BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §123
BVergG 2018 §125
BVergG 2018 §141 Abs1 Z2
BVergG 2018 §141 Abs1 Z7
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §78 Abs1
BVergG 2018 §79 Z4
BVergG 2018 §80
BVergG 2018 §82
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs9
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W139.2253938.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
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Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie Mag. Jirina RADY als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und Dr. Theodor TAURER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag XXXX vertreten durch Huber Berchtold Rechtsanwälte OG, Getreidemarkt 14, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „1020 Wien, Meiereistraße 3/Meiereistraße 16, Bildhauerateliers des Bundes - Funktionssanierung - Generalplanerleistungen (inklusive Haus- und Funktionstechnik“ der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Dem Nachprüfungsantrag der XXXX wird stattgegeben.
Die Entscheidung der Auftraggeberin Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. vom 07.04.2022, den Teilnahmeantrag der XXXX auszuscheiden (Nicht-Zulassung zur Teilnahme), wird für nichtig erklärt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 iVm Abs 9 B-VG nicht zulässig.
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Am 14.04.2022 stellte die Antragstellerin die gegenständlichen Anträge auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 07.04.2022, auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht bzw. Ausnahme von der Akteneinsicht sowie auf Gebührenersatz.
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auftraggeberin habe die gegenständliche Dienstleistung in einem Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Die Auftraggeberin beabsichtige, die Bildhauerateliers des Bundes in 1020 Wien zu sanieren. Das Projekt werde von der Europäischen Union gefördert. Die Antragstellerin habe fristgerecht einen Teilnahmeantrag gelegt. Die Teilnahmefrist habe am 23.02.2022 geendet. Die Antragstellerin bezeichnete ihr Interesse am Vertragsabschluss sowie den ihr drohenden Schaden und die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.
Angefochten werde die Ausscheidensentscheidung vom 07.04.2022. Zu deren Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin aus, dass die Antragstellerin zunächst zum Nachweis der Befugnis und der beruflichen Zuverlässigkeit dem Teilnahmeantrag eine Eigenerklärung beigelegt habe. Die Auftraggeberin habe die Antragstellerin sodann nicht zur zweiten Verfahrensstufe zugelassen, da sie anhand der Auswahlkriterien zu wenig Punkte erreicht habe. Diese Entscheidung habe die Auftraggeberin nach dem Einwand der Antragstellerin, die Auswahlkommission habe die Bewertung anhand bislang unbekannter Auswahlkriterien vorgenommen, zurückgezogen. In der Folge sei die Antragstellerin am 24.03.2022 zur Vorlage von Strafregisterbescheinigungen gemäß Punkt 7.2. der Teilnahmeunterlagen aufgefordert worden. Die Antragstellerin sei diesem Ersuchen entsprechend den bestandsfesten Teilnahmebestimmungen nachgekommen und habe die aktuellen Strafregisterbescheinigungen der Geschäftsführung vom 24.03.2022 vorgelegt.
Am 07.04.2022 sei das Angebot der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG ausgeschieden worden. Dies sei damit begründet worden, dass es der Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt (zum Ende der Teilnahmefrist) an der beruflichen Zuverlässigkeit mangle, da die Strafregisterbescheinigungen der Geschäftsführung einerseits zu alt (17.03.3021) und andererseits zu aktuell (24.03.2022) seien und damit eine strafrechtliche Unbescholtenheit im maßgeblichen Zeitpunkt nicht nachgewiesen wäre. Dies treffe nicht zu.
Gesetzeskonform sei als maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung das Ende der Teilnahmefrist festgelegt worden. Die vorgelegten Strafregisterbescheinigungen würden das Ende der Teilnahmefrist am 23.02.2022 als maßgeblichen Zeitpunkt einschließen. In Strafregisterbescheinigungen seien Verurteilungen auszuweisen, sofern diese noch nicht getilgt seien. Gemäß § 3 Abs 1 Tilgungsgesetz gelte eine Mindest-Tilgungsfrist von drei Jahren (für Jugendstrafen) bzw. von fünf Jahren (für das Erwachsenenstrafrecht). Zwischen den der Auftraggeberin vorliegenden Strafregisterbescheinigungen vom 17.03.2021 und vom 24.03.2022 würden keine drei und auch keine fünf Jahre liegen. Die im Vergabeakt vorliegenden Strafregisterauskünfte würden sohin zum Beweis dafür dienen, dass auch im maßgeblichen Zeitpunkt gemäß § 79 Z 4 BVergG – somit zum Ende der Teilnahmefrist am 23.02.2022 – die Unbescholtenheit der Geschäftsführung der Antragstellerin vorgelegen sei. Der Auftraggeberin sei zuzumuten, dass die Zusammenschau der Strafregisterauskünfte unter Berücksichtigung über die Tilgung von Strafen wegen des zeitlichen Abstands von weniger als der Mindesttilgungsfrist von fünf Jahren dazu führe, dass über den Zeitpunkt gemäß § 79 Z 4 BVergG eine eindeutige Aussage getroffen werden könne. Die Antragstellerin habe die berufliche Zuverlässigkeit insofern gesetzes- und ausschreibungskonform nachgewiesen. Die Behauptung der Auftraggeberin, dass die Strafregisterbescheinigungen ausdrücklich im Zeitraum 23.11.2021 bis 23.02.2022 datiert sein müssten, könne den bestandsfesten Teilnahmeunterlagen in dieser Auslegungsweise nicht entnommen werden. Dies würde der gesetzlichen Möglichkeit der Eigenerklärung widersprechen und sei daher über den Einzelfall hinaus von Bedeutung für künftige Vergabeverfahren. Ausschreibungs- und Teilnahmebestimmungen seien aber jedenfalls gesetzes- und richtlinienkonform auszulegen, insbesondere wenn es sich um ein gefördertes Bauvorhaben der Europäischen Union handle. Ein Ausscheiden des Angebotes gemäß § 141 Abs 1 Z 2 bzw. Z 7 BVergG sei daher rechtswidrig.
2. Am 20.04.2022 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.
3. Mit Schriftsatz vom 19.04.2022 nahm die Auftraggeberin zum gesamten Antragsvorbringen der Antragstellerin Stellung und führte aus, dass dass die Teilnahme- und Ausschreibungsunterlagen nicht rechtzeitig angefochten worden seien und daher bestandsfest seien. Das Bundesverwaltungsgericht könne allfällige Rechtswidrigkeiten der bestandsfesten Teilnahmeunterlagen nicht mehr aufgreifen. Im Nachprüfungsverfahren sei nicht die objektive Eignung der Antragstellerin, sondern die Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung zu beurteilen.
Bereits im Nachprüfungsverfahren zur GZ W187 2244216-1 sei vom Bundesverwaltungsgericht der objektive Erklärungswert der gegenständlich gleichlautenden Teilnahmebedingungen festgestellt worden. Das Bundesverwaltungsgericht sei in seinem Erkenntnis vom 14.09.2021 zum Ergebnis gelangt, dass sich aus Unterpunkt 7.2 in Zusammenschau mit dem übergeordneten Punkt 7 der Teilnahmebestimmungen ergebe, dass die vorzulegenden Strafregisterauskünfte in dem dreimonatigen Zeitraum vor Ablauf der Teilnahmefrist ausgestellt worden sein müssen. Dies sei im vorliegenden Fall zwischen 23.11.2021 und 23.02.2022. Die Antragstellerin habe Strafregisterauskünfte ihrer beiden Geschäftsführer jeweils datiert mit 17.03.2021 und 24.03.2022 vorgelegt, sodass die Ausscheidensgründe der § 141 Abs 1 Z 2 und 7 BVergG verwirklicht worden seien und das Ausscheiden zu Recht erfolgt sei.
Der nunmehrige Rechtsvertreter der Antragstellerin sei auch in das bereits abgeführte Nachprüfungsverfahren involviert gewesen, sodass der Eindruck erweckt werde, dass ohne jegliche Aussicht auf Erfolg versucht werde, das Vergabeverfahren des Auftraggebers zu verzögern.
Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sei auszuführen, dass gemäß § 339 Abs 1 Z 3 BVergG eine mündliche Verhandlung ungeachtet eines Parteienantrages entfallen könne, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststehe, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag stattzugeben oder dass er abzuweisen sei. Dies sei vorliegend der Fall. Sowohl der Inhalt der Ausschreibungsunterlagen als auch die Richtigkeit der übermittelten Eignungsnachweise sei unstrittig. Die Entscheidung beschränke sich daher auf die Lösung einer reinen Rechtsfrage. Das Unterbleiben einer Verhandlung beeinträchtige die aus Art 6 MRK und Art 47 GRC erfließenden Rechte in diesem Fall nicht.
Es werde beantragt, den Nachprüfungsantrag ab-, in eventu zurückzuweisen.
4. Mit Schriftsatz vom 04.05.2022 nahm die Antragstellerin zur Stellungnahme der Auftraggeberin vom 19.04.2022 Stellung und brachte vor, dass Strafregisterbescheinigungen nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt/Stichtag ausgestellt werden könnten. Strafregisterbescheinigungen würden auf Antrag von den in § 10 StrafRG 1968 angeführten Behörden ausgestellt. Eine rückblickende Strafregisterbescheinigung sei nicht möglich, da hiermit der Tilgungswirkung widersprochen würde.
Gemäß § 82 Abs 2 Z 1 BVergG seien zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit Strafregisterbescheinigungen gemäß StrafRG 1968 beizubringen. Diese würden zur Überprüfung, dass gegen den betreffenden Bieter kein Ausschlussgrund gemäß § 78 Abs 1 BVergG vorliege, dienen. Gemäß § 79 Z 4 BVergG sei die Eignung beim gegenständlichen Verhandlungsverfahren zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist nachzuweisen. Dies habe die Auftraggeberin auch bestandsfest festgelegt. Eine Strafregisterbescheinigung vor diesem maßgeblichen Zeitpunkt erfülle weder die Vorgaben der Teilnahmebestimmung noch jene des § 79 Z 4 BVergG; der Teilnehmer könnte im maßgeblichen Zeitpunkt verurteilt worden sein. Selbes gelte für eine Strafregisterbescheinigung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt; die Verurteilung eines Teilnehmers könnte in der Zwischenzeit getilgt worden sein.
Um der Teilnahmebestimmung und § 79 Z 4 BVergG Genüge zu tun, müssten Strafregisterbescheinigungen zwingendermaßen vor und nach dem maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegt werden. Ausschließlich unter Berücksichtigung der Tilgungsfristen gemäß Tilgungsgesetz könne ein Nachweis über die strafrechtliche Unbescholtenheit getroffen werden. Dies sei vorliegend durch die Vorlage der Strafregisterbescheinigungen vom 17.03.2021 und 24.03.2022 erfolgt. Diese Strafregisterbescheinigungen würden weniger als fünf Jahre auseinanderliegen. Der maßgebliche Zeitpunkt zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit sei der 23.02.2022 und liege daher im Zeitraum zwischen 17.03.2021 und 24.03.2022. Die Antragstellerin sei demnach beruflich zuverlässig.
Aus der von der Auftraggeberin zitierten Entscheidung des BVwG, GZ W187 2244216-1/25E, sei dieser die Existenz von Tilgungsfristen hinlänglich bekannt und zumutbar, die beigebrachten Nachweise anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen.
Nach dem eindeutigen Wortlaut des Punktes 7.2 der Teilnahmebestimmungen müssten die Teilnehmer „auf Aufforderung“ aktuelle (nicht älter als drei Monate alte) Nachweise beibringen. Die Auftraggeberin weiche vom objektiven Erklärungswert dieser Bestimmung ab, indem sie nunmehr ausschließlich solche Nachweise anerkennen wolle, die in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Ende der Teilnahmefrist datieren müssen. Eine Auslegung dieses eindeutigen Wortlautes sei gar nicht erforderlich und würde lediglich eine nicht vertretbare Rechtsansicht manifestieren. Würde man der Interpretation der Auftraggeberin folgen, möchte sie mit Nachweisen, die ausschließlich vor dem gesetzlich maßgeblichen Zeitpunkt der Eignung (vor Ende der Teilnahmefrist) liegen, die vergaberechtliche Eignung bejahen. Bei rechtskonformer Vorgehensweise müsse die Auftraggeberin die Eignung aber jedenfalls im Zeitpunkt „Ende Teilnahmefrist“ (§ 79 Z 4 BVergG) prüfen sowie vor Zuschlagserteilung (§ 21 Abs 1 sowie § 80 Abs 3 BVergG).
Zusammenfassend habe die Antragstellerin ihre Eignung über die gesamte Dauer des bisherigen Vergabeverfahrens mit Nachweisen belegt, welche auch den Aktualitätserfordernissen (Nachweise nicht älter als drei Monate) der Teilnahmebestimmungen entsprochen haben.
Die Auftraggeberin vertrete ausdrücklich die Ansicht, dass zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit ausschließlich Strafregisterbescheinigungen im Zeitraum von 23.11.2021 bis 23.02.2022 gelten würden. Ein derartiger zeitlicher Rahmen von 23.11.2022 bis 23.02.022 finde sich in den Teilnahmebestimmungen nicht wieder. Dies lasse sich lediglich durch gesetzeswidrige Interpretation der Teilnahmebestimmungen herleiten. Die Rechtswidrigkeit gegenüber der gesetzlichen Bestimmung des § 79 Z 4 BVergG ergebe sich daraus, dass mit einer Strafregisterbescheinigung im Zeitraum zwischen dem Ende der Teilnahmeantragsfrist minus drei Monate kein Nachweis über die Unbescholtenheit im gesetzlichen Zeitpunkt gemäß § 79 Z 4 BVergG nachgewiesen werden könne. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung seien Ausschreibungsunterlagen nach dem objektiven Erklärungswert aber dennoch im Zweifel rechtskonform auszulegen.
Soweit die Auftraggeberin auf die zitierte Entscheidung des BVwG, GZ W187 2244216-1/25E, verweise, sei anzumerken, dass es sich nicht um eine höchstgerichtliche Entscheidung handle. Da die Auftraggeberin jedoch die konkreten Teilnahmebestimmungen standardisiert für Verhandlungsverfahren verwende, wäre eine gleichartige – nach Ansicht der Antragstellerin nicht vertretbare – Auslegung der Teilnahmebestimmungen allein aufgrund deren Wiederholung von grundsätzlicher Bedeutung. Ein abweisendes Erkenntnis unter Verweis auf das zitierte Erkenntnis wäre daher – aufgrund der rechtlichen Bedenken über den Einzelfall hinaus – höchstgerichtlich zu klären.
Im Übrigen gehe die Antragstellerin davon aus, dass, wenn das angerufene Bundesverwaltungsgericht den Ausführungen der Auftraggeberin dahingehend folge, dass ausschließlich Strafregisterbescheinigungen im Zeitraum von 23.11.2021 bis 23.02.2022 zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit dienen dürfen, auch alle anderen Teilnehmer bei gleichbehandelnder Angebotsprüfung auszuscheiden wären. Die Antragstellerin gehe begründet davon aus, dass sämtliche Mitbewerber die Strafregisterbescheinigungen der Geschäftsführung und Prokuristen erst auf Aufforderung durch die Aufraggeberin beantragt haben. Dieses Vorbringen zur Überprüfung der Strafregisterbescheinigungen der anderen Teilnehmer bzw. der zwischenzeitig zur Angebotslegung aufgeforderten Bieter sei für die Antragstellerin von Relevanz und wesentlich für den Ausgang des Nachprüfungsantrages. Nach dem Ausscheiden aller Teilnehmer sei das gegenständliche Vergabeverfahren zu widerrufen. Im Falle einer neuerlichen Ausschreibung könnte die Antragstellerin sich abermals erfolgreich beteiligen.
5. Mit Stellungnahme vom 11.05.2022 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung. Aus Sicht der Antragstellerin wäre ein Nachweis, dass keine strafrechtliche Verurteilung im Sinn des § 78 Abs 2 Z 1 BVergG vorliege, nur durch Zusammenschau mehrerer Strafregisterbescheinigungen möglich, wobei der Zeitraum, zwischen denen die Strafregisterbescheinigungen ausgestellt worden seien die Mindesttilgungsfrist gemäß Tilgungsgesetz nicht überschreiten dürfe. Dabei verkenne die Antragstellerin aber, dass für die Beurteilung, ob ihr Ausscheiden rechtskonform erfolgt sei, weder allgemeine Ausführungen zum Strafregistergesetz noch ihre Sichtweise im Hinblick darauf, wie eine Prüfung der beruflichen Zuverlässigkeit sinnvoller Weise durchgeführt werden könne, relevant seien, sondern ausschließlich die bestandsfeste Ausschreibung. Deren objektiver Erklärungswert sei bereits in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu GZ W187 2244216-1/25E vom 14.09.2021 festgestellt worden.
In ihrer Darstellung des objektiven Erklärungswertes lasse die Antragstellerin den Punkt 7, der übergeordnet und als Grundlage über die nachfolgenden Unterpunkte stehe und in Zusammenschau mit dem weiteren Unterpunkt 7.2 zu lesen sei, gänzlich unerwähnt. In Zusammenschau mit Pkt. 7 ergebe sich eindeutig, dass die Bieter ihre Eignung zum gesetzlich festgelegten Zeitpunkt (Ende der Teilnahmefrist) mit einer Strafregisterbescheinigung zu erbringen haben, wobei diese zum maßgeblichen Zeitpunkt zum Ende der Teilnahmefrist nicht älter als drei Monate sein dürfe. Der Nachweis darüber, dass kein Ausschlussgrund gemäß § 78 Abs 1 Z 1 BVergG vorliege, sei sohin eindeutig mittels einer Strafregisterbescheinigung zu führen, die im Zeitraum zwischen 23.11.2021 und 23.2.2022 erstellt worden sein müsse.
Die Antragstellerin ignoriere gänzlich die gesetzlichen Vorgaben und die hierzu ergangene Rechtsprechung. So habe das Bundesverwaltungsgericht neben dem bereits angeführten Erkenntnis zu W187 2244216-1/25E etwa auch im Erkenntnis zu W123 2216051-2 vom 17.04.2019 folgendes festgestellt: „In der Ausschreibungsunterlage wurde (bestandkräftig) das Ende der Teilnahmefrist mit 14.11.2018, 12:00 Uhr, festgelegt und festgehalten, dass die Vorlage der Strafregisterbescheinigung nicht älter als drei Monate sein darf. Demzufolge mussten die Strafregisterauszüge ein Datum zwischen 14.08.2018 und 14.11.2018 aufweisen.“
Das Bundesverwaltungsgericht habe demnach die Vorgaben des Gesetzgebers angewendet. Nach § 82 Abs 2 Z 1 BVergG sei zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 78 Abs 1 Z 1 BVergG „die Strafregisterbescheinigung“ vorzulegen. Der Gesetzgeber sehe gemäß § 82 Abs 2 Z 1 BVergG als Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit die Vorlage einer Strafregisterbescheinigung vor, welche zum maßgeblichen Zeitpunkt gemäß § 79 Z 4 BVergG vorliegen müsse und ein bestimmtes Alter nicht überschreiten dürfe. Hätte der Gesetzgeber die von der Antragstellerin dargestellte Vorgehensweise vor Augen gehabt, wäre der Hinweis in den EB zur Regierungsvorlage, dass Auftraggeber festlegen sollen, wie alt die Strafregisterbescheinigung maximal sein dürfe, völlig unpassend. Es wäre immer eine (tages-)aktuelle sowie eine weitere Strafregisterbescheinigung, die vor dem für die Eignung maßgeblichen Zeitpunkt erstellt worden sei, notwendig. Der maximale zeitliche Abstand dieser beiden dürfte nicht größer als die Mindesttilgungsfrist sein. Wozu es dann aber eine weitere Festlegung des Auftraggebers benötigen sollte, entziehe sich jeglicher Logik.
Die Strafregisterbescheinigung müsse demnach vor dem für den Nachweis der Eignung maßgeblichen Zeitpunkt erstellt worden sein. Wie alt diese maximal sein dürfe, habe der Auftraggeber in der Ausschreibung festzulegen. Dies habe die Auftraggeberin gegenständlich bestandsfest getan. Abgesehen davon seien die Ausschreibung bzw. die Teilnahmebedingungen im Zweifel gesetzeskonform auszulegen.
Wenn die Antragstellerin vermeine, dass die Vorgaben des Gesetzgebers nicht zweckmäßig oder zielführend seien, so sei dies jedenfalls nicht im Wege eines Nachprüfungsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zu beanstanden.
Im Übrigen erbringe die Antragstellerin auch unter Zugrundelegung ihrer eigenen Sichtweise keinen ausschreibungskonformen Nachweis über das Nichtvorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 78 Abs 1 Z 1 BVergG. Selbst wenn man die Festlegung hinsichtlich der Aktualität der Strafregisterbescheinigung auf den Zeitpunkt der Aufforderung durch die Auftraggeberin – und nicht richtigerweise auf den Zeitpunkt des Endes Teilnahmefrist – beziehen sollte, erfülle die von der Antragstellerin vorgelegte Strafregisterbescheinigung vom 17.03.2021 diese Vorgabe nicht. Wie die Antragstellerin selbst darlege, sei diese aber aus ihrer Sicht zum Nachweis zwingend erforderlich. In den Ausschreibungsunterlagen sei eindeutig festgelegt, dass jede Strafregisterbescheinigung die geforderte Aktualität aufweisen müsse.
Schließlich würden Nachprüfungsverfahren ausschließlich der Durchsetzung der subjektiven Rechte des Bieters dienen. Dementsprechend sei auch nur die Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise des Auftraggebers und nicht die Zweckmäßigkeit oder Sinnhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens.
Was das Vorbringen zum Vorliegen einer Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung betreffe, sei festzuhalten, dass die Antragstellerin (i) entgegen den gesetzlichen Vorgaben, (ii) entgegen den bestandsfesten Teilnahmebestimmungen und (iii) entgegen der einschlägigen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichtes ihre Sichtweise im Hinblick darauf, wie der Nachweis darüber, dass kein Ausschlussgrund gemäß § 78 Abs 1 Z 1 BVergG vorliege, als die einzig rechtskonforme Vorgehensweise erachte. Die Tatsache, dass keine höchstgerichtliche Entscheidung zur gegenständlichen Thematik vorliege, verwundere wenig, da der VwGH zuletzt zu Ra 2019/04/0068 vom 30.03.2021 festgestellt habe, dass die „Prüfung der Ausschreibungskonformität eines Angebotes [...] dabei stets eine im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung“ darstelle. Demnach, so der VwGH weiter, habe der „Verwaltungsgerichtshof [...] bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen nicht revisibel ist, weil der fallbezogenen Auslegung grundsätzlich keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.“
Weiters bleibe die Antragstellerin jegliche Begründung für die Behauptung schuldig, dass auch alle anderen Mitbewerber die Strafregisterbescheinigung erst „auf Aufforderung“ durch die Auftraggeberin beantragt hätten. Im Übrigen bestehe kein subjektives Recht der Antragstellerin auf das Ausscheiden anderer Bewerber. Der Nachprüfungsantrag richte sich ausschließlich auf die Nichtigerklärung der angefochtenen Ausscheidensentscheidung.
6. Mit Stellungnahme vom 18.05.2022 äußerte sich die Antragstellerin erneut, dass nach dem eindeutigen Wortlaut der bestandsfesten Teilnahmebestimmungen die Teilnehmer „auf Aufforderung“ aktuelle (nicht älter als drei Monate alte) Nachweise beibringen müssten. Der Zeitraum der beizubringenden Strafregisterbescheinigung sei bestandsfest auf „maximal drei Monate“ ab Aufforderung festgelegt. Ein Verweis auf eine erstinstanzliche Entscheidung, wonach diese Bestimmung anders zu verstehen sei, sei für das angerufene Gericht nicht bindend.
Weiters sei zunächst auf die von der Auftraggeberin ins Treffen geführte Teilnahmebestimmung gemäß Punkt 7 verwiesen, wonach die „Bewerber […] grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung […] verfügen müssen.“ Diese Anforderung habe die Antragstellerin erfüllt, indem sie mittels zweier Strafregisterbescheinigungen die strafrechtliche Unbescholtenheit „zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist“ nachgewiesen habe. Ein anderes Ergebnis könne aufgrund der vorliegenden Strafregisterbescheinigungen logischerweise nicht erzielt werden. Weiters habe sie auch die Vorgabe unter Punkt 7.2 der Teilnahmebedingungen erfüllt, weil sie „auf Aufforderung“ aktuelle Strafregisterbescheinigungen vorgelegt habe (nicht älter als drei Monate).
Für die Ausführungen der Auftraggeberin gelte, dass diese den bestandsfesten Bestimmungen widersprechen würden und – wenn überhaupt – nur mit subtiler Sachkenntnis, außerordentlichen methodischen Fähigkeiten und einer gewissen Lust zum Lösen von Denksport-Aufgaben überhaupt verstanden werden könne, welche Anordnungen für Strafregisterbescheinigungen getroffen werden sollen. Der VfGH habe für derartige Fälle sogar für Gesetzgeber ein rechtsstaatlich gebotenes Mindestmaß an Verständlichkeit gefordert (VfSlg 12420/1990 – Denksportentscheidung). Insofern würden sich die Ausführungen zur Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auch um diese in analogerweise anzuwendenden verfassungsrechtlichen Bedenken erweitern. Angesichts der nach eigenen Ausführungen wiederholenden gleichlautenden Ausscheidensentscheidungen der Auftraggeberin manifestiere sich eine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung.
7. Am 07.06.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Auftraggeberin ist die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.. Im Jänner 2022 schrieb sie den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungsauftrag, „1020 Wien, Meiereistraße 3/Meiereistraße 16, Bildhauerateliers des Bundes - Funktionssanierung - Generalplanerleistungen (inklusive Haus- und Funktionstechnik“, in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich unter dem CPV-Code (71240000 – Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen) nach dem Bestbieterprinzip aus. Die Teilnahmeantragsfrist endete am 23.02.2022. Das Verfahren befindet sich im Stadium der Prüfung der Teilnahmeanträge. Eine Aufforderung zur Angebotsabgabe erfolgte bislang nicht.
Die Teilnahmeunterlagen blieben unangefochten und lauten auszugsweise:
Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages (Einlage 1.1):
„[...]
7 EIGNUNGSKRITERIEN UND EIGNUNGSNACHWEISE
Der Nachweis des Vorhandenseins der zur Leistungserbringung erforderlichen Befugnis, beruflichen Zuverlässigkeit, finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie technischen Leistungsfähigkeit ist zunächst mittels Eigenerklärung zu führen. Auf Aufforderung des Auftraggebers sind binnen kurzer Frist entsprechende Originale oder beglaubigte Abschriften vorzulegen. Sofern Bewerber mit entsprechend aktuellen Daten im Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ) gelistet sind, kann die Vorlage auch durch Bekanntgabe der ANKÖ-Mitgliedsnummer erfolgen.
Die Bewerber müssen grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung (Befugnis, berufliche Zuverlässigkeit, finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, technische Leistungsfähigkeit) verfügen. Die von den Bewerbern zu erfüllenden Eignungskriterien und gegebenenfalls vorzulegenden Eignungsnachweise sind im Folgenden festgelegt.
[…]
7.2 Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit
Bestätigung des Vorliegens der beruflichen Zuverlässigkeit in der Eigenerklärung
Auf Aufforderung:
Aktueller Auszug aus einem Berufs- oder Handelsregister, dem Strafregister oder eine gleichwertige Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes des Unternehmers (maximal drei Monate alt), aus dem/der hervorgeht, dass keine rechtskräftige Verurteilung gegen die Unternehmer (einschließlich Verurteilungen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) oder – sofern es sich um juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, eingetragene Erwerbsgesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt – gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen vorliegt, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung oder Organisation, Terroristische Vereinigung, Terroristische Straftaten oder Terrorismusfinanzierung, Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung oder verbotene Intervention, Betrug, Untreue, Geschenkannahme, Förderungsmissbrauch, Geldwäscherei, Sklaverei, Menschenhandel oder Grenzüberschreitender Prostitutionshandel bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes in dem der Unternehmer seinen Sitz hat
[...]“
Teilnahmeantrag (Einlage 1.2):
1.3 Eignungsnachweise des Bewerbers (Einzelbewerber bzw. Bewerbergemeinschaft) sowie der unter Punkt 2 genannten ("erforderlichen") Subunternehmer
Eigenerklärung:
Ich/Wir erklären, dass ich/wir die in der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages festgelegten Eignungskriterien erfülle/n und ich/wir die betreffenden Eignungsnachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen kann/können.
Ich/Wir verfüge/verfügen über folgende Befugnis(se) (bei Bewerbergemeinschaft sind sämtliche Mitglieder zu berücksichtigen; ebenso sind Subunternehmer zu berücksichtigen, die für den Eignungsnachweis benötigt werden):
Auflistung sämtlicher Befugnisse (samt Nennung der zugehörigen Unternehmer bei Bewerbergemeinschaften bzw. notwendigen Subunternehmern): |
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Eignungsnachweise:
Es steht den Bewerbern frei, die Nachweise bereits mit ihrem Teilnahmeantrag abzugeben.
Zum Nachweis der Befugnis werden vom Bewerber folgende Unterlagen übergeben:
Auflistung sämtlicher Anlagen: |
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Zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit werden vom Bewerber folgende Unterlagen übergeben:
Auflistung sämtlicher Anlagen: |
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Zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit werden vom Bewerber folgende Unterlagen übergeben:
Auflistung sämtlicher Anlagen: |
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Zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit werden vom Bewerber folgende Unterlagen übergeben:
Auflistung sämtlicher Anlagen: |
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Am gegenständlichen Vergabeverfahren beteiligte sich ua die Antragstellerin durch die Abgabe eines Teilnahmeantrages. Sie gab eine Eigenerklärung iSd Ausschreibungsunterlagen, Einlage 1.2, ab und verwies überdies bezüglich der Unterlagen zum Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit auf die dem Angebot beiliegende Führungsbestätigung des ANKÖ. In der Eintragung im ANKÖ waren für XXXX und XXXX Strafregisterbescheinigungen hinterlegt, welche jeweils vom 17.03.2021 datieren und keine Verurteilung aufweisen.
Am 24.03.2022 wurde die Antragstellerin von der Auftraggeberin aufgefordert, weitere Unterlagen bis 25.03.2022, 17.00, vorzulegen. Das Ersuchen lautet auszugsweise:
„[...] Zum Nachweis Ihrer beruflichen Zuverlässigkeit:
Wir ersuchen um Übermittlung:
- eines Auszuges aus dem Strafregister (maximal 3 Monate alt) gemäß Punkt 7.2 der Einlage 1.1 "Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages", aus dem hervorgeht, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist (ie. 23.02.2022) keine rechtskräftige Verurteilung gegen in der Geschäftsführung tätige Personen der XXXX vorliegt, die einen dort (Pkt. 7.2) angeführten Tatbestände betrifft. [...]“
Am 24.03.2022 kam die Antragstellerin der Aufforderung der Auftraggeberin dahingehend nach, dass sie für XXXX und XXXX jeweils Strafregisterbescheinigungen vorlegte, welche vom 24.03.2022 datieren und keine Verurteilung aufweisen.
Mit Schreiben vom 07.04.2022 wurde der Antragstellerin von der Auftraggeberin über die Vergabeplattform bekannt gegeben, den Teilnahmeantrag der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 ausscheiden zu müssen. Das Schreiben lautet auszugsweise:
„[...] Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Teilnahmeantrag für die 2. Stufe des Vergabeverfahrens nicht berücksichtigt werden kann, da er auszuscheiden ist.
Zum Nachweis darüber, dass die berufliche Zuverlässigkeit zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist gegeben ist, war gemäß Punkt 7.2 der Einlage 1.1 "Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages" unter anderem die Vorlage eines aktuellen, maximal jedoch drei Monate alten Auszuges aus einem Berufs- oder Handelsregister, dem Strafregister oder eine gleichwertige Bescheinigung einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde des Herkunftslandes des Unternehmers gefordert, aus dem/der hervorgeht, dass keine rechtskräftige Verurteilung gegen die Unternehmer (einschließlich Verurteilungen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz) oder – sofern es sich um juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, eingetragene Erwerbsgesellschaften oder Arbeitsgemeinschaften handelt – gegen in deren Geschäftsführung tätige physische Personen vorliegt, die bestimmte, konkret angeführte Tatbestände betreffen.
Entsprechend Punkt 7 der Einlage 1.1 "Aufforderung zur Legung eines Teilnahmeantrages" mussten die Nachweise spätestens zum 23.02.2022 (Ende der Teilnahmefrist) vorliegen und durften nicht älter als 3 Monate sein. Die Nachweise, mit denen das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit im Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist nachgewiesen wird, müssen daher aus dem Zeitraum zwischen 23.11.2021 und 23.02.2022 stammen (in diesem Sinne auch die E des BVwG vom 14.09.2021, BVwG W187 2244216-1).
Im Zuge der durchgeführten Eignungsprüfung hat sich ergeben, dass Ihrer ANKÖ-Führungsbestätigung nur Strafregisterbescheinigungen vom 17.03.2021 zugrunde liegen. Entsprechend der Aufforderung des Auftraggebers vom 24.03.2022 zur Vorlage dem Punkt 7.2 entsprechender Nachweise haben Sie folgende Strafregisterauszüge beigebracht:
• Dipl.-Ing. XXXX (handelsrechtlicher GF)
o Strafregisterauszug, datiert mit 24.03.2022
• XXXX (handelsrechtliche GF)
o Strafregisterauszug, datiert mit 24.03.2022
Die Strafregisterauszüge erfüllen nicht die geforderte Aktualität bzw. sind erst zu einem Zeitpunkt erstellt worden, der nach dem Ende der Teilnahmefrist liegt. Anzumerken ist, dass es die Aufgabe von Bewerbern und Bietern ist, sich zeitgerecht um die Ausstellung von Strafregisterbescheinigungen zu kümmern (BVwG W187 2230421-1/20E vom 13.05.2020; BVwG W123 2216051-2/18E vom 17.04.2019).
Darüber hinaus liegt in einer solchen Konstellation auch ein unbehebbarer Mangel vor, da Sie die erforderlichen Unterlagen erst am 24.03.2022 beschafft haben, obwohl diese bis spätestens 23.02.2022 zu beschaffen gewesen wären (Vgl. BVwG W138 2188714-2 vom 04.05.2018).
Ihr Teilnahmeantrag ist daher mit einem unbehebbaren Mangel behaftet und ist daher gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG auszuscheiden. [...]“
Mit Schriftsatz vom 14.04.2022, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am selben Tag, brachte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausscheidensentscheidung bzw. Nicht-Zulassung zur Teilnahme vom 07.04.2022 ein. Sie entrichtete die Pauschalgebühr in entsprechender Höhe.
Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismitteln und wurde seitens der Parteien auch übereinstimmend angegeben und nicht bestritten. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den bezugnehmenden Beilagen sowie den Vergabeunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Anzuwendendes Recht:
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) lauten:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten auszugsweise:
Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.…
(7) …
3.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 (BVergG 2018) lauten auszugsweise:
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:1. …15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:aa) ...dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung und bei Innovationspartnerschaften: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;nn) …b) …22. Kriterien:a) ...c) Eignungskriterien sind die vom Auftraggeber festgelegten, nicht diskriminierenden, mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehenden und zu diesem verhältnismäßigen Mindestanforderungen betreffend die Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit (Eignung) an den Bewerber oder Bieter, die gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nachzuweisen sind.d) …50. …
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
…(9) …
Ausschlussgründe
§ 78. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat – unbeschadet der Abs. 3 bis 5 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn1. der öffentliche Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung des Unternehmers hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung oder Organisation (§§ 278 und 278a des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Terroristische Vereinigung, Terroristische Straftaten oder Terrorismusfinanzierung (§§ 278b bis 278d StGB), Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung oder verbotene Intervention (§§ 304 bis 309 StGB und § 10 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl. Nr. 448/1984), Betrug (§§ 146 bis 148 StGB), Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme (§ 153a StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), Geldwäscherei (§ 165 StGB), Sklaverei, Menschenhandel oder Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§§ 104, 104a und 217 StGB) bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, oder2. ...10. der Unternehmer sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat oder11. ...
(5) ...
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§ 79. Unbeschadet des § 21 Abs. 1 muss die Eignung spätestens1. ...4. beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und bei der Innovationspartnerschaft grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist,10. ...
vorliegen.
Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den öffentlichen Auftraggeber
§ 80. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen gemäß den §§ 81 bis 87 ein Unternehmer, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, seine1. berufliche Befugnis,2. berufliche Zuverlässigkeit,3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie4. technische Leistungsfähigkeit
zu belegen hat. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages sachlich gerechtfertigt ist. Falls erforderlich und sofern dies sachlich gerechtfertigt ist, kann der öffentliche Auftraggeber besondere Festlegungen treffen, wie Arbeits- und Bietergemeinschaften die Anforderungen an die Eignung zu erfüllen haben.
(2) Der Bewerber oder Bieter kann seine Eignung sowie gegebenenfalls die Erfüllung der Auswahlkriterien auch durch die Vorlage einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 zur Einführung des Standardformulars für die Einheitliche Europäische Eigenerklärung, ABl. Nr. L 3 vom 06.01.2016 S. 16, belegen. Im Unterschwellenbereich ist stattdessen auch die Vorlage einer Erklärung darüber, dass der Bewerber oder Bieter die vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllt und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen kann (Eigenerklärung), zulässig. In einer solchen Eigenerklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.
(3) Der öffentliche Auftraggeber kann die Vorlage, Vervollständigung bzw. Erläuterung bestimmter Nachweise binnen einer angemessenen Frist von bestimmten Bewerbern oder Bietern bzw. Parteien der Rahmenvereinbarung verlangen, sofern dies zur angemessenen Durchführung des Verfahrens erforderlich ist. Bei der Vergabe von Aufträgen und beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen im Oberschwellenbereich hat der öffentliche Auftraggeber vor Zuschlagserteilung bzw. vor Abschluss der Rahmenvereinbarung die Vorlage der festgelegten Nachweise vom Zuschlagsempfänger bzw. von der bzw. den Parteien der Rahmenvereinbarung jedenfalls zu verlangen; bei einer Vergabe in Losen gilt dies nur, wenn der geschätzte Wert des einzelnen Loses den in § 12 Abs. 1 genannten jeweiligen Schwellenwert erreicht.
(4) ...
(5) Der Unternehmer muss jene Nachweise nicht vorlegen, die der öffentliche Auftraggeber direkt über eine für den öffentlichen Auftraggeber kostenlos zugängliche Datenbank erhalten kann. Enthält ein auf diese Weise verfügbarer Nachweis personenbezogene Daten, muss der Unternehmer der Verwendung seiner Daten zugestimmt haben.
(7) ...
Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit
§ 82. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat Nachweise für die Darlegung der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 80 Abs. 1 Z 2 festzulegen, die belegen, dass in Bezug auf den Unternehmer kein Ausschlussgrund gemäß § 78 Abs. 1 vorliegt.
(2) Nachweise gemäß Abs. 1 sind1. hinsichtlich § 78 Abs. 1 Z 1 die Strafregisterbescheinigung gemäß § 10 des Strafregistergesetzes 1968, BGBl. Nr. 277/1968, bzw. die Registerauskunft für Verbände gemäß § 89m des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, oder eine gleichwertige Bescheinigung eines Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde des Sitzstaates des Unternehmers,4. ...
(4) ...
Inhalt der Ausschreibungsunterlagen
§ 91. (1) ...
(3) In die Ausschreibungsunterlagen sind die als erforderlich erachteten Nachweise gemäß den §§ 80 bis 82, 84, 85 und 87 aufzunehmen, soweit sie nicht bereits in der Bekanntmachung angeführt waren.
(9) ...
Ablauf des Verhandlungsverfahrens
§ 114. (1) Im Verhandlungsverfahren hat der öffentliche Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen den Auftragsgegenstand anzugeben, indem er seine Bedürfnisse und die erforderlichen Eigenschaften der zu erbringenden Leistung beschreibt und die Zuschlagskriterien spezifiziert. Der öffentliche Auftraggeber hat anzugeben, welche Elemente der Leistungsbeschreibung die von allen Angeboten einzuhaltenden Mindestanforderungen darstellen. Die Ausschreibungsunterlagen müssen so präzise sein, dass ein Unternehmer Art und Umfang der zu erbringenden Leistung erkennen und entscheiden kann, ob er einen Teilnahmeantrag stellt.
(2) Jeder Unternehmer, der vom öffentlichen Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde, kann ein Erstangebot abgeben, das die Grundlage für die späteren Verhandlungen darstellt. Der öffentliche Auftraggeber hat mit dem betreffenden Bieter über das von ihm abgegebene Erstangebot und alle Folgeangebote, mit Ausnahme des endgültigen Angebotes gemäß Abs. 8, zu verhandeln. Die in den Ausschreibungsunterlagen vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien dürfen nicht Gegenstand von Verhandlungen sein.
(3) ...
(4) Der öffentliche Auftraggeber hat sicherzustellen, dass alle Bieter bei den Verhandlungen gleich behandelt werden. Er darf Informationen nicht in diskriminierender Weise weitergeben, sodass bestimmte Bieter gegenüber anderen Bietern begünstigt werden können. Der öffentliche Auftraggeber darf vertrauliche Informationen eines Bewerbers oder Bieters nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Unternehmer weitergeben. Diese Zustimmung darf nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf die beabsichtigte Mitteilung bestimmter Informationen erteilt werden.
(5) Der öffentliche Auftraggeber hat alle verbliebenen Bieter über etwaige Änderungen der Ausschreibungsunterlagen zu informieren. Er hat den Bietern im Anschluss an solche Änderungen ausreichend Zeit zu gewähren, ihre Angebote gegebenenfalls zu ändern. Die in der Ausschreibung festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien dürfen während des Verhandlungsverfahrens nicht geändert werden.
(6) ...
(8) Der öffentliche Auftraggeber hat den verbliebenen Bietern den beabsichtigten Abschluss der Verhandlungen bekannt zu geben und eine einheitliche Frist für die Abgabe eines endgültigen Angebotes festzulegen. Von den endgültigen Angeboten, die den Mindestanforderungen entsprechen und nicht auszuscheiden sind, hat der öffentliche Auftraggeber das erfolgreiche Angebot gemäß den Zuschlagskriterien auszuwählen.
(9) ...
(10) Anzahl und Namen der zur Angebotsabgabe aufgeforderten Unternehmer sind bis zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung geheim zu halten.
Teilnehmer im nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und bei Innovationspartnerschaften
§ 123. (1) Teilnahmeanträge haben jene Informationen zu enthalten, die der öffentliche Auftraggeber im Hinblick auf die Eignung und die Auswahl der Bewerber verlangt hat.
(2) Unter Bedachtnahme auf die Abs. 4 bis 7 ist nur geeigneten Bewerbern, die aufgrund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben, Gelegenheit zur Beteiligung am Vergabeverfahren zu geben.
(3) Der öffentliche Auftraggeber darf vom Inhalt der Teilnahmeanträge erst nach Ablauf der Frist für deren Einreichung Kenntnis erhalten. Die Prüfung der Teilnahmeanträge ist so zu dokumentieren, dass alle für die Beurteilung der Teilnahmeanträge wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind. Der Bewerber kann die Übermittlung oder Bereitstellung des Teiles der Dokumentation verlangen, der seinen Teilnahmeantrag betrifft.
(4) ...
(6) Langen in der Folge mehr Teilnahmeanträge als die vom öffentlichen Auftraggeber festgelegte Anzahl von aufzufordernden Unternehmern ein, so hat der öffentliche Auftraggeber unter den geeigneten Bewerbern anhand der Auswahlkriterien die besten Bewerber auszuwählen. Die maßgeblichen Gründe für die Auswahl sind festzuhalten. Der öffentliche Auftraggeber hat die nicht zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bewerber von dieser Entscheidung unverzüglich, jedenfalls aber eine Woche, bei der Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gemäß den §§ 74 und 77 drei Tage nach Abschluss der Auswahl unter Bekanntgabe der Gründe für die Nicht-Zulassung zu verständigen. Die Gründe der Nicht-Zulassung sind nicht bekannt zu geben, sofern die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.
(8) ...
Allgemeine Bestimmungen
§ 125. (1) Der Bieter hat sich bei der Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunterlagen zu halten.
(8) ...
Inhalt der Angebote
§ 127. (1) Jedes Angebot muss insbesondere enthalten:1. Name (Firma, Geschäftsbezeichnung) und Geschäftssitz des Bieters; bei Arbeitsgemeinschaften die Nennung eines zum Abschluss und zur Abwicklung des Vergabeverfahrens und des Vertrages bevollmächtigten Vertreters unter Angabe seiner (elektronischen) Adresse; schließlich die (elektronische) Adresse jener Stelle, die zum Empfang der das Vergabeverfahren betreffenden Kommunikation berechtigt ist;5. ...6. sonstige für die Beurteilung des Angebotes geforderte Erläuterungen oder Erklärungen;7. die Aufzählung der dem Angebot beigeschlossenen sowie gesondert übermittelten Unterlagen;9. ...
(2) Mit der Abgabe seines Angebotes erklärt der Bieter, dass er die Bestimmungen der Ausschreibung kennt, über die erforderlichen Befugnisse zur Ausführung des Auftrages verfügt, die ausgeschriebene Leistung zu diesen Bestimmungen und den von ihm angegebenen Preisen erbringt und sich bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist an sein Angebot bindet.
Vorgehen bei der Prüfung
§ 135. (1) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
(2) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:1. ob den in § 20 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;2. nach Maßgabe der §§ 80 bis 87 die Eignung des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;3. ...5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
Vorgehen bei Mangelhaftigkeit der Angebote
§ 138. (1) Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder über die geplante Art der Durchführung der Leistung oder werden Mängel festgestellt, so ist, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche Aufklärung zu verlangen. Die vom Bieter übermittelten Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Dokumentation über die Prüfung der Angebote beizuschließen.
(2) Die durch die erfolgte Aufklärung allenfalls veranlasste weitere Vorgangsweise darf die Grundsätze der §§ 20 Abs. 1, 112 Abs. 3, 113 Abs. 2 und 139 nicht verletzen.(7) ...
Dokumentation der Angebotsprüfung
§ 140. (1) Die Prüfung der Angebote ist so zu dokumentieren, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind.
(3) ...
Ausscheiden von Angeboten
§ 141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:
1. …
2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder3. ... 7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder 11. …
(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.
(3) Der öffentliche Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) Der Senat besteht aus einem Mitglied als Vorsitzenden und zwei fachkundigen Laienrichtern als Beisitzern. Von den fachkundigen Laienrichtern muss jeweils einer dem Kreis der Auftraggeber und der andere dem der Auftragnehmer angehören.
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(5) …
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(4) …
Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs. 1 hat jedenfalls zu enthalten:1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder2. er nicht innerhalb der in § 343 genannten Fristen gestellt wird, oder3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
(4) …
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.
(3) …
Zu A)
3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H.. Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 7 BVergG 2018 um einen Dienstleistungsauftrag, welcher in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ausgeschrieben wurde. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 BVergG 2018, sodass es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des Bundesvergabegesetzes 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers zuständig.
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Die Antragstellerin stellte ihr Interesse am Abschluss des Vertrages und den ihr durch den Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung im gegenständlichen Vergabeverfahren entstandenen bzw. drohenden Schaden iSd § 342 Abs 1 BVergG 2018 plausibel dar, sodass die Antragslegitimation der Antragstellerin im Hinblick auf die Anfechtung der – von der Auftraggeberin als solche bezeichneten – Ausscheidensentscheidung und somit der Nicht-Zulassung zur Teilnahme gegeben ist. Die Frage der Zulässigkeit des tatsächlich erfolgten Ausscheidens bzw. der Nicht-Zulassung zur Teilnahme bildet insofern die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens, über die in der Sache zu entscheiden ist (VwGH 12.09.2007, 2005/04/0181).
Bei der angefochtenen Entscheidung vom 07.04.2022 handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 15 lit a sublit dd BVergG 2018 (ua BVwG 25.07.2014, W187 2008561-2/16E; BVwG 23.02.2018, W138 2182130-2/22E). Der auf die Nichtigerklärung dieser Entscheidung abzielende Nachprüfungsantrag genügt den formalen Voraussetzungen nach § 344 Abs 1 BVergG 2018. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs 2 BVergG 2018 ist nicht gegeben. Der Antrag wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 343 Abs 1 BVergG 2018 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1 und 3 BVergG 2018 iVm § 1 BVwG-PauschGebV Vergabe).
3.3. Inhaltliche Beurteilung
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin mit ihrem Teilnahmeantrag einerseits eine Eigenerklärung iSd Teilnahmeunterlagen, Einlage 1.2, abgegeben und andererseits bezüglich des Nachweises der beruflichen Zuverlässigkeit auf die Führungsbestätigung des ANKÖ verwiesen hat. In der Eintragung im ANKÖ waren für XXXX und XXXX Strafregisterbescheinigungen hinterlegt, welche jeweils vom 17.03.2021 datieren und keine Verurteilung aufweisen. Über Aufforderung der Auftraggeberin legte die Antragstellerin für XXXX und XXXX jeweils weitere Strafregisterbescheinigungen vor, welche vom 24.03.2022 datieren und keine Verurteilung aufweisen. Mit Schreiben vom 07.04.2022 wurde der Antragstellerin von der Auftraggeberin über die Vergabeplattform bekannt gegeben, den Teilnahmeantrag der Antragstellerin gemäß § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG 2018 ausscheiden zu müssen.
Die Antragstellerin hat sodann diese Entscheidung der Auftraggeberin vom 07.04.2022 vor dem Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung angefochten, dass sie die berufliche Zuverlässigkeit mit den vorgelegten Strafregisterbescheinigungen hinlänglich – gesetzes- und ausschreibungskonform – nachgewiesen habe, zumal diese den für den Nachweis der Eignung maßgeblichen Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist am 23.02.2022 einschließen würden. Die Auftraggeberin weiche vom objektiven Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen ab, wenn sie nunmehr ausschließlich solche Nachweise anerkennen wolle, die in einem Zeitraum von drei Monaten vor dem Ende der Teilnahmefrist datieren müssen.
Demgegenüber führt die Auftraggeberin ins Treffen, dass die Ausschreibungsunterlagen bestandsfest seien und bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.09.2021, GZ W187 2244216-1/25E, das Gericht zu dem Ergebnis gelangt sei, dass sich aus Unterpunkt 7.2 in Zusammenschau mit dem übergeordneten Punkt 7 der Teilnahmebestimmungen ergebe, dass die vorzulegenden Strafregisterauskünfte in dem dreimonatigen Zeitraum vor Ablauf der Teilnahmefrist ausgestellt worden sein müssen. Die vorgelegten Strafregisterbescheinigungen würden die geforderte Aktualität nicht aufweisen, weswegen die Ausscheidensgründe des § 141 Abs 1 Z 2 und Z 7 BVergG vorliegen würden.
3.3.1. Vorbemerkungen
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständliche Ausschreibung bzw. die gegenständlichen Teilnahmeunterlagen nicht rechtzeitig angefochten wurden. Deren Bestimmungen haben daher Bestandskraft erlangt und sind Folge dessen nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung der Teilnahmeanträge, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135; ua BVwG 22.02.2017, W187 2144680-2/30E; BVwG 25.07.2014, W187 2008585-2/14E). Alle am Vergabeverfahren Beteiligten sind daran gebunden. Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibung bzw. die Teilnahmeunterlagen auszugehen (ua VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072). Ein nachträgliches Abgehen von deren Bestimmungen ist im Sinne der Gleichbehandlung aller Bewerber nicht mehr möglich (EuGH 25.04.1996, Rs C-87/94, Wallonische Busse; EuGH 06.11.2014, Rs C-42/13, Cartiera dell'Adda SpA gegen CEM Ambiente SpA). Die Beurteilung der Teilnahmeanträge und damit auch die Eignungsprüfung erfolgen in erster Linie anhand der bestandsfesten Teilnahmebedingungen (§ 138 Abs 1 BVergG 2018; ua EuGH 10.10.2013, C-336/12, Manova, mwN; 02.06.2016, C-27/15, Pippo Pizzo, mwN; 11.05.2017, C-131/16, Archus und Gama; VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052; ua BVwG 22.11.2019, W187 2224114-2/43E). Alle Bewerber müssen darauf vertrauen können, dass der Auftraggeber seine eigenen Teilnahmebedingungen einhält. Der Auftraggeber hat hinsichtlich aller Bewerber den gleichen Maßstab zugrunde zu legen (VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052). Dem Bundesverwaltungsgericht ist es daher in weiterer Folge auch verwehrt, allfällige Rechtswidrigkeiten der bestandsfesten Ausschreibung bzw. Teilnahmeunterlagen aufzugreifen (grundlegend VwGH 15.09.2004, 2004/04/0054; weiters VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 07.09.2009, 2007/04/0090; VwGH 27.06.2007, 2005/04/0234; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135).
Die Ausschreibung bzw. die Teilnahmeunterlagen sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bzw. Bewerber bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (ua VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0017; VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024; VwGH 01.07.2010, 2006/04/0139, mwN). Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Bestimmungen kommt es nicht an. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung bzw. den Teilnahmeunterlagen gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (ua VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052; VwGH 09.09.2015, Ra 2014/04/0036; VwGH 18.03.2015, Ra 2015/04/0017; VwGH 12.05.2011, 2008/04/0087). Gleiches gilt für die Interpretation von Willenserklärungen der Bieter bzw. Bewerber (ua VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066; VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024).
3.3.2. Zum Ausscheidensgrund der mangelnden Eignung bzw. des nicht behobenen Mangels
3.3.2.1. Gemäß § 20 Abs 1 letzter Satz BVergG 2018 hat die Vergabe an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen. Gemäß § 79 Z 4 BVergG 2018 muss beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung die Eignung spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung auf Grund des Ergebnisses der Prüfung Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, auszuscheiden. Gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.
§ 141 Abs 1 Z 2 BvergG 2018 stellt auf das Fehlen der Eignung des Bewerbers bzw. Bieters ab. Dies ist dann der Fall, wenn ein Ausschlussgrund gemäß § 78 BVergG 2018 vorliegt, die Leistungsfähigkeit, die Befugnis oder die berufliche Zuverlässigkeit nicht gegeben ist (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP , 155).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Abgrenzung zwischen behebbaren und unbehebbaren Mängeln darauf abzustellen, ob durch eine Mängelbehebung die Wettbewerbsstellung des Bieters gegenüber seinen Mitbietern materiell verbessert würde (ua VwGH 27.02.2019, Ra 2017/04/0054; 12.05.2011, 2008/04/0087; VwGH 16.02.2005, 2004/04/0030; VwGH 25.2.2004, 2003/04/0186; VwGH 26.02.2003, 2001/04/0037). Ein Bieter darf demnach nicht gegenüber seinen Mitbietern bevorzugt werden (zB VwGH 04.07.2016, Ra 2016/04/0015 mwN). Der Bieter darf in Wirklichkeit kein neues Angebot einreichen (EuGH 04.05.2017, C-387/14, Esaprojekt, Rn 39 mwN; VwGH 12.05.2011, 2008/04/0087 mwN).
Im Hinblick auf vorzulegende Nachweise ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu unterscheiden, ob im maßgeblichen Zeitpunkt der nachzuweisende Umstand fehlt (in diesem Fall liegt ein unbehebbarer Mangel vor) oder ob es bloß am Nachweis des im maßgeblichen Zeitpunkt an sich bereits bestehenden Umstandes mangelt (im letztgenannten Fall handelt es sich um einen behebbaren Mangel; VwGH 04.07.2016, Ra 2016/04/0015; VwGH 11.11.2015, Ra 2015/04/0077; VwGH 12.05.2011, 2008/04/0087 mwN). Zulässig ist nur das Nachreichen von Nachweisen, die bereits im Angebot gemachte Angaben belegen und damit keine Auswirkungen auf die Wettbewerbsstellung haben (BVwG 21.04.2017, W187 2149628-2/16E). Unbedenklich ist, weil dies in der Regel nicht mit einer Besserstellung eines Bieters verbunden ist, die nachträgliche Vorlage von Unterlagen, welche im maßgeblichen Zeitpunkt bereits vorhanden waren. Einer differenzierten Betrachtung bedarf hingegen das Nachreichen von erst im Nachhinein erstellten und beigeschafften Unterlagen. Im Zusammenhang mit der bestandsfest geforderten Vorlage ua einer KSV-Auskunft oder gleichwertiger Bescheinigungen zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass im Fall des Nachreichens von Unterlagen daher zu prüfen ist, ob der Aussagewert dieser Unterlagen darin besteht, dass der betreffende Bieter schon zum Zeitpunkt (dort:) der Angebotsöffnung die erforderliche wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit besessen hat und sie nunmehr lediglich bescheinigt (VwGH 17.09.2014, 2013/04/0056). Dass die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nach dem maßgeblichen Zeitpunkt der Angebotsöffnung erstellte Nachweismittel berücksichtigte, belastete sohin den angefochtenen Bescheid grundsätzlich nicht mit Rechtswidrigkeit, was auch im Folgeerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes insofern zum Ausdruck kommt, als der Verwaltungsgerichtshof erneut eine Berücksichtigung dieser Unterlagen nicht grundsätzlich ausschließt, allerdings deren Gleichwertigkeitsprüfung einfordert (VwGH 04.07.2016, Ra 2015/04/0085). Zu beachten ist aber, dass gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Verwaltungsgerichte eine (wenn auch nur mittelbare) materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung auch insofern eintreten könnte, als „nicht alle Bieter nach der Veröffentlichung der Bekanntmachung über denselben Zeitraum verfügen würden, um ihre Angebote auszuarbeiten“, dh dass durch die Möglichkeit der Mängelbehebung ein längerer Zeitraum zur Ausarbeitung des Angebotes eingeräumt würde (wiederum VwGH 25.02.2004, 2003/04/0186; ua BVwG 28.04.2015, W139 2017669-2/69E; BVwG 24.07.2014, W138 2008591-1/45E; ua LVwG NÖ 07.11.2019, LVwG-VG-6/002-2019).
Soweit die Nachweisführung betreffend die geforderten Eignungsnachweise durch Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis erfolgt, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass hiermit anders als im Falle der (bloßen) Abgabe einer Eigenerklärung bereits eine – wenn auch vereinfachte – Form der Nachweiserbringung vorliegt, sodass, wenn sich im Zuge der Eignungsprüfung herausstellt, dass die verlangten Unterlagen nicht vollständig (oder nicht in der gewünschten Aktualität) vorliegen, bereits ein Auftrag zur Mängelbehebung zu erteilen ist. Unerheblich ist diesfalls wie auch im Falle der Erbringung des Eignungsnachweises durch Beibringung der vom Auftraggeber festgelegten Unterlagen, ob der Bewerber bzw. Bieter zusätzlich eine Eigenerklärung abgegeben hat. Eine weitere Aufforderung zur Vervollständigung eines weiterhin mit einem behebbaren Mangel behafteten Angebotes, wie dies im Falle einer alleinigen Abgabe einer Eigenerklärung möglich wäre, ist in diesem Fall nicht vorzunehmen (VwGH 12.09.2016, Ra 2015/04/0081; VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052; in diesem Sinne bereits BVwG 16.05.2014, W139 2001504-1/41E; C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018, § 80, Rz 58).
Der Auftraggeber hat sein Aufklärungsersuchen bzw. seinen Auftrag zur Mängelbehebung unmissverständlich zu formulieren, sodass die aufzuklärenden Umstände bzw. der jeweils zu behebende Mangel klar zu erkennen sind (Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], Rz 1540 mwN; Koller in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar, E 105, 120, 122 zu § 138). Dabei dürfen die grundlegenden Anforderungen an das Vergabeverfahren, insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, nicht verletzt werden.
Ob ein Angebot einen zum Ausscheiden führenden Widerspruch aufweist, ist am Maßstab der Ausschreibungsbestimmungen – hier der Teilnahmebedingungen - zu messen (VwGH 04.05.2020, Ra 2020/04/0037). Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibung kommt es nicht an, maßgeblich ist vielmehr, wie aufgezeigt, der objektive Erklärungswert der Ausschreibung. Ein Widerspruch liegt vor, wenn der Bieter in seinem Angebot erklärt, den zu vergebenden Vertrag nicht zu den Bedingungen der Ausschreibung, sondern zu anderen Bedingungen abschließen zu wollen. Dabei kommt es immer auf den objektiven Erklärungswert des Angebotes an und nicht darauf, wie der Bieter sein Angebot verstanden wissen will (Öhler/Schramm in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006 (2009), § 129, Rz 72; Gast in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar [zum BVergG 2018], E 60ff zu § 127; Koller in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar [zum BVergG 2018], E 407f zu § 141). Der Absicht des Erklärenden im Zusammenhang mit der Auslegung von Bietererklärungen kann nur insoweit Bedeutung zukommen, als sie sich in dem nach außen hin zum Ausdruck kommenden objektiven Erklärungswert niederschlägt (zB VwGH VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0176; VwGH 25.01.2011, 2006/04/0200). Die Prüfung der Ausschreibungskonformität eines Angebotes stellt dabei stets eine im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung dar (VwGH 30.03.2021, Ra 2019/04/0068). Überdies hält der Verwaltungsgerichtshof in mittlerweile ständiger Rechtsprechung fest, dass vor dem Hintergrund des § 108 Abs 2 VergG 2006 (nunmehr § 127 Abs 2 VergG 2018) die Annahme, ein Bieter wolle ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot legen, nur dann gerechtfertigt ist, wenn er dies – klar – zum Ausdruck bringt (VwGH 22.03.2019, Ra 2018/04/0176; VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066 mwN; VwGH 25.01.2011, 2006/04/0200).
3.3.2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem mit dem hier gegenständlichen Sachverhalt vergleichbaren Sachverhalt zur Auslegung der inhaltlich gleichlautenden Teilnahmeunterlagen betreffend den Nachweis der Eignung, im Konkreten der beruflichen Zuverlässigkeit, Folgendes ausgesprochen (BVwG 14.09.2021, W187 2244216-1/25E):
„3.3.1.8 Nach Punkt 7 der Teilnahmeunterlage ist der Nachweis des Vorhandenseins der zur Leistungserbringung erforderlichen Befugnis, beruflichen Zuverlässigkeit, finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie technischen Leistungsfähigkeit zunächst mittels Eigenerklärung zu führen. Auf Aufforderung des Auftraggebers sind binnen kurzer Frist entsprechende Originale oder beglaubigte Abschriften vorzulegen. Mit der Eigenerklärung wird Unternehmern die Abgabe einer Erklärung ermöglicht, wonach sie über die geforderte Eignung verfügen, sodass sie von der Verpflichtung zur Vorlage von Nachweisen zumindest in diesem Stadium des Vergabeverfahrens entbunden werden (VwGH 12. 9. 2016, Ra 2015/04/0081). Dies ändert aber nichts daran, dass die Eignung selbst zum erforderlichen Zeitpunkt gegeben sein muss (VwGH 17. 6. 2014, 2013/04/0033). Sie müssen jedoch in der Lage sein, über eine Aufforderung des Auftraggebers die geforderten Nachweise innerhalb einer kurzen Frist vorlegen zu können (BVwG 19. 2. 2020, W187 2227326-2/24E).
3.3.1.9 Zunächst ist daher zu fragen, welcher Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung maßgeblich ist. Im gegenständlichen Vergabeverfahren legt Punkt 7 der Teilnahmeunterlage fest, dass die Bewerber „grundsätzlich“ spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung, die Befugnis, die berufliche Zuverlässigkeit, die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die technische Leistungsfähigkeit, verfügen müssen. Es ist zu prüfen, von welchem maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der erforderlichen Eignung ein durchschnittlich fachkundiger Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt ausgehen musste. Das betrifft den objektiven Erklärungswert. Maßstab für die Ermittlung des objektiven Erklärungswertes ist daher das Verständnis eines an dem gegenständlichen Vergabeverfahren interessierten Unternehmers der Architekturbranche sowie Ingenieurbüros. [...]
3.3.1.13 Insgesamt ergibt sich, dass die Festlegung in den Teilnahmebestimmungen, wonach die Bewerber „grundsätzlich“ spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmefrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung verfügen müssen, nach dem objektiven Er-klärungswert nur dahingehend verstanden werden kann, dass die Auftraggeberin keinen von § 79 Z 4 BVergG 2018 abweichenden maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der entsprechenden Eignung festlegen, sondern lediglich dem Umstand Rechnung tragen wollte, dass sich der Leistungsgegenstand im Verhandlungsverfahren durchaus ändern kann. Der maßgebliche Zeitpunkt für das Vorliegen der erforderlichen Eignung, insbesondere der Befugnis und der beruflichen Zuverlässigkeit, ist daher das Ende der Teilnahmefrist, sohin der 16. Februar, 14.00 Uhr. [...]
3.3.1.15 Hat sich ein Bewerber oder Bieter bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht, hat er diese Auskünfte nicht erteilt oder hat er die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert, muss ihn der Auftraggeber gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren ausschließen. Das Verhalten des Bieters muss nicht vorsätzlich sein; es genügt eine Fahrlässigkeit von gewisser Schwere (EuGH 4. 5. 2017, C-387/14, Esaprojekt, Rn 78). Dabei kommt dem Auftraggeber kein Ermessen zu. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine lex specialis zu § 141 Abs 2 BVergG 2018 (VwGH 21. 3. 2011, 2008/04/0083), die nur Auskünfte und Aufklärungen über die Eignung des Bieters erfasst, die § 141 Abs 2 BVergG 2018 vorgeht. Kannte § 129 Abs 1 Z 1 BVergG 2006 noch einen Ausscheidenstatbestand für auszuschließende Angebote, enthält § 141 Abs 1 BVergG 2018 keinen solchen Ausscheidenstatbestand mehr. Vielmehr betreffen Ausschlussgründe die Zuverlässigkeit des Bewerbers oder Bieters, sodass das Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 78 Abs 1 BVergG 2018 das Ausscheiden gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 nach sich zieht. In einem zweistufigen Vergabeverfahren wäre die Eignung in der ersten Stufe zur prüfen, sodass der Auftraggeber gemäß § 123 Abs 2 BVergG 2018 das Vorliegen eines Ausschlussgrundes auch mit der Nichtzulassung zur Teilnahme am Vergabeverfahren sanktionieren kann. Unterlässt er diese Vorgangsweise, ändert das nichts am objektiven Vorliegen eines Ausscheidenstatbestandes, weshalb er verpflichtet ist, das betroffene Angebot jederzeit auszuscheiden (VwGH 16. 5. 2018, Ra 2017/04/0152). In einem Vergabekontrollverfahren kann sich ein Bieter darauf berufen, dass er – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – ein durchsetzbares Recht auf Ausscheiden eines auszuscheidenden Angebots hat. [...]
3.3.2.2 Wenn die Antragstellerin vermeint, aus dem eindeutigen Wortlaut der Teilnahmebestimmungen ergebe sich, die Nachweise müssten zum Zeitpunkt der Aufforderung aktuell sein, übersieht sie jedoch, wie die Auftraggeberin richtig darlegt, dass sowohl Punkt 7.1 „Nachweis der Befugnis“ als auch Punkt 7.2 „Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit“ der Teilnahmebestimmungen Punkt 7 „Eignungskriterien und Eignungsnachweise“ untergeordnet sind. Sowohl Punkt 7.1 als auch 7.2 können daher nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr ist bei der Ermittlung des objektiven Erklärungswertes hinsichtlich der geforderten Aktualität der Nachweise auf die Unterordnung der Punkte 7.1 und 7.2 unter Punkt 7 Bedacht zu nehmen. Punkt 7 definiert – wie oben bereits ausführlich dargelegt – das Ende der Teilnahmefrist, sohin den 16. Februar 2021, 14.00 Uhr, als maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der zur Leistungs-erbringung erforderlichen Eignung. Nach dem sich daraus ergebenden objektiven Erklärungs-wert können auch die Unterpunkte 7.1 und 7.2 der Teilnahmebestimmung nur dahingehend verstanden werden, dass sich die geforderte Aktualität auf den Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist bezieht. [...]
3.3.2.5 Gemäß § 79 Z 4 BVergG 2018 muss die Eignung im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Diese Formulierung wurde von der Auftraggeberin in den Teilnahmebestimmungen übernommen. Wie oben dargelegt, muss die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung nach dem objektiven Erklärungswert der Teilnahmebestimmungen zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist (16. Februar 2021, 14.00 Uhr) gegeben sein. Daraus ergibt sich, dass die Nachweise spätestens zu diesem Zeitpunkt bestanden haben müssen. Nichts Anderes gilt, wenn ein Bieter zum Beleg seiner Eignung eine Europäische Einheitliche Eigenerklärung verwendet. Diese Aussage wird auch durch Art 59 Abs 1 RL 2014/24/EU unterstrichen, der die Einheitliche Europäische Eigenerklärung als vorläufigen Nachweis bezeichnet. Vielmehr verlangt Art 59 Abs 4 2. UA RL 2014/24/EU , dass der Auftraggeber vor der Zuschlagserteilung den Bieter auffordert, die näher bezeichneten Nachweise vorzulegen (vgl BVwG 19. 2. 2020, W187 2227326-2/24E). […]
3.3.2.7 Im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung ist der relevante Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung gemäß § 79 Z 4 BVergG 2018 grundsätzlich der Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist. Dieser maßgebliche Zeitpunkt ergibt sich nach dem objektiven Erklärungswert auch aus den Teilnahmebestimmungen. Dabei ist zwischen dem Fehlen der Eignung an sich und dem Fehlen des Nachweises der Eignung zu unterscheiden (VwGH 27. 10. 2014, 2012/04/0065). Es handelt sich um einen verbesserbaren Mangel. Die vorgelegten Nachweise müssen jedoch den Nachweis für den relevanten Zeitpunkt liefern (VwGH 17. 9. 2014, 2013/04/0056) und in dem Zeitraum zwischen dem in der Ausschreibung angegebenen Höchstalter und dem relevanten Zeitpunkt, im gegenständlichen Vergabeverfahren dem Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist, entstanden sein (VwGH 25. 1. 2011, 2006/04/0200; BVwG 17. 4. 2019, W123 2216051-2/18E). [...]
3.3.3.2 Punkt 7.2 der Teilnahmeunterlagen legt fest, dass Strafregisterauskünfte maximal drei Monate alt sein dürfen. Dabei bezieht sich das Erfordernis der Aktualität auf den maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der zur Leistungserbringung erforderlichen Eignung, nämlich den Ablauf der Teilnahmeantragsfrist (siehe dazu oben). Da die Teilnahmeantragsfrist am 16. Februar 2021 ablief, ergibt sich, dass eine gültige Strafregisterauskunft spätestens am 16. November 2020 erstellt sein darf, um den Anforderungen der Teilnahmeunterlagen zu genügen. [...]
3.3.3.6 Zudem ergibt sich aus Unterpunkt 7.2 in Zusammenschau mit dem übergeordneten Punkt 7 der Teilnahmebestimmungen, dass die vorzulegenden Strafregisterauskünfte in dem Zeitraum zwischen 16. November 2020 und 16. Februar 2021 erstellt worden sein müssen, da diese sowohl einen Stichtag für das Vorliegen der Eignung, nämlich den Ablauf der Teilnahme-angebotsfrist, und andererseits ein maximal zulässiges Alter festlegen, sodass sie einen für das Entstehen der Strafregisterauskünfte zulässigen Zeitraum definieren. [...]“
3.3.2.3. Der erkennende Senat schließt sich den zuvor wiedergegebenen Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die Auslegung der gegenständlichen Teilnahmebedingungen an. Demnach müssen die Bewerber grundsätzlich spätestens zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung verfügen. Dies müssen die geforderten Nachweise letztlich für den maßgeblichen Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung belegen. Zum Nachweis der Eignung ist vorerst gemäß Punkt 7 der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages (Einlage 1.1) eine Eigenerklärung abzugeben. Allerdings steht es den Bewerbern – in Einklang mit den Vorgaben des Gesetzgebers – frei, bereits mit dem Teilnahmeantrag entweder die geforderten Eignungsnachweise unmittelbar vorzulegen (Einlage 1.2, Punkt 1.3) oder aber gegebenenfalls die Eintragung im ANKÖ durch Bekanntgabe der ANKÖ-Mitgliedsnummer nachzuweisen, sofern der Bewerber mit entsprechend aktuellen Daten im ANKÖ gelistet ist (Einlage 1.1, Punkt 7). Dieser Verweis auf „entsprechend aktuelle Daten“ wäre sinnlos, wenn die Auftraggeberin keine Festlegung zur Aktualität getroffen hätte. Dies kann der Auftraggeberin nicht unterstellt werden. Tatsächlich hat sie insofern auch festgelegt, dass ua der „aktuelle Auszug aus dem Strafregister“ maximal drei Monate alt sein darf und zwar entsprechend den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichtes im Erkenntnis vom 15.09.2021 zurückgerechnet vom Ende der Teilnahmeantragsfrist am 23.02.2022, sodass dieser demnach im Zeitraum zwischen 23.11.2021 und 23.02.2022 erstellt worden sein muss. Für einen derartigen Strafregisterauszug gilt demnach lediglich die Vermutung, dass dieser geeignet ist, das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit für den maßgeblichen Zeitpunkt – hier des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist – nachzuweisen, zumal dieser in einem Zeitraum vor dem maßgeblichen Zeitpunkt erstellt wurde und damit mit Ausnahme eines am 23.02.2022 erstellten Strafregisterauszuges tatsächlich für den maßgeblichen Zeitpunkt (noch) keine Aussage treffen kann. Dass dieser Nachweis aber dennoch bereits vor dem Ablauf der Teilnahmeantragsfrist erstellt worden sein muss, erhellt auch daraus, dass im Falle der Varianten des unmittelbaren Beibringens der Eignungsnachweise wie auch der vereinfachten Form der Nachweisführung durch Verweis auf die Eintragung im ANKÖ diese Eignungsnachweise naturgemäß bereits existieren. Und auch die Wahl der Eigenerklärung führt entsprechend der aufgezeigten Rechtsprechung nicht dazu, dass die Eignungsnachweise damit ohne Weiteres erst in einem späteren Schritt hergestellt werden dürfen. Die Bewerber und Bieter sind demnach zweifelsohne angehalten, sich entsprechend zeitgerecht um die betreffenden Eignungsnachweise, so auch um die Ausstellung von Strafregisterbescheinigungen zu kümmern (BVwG 13.05.2020, W187 2230421-1/20E; BVwG 17.04.2019, W123 2216051-2/18E).
Für den vorliegenden Fall ist daher festzuhalten, dass Strafregisterbescheinigungen, welche zwar beim ANKÖ hinterlegt sind, aber nicht die geforderte Aktualität aufweisen, weil diese vor dem genannten Zeitraum und damit vor dem 23.11.2021 datieren, losgelöst davon, ob überdies eine Eigenerklärung abgegeben wurde, den Teilnahmeantrag mit einem Mangel behaften, zumal der Nachweis des Vorliegens der beruflichen Zuverlässigkeit iSd § 82 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 nicht mit dem entsprechend aktuellen Nachweismittel erbracht werden konnte. Für eine derart „veraltete“ Strafregisterbescheinigung kann die in der Ausschreibung festgelegte Vermutung, das Nichtvorliegen der einschlägigen Straftatbestände für den maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist nachzuweisen, nicht ins Treffen geführt werden.
Die Strafregisterbescheinigungen der beiden Geschäftsführer der Antragstellerin, welche jeweils vom 17.03.2021 datieren, sind daher schlicht und ergreifend zu alt. Sie überschreiten das von der Auftraggeberin festgelegte maximal zulässige Alter. Die Auftraggeberin hat Folge dessen die Antragstellerin zu Recht zur Mängelbehebung aufgefordert, da die im ANKÖ hinterlegten Strafregisterbescheinigungen nicht die gewünschte Aktualität aufgewiesen haben. Die Teilnahmeunterlagen sehen nicht vor, dass die Vorlage der Strafregisterbescheinigung zwingend mit dem Teilnahmeantrag bei sonstigem Ausscheiden bzw. Nichtberücksichtigen des Teilnahmeantrages zu erfolgen hatte. Es handelt sich um einen verbesserbaren Mangel (ua VwGH 15.03.2017, Ra 2014/04/0052; VwGH 12.09.2016, Ra 2015/04/0081; siehe auch § 80 Abs 3 BVergG 2018; C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018, § 80, Rz 52ff).
Über Aufforderung der Auftraggeberin, einen Auszug „aus dem Strafregister (maximal 3 Monate alt) gemäß Punkt 7.2 der Einlage 1.1 ‚Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages‘“ zu übermitteln, „aus dem hervorgeht, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist (ie. 23.02.2022) keine rechtskräftige Verurteilung gegen in der Geschäftsführung tätige Personen der XXXX vorliegt, die einen dort (Pkt. 7.2) angeführten Tatbestände betrifft“, übermittelte die Antragstellerin in der Folge für XXXX und XXXX jeweils Strafregisterbescheinigungen, welche vom 24.03.2022 datieren und keine Verurteilung aufweisen.
Nach Ansicht des erkennenden Senates des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Antragstellerin hierdurch dem Ersuchen um Behebung des in der Vorlage eines nicht hinreichend aktuellen und damit für den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit iSd § 82 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 nicht geeigneten Strafregisterauszuges liegenden Mangels des Teilnahmeantrages nachgekommen, wenngleich die nachgereichten Strafregisterbescheinigungen ebenso nicht im Zeitraum zwischen 23.11.2021 und 23.02.2022 entstanden sind. Dies aufgrund der nachfolgenden Erwägungen:
Eingangs ist darauf zu verweisen, dass die Antragstellerin mit dem Teilnahmeantrag neben der durch Beilage der Führungsbestätigung beim ANKÖ erfolgten Nachweisführung überdies eine Eigenerklärung abgegeben hat. Wenngleich sie aus diesem Grund lediglich ein einziges Mal zum Nachreichen von (allenfalls fehlenden bzw. nicht aktuellen) Eignungsnachweisen aufzufordern war (ua VwGH 12.09.2016, Ra 2015/04/0081), so ist die parallele „Nachweisführung“ aber bei der Auslegung des Angebotes bzw. hier des Teilnahmeantrages insofern von Bedeutung, als dadurch zum Ausdruck kommt, dass der Wille der Antragstellerin kaum darin gelegen sein kann, einen den Teilnahmebedingungen widersprechenden Teilnahmeantrag einzureichen. Daher durfte die Auftraggeberin auch zu Recht von einem mangelhaften, nicht aber von einem den Ausschreibungs- bzw. den Teilnahmebedingungen widersprechenden Teilnahmeantrag ausgehen, welcher bereits ohne jeglichen vorangehenden Mängelbehebungsversuch auszuscheiden bzw. nicht weiter zu berücksichtigen gewesen wäre. Dies trifft im Übrigen auch auf die Beantwortung des Mängelbehebungsersuchens zu: keinesfalls kann darin ein Vorgehen der Antragstellerin gesehen werden, mit welchem sie klar und unzweifelhaft zum Ausdruck bringen will, die Ausschreibungsbedingungen nicht einhalten zu wollen. Dies wird vor dem Hintergrund deutlich, dass zum einen nach den Teilnahmebedingungen (spätestens) zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist maßgeblich das „Verfügen über die zur Leistungserbringung erforderliche Eignung“ gefordert wird (Punkt 7 der Einlage 1.1) und zum anderen die Auftraggeberin in ihrem Aufklärungsersuchen explizit die Anforderung an den vorzulegenden Strafregisterauszug stellt, dass aus diesem hervorgehen solle, dass zum Zeitpunkt des Endes der Teilnahmefrist keine rechtskräftige Verurteilung vorliegt. Gerade diesen Anforderungen werden die vorgelegten Strafregisterbescheinigungen jedenfalls gerecht. Denn, und zu diesem Ergebnis gelangt das Bundesverwaltungsgericht auch in dem zitierten Erkenntnis vom 14.09.2021, in einer Zusammenschau der im Sinne der Teilnahmeunterlagen veralteten Strafregisterbescheinigungen vom 17.03.2021 mit den Strafregisterbescheinigungen vom 24.03.2022 kann aufgrund des zeitlichen Abstands von deutlich weniger als der (hier) fünfjährigen Mindesttilgungsfrist gemäß § 3 Abs 1 Z 2 Tilgungsgesetz 1972 über den fraglichen Zeitpunkt des § 79 Z 4 BVergG 2018 eine eindeutige Aussage getroffen werden, die darüber hinaus auch den gesamten nach den Angaben der Teilnahmeunterlagen nachzuweisenden Zeitraum abdeckt. Somit ist aber ebenso eindeutig, dass der Antragstellerin nicht gemäß § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 der Vorwurf gemacht werden kann, Auskünfte zur Eignung nicht erteilt zu haben. Vielmehr wird damit deutlich, dass die berufliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin iSd § 82 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 für den maßgeblichen Zeitpunkt mangels einschlägiger Verurteilung gegeben ist und dass diese Annahme auch nicht auf einer bloßen Vermutung gründet.
Zu beantworten bleibt allerdings überdies die Frage, ob die Vorlage der nach dem maßgeblichen Zeitpunkt datierenden Strafregisterbescheinigungen geeignet war, den in der Vorlage von nicht der von der Auftraggeberin gewünschten Aktualität entsprechenden Strafregisterbescheinigungen liegenden Mangel zu beheben.
Vor dem Hintergrund der aufgezeigten ständigen Rechtsprechung zur Behebbarkeit von Mängeln eines Angebotes bzw. Teilnahmeantrages ist für die vorliegende Konstellation festzuhalten, dass in der verzögerten Ausstellung der Strafregisterbescheinigung allein jedenfalls keine Wettbewerbsverzerrung erkannt werden kann, zumal nicht ersichtlich ist, dass sich die Antragstellerin insofern einen maßgeblichen finanziellen, zeitlichen oder sonstigen Aufwand bei der Ausarbeitung ihres Teilnahmeantrages erspart hätte. Es kommt dadurch zu keiner Änderung des ursprünglichen Teilnahmeantrages.
Was die Frage der geforderten Aktualität von Eignungsnachweisen bzw. des Nachreichens aktualisierter Eignungsnachweise betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber selbst offenbar in Bezug auf eine nicht hinreichende Aktualität von Eignungsnachweisen eine nachträgliche Aktualisierung bzw. Vervollständigung von Eignungsnachweisen binnen angemessener Frist im Grunde für möglich erachtet (siehe § 80 Abs 3 und 5 BVergG 2018). In diesem Zusammenhang weist C. Mayr darauf hin, dass „die Möglichkeit der nachträglichen Vervollständigung der Eignungsnachweise vor dem Hintergrund zu sehen [ist], dass Eignungsnachweise nur Hilfsmittel darstellen, mit deren Hilfe das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Eignung bescheinigt wird. Wesentlich ist daher, dass die Eignung (zu einem bestimmten Zeitpunkt) vorliegt. Würde man dem Auftraggeber verbieten, bei Unklarheiten weitere Erkundigungen einzuholen, so bestünde die Gefahr, dass Bieter ausgeschlossen würden, deren Eignung zwar gegeben ist, mit den vorgelegten Nachweisen aber nicht ausreichend bzw. nicht zweifelsfrei dargetan werden kann“ (siehe auch C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018, § 80, Rz 53). In den Erläuterungen zu § 80 Abs 5 BVergG 2018 (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP , 105) wird dazu Folgendes festgehalten: „Zusätzlich soll klargestellt werden, dass diese Verpflichtung des öffentlichen Auftraggebers nur dann gilt, wenn (und soweit) diese Nachweise in der vom öffentlichen Auftraggeber gewünschten Aktualität verfügbar sind. Dabei ist es nicht notwendig, dass der Dienstanbieter alle Nachweise tagesaktuell zum Abruf bereit hält; vielmehr reicht es aus, wenn die Nachweise auf Aufforderung des öffentlichen Auftraggebers binnen angemessener Frist aktualisiert werden (auch Abs. 3 stellt auf ein Vorlegen bzw. Vervollständigen von Nachweisen „binnen einer angemessenen Frist“ ab). Die Möglichkeit, eine Aktualisierung beim Katasterdienst zu erwirken, hindert den öffentlichen Auftraggeber nicht, aktuelle Nachweise unmittelbar beim Bieter anzufordern. Der Bieter kann allerdings seinerseits auf die Eintragung im Verzeichnis verweisen, soweit die dort vorhandenen Nachweise binnen angemessener Frist aktualisiert werden.“ Aktualisieren bedeutet „auf den neuesten Stand bringen“, „auf den gegenwärtigen Stand bringen“ (www.duden.de ; www.wortbedeutung.info ). Würden demnach die beim jeweiligen Diensteanbieter hinterlegten Eignungsnachweise ohnehin die vom Auftraggeber gewünschte Aktualität aufweisen, wäre eine derartige Aktualisierung nicht notwendig. Dies verdeutlicht, dass, sollte die Aktualität des betreffenden Eignungsnachweises nicht iSd der Ausschreibung bzw. der Teilnameunterlagen gegeben sein, eine nachträgliche Erstellung eines nunmehr aktuellen Eignungsnachweises gerade nicht ausgeschlossen sein soll (siehe auch Deutschmann/Heid in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018, § 80 Rz 35). Allerdings sind auch bei einer derartigen Aktualisierung von Eignungsnachweisen die bereits aufgezeigten Grenzen einer zulässigen Mängelbehebung zu beachten. Ein nach dem relevanten Zeitpunkt für den Nachweis der Eignung entstandenes Nachweismittel reicht sohin nicht ohne Weiteres zur Behebung eines (bloßen) Nachweismangels aus. Entscheidend ist im Sinne der dargelegten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Verwaltungsgerichte, dass durch eine derartige Mängelbehebung keine materielle Verbesserung der Wettbewerbsstellung des betreffenden Bieters bzw. Bewerbers gegenüber seinen Mitbietern bzw. Mitbewerbern eintritt. Wesentlich ist darüber hinaus, dass der Auftraggeber an den Anforderungen hinsichtlich des erforderlichen Ausmaßes an die Eignung festhält (C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018, § 80, Rz 54). Er ist – dem Gebot der Gleichbehandlung der Bieter bzw. Bewerber verpflichtet – an seine eigenen diesbezüglichen Festlegungen gebunden.
Das bedeutet für den gegenständlichen Fall, dass durch die nachträgliche fristgerechte Vorlage der nach dem dargestellten Zeitraum ausgestellten Strafregisterbescheinigungen für XXXX der in der Vorlage eines mangels Aktualität nicht geeigneten Eignungsnachweises liegende Mangel des Teilnahmeantrages behoben wurde. Die Strafregisterbescheinigungen vom 17.03.2021 und vom 24.03.2022 sind in deren Zusammenschau geeignet, das Vorliegen des nachzuweisenden Umstandes, nämlich das Vorliegen der beruflichen Zuverlässigkeit iSd § 82 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 darzutun. Eine Verbesserung der Wettbewerbsstellung der Antragstellerin ist mit dieser Vorgehensweise nicht eingetreten. Die Anforderungen an das erforderliche Ausmaß der Eignung bleiben unberührt. Auch kann nicht erkannt werden, dass die bloße Zusammenschau zweier Strafregisterbescheinigungen, deren Ausstellungsdatum wie vorliegend ein Jahr auseinanderliegt, bei der Prüfung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens eines Ausschlussgrundes einen derart erheblichen Ermittlungsaufwand im Rahmen der Angebotsprüfung verursachen würde, welcher dem Auftraggeber nicht zuzumuten wäre bzw. eine Ungleichbehandlung der Bieter bzw. Bewerber nach sich ziehen würde.
Diese Konstellation unterscheidet sich daher auch maßgeblich von jenem Sachverhalt, nach welchem lediglich ein nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für das Vorliegen der Eignung erstellter Strafregisterauszug beigebracht wird. Dieser ist für sich allein nicht geeignet, den Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit zu führen, wie dies etwa in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.03.2017, Ra 2014/04/0052, oder den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.04.2019, W123 2216051-2/18E, sowie vom 05.02.2021, W139 2230047-2/27E, W139 2231375-1/22E, der Fall war.
3.3.2.4. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Antragstellerin weder eine Auskunft zur Eignung nicht erteilt hat noch die von der Auftraggeberin zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat. Sie hat daher den Ausschlussgrund des § 78 Abs 1 Z 10 BVergG 2018 nicht verwirklicht. Sie hat den Mangel des Teilnahmeantrages fristgerecht behoben. Ein den Teilnahmebedingungen widersprechender Teilnahmeantrag liegt nicht vor. Die Auftraggeberin konnte die gegenständliche Ausscheidensentscheidung bzw. Nicht-Zulassung zur Teilnahme daher weder auf den Ausscheidensgrund gemäß § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 noch auf jenen gemäß § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 stützen (siehe auch C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann, Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018, § 80, Rz 53). Die angefochtene Entscheidung der Auftraggeberin stellt sich als rechtswidrig dar.
3.3.2.5. Gemäß § 347 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis dann für nichtig zu erklären, wenn (1) sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist, und (2) die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung ist sohin ausgeschlossen, wenn die Rechtswidrigkeit keine – auch keine potenzielle – Auswirkung auf den Ausgang des Vergabeverfahrens hat (ua VwGH 21.04.2004, 2004/04/0016; VwGH 24.02.2004, 2004/04/0127; VwGH 06.03.2013, 2010/04/0037; VwGH 30.01.2019, Ra 2018/04/0001; Reisner in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar, E 27 zu § 347).
Da die Antragstellerin keinen der geltend gemachten Ausscheidensgründe verwirklicht hat, erging die Ausscheidensentscheidung bzw. Nicht-Zulassung zur Teilnahme zu Unrecht und erweist sich diese Entscheidung somit als rechtswidrig. Das Verfahren befindet sich im Stadium der Prüfung der Teilnahmeanträge. Eine Aufforderung zur Angebotsabgabe erfolgte bislang nicht. Angesichts dessen kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin als Zuschlagsempfängerin in Betracht kommt, sodass die Rechtswidrigkeit der genannten Auftraggeberentscheidung auch als potenziell relevant im Hinblick auf den Ausgang des Vergabeverfahrens zu beurteilen ist.
Zu B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es wird insofern auf die unter II.3.3. wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Verwaltungsgerichte insbesondere auch zur Frage der Behebbarkeit eines Mangels eines Angebotes bzw. Teilnahmeantrages verwiesen. Soweit sich die vorliegende Entscheidung auch auf die Auslegung der Ausschreibungsunterlagen bzw. von Teilnahmeunterlagen bzw. des Teilnahmeantrages stützt, und sofern diese in vertretbarer Weise vorgenommen wird, ist festzuhalten, dass sie nicht revisibel ist (ua VwGH 18.12.2018, Ra 2018/04/0106 mwN; VwGH 01.02.2017, Ro 2016/04/0054).
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