 20.4.2023
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (1.2023): Aussenwirtschaft Nordafrika Newsletter, Ägypten, Algerien Marokko, Libyen, Tunesien, Sudan, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/nordafrika-newsletter-2023-1.pdf , 20.4.2023
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (4.2023a) : Aussenwirtschaft, Wirtschaftsbericht Marokko, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/marokko-wirtschaftsbericht.pdf , Zugriff 19.5.2023
WKO - Wirtschaftskammer Österreich (4.2023b) : Länderprofil Marokko, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-marokko.pdf , Zugriff 19.5.2023
Rückkehr
Letzte Änderung 2023-08-11 12:55
Das Stellen eines Asylantrags im Ausland ist nicht strafbar und wird nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amts von den Behörden nicht als Ausdruck oppositioneller Gesinnung gewertet (AA 22.11.2022).
Migrantinnen und Migranten können bei der freiwilligen Rückkehr aus Österreich nach Marokko durch die BBU (Rückkehrberatung und Organisation der Reise), bzw. IOM (Organisation der Reise im Falle von vulnerablen Personen oder Personen mit legalem Aufenthaltstitel in Österreich), nach Bestätigung der Kostenübernahme durch das BFA, unterstützt werden. Freiwillige Rückkehrer/innen aus Österreich nach Marokko haben zudem die Möglichkeit, nach Bestätigung der Projektaufnahme durch das BFA und Erfüllung der Teilnahmekriterien, am Reintegrationsprojekt Frontex JRS teilzunehmen (IOM 27.7.2023).
Das Reintegrationsprogramm „Frontex − Joint Reintegration Services“ (FX JRS) bietet Rückkehren, in Kooperation mit einer lokalen Partnerorganisation Unterstützung bei Ihrer Reintegration in Ihr Heimatland an. Das Post-arrival Paket im Wert von € 615 dient der unmittelbaren Unterstützung nach der Ankunft in Marokko. Es beinhaltet folgende Sofortleistungen: Nach der Begrüßung am Flughafen durch einen Reintegrationspartner und des Airports Pick-up, wie auch Unterstützung bei der Weiterreise (Organisation und Kostenübernahme), erhalten Rückkehrer u.a. eine Pre-Paid SIM-Karte, Hygieneartikel (Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo, etc.), eine Flasche Wasser, ein warmes Essen (auch als Gutschein möglich), altersgerechtes Spielzeug für Kinder. Zudem wird eine temporäre Unterkunft für bis zu drei Tage nach der Ankunft bereitgestellt und nach Bedarf auch unmittelbare medizinische Unterstützung (BMI 2023).
Des Weiteren sollte die rückkehrende Person keine oder weniger Sofortleistungen benötigen, erhält sie den anteiligen Betrag der € 615 vom lokalen Partner in bar ausbezahlt (BMI 2023).
Zur längerfristige Reintegrationsunterstützung, erhalten Rückkehrer ein Post-return Paket in der Höhe von Euro 2.000. Davon Euro 200 als Bargeld und Euro 1.800 in Form von Sachleistungen auf Grundlage eines Reintegrationsplans, der mit Hilfe der lokalen Partnerorganisation in den ersten sechs Monaten nach der Rückkehr erstellt wird. Zu den angebotenen Sachleistungen des Post-return Pakets gehören unter anderem: Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens, Bildungsmaßnahmen, Trainings, Unterstützung beim Eintritt in den Arbeitsmarkt, bei der Einschulung von Kindern, wie auch rechtliche und administrative Beratungsleistungen, Familienzusammenführung, Unterstützung im Zusammenhang mit Wohnen und Haushalt (Einrichtung) und medizinische und psychosoziale Unterstützung (BMI 2023).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.11.2022): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Marokko (Stand: November 2022), https://www.ecoi.net/en/file/local/2082727/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Marokko_%28Stand_November_2022%29%2C_22.11.2022.pdf , Zugriff 20.3.2023
BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (2023): Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH) - Marokko - So funktioniert die Rückreise in Ihre Heimat, https://www.returnfromaustria.at/morocco/morocco_deutsch.html , Zugriff 31.7.2023.
IOM - International Organization for Migration (27.7.2023): Informationen zur freiwilligen Rückkehr nach Marokko, Auskunft von IOM via E-Mail, Quelle liegt in der Staatendokumentation auf
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 11.08.2023 und vor der belangten Behörde am 13.09.2023, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.
Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Betreuungsinformationssystems über die Grundversorgung (GVS) und des Strafregisters eingeholt. Zudem wurde Einsicht in das aktuelle „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Marokko genommen.
Der BF bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen.
2.2. Zur Person des BF:
Die Feststellungen zur Volljährigkeit, Staatsangehörigkeit, zum Familienstand, zur Volks- und Religionsgruppenzugehörigkeit und zu den Sprachkenntnissen des BF ergeben sich aus seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und jenen vor der belangten Behörde. In Ermangelung der Vorlage eines identitätszeugenden Dokumentes im Original konnte seine Identität nicht festgestellt werden.
Hinsichtlich der Reiseroute gilt es, auf die Angaben des BF im Zuge seiner Erstbefragung zu verweisen. Der Aufenthalt des BF ergibt sich aus einem aktuellen ZMR-Auszug.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des BF ergeben sich aus seinen Angaben.
Auf den Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde beruhen die Feststellungen seiner Ausbildung und Berufserfahrung in Marokko.
Die Feststellungen zur regionalen Herkunft und den in Marokko lebenden Familienangehörigen des BF beruhen ebenfalls auf den Angaben des BF vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der belangten Behörde. Der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich aus den Ausführungen des BF vor der belangten Behörde.
Die Feststellungen zur Selbsterhaltungsunfähigkeit und Gewährung der Grundversorgung in Österreich ergeben sich aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem.
Dass der BF über keine maßgeblichen privaten Beziehungen im Bundesgebiet verfügt und auch keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht aufweist, ist dem Umstand geschuldet, dass der BF erst seit 10.08.2023 im Bundesgebiet aufhältig ist und eine Integration in der kurzen Zeit von ca. vier Monaten realistischerweise nicht möglich ist, zudem auch nichts vorgebracht bzw. urkundlich nachgewiesen wurde.
Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF ergibt sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.
2.3. Zum Vorbringen des BF:
2.3.1. Zunächst gilt es anzuführen, dass der BF in der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 11.08.2023 lediglich anführte, dass er Marokko verlassen habe, da er dort die Routine nicht mehr ausgehalten habe und dort ein Ziel zu haben, etwas sei, worüber man nur träumen könne. Außerdem sei seine Mutter krank und brauche Geld für die Behandlung. Sonstige Gründe habe er nicht.
In der Einvernahme durch die belangte Behörde am 13.09.2023 führte der BF an, dass er wegen wirtschaftlichen und psychischen Gründen aus Marokko ausgereist sei. Er sei psychisch angeschlagen gewesen. Es gebe keine gute Arbeit, keine Zukunft und keine Hoffnung. Erst gegen Ende der Einvernahme führte er aus, dass er Angst vor Gewalt habe, da er in seiner Stadt nicht sicher leben, er geschlagen werden könne sowie es in seinem Herkunftsort Mafioso-Leute gebe, die mit Drogen arbeiten und wenn man nicht nach deren Meinung gehe, man deren Gegner sei. Zu seinen Rückkehrbefürchtungen führte er lediglich aus, dass er seine Ziele nicht erreichen könne und er dort keine Zukunft für sich sehe. Eine konkrete Verfolgung seiner Person machte er nicht geltend.
Erstmals in der Beschwerde führte er hingegen aus, dass er Marokko wegen Familienproblemen verlassen habe, wobei er von seiner Familie bedroht werde. Seine Familie sei im Drogenhandel aktiv und habe von ihm verlangt, im Drogengeschäft einzusteigen und sie in ihrer Arbeit zu unterstützen. Dies habe der BF jedoch strikt abgelehnt, weil er nichts mit Drogengeschäften zu tun haben wolle. Diese Ablehnung habe die Familie des BF nicht akzeptiert und ihn bedroht.
Dieses erstmals in der Beschwerde erwähnte gesteigerte neue Vorbringen unterliegt jedoch dem Neuerungsverbot des § 20 BFA-VG und ist daher im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen.
Es ist nicht Aufgabe der Asylbehörden, Fluchtgründe zu erfragen, die nicht vorgebracht werden. Denn nach § 18 Abs. 1 AsylG 2005 haben das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht zwar in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, die zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen. Zur Vorgängerbestimmung, nämlich § 28 AsylG 1997, hat der Verwaltungsgerichtshof aber festgehalten, dass sich daraus keine Verpflichtung der Behörde ableiten lässt, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (VwGH 21.9.2000, 2000/20/0226; 7.6.2001, 99/20/0434, jeweils mwN). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Grenze zwischen der Verpflichtung der Behörde, die Wahrheit amtswegig zu erforschen, und der Behauptungslast des Asylwerbers daher hier so gezogen, dass es dem BF oblegen wäre, auf eine konkrete Verfolgung durch seine Familienangehörige selbst hinzuweisen. Vielmehr gab er zu seinen Familienangehörigen an, dass seine Eltern, vier Schwestern und drei Brüder noch in Marokko leben würden, sein Vater als Mechaniker in Teilzeit arbeite, zwei Schwestern „aktiv“ arbeiten sowie die restlichen Geschwister noch in Ausbildung stehen, ohne wiederum auch nur ansatzweise eine von seiner Familie ausgehende Bedrohung in den Raum zu stellen. Zudem gab er an, mit diesen weiterhin in Kontakt zu stehen, was bei einer tatsächlichen Verfolgung wohl kaum zu erwarten wäre. Auch wurde er konkret befragt, was er meine, wenn er erkläre, Angst vor Gewalt zu haben. Das BFA durfte daher erwarten, dass der BF auf eine entsprechende Frage entsprechend antworten würde. Das Bundesverwaltungsgericht kann daher nicht finden, dass das Verfahren vor dem BFA insoweit mangelhaft iSd § 20 Abs. 1 Z 2 BFA-VG gewesen wäre.
Es ist auch nicht erkennbar, dass das neue Vorbringen des BF unter eine der anderen in § 20 Abs. 1 BFA-VG aufgezählten Ausnahmen fallen würde.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es Sache des BF ist, vor dem BFA ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Es wurde dem BF ausreichend Gelegenheit geboten, seine Fluchtgründe darzulegen und wurde der BF während seiner Einvernahme vor der Behörde auf das geltende Neuerungsverbot hingewiesen. Abgesehen davon wurde der BF zu Beginn seiner Einvernahme vor der belangten Behörde explizit darüber informiert, dass seine Angaben im Asylverfahren vertraulich behandelt und insbesondere auch nicht an Behörden seines Heimatlandes oder an sonstige Dritte weitergegeben werden (AS 63). Der BF hat nach erfolgter Rückübersetzung mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit des von der belangten Behörde angefertigten Einvernahmeprotokolls bestätigt. Nach Ansicht des erkennenden Gerichts kann es einem erwachsenen Menschen durchaus zugemutet werden, bei den Behörden jenes Landes, von dem er sich Schutz und Hilfe vor behaupteter Verfolgung erwartet, möglichst zeitnah zum Antrag auf internationalen Schutz zumindest ansatzweise Angaben zu den eigentlichen Gründen der behaupteten, gegenständlichen Verfolgung im Heimatland zu machen.
Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die in der Beschwerde vorgebrachten Neuerungen gegen das Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG im Lichte der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes verstoßen. Weder hat sich der Sachverhalt im Nachhinein geändert, noch war das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft, noch waren dem BF die neu vorgebrachten Tatsachen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des BFA nicht zugänglich, noch kann gesagt werden, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, sie vorzubringen. Da dem BF seine nunmehr neu vorgebrachten Fluchtgründe immer bekannt waren, ihm offensichtlich klar sein musste, dass diese Relevanz hatten, und er sie auch bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde nicht vorbrachte, geht das Bundesverwaltungsgericht von einer "Missbrauchsabsicht" im Sinne der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts aus.
Dieses Vorbringen hinsichtlich der Verfolgung durch seine Familienangehörige wegen seiner Weigerung in ihr Drogengeschäft einzusteigen ist somit vom Neuerungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 BFA-VG umfasst und selbst bei inhaltlicher Berücksichtigung nicht geeignet, ein für den BF günstigeres Ergebnis zu erzielen, da es in seiner Gesamtheit nicht glaubhaft ist. So ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, warum der BF die behauptete Verfolgung durch seine Familienangehörige nicht bei erster Gelegenheit, jedoch spätestens bei seiner Einvernahme vor dem BFA, im Rahmen derer er auf das Neuerungsverbot hingewiesen wurde, angab.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubhaft anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261). Wäre der BF tatsächlich wie von ihm in der Beschwerde behauptet von seinen Familienangehörigen verfolgt worden, wäre er zu erwarten gewesen, dass er dies bei der Erstbefragung zumindest erwähnt, spätestens jedoch in der niederschriftlichen Einvernahme geltend macht. Wie bereits festgehalten, machte er eine konkrete Verfolgung seiner Person nicht geltend. Dass er durch die Mafioso-Leute, die er im Zuge seiner Einvernahme am 13.09.2023 erwähnte, konkret bedroht worden sei, machte er auch nicht geltend, geschweige denn, dass es sich bei diesen um seine Familie gehandelt habe.
Unbeschadet dessen ergeben sich des Weiteren aus dem aktuellen Länderinformationsblatt hinaus keinerlei Hinweise darauf, dass von Privatpersonen ausgehende Übergriffe, wie sie seitens des BF im gegebenen Zusammenhang im Verfahren geltend gemacht wurden, von den marokkanische Behörden in Anbetracht des dort grundsätzlich funktionierenden Staats- und Sicherheitsapparates nicht ordnungsgemäß verfolgt würden, auch wenn nicht verkannt wird, dass eine bedenkliche Korruptionsanfälligkeit gegeben ist. Zudem wurde in der Beschwerde nicht geltend gemacht, dass der BF selbst bei tatsächlicher Verfolgung durch seine Familienangehörige sich an heimatstaatliche Behörden gewandt hätte und ihm der notwendige Schutz verwehrt worden wäre. Zudem kann von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0228, mwN). Diese Annahme erweist sich vor dem Hintergrund der einschlägigen Länderberichte zum "sicheren Herkunftsstaat" Marokko jedoch nicht als gerechtfertigt und war dem entsprechenden Fluchtvorbringen des BF in Bezug auf die Gefahr einer Verfolgung durch seine Familie unter diesem Gesichtspunkt die Asylrelevanz zu versagen.
2.3.2. Glaubhaft erscheint jedoch das Vorbringen des BF Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat. Es ist nachvollziehbar, dass er seinem Heimatland aufgrund von fehlenden Zukunftsperspektiven sowie Arbeitslosigkeit den Rücken gekehrt hat.
Dem weiteren Vorbringen in der Beschwerde, wonach der BF im Falle seiner Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten würde, ist zu entgegnen, dass der BF vor seiner Ausreise aus Marokko immer wieder in verschiedenen Städten berufstätig war und gab er selbst an, für seinen Lebensunterhalt gesorgt zu haben. Er hat auch nach wie vor Kontakt zu seiner Familie, was nicht für exponentiell schlechte Umstände spricht. Auch würde dem BF wegen seiner wirtschaftlichen Gründe im Falle seiner Rückkehr keine Gefahr einer persönlichen Verfolgung drohen.
2.3.3. Insgesamt ist daher aus dem Vorbringen des BF ist kein Indiz zu entnehmen, wonach dem BF ernstlich Gefahr drohen könnte, in Marokko aus politischen, rassischen, nationalen, religiösen Gründen oder aus Gründen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt zu werden.
Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher – wie auch die belangte Behörde - zu dem Schluss, dass es dem BF nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen seine Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.
2.4. Zu den Länderfeststellungen:
Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage in Marokko basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 11.08.2023; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung von rund einem Monat haben sich keine Änderungen zu den im bekämpften Bescheid getroffenen Länderfeststellungen ergeben. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.
Auch wenn die angespannte wirtschaftliche Lage in Marokko durchaus nicht verkannt wird, steht es für das Bundesverwaltungsgericht nach Würdigung sämtlicher Umstände fest, dass Marokko ein Staat ist, der hinsichtlich seiner Bürger schutzfähig und schutzwillig ist, und dass dem jungen und arbeitsfähigen BF daher aufgrund der Lage im Herkunftsstaat mit höchster Wahrscheinlichkeit keine Gefahr an Leib und Leben oder einer unmenschlichen Strafe droht, wenn er nach Marokko zurückkehrt. Das unsubstantiierte Vorbringen im Zuge der Beschwerde vermag dabei keine gegenteilige Ansicht zu erwirken.
3. Rechtliche Beurteilung:
Marokko ist gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung BGBl II Nr. 177/2009, in der Fassung BGBl II Nr. 129/2022, ein sicherer Herkunftsstaat.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
3.1.1. Rechtslage:
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Absch. A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Im Sinne des Art. 1 Absch. A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Absch. A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, 99/01/0279).
Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinaus geht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Wie in der Beweiswürdigung unter Punkt 2.3. bereits dargelegt, vermochte der BF im gegenständlichen Verfahren keine wohlbegründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, sondern haben ihn wirtschaftliche Gründe zum Verlassen seines Herkunftsstaates bewogen.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):
3.2.1. Rechtslage:
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - „real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143).
Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2020, Ra 2020/14/0368).
3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Wie bereits dargelegt wurde, droht dem BF in Marokko keine asylrelevante Verfolgung.
Auch dafür, dass dem BF im Falle einer Rückkehr nach Marokko die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der BF verfügt über eine Schulausbildung und hat auch Berufserfahrung als Informatiker sowie Krankenpfleger vorzuweisen. Er ist arbeitsfähig, es ist daher davon auszugehen, dass er durch die (Wieder-)Aufnahme einer Beschäftigung in der Lage sein wird, seinen Lebensunterhalt in Marokko sicherzustellen. Darüber hinaus lebt seine Familie nach wie vor in Marokko und ist der BF bei einer Rückkehr daher auch nicht auf sich allein gestellt.
Damit ist der BF durch die Abschiebung nach Marokko nicht in seinem Recht gemäß Art. 3 EMRK verletzt, zumal die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Marokko. Diese betreffen jedoch jeden marokkanischen Staatsangehörigen in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
Dass der BF allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Marokko bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Marokko keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Zumal auch im Zuge des Beschwerdevorbringens diesbezüglich nichts substantiiert ausgeführt wurde, fehlen hierfür im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.
Zudem gilt Marokko als ein sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 9 der Herkunftsstaaten-Verordnung. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für Marokko, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.
Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG abzuweisen war.
3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):
3.3.1. Rechtslage:
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art 8 EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
3.3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der BF Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.
Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG abzuweisen.
3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):
3.4.1. Rechtslage:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Auf Grundlage des § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG – wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird – zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).
3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffenderweise auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt.
Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der BF einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.
Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.
Dabei stellt die Aufenthaltsdauer für sich zunächst lediglich eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien dar (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0289) und der Aufenthalt des BF zudem auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage beruhte, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durften, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann.
Der BF ist seit seiner illegalen Einreise (spätestens) am 10.08.2023, somit ca. vier Monaten, in Österreich aufhältig. Zwischen der Asylantragstellung am 10.08.2023 und der negativen Entscheidung seitens der belangten Behörde am 19.09.2023 sind auch lediglich ca. sechs Wochen vergangen.
Der BF führt kein Familienleben in Österreich. Auch private Anknüpfungspunkte haben sich im Verfahren nicht ergeben. Nennenswerte integrative Merkmale in sprachlicher, beruflicher oder kultureller Hinsicht liegen – schon ob der geringen Dauer des Aufenthaltes von rund sechs Monaten – nicht vor. Demgegenüber verfügt der BF in seinem Herkunftsstaat, in dem er aufgewachsen ist und den Großteil seines bisherigen Lebens verbracht hat, über sprachliche und kulturelle Verbindungen sowie auch über familiäre Anknüpfungspunkte.
Es sind bei einer Rückkehrentscheidung in weiterer Folge aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen. So sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaige wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0076). Im gegenständlichen Fall ist dahingehend keine besondere Vulnerabilität des BF hervorgekommen. Er wird bei einer Rückkehr durch seine Berufserfahrung in der Lage sein, sich ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften.
Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des BF vermag seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu verstärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029).
Dem allenfalls bestehenden Interesse des BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt schwerer, als die nur schwach ausgeprägten privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034; 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher – nach Abwägung der privaten mit den öffentlichen Interessen – nicht im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG als unzulässig angesehen werden.
Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (z.B. vorübergehend nach Art. 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der BF verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):
3.5.1. Rechtslage:
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder 3 EMRK oder deren 6. Bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat Marokko gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre.
Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. VwGH 25.09.2019, Ra 2019/19/0399).
Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.
Die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Marokko erfolgte daher zu Recht und war die Beschwerde auch hinsichtlich des Spruchpunktes V. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen.
3.5.3. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides):
Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Derartige "besondere Umstände" wurden vom BF nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen.
Zu Recht hat daher die belangte Behörde § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zur Anwendung gebracht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungs-gericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des BF und zur Lage in Marokko auf jene der angefochtenen Bescheide gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt aber es nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316-14). Wie dargelegt, wurde dem tragenden Element der Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheids im Rahmen des Beschwerdeschriftsatzes nicht substantiiert entgegengetreten und es wurde auch in der Beschwerde kein konkretes Vorbringen hinsichtlich eines potentiell asylrelevanten Sachverhaltes erstattet.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
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