BVwG W120 2243130-2

BVwGW120 2243130-228.10.2021

BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §134
BVergG 2018 §141
BVergG 2018 §151
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1
BVergG 2018 §78 Abs1
BVergG 2018 §98
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W120.2243130.2.00

 

Spruch:

 

W120 2243130-2/44E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Eisner als Vorsitzenden, Mag. Dr. Wolfgang Wimmer, MBA MBL LL.M., als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und Mag. Matthias Wohlgemuth als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite über die Anträge vom 7. Juni 2021 vom XXXX vertreten durch Dr. Franz-Christian Sladek, Rechtanwalt in 1070 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ zu den Losen 1-5 und 7-9 der „Republik Österreich (Bund), vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vergebende Stelle Bundesbeschaffung GmbH“, vertreten durch die Finanzprokuratur in 1011 Wien, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

I. Der Antrag,

„[d]as Bundesverwaltungsgericht möge ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären“,

wird betreffend die Lose 1, 7 und 9 als unbegründet abgewiesen.

II. Dem Antrag,

„[d]as Bundesverwaltungsgericht möge ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären“,

wird betreffend die Lose 2, 3, 4, 5 und 8 Folge gegeben.

Die am 28. Mai 2021 der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung betreffend die Lose 2, 3, 4, 5 und 8 wird für nichtig erklärt.

B) Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

 

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2021 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren und brachten im Wesentlichen vor:

1.1. Die Berechnung der Punkte im Zuschlagskriterium Preis gemäß Punkt 6.4.2 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei folgendermaßen erfolgt: Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhalte 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis würden 0,5 Preispunkte abgezogen werden; das Ergebnis fließe mit 60-%-Gewichtung in die Bewertung ein; es seien daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen. Die Ermittlung erfolge auf zwei Kommastellen kaufmännisch gerundet. Für die teureren Angebote komme folgende Formel zur Anwendung: (100-%-Abstand zum Billigstangebot *0,5)*0,6. Im Folgenden werde die falsche Berechnung anhand von Los 9 beispielhaft erläutert; die Falschberechnung betreffe allerdings alle Lose des Vergabeverfahrens. Laut Zuschlagsentscheidung betrage der %-Abstand des Angebots der Antragstellerin zum Billigstangebot XXXX %. Damit müsse die Antragstellerin (100- XXXX *0,5)* XXXX = 72,58*0,6 = 43,55 Punkte im Zuschlagskriterium Preis erlangen. Laut Zuschlagsentscheidung habe die Antragstellerin lediglich XXXX Punkte in diesem Kriterium erhalten.

Die vergebende Stelle habe in der am 28. Mai 2021 versendeten Zuschlagsentscheidung die Punkte im Preiskriterium falsch berechnet. Statt der mathematischen Formel „(100-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5)* XXXX “ werde die unrichtige Formel „( XXXX -%-Abstand zum Billigstangebot*0,5)“ angewendet.

1.2. Im Los 9 des genannten Vergabeverfahrens habe es mehrere Angebote gegeben; der niedrigste angebotene Preis sei von der XXXX (im Folgenden Bieterin 1) mit EUR XXXX ,-- angeboten worden. Dieser Preis sei äußerst ungewöhnlich und auffällig. Der Preis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin betrage EUR XXXX ,-- und liege XXXX % unter dem angebotenen Preis der Antragstellerin (EUR XXXX ).

Die Antragstellerin habe langjährige Erfahrung mit der Erbringung derartiger Leistungen, sodass sie sehr gut einschätzen könne, welche Preise für die gegenständlichen Leistungen plausibel und vertretbar seien. Eine qualitativ hochwertige Betreuung von Schülern mit Autismus-Spektrum-Störungen sei zum niedrigsten angebotenen Preis in Los 9 schlicht nicht vorstellbar. Aufgrund des ungewöhnlich niedrigen angebotenen Preises einer Bieterin im Los 9 wäre der Auftraggeber zur vertieften Angebotsprüfung in diesem Los verpflichtet gewesen. Eine vertiefte Angebotsprüfung sei aber offenbar nicht durchgeführt worden. Wäre eine solche durchgeführt worden, hätte der Auftraggeber erkennen müssen, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweise und das Angebot wegen einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises bzw. der Gesamtkosten zwingend auszuscheiden gewesen wäre.

Selbst wenn eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt worden wäre, wären die daraus gezogenen Ergebnisse offenbar nicht gewürdigt worden, weil eine Aufschlüsselung des von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Gesamtpreises zu keinem plausiblen und nachvollziehbaren Ergebnis führen könne. Worin die mangelnde Plausibilität liege, könne die Antragstellerin nicht mit Sicherheit wissen, da ihr eine Einsicht in das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin oder diesbezügliche Prüfunterlagen des Auftraggebers verwehrt sei.

Da das Angebot mit dem niedrigsten angebotenen Preis aufgrund einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises bzw. der Gesamtkosten zwingend auszuscheiden gewesen wäre, würde sich aufgrund der gemäß Punkt 6.4.2 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen festgelegten Berechnungsmethode die Bewertung der anderen Angebote im Zuschlagskriterium Preis ändern, wodurch das Angebot der Antragstellerin höher bepunktet worden wäre.

Konkret habe es in Los 9 des genannten Vergabeverfahrens vier Angebote gegeben. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe die maximale Punktezahl von 60 Punkten im Preiskriterium und XXXX (falsch berechnete) Punkte für ihr Angebot in der Höhe von EUR XXXX erhalten; die Antragstellerin habe XXXX (falsch berechnete) Punkte für ihr Angebot in Höhe von XXXX ,-- erhalten. Daneben gebe es ein weiteres Angebot in Höhe von EUR XXXX .

Da das Angebot mit dem niedrigsten angebotenen Preis auszuscheiden gewesen wäre und damit nur mehr drei Angebote zu bewerten seien, sei der nunmehr billigste Preis jener der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, daher EUR XXXX . Der zweitbilligste Preis betrage XXXX . Der teuerste Preis sei jener der Antragstellerin mit EUR XXXX Die Bewertung im Zuschlagskriterium Preis für teurere Angebote werde im Verhältnis zum billigsten Preis vorgenommen. Da das Angebot der Antragstellerin XXXX % teurer sei, bekomme die Antragstellerin (100- XXXX *0,5)* XXXX = XXXX * XXXX = XXXX Punkte im Zuschlagskriterium Preis.

1.3. Auch in den Losen 1, 3 und 4 wäre aufgrund auffälliger Preisunterschiede eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen gewesen; diese sei vom Auftraggeber aber nicht vorgenommen worden.

1.4. Aufgrund nicht geregelter Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen sei es für die Bewertungskommission nicht möglich, die im Konzept zu bewertenden Punkte ausschreibungskonform zu bewerten. In den Ausschreibungsunterlagen sei lediglich ein allgemeiner Punkteschlüssel für eine Gesamtbewertung des Konzeptes festgelegt. Welche Gewichtung den einzelnen im Konzept darzustellenden Punkten (Rekrutierung von geeignetem Personal, Ausmaß der Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen etc.) beigemessen werden solle, sei für die Kommissionsmitglieder hingegen unklar.

Da die Kommissionsmitglieder gar nicht wissen würden, auf welche Punkte im Konzept der Fokus zu legen sei, gebe es keine andere Möglichkeit als eine völlig willkürliche Konzeptbewertung vorzunehmen. Widersprüchlich sei darüber hinaus, dass der bereits erwähnte Punkteschlüssel lediglich eine Gesamtbewertung für das Konzept vorsehe, aber dennoch von „Subkriterien“ in den Ausschreibungsunterlagen die Rede sei. Diese Subkriterien seien in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nicht bekanntgegeben worden. Es handle sich dabei um einen formalen Mangel.

Es sei widersprüchlich, dass „für jedes Subkriterium“ 24 Punkte vergeben werden würden, jedoch würden insgesamt nur 24 Punkte für das Konzept zur Verfügung stehen. Folglich gebe es keinen Bewertungsschlüssel für die Subkriterien.

1.5. Darüber hinaus würden nur fachkundige Personen als Kommissionsmitglieder herangezogen werden dürfen. Angesichts des Kindeswohls gehe es daher auch um die Frage der Qualifikation der beteiligten Experten: Es gebe unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisstände im Umgang mit Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung.

Ob die Angebotsbewertung den fundamentalen Grundsätzen des Vergaberechtes entsprechend durchgeführt worden sei, sei insbesondere nur dann überprüfbar, wenn die Mitglieder der Bewertungskommission (spätestens) in der Zuschlagsentscheidung bekanntgegeben werden würden. Andernfalls sei dem Bieter jede Möglichkeit verwehrt, etwaige Bedenken gegen Kommissionsmitglieder insbesondere in Hinblick auf Interessenskonflikte oder eine fehlende Fachkunde zu überprüfen. Es handle sich dabei um einen Mangel, der ebenfalls wie beispielsweise eine fehlende verbale Begründung innerhalb der Zuschlagsfrist bekämpft werden könne.

Die Bekanntgabe der Namen der Jurymitglieder sei in Punkt 6.4.6 der Allgemeinen Ausschreibungsunterlagen mit der Begründung ausgeschlossen worden, öffentliche Interessen schützen zu wollen. Die Zusammensetzung der Bewertungskommission stelle einen derart elementaren Grundpfeiler des gesamten Vergabeverfahrens dar, dass bereits der Ausschluss der Veröffentlichung vergaberechtswidrig sei und nicht dem sachgerechten Vorgehen einer öffentlichen Beschaffungsstelle entspreche, sondern diese Vorgehensweise (der Ausschluss) grundsätzlich zu hinterfragen sei. Sofern eine Präklusion vom Ausschluss der Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder überhaupt möglich sei, könne diese Festlegung nur bis zur Abgabe der Konzepte gelten.

Es sei nicht erkennbar, welche „öffentlichen Interessen“ durch die Nichtbekanntgabe der Identität der Kommissionsmitglieder geschützt werden sollten. Viel eher sei es im öffentlichen Interesse gelegen, sicherzustellen, dass die Bewertungskommission ausschließlich aus unparteiischen Personen mit entsprechender Fachkunde bestehe. Da der Auftraggeber nicht über sämtliche mögliche Befangenheitsgründe der einzelnen Kommissionsmitglieder informiert sein könne, liege es auch in seinem Interesse, deren Namen offen zu legen. Er sei daher auf die Mitwirkung der einzelnen Bieter angewiesen, um etwaigen Interessenskonflikten vorbeugen zu können. Die Offenlegung der Kommissionsmitglieder diene daher vielmehr der Wahrung öffentlicher Interessen, da dadurch das Transparenzgebot des Vergaberechtes eingehalten werde.

Abschließend sei festzuhalten, dass die Zuschlagsentscheidung bestimmten formalen Anforderungen genügen müsse, andernfalls handle es sich um keine Zuschlagsentscheidung. Es sei schlicht nicht möglich, zwingende Anforderungen an eine Zuschlagsentscheidung in den Ausschreibungsunterlagen abzubedingen.

1.6. Im gegenständlichen Vergabeverfahren seien der Antragstellerin in Hinblick auf die Qualität lediglich die verbale Beurteilung für ihre eigene Konzeptbewertung zur Verfügung gestellt worden. Die Zurverfügungstellung von Ausführungen zum Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei unterblieben und der Auftraggeber habe sich damit begnügt, die Qualitäts-Gesamtpunktzahl der präsumtiven Zuschlagsempfängerin preiszugeben. Ein Vergleich zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin sei dadurch unmöglich.

Insbesondere sei darauf hinzuweisen, dass das erste Kommissionsmitglied in der Konzeptbewertung der Antragstellerin folgende Punkte bemängelt habe: „ XXXX " Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin bei der Qualität die volle Punktezahl erhalten habe, sei davon auszugehen, dass diese Kritikpunkte bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht gegeben seien. Aufgrund der umfangreichen Kenntnisse des Bietermarktes der Antragstellerin sei stark zu bezweifeln, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die kritisierten Punkte in höherem Ausmaß erfülle als dies bei der Antragstellerin der Fall sei. Es sei daher in keiner Weise nachvollziehbar, warum die präsumtive Zuschlagsempfängerin hier die volle Punkteanzahl erhalte. Während die Antragstellerin die AHS-Betreuung von Schülerinnen im Autismus-Spektrum derzeit im XXXX zu XXXX erfülle, sei dies bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht der Fall.

Das erste Kommissionsmitglied führe bei der Antragstellerin Mängel hinsichtlich der Erfahrung der Koordination und Bedenken hinsichtlich der Personalfluktuation an. Dazu sei zu bemerken, dass mehrere Führungskräfte der Antragstellerin über viele Jahre Erfahrung in der Leistungserfüllung verfügen würden und der aktive Koordinator zum Zeitpunkt der Einreichung der Ausschreibung über mehr als zehn Jahre Erfahrung verfügt habe.

Zusätzlich handle es sich um eine völlig unzutreffende Vermutung des ersten Kommissionsmitglieds, dass es „ XXXX Vielmehr erfülle die Antragstellerin derzeit in XXXX der gesamten österreichischen AHS-Betreuung nachhaltig (und rückwirkend bis zu den Anfängen im Jahr 2010). Die Organisation der Leistungserbringung in den Bundesländern würde zentral von Wien aus erfolgen, wobei auch eigene Ansprechpersonen in den Bundesländern zur Verfügung stehen würden.

Wie das erste Kommissionsmitglied daher zu dem Schluss komme, dass die österreichweite Vernetzung für die Leistungserbringung bei der Antragstellerin nicht vorhanden sei, sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Hingegen müsste die präsumtive Zuschlagsempfängerin die kompletten Strukturen in ganz Österreich erst aufbauen und erhalte daher nicht nachvollziehbar die volle Punkteanzahl von allen Kommissionsmitgliedern.

Sofern das Bundesverwaltungsgericht dennoch zu dem Schluss kommen sollte, dass es sich bei dem Konzept um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handle, müsse der Antragstellerin auch im Falle schutzwürdiger Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine nachvollziehbare Zuschlagsentscheidung zur Verfügung gestellt werden. Eine Offenlegung der Konzepte wäre in diesem Fall nicht zwingend notwendig. Die Offenlegung der verbalen Beurteilung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre bereits ausreichend, um einen Vergleich zur Antragstellerin herstellen zu können. Eine Beeinträchtigung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen wäre nicht zu befürchten, da beispielsweise die verbalen Beurteilungen der Antragstellerin recht allgemein gehalten seien und keinen Rückschluss auf Betriebsgeheimnisse zulassen würden. Vereinzelt bestünde die Möglichkeit, Passagen entsprechend zu schwärzen.

1.7. Es sei beispielsweise gemäß Punkt 6.4.4 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen darzulegen, wie die Rekrutierung von geeignetem Personal erfolgen solle. Dabei werde aber nicht näher darauf eingegangen, was unter einem „geeigneten Personal" zu verstehen sei, da die objektive Qualifikation der AHS-Betreuerinnen in der Ausschreibung nicht festgelegt werde. Dementsprechend bleibe der Bieter im Unklaren darüber, welche Qualitätsstandards und Kompetenzen dieses „geeignete“ Personal vorzuweisen habe, um Punkte zu erlangen.

In Hinblick auf die Rekrutierung des geeigneten Personals sei außerdem festzuhalten, dass die Antragstellerin keine Rekrutierung von zusätzlichem Personal benötige, da sie bereits über ein solches verfüge. Aufgrund der fehlenden Beurteilungskriterien sei nicht nachvollziehbar, wie sich dieser Umstand punktemäßig in der Bewertung widerspiegele.

Außerdem werde der Bieter aufgefordert, „Überlegungen zur Gestaltung der Kommunikation darzulegen“. Die Ausschreibungsunterlagen würden aber keine Informationen dazu liefern, um welche Kommunikation es hier überhaupt gehen solle. Es werde darüber hinaus nicht angegeben, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssten, um Punkte für die Gestaltung der Kommunikation zu erlangen.

Es wären daher alle der Antragstellerin vorgereihten Bieter auszuscheiden und der Antragstellerin der Zuschlag zu erteilen gewesen. Dies betreffe insbesondere die präsumtive Zuschlagsempfängerin, da diese auf die Erbringung von Dienstleistungen im psychiatrischen Umfeld spezialisiert sei, aber keine bzw. völlig unzureichende Erfahrungswerte für die Betreuung von Schulkindern mit Autismus-Störungen habe. Ebenso verhalte es sich auch mit dem Billigstbieter zu Los 9, da dieser für verschiedenste Bereiche anbiete, aber ebenfalls keine Erfahrung für die Betreuung von autistischen Schulkindern vorweisen könne und dazu eine völlig unrealistische Kalkulation vorgelegt habe.

In der Begründung der Bewertung durch die Jury für die Antragstellerin gebe es eine Anmerkung bezüglich des Mangels einer Vernetzung für die Leistungserbringung in allen Losen. Konkret finde sich in der Bewertung des ersten Jurymitglieds der Absatz: „ XXXX " Von dem genannten Kommissionsmitglied habe die Antragstellerin 14 Punkte im Qualitätskriterium 2b bekommen. Da eine genauere Nachvollziehbarkeit der Jurybewertung mangels Offenlegung der Bewertungskriterien nicht möglich sei, gehe die Antragstellerin davon aus, dass der vom Jurymitglied vorgebrachte Kritikpunkt in Bezug auf mangelnde Vernetzung einen Grund für den Punkteabzug darstelle. Eine mangelnde Vernetzung in Österreich und die daraus folgende Unmöglichkeit der Leistungserbringung in allen Losen werde aber bereits im Kriterium Preis berücksichtigt, indem für die Bewerbung in mehreren Losen zusätzliche Punkte zu erlangen seien bzw. für die Nichtbewerbung in mehreren Losen keine Punkte vergeben werden würden. Somit werde derselbe Grund in beiden Zuschlagskriterien negativ bewertet, was den Grundprinzipien des Vergaberechtes widerspreche und wodurch die Ermittlung des Bestbieters nicht möglich sei.

1.8. Im Zuschlagskriterium Qualität würden gemäß Punkt 6.4.3. der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen für die Abgabe eines Angebots in weiteren Losen Punkte vergeben werden. Das widerspreche der Idee hinter der Aufteilung eines Leistungsgegenstands in mehrere Lose, da dadurch insbesondere kleineren Unternehmen die Chance gegeben werden solle, an einer Vergabe (erfolgreich) teilzunehmen. Entweder der Auftraggeber entscheide sich im Zuge der Ausschreibung, den besten Anbieter pro Los zu ermitteln oder dieser unterlasse eine Losaufteilung und ermittele einen Bestbieter für das gesamte Bundesgebiet. Die hier gewählte Variante, scheinbar einen Bestbieter pro Bundesland ermitteln zu wollen, in Wahrheit aber einen bundesweiten Gesamtanbieter zu ermitteln, stehe im diametralen Widerspruch zum bereits erwähnten Grundgedanken der losweisen Vergabe von öffentlichen Aufträgen.

Durch die Belohnung einer Bewerbung in allen Losen mit 16 Punkten würden kleinere Bewerber automatisch weniger Punkte erhalten. Insofern sei die Ermittlung des Bestbieters durch die Gestaltung der Bewertung nicht möglich. Die Ermittlung des Bestbieters pro Los sei weiters schlicht unmöglich, wenn 16 % der möglichen Maximalpunkte für das Anbieten der Leistung in allen neun Bundesländern vergeben werden würden.

1.9. Der Auftraggeber habe in Punkt 6.4 das Bestangebotsprinzip (Preis und Qualität) festgelegt. Tatsächlich wäre es aufgrund der Festlegungen möglich gewesen, ohne die Erbringung irgendeiner qualitativ nennenswerten Leistung den Zuschlag zu erhalten. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass bereits das Anbieten in sämtlichen Bundesländern zur Erzielung von 16 Punkten führe. Allein die Abgabe eines Konzeptes (wenn auch qualitativ noch so geringwertig) bewirke die Erreichung von 4 Punkten. Somit hätten – ohne Nachweis irgendwelcher Qualitätssicherungen oder -standards im Zuschlagskriterium „Qualität“ – 20 Punkte erreicht werden können. Sofern der Bieter dann auch noch als Billigstbieter im betreffenden Los hervorgegangen wäre, hätte er im Zuschlagskriterium „Preis“ 60 Punkte, somit insgesamt 80 Punkte, erhalten. Im Vergleich dazu habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin beispielsweise im Los 9 lediglich 76,62 Punkte erhalten. Abschließend sei daher festzuhalten, dass es überaus fragwürdig erscheine, in einer Ausschreibung, deren Leistungsgegenstand so hohen Qualitätsstandards entsprechen müsse, die Qualität lediglich mit 40 % und den Preis mit 60 % zu bewerten sowie zusätzlich im Zuschlagskriterium Qualität die Bedeutung des Konzepts durch die Vergabe von 16 Punkten für die bundesweite Leistungserbringung zu untergraben. Es stelle sich darüber hinaus die Frage, inwiefern es ein Qualitätsmerkmal sein könne, in der Lage zu seien, in mehreren Losen ein Angebot abzugeben.

Es handle sich dabei um eine objektiv nicht nachvollziehbare Gewichtung von Zuschlagskriterien, welcher Umstand eine willkürliche Angebotsbewertung ermögliche.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass trotz bereits vorliegender Bestandfestigkeit der Ausschreibungsunterlagen diese eine derartige Mangelhaftigkeit aufweisen würden, dass die Ermittlung des Bestbieters nicht möglich, das Vergabeverfahren daher zu wiederholen und die Zuschlagsentscheidung jedenfalls nichtig sei. Aufgrund der oben genannten Gründe sei die Ermittlung des Bestbieters nach objektiven, allen Bietern bei Verfassen ihres Angebots zugänglichen, Kriterien nicht möglich.

1.10. Aus all diesen Gründen stelle die Antragstellerin folgende

„Anträge,

[d]as Bundesverwaltungsgericht möge

• ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären;

• eine mündliche Verhandlung anberaumen;

• der ASt Einsicht in den Vergabeakt sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichts gewähren sowie das Angebot der ASt sowie sämtliche mit dem Angebt der ASt im Zusammenhang stehende Dokumente des Vergabeaktes (Schriftverkehr, Prüfbericht der AG, usw) von der Akteneinsicht allfälliger sonstiger Unternehmen zum Schutz des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses der ASt ausnehmen und

• der AG auftragen, der ASt die Pauschalgebühr binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution gemäß § 19a RAO zu Händen ihrer ausgewiesenen Rechtsvertreter zu ersetzen.“

2. Am 10. Juni 2020 erteilte der Auftraggeber zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren.

3. In ihrer Stellungnahme vom 14. Juni 2021 nahm die präsumtive Zuschlagsempfängerin zum Nachprüfungsantrag Stellung.

3.1. In Punkt 3.3 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen (Randziffer 31) weise der Auftraggeber explizit darauf hin, dass sich bei Prüfung der Ausschreibungsunterlagen ergebende Widersprüche, Unklarheiten, Unvollständigkeiten oder sonstige Bedenken gegen die Ausschreibungsbedingungen innerhalb der Angebotsfrist umgehend durch den Unternehmer (Bieter) des Auftraggebers anzuzeigen seien, da hier eine Warnpflicht bestehe.

Darüber hinaus würden die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen in Punkt 6.2.9 (Randziffer 137) das Ersuchen enthalten, zur Vermeidung von Verzögerungen des Vergabeverfahrens im Falle der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens zu verständigen, um gegebenenfalls „auf Bedenken gegen die Ausschreibungsunterlagen reagieren zu können“.

Der Auftraggeber weise somit an zwei Stellen explizit darauf hin, dass allfällige Unklarheiten in der Ausschreibung zeitgerecht aufzuzeigen seien, ohne, dass er dazu verpflichtet wäre, da die Fristen für Anträge auf Nachprüfung gesondert anfechtbarer Entscheidungen ohnedies gesetzlich geregelt seien.

Offenbar habe die Antragstellerin den Auftraggeber auf die nunmehr geltend gemachten Bedenken nicht rechtzeitig (bzw. bis zum gegenständlichen Antrag überhaupt nicht) hingewiesen und auch keinen entsprechenden Nachprüfungsantrag fristgerecht eingebracht.

Gegenständlicher Nachprüfungsantrag richte sich explizit gegen die Zuschlagsentscheidung. Die Stattgabe des Antrags würde somit die Bedenken der Antragstellerin gegen die Ausschreibung nicht beseitigen.

Es sei daher nicht ersichtlich, welches Ziel die Antragstellerin mit ihren Ausführungen zur angeblichen Rechtswidrigkeit einzelner Punkte der Ausschreibungsbedingungen verfolge. Wenn die Antragstellerin in ihrem Punkt 7.11. ausführe, das Vergabeverfahren wäre „daher zu wiederholen“ und die Zuschlagsentscheidung wäre jedenfalls nichtig, könne die Antragstellerin mit ihren verspätet erhobenen Einwendungen gegen die Ausschreibung keine Wiederholung des Vergabeverfahrens erreichen.

Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin würden die Ausschreibungsunterlagen keine rechtswidrigen Bedingungen oder ein fehlendes, ungeeignetes oder rechtswidriges Bestbieterermittlungsschema enthalten, wodurch ein Widerruf durch den Auftraggeber im jetzigen Stadium angezeigt wäre. Ein der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Oktober 2008, 2004/04/0237, vergleichbarer Fall liege hier nicht vor, da gegenständlich sämtliche Zuschlagskriterien konkret definiert worden seien und dementsprechend kein Zweifel am festgelegten Bestbieterprinzip bestehen könne. Der Auftraggeber habe den jeweiligen Bestbieter in Übereinstimmung mit den festgelegten Zuschlagskriterien ermittelt.

Insbesondere betreffe dies die Einwendungen zu den behaupteten fehlenden Festlegungen hinsichtlich der Konzeptbewertung, die fehlende Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder und die fehlende Bekanntgabe der Beurteilungskriterien für das Konzept.

Das Vorbringen der Antragstellerin zur Zwecklosigkeit der Losaufteilung sei insofern unschlüssig, als der Auftraggeber einerseits tatsächlich keinen Bestbieter für das gesamte Bundesgebiet für den Zuschlag in Aussicht genommen habe, zumal der Zuschlagsentscheidung betreffend Los 6 eine andere präsumtive Zuschlagsempfängerin zu entnehmen sei als für die übrigen Lose; andererseits habe die Antragstellerin selbst in allen Losen angeboten und daher ebenfalls die vollen 16 Punkte für die Abgabe von Angeboten in allen Losen erhalten. Der Antragstellerin sei somit durch diese Regelung kein Nachteil im Zusammenhang mit der bekämpften Zuschlagsentscheidung entstanden. Ganz im Gegenteil, aus dem Nachprüfungsantrag sei trotz vorgenommener Schwärzungen zu schließen, dass die Antragstellerin im Qualitätskriterium für die Konzeptausarbeitung nicht die volle Punktezahl erhalten habe. Gäbe es nun keine Punkte für die Abgabe in mehreren Losen, wäre die Konzeptausarbeitung stärker zu gewichten gewesen und die Antragstellerin hätte im Ergebnis sogar eine geringere Gesamtpunktezahl in sämtlichen Losen erhalten.

Die Festlegung der Gewichtung von Preis- und Qualitätskriterium bei Anwendung des Bestbieterprinzips obliege dem Auftraggeber. Ein Bieter habe kein Anrecht darauf, dass die Qualität, die durch eine Konzeptausarbeitung nachgewiesen werde, mit einem bestimmten Prozentsatz ins Gewicht falle. Die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen würden transparent klarstellen, wie die Punktevergabe zur Bestbieterermittlung erfolge. Es sei daher von Anfang an erkennbar, dass theoretisch ohne den Nachweis einer bestimmen Qualität 20 Punkte erreicht werden könnten. Diese Möglichkeit zu nutzen sei sämtlichen Bietern offen gestanden. Eine Vergaberechtswidrigkeit, insbesondere eine solche, die in Bezug auf die Zuschlagsentscheidung bekämpfbar wäre, sei nicht zu erkennen.

Sämtliche hier aufgelisteten und im Nachprüfungsantrag der Antragstellerin näher ausgeführten angeblichen Mängel seien der Antragstellerin bereits ab Veröffentlichung bzw. spätestens ab Kenntnis der Ausschreibungsunterlagen bekannt gewesen und hätten daher fristgerecht in einem Nachprüfungsverfahren auf Nachprüfung der Ausschreibung geltend gemacht werden müssen; jedenfalls hätten sie zumindest noch vor Ablauf der Angebotsfrist dem Auftraggeber kommuniziert werden können.

Die nunmehr im Zuge der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung oben angeführten Beanstandungen würden allein angebliche Mängel der Ausschreibung betreffen, die im gegenständlichen Nachprüfungsantrag jedenfalls verspätet und daher im gegenständlichen Verfahren auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht zu behandeln seien.

Richtig sei, dass der Auftraggeber das Preiskriterium offenbar entgegen der in der Ausschreibung vorgesehenen Berechnungsmethode irrtümlich falsch berechnet habe.

Aufgrund der in der Ausschreibung vorgesehenen Maximalpunktezahl von 100 Punkten für den niedrigsten Preis, der aufgrund der Gewichtung von 60 % als Zuschlagskriterium in 60 Punkten resultiere, wäre die Punkteanzahl für jene Bieter, deren angebotene Preise höher seien, entsprechend den Ausführungen der Antragstellerin so zu ermitteln gewesen, dass die Differenz in Prozent zum niedrigsten Preis halbiert, von der Maximalpunktezahl von 100 abgezogen werde und erst das Ergebnis mit dem Faktor 0,6 gewichtet werde. Dem Auftraggeber sei hier offenbar der Fehler unterlaufen, die abzuziehenden Preispunkte von der bereits gewichteten Maximalpunkteanzahl von 60 abzuziehen, wodurch sich (abgesehen von den jeweiligen Billigstbietern pro Los, die ungeachtet der falschen Berechnungsmethode richtigerweise 60 Punkte erhalten hätten) niedrigere Punktesummen für das Preiskriterium sämtlicher Bieter, die jeweils nicht Billigstbieter gewesen seien, ergeben hätten.

Ungeachtet der Tatsache, dass die Berechnung des Preiskriteriums fehlerhaft erfolgt sein dürfte, wäre auch bei Durchführung der korrekten Berechnung für die Antragstellerin nichts gewonnen, da die Antragstellerin auch bei korrekter Ermittlung der Punkte für das Preiskriterium in keinem der ausgeschriebenen Lose zum Zug käme. Mangels rechtlichen Interesses der Antragstellerin wäre die Zuschlagsentscheidung aus dem Grund, dass die Punkte für das Zuschlagskriterium Preis falsch ermittelt worden seien, daher dennoch nicht für nichtig zu erklären.

Dies gelte auch für den ins Treffen geführten Verstoß des Nichtausscheidens der Billigstbieterin in Los 9 wegen behaupteter unplausibler Zusammensetzung des Preises. Selbst wenn das Angebot der Billigstbieterin infolge einer vertieften Angebotsprüfung ausgeschieden worden wäre, sodass die Preisberechnung wegen eines neuen Billigstbieters neu vorzunehmen wäre, wäre die Antragstellerin in Los 9 nicht zum Zuge gekommen, da zumindest die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedenfalls noch vor der Antragstellerin gereiht wäre, sodass auch hinsichtlich dieses Verstoßes das Interesse der Antragstellerin fehle.

Die Antragstellerin behaupte, sie sei die einzige Bieterin, die in der Lage wäre, die ausgeschriebene Leistung im geforderten Ausmaß ordnungsgemäß zu erbringen, sodass sämtliche anderen Angebote aufgrund der mangelnden Erfahrung oder Fachkompetenz der Bieter auszuscheiden gewesen wären. Diese Behauptung sei jedenfalls unrichtig.

Die Ausschreibung sehe Eignungskriterien vor, die aus Sicht des Auftraggebers zur Erfüllung der ausgeschriebenen Dienstleistungen erforderlich seien.

Ausschreibungsgegenständlich seien die Eignungskriterien die Befugnis (Allgemeine Ausschreibungsbedingungen Punkt 5.2), die Technische Leistungsfähigkeit (Punkt 5.3), die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Punkt 5.4) und die berufliche Zuverlässigkeit (Punkt 5.5). Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle sämtliche von der Ausschreibung geforderten Eignungskriterien.

Weiters enthalte die Ausschreibung Muss-Anforderungen an die Angebote, bei deren Nichterfüllung das betreffende Angebot auszuscheiden wäre. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erfülle auch sämtliche Muss-Anforderungen ausschreibungskonform. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe auch hinsichtlich der Soll-Kriterien ein vollständiges und ausschreibungskonformes Angebot abgegeben.

Die von der Antragstellerin ins Treffen geführte (anzunehmende) Qualität der Leistungserbringung, die aus ihrer Sicht nur sie allein im erforderlichen Ausmaß sicherstellen könne, stelle kein Kriterium dar, bei dessen Nichterfüllung das Ausscheiden eines Angebotes zur Folge hätte, da sämtliche von der Antragstellerin ins Treffen geführte Punkte in ihrem Nachprüfungsantrag jeweils in der Konzeptausarbeitung enthalten sein müssten. Keiner dieser Punkte stelle ein Eignungskriterium eines Bieters oder ein Muss-Kriterium des Angebotes dar.

Richtig sei, dass die Antragstellerin auf dem Gebiet der ausgeschriebenen Dienstleistungen über viele Jahre tätig gewesen sei. Allerdings seien die Hauptaufgaben, die für die gegenständlichen Dienstleistungen relevant seien, über zehn Jahre lang durch einen Projektleiter ausgeübt worden, der aktuell nicht mehr bei der Antragstellerin tätig sei. Der überwiegende Teil der Erfahrungswerte der Antragstellerin im Bereich der ausgeschriebenen Leistungen liege somit bei einem ausgeschiedenen Mitarbeiter. Der betreffende Projektleiter habe allerdings mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einen Vorvertrag abgeschlossen, wonach sich die Parteien verpflichten würden, im Falle, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Zuschlag in einem oder mehreren Losen erhalte, ein Dienstverhältnis zu begründen, wodurch der Projektleiter die Aufgabe des Koordinators für die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit seiner jahrelangen Expertise übernehmen würde. Der Projektleiter verfüge österreichweit mit Abstand über die größte Expertise in der Organisation und Entwicklung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störung. Dementsprechend sei es gerade der präsumtiven Zuschlagsempfängerin möglich, im Bereich der ausgeschriebenen Dienstleistungen bestmöglich die geforderten Leistungen zu erbringen.

Darüber hinaus stehe der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine Autismusexpertin als Beraterin zur Verfügung, welche eine der führenden Expertinnen auf diesem Gebiet und daher in der Lage sei, der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bestmögliche Unterstützung in der Projektabwicklung zu bieten.

In den einzelnen Bundesländern erfolge die Koordination und Umsetzung entweder durch die Landesorganisationen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als Subunternehmer oder durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbst unter Zugriff auf das lokale Knowhow der jeweiligen Landesorganisation. Die Landesorganisationen würden in beinahe jedem politischen Bezirk über verlässliche Strukturen verfügen, die eine rasche Arbeitsaufnahme sowie regionale Rekrutierung von Assistenten ermöglichen und eine bestmögliche regionale Betreuung der Jugendlichen sicherstellen würden.

Die Landesorganisationen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würden zudem bereits über Spezialangebote zu Autismus-Spektrum-Störungen verfügen. Es sei daher unrichtig, wenn die Antragstellerin behaupte, sie sei die einzige Bieterin mit Erfahrung auf diesem Gebiet. Diese Spezialangebote sowie bereits bestehende Schulassistenzangebote würden zudem der Mitwirkung an der Umsetzung der ausgeschriebenen Leistungen dienen.

Darüber hinaus sei die präsumtive Zuschlagsempfängerin bereit, im Falle der Zuschlagserteilung die insbesondere in Wien derzeit tätigen Assistenten anzusprechen und zu übernehmen, sodass die Jugendlichen ihre gewohnten Ansprechpartner behalten könnten. In allen Bundesländern könnte durch die bestehenden Strukturen auf regionale Anforderungen reagiert werden und geeignete Assistenten könnten rekrutiert werden.

4. Der Auftraggeber nahm in seiner Stellungnahme vom 18. Juni 2021 zu den im gegenständlichen Nachprüfungsantrag geltend gemachten Rechtswidrigkeiten Stellung und führte Folgendes aus:

Zum Nachprüfungsantrag sei vorab festzuhalten, dass das Angebot der Antragstellerin in sämtlichen gegenständlich angefochtenen Losen nicht an zweiter Stelle gereiht sei und dadurch in diesen Losen selbst im Falle der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht als Rahmenvertragspartnerin in Betracht komme. Damit einhergehend könne der Antragstellerin durch die behauptete rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers in diesen Losen kein Schaden entstehen, wodurch im gegenständlichen Fall die Antragslegitimation in sämtlichen gegenständlich angefochtenen Losen nicht gegeben sei.

Da im gegenständlichen Fall die Anfechtungsfristen verstrichen seien, seien die Ausschreibungsunterlagen unabänderbar geworden und damit würden allfällige Unklarheiten zu Lasten der Antragstellerin gehen.

Die Berechnung der Preispunkte sei in den Ausschreibungsunterlagen nicht mit einer mathematischen Formel festgelegt, sondern verbal beschrieben. In Punkt 6.4.1 und 6.4.2 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei des Weiteren klar geregelt, dass der Preis mit 60 % gewichtet sei und daher in diesem Kriterium maximal 60 Punkte erreicht werden könnten. Je Prozent des höheren Preises würden 0,5 Punkte abgezogen werden. Daraus ergebe sich die Formel: 60-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5.

Die Antragstellerin führe in ihrem Nachprüfungsantrag jedoch die in den Ausschreibungsunterlagen nicht vorgesehene Formel an: (100-%-Abstand zum Billigstangebot*0,5)*0,6.

Diese Formel würde bedeuten, dass zwar der billigste Bieter 60 Punkte erhalte, allerdings bei jedem anderen Bieter 0,3 (0,5*0,6) Punkte je Prozent höheren Angebotspreises von der maximalen Punktezahl abgezogen werden würden. Dies entspreche nicht der Festlegung in Randziffer 141 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen:

Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhalte 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis würden 0,5 Preispunkte abgezogen werden, das Ergebnis fließe mit 60-%-Gewichtung in die Bewertung ein, es seien daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen.

Der erste Satz beziehe sich ausdrücklich nur auf das billigste Angebot. Der zweite Satz setze höhere Preise voraus. Der dritte Satz beschreibe die Vorgehensweise bei der Berechnung im Allgemeinen.

Würde die Berechnung anhand der einzelnen Sätze getrennt voneinander vorgenommen werden, könnte die Ansicht vertreten werden, dass das billigste Angebot jedenfalls 100 Punkte allein für das Kriterium Preis erhalten müsste, während teurere Angebote weniger als 60 Punkte erhalten würden. Das stünde im Widerspruch zur Tabelle in Randziffer 139 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen, die von maximal 60 Punkten im Kriterium Preis ausgehe.

Daher ergebe sich für einen verständigen Bieter völlig eindeutig, dass der erste Satz der Randziffer 141 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nur so zu lesen sein könne, dass das billigste Angebot die volle Punktezahl (also 100 % der erreichbaren Maximalpunkte, sohin 60 Punkte) erhalte.

Die Antragstellerin übersehe, dass selbst unter Prämisse der Richtigkeit ihrer Ausführungen, die Antragstellerin durch die falsche Berechnung nicht beschwert sein könne, da sie auch bei Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre. Damit erweise sich die aufgezeigte vermeintlich vorliegende Rechtswidrigkeit der falschen Punktevergabe im Ergebnis selbst in diesem Fall als nicht relevant für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens wäre daher nicht möglich gewesen.

Ausdrücklich festzuhalten sei, dass einerseits die von der Antragstellerin monierte Falschberechnung nicht vorliege und andererseits die Antragstellerin selbst im Falle der Heranziehung der von ihr gewünschten Berechnungsmethode in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre.

Damit einhergehend könne der Antragstellerin selbst im Fall der Heranziehung ihrer eigenen Formel durch die behauptete rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers in diesen Losen kein Schaden entstehen, wodurch im gegenständlichen Fall die Antragslegitimation in sämtlichen gegenständlich angefochtenen Losen nicht gegeben sei.

Ausdrücklich festzuhalten sei, dass bei besonderen Dienstleistungsaufträgen im Sinne des § 151 BVergG 2018 die Bestimmungen der vertieften Preisprüfung nicht zur Anwendung gelangen würden. Der Auftraggeber sei daher nicht verpflichtet, eine vertiefte Angebotsprüfung gemäß § 137 BVergG 2018 durchzuführen. Die Antragstellerin übersehe daher in ihrem Vorbringen, dass gemäß § 151 Abs 1 BVergG 2018 die Bestimmungen betreffend die vertiefte Preisprüfung bei besonderen Dienstleistungsaufträgen im Sinne des Anhang XVI zum BVergG 2018 nicht zur Anwendung gelangen würden und daher bereits aus diesem Grund die von der Antragstellerin monierte Rechtswidrigkeit nicht vorliege.

Des Weiteren sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass die Preisabstände zwischen dem erst- und zweitgereihten Bieter in allen Losen (bis auf das Los 6) bei 0,22 % gelegen seien und daher selbst unter der Prämisse der Anwendbarkeit des § 137 BVergG 2018 eine vertiefte Preisprüfung in diesen Losen nicht indiziert gewesen sei.

Klar ersichtlich sei daher, dass die neben den objektiv feststellbaren Zuschlagskriterien (Anzahl der angebotenen Lose und Preis) die Punktevergabe für die Konzeptausarbeitung ausführlich und nachvollziehbar beschrieben worden sei.

Den Bestimmungen in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen in den Randziffern 139 und 150 sei ausdrücklich zu entnehmen, dass für das Konzept insgesamt 24 Punkte erreicht werden könnten. Des Weiteren sei der Kommission aufgrund der Vorgaben in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sehr wohl bewusst gewesen, auf welche Punkte im Konzept der „Fokus“ zu legen sei, zumal in Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen eine ausführliche und ebenso nachvollziehbare Darstellung aufgenommen worden sei, in welcher die im Konzept zu behandelnden Punkte aufgelistet worden seien. Die exakt selben Konzeptkriterien seien in Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen in einem Bewertungsleitfaden nochmalig für die Kommissionsmitglieder dargestellt.

Zudem sei den bestandsfesten Bestimmungen der Allgemeinen Ausschreibungsbestimmungen nicht nur zu entnehmen, welche Punkte im Konzept zu behandeln seien, sondern sei der Kommission zudem ausdrücklich in Randziffer 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen eine Bewertungsskala vorgegeben worden.

Wenn daher die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vermeine, dass die Kommissionsmitglieder gar nicht wissen hätten können, „auf welche Punkte im Konzept der Fokus zu legen“ gewesen sei und es keine andere Möglichkeit gegeben habe „als eine völlig willkürliche Konzeptbewertung vorzunehmen“, so ignoriere sie wohl augenscheinlich die bestandsfesten Festlegungen in den verfahrensgegenständlichen Ausschreibungsunterlagen.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass die vom Auftraggeber gewählte Bewertungsmethode vollinhaltlich den Vorgaben des BVergG 2018 entspreche und keine Rechtswidrigkeiten in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen vorliegen würden.

Für jeden Bieter sei klar ersichtlich, dass keine Bewertung von Subkriterien erfolge, sondern lediglich die Konzeptausarbeitung anhand der vorgegebenen Skala als Ganzes mit maximal 24 Punkten zu bewerten sei. Wenn daher die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag vermeine, dass die Ausschreibungsunterlagen widersprüchlich und/oder Subkriterien nicht bekanntgegeben worden seien, so lasse sie den objektiven Erklärungswert der bestandsfesten Festlegungen in den Randziffern 139 und 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen außer Acht.

Ausdrücklich festzuhalten sei, dass im gegenständlichen Fall keinerlei Anzeichen für einen Interessenskonflikt vorliegen würden. Zudem handle es sich wohl offenkundig um ein Hilfsargument der Antragstellerin, um eine Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder zu erreichen. Bereits an dieser Stelle sei die Antragstellerin darauf hinzuweisen, dass sie hierbei zwei getrennt voneinander zu behandelnde Themenbereich miteinander vermenge. Zudem sei festzuhalten, dass gemäß Randziffer 149 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen die Kommissionsmitglieder absolut unbeeinflusst und unabhängig voneinander anhand des zuvor übermittelten Bewertungsbogens sowohl mittels Punktebewertung als auch verbalisiert ihre Bewertung abgegeben hätten. Die Konsolidierung der Bewertungsbögen sei nach deren Übermittlung mittels Durchschnittsberechnung durch den Auftraggeber erfolgt.

Ausdrücklich in Randziffer 157 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei festgelegt, dass die Bekanntgabe der Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht erfolge. Diese Festlegung sei ua gewählt worden, um die Kommissionsmitglieder vor möglichen Versuchen einer Einflussnahme durch die Bieter zu schützen. Wenn nunmehr die Antragstellerin vermeine, dass diesbezüglich eine zeitliche Begrenzung der Präklusionswirkung (Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung) eintrete, so entbehre dieses Vorbringen nicht nur jedweder Logik, sondern widerspreche es auch den vergaberechtlichen Grundsätzen der Bestandsfestigkeit.

Im vorliegenden Fall sei zur Bewertung jedenfalls eine fachlich kompetente Bewertungskommission bestehend aus erfahrenen, entsprechend ausgebildeten und im Themenbereich der Ausschreibung beruflich tätigen Experten herangezogen worden. Zudem sei die Antragstellerin darauf hinzuweisen, dass im Zuge der gegenständlichen Vergabe eine besondere Dienstleistung im Sinne des § 151 BVergG 2018 beschafft werde. Unabhängig von der gegebenen Fachkunde der Kommissionsmitglieder, wäre der Auftraggeber mangels Erwähnung in § 151 BVergG 2018 nicht dazu verpflichtet gewesen, die Vorgaben des § 134 BVergG 2018 einzuhalten.

Ausdrücklich sei der Randziffer 156 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen zu entnehmen, welche Informationen betreffend die kommissionellen Bewertungsergebnisse bekanntgegeben werden würden. Mangels Anfechtung innerhalb der vorgesehenen Antragsfrist sei auch diese Festlegung bestandsfest geworden und binde diese Festlegung alle am Vergabeverfahren beteiligten Parteien. Unabhängig davon seien in der verfahrensgegenständlich angefochtenen Zuschlagsentscheidung die Punktebewertungen sorgfältig und ausführlich dargelegt worden sowie sei die Antragstellerin ausdrücklich darauf hinzuweisen worden, dass die von ihr ins Treffen geführte Nichtvergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse wohl aus bereits offensichtlichen Gründen als vollkommen verfehlt anzusehen sei.

Die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der einzelnen Kommissionsmitglieder sei durch die erfolgte Bekanntgabe der Bewertungspunkte ausreichend gegeben. Des Weiteren sei die Antragstellerin in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass sofern das Bewertungskorsett in Form einer Skala bereits eine nachvollziehbare Begründung für die Bewertung enthalte, sogar eine gesonderte verbale Begründung der Kommission gänzlich entfallen hätte können. Nachdem ein solches Bewertungskorsett im Sinne einer Bewertungsskala den Kommissionsmitgliedern vorgegeben und trotzdem eine verbale Begründung vorgenommen worden sei, habe der Auftraggeber diese dahingehenden Vorgaben hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit der Kommissionsentscheidung sogar übererfüllt.

Wenn seitens der Antragstellerin vorgebracht werde, dass die Bewertung eines Kommissionsmitglieds nicht nachvollziehbar sei, so sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass es dem Bundesverwaltungsgericht verwehrt sei, anstelle der Kommission die Angebote zu bewerten. Nur dann, wenn die Bewertung durch die Kommission den von der Ausschreibung eingeräumten Ermessensspielraum überschritten haben sollte, sei das Bundesverwaltungsgericht zuständig, diese Bewertung aufzuheben. In diesem Zusammenhang sei daher ausdrücklich festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall von der Bewertungskommission der von der Ausschreibung eingeräumte Ermessensspielraum nachweislich nicht überschritten worden und demgemäß die Bewertung auf Grundlage der bestandsfesten Ausschreibungsbedingungen vorgenommen worden sei.

Losgelöst von der Tatsache, dass die Festlegungen der Präklusion unterliegen würden, sei zudem auszuführen, dass die von der Antragstellerin verlangten weiteren Beurteilungskriterien ebenso auf eine unzulässige Überspannung hinauslaufen würden. Auch diese Forderung nach Präzisierung ließe sich nämlich ad infinitum fortsetzen, obwohl bereits in den Ausschreibungsunterlagen vollkommen nachvollziehbar und transparent offengelegt worden sei, anhand welcher Beurteilungskriterien das Konzept zu bewerten sei.

Die Antragstellerin übersehe, dass die Definition der Anforderungen ausschließlich dem Ingerenzbereich des Auftraggebers zufalle. Dies gelte ebenso für die bestandsfesten Festlegungen im Leistungsverzeichnis. Auch in diesem Zusammenhang bekämpfe die Antragstellerin daher erneut bereits der Präklusion unterliegende Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen.

Eine Vernetzung im Bereich sozialer Betreuungsleistungen sei wesentlich, da bestehende Kontakte zu relevanten Einrichtungen und Organisationen sicherstellen würden, dass ein Dienstleister einen Überblick über die verfügbaren Angebote und Ressourcen habe und darauf im Anlassfall schneller und treffsicherer zugreifen könne. Dies sei insbesondere für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Unterstützungsorganisationen relevant, aber etwa auch für die bestmögliche Weiterbildung der eingesetzten Mitarbeiter oder die laufende Abstimmung mit den zuständigen Personen des Auftraggebers.

Im Kriterium „Weitere Lose", welches in keinem Zusammenhang oder Verhältnis mit dem Kriterium „Preis" stehe, sei hingegen lediglich die Frage zu behandeln, wie viele Lose angeboten worden seien. Hintergrund dieses Kriteriums seien die möglichen Synergien, die durch eine überregional einheitliche Betreuung entstehen würden, und die Vermeidung zusätzlicher Aufwände, die sich aus der Abstimmung mit mehreren Dienstleistern ergeben würden. Die bereits bestehende Vernetzung spiele in diesem Kriterium keine Rolle und sei auch nicht als Voraussetzung definiert, um mehrere Lose anbieten zu können. Es könne von einer Doppelverwertung keine Rede sein.

Die Behauptung einer doppelten Verwertung von Negativpunkten in diesen Kriterien sei schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil die Antragstellerin im Kriterium „Weitere Lose" die volle Punktezahl erhalten habe. Einen Punkteabzug in diesem Kriterium habe es daher nachweislich nicht gegeben.

Die Antragstellerin habe für alle Lose ein Angebot gelegt und habe in dem Kriterium „Weitere Lose" die volle Punkteanzahl erhalten. Sie könne daher von einer allfälligen Rechtswidrigkeit dieser Festlegung denkunmöglich beschwert seien. Der Vollständigkeit halber werde aber auch festgehalten, dass die Festlegung sachlich gerechtfertigt sei. Schließlich sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass bei Einhaltung des Ermessensspielraumes im Sinne des § 28 BVergG 2018 sich weder ein Anspruch auf losweise Vergabe noch auf Gesamtvergabe eines Auftrags ableiten lasse.

Die Antragstellerin übersehe, dass neben der Definition der Anforderungen des Leistungsgegenstandes auch die Vornahme der Gewichtung der einzelnen Kriterien ausschließlich dem Ingerenzbereich des Auftraggebers zufalle. Auch in diesem Zusammenhang bekämpfe die Antragstellerin daher erneut bereits der Präklusion unterliegende Bestimmungen der Ausschreibungsunterlagen.

Des Weiteren sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass ihre dahingehenden Vorwürfe, wonach ein Bieter bereits für die Abgabe eines Konzeptes automatisch Punkte bekommen würde, nicht den wahren Gegebenheiten entsprechen würden.

Ein Konzept ohne einen über die Mindestanforderungen hinausgehenden Mehrwert hätte daher keine Punkte erhalten. Schließlich sei der Antragstellerin zu entgegnen, dass es sich hierbei um rein theoretische Ausführungen handle und diese ohne jeden Bezug zur angefochtenen Entscheidung stehen würden, zumal in allen Losen Angebote mit einer hohen Qualitätswertung ausgewählt worden seien.

5. Mit Schreiben vom 1. Juli 2021 übermittelte die Antragstellerin eine weitere Stellungnahme und nahm sowohl zu den Ausführungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom 14. Juni 2021 als auch zu den Ausführungen des Auftraggebers vom 18. Juni 2021 Stellung.

Bezüglich den Ausführungen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin führte die Antragstellerin insbesondere Folgendes aus:

Zwischen der Antragstellerin und Dr. XXXX (im Folgenden Mitarbeiter 1) habe zwischen dem 1. August 2009 und dem 31. März 2021 (sohin mehr als zehn Jahre) ein aufrechtes Dienstverhältnis bestanden, und zwar sei der Mitarbeiter 1 als Koordinator für die Fachassistenz im Autismusbereich zuständig gewesen. Der Mitarbeiter 1 habe den Vorstand der Antragstellerin am 10. Februar 2021 über die am 29. Jänner 2021 bekanntgemachte Ausschreibung informiert. Noch am selben Tag sei der Mitarbeiter 1 in den Krankenstand gegangen und dies habe sich auch nicht mehr bis zum 31. März 2021 geändert. E-Mail- und SMS-Korrespondenzen zwischen der Antragstellerin und ihrem ehemaligen Dienstnehmer würden zeigen, dass die Antragstellerin im Vertrauen auf ihren langjährigen Mitarbeiter bis zu seiner Kündigung am 22. Februar 2021 (zugestellt am 24. Februar 2021) ein eigenständiges Tätigwerden in Bezug auf die Ausschreibung unterlassen habe. Nach der Kündigung durch den Mitarbeiter 1 seien der Antragstellerin noch rund sechs Tage verblieben, um bis zur Angebotsfrist am 2. März 2021 ein Angebot zu erstellen.

Die Antragstellerin hege bereits seit längerem die Vermutung, dass der Mitarbeiter 1 möglicherweise das Konzept für die präsumtive Zuschlagsempfängerin geschrieben habe. Da die Angebotsfrist am 2. März 2021 geendet habe und der Mitarbeiter 1 bis zum 31. März 2021 bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei, würde dies bedeuten, dass der Mitarbeiter 1 für zwei Bieter im Vergabeverfahren gleichzeitig tätig gewesen sei. Der Mitarbeiter 1 sei jedoch noch im Zeitpunkt der Angebotsöffnung bei der Antragstellerin angestellt gewesen. Im Rahmen dieser vermuteten Doppelgleisigkeit seien möglicherweise Informationen über Angebotsinhalte weitergegeben worden. Sollte sich diese Vermutung bewahrheiten, so hätte der Mitarbeiter 1 seine Fürsorgepflichten gegenüber seiner Arbeitgeberin gröblich verletzt und dies möglicherweise unter dem Mitwissen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass im Zuge dieses Vorgehens auch Angebotsinhalte bzw. Informationen der Antragstellerin weitergegeben und bei der Angebotserstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin berücksichtigt worden seien. Diese Umstände würden aufgrund der möglichen Weitergabe von Angebotsinhalten zu einer so groben Wettbewerbsverzerrung führen, dass eine Bestbieterermittlung im gegenständlichen Verfahren unmöglich gewesen sei, weshalb der Ausschlussgrund des § 78 Abs 1 Z 5 und Z 11 lit b BVergG 2018 vorliege. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei somit jedenfalls auszuscheiden. Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Mitarbeiter 1 in ihrer Stellungnahme nunmehr als Koordinator namhaft mache, erhärte nur die bereits vorgebrachten Verdachtsmomente. Es sei nicht anzunehmen, dass der Mitarbeiter 1 bereits als Koordinator im Angebot namhaft gemacht worden sei, da dies ein schriftlicher Beweis für die von der Antragstellerin vermutete Doppelgleisigkeit des Mitarbeiters 1 wäre.

Neben dem Mitarbeiter 1 gebe es noch weitere (ehemalige) Dienstnehmer der Antragstellerin, die möglicherweise ebenfalls trotz aufrechten Dienstverhältnisses zur Antragstellerin am Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin oder der XXXX (im Folgenden Bieterin 2) mitgewirkt hätten und (zumindest) in der kritischen Phase der Angebotsfrist ebenfalls wie der Mitarbeiter 1 krankgeschrieben gewesen seien.

Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin den Mitarbeiter 1 als Koordinator namhaft mache, gebe es aus Sicht der Antragstellerin nur zwei Möglichkeiten:

Die erste Möglichkeit bestehe darin, dass der Mitarbeiter 1 bereits im Angebot als Koordinator namhaft gemacht worden sei. Teil dieses Eignungsnachweises sei im Vergabeverfahren die Namhaftmachung eines Koordinators als Schlüsselperson gewesen. Die Eignungskriterien müssten spätestens zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorliegen und dürften in Folge nicht wieder verloren gehen.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin führe selbst an, mit dem Mitarbeiter 1 für den Fall der Zuschlagserteilung ein Dienstverhältnis zu begründen, dh sie gebe zu, dass derzeit und somit auch im Zeitpunkt der Angebotsöffnung kein aufrechtes Dienstverhältnis mit dem Mitarbeiter 1 bestehe bzw. bestanden habe.

Da der Mitarbeiter 1 somit kein Mitarbeiter der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gewesen sei, hätte er jedenfalls als eignungsrelevanter Subunternehmer im Angebot genannt werden müssen. Falls dies nicht erfolgt sei, liege ein unbehebbarer Mangel vor, weil die Nachnominierung von eignungsrelevanten Subunternehmern unzulässig sei.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe daher eine Schlüsselperson angegeben, zu der sie im Zeitpunkt der Angebotslegung in keinem aufrechten Dienstverhältnis gestanden habe. Es sei zu vermuten, dass sie den Mitarbeiter 1 auch nicht als Subunternehmer angegeben habe, und selbst wenn sie dies getan habe, wäre eine Weitergabe an den Mitarbeiter 1 als Subunternehmer gemäß Punkt 4.2.1 nicht möglich gewesen.

Zum eignungsrelevanten Zeitpunkt habe jedenfalls kein aufrechtes Dienstverhältnis vorgelegen, weshalb das Eignungskriterium nicht erfüllt worden sei. Die festgelegte Möglichkeit in den Ausschreibungsbedingungen den Koordinator erst im Zuschlagsfall im Ausmaß von zumindest zehn Wochenstunden anzustellen, ändere nichts daran, dass die Eignungsanforderungen im eignungsrelevanten Zeitpunkt erfüllt sein müssen und dass die Leistung des Koordinators nicht an Subunternehmer vergeben werden dürfe. Das bedeute, dass der Koordinator im eignungsrelevanten Zeitpunkt jedenfalls bereits beim Bieter beschäftigt sein müsse. Dieses Beschäftigungsverhältnis dürfe zwar geringfügig und unter zehn Wochenstunden seien. Es müsse aber jedenfalls ein aufrechtes (wenn auch geringfügiges) Beschäftigungsverhältnis bestehen, das im Auftragsfall (gegebenenfalls) auf zumindest zehn Wochenstunden zu erhöhen gewesen sei.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei offenkundig im Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht in der Lage gewesen, die Leistung zu erbringen, wenn sie einen eignungsrelevanten Koordinator angebe, mit dem sie erst nach Zuschlagserteilung einen Vertrag abschließen wolle und den sie auch nicht als Subunternehmer einsetzen dürfe. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe zum eignungsrelevanten Zeitpunkt offenbar nicht selbst über das bestandsfest festgelegte entsprechend qualifizierte Personal verfügt, weshalb es ihr an der technischen Leistungsfähigkeit mangle. Das Angebot sei daher aus diesem Grund auszuscheiden.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin sei daher im Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht geeignet und sei daher auszuscheiden.

Die zweite Möglichkeit bestehe darin, dass nicht der Mitarbeiter 1, sondern eine andere Person als Koordinator im Angebot genannt worden sei, die tatsächlich auch bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschäftigt sei. In diesem Fall liege aber eine unzulässige Angebotsänderung bzw. ein Widerspruch gegen die bestandsfesten Festlegungen vor, wenn die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine Schlüsselperson im Angebot nenne, die jedoch (laut Stellungnahme der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) gar nicht für die Auftragsausführung herangezogen werde. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei auch aus diesem Grund auszuscheiden.

Dass ein solcher Wechsel des Koordinators gemäß Randziffer 78 des Rahmenvertrags mit Zustimmung des Auftraggebers möglich sei, sei irrelevant, weil diese Bestimmung nur für die Auftragsabwicklung gelte und nicht für das noch nicht abgeschlossene Vergabeverfahren. Ein Austausch von eignungsrelevanten Schlüsselpersonen sei als Angebotsänderung zu qualifizieren, die nach der Angebotsfrist nicht zulässig sei. Ein Wechsel des Koordinators entspreche daher einer unzulässigen Angebotsänderung im laufenden Vergabeverfahren, die zum zwingenden Ausscheiden der präsumtiven Zuschlagsempfängerin führe.

Die Antragstellerin vermute, dass XXXX , (im Folgenden Mitarbeiterin 2) im Angebot der Bieterin 2 genannt worden sei. Die Mitarbeiterin 2 sei nach wie vor in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Antragstellerin. Als langjährige Mitarbeiterin kenne sie auch den Mitarbeiter 1. Es sei daher nicht auszuschließen, dass es hier auch zu einem Informationsaustausch zwischen zwei langjährigen Arbeitskollegen in Bezug auf die Ausschreibung gekommen sei bzw. eventuell Preisabsprachen vorgenommen worden seien. Als Indiz dafür könne der äußerst nah beieinanderliegende Preis der beiden Bieterinnen genannt werden. Die Antragstellerin vermute, dass diese Preisabsprachen erfolgt seien, um möglichst viele Punkte bei der Preisbewertung erreichen zu können und somit sicherzustellen, dass nur einer der beiden Bieter den Zuschlag erhalten würde.

Es liege daher die Vermutung nahe, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Zeitpunkt der Angebotsöffnung nicht geeignet gewesen sei, die angebotene Leistung zu erbringen, da das Personal zu diesem Zeitpunkt noch bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sei bzw. derzeit noch bei der Antragstellerin beschäftigt sei. In diesem Fall liege der Ausschlussgrund des § 78 Abs 1 Z 11 BVergG 2018 vor; das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wäre daher auszuscheiden gewesen.

Gewissermaßen gebe die präsumtive Zuschlagsempfängerin die von der Antragstellerin behauptete Vorgehensweise selbst zu, wenn sie vorbringe, dass sie bereit sei „im Fall der Zuschlagserteilung die insbesondere in Wien derzeit tätigen Assistenten anzusprechen und zu übernehmen.“

Es liege die Vermutung nahe, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nunmehr versuche, sich hier ein neues Standbein aufzubauen. Im Gegensatz dazu verfüge die Antragstellerin über jahrzehntelange Erfahrungswerte und Referenzen für die gegenständliche Leistungsausschreibung. Sofern die präsumtive Zuschlagsempfängerin sich hier also „großzügig“ bereit erklärt habe, die Dienstnehmer der Antragstellerin zu übernehmen „[...] sodass die Jugendlichen ihren gewohnten Ansprechpartner behalten können" sei ihr zu entgegnen, dass die Antragstellerin wohl davon ausgehe, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin ohne die Dienstnehmer der Antragstellerin die Leistung gar nicht erbringen könne und dies auch bereits im Zeitpunkt des Endes der Angebotsfrist nicht der Fall gewesen sei. Der präsumtiven Zuschlagsempfängerin fehle daher die nötige Eignung, weil sie gar nicht über ausreichend qualifiziertes Personal für die Erbringung der Leistung verfüge. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass in diesem Zusammenhang keine vertiefte Angebotsprüfung erfolgt sein dürfte, andernfalls das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausgeschieden bzw. ausgeschlossen worden wäre.

Sollte sich die von der Antragstellerin vermutete Sachlage erhärten, so sei offenkundig, dass eine Bestbieterermittlung nicht möglich gewesen sei, da die Konzeptbewertung anhand einer massiven Wettbewerbsverzerrung erfolge. Weiters wäre das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in diesem Fall aufgrund der fehlenden Eignung sowie der unrichtigen Angaben im Angebot vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuschließen.

Da die Antragstellerin sämtliche geforderte Inhalte des Konzepts vorweisen könne, sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin für die im Kriterium 2b – Konzeptbewertung nicht die volle Punkteanzahl erlangt habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, wie andere Bieter eine höhere Punkteanzahl in diesem Kriterium erlangt haben hätten können, wenn diese nicht dieselben Erfahrungen und insbesondere nicht die Sicherstellung der qualitativen Leistungserbringung in vergleichbarer Weise wie die Antragstellerin vorweisen könnten. Offenkundig seien wichtige Punkte im eingereichten Konzept von der Kommission nicht berücksichtigt worden. Die Antragstellerin hätte daher die volle Punkteanzahl für die Konzeptbewertung erhalten sollen.

Gleichzeitig hätte das Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin niedriger bewertet werden müssen. Die Antragstellerin vermute, dass die Kommission nicht geprüft habe, ob die konzeptionellen Ausführungen tatsächlich von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Zeitpunkt der Angebotsfrist umsetzbar sei und ob die präsumtive Zuschlagsempfängerin über das für die Umsetzung nötige Personal (zB AHS-Fachassistentinnen und Koordinator, fachlich befugte Abteilungsleiter bzw. überhaupt über eine Abteilung für AHS-Fachassistenz für Schüler im Autismus-Spektrum) tatsächlich im Zeitpunkt der Angebotsfrist bereits verfüge. Dieses Personal sei aber für die tatsächliche Leistungserbringung nötig.

Da die präsumtive Zuschlagsempfängerin offensichtlich angeboten habe, die „Koordination und Umsetzung“ durch die Landesorganisationen abzuwickeln, handle es sich bei den Landesorganisationen um eignungsrelevante Subunternehmer, welche alle im Angebot zu nennen und auch zu prüfen gewesen seien. Sämtliche eignungsrelevanten Subunternehmer seien laut den Festlegungen bereits im Angebot namhaft zu machen gewesen. Die fehlende Bekanntgabe eignungsrelevanter Subunternehmer bilde einen nicht verbesserbaren Mangel.

Abgesehen davon habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin offenbar ein unbestimmtes Angebot abgegeben, wenn sie sich vorbehalte die Leistung selbst zu erbringen oder einen Subunternehmer damit zu beauftragen.

Offensichtlich wisse die präsumtive Zuschlagsempfängerin selbst nicht, wie die verfahrensgegenständlichen Leistungen genau erbracht werden sollen. Es sei daher nicht vorstellbar, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin in der Lage gewesen sei, die genannten Punkte so einwandfrei darzulegen, dass dafür die volle Punktezahl zu erteilen gewesen sei. Es liege daher ein spekulatives Angebot vor, da eine nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (spekulative Preisgestaltung) gegeben sei. Ein solches Angebot sei auszuscheiden.

6. Am 8. Juli 2021 erstattete die präsumtive Zuschlagsempfängerin eine weitere Stellungnahme, in welcher im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde:

Das Vorbringen der Antragstellerin dahingehend, dass der Mitarbeiter 1 während des aufrechten Dienstverhältnisses mit der Antragstellerin an der Konzeptausarbeitung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitgewirkt und im Zuge dessen Angebotsinhalte bzw. Informationen der Antragstellerin weitergegeben habe, ebenso, wie dass durch ihn Preisabsprachen getroffen worden sein sollen, werde bestritten.

Mit dem Mitarbeiter 1 sei lediglich eine Vereinbarung (in Form eines Vorvertrages) dahingehend getroffen worden, dass im Falle der Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Vergabeverfahren mit ihm ein Dienstverhältnis eingegangen werde und er als Projektkoordinator bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin tätig sein werde. Eine derartige Vereinbarung zu treffen sei auch während aufrechten Dienstverhältnisses zur Antragstellerin nicht unzulässig, zumal der geplante Abschluss der Rahmenvereinbarung laut Ausschreibungsunterlagen in die KW 25/2021 gefallen sei, sohin jedenfalls nach Austritt des Mitarbeiters 1 aus dem Unternehmen der Antragstellerin.

Die Antragstellerin verkenne die Bestimmung offenbar, wenn sie meine, der namhaft gemachte Koordinator müsse bereits im Zeitpunkt der Angebotslegung bei der Bieterin angestellt seien. Die Bestimmung sehe explizit die Möglichkeit vor, den namhaft gemachten Koordinator erst im Zuschlagsfall in ein Angestelltenverhältnis aufzunehmen.

Den Ausschreibungsunterlagen sei nicht zu entnehmen, dass der Koordinator zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits in einem Dienstverhältnis zur Bieterin stehen müsse. Die Bestimmung, dass die Schlüsselperson „beim bietenden Unternehmen angestellt sein“ müsse, sei offenkundig so zu verstehen, dass der Koordinator (in dieser Funktion, dh ab Abschluss der Rahmenvereinbarung) nicht bei einem Subunternehmen oder als Subunternehmer beschäftigt sein bzw. im Zuschlagsfall nicht in ein solches Angestelltenverhältnis bei einem Subunternehmen aufgenommen werden dürfe.

Überdies sei in Randziffer 94 der Ausschreibungsbedingungen als Nachweis für das Schlüsselpersonal (Koordinator) entweder der Nachweis über das laufende Anstellungsverhältnis am Tag der Angebotsöffnung nicht älter als drei Monate oder die Erklärung des Unternehmens (Bieters) und der Person (Koordinator), ein solches Angestelltenverhältnis einzugehen, vorgesehen. Auch daraus ergebe sich, dass ein Anstellungsverhältnis zum Zeitpunkt der Angebotslegung noch nicht aufrecht bestehen müsse.

Die Ausschreibungsbestimmungen würden dementsprechend gerade nicht verlangen, dass der Koordinator zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits beim Bieter beschäftigt sein müsse. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe trotz weitwendiger Versuche der Antragstellerin, das angeführte Eignungskriterium anders auszulegen, den geforderten Nachweis ausschreibungskonform erbracht.

Die Antragstellerin widerspreche sich in ihren Überlegungen zudem selbst, wenn sie ausführe, der Mitarbeiter 1 hätte als eignungsrelevanter Subunternehmer genannt werden müssen, da explizit in der zitierten Bestimmung ausgeschlossen werde, dass der Koordinator als Subunternehmer genannt werden dürfe.

Die Antragstellerin verkenne, dass es für die erfolgreiche Teilnahme an einem Vergabeverfahren nicht notwendig sei, dass ein Bieter bereits im Zeitpunkt der Angebotsabgabe sämtliches zur Erbringung der ausgeschriebenen Leistung notwendige Personal in einem aufrechten Dienstverhältnis beschäftigt habe. Dies würde einen unverhältnismäßigen Aufwand für den Bieter bedeuten, da dieser das vorgehaltene Personal in dem Fall, dass er den Zuschlag nicht erhalte, höchstwahrscheinlich nicht auslasten könnte. Es sei daher im Vergabeverfahren ausreichend, wenn der Bieter schlüssig darlegen könne, dass er das benötigte Personal zeitgerecht verfügbar haben werde.

Es werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Darstellung der Antragstellerin, die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre überhaupt nicht im Stande die Leistung zu erbringen, wenn sie nicht das Personal der Antragstellerin übernehme, unrichtig sei. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge über ein dichtes bundesweites Netzwerk an Betreuungsangeboten und Personal, auf dessen Basis die Umsetzung der ausgeschriebenen Leistung erfolgen werde. Die Übernahme von Personal der Antragstellerin wäre überdies praktisch nur in Wien möglich und diene in erster Linie dem Interesse der bislang durch die Mitarbeiter der Antragstellerin betreuten Kinder, bei ihren gewohnten Ansprechpartnern zu bleiben.

Zur Wahrung der betrieblichen Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin werde eine genauere Darstellung zur abgegebenen Konzeptausarbeitung nicht vorgenommen, da die detaillierte Darlegung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Verfahren nicht erforderlich sei.

Die Antragstellerin bringe vor, die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe eignungsrelevante Subunternehmer nicht bekanntgegeben. Dieses Vorbringen sei unrichtig. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe sämtliche Subunternehmer, die durch sie im Rahmen der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen, ordnungsgemäß namhaft gemacht, wobei es sich nicht um eignungsrelevante Subunternehmer, sondern um zweckmäßige Subunternehmer handle.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle sämtliche Eignungskriterien und habe ein vollständiges, schlüssiges und vergaberechts- sowie ausschreibungskonformes Angebot abgegeben. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher jedenfalls nicht auszuscheiden gewesen.

7. Am 9. Juli 2021 erstattete der Auftraggeber eine weitere Stellungnahme, in welcher dieser auf das Vorbringen der Antragstellerin in deren Stellungnahme vom 1. Juli 2021 replizierte.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 15. Juli 2021 im Beisein der Antragstellerin, des Auftraggebers und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie deren Rechtsvertretern eine öffentlich mündliche Verhandlung durch.

9. Am 16. September 2021 erstattete die Antragstellerin eine weitere Stellungnahme, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Mitarbeiter 1 im Zeitpunkt der Angebotserstellung als (Einzel)Unternehmer bzw. Subunternehmer der präsumtiven Zuschlagsempfängerin tätig gewesen sein müsse, mit der laut dem vorliegenden Beweisergebnissen zumindest ein Vorvertrag abgeschlossen worden sei und es sich bei Absprachen zwischen dem Mitarbeiter 1 und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um solche zwischen Unternehmern gehandelt habe. Die Antragstellerin vermute, dass die Angebotslegung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Bieterin 2 in Abstimmung mit dem XXXX (im Folgenden XXXX ) erfolgt sei. Vermutlich sollte die Leistung des gegenständlichen Vergabeverfahren tatsächlich über XXXX abgewickelt werden und nicht durch die genannten Bieter selbst. Durch das sittenwidrige Abwerben der Mitarbeiter der Antragstellerin liege auch eine schwere berufliche Verfehlung im Sinne des § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 vor. Zudem liege nicht nur ein tatbestandsmäßiges Verhalten im Sinne des § 1 UWG, sondern auch ein abgestimmtes Zusammenwirken im Sinne des § 78 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 vor, welches den lauteren Wettbewerb beeinträchtigt habe. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass der Mitarbeiter 1 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin verwendet habe, als er zur Konzepterstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beigezogen worden sei. Damit habe der Mitarbeiter 1 ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitgeteilt und so der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erst ermöglicht, am Vergabeverfahren teilzunehmen.

10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 17. September 2021 im Beisein der Antragstellerin, des Auftraggebers und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sowie deren Rechtsvertretern eine öffentlich mündliche Verhandlung durch.

11. Am 23. September 2021 replizierte die präsumtive Zuschlagsempfängerin auf die Ausführungen in der Stellungnahme der Antragstellerin vom 16. September 2021; der Auftraggeber gab mit Schreiben vom 24. September 2021 eine Stellungnahme zu den Ausführungen in der Stellungnahme der Antragstellerin vom 16. September 2021 ab.

12. Am 30. September 2021 langte eine weitere Stellungnahme der Antragstellerin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher zusammengefasst festgehalten wurde, dass eine E-Mail-Korrespondenz eindeutig zeige, dass der Mitarbeiter 1 sehr wohl Kenntnis von den Plänen zur Teilnahme am Vergabeverfahren der Antragstellerin gehabt habe, zumal ihm die wirtschaftliche Wichtigkeit dieses Projektes für die Antragstellerin bestens bekannt gewesen sei. Warum er dies in der Verhandlung am 17. September 2021 anders wiedergegeben habe, bleibe offen.

Es sei festzuhalten, dass weder XXXX (im Folgenden Mitarbeiterin 3) noch XXXX (im Folgenden Mitarbeiterin 4) die erforderlichen praktischen Berufserfahrungen in der AHS-Fachassistenz aufweisen würden und daher keinesfalls in der Lage gewesen seien, alleine oder mit Hilfe von XXXX (im Folgenden Psychiaterin) das Konzept in einer Qualität zu erstellen, das von allen Jurymitgliedern alle erreichbaren Punkte für die Qualitätsbewertung erhalte. Vielmehr liege das koordinierte Vorgehen der Mitarbeiter von der XXXX (die Psychiaterin, die Mitarbeiterin 3 und die Mitarbeiterin 4) mit dem Mitarbeiter 1 auf der Hand, auch wenn es von den Zeugen nicht bestätigt worden sei. Da alle Genannten bei der Antragstellerin gearbeitet hätten, sei das Knowhow direkt an die präsumtive Zuschlagsempfängerin geflossen.

Falls das Konzept dennoch von den drei erwähnten Personen verfasst worden sei, sei festzuhalten, dass damit das Konzept der präsumtiven Zuschlagempfängerin nicht von ihr stamme, sondern von einem anderen Unternehmen, nämlich von XXXX . Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre daher jedenfalls auszuscheiden gewesen, weil sie ein Konzept abgegeben habe, das nicht von ihr stamme, weshalb ein Widerspruch zu den Ausschreibungsunterlagen vorliege.

Darüber hinaus sei nochmals auf den geringen Preisunterschied von 10 Cent zwischen den Konzepten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Bieterin 2 hinzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Ausschreibung

1.1.1. Der Auftraggeber schrieb unter der Bezeichnung „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ einen Dienstleistungsauftrag nach dem Bestangebotsprinzip im Oberschwellenbereich aus. Es erfolgte eine Unterteilung in neun Lose.

Der Auftraggeber veröffentlichte die Ausschreibung am 29.01.2021 in Österreich und im Amtsblatt der Europäischen Union am 01.02.2021 zur Ausschreibungsnummer 2021/S 021-050188. Der Auftraggeber führt dieses Verfahren als offenes Verfahren durch.

1.1.2. Die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen lauten auszugsweise wie folgt:

„4.2.1 Allgemeine Regelungen

[…]

56 Die Weitergabe des gesamten Auftrages und die Weitergabe von kritischen Leistungsteilen [sind] jedoch unzulässig. Von dieser Bestimmung ausgenommen sind Kaufverträge und die Weitergabe an verbundene Unternehmen gem. § 2 Z 40 BVergG 2018.“

[…]

5.3 Technische Leistungsfähigkeit

[…]

Schlüsselpersonal

[…]

87 Der Koordinator muss in einem Angestelltenverhältnis zum Bieter im Ausmaß von zumindest 10 Wochenstunden stehen oder ist im Zuschlagsfall in ein solches aufzunehmen und ist jedenfalls vom Bieter gemäß Punkt 5.3.2 zu nennen. Gemäß RZ 56 muss die Schlüsselperson beim bietenden Unternehmen (Bieter oder Mitglied der Bietergemeinschaft) angestellt sein. Der Koordinator darf daher nicht als bzw. bei einem Subunternehmer beschäftigt sein.

[…]

5.3.2 Nachweise

[…]

94 Schlüsselpersonal

 Vollständig ausgefülltes Formblatt Eignung

 Aktueller Lebenslauf des namhaft gemachten Koordinators

 Nachweis über das laufende Anstellungsverhältnis (bspw. Auszug/Anmeldebestätigung des Sozialversicherungsträgers) am Tag der Angebotsöffnung nicht älter als 3 Monate, oder Erklärung des Unternehmens und der Person, ein solches Angestelltenverhältnis einzugehen

[…]

6.4.1. Zuschlagskriterien

139 Die Bewertung erfolgt nach dem Bestangebotsprinzip unter Zugrundelegung folgender Zuschlagskriterien, der Rahmenvertrag wird daher je Los mit jenem nicht auszuscheidenden Bieter geschlossen, dessen Angebot insgesamt die höchste Punktezahl erreicht hat.

 

Kriterium

Max. Gesamtpunkte

1

Preis

60

2

Qualität

40

a)

Weitere Lose

16

b)

Konzeptausarbeitungen

24

   

6.4.2. Preis

140 Im Zuschlagskriterium 1 (Preis) werden die Punkte wie folgt vergeben:

141 Das Angebot mit dem geringsten bewertungsrelevanten Gesamtpreis erhält 100 Preispunkte. Je Prozent höherem Preis werden 0,5 Preispunkte abgezogen, das Ergebnis fließt mit 60 % Gewichtung in die Bewertung ein, es sind daher maximal 60 Gesamtpunkte zu erreichen. Die Ermittlung erfolgt auf zwei Kommastellen kaufmännisch gerundet.

6.4.3 Weitere Lose

142 Im Zuschlagskriterium 2a (Weitere Lose) werden die Punkte wie folgt vergeben:

• Sofern ein Unternehmer für zwei Lose ein Angebot legt, werden 2 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für drei Lose ein Angebot legt, werden 4 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für vier Lose ein Angebot legt, werden 6 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für fünf Lose ein Angebot legt, werden 8 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für sechs Lose ein Angebot legt, werden 10 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für sieben Lose ein Angebot legt, werden 12 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für acht Lose ein Angebot legt, werden 14 Punkte vergeben.

• Sofern ein Unternehmer für neun Lose ein Angebot legt, werden 16 Punkte vergeben.

143 Dieses Kriterium ist mittels entsprechenden Angeboten im Preisblatt nachzuweisen. Die erreichten Punkte errechnen sich im Preisblatt automatisch.

6.4.4 Konzeptausarbeitungen

144 Im Zuschlagskriterium 2b (Konzeptausarbeitungen) werden die Punkte wie folgt vergeben:

145 Es ist ein Konzept vorzulegen, in dem dargestellt wird, wie die Erbringung von Assistenzleistungen für psychisch beeinträchtigte Personen - insbesondere für Schülerinnen und Schüler mit Autismus-Spektrum Störungen - qualitativ hochwertig und auf allen Seiten (Auftraggeber, Auftragnehmer, Assistenten, Stakeholder wie Schulen, etc) nachhaltig sichergestellt werden kann. Darzulegen ist, wie die Rekrutierung von geeignetem Personal erfolgen soll, in welchem Ausmaß und zu welchen Inhalten Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, und wie eine begleitende Supervision seitens der Auftragnehmer sichergestellt wird. Darüber hinaus sind Maßnahmen zu beschreiben, die einem häufigen Wechsel vom Assistenzpersonal vorbeugen sollen. Anzuführen sind auch Überlegungen zur Gestaltung der Kommunikation zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber sowie den Schulstandorten, an denen die Leistungen der Assistenten erbracht werden und eine allfällige Zusammenarbeit mit außerschulischen Unterstützungsstrukturen. Es ist außerdem darzulegen, welche Maßnahmen die Organisation auf allen Ebenen (hinsichtlich Organisations- und Personalentwicklung) setzt, um die Leistungserbringung kontinuierlich zu verbessern.

146 Das Konzept darf maximal 10 A4-Seiten (Schriftart Times New Roman, Schriftgröße 11,5 Pt.) umfassen.

147 Es ist ein Gesamtkonzept pro Bieter abzugeben, unabhängig von der Anzahl der angebotenen Lose.

148 Die Angebote der Bieter werden inhaltlich von einer Kommission bewertet. Die Kommission besteht aus mindestens 3 fachkundigen Personen.

149 Jedes Kommissionsmitglied gibt eine getrennte Punktebewertung und verbale Beurteilung ab. Gewertet wird der Durchschnitt aller Kommissionsmitglieder.

150 Für jedes Subkriterium können jeweils zwischen 0 und 24 Punkte nach folgendem Schema vergeben werden:

0 Punkte: kein Konzept abgegeben bzw. unzureichender Erfüllungsgrad, kein Mehrwert erkennbar

4 Punkte: unterdurchschnittlicher Erfüllungsgrad, geringer Mehrwert erkennbar

9 Punkte: durchschnittlicher Erfüllungsgrad, einzelne Punkte als Mehrwert erkennbar

14 Punkte: gut erfüllt, überwiegend als Mehrwert erkennbar sehr gut erfüllt

19 Punkte: größtenteils als Mehrwert erkennbar bestmöglich erfüllt

24 Punkte: überdurchschnittlicher Mehrwert erkennbar

6.4.6. Bekanntgabe der Bewertungsergebnisse

156 Im Zuge der Bekanntgabe der Entscheidung, mit welchem Unternehmen der Rahmenvertrag abgeschlossen werden soll, werden den nicht berücksichtigten Bietern insbesondere folgende Informationen bekannt gegeben:

• Der Name des erfolgreichen Bieters

• Der bewertungsrelevante Gesamtpreis des erfolgreichen Angebotes

• Die Punktewertung des eigenen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium

• Die Punktewertung des erfolgreichen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium, ausgenommen die verbale Begründung der Punktevergabe im Kriterium 2b, da diese für ihre Nachvollziehbarkeit die Offenlegung des Konzeptes erfordern würde

157 Zum Schutz öffentlicher Interessen bzw. berechtigter Geschäftsinteressen der Bieter werden folgende Informationen nicht bekannt gegeben:

• Personenbezogene Daten des Bieters bzw. der Mitarbeiter und Kunden des Bieters

• Die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission“

1.2. Zum Angebot der Antragstellerin

Die Antragstellerin beteiligte sich rechtzeitig am vorliegenden Vergabeverfahren durch die Abgabe eines Angebotes am 1. März 2021.

Das Angebot der Antragstellerin wurde vom Auftraggeber nicht ausgeschieden.

Die Antragstellerin ist in den Losen der gegenständlichen Vergabe an folgenden Stellen gereiht:

XXXX

Selbst bei Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel wäre die Antragstellerin in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen.

1.3. Zu den Angebotssummen

Im vorliegenden Verfahren wurden von folgenden Bietern Angebote mit den folgenden Angebotssummen gelegt:

Los 1:

von der Bieterin 1: XXXX

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX ,--

von der Bieterin 2: EUR XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX ,--

Los 2:

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX ,--

von der Bieterin 2: XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX ,--

von der XXXX

Los 3:

von der Bieterin 1: XXXX

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX ,--

Los 4:

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX

Los 5:

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX

Los 7:

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: EUR XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX

Los 8:

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: XXXX

Los 9:

von der Bieterin 1 XXXX

von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin: XXXX

von der Bieterin 2 XXXX

von der Antragstellerin: EUR XXXX

1.4. Zur vertieften Angebotsprüfung

Der Auftraggeber führte betreffend die Lose 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8 und 9 im gegenständlichen Fall keine vertiefte Angebotsprüfung durch.

1.5. Zum Stand des Vergabeverfahrens

Am 28. Mai 2021 übermittelte der Auftraggeber an die Antragstellerin die hier gegenständliche Zuschlagsentscheidung, welche auszugsweise wie folgt lautet:

„Sie haben zu dem Vergabeverfahren ‚Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen‘ BBG-GZ. 5192.03745, ein Angebot für die nachstehenden Lose gelegt:

Der Auftraggeber beabsichtigt aufgrund der Ergebnisse der Bestbieterermittlung, den Zuschlag an folgendes Unternehmen zu erteilen:

Konzeptausarbeitung:

Entsprechend den Festlegungen in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen werden Ihnen in den untenstehenden Tabellen die detaillierte Punktebewertung sowie die jeweiligen verbalen Begründungen im Zuschlagskriterium der Konzeptausarbeitung bekannt gegeben:

 

 

[…]“

Der Auftraggeber hat das Vergabeverfahren weder widerrufen noch den Zuschlag erteilt.

Die Antragstellerin bezahlte die entsprechenden Pauschalgebühren.

1.6. Zur Erstellung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin

Der Mitarbeiter 1 war Mitarbeiter der Antragstellerin und kündigte mit Schreiben vom 22. Februar 2021 (eingelangt am 24. Februar 2021) bei der Antragstellerin.

Der Kontakt zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und dem Mitarbeiter 1 wurde durch eine dritte Person, die Psychiaterin, eingeleitet und nicht von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin.

Der Mitarbeiter 1 leistete in inhaltlicher Sicht keinen Beitrag zur Erstellung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin versuchte auch nicht, den Mitarbeiter 1 dazu anzuhalten einen inhaltlichen Beitrag zu leisten oder Informationen hinsichtlich der Antragstellerin preiszugeben.

Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hatte keine Kenntnis, dass Mitarbeiterinnen der Antragstellerin an der Erstellung des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitwirkten.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie den Auskünften, die nur der Auftraggeber erteilen kann.

Die Echtheit und Richtigkeit der herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Diese Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche in den Unterlagen traten nicht auf.

Die Feststellung, dass die Antragstellerin auch unter Zugrundelegung der Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre, ergibt sich insbesondere aus den Ausführungen der Antragstellerin in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. Seite 5 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2021, arg. „VR: Sie haben zum Los 9 ausgeführt, dass nach Ausscheiden der billigsten Bieter und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sich etwas ändert. Würde unter Ihrer Berechnung des Preises und Wegfall des billigsten Angebotes bei der Berechnung Ihr Angebot vor dem präsumtiven liegen? – ASt: Es ist korrekt, dass wir auch unter Zugrundelegung unserer Berechnung der Preisformel und dem Ausscheiden des billigsten Angebotes im Los 9 nicht vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegen würden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre, aus unserer Sicht, wie in den Stellungnahmen ausgeführt, auszuscheiden gewesen. – VR: Betrifft dies alle Lose? – ASt: Ja. Wir wären unter Zugrundelegung unserer Berechnung in keinem Los vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegen.“).

Die Feststellung hinsichtlich der Angebotssummen basiert auf dem an alle Bieter versendeten Angebotsöffnungsprotokoll.

Aus den übereinstimmenden Aussagen von dem Mitarbeiter 1 und der Psychiaterin ergibt sich, dass der Kontakt zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und dem Mitarbeiter 1 durch eine dritte Person, und zwar die Psychiaterin, eingeleitet wurde und nicht von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin (vgl. dazu auch Seite 8 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021, arg. „Z1: Ich war seit einiger Zeit auf der Suche nach einer Berufsveränderung und habe unterschiedliche Organisationen kontaktiert und Gespräche geführt. Hinsichtlich [der präsumtiven Zuschlagsempfängerin], da war ich ca. im Jänner 2021. […] Z1: Zu [der präsumtiven Zuschlagsempfängerin] habe ich den Kontakt nicht aufgenommen, da wurde vermittelt. Zu anderen Organisationen habe ich den Kontakt aufgenommen. Man hat mich empfohlen bei [der präsumtiven Zuschlagsempfängerin] und so kam es zur Terminvereinbarung. Das war ein ganz allgemeines Gespräch, wo es darum ging, ob man eine gemeinsame Zusammenarbeit in irgendeiner Weise gestalten kann. – VR: Wer hat den Kontakt hergestellt? – Z1: Die Person, die sozusagen ein gutes Wort für mich eingelegt hat, war [die Psychiaterin].“).

Aus den zitierten Aussagen in der mündlichen Verhandlung lässt sich ableiten, dass der Mitarbeiter 1 keinen inhaltlichen Beitrag zur Erstellung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin leistete. Weiters ist auch klar zu erkennen, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht versuchte, den Mitarbeiter 1 dazu anzuhalten einen inhaltlichen Beitrag zu leisten (vgl. Seite 9 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021, arg. „VR: Sie haben also diese Vereinbarung unterschrieben. Hat es zusätzlich irgendeinen Auftrag an Sie gegeben, im Zusammenhang mit der ggst. Ausschreibung? – Z1: Nein, ich betone nochmals, dass ich im Krankenstand war, d.h. ich habe für niemanden eine Arbeitsleistung erbringen können, weil das physisch nicht möglich war, also ich habe für [die präsumtive Zuschlagsempfängerin] nichts zusätzlich geleistet.“). Glaubwürdig führte der Mitarbeiter 1 auch aus (vgl. Seite 10 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021), dass ihm das Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegt worden sei, „damit ich auch seriös sagen kann: ‚Ja, das kann ich bei einem Zuschlag auch tatsächlich umsetzen.‘, damit nicht Leistungen oder Forderungen darin enthalten sind, die ich nicht realistisch umsetzen kann.“ Aus den gesamten übereinstimmenden Aussagen kamen für das Bundesverwaltungsgericht keine Anhaltspunkte hervor, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin versucht hätte, im Wege des Mitarbeiters 1 vertrauliche Informationen im Zusammenhang mit der Antragstellerin zu erhalten, da er in das Verfahren zur Abgabe des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin inhaltlich nicht involviert war. Sein einziger diesbezüglicher Berührungspunkt bestand darin, dass der Mitarbeiter 1 das Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin dahingehend überprüfte, dass ihm eine Leistungserbringung auf Basis des Konzeptes nach allfälliger Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin möglich sein wird.

Nach der glaubwürdigen Aussage der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in der mündlichen Verhandlung hatte die präsumtive Zuschlagsempfängerin keine Kenntnis davon, dass Mitarbeiterinnen der Antragstellerin an der Erstellung des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitgewirkt hatten (vgl. Seite 21 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und zur formalen Zulässigkeit

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327 BVergG 2018, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrags handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über den oben wiedergegebenen Nachprüfungsantrag zu entscheiden. Somit liegt Senatszuständigkeit vor.

Auftraggeber im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist der Bund, vertreten durch den Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, vertreten durch die Bundesbeschaffung GmbH. Dieser ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 Z 1 BVergG 2018. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 7 BVergG 2018. Nach den Angaben des Auftraggebers beträgt der geschätzte Auftragswert exklusive Umsatzsteuer für die gesamten neun Lose EUR XXXX , sodass es sich gemäß § 12 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Im Anhang XVI BVergG 2018 sind die besonderen Dienstleistungsaufträge gemäß der §§ 151 und 312 BVergG 2018 aufgelistet. Die gegenständlich ausgeschriebene Dienstleistung „Bereitstellung von Assistenzleistungen für Schüler mit Autismus-Spektrum-Störungen an Bundesschulen“ fällt unbestritten und auch unzweifelhaft in den Bereich des Anhanges XVI (arg. „Dienstleistungen des Sozialwesens und zugehörige Dienstleistungen“).

Ergänzend dazu regelt § 151 Abs 1 BVergG 2018 welche Bestimmungen dieses Gesetzes für die Vergabe von besonderen Dienstleistungen gemäß Anhang XVI Geltung haben. Neben den in § 151 Abs 1 BVergG 2018 aufgelisteten Normen sind die allgemeinen vergaberechtlichen Grundsätze (Transparenz, Gleichbehandlung aller Bieter, Diskriminierungsverbot) zu beachten.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.

Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 28. Mai 2021 wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte. Ein Grund für eine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs 2 BVergG 2018 liegt nicht vor. Die Antragstellerin entrichtete die Pauschalgebühren in der erforderlichen Höhe.

Wenn der Auftraggeber nunmehr vorbringt, die Antragslegitimation der Antragstellerin sei nicht gegeben, da das Angebot der Antragstellerin aufgrund der Nichtreihung an zweiter Stelle selbst im Falle der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht als Rahmenvertragspartnerin in Betracht komme, weshalb der Antragstellerin die Antragslegitimation fehle, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

§ 342 Abs 1 BVergG 2018 sieht vor, dass ein Unternehmer bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen kann, sofern 1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrags behauptet, und 2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

In der Literatur heißt es dazu, dass bei Fehlen der Antragslegitimation der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen sei, jedoch der Gerichtshof der Europäischen Union klargestellt habe, dass auch das Unterlassen einer gebotenen Neuausschreibung einen Schaden darstellen könne, weil der Unternehmer seine Chance auf Erhalt des Auftrags im laufenden Vergabeverfahren oder bei Widerruf dieses Verfahrens in einem neuen Vergabeverfahren wahren könne und einem Bewerber oder Bieter das rechtlich geschützte Interesse am Ausscheiden auszuscheidender Angebote zustehe (vgl. Reisner in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer [Hrsg], BVergG 2018 – Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2019] § 342 Rz 10f mit Verweis auf EBRV 69 BlgNR XXVI. GP 196).

Vor diesem Hintergrund und dem Vorbringen der Antragstellerin, dass eine Bestbieterermittlung nicht möglich sei und das Vergabeverfahren zu widerrufen sei, geht das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf die Antragstellerin vom Vorliegen der Antragslegitimation aus.

Die Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 liegen daher bei der Antragstellerin bezüglich des Antrags auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vor. Die Antragstellerin wies ihr Interesse am Vertragsabschluss durch Abgabe des Angebotes nach und brachte das Vorliegen eines drohenden Schadens aufgrund des Erhalts der Zuschlagsentscheidung in Form von Aufwendungen für die Teilnahme am Vergabeverfahren plausibel vor.

Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin weder ausgeschieden wurde noch für das Bundesverwaltungsgericht auf Basis des Vergabeaktes ein Ausscheidensgrund hervorkam, ist die Antragstellerin zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung legitimiert.

3.2. Anzuwendendes Recht

3.2.1. § 28 Abs 1 VwGVG („Erkenntnisse“), BGBl I Nr 33/2013, lautet wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

3.2.2. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65, lauten:

„§ 2 Begriffsbestimmungen

„§ 2

[…]

40. Verbundene Unternehmen sind Unternehmen gemäß § 189a Z 8 des Unternehmensgesetzbuches – UGB, dRGBl. S 219/1897, deren Jahresabschluss mit demjenigen des Auftraggebers, Bewerbers oder Bieters konsolidiert ist; ferner gelten als verbundene Unternehmen im Sinne dieses Bundesgesetzes diejenigen Unternehmen, auf die der Auftraggeber, Bewerber oder Bieter unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die einen beherrschenden Einfluss auf den Auftraggeber, Bewerber oder Bieter ausüben können oder die gemeinsam mit dem Auftraggeber, Bewerber oder Bieter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens unterliegen, sei es aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden sonstigen Vorschriften. Ein beherrschender Einfluss ist zu vermuten, wenn ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Mehrheit des gezeichneten Kapitals eines anderen Unternehmens hält oder über die Mehrheit der mit den Anteilen eines anderen Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans eines anderen Unternehmens bestellen kann.

Grundsätze des Vergabeverfahrens und allgemeine Bestimmungen

Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

(2) Die völkerrechtlich zulässige unterschiedliche Behandlung von Bewerbern und Bietern aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit oder des Warenursprunges bleibt von Abs. 1 unberührt.

(3) Bei der Durchführung von Vergabeverfahren ist eine gebietsmäßige Beschränkung des Teilnehmerkreises oder eine Beschränkung der Teilnahme auf einzelne Berufsstände, obwohl auch andere Unternehmer die Berechtigung zur Erbringung der Leistung besitzen, unzulässig.

(4) Verfahren zur Vergabe von Aufträgen und Realisierungswettbewerbe sind nur dann durchzuführen, wenn die Absicht besteht, die Leistung auch tatsächlich zu vergeben. Der öffentliche Auftraggeber ist jedoch nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren durch Zuschlag zu beenden.

(5) Im Vergabeverfahren ist auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung ökologischer Aspekte (wie etwa Energieeffizienz, Materialeffizienz, Abfall- und Emissionsvermeidung, Bodenschutz) oder des Tierschutzes bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.

(6) Im Vergabeverfahren kann auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch die Berücksichtigung derartiger Aspekte bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Bedingungen im Leistungsvertrag erfolgen.

(7) Im Vergabeverfahren kann auf innovative Aspekte Bedacht genommen werden. Dies kann insbesondere durch deren Berücksichtigung bei der Beschreibung der Leistung, bei der Festlegung der technischen Spezifikationen oder durch die Festlegung konkreter Zuschlagskriterien erfolgen.

(8) Die Konzeption und Durchführung eines Vergabeverfahrens soll nach Möglichkeit so erfolgen, dass kleine und mittlere Unternehmen am Vergabeverfahren teilnehmen können.

(9) Die Konzeption oder Durchführung eines Vergabeverfahrens darf nicht den Zweck verfolgen, das Vergabeverfahren vom Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes auszunehmen, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen oder den Wettbewerb künstlich einzuschränken. Eine künstliche Einschränkung des Wettbewerbes liegt jedenfalls dann vor, wenn durch die Konzeption oder Durchführung des Vergabeverfahrens bestimmte Unternehmer auf unzulässige Weise bevorzugt oder benachteiligt werden.

Vermeidung von Interessenkonflikten

§ 26. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zu treffen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und eine Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten.

(2) Ein Interessenkonflikt liegt jedenfalls dann vor, wenn Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebers oder einer vergebenden Stelle, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte.

Ausschlussgründe

§ 78. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat – unbeschadet der Abs. 3 bis 5 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

1. der öffentliche Auftraggeber Kenntnis von einer rechtskräftigen Verurteilung des Unternehmers hat, die einen der folgenden Tatbestände betrifft: Mitgliedschaft bei einer kriminellen Vereinigung oder Organisation (§§ 278 und 278a des Strafgesetzbuches – StGB, BGBl. Nr. 60/1974), Terroristische Vereinigung, Terroristische Straftaten oder Terrorismusfinanzierung (§§ 278b bis 278d StGB), Bestechlichkeit, Vorteilsannahme, Bestechung, Vorteilszuwendung oder verbotene Intervention (§§ 304 bis 309 StGB und § 10 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 – UWG, BGBl. Nr. 448/1984), Betrug (§§ 146 bis 148 StGB), Untreue (§ 153 StGB), Geschenkannahme (§ 153a StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), Geldwäscherei (§ 165 StGB), Sklaverei, Menschenhandel oder Grenzüberschreitender Prostitutionshandel (§§ 104, 104a und 217 StGB) bzw. einen entsprechenden Straftatbestand gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, oder

2. über das Vermögen des Unternehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder

3. der Unternehmer sich in Liquidation befindet oder seine gewerbliche Tätigkeit einstellt oder eingestellt hat, oder

4. der öffentliche Auftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen, oder

5. der Unternehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom öffentlichen Auftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder

6. der Unternehmer seine Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben in Österreich oder nach den Vorschriften des Landes, in dem er seinen Sitz hat, nicht erfüllt hat und dies

a) durch eine rechtskräftige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung in Österreich oder gemäß den Vorschriften des Landes, in dem der Unternehmer seinen Sitz hat, festgestellt wurde, oder

b) durch den öffentlichen Auftraggeber auf andere geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder

7. ein Interessenkonflikt gemäß § 26 nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen vermieden werden kann oder

8. aufgrund der Beteiligung des Unternehmers an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens gemäß § 25 der faire und lautere Wettbewerb unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung verzerrt werden würde oder

9. der Unternehmer bei der Erfüllung einer wesentlichen Anforderung im Rahmen eines früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages erhebliche oder dauerhafte Mängel erkennen lassen hat, die die vorzeitige Beendigung dieses früheren Auftrages oder Konzessionsvertrages, Schadenersatz oder andere vergleichbare Sanktionen nach sich gezogen haben, oder

10. der Unternehmer sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom öffentlichen Auftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw. Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat oder

11. der Unternehmer

a) versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen oder

b) versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder

c) fahrlässig irreführende Informationen an den öffentlichen Auftraggeber übermittelt, die die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers über den Ausschluss oder die Auswahl von Unternehmern oder die Zuschlagserteilung erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) Der öffentliche Auftraggeber hat – unbeschadet des Abs. 5 – einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn

1. die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 in Bezug auf eine Person erfüllt ist, die Mitglied im Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist oder die darin Vertretungs-, Entscheidungs- oder Kontrollbefugnisse hat, oder

2. die Voraussetzungen des Abs. 1 Z 4, 5, 7, 8, 10 oder 11 in Bezug auf eine Person erfüllt sind, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist.

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht.

(4) Der öffentliche Auftraggeber hat von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 Z 6 Abstand zu nehmen, wenn

1. er festgestellt hat, dass der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben dadurch nachgekommen ist, dass er die Zahlung vorgenommen oder eine verbindliche Vereinbarung im Hinblick auf die Entrichtung der fälligen Sozialversicherungsbeiträge, Steuern oder Abgaben – gegebenenfalls einschließlich etwaiger Zinsen oder Strafzahlungen – eingegangen ist, oder

2. nur ein geringfügiger Rückstand hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben besteht oder

3. der Ausschluss aus anderen Gründen offensichtlich unverhältnismäßig wäre.

(5) Der öffentliche Auftraggeber kann von einem Ausschluss gemäß Abs. 1 oder 2 Abstand nehmen, wenn auf die Beteiligung des Unternehmers in begründeten Ausnahmefällen aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses nicht verzichtet werden kann.

Subunternehmerleistungen

§ 98. (1) Die Weitergabe des gesamten Auftrages ist unzulässig. Ausgenommen hiervon sind Kaufverträge sowie die Weitergabe an verbundene Unternehmen.

(2) Der Bieter hat alle Teile des Auftrages, die er im Wege von Subaufträgen an Subunternehmer zu vergeben beabsichtigt, sowie die jeweils in Frage kommenden Subunternehmer im Angebot bekannt zu geben. Abweichend davon kann der öffentliche Auftraggeber aus sachlichen Gründen in der Ausschreibung festlegen, dass nur hinsichtlich der von ihm festgelegten wesentlichen Teile des Auftrages, bei denen der Bieter Subunternehmer in Anspruch nehmen möchte, die jeweils in Frage kommenden Subunternehmer im Angebot bekannt zu geben sind.

(3) Die Weitergabe des gesamten Auftrages oder von Teilen der Leistung ist nur insoweit zulässig, als der betreffende Subunternehmer die für den ihm konkret zufallenden Leistungsteil erforderliche Eignung besitzt. Der Subunternehmer kann seine erforderliche Eignung nach Maßgabe des § 80 nachweisen.

(4) Der öffentliche Auftraggeber kann

1. bei Bau- oder Dienstleistungsaufträgen sowie bei Verlege- oder Installationsarbeiten im Zusammenhang mit einem Lieferauftrag vorschreiben, dass bestimmte, von ihm festgelegte kritische Aufgaben vom Bieter selbst, von einem mit diesem verbundenen Unternehmen, oder — im Falle der Teilnahme einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren – von einem Mitglied dieser Arbeits- oder Bietergemeinschaft ausgeführt werden müssen, oder

2. den Rückgriff auf Subunternehmer in der Ausschreibung im Einzelfall beschränken, sofern dies durch den Auftragsgegenstand sachlich gerechtfertigt und angemessen ist.

(5) Der öffentliche Auftraggeber kann in der Ausschreibung vorsehen, dass – sofern ein Unternehmer zum Nachweis der erforderlichen finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Subunternehmer in Anspruch nehmen möchte – alle betroffenen Unternehmer im Auftragsfall dem öffentlichen Auftraggeber die solidarische Leistungserbringung schulden.“

Vorgehen bei der Prüfung

§ 135. (1) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.

(2) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:

1. ob den in § 20 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;

2. nach Maßgabe der §§ 80 bis 87 die Eignung des Bieters bzw. – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;

3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;

4. die Angemessenheit der Preise;

5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.

Allgemeine Bestimmungen

§ 134. Die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes ist nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.

Ausscheiden von Angeboten

§ 141. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der öffentliche Auftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 25 auszuschließen sind, oder

2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder

4. Angebote, bei denen der Bieter keine Preise angibt, sondern nur erklärt, das billigste Angebot um einen bestimmten Prozentsatz oder Wert zu unterbieten, oder

5. Angebote, bei denen ein Vadium verlangt wurde, dessen Nachweis bei Angebotsöffnung jedoch fehlt, oder

6. verspätet eingelangte Angebote, oder

7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder

8. rechnerisch fehlerhafte Angebote, die gemäß den Festlegungen in der Ausschreibung nicht weiter zu berücksichtigen sind, oder

9. Angebote von nicht aufgeforderten Bietern, oder

10. Angebote von Bietern, die nachweislich Interessen haben, die die Ausführung des Auftrages beeinträchtigen können, oder

11. Angebote von Bietern, bei denen dem öffentlichen Auftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 131 Abs. 3 gesetzten Nachfrist

a) keine für die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich erforderliche behördliche Entscheidung, oder

b) kein Nachweis darüber, dass die gemäß einer Entscheidung nach lit. a notwendige Berufsqualifikation erworben wurde, oder

c) kein Nachweis darüber, dass vor Ablauf der Angebotsfrist ein auf Einholung einer Entscheidung nach lit. a gerichtetes Verfahren eingeleitet worden ist, oder

d) eine behördliche Entscheidung, die die Zulässigkeit der Ausübung einer Tätigkeit in Österreich ausschließt,

vorliegt.

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der öffentliche Auftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärungen einer nachvollziehbaren Begründung entbehren. Von einem Bieter, der im Gebiet einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder in der Schweiz ansässig ist, können auch Aufklärungen über die Zulässigkeit der Ausübung der Tätigkeit in Österreich verlangt werden.

(3) Der öffentliche Auftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.

Mitteilung der Zuschlagsentscheidung

§ 143. (1) Der öffentliche Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde.

(2) Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn

1. der Zuschlag dem einzigen bzw. dem einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter erteilt werden soll, oder

2. ein Verhandlungsverfahren gemäß den §§ 35 Abs. 1 Z 4, 36 Abs. 1 Z 4, 7 oder 8, 37 Abs. 1 Z 4 oder 5 oder 44 Abs. 2 Z 2 durchgeführt wurde, oder

3. eine Leistung aufgrund einer Rahmenvereinbarung oder eines dynamischen Beschaffungssystems vergeben werden soll.

Verfahren

§ 151. (1) Für die Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen gemäß Anhang XVI gelten ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der 1. Teil, die §§ 4 Abs. 1, 7 bis 11, 12 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3, 13, 16 bis 18, 19 Abs. 1, 20 Abs. 1 bis 4 und 9, 21 bis 23, 30, 48 bis 68, 78, 79, 80 Abs. 1 bis 5, 81 bis 90, 91 Abs. 1 bis 8, 93, 98, 100, 106, 111, 142, 146 Abs. 1, 150 Abs. 9, der 4. Teil, der 5. Teil mit Ausnahme des § 367 sowie der 6. Teil dieses Bundesgesetzes.

(2) Für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn gelten ausschließlich die Abs. 3 bis 5 und 7 bis 9 sowie der 1. Teil, die §§ 4 Abs. 1, 7, 8, 12 Abs. 1 Z 1 und 3 und Abs. 3, 13 Abs. 1 bis 3 und 5, 19, 20 Abs. 1 bis 4 und 9, 21 bis 23, 30, 50 Abs. 1 Z 2, 52, 56, 61 Abs. 1, 67, 68, 78, 79, 80 Abs. 1 bis 5, 81 bis 86, 88, 91 Abs. 1 bis 8, 93, 142, 146 Abs. 1, 150 Abs. 9, der 4. Teil, 358, 362, 364, 366, 369 bis 374 und der 6. Teil dieses Bundesgesetzes. Die Anwendbarkeit des Art. 5 Abs. 2, 3a, 4, 4a, 4b, 5 und 6 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 bleibt unberührt; bei Durchführung eines Verfahrens gemäß den genannten Bestimmungen sind ausschließlich die §§ 1, 2, 61 Abs. 1, der 4. Teil sowie die §§ 358 und 366 dieses Bundesgesetzes anwendbar.

(3) Der öffentliche Auftraggeber kann das Verfahren zur Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen und von Dienstleistungsaufträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn grundsätzlich frei gestalten. Der öffentliche Auftraggeber kann bei der Vergabe von besonderen Dienstleistungsaufträgen die Qualität, Kontinuität, Zugänglichkeit, Leistbarkeit und Verfügbarkeit der Dienstleistungen bzw. den Umfang des Leistungsangebotes berücksichtigen. Ebenso kann er dabei den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Nutzerkategorien, einschließlich benachteiligter und schutzbedürftiger Gruppen, der Einbeziehung und Ermächtigung der Nutzer der Dienstleistungen und dem Aspekt der Innovation Rechnung tragen.

(4) Im Oberschwellenbereich sind besondere Dienstleistungsaufträge, sofern nicht eine der in § 37 Abs. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt ist, und Dienstleistungsaufträge über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn in einem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit mehreren Unternehmern zu vergeben.

(5) Im Unterschwellenbereich sind besondere Dienstleistungsaufträge und Dienstleistungsaufträge über öffentliche Personenverkehrsdienste auf der Schiene oder per Untergrundbahn grundsätzlich in einem Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung mit mehreren Unternehmern zu vergeben. Von einer Bekanntmachung kann abgesehen werden, sofern im Hinblick auf die spezifischen Merkmale des Dienstleistungsauftrages kein eindeutiges grenzüberschreitendes Interesse besteht.

(6) Besondere Dienstleistungsaufträge können im Wege einer Direktvergabe gemäß § 46 bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro und im Wege einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung gemäß § 47 bis zu einem geschätzten Auftragswert von 150 000 Euro vergeben werden.

(7) Der öffentliche Auftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß Abs. 8, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen eines Unternehmers widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, wenn

1. der Zuschlag dem einzigen bzw. dem einzigen im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter erteilt werden soll, oder

2. wenn aufgrund der in § 37 Abs. 1 Z 4 genannten Voraussetzungen von einer Bekanntmachung des Verfahrens Abstand genommen wurde.

(8) Der öffentliche Auftraggeber darf den Zuschlag bei sonstiger absoluter Nichtigkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist erteilen. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung. Sie beträgt bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg 10 Tage, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg 15 Tage. Für eine freiwillige Bekanntmachung gelten die §§ 58 und 64 Abs. 6 sinngemäß.

(9) Der öffentliche Auftraggeber kann ein Vergabeverfahren widerrufen, wenn dafür sachliche Gründe bestehen. Der öffentliche Auftraggeber hat die Widerrufsentscheidung den im Vergabeverfahren verbliebenen Unternehmern unverzüglich mitzuteilen oder, sofern dies nicht möglich ist, bekannt zu machen. Der öffentliche Auftraggeber darf den Widerruf bei sonstiger Unwirksamkeit nicht vor Ablauf der Stillhaltefrist erklären. Die Stillhaltefrist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Mitteilung der Widerrufsentscheidung oder der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung der Widerrufsentscheidung. Bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung beträgt die Stillhaltefrist 10 Tage, bei einer Übermittlung über den Postweg oder einen anderen geeigneten Weg 15 Tage. Im Übrigen gilt § 150 Abs. 6. Im Unterschwellenbereich kann der öffentliche Auftraggeber überdies den Widerruf unmittelbar und ohne Abwarten einer Stillhaltefrist erklären. In diesem Fall hat der öffentliche Auftraggeber die im Vergabeverfahren verbliebenen Unternehmer unverzüglich zu verständigen oder, sofern dies nicht möglich ist, die Widerrufserklärung bekannt zu machen.“

Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers

§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und

2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

(2) Als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen kommt insbesondere auch die Streichung von für Unternehmer diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in der Ausschreibung in Betracht.

(3) Erklärt das Bundesverwaltungsgericht eine gesondert anfechtbare Entscheidung für nichtig, ist der Auftraggeber verpflichtet, in dem betreffenden Vergabeverfahren mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

[…]“

3.3. Zum Vorbringen der Parteien

3.3.1. Am 28. Mai 2021 übermittelte der Auftraggeber an die Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung. Dagegen richtet sich der gegenständliche Nachprüfungsantrag.

Die Antragstellerin brachte zusammengefasst vor, dass 1. der Auftraggeber in der am 28. Mai 2021 versendeten Entscheidung die Punkte im Preiskriterium falsch berechnet habe, 2. die vertiefte Angebotsprüfung rechtswidrigerweise vom Auftraggeber nicht durchgeführt worden sei, 3. es keinen Bewertungsschlüssel für die Subkriterien gebe, 4. keine Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder erfolgt sei, 5. keine Möglichkeit zur Nachvollziehbarkeit der Zuschlagsentscheidung gegeben sei, 6. keine Bekanntgabe der Beurteilungskriterien für das Konzept erfolgt sei, 7. die Leistungserbringung durch andere Bieter unmöglich sei, 8. die Verwertung von Negativpunkten doppelt erfolgt sei, 9. die Losaufteilung zwecklos sei und 10. keine Möglichkeit zum Erhalt des Zuschlags ohne qualitative Leistung bestehe.

3.3.2. Der Auftraggeber führte diesbezüglich im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin in keinem Los an zweiter Stelle gereiht sei und daher auch im Fall der Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung nicht als Rahmenvertragspartnerin in Betracht komme, die in den präkludierten Ausschreibungsunterlagen festgelegten Kriterien von der Antragstellerin strikt einzuhalten gewesen seien, die Berechnungen der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag mit den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen nicht übereinstimmen würden, die Antragstellerin selbst bei Berechnung der Preispunkte nach der Formel der Antragstellerin in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre, im gegenständlichen Fall bei Vorliegen eines besonderen Dienstleistungsauftrags im Sinne des § 151 BVergG 2018 die Bestimmungen der vertieften Preisprüfung nicht zur Anwendung gelangen würden und die Auswahl des Bewertungssystems im Ermessen des Auftraggebers liege sowie aus den Ausschreibungsbedingungen klar ersichtlich sei, dass keine Bewertung von Subkriterien erfolge, sondern in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen klar festgelegt sei, dass die Konzeptausarbeitung mit maximal 24 Punkten zu bewerten sei. Ferner wurde dargelegt, dass hinsichtlich der Kommissionsmitglieder keinerlei Anzeichen für einen Interessenskonflikt vorliegen würden, bestandsfest in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen festgelegt worden sei, dass die Bekanntgabe der Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht erfolge, die Bewertung jedenfalls eine fachlich kompetente Bewertungskommission vorgenommen habe, die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der einzelnen Kommissionsmitglieder durch die erfolgte Bekanntgabe der Bewertungspunkte ausreichend gegeben sei, in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen vollkommen nachvollziehbar und transparent offengelegt worden sei, anhand welcher Bewertungskriterien das Konzept zu bewerten sei, eine doppelte Verwertung von Negativpunkten nicht vorliege und die Entscheidung zur losweisen Vergabe beim Auftraggeber liege.

3.3.3. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin legte hinsichtlich des Vorbringens der Antragstellerin dar, dass die Antragstellerin keine echten Chancen auf die Zuschlagserteilung habe und ihr daher keine Antragslegitimation zukomme, die Antragstellerin zur Wahrung ihrer Rechte einen Nachprüfungsantrag gegen die Ausschreibungsunterlagen einbringen hätte müssen, mit dem Mitarbeiter 1 lediglich eine Vereinbarung (in Form eines Vorvertrags) dahingehend getroffen worden sei, dass im Falle der Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin im gegenständlichen Vergabeverfahren mit ihm ein Dienstverhältnis eingegangen und er als Projektkoordinator bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin tätig sein werde, den Ausschreibungsunterlagen nicht zu entnehmen sei, dass der Koordinator zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe bereits in einem Dienstverhältnis zur Bieterin stehen müsse und die präsumtive Zuschlagsempfängerin sämtliche Subunternehmer, die durch sie im Rahmen der Leistungserbringung eingesetzt werden sollen, ordnungsgemäß namhaft gemacht habe, wobei es sich nicht um eignungsrelevante Subunternehmer, sondern um zweckmäßige Subunternehmer handle. Zusammengefasst erfülle die präsumtive Zuschlagsempfängerin sämtliche Eignungskriterien sowie habe ein vollständiges, schlüssiges und vergaberechts- und ausschreibungskonformes Angebot abgegeben. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei daher jedenfalls nicht auszuscheiden gewesen.

3.4. Allgemein zum Beurteilungsgegenstand des Bundesverwaltungsgerichtes

Festzuhalten ist, dass die gegenständliche Ausschreibung nicht angefochten wurde. Deren Bestimmungen erlangten sohin Bestandskraft und sind folglich nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029). Sowohl der Auftraggeber als auch die Bieter sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zur Bestandskraft der Ausschreibung Folgendes (vgl. VwGH 18.01.2021, Ra 2019/04/0083):

„6.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine unanfechtbar gewordene (bestandfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers nicht mehr überprüft werden. Ist eine Ausschreibungsbestimmung mangels rechtzeitiger Anfechtung der Ausschreibung bestandfest geworden, ist sie - unabhängig davon, ob sie bei rechtzeitiger Anfechtung für nichtig zu erklären gewesen wäre - der gegenständlichen Auftragsvergabe zugrunde zu legen (siehe VwGH 22.3.2019, Ra 2017/04/0038, Rn. 26; 16.12.2015, Ra 2015/04/0071, jeweils mwN). Auch im Zusammenhang mit dem Vorbringen, wonach eine näher umschriebene Festlegung der Zielsetzung der Entwicklung eines echten Wettbewerbs widerspreche, hat der Verwaltungsgerichtshof darauf verwiesen, dass diese Festlegung bestandfest geworden sei und allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandfesten Entscheidung vom Verwaltungsgericht im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht mehr aufgegriffen werden dürften (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0132, Rn. 12, mwN; vgl. weiters zur behaupteten Verletzung fundamentaler Bestimmungen des Vergaberechts VwGH 27.6.2007, 2005/04/0234, mwN). Die Fristgebundenheit von Nachprüfungsanträgen würde nämlich unterlaufen und wäre damit sinnlos, könnte ein Verwaltungsgericht eine unanfechtbar gewordene (bestandfeste) Entscheidung des Auftraggebers im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers überprüfen (vgl. VwGH 12.6.2013, 2011/04/0169, mwN).

Die Bestandfestigkeit einer Auftraggeberentscheidung ist somit von ihrer Rechtmäßigkeit zu unterscheiden. Ausgehend davon ist die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, wonach eine Verletzung der Grundprinzipien des Vergaberechts nicht bestandfest werden könne, unzutreffend und die Nichtigerklärung der gegenständlichen Auftraggeberentscheidungen kann somit nicht darauf gestützt werden.“

3.5. Zur inhaltlichen Beurteilung des vorliegenden Nachprüfungsantrags

3.5.1. Zum Argument, dass es keinen Bewertungsschlüssel für die Subkriterien gebe

Die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen enthalten zu den Zuschlagskriterien und dem Preis die wiedergegebenen Angaben.

Bezüglich des Vorbringens der Antragstellerin, dass es keinen Bewertungsschlüssel für die Subkriterien gebe, argumentiert die Antragstellerin zusammengefasst, dass die unklare Gestaltung der Ausschreibung zur Folge habe, dass die Konzeptbewertung völlig willkürlich erfolge.

Der Auftraggeber führt dazu Folgendes aus:

„Den oben dargestellten Bestimmungen in den AAB ist in den Rz 139 und 150 ausdrücklich zu entnehmen, dass für das Konzept insgesamt 24 Punkte erreicht werden können. Des Weiteren war der Kommission aufgrund der Vorgaben in den AAB sehr wohl bewusst, auf welche Punkte im Konzept der ‚Fokus‘ zu legen ist, zumal in Rz 145 AAB eine ausführliche und ebenso nachvollziehbare Darstellung aufgenommen wurde, in welcher die im Konzept zu behandelnden Punkte aufgelistet wurden. Die exakt selben Konzeptkriterien in Rz 145 AAB wurden in einem Bewertungsleitfaden nochmalig für die Kommissionsmitglieder dargestellt.“

In der Ausschreibung ist jedenfalls eindeutig geregelt, dass für die Qualität maximal 40 Punkte erreichtet werden können, wobei maximal 16 Punkte für „weitere Lose“ und 24 Punkte für „Konzeptausarbeitungen“ vergeben werden. Unter Punkt 6.4.3 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen findet sich ein ausdrücklicher Schlüssel, wie die Punkte im Falle der Beteiligung eines Bieters in mehreren Losen vergeben werden. Unter Punkt 6.4.4 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sind „Konzeptausarbeitungen“ beschrieben. Unter der Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird ausdrücklich festgelegt, auf welche Punkte bei der Beurteilung der Konzepte durch die Kommissionsmitglieder Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa Rekrutierung des Personal, Aus- und Weiterbildung, Kommunikation zwischen den beteiligten Akteuren etc.). Aus Randziffer 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen ergibt sich ein Schema, auf welche Weise die Punkte zu vergeben sind. Weiters befindet sich im Akt ein Bewertungsleitfaden.

Die im Akt befindlichen Bewertungen der Kommissionsmitglieder zeigen auch, dass diese die in Randziffer 145 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen umschriebenen Kriterien bei der Beurteilung der einzelnen Konzepte anwandten und aufgrund der dort umschriebenen Kriterien die Punkte vergaben. Beispielsweise ist darauf zu verweisen, dass in den Beurteilungen auf die Ausführungen zur Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, Rekrutierung der Mitarbeiter und Verhinderung des Wechsels von Assistenzpersonal sowie zu den Maßnahmen, die die Organisation auf allen Ebenen (hinsichtlich Organisations-und Personalentwicklung) umsetzt, um die Leistungserbringung kontinuierlich zu verbessern, eingegangen wird; die Konzepte der jeweiligen Bieter wurden folglich anhand dieser Kriterien beurteilt und die Punktevergabe erfolgte anhand dieser Kriterien.

Diesbezüglich ist anzumerken, dass es nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes ist, die Angebote an Stelle der Bewertungskommission zu bewerten, sondern lediglich, die erfolgte Bewertung dahingehend zu überprüfen, ob die Bewertungskommission bei ihrer Bewertung im Rahmen der Ausschreibung und der zwingend anzuwendenden gesetzlichen Regelungen geblieben ist (vgl. BVwG 22.02.2017, W187 2144680-2). Ein Abweichen der Bewertungskommission von diesen Vorgaben ist gegenständlich nicht erkennbar.

Zur Bewertung durch eine Kommission und deren Überprüfbarkeit sprach der Verwaltungsgerichtshof Folgendes aus (vgl. VwGH 30.01.2019, Ra 2018/04/0001):

„22 Dass bei der Angebotsbewertung über die - vom Verwaltungsgericht ohnehin berücksichtigte - Rechtswidrigkeit bei der Beurteilung des Zuschlagskriteriums B.2 hinausgehende Verstöße gegen die Ausschreibungsbedingungen (oder Bestimmungen des BVergG 2006) erfolgt wären, vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Der angefochtenen Entscheidung lässt sich entnehmen, dass das Verwaltungsgericht die Bewertung durch die Kommission in den gerügten Aspekten durch Einsichtnahme in den Prüfbericht auf ihre Nachvollziehbarkeit hin überprüft hat. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht angesichts der in der Ausschreibung vorgesehenen Bewertung der Qualität der vorgeschlagenen Lösungen durch fachkundige Personen (gegebenenfalls unter Heranziehung des arithmetischen Mittels der jeweiligen Einzelbewertungen) davon ausgegangen ist, dass die Ausschreibung der fachkundigen Kommission insoweit einen Bewertungsspielraum einräumt (vgl. auch EuGH 14.7.2016, TNS Dimarso NV, C-6/15, Rn. 29, wo - wenn auch in einem etwas abweichenden Kontext - auf den Freiraum des die Angebotsbewertung vornehmenden Bewertungsausschusses bei der Erfüllung seiner Aufgabe hingewiesen wird). Eine Kontrolle auf allfällige Rechtsverstöße hin bzw. eine Überprüfung der Nachvollziehbarkeit der Begründung der Bewertung hat das Verwaltungsgericht vorgenommen. Dass bei Vorliegen bereits einer Rechtswidrigkeit die Angebotsbewertung anhand eines abweichenden Maßstabes zu überprüfen bzw. ‚aus Prinzip‘ aufzuheben wäre, lässt sich dem BVergG 2006 nicht entnehmen und stünde mit der Vorgabe des § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, wonach nur wesentliche Rechtswidrigkeiten zur Nichtigerklärung führen, nicht in Einklang.“

Es kann daher gemäß diesem Prüfungsmaßstab nicht erkannt werden, dass die Bewertung anhand der beschriebenen Kriterien völlig willkürlich erfolgt wäre, so wie die Antragstellerin argumentiert. Vielmehr ist die Punktevergabe im gegenständlichen Fall anhand der beschriebenen Kriterien nachvollziehbar. Dies gilt auch für das dargestellte Punkteschema, aus dem eindeutig erkennbar ist, wie die Punktevergabe zu erfolgen hat.

3.5.2. Zur Nicht-Bekanntgabe der Subkriterien

Die Antragstellerin bringt diesbezüglich vor, dass zwar von Subkriterien gesprochen werde, diese aber nicht bekannt geben worden seien.

Die Randziffer 150 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen ist, wie zuvor zitiert, so gestaltet, dass dieser eindeutig zu entnehmen ist, auf welche Art und wofür Punkte zu vergeben sind. Dass der Begriff „Subkriterium“ fälschlich verwendet wird, schadet nicht, da aufgrund der Umschreibung (arg. „150 Für jedes Subkriterium können jeweils zwischen 0 und 24 Punkte nach folgendem Schema vergeben werden […]“) klar erkennbar ist, auf welche Weise die Punkte zu vergeben sind.

Zutreffend verweist der Auftraggeber in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 22.03.2019, Ra 2017/04/0038), in welchem es heißt:

„31 Der Ansicht des Verwaltungsgerichts, die Ausschreibungsbedingungen seien nicht ausreichend transparent, weil die von der Kommission festgelegten idealtypischen Antworten den Bietern nicht bekannt gegeben worden seien, ist überdies zu entgegnen, dass sich die Überprüfung eines Qualitätsmanagements durch Führung eines Fachgesprächs erübrigen würde, wenn den zu beurteilenden Personen der Inhalt der von der Beurteilungskommission als ‚ideal‘ anzusehenden Antworten schon vor dem Gespräch bekannt wäre. Dass die ‚besonderen Merkmale‘, bei deren Vorliegen der Bewerber eine Bewertung in dem jeweiligen Fachbereich als ‚über das geforderte Maß hinaus‘ hätte erzielen können, nicht im Vorhinein definiert waren, erklärt sich schon daraus, dass aus dem Zusammenhang der Bewertungsmöglichkeiten hervorleuchtet, dass es der Kommission mit dieser Bedingung ermöglicht werden sollte, individuelle - und damit im Vorhinein nicht bekannte - Qualitätsmerkmale der Bewerber bei der Bewertung zu deren Gunsten positiv zu veranschlagen. Eine Intransparenz kann darin nicht erblickt werden (vgl. zu dem einer Kommission zur Verfügung stehenden Freiraum bzw. zur Möglichkeit, die Bewertungsmethode an die Umstände des Einzelfalls anzupassen, EuGH 14.7.2016, TNS Dimarso NV, C-6/15, Rz. 29 ff).“

3.5.3. Zur nicht erfolgten Bekanntgabe der Kommissionsmitglieder

In diesem Zusammenhang rügt die Antragstellerin zusammengefasst, dass es ihr nicht möglich sei zu beurteilen, ob die Angebotsbewertung ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Diesbezüglich verweist die Antragstellerin dazu auf § 26 BVergG 2018 sowie die Notwendigkeit, dass die Mitglieder der Bewertungskommission fachkundig zu sein haben.

Gemäß § 26 BVergG 2018 hat der Auftraggeber Interessenkonflikte zu verhindern, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und die Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten. Zweck der Norm ist die Sicherstellung der Gleichbehandlung aller Bieter und eines fairen Wettbewerbs, Verhinderung der Günstlingswirtschaft und die Betrugs- und Korruptionsbekämpfung. § 26 BVergG 2018 ist ein Gefährdungsverbot. Die Norm zielt auf die Verhinderung (der Entstehung) einer Gefahrensituation: zB der Beteiligung eines befangenen Mitarbeiters in der Bewertungskommission. Der Auftraggeber muss bereits in dieser Situation den Mitarbeiter aus der Bewertungskommission entfernen. Nach § 26 Abs 2 BVergG 2018 liegt ein Interessenkonflikt jedenfalls dann vor, wenn Mitarbeiter eines öffentlichen Auftraggebersoder einer vergebenden Stelle, die an der Durchführung des Vergabeverfahrens beteiligt sind oder Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nehmen können, direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder sonstiges persönliches Interesse haben, das ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte (vgl. Öhler in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 26 Rz 9-12).

Es würde grundsätzlich gegen die Vergabegrundsätze der Bietergleichbehandlung und Transparenz verstoßen, wenn die Angebote nicht ausreichend geprüft werden und in der Folge ausschreibungskonforme Angebote mit ausschreibungswidrigen und sonst mangelhaften Angeboten verglichen werden. Es ist offenkundig, dass die Aufgabe, die Zuschlagskriterien zu prüfen, inhaltliche Anforderungen an die Qualifikation der mit der Prüfung betrauten Personen stellt. Die mit der Prüfung betrauten Personen müssen ausreichend qualifiziert sein, die Prüfung auch durchführen zu können. Die Angebotsprüfungskommission muss die erforderliche Qualifikation nur in ihrer Gesamtheit aufweisen. Es ist daher grundsätzlich zulässig, dass die einzelnen Mitglieder unterschiedliche Qualifikationen einbringen und sich die Qualifikationen auf diese Weise wechselseitig ergänzen. Gemäß § 26 BVergG 2018 müssen öffentliche Auftraggeber geeignete Maßnahmen treffen, um etwaige Interessenkonflikte wirksam zu verhindern, aufzudecken und zu beheben. Ein Interessenkonflikt liegt demnach bereits vor, wenn die mit dem Vergabeverfahren befasste Person direkt oder indirekt ein finanzielles, wirtschaftliches oder persönliches Interesse hat, welches ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit im Rahmen des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte. Im gegebenen Zusammenhang betreffen diese Anforderungen die mit der Angebotsprüfung befassten Personen. Es besteht keine vergaberechtliche Pflicht, im Vorhinein bekannt zu geben, wie viele und welche Personen der Angebotsprüfungskommission angehören (vgl. Oppel in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 26 Rz 2, 3, 21, 26, 27 und 40).

Ist eine kommissionelle Bewertung vorgesehen, so hat die Bewertungskommission aus Fachleuten zu bestehen, die über das jeweils erforderliche Fachwissen für den konkret zu beurteilenden Gegenstand verfügen, sodass etwa in Hinblick auf technische Aspekte „technisches Fachwissen“ gefordert ist. Nach der vergaberechtlichen Judikatur müssen die Mitglieder einer Bewertungskommission in ihrer Gesamtheit über eine ausreichende Sach- und Fachkunde für alle Bereiche und Gesichtspunkte der Angebotsprüfung und Angebotsbewertung verfügen. Es ist jedoch nicht notwendig, dass jedes einzelne Mitglied das gesamte erforderliche Fachwissen aufweist. Demgegenüber genügt es aber nicht, wenn lediglich ein Kommissionsmitglied das erforderliche Fachwissen aufweist und sich die anderen Kommissionsmitglieder auf die Expertise dieses der Kommission angehörenden Experten verlassen BVwG 17.06.2014, W139 2003185-1/33E).

In der Literatur heißt es zur Bewertungskommission (vgl. Plattner-Schwarz/Moick, Die vergaberechtliche Bewertungskommission, ZVB 2020/39):

„Zur Beurteilung der fachlichen Anforderung an Mitglieder einer Bewertungskommission wird von der Rsp auf § 134 BVergG (erforderliche Fachkunde im Rahmen der Angebotsprüfung) zurückgegriffen. Die Angebotsbewertung darf demnach nur von Personen vorgenommen werden, welche die fachlichen Voraussetzungen (Fachkunde) dafür erfüllen. An die Fachkunde ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen.

In der Judikatur wird regelmäßig festgehalten, dass die ‚Bewertungskommission als Ganzes‘ (das sind die Mitglieder einer Bewertungskommission in ihrer Gesamtheit) über eine ausreichende Sach- und Fachkunde für alle Bereiche und Gesichtspunkte der Angebotsprüfung und Angebotsbewertung verfügen muss. Es ist jedoch nicht notwendig, dass jedes einzelne Kommissionsmitglied das gesamte erforderliche Fachwissen zur Bewertung aller Zuschlagskriterien aufweist. Zur Frage, ob lediglich ein Kommissionsmitglied das erforderliche Fachwissen aufweisen muss und sich die anderen Kommissionsmitglieder auf diese Expertise verlassen dürfen, besteht Uneinigkeit in der Rsp.

Nach Ansicht der Autoren muss jedes Kommissionsmitglied jene Fachkunde aufweisen, welche zur Bewertung der ihm übertragenen Bereiche und Gesichtspunkte der Angebotsbewertung erforderlich ist. Nur eine fachkundige Bewertung gewährleistet, dass die Bewertung auf einer sachlichen Grundlage erfolgt und willkürliche Entscheidungen ausgeschlossen sind. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet jedes Kommissionsmitglied zur Objektivität, womit sich dieses bei der Bewertung ausschließlich von seiner Fachkunde leiten lassen darf (zur Unparteilichkeit s Punkt C.2.). Als unterstützende Maßnahme zur Wahrung der Objektivität bei der Bewertungstätigkeit ist empfehlenswert, dass die Mitglieder nur Einsicht in die bewertungsrelevanten Teile eines Angebots erhalten. Insbesondere ist die Geheimhaltung der Angebotspreise gegenüber der Kommission empfehlenswert. Bei einer Bewertung ohne die erforderliche Fachkunde lässt sich ein Kommissionsmitglied von unsachlichen Erwägungen leiten, womit Angebote aus willkürlichen Gründen bevorzugt oder benachteiligt werden.“

Die relevanten Festlegungen im Zusammenhang mit der Bewertungskommission ergeben sich aus den Randziffern 148, 149 und 157 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen. In Randziffer 148 wird festgelegt, dass die Kommission aus fachkundigen Personen besteht.

Der Auftraggeber führt zur Bewertungskommission aus, dass zur Bewertung jedenfalls eine fachlich kompetente Bewertungskommission bestehend aus erfahrenen, entsprechend ausgebildeten und im Themenbereich der Ausschreibung beruflich tätigen Experten herangezogen worden sei.

Vor dem Hintergrund, dass bestandsfest festgelegt wurde, dass die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht bekannt wird, kann eine Offenlegung der Antragstellerin gegenüber nicht erfolgen.

Es ist nunmehr zu prüfen, welche Folgen eine solche Festlegung für das weitere Vergabeverfahren entfaltet.

Zur Frage, ob die Festlegung der Mitglieder der Bewertungskommission in der Ausschreibung bestandsfest werden kann, sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 22. Dezember 2020, Ra 2019/04/0091, Folgendes aus:

„Im vorliegenden Fall wurden die Mitglieder der Bewertungskommission unter Angabe ihrer (beruflichen) Funktion in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gegeben. Die Ausschreibung wurde nicht angefochten. Ausgehend davon stünde einem Aufgreifen der Zusammensetzung der Bewertungskommission (als nicht fachkundig) im Zuge der Nachprüfung der hier angefochtenen (auf die Ausschreibung aufbauenden) Entscheidung die bestandfest gewordene Festlegung der Zusammensetzung der Bewertungskommission entgegen. Dass die vorliegend maßgebliche Festlegung aufgrund von Unklarheiten eine Überprüfung der Fachkunde der Kommission vorab durch die Bewerber ausgeschlossen hätte oder dass diese Festlegung eine Nachvollziehbarkeit bzw. Überprüfbarkeit der Entscheidung der Bewertungskommission durch das Verwaltungsgericht von Vornherein unmöglich machen würde (vgl. zu diesem Aspekt erneut VwGH Ra 2017/04/0038, Rn. 30), wird seitens der Revisionswerberin nicht aufgezeigt und ist auch nicht ersichtlich.“

In den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird in der Randziffer 157 Folgendes festgehalten:

„6.4.6. Bekanntgabe der Bewertungsergebnisse

[…]

157 Zum Schutz öffentlicher Interessen bzw. berechtigter Geschäftsinteressen der Bieter werden folgende Informationen nicht bekannt gegeben:

• Personenbezogene Daten des Bieters bzw. der Mitarbeiter und Kunden des Bieters

• Die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission“

Für den fachkundigen Bieter war daher eindeutig erkennbar, dass die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht bekanntgegeben wird. Ein wechselhaftes Verhalten des Auftraggebers, das hier eine Unklarheit hervorgerufen hätte, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden (vgl. zum wechselhaften Verhalten das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 27. Februar 2003, Rs C-327/00, Santex, Randziffer 61). Dass eine Überprüfung der Fachkunde der Kommission vorab durch die Unternehmer aufgrund der Gestaltung der Ausschreibung ausgeschlossen ist, liegt im konkreten Fall auf der Hand. Dieser Umstand resultiert jedoch aus der eingetretenen Bestandskraft und kann vor dem Hintergrund der Bestandskraft nicht mehr aufgegriffen werden.

Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob diese Festlegung eine Nachvollziehbarkeit bzw. Überprüfbarkeit der Entscheidung der Bewertungskommission durch das Verwaltungsgericht von Vornherein unmöglich macht.

Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2021 übermittelte der Auftraggeber dem Bundesverwaltungsgericht ein Dokument, aus dem sich eine Darstellung der beruflichen Tätigkeit und des Lebenslaufes der Mitglieder der Bewertungskommission ergibt (vgl. OZ 12 Beilage 2). Dem Vergabeakt ist ua die Bewertung durch diese Personen aus den von ihnen unterschriebenen Bewertungsbögen zu entnehmen. Aus dem vorgenannten Dokument (vgl. OZ 12 Beilage 2) sind die berufliche Tätigkeit, der Arbeitsschwerpunkt und die Ausbildung dieser Personen ersichtlich; zudem ist aus dem vorgelegten Lebenslauf auch erkennbar, dass die Mitglieder der Bewertungskommission über langjährige berufliche Erfahrung in Zusammenhang mit der ausgeschriebenen Leistung verfügen (vgl. etwa beim 1. und 2. Mitglied der Bewertungskommission jeweils den ersten Unterpunkt bei „Arbeitsschwerpunkte“ in Beilage 2).

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde der Auftraggeber aufgefordert darzulegen, welche Umstände aus dieser Beilage der Antragstellerin mitgeteilt werden können [vgl. Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2021, arg. „VR an AG (beide anderen Parteien sind nicht im Saal): „Was können wir dem Antragsteller zur Kommission sagen, etwa, dass sie im Bundesdienst sind und über den beruflichen Hintergrund? – AGV: Ein Mitglied verfügt aufgrund seiner Tätigkeit über Kompetenzen im Bereich Bildungswesen, ein Mitglied verfügt über wirtschaftliche Kompetenzen und ein Mitglied verfügt über juristische Kompetenz und sie sind alle im Bundesdienst.“).

Aus der vorgenannten Beilage 2 ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls, dass die vorzitierte Annahme des Auftraggebers, dass zur Bewertung jedenfalls eine fachlich kompetente Bewertungskommission bestehend aus erfahrenen, entsprechend ausgebildeten und im Themenbereich der Ausschreibung beruflich tätigen Experten herangezogen worden sei, nicht zu beanstanden ist (vgl. etwa die neben den sonstigen für das vorliegende Vergabeverfahren auch relevanten Arbeitsbereiche und Ausbildungen bei den beiden ersten Kommissionsmitgliedern, die bei Punkt 2 bei Arbeitsschwerpunkt umschriebene Tätigkeit sowie die bei Punkt 6 bei Arbeitsschwerpunkt beim dritten Kommissionsmitglied umschriebene Tätigkeit) und daher die Bewertung ausschreibungskonform durch eine fachkundige Kommission erfolgte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss eine Bewertungskommission in ihrer Gesamtheit über die gebotene Fachkunde verfügen (vgl. VwGH 22.12.2020, Ra 2019/04/0091). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes verfügen im konkreten Fall alle Kommissionsmitglieder über die gebotene Fachkunde zur Beurteilung der vorzulegenden Konzepte, wobei eine umfassende Beurteilung bereits aufgrund der unterschiedlichen Ausbildung der Kommissionsmitglieder sichergestellt ist (vgl. die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, Bildungswesen, juristische Kompetenzen und wirtschaftlichen Kompetenzen).

Insofern gleicht der vorliegende Sachverhalt jenem der dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2020, Ra 2019/04/0091, zugrunde gelegen ist. Dort wurde zur Fachkunde der Kommissionsmitglieder und gegen die behauptete mangelhafte Zusammensetzung der Bewertungskommission vom Verwaltungsgericht argumentiert, dass die Kommission in ihrer Gesamtheit – und nur dies sei gefordert – die erforderliche Sach- und Fachkompetenz in den Bereichen Wirtschaft, Logistik, Psychologie und Verkehrsplanung (durch entsprechende Studienabschlüsse bzw. die bisherige praktische Tätigkeit) aufweise (vgl. Randziffer 8), welcher Umstand vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt wurde (vgl. Randziffer 20).

Vor diesem Hintergrund muss auf die Frage, ob im Lichte des zitierten Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Dezember 2020, Ra 2019/04/0091, einem Aufgreifen der Zusammensetzung der Bewertungskommission (als nicht fachkundig) im Zuge der Nachprüfung der hier angefochtenen (auf die Ausschreibung aufbauenden) Entscheidung die bestandfest gewordene Festlegung, dass die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission nicht bekanntgegeben wird, entgegen zu halten ist und im Ergebnis daher – wie im Beschluss vom 22. Dezember 2020, Ra 2019/04/0091, – die Zusammensetzung der Bewertungskommission (im Zusammenhang mit der Fachkunde) im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr aufgegriffen werden kann, nicht weiter nachgegangen werden, da sich – wie gezeigt – die Fachkunde aus den vorgelegten Unterlagen ergibt.

Vor dem Hintergrund, dass sämtliche Kommissionsmitglieder beim Auftraggeber beschäftigt sind, und aufgrund der vorgelegten Lebensläufe, vermag das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen, dass der öffentliche Auftraggeber es unterließ, geeignete Maßnahmen zur wirksamen Verhinderung, Aufdeckung und Behebung von sich bei der Durchführung von Vergabeverfahren ergebenden Interessenkonflikten zu treffen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und eine Gleichbehandlung aller Unternehmer zu gewährleisten.

3.5.4. Zum Argument, dass es keine Möglichkeit zur Nachvollziehbarkeit der Zuschlagsentscheidung gebe

Bei der Zuschlagsentscheidung handelt es sich um die an Bieter abgegebene, nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes stellt die Zuschlagsentscheidung lediglich eine vorläufige, nicht verbindliche Wissenserklärung dar, an welchen Bieter die Zuschlagserteilung beabsichtigt ist. Die Begründung der Zuschlagsentscheidung muss die Überlegungen des Auftraggebers so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die betroffenen Bieter die Gründe dafür entnehmen und ihre Rechte geltend machen können. Eine Zuschlagsentscheidung ist dann objektiv mit Rechtswidrigkeit behaftet, wenn die Zuschlagsentscheidung nicht jene Begründungstiefe enthält, die ein Bieter zur Einbringung eines berechtigten Nachprüfungsantrags benötigt. Nicht jedes vom Bieter in der Zuschlagsentscheidung vermisste Begründungselement führt zur objektiven Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung. Es kommt darauf an, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich ist, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen (vgl. Strobl/Talasz, in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inklusive BVergG Konz – Leitsatzkommentar 2. Lieferung [2019] § 143 Rz 3, 8 und 4).

Diesbezüglich führt die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass ein Vergleich zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin nicht möglich sei, da keine verbale Beurteilung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erfolgt sei. In weiterer Folge stellt die Antragstellerin Aspekte der Verbalbeurteilung ihres Konzeptes dar, um zu zeigen, dass ihr Angebot zu Unrecht schlechter beurteilt worden sei, als jenes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Es wäre ihr, wenn schon nicht das gesamte Konzept, jedoch jedenfalls die verbale Beurteilung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, mitzuteilen gewesen.

In den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen wird in den Randziffern 156 und 157 Folgendes festgehalten:

„6.4.6. Bekanntgabe der Bewertungsergebnisse

156 Im Zuge der Bekanntgabe der Entscheidung, mit welchem Unternehmen der Rahmenvertrag abgeschlossen werden soll, werden den nicht berücksichtigten Bietern insbesondere folgende Informationen bekannt gegeben:

• Der Name des erfolgreichen Bieters

• Der bewertungsrelevante Gesamtpreis des erfolgreichen Angebotes

• Die Punktewertung des eigenen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium

Die Punktewertung des erfolgreichen Angebotes sowie die Gründe für die jeweilige Bewertung pro Zuschlagskriterium und Subkriterium, ausgenommen die verbale Begründung der Punktevergabe im Kriterium 2b, da diese für ihre Nachvollziehbarkeit die Offenlegung des Konzeptes erfordern würde

157 Zum Schutz öffentlicher Interessen bzw. berechtigter Geschäftsinteressen der Bieter werden folgende Informationen nicht bekannt gegeben:

• Personenbezogene Daten des Bieters bzw. der Mitarbeiter und Kunden des Bieters

• Die Identität der Mitglieder der Bewertungskommission“

Mit dieser bestandsfesten Bestimmung wurde festgelegt, dass weder die verbale Begründung der Punktevergabe noch das Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin offengelegt werden.

Diesbezüglich ist der Antragstellerin die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 22.12.2020, Ra 2019/04/0091) entgegenzuhalten, wonach die Bestandskraft der Ausschreibung zur Folge hat, dass keine Umstände, die über die in der Ausschreibung enthaltenen konkreten Festlegungen hinausgehen, bekannt gegeben werden müssen:

„7.1. Die Revisionswerberin sieht die angefochtene Entscheidung im Widerspruch zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge die Begründungstiefe der Zuschlagsentscheidung es dem Bieter ermöglichen müsse, einen begründeten Nachprüfungsantrag einzubringen. Fallbezogen liege eine in einem gemeinsamen Entscheidungsprozess erzielte Bewertung der gesamten Kommission vor, an die besondere Begründungsanforderungen zu stellen seien (der vorliegende Fall unterscheide sich daher von dem Sachverhalt, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 2014, 2011/04/0133, zugrunde gelegen sei). Ob eine Zuschlagsentscheidung auch dann eine verbale Begründung aufweisen müsse, wenn in der Ausschreibung bestandfest festgelegt worden sei, dass nur eine ‚ausgedünnte‘, von keinem Bieter objektiv nachvollziehbare Begründung erfolgen werde, sei in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht beantwortet worden. Gleiches gelte für die Frage, ob die notwenige Begründung erst im Laufe des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens nachgeholt werden könne.

7.2. Dazu ist erneut auf die - in Rn. 18 dargestellte - hg. Rechtsprechung zur Bestandskraft von unangefochten gebliebenen Ausschreibungsbestimmungen zu verweisen. Vorliegend wurde in der Ausschreibung bestandfest festgelegt, dass nur die Punkte pro Anforderung und Ziel am Ende des Vergabeverfahrens bei Mitteilung der Zuschlagsentscheidung als Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bzw. Gründe für die Ablehnung des Angebotes bekannt gegeben würden. Dem diesbezüglichen Vorbringen der Revisionswerberin ist somit die Bestandskraft der Ausschreibung entgegenzuhalten.“

Auch im vorliegenden Fall gilt daher vor der dem Hintergrund der konkreten bestandsfesten Ausschreibung, dass es als nicht rechtswidrig zu erkennen war, dass der Antragstellerin weder die verbale Beurteilung des Angebots noch das Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin bekanntgegeben wurden.

Vor diesem Hintergrund ist fallbezogen auch dem Auftraggeber zuzustimmen, dass aufgrund der übermittelten Informationen (vgl. dazu II.1.3. und II.1.6.) für die Antragstellerin auch eine Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse möglich war.

3.5.5. Zur nicht erfolgten Bekanntgabe der Beurteilungskriterien für das Konzept

Die Antragstellerin moniert diesbezüglich, dass in der Ausschreibung keine konkreten Anforderungen für die Bewertung festgelegt und stattdessen „schwammige Begriffe“ verwendet worden seien. Als Beispiel für einen derartigen Begriff wird von der Antragstellerin auf den Begriff des „geeigneten Personal[s]“ verwiesen.

Der Auftraggeber hält dem entgegen, dass in den Ausschreibungsunterlagen vollkommen nachvollziehbar und transparent offengelegt worden sei, anhand welcher Beurteilungskriterien das Konzept zu bewerten sei.

Es ist zunächst auf die Bestandskraft der Ausschreibung und die vorgenannten Ausführungen zur Beurteilung durch die Kommission mittels der festgelegten Beurteilungskriterien zu verweisen. Die Ausschreibung ist jedenfalls so gestaltet, dass vor dem Hintergrund des konkreten Auftrags eine nachvollziehbare Bestbieterermittlung möglich ist. Dies wird von der Antragstellerin auch nicht substantiiert bestritten. Dass auch der vorgenannte Begriff entgegen der Annahme der Antragstellerin vor dem Hintergrund des konkreten Auftrags jedenfalls so gestaltet ist, dass eine nachvollziehbare Bestbieterermittlung möglich ist, liegt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes ebenso auf der Hand. So ist der Begriff „geeignet“ vor dem Hintergrund des konkreten Auftrags in der Weise zu verstehen, dass solches Personal „geeignet“ ist, das den Auftragsgegenstand erfüllen kann. Sollte die Antragstellerin die Festlegung eines speziellen Standards in der Ausschreibung vermissen, so ist sie darauf zu verweisen, dass dies im Wege der Anfechtung der Ausschreibung geltend zu machen gewesen wäre. Wenn die Antragstellerin vermeinen sollte, dass damit nicht der höchst mögliche Standard an Personal zwingend festgelegt wurde, ist ihr zu erwidern, dass dieser Aspekt bei Anfechtung der Ausschreibung – allenfalls auch erfolgreich – geltend gemacht hätte werden können, jedoch zum gegenwärtigen Verfahrenszeitpunkt nicht mehr.

Auch dieses Vorbringen vermag der Antragstellerin daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.

3.5.6. Zur Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch andere Bieter

Diesbezüglich führt die Antragstellerin ins Treffen, dass diese das einzige Unternehmen sei, das in der Lage sei, die in der Leistungsbeschreibung umschriebenen Leistungen zu erbringen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge über keine bzw. völlig unzureichende Erfahrungswerte für die Betreuung von Schulkindern mit Autismus-Störungen.

Für das Bundesverwaltungsgericht ist nicht erkennbar (und dies wird von der Antragstellerin auch nicht konkret vorgebracht), welche Ausschreibungsvorgaben die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht erfüllen würde. Im Zusammenhang mit der technischen Leistungsfähigkeit wurde etwa auf einen Koordinator mit bestimmten Eigenschaften und auf einen zu konkretisierenden Referenzauftrag in den Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen verwiesen (vgl. die Seiten 15f „Schlüsselpersonal“ und „Unternehmensreferenz“).

Diese Nachweise wurden von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegt und vom Auftraggeber überprüft. Aus welchem Grund die präsumtive Zuschlagsempfängerin daher auszuscheiden wäre, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich.

Auch hier ist die Antragstellerin neuerlich auf die bestandsfesten Festlegungen zu verweisen, die den Prüfungsmaßstab für den Auftraggeber und das Bundesverwaltungsgericht bilden. Diese Festlegungen bilden den Beurteilungsmaßstab und nicht die von der Antragstellerin möglicherweise abstrakt zu erwartenden Vorgaben für eine Leistungserbringung, wie sie nach ihrer Auffassung erfolgen sollte.

3.5.7. Zum Vorbringen bezüglich fehlender Eignung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der erfolgten Konzeptbewertung bei massiver Wettbewerbsverzerrung

Diesbezüglich bringt die Antragstellerin vor, dass, wenn die präsumtive Zuschlagsempfängerin nicht nachweisen könne, dass sie über entsprechendes Personal verfüge, das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin auszuscheiden bzw. auszuschließen sei (vgl. VwGH 18.05.2005, 2004/04/0094). Wenn das Personal im Rahmen der Qualität zu bewerten sei, dann könne die präsumtive Zuschlagsempfängerin nur null Punkte bekommen, wenn das zu bewertende Personal nicht bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschäftigt sei.

Wie bereits dargestellt, musste der Projektkoordinator im Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschäftigt sein. Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist in der Ausschreibung vorgesehen, dass die Bewertung der Konzeptausarbeitung mit maximal 24 Punkten erfolgt. Die Kriterien für diese Bewertung werden im Punkt 6.6.4 zur Randziffer 145 festgelegt. Dort heißt es ua, dass anzuführen sei, „wie die Rekrutierung von geeignetem Personal erfolgen soll“. Aus welchem Grund ein Bieter daher null Punkte erhalten sollte, wenn er ausschreibungskonform darlegt, wie die Rekrutierung erfolgen wird, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennbar.

Unter konkreten Beispielen führt die Antragstellerin aus, dass die qualitativ hochwertige Erbringung der Leistung durch sie gegeben sei und daher nicht nachvollziehbar sei, weshalb sie nicht die höchste Punkteanzahl für die Konzeptausarbeitung erhalten habe.

Bezüglich des Vorbringens der Antragstellerin, die Konzeptbewertung sei bei massiver Wettbewerbsverzerrung erfolgt, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten (vgl. zum eingeschränkten Überprüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtes bei einer Kommissionsbewertung LVwG Niederösterreich 22.05.2020, LVwG-VG-2/002-2020, ZVB 2020/66):

Vergleicht man die verbale Beurteilung des ersten Kommissionsmitgliedes der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin so sieht man, dass die in der Ausschreibung festgelegten Anforderungen bei beiden Bietern geprüft wurden und basierend darauf die Punktevergabe erfolgte. So wurde etwa bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin deren Lösung zur Vorbeugung eines häufigen Wechsels des Assistenzpersonals, deren Maßnahmen in Zusammenhang mit der Rekrutierung und deren Kommunikationsmaßnahmen besonders hervorgehoben.

Auch vom zweiten Kommissionsmitglied wurden die Kommunikationsmaßnahmen sowie die Maßnahmen zur Rekrutierung und zur Weiterbildung im Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin geprüft und entsprechend positiv hervorgehoben.

In der Bewertung des Konzepts der Antragstellerin durch das dritte Kommissionsmitglied wird auch deutlich, welche Punkte im Konzept die Vorgaben der Ausschreibung nicht in vollem Ausmaß erfüllen konnten. Ebenso wurden die Vorzüge des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin anhand der in der Ausschreibung festgelegten Kriterien geprüft und beispielsweise die Organisationsstruktur, die Rekrutierung und die Basisausbildung hervorgehoben.

Wenn die Antragstellerin vorbringt, es sei nicht vorstellbar, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin in der Lage gewesen sei, die genannten Punkte (Kommunikation zwischen dem Auftraggeber und Auftragnehmer sowie Schulstandorten, Zusammenarbeit mit außerschulischen Unterstützungsstrukturen und Organisations- und Personalentwicklung) so einwandfrei darzulegen, dass dafür die volle Punktezahl zu erteilen gewesen wäre, ist ihr entgegenzuhalten, dass auf Seite 8 des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin lebensnahe auf verschiedenen Ebenen dargelegt wurde, wie die Kommunikation zwischen den betroffenen Akteuren gestaltet ist.

In diesem Konzept wird diesbezüglich ua festgehalten, wie über das Schuljahr hinweg der Koordinator Kontakt zu den Bildungsdirektionen habe, wie über umgesetzte Maßnahmen wem gegenüber berichtet werde und wie Gespräche stattfinden würden (in welchem Intervall). Zudem wurden die organisatorischen Abläufe in den einzelnen Bundesländern, die Meldung neuer Schüler und die Klärung spezieller Problemfelder festgehalten. Ferner wurde nachvollziehbar dargelegt, dass das Koordinatorenteam regelmäßig Kontakt zu Ansprechpersonen an den Schulstandorten halte und wie der Beginn einer neuen Assistenz für einen Schüler gestaltet werde. Ferner wurde festgehalten, wer in welchem Intervall mit wem konkret Kontakt habe und mit wem konkret Besprechungen stattfinden würden.

3.5.8. Zur Weitergabe kritischer Leistungen

Die Antragstellerin moniert in Zusammenhang mit der Nennung des Mitarbeiters im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, dass es sich beim Koordinator um eine kritische Leistung handle und eine Weitergabe kritischer Leistungen (an Subunternehmer) unzulässig sei.

Der Auftraggeber verweist dazu in seiner Stellungnahme vom 9. Juli 2021 auf Punkt 5.3.1 Randziffer 87 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen und Punkt 5.3.2 Randziffer 94 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen.

Punkt 5.3.1 Randziffer 87 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen lautet:

„Der Koordinator muss in einem Angestelltenverhältnis zum Bieter im Ausmaß von zumindest 10 Wochenstunden stehen oder ist im Zuschlagsfall in ein solches aufzunehmen und ist jedenfalls vom Bieter gemäß Punkt 5.3.2 zu nennen. Gemäß RZ 56 muss die Schlüsselperson beim bietenden Unternehmen (Bieter oder Mitglied der Bietergemeinschaft) angestellt sein. Der Koordinator darf daher nicht als bzw. bei einem Subunternehmer beschäftigt sein.“

Punkt 5.3.2 Randziffer 94 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen lautet:

„Schlüsselpersonal

Vollständig ausgefülltes Formblatt Eignung

Aktueller Lebenslauf des namhaftgemachten Koordinators

Nachweis über das laufende Anstellungsverhältnis (bspw. Auszug/Anmeldebestätigung des Sozialversicherungsträgers) am Tag der Angebotsöffnung nicht älter als 3 Monate, oder Erklärung des Unternehmens und der Person, ein solches Angestelltenverhältnis einzugehen“

Aus dem Vergabeakt (und der Ausführung des präsumtiven Zuschlagsempfängers in der mündlichen Verhandlung; vgl. Seite 7 des Verhandlungsprotokolls) ergibt sich, dass ein Vertrag zwischen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und dem Mitarbeiter 1 bestand, ein Angestelltenverhältnis im Sinne von Punkt 5.3.2 Randziffer 94 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen einzugehen, weshalb der Auftraggeber zutreffend davon ausging, dass die in Rede stehenden Anforderungen der Ausschreibung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfüllt wurden.

Aus den zitierten Ausschreibungsbestimmungen ergibt sich, dass es zulässig ist, den Koordinator erst im Falle des Zuschlags in ein Angestelltenverhältnis aufzunehmen (Punkt 5.3.1 Randziffer 87 erster Satz, zweiter Satzteil der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen). Dafür spricht auch die Anordnung in Punkt 5.3.2 Randziffer 94 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen, dass auch eine Erklärung des Unternehmens und der Person, ein solches Angestelltenverhältnis einzugehen, als Nachweis ausreichend ist.

Soweit die Antragstellerin aus Punkt 5.3.1 Randziffer 87 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen abzuleiten versucht, dass der Koordinator jedenfalls in einem Angestelltenverhältnis zum Bieter stehen müsse, wenn das Angebot abgegeben werde – offenbar im Ausmaß von auch weniger als zehn Wochenstunden und das für diesen Fall die vorgenannte Erklärung in Punkt 5.3.2 Randziffer 94 vorgesehen sei –, ist ihr die vorgenannte Systematik, aus der sich so ein Verständnis nicht ableiten lässt, und der Wortlaut von Punkt 4.2.1 Randziffer 56 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen entgegen zu halten.

Punkt 4.2.1 Randziffer 56 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen lautet:

„Die Weitergabe des gesamten Auftrages und die Weitergabe von kritischen Leistungsteilen [sind] jedoch unzulässig. Von dieser Bestimmung ausgenommen sind Kaufverträge und die Weitergabe an verbundene Unternehmen gem. § 2 Z 40 BVergG 2018.“

Daraus und aus dem letzten Satz von Punkt 5.3.1 Randziffer 87 der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen ist eindeutig ersichtlich, dass daraus lediglich abzuleiten ist, dass der Koordinator nicht als Subunternehmer tätig werden darf. In Hinblick auf die Eignung enthält diese Anordnung aber keine darüberhinausgehende Anordnung.

Aus dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ergibt sich, dass in fünf Losen Landesorganisationen für die Bereitstellung der Assistenzleistung (arg. „Umsetzung“ in den begründeten Einwendungen) namhaft gemacht wurden. Die Koordination erfolgt in allen Losen durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin (vgl. Seite 8 erster Absatz des Konzepts). Insofern ist das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht unbestimmt, da eindeutig erkennbar ist, welche Arbeiten von welchen Personen durchgeführt werden. Zudem handelt es sich auch nicht um die Weitergabe des gesamten Auftrags.

3.5.9. Zur ins Treffen geführten Weitergabe des gesamten Auftrags

Bietern ist es zwar grundsätzlich gestattet, den gesamten Auftrag an verbundene Unternehmen weiterzugeben. Das entbindet sie aber nicht, das betreffende Unternehmen sowie diesen Umstand der gänzlichen Weitergabe oder aber, wie im vorliegenden Fall bestandsfest festgelegt, der Weitergabe einzeln zu bezeichnender Leistungsteile bekannt zu geben, ist doch die Weitergabe des gesamten Auftrags an einen Subunternehmer und damit auch an ein verbundenes Unternehmen nur dann zulässig, wenn dieses die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Eignung besitzt (vgl. Hoermandinger, in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inklusive BVergG Konz – Leitsatzkommentar 2. Lieferung [2019] § 98 Rz 35 mit Verweis auf BVwG 28.04.2015, W139 2017669-2).

Die Landesorganisationen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin werden im Rahmen der ausschreibungsgegenständlichen Leistungserbringung lediglich einzelne Koordinierungsfunktionen und Umsetzungsmaßnahmen übernehmen; dafür, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die komplette Koordination und Umsetzung der Leistungserbringung durch die Landesorganisationen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin durchführen lässt, haben sich keine Anhaltpunkte ergeben. Im Ergebnis liegt daher im gegenständlichen Fall keine Weitergabe des gesamten Auftrags an die Subunternehmerin vor.

3.5.10. Zur geltend gemachten doppelten Verwertung von Negativpunkten

Zu Recht verweist der Auftraggeber zunächst auf die Bestandskraft der Ausschreibung.

Dieser weist ebenso daraufhin, dass im Kriterium „Weitere Lose“ – welches in keinem Zusammenhang oder Verhältnis mit dem Kriterium „Preis“ stehe – hingegen lediglich die Frage zu behandeln sei, wie viele Lose angeboten worden seien. Hintergrund dieses Kriteriums seien die möglichen Synergien, die durch eine überregional einheitliche Betreuung entstünden, und die Vermeidung zusätzlicher Aufwände, die sich aus der Abstimmung mit mehreren Dienstleistern ergeben würden. Die bereits bestehende Vernetzung spiele in diesem Kriterium keine Rolle und sei auch nicht als Voraussetzung definiert, um mehrere Lose anbieten zu können. Es gebe daher zwischen diesen Kriterien weder im berücksichtigten Sachverhalt noch in der Zielsetzung Überschneidungen und könne von einer Doppelverwertung keine Rede sein.

In der von der Antragstellerin zitierten Kommissionsbewertung ist ersichtlich, dass die noch nicht bestehende Vernetzung in anderen als den angeführten Bundesländern moniert werden. Aus welchem Grund es sich daher um eine Doppelverwertung handeln solle, wenn Punkte für den Umstand vergeben werden, dass in mehreren Losen Angebote abgegeben werden, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich.

3.5.11. Zur ins Treffen geführten Zwecklosigkeit der Losaufteilung

Soweit sich die Antragstellerin gegen die Losaufteilung sowie die Gestaltung der Ausschreibung, wonach Punkte für die Abgabe von Angeboten in weiteren Losen vergeben werden, wendet, ist ihr die Bestandskraft der Ausschreibung entgegenzuhalten. Aus diesem Grund sind auch die von der Antragstellerin zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes nicht einschlägig, da es in diesen Verfahren um die Anfechtung der Ausschreibung ging. Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin selbst in allen Losen ein Angebot abgab und die volle Punkteanzahl erhielt.

Aus welchem Grund eine Bestbieterermittlung aus diesem Grund „schlicht unmöglich“ (vgl. Seite 19 des Nachprüfungsantrags) sein sollte, ist für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich.

3.5.12. Zur geltend gemachten Möglichkeit zum Erhalt des Zuschlags ohne qualitative Leistung

Diesbezüglich bringt die Antragstellerin vor, dass es sich um eine objektiv nicht nachvollziehbare Gewichtung von Zuschlagskriterien handle.

Auch hier ist der Antragstellerin zu erwidern, dass die Ausschreibung von ihr nicht angefochten wurde. Dass die von ihr monierten Umstände eine willkürliche Angebotsbewertung hervorgerufen hätten, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden. Es wurden objektiv überprüfbare Kriterien festgelegt, sodass dieser Einwand nicht zielführend ist. Aus dem gesamten Vorbringen ist ersichtlich, dass die Antragstellerin mit der konkret festgelegten Gewichtung nicht einverstanden ist, welcher Umstand im jetzigen Verfahrensstadium nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann. Beurteilungsgegenstand ist vor diesem Hintergrund der in der Ausschreibung festgelegte Qualitätsstandard.

Der Antragstellerin ist in dieser Hinsicht auch die Argumentation des Auftraggebers entgegenzuhalten, wonach ein Konzept ohne einen über die Mindestanforderungen hinausgehenden Mehrwert keine Punkte erhalten hätte. Es handelt sich daher um rein theoretische Ausführungen, welche ohne jeden Bezug zur angefochtenen Entscheidung stehen, zumal in allen Losen Angebote mit einer entsprechenden Qualitätswertung ausgewählt wurden.

3.5.13. Zur Falschberechnung der Punkte im Preiskriterium in der am 28. Mai 2021 versendeten Entscheidung

Die Antragstellerin geht davon aus, dass die in Punkt 6.4.2. der Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen umschriebene Formel vom Auftraggeber aus den genannten Gründen falsch angewandt worden sei.

Der Auftraggeber argumentierte dazu, dass die Antragstellerin übersehe, dass selbst unter der Prämisse der Richtigkeit ihrer Ausführungen, die Antragstellerin durch die falsche Berechnung nicht beschwert sein könne, da sie auch bei Berechnung der Preispunkte nach ihrer eigenen Formel in keinem der verfahrensgegenständlichen Lose als erstgereihte Bieterin anzusehen wäre. Damit erweist sich die aufgezeigte vermeintlich vorliegende Rechtswidrigkeit der falschen Punktevergabe im Ergebnis selbst in diesem Fall als nicht relevant für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens wäre daher nicht möglich gewesen.

Zum Beweis dafür wurde vom Auftraggeber eine Berechnung nach der Auslegung der Formel, wie sie die Antragstellerin vorbringt, vorgelegt.

Eine geschwärzte Fassung dieser Beilage (vgl. OZ 26) wurde der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juli 2021 vorgelegt. Aus dieser Beilage ergibt sich, dass die Antragstellerin in acht Losen an dritter Stelle und in einem Los an vierter Stelle zu reihen ist.

Die Antragstellerin wurde mit diesem Umstand in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konfrontiert und räumte selbst ein, dass sie auch unter Zugrundelegung ihrer eigenen Berechnung in keinem Los vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gereiht gewesen wäre (vgl. Seite 15 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2021, arg. „ASt: Es ist korrekt, dass wir auch unter Zugrundelegung unserer Berechnung der Preisformel und dem Ausscheiden des billigsten Angebotes im Los 9 nicht vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegen würden. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin wäre, aus unserer Sicht, wie in den Stellungnahmen ausgeführt, auszuscheiden gewesen. – VR: Betrifft dies alle Lose? – ASt: Ja. Wir wären unter Zugrundelegung unserer Berechnung in keinem Los vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gelegen.“).

Ein anderes Ergebnis hätte demnach auch gemäß den Ausführungen der Antragstellerin nur dann erlangt werden können, wenn die präsumtive Zuschlagsempfängerin ausgeschieden worden wäre.

Gemäß § 347 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur Vorgängerbestimmung von § 347 BVergG 2018, § 325 BVergG 2006, Folgendes aus (vgl. VwGH 30.01.2019, Ra 2018/04/0001):

„11 Nach § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 ist eine rechtswidrige Zuschlagsentscheidung nur dann für nichtig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Das Verwaltungsgericht hat die Wesentlichkeit fallbezogen verneint, weil auch eine rechtsrichtige Bewertung im Zuschlagskriterium B.2 am ersten Platz der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nichts geändert hätte.

12 Durch die Regelung des § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 soll sichergestellt werden, dass nur Rechtsverstöße, die ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens bewirken können, eine Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung rechtfertigen (siehe VwGH 9.9.2015, Ra 2015/04/0012; 6.3.2013, 2010/04/0037). So hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Eignung eines Bieters festgehalten, dass eine mangelhafte Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit dann keinen wesentlichen Einfluss auf das Vergabeverfahren habe, wenn der präsumtive Zuschlagsempfänger ohnehin technisch leistungsfähig sei (siehe VwGH 21.4.2004, 2004/04/0016; vgl. auch VwGH 12.5.2011, 2007/04/0012, wonach eine Rechtswidrigkeit im Zuge einer Ausscheidensentscheidung dann nicht wesentlich für den Ausgang des Vergabeverfahrens sei, wenn das Ausscheiden zumindest im Ergebnis - wenn auch aus einem anderen als dem vom Auftraggeber herangezogenen Grund - rechtmäßig sei). Ein Mangel der Zuschlagsentscheidung, der nicht geeignet ist, zu einer Änderung in der Reihung der Bieter zu führen, ermächtigt die Nachprüfungsbehörde nicht, diese Entscheidung für nichtig zu erklären (siehe VwGH 20.12.2005, 2004/04/0130). Da der Zuschlag nur dem Bestbieter erteilt werden kann und somit die Reihung an erster Stelle ausschlaggebend ist, kann es in diesem Zusammenhang nur auf eine den ersten Platz betreffende Änderung in der Bieterreihung ankommen.

13 Der Verfassungsgerichtshof hat (zur ‚Vorgängerregelung‘ des § 117 Abs. 1 BVergG 1997) festgehalten, dass ein wesentlicher Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens dann anzunehmen ist, ‚wenn die Vergabeentscheidung bei rechtmäßigem Verhalten des Auftraggebers anders ausgehen könnte‘ (siehe VfGH 2.3.2002, B 691/01 ua.).

14 Die in § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 normierte Voraussetzung des wesentlichen Einflusses für den Ausgang des Vergabeverfahrens fand sich bereits in den §§ 91 Abs. 4 und 94 Abs. 1 Z 2 Bundesvergabegesetz (BVerG), BGBl. Nr. 462/1993. Nach den Erläuterungen zu § 91 Abs. 4 BVerG ist eine Entscheidung dann von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens, ‚wenn sie - bei rechtmäßigem Vorgehen - zur Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter bzw. Bewerber geführt hätte‘ (RV 972 BlgNR 18. GP 69).

15 In Übereinstimmung damit ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass eine im Zuge der Angebotsbewertung bei einem Zuschlagskriterium aufgetretene Rechtswidrigkeit dann nicht von wesentlichem Einfluss für den Ausgang des Vergabeverfahrens ist, wenn dieser Rechtsverstoß an der Reihung als präsumtiver Zuschlagsempfänger nichts geändert hat und der betreffende Unternehmer auch bei rechtmäßigem Vorgehen der Auftraggeberin an erster Stelle zu reihen gewesen wäre. Der Umstand, dass der Abstand zwischen dem erst- und zweitplatzierten Bieter diesfalls geringer ausgefallen wäre, vermag daran nichts zu ändern, weil es für die Ermittlung des Bestbieters nicht auf den Abstand zwischen dem erst- und zweitplatzierten Unternehmer ankommt (in diese Richtung schon VwGH 21.12.2004, 2002/04/0035). Auch der Umstand, dass die Revisionswerberin bei rechtmäßigem Vorgehen der Auftraggeberin an zweiter Stelle (und nicht - wie zuvor der Fall - an dritter Stelle) zu reihen gewesen wäre, führt für sich genommen nicht zur Wesentlichkeit der Rechtswidrigkeit.

16 Der Revisionswerberin ist zwar dem Grunde nach insofern Recht zu geben, als sich die Wesentlichkeit aus dem Zusammenwirken mehrerer Rechtswidrigkeiten ergeben kann (vgl. in diesem Sinn bereits VwGH 2004/04/0130). Allerdings hat das Verwaltungsgericht vorliegend die von der Revisionswerberin behaupteten weiteren Verstöße ohnehin geprüft und deren Vorliegen jeweils verneint (siehe dazu sogleich Pkt. 7).“

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zu dem inhaltsgleichen § 26 Abs 1 Z 2 Salzburger Vergabekontrollgesetz 2007 Folgendes aus (vgl. VwGH 09.09.2015, Ra 2015/04/0012):

„Gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 S. VKG hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers für nichtig zu erklären, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (vgl. inhaltsgleich § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006).

Danach setzt die Nichtigerklärung voraus, dass ein Verstoß der Auftraggeberin für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Dadurch soll sichergestellt werden, dass nur Rechtsverstöße, die ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens bewirken können, eine Nichtigerklärung einer Entscheidung des Auftraggebers rechtfertigen. Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich ist (vgl. zur inhaltsgleichen Regelung des § 26 Abs. 1 WVRG 2007 das hg. Erkenntnis vom 6. März 2013, 2010/04/0037, mwN).“

Dass eine bloße Rechtswidrigkeit des Auftraggeberverhaltens nicht ausreicht, um die Nichtigerklärung einer selbständig anfechtbaren Entscheidung zu stützen, ergibt sich auch aus dem vom Verwaltungsgerichtshof zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. März 2013, 2010/04/0037).

Wörtlich sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. April 2004, 2004/04/0016, Folgendes aus:

„Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin muss die unterlassene oder mangelhaft durchgeführte Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit des als Zuschlagsempfänger in Aussicht genommenen Bieters nicht jedenfalls zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung führen. Eine solche Nichtigerklärung kommt vielmehr gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 des vorliegend anzuwendenden Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz, LGBl. Nr. 17/2003, nur in Betracht, wenn die im Widerspruch zu Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens stehende Entscheidung ‚für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss‘ ist. Die Abweisung eines die mangelhafte Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit geltend machenden Nichtigerklärungsantrages ist daher jedenfalls dann unbedenklich, wenn der in Aussicht genommene Zuschlagsempfänger ohnehin technisch leistungsfähig ist. Diesfalls hat nämlich die bei der Prüfung der technischen Leistungsfähigkeit allenfalls unterlaufene Rechtswidrigkeit keinen wesentlichen Einfluss auf das Vergabeverfahren.“

In der Literatur (vgl. Reisner in Gölles [Hrsg], BVergG – Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 347 Rz 14) wird zu § 347 BVergG 2018 Folgendes festgehalten:

„Z 2 enthält die zweite wesentliche Voraussetzung für die Nichtigerklärung einer Entscheidung, die Wesentlichkeit der Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Die nach Z 1 festgestellte Rechtswidrigkeit muss für den Ausgang des Vergabeverfahrens wesentlich sein, dh sie muss einen anderen Ausgang des Vergabeverfahrens zumindest möglich erscheinen lassen. Ein anderer Ausgang des Vergabeverfahrens bezieht sich immer nur auf den erstgereihten Bieter. So ist die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung wesentlich für den Ausgang des Vergabeverfahrens, wenn sich die Reihung der Bieter änderte, ein anderer Bieter den Zuschlag erhalten würde, wenigstens feststeht, dass der in Aussicht genommene Zuschlagsempfänger mangels Eignung für den Zuschlag nicht in Frage kommt, sein Angebot auszuscheiden ist oder der AG mit einem anderen Bieter die Rahmenvereinbarung abschließen würde.“

Der von der Antragstellerin aufgezeigten Rechtswidrigkeit bezüglich der falschen Berechnung fehlt es somit an der Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens. Dies wurde auch von der Antragstellerin nicht bestritten.

3.5.14. Zum Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes des § 78 Abs 1 Z 4, Z 5 und Z 11 lit b BVergG 2018

3.5.14.1. In der ergänzenden Stellungnahme vom 1. Juli 2021 verweist die Antragstellerin auf die „Rolle aktueller und ehemaliger Mitarbeiter der Ast“. Zwischen der Antragstellerin und dem Mitarbeiter 1 habe zwischen dem 1. August 2009 und dem 31. März 2021 (sohin mehr als zehn Jahre lang) ein aufrechtes Dienstverhältnis bestanden, und zwar sei der Mitarbeiter 1 als Koordinator für die Fachassistenz im Autismusbereich zuständig gewesen. Der Mitarbeiter 1 habe den Vorstand der Antragstellerin am 10. Februar 2021 über die am 29. Jänner 2021 bekanntgemachte verfahrensgegenständliche Ausschreibung informiert. Noch am selben Tag sei der Mitarbeiter 1 in den Krankenstand gegangen und dies habe sich auch nicht mehr bis zum 31. März 2021 geändert. E-Mail- und SMS-Korrespondenzen zwischen der Antragstellerin und ihrem ehemaligen Dienstnehmer würden zeigen, dass die Antragstellerin im Vertrauen auf ihren langjährigen Mitarbeiter bis zu seiner Kündigung am 22. Februar 2021 (zugestellt am 24. Februar 2021) ein eigenständiges Tätigwerden in Bezug auf die Ausschreibung unterlassen habe. Nach der Kündigung durch den Mitarbeiter 1 seien der Antragstellerin demnach noch rund sechs Tage verblieben, um bis zur Angebotsfrist am 2. März 2021 ein Angebot zu erstellen.

In der Stellungnahme vom 16. September 2021 führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass es sich bei Absprachen zwischen dem Mitarbeiter 1 und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um solche zwischen Unternehmern gehandelt habe, die Antragstellerin vermute, dass die Angebotslegung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Bieterin 2 in Abstimmung mit dem Verein XXXX erfolgt sei, durch das sittenwidrige Abwerben der Mitarbeiter der Antragstellerin auch eine schwere berufliche Verfehlung im Sinne des § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 vorliege und die Antragstellerin davon ausgehe, dass der Mitarbeiter 1 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Antragstellerin verwendet habe, als er zur Konzepterstellung der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beigezogen worden sei.

In der Stellungnahme vom 30. September 2021 führte die Antragstellerin zusammengefasst aus, dass eine E-Mail-Korrespondenz eindeutig zeige, dass der Mitarbeiter 1 sehr wohl Kenntnis von den Plänen zur Teilnahme am Vergabeverfahren der Antragstellerin gehabt habe, weder die Mitarbeiterin 4 noch die Mitarbeiterin 3 die erforderlichen praktischen Berufserfahrungen in der AHS-Fachassistenz aufweisen würden und daher keinesfalls in der Lage gewesen seien, alleine oder mit Hilfe der Psychiaterin das Konzept in einer entsprechenden Qualität zu erstellen. Falls das Konzept dennoch von den drei erwähnten Personen verfasst worden sei, sei festzuhalten, dass damit das Konzept der präsumtiven Zuschlagempfängerin nicht von ihr stamme, sondern von einem anderen Unternehmen, nämlich von der XXXX . Im Rahmen einer umfassenden Sachverhaltserforschung wären daher auch die Mitarbeiterin 3 und die Mitarbeiterin 4 einzuvernehmen.

Die Antragstellerin verweist in Zusammenhang mit ihrem Vorbringen auf § 78 Abs 1 Z 4, Z 5 und Z 11 BVergG 2018.

3.5.14.2. In den Gesetzesmaterialien heißt es zu § 78 Abs 1 Z 4, Z 5 und Z 11 BVergG 2018 (69 der Beilagen XXVI. GP, 92):

„Abs. 1 Z 4 enthält zwei verschiedene Ausschlussgründe: einerseits den Tatbestand, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen und andererseits den Tatbestand, dass mit anderen Unternehmern Abreden getroffen wurden, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen. Zu beachten ist, dass hinsichtlich des zweiten Tatbestandes (vgl. dazu auch den Wortlaut von Art. 57 Abs. 4 lit. d der RL 2014/24/EU ) die ‚Abreden‘ nicht notwendiger Weise auf eine Benachteiligung des öffentlichen Auftraggebers abzielen müssen. Sanktioniert werden soll vielmehr ein durch entsprechende Anhaltspunkte belegtes, allgemein verpöntes und im Kontext der öffentlichen Beschaffung besonders relevantes (negatives) Verhalten. Als hinreichender Grund für den Ausschluss gemäß Abs. 1 Z 4 wird jedenfalls eine Verurteilung nach § 168b StGB (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren) in Betracht kommen. Es obliegt der Einschätzung des Auftraggebers, ob die ihm zur Verfügung stehenden Informationen ‚hinreichend plausible Anhaltspunkte‘ dafür darstellen, dass ein wettbewerbsverzerrendes Verhalten vorliegt. Zum Verständnis des Begriffes ‚nachteilige Abreden‘ ist insbesondere auf Art. 101 AEUV zu verweisen; er erfasst nicht bloß wettbewerbsverzerrende Vereinbarungen zwischen Unternehmen sondern auch wettbewerbsverzerrende abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen.

Zu Abs. 1 Z 5 ist festzuhalten, dass hinsichtlich schwerer Verfehlungen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit gemäß den unionsrechtlichen Vorgaben das Abfordern eines entsprechenden Nachweises vom Unternehmer unzulässig wäre (vgl. diesbezüglich auch das Verbot der Selbstbezichtigung gemäß Art. 90 Abs. 2 B-VG). Die schwere Verfehlung muss vielmehr vom öffentlichen Auftraggeber selbst auf geeignete Weise nachgewiesen werden. Wie der Nachweis der Verfehlung im Sinne von Abs. 1 Z 5 zu erfolgen hat, wird nicht explizit geregelt. Aus der systematischen Interpretation mit den weiteren Ausschlusstatbeständen sowie den Regelungen des § 80 ergibt sich, dass das Gesetz an diesen Nachweis strenge Kriterien bezüglich seiner Objektivierbarkeit legt. Der Nachweis muss daher objektiven Kriterien genügen und damit jenen Formen des Nachweises des Vorliegens eines Ausschlussgrundes gleichzuhalten sein, die in den anderen Tatbeständen des § 78 geregelt sind. Die Tatsache, dass der öffentliche Auftraggeber ein bestimmtes in einem früheren Auftragsverhältnis gesetztes Verhalten des Bewerbers, über dessen Bewertung er gerade mit dem Bewerber im Rechtsstreit liegt, als schwere Verfehlung wertet, stellt keinen objektiven Kriterien genügenden Nachweis dar. Die Umstände, auf die sich der Nachweis der schweren beruflichen Verfehlung durch den öffentlichen Auftraggeber gründet, müssen wesentlich von objektiven, nicht erst künftiger gerichtlicher Klärung unterliegenden Umständen abhängen. Abs. 1 Z 5 kann subsidiär vom öffentlichen Auftraggeber herangezogen werden, falls eine entsprechende Feststellung durch den öffentlichen Auftraggeber im Zusammenhang mit einer gerichtlich strafbaren Handlung erfolgte (bei der zB keine Verurteilung erfolgte oder noch keine Verurteilung erfolgte oder bei der eine Verurteilung nicht mehr möglich ist). Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. dazu etwa Rs C-465/11, Forposta, C-470/13, Generali) umfasst der Begriff der ‚Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit‘ ‚jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Glaubwürdigkeit des betreffenden Unternehmers hat‘. Jedenfalls dazu zählen Verstöße gegen berufsethische Regelungen des Berufsstands, dem ein Unternehmer angehört, die durch das Disziplinarorgan dieses Berufsstands oder durch eine rechtskräftige Gerichtsentscheidung festgestellt wurden, jedoch kann auch die Nichterfüllung (früherer) vertraglicher Pflichten durch einen Unternehmer grundsätzlich als eine Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit qualifiziert werden. Abs. 1 Z 5 verlangt jedoch ferner, dass es sich um eine ‚schwere Verfehlung‘ handeln muss: darunter ist ein Verhalten zu verstehen, das beim Unternehmer auf Vorsatz oder auf eine Fahrlässigkeit von gewisser Schwere (somit um grobe Fahrlässigkeit) schließen lässt; ob dies vorliegt ist im Einzelfall zu beurteilen. So belegt eine nicht ordnungsgemäße, ungenaue oder mangelhafte Erfüllung eines früheren Vertrages (oder eines Vertragsteiles) unter Umständen eine geringe fachliche Qualifikation des Unternehmers, doch stellt sie nicht automatisch auch eine schwere Verfehlung im Sinne der Z 5 dar (und rechtfertigt keinesfalls einen automatischen Ausschluss vom Vergabeverfahren). Abs. 1 Z 5 enthält eine zentrale Bestimmung für die Berücksichtigung arbeits-, sozial- und umweltrechtlicher Vorschriften bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Bieter, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial und Umweltrechts, begangen haben, die vom öffentlichen Auftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde, sind zwingend auszuschließen. Eine Verletzung zwingend einzuhaltender Bestimmungen kann daher mittelbar dazu führen, dass der betreffende Bieter nicht mehr berechtigt ist, am Vergabeverfahren teilzunehmen. So ist etwa gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO die Gewerbeberechtigung zwingend zu entziehen, wenn ‚der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen […] die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.‘ Als derartige Schutzinteressen sind gemäß § 87 Abs. 1 Schlussteil leg. cit. ‚insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung‘ anzusehen. In Österreich stellen Verletzungen arbeits- und sozialrechtlicher Bestimmungen zumeist zwingendes Recht dar und sind in der Regel mit Verwaltungssanktionen bewehrt (vgl. zB: § 28 AZG, § 130 ASchG, § 21 BEinstG, § 22 AÜG, § 160 ArbVG und § 30 KJBG). Die Übertretung dieser Vorschriften, die verwaltungsstrafrechtlich geahndet wird, stellt jedenfalls gleichzeitig auch eine Verletzung von Berufspflichten und damit insbesondere eine Übertretung von zum Schutz der Arbeitnehmer erlassenen Regeln dar und kann somit auch zum Ausschluss von einem Vergabeverfahren führen.

[…]

Argumentum a minori ad maius soll über den Wortlaut von Art. 57 Abs. 4 lit. i der RL 2014/24/EU hinaus nicht nur der Versuch der Übermittlung fahrlässig irreführender Informationen an den öffentlichen Auftraggeber, sondern auch die tatsächliche Übermittlung solcher Informationen zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren (Abs. 1 Z 11 lit. c) führen. Gleiches soll selbstverständlich auch für Abs. 1 Z 11 lit. a und b gelten, wobei hier jedoch der Versuch der häufigere Fall sein wird.“

Art 57 Abs 4 lit i der Richtlinie 2014/24/EU trägt folgenden Wortlaut:

„i) der Wirtschaftsteilnehmer hat versucht, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder fahrlässig irreführende Informationen zu übermitteln, die die Entscheidungen über Ausschluss, Auswahl oder Auftragszuschlag erheblich beeinflussen könnten.“

Von der Struktur her zielt der Ausschlussgrund auf ein Verhalten eines Bieters ab, das gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber „wirksam“ wird bzw. werden soll. Dieser Ausschlussgrund setzt vereinfacht gesagt gewisse Handlungen voraus, die eine Auswirkung auf die Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers haben oder haben könnten. Schon vom Wortlaut her wird dies im ersten und im dritten Tatbestand (§ 78 Abs 1 Z 11 lit a und c BVergG 2018) ausdrücklich geregelt. Lediglich im zweiten Tatbestand (vgl. § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018) wird nicht explizit auf die Beeinflussung des öffentlichen Auftraggebers abgestellt. Aufgrund seiner systematischen Einordnung zwischen dem ersten Tatbestand und dem dritten Tatbestand wird aber bei einer systematischen Betrachtung sowohl von Art 57 Abs 4 lit i der Richtlinie 2014/24/EU als auch von § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 deutlich, dass aufgrund des zweiten Tatbestandes der Versuch, vertrauliche Informationen zu erhalten, mittels derer unzulässige Vorteile im Rahmen der Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers erlangt werden, pönalisiert wird.

Die Frage, wann von einer schweren Verfehlung auszugehen ist, ist vor dem Hintergrund der Gesamtregelung des § 78 BVergG 2018 zu beurteilen. Eine schwere Verfehlung muss ihrem Gewicht nach zumindest ähnliche Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit eines Unternehmers zulassen, wie dies etwa bei einer strafgerichtlichen Verurteilung, einer wettbewerbsverzerrenden bzw. sittenwidrigen Abrede (§ 78 Abs 1 Z 4 BVergG 2018) oder einem Versuch einer unzulässigen Einflussnahme (§ 78 Abs 1 Z 11 BVergG 2018) der Fall wäre. Es muss sich daher um eine Verletzung zwingend einzuhaltender Vorschriften handeln; die Nichtbeachtung bloßer Empfehlungen oder Obliegenheiten wird nicht als schwere Verfehlung zu qualifizieren sein. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union umfasst der Begriff „Verfehlung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit“ jedes fehlerhafte Verhalten, das Einfluss auf die berufliche Glaubwürdigkeit des Unternehmers hat. § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 spricht davon, dass ein Unternehmer eine Verfehlung begangen hat. Handelt es sich bei dem Unternehmer um keine natürliche Person, dann ist nach § 78 Abs 2 Z 2 BVergG 2018 auf die Begehung durch eine Person abzustellen, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist; nur dann ist die Begehung einer schweren Verfehlung der juristischen Person zuzurechnen (vgl. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 78 Rz 53 und 64).

Der Tatbestand des § 78 Abs 1 Z 4 BVergG 2018 vereint zwei Ausschlussgründe: Gegen die guten Sitten verstoßende nachteilige Abreden sind (nur) dann erfasst, wenn sie für den öffentlichen Auftraggeber nachteilig waren. Dieser Ausschlussgrund kann als ein Unterfall einer schweren beruflichen Verfehlung (nach § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018) angesehen werden. In Hinblick auf den Wortlaut (für „den“ öffentlichen Auftraggeber) kann ein öffentlicher Auftraggeber diesen Ausschlussgrund nur heranziehen, wenn er selbst – und nicht irgendein anderer öffentlicher Auftraggeber – von der Abrede nachteilig betroffen war. Der zweite Ausschlussgrund – die auf eine Wettbewerbsverzerrung abzielenden Abreden – erfordert hingegen keine (beabsichtigte) Benachteiligung des öffentlichen Auftraggebers. Die Erläuterungen begründen dies damit, dass hier ein im Kontext der öffentlichen Beschaffung besonders relevantes (negatives) Verhalten sanktioniert werden soll. Zum Begriff der nachteiligen Abrede verweisen die Erläuterungen zudem auf Art 101 AEUV, aus dem sich ergibt, dass nicht nur wettbewerbsverzerrende Vereinbarungen, sondern auch wettbewerbsverzerrende abgestimmte Verhaltensweisen erfasst sind (vgl. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 78 Rz 92 und 93).

§ 78 Abs 1 Z 11 lit a BVergG 2018 sanktioniert den Versuch, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen und § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 den Versuch, auf unzulässige Weise vertrauliche Informationen zu erhalten. Dasselbe muss im Sinne eines Größenschlusses auch für die seltenen Fälle gelten, in welchen es nicht bloß beim Versuch geblieben ist, sondern der Unternehmer die Handlungen tatsächlich gesetzt hat (vgl. Deutschmann/Heid, in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer [Hrsg], Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2018 [2019] § 78 Rz 43 und 44).

§ 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 enthält als Tatbestandsvoraussetzungen „versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte“.

Das Bundesverwaltungsgericht sprach mit Erkenntnis vom 26. Mai 2020, W139 2227134-2, hinsichtlich § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 Folgendes aus:Aber selbst wenn das Handeln von Herrn XXXX der präsumtiven Rahmenvereinbarungspartnerin zuzurechnen wäre, wird damit nicht der Tatbestand des § 249 Abs 2 Z 10 lit b BVergG 2018 verwirklicht. Angesichts des Ermittlungsergebnisses ist zwar davon auszugehen, dass Herr XXXX und Herr XXXX auch inhaltlich über die Kalkulation der vorliegend ausgeschriebenen Reinigungsleistungen gesprochen haben. Weder kam allerdings das Treffen der beiden ehemaligen Angestellten der Antragstellerin über Initiative von Herrn XXXX zustande noch wurde die auch den Gegenstand des Gespräches bildende damals aktuelle Tätigkeit von Herrn XXXX im Zusammenhang mit der gegenständlichen Ausschreibung initiativ von Herrn XXXX zur Sprache gebracht. Dass sich in der Folge hierzu nach anfänglichem Smalltalk ein Gespräch über die Kalkulation derartiger Leistungen entwickelt hat, ist demnach nicht von Herrn XXXX veranlasst worden und ist dem Fortlauf des Gespräches geschuldet. Wie dargelegt, ist es insofern auch nicht verwunderlich und nicht als gezielt vorbereitet anzusehen, dass die Verfahrensunterlagen damals im Büro von Herrn XXXX sichtbar auflagen, zumal es nachvollziehbar ist, dass Herr XXXX als Niederlassungsleiter für die Steiermark in dieses Vergabeverfahren miteingebunden war und daher seinerseits, dies etwa im Hinblick auf die geplante Ortsbesichtigung, auch die Ausschreibungsunterlagen gesichtet und aufbereitet wurden. Festzuhalten ist überdies, dass die Fragestellung seitens Herrn XXXX , wie der Zeuge XXXX auch mehrfach angab, darauf gerichtet war, bei ihm zu erfragen, wie man allgemein bzw er dies selbst kalkulieren würde. Auch wenn Herr XXXX dies persönlich nicht so empfunden haben mag, war die Fragestellung objektiv auf die allgemeine bzw dessen persönliche Herangehensweise an die Kalkulation gerichtet. Dass hier vor dem Hintergrund der ehemaligen vertretungsweisen Betreuung der Auftraggeberin durch Herrn XXXX auch entsprechende Erfahrungswerte aus dieser Tätigkeit geradezu unvermeidlich einfließen, ist lebensnah und naheliegend. Unter Zugrundelegung dieser Rahmenbedingungen stellt sich das Gespräch daher für den Senat angesichts der – offenbar auch unter den beiden Zeugen wechselseitig bestehenden – Einschätzung, dass weder Herr XXXX noch Herr XXXX im Punkte der Kalkulation der in Rede stehenden Leistungen erhebliche Erfahrung mitbringen, und insbesondere auch weil nicht Herr XXXX selbst, sondern Herr XXXX und Herr XXXX für die Kalkulation verantwortlich waren, als ein, zwar auch konkrete Reinigungsleistungen betreffendes, sich aber von vorneherein auf sehr oberflächlichem Niveau bewegendes ‚Fachsimpeln‘ unter ehemaligen Arbeitskollegen dar, bei welchem weder Details über die Preisgestaltung der Antragstellerin – betreffend etwa die von ihr ehemals oder aktuell angesetzten Quadratmeterleistungen oder deren Stundensatz – konkret und gezielt erfragt wurden noch solche auch tatsächlich seitens Herrn XXXX mitgeteilt wurden bzw mangels Kenntnis mitgeteilt werden konnten. Schon insofern ist darin daher nicht der Versuch zu erblicken, vertrauliche Informationen über die Preisgestaltung der Mitbewerberin, deren Kenntnis einen nicht völlig unerheblichen Wettbewerbsvorteil bewirken könnte, in Erfahrung zu bringen.“

3.5.14.3. Zur Erstellung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurde in der mündlichen Verhandlung dazu Folgendes erörtert (vgl. die Seiten 5ff des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2017):

XXXX

XXXX

XXXX Z1: XXXX

XXXX XXXX

XXXX

Mit dem zuvor dargestellten Sachverhalt, wie er sich aus den mündlichen Verhandlungen ergibt, ist der Tatbestand des Versuches, „vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die er unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte“ nicht verwirklicht.

Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin durch diesen Sachverhalt im Sinne des § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 „im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom öffentlichen Auftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde“, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden. Ebenso ist nicht erkennbar, weshalb dadurch „der öffentliche Auftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen“.

Es kamen im gesamten Verfahren keine Anhaltspunkte hervor und (und dies wurde von der Antragstellerin auch nicht substantiiert behauptet), dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin „mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen“. Aus den mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht ergeben sich keine Anzeichen dafür, dass im Zusammenhang mit dem Mitarbeiter 1 von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin solche Abreden mit wem auch immer getroffen wurden.

Wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt, versuchte der Mitarbeiter 1 aus Eigeninitiative, einen neuen Arbeitgeber zu finden und wurde von der Psychiaterin (und somit nicht von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) der Kontakt zur präsumtiven Zuschlagsempfängerin hergestellt. Wie dem Verhandlungsprotokoll vom 17. September 2021 zu entnehmen ist, leistete der Mitarbeiter 1 keinen inhaltlichen Beitrag zum Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und wurde auch von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht versucht, den Mitarbeiter 1 zur Leistung eines Beitrags oder zur Weitergabe von vertraulichen Informationen der Antragstellerin zu bewegen. Ergänzend ist anzumerken, dass sich aus der Zusammenschau der zitierten Ausführungen in der mündlichen Verhandlung am 15. Juli 2021 und am 17. September 2021 mit jenen im Schriftsatz der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vom 1. Juli 2021 ableiten lässt, dass der Mitarbeiter 1 über keine Kenntnis des konkreten Angebots der Antragstellerin verfügte, da das Angebotskonzept erst erarbeitet werden musste, er zum damaligen Zeitpunkt erkrankt war und daher nicht beruflich tätig war.

Dass sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit dem Mitarbeiter 1 vertraglich hinsichtlich seiner potentiellen Stellung als Koordinator einigte, ist vergaberechtlich ohne weitere Umstände nicht relevant. Wie die Ausführungen in den mündlichen Verhandlungen und in den Schriftsätzen der Antragstellerin zeigen, kamen solche Umstände nicht hervor. Es kann daher nicht – wie von der Antragstellerin in den Raum gestellt – erkannt werden, dass möglicherweise Informationen über Angebotsinhalte weitergegeben worden wären und diese Umstände aufgrund einer möglichen Weitergabe von Angebotsinhalten zu einer so groben Wettbewerbsverzerrung geführt hätten, dass eine Bestbieterermittlung unmöglich gewesen wäre, weshalb der Ausschlussgrund des § 78 Abs 1 Z 4, Z 5 oder Z 11 lit b BVergG 2018 in Zusammenhang mit dem Mitarbeiter 1 nicht vorliegt.

Aus der glaubwürdigen Aussage von dem Mitarbeiter 1 und der Psychiaterin ergab sich eindeutig, dass der Mitarbeiter 1 nicht an der Erstellung des Konzeptes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitwirkten. Das Vorbringen in der Stellungnahme der Antragstellerin vom 30. September 2021 zielt darauf ab, dass die genannten Personen nicht über die ausreichende Erfahrung verfügen würden, das ausgeschriebene Konzept zu erstellen.

Aus der mündlichen Verhandlung (vgl. Seite 16 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021) ist zu ersehen, dass die Mitarbeiterin 3 und die Mitarbeiterin 4 an der Erstellung des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin insoweit mitwirkten, als diese die Psychiaterin, die das Konzept für das XXXX erstellte, dabei unterstützten. Beide waren Mitarbeiterinnen der Antragstellerin gewesen.

Die Antragstellerin behauptet in diesem Zusammenhang – ohne entsprechenden Beleg –, dass „wo Kenntnisse der [Mitarbeiterin 3] während aufrechtem Beschäftigungsverhältnis zur PräsZE kamen“ (vgl. Seite 20 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021).

Insoweit die Antragstellerin Rechtswidrigkeiten in Zusammenhang mit der zuvor dargestellten Mitwirkung von diesen beiden Mitarbeiterinnen am Konzept der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erblickt und dabei auf § 78 BVergG 2018 verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass aus den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und dem Vorbringen der Antragstellerin sowie dem Umstand, dass zwei Mitarbeiterinnen der Antragstellerin durch ihre Unterstützung der Psychiaterin im Rahmen ihrer Funktion bei XXXX an der Erstellung des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitwirkten, keine Anhaltspunkt dafür erkennbar sind, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen (§ 78 Abs 1 Z 4 BVergG 2018). Nach der glaubwürdigen Aussage in der mündlichen Verhandlung hatte die präsumtive Zuschlagsempfängerin keine Kenntnis davon, dass Mitarbeiterinnen der Antragstellerin an der Erstellung des Konzepts der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mitwirkten (vgl. Seite 21 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021), da sie das Konzept „von [der Psychiaterin] bzw. vom XXXX erhalten“ hat (vgl. Seite 7 des Verhandlungsprotokolls vom 15. Juli 2021), sodass sowohl die Möglichkeit ausscheidet, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin Abreden mit anderen Unternehmen in diesem Zusammenhang vornahm, als auch § 78 Abs 1 Z 11 lit b BVergG 2018 nicht verwirklicht sein kann, da für das Bundesverwaltungsgericht kein Versuch der Informationserlangung durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin erkennbar ist. Vor diesem Hintergrund ist daher auch nicht ersichtlich, mit welchen anderen Unternehmern (offenbar von der Antragstellerin angedeutet, XXXX ) die präsumtive Zuschlagsempfängerin Abreden getroffen haben sollte. Für eine Verwirklichung von § 78 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 fehlen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes jegliche Anhaltspunkte.

Soweit die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 30. September 2021 nach der mündlichen Verhandlung am 17. September 2021 ausführt (vgl. Seite 4), dass im Rahmen einer umfassenden Sachverhaltserforschung die Mitarbeiterin 3 und die Mitarbeiterin 4 einzuvernehmen wären, ist ihr zu erwidern, dass Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren unzulässig sind (vgl. VwGH 02.09.1992, 92/02/0194). Erkundungsbeweise „dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es ihr erst ermöglichen, dieses zu erstatten“ (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 46 Rz 16 und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Begründend heißt es zu diesem Antrag, dass zu hinterfragen wäre, wie diese Personen (gemeinsam mit der Psychiaterin) in Ermangelung von einschlägigen Kenntnissen, das in Rede stehende Konzept erstellen hätten können. Es ist daher nicht ersichtlich, welches Vorbringen der Antragstellerin durch diese Einvernahme untermauert werden sollte. Sollte mit der Einvernahme die Vermutung (vgl. Seite 4 der Stellungnahme der Antragstellerin vom 30. September 2021), dass der Mitarbeiter 1 „der federführende Verfasser des Konzepts“ der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gewesen sei, untermauert werden, so wird dies nicht konkret offengelegt und es wird insbesondere nicht klargestellt, weshalb die beiden Personen, diese Vermutung untermauern könnten. Ebenso legt die Antragstellerin – gerade auch vor dem Hintergrund des zuvor Gesagten - nicht offen, wie die beiden Zeuginnen, das Bestehen von nachteiligen Abreden durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin oder den Versuch vertrauliche Informationen zu erhalten durch die präsumtive Zuschlagsempfängerin, durch ihre Aussagen unter Beweis stellen könnten.

Zudem ist festzuhalten, dass dem Rechtvertreter der Antragstellerin bereits vor Schluss des Beweisverfahrens offen gestanden wäre etwaige weitere Beweisanträge zu stellen, er diese Möglichkeit jedoch nicht in Anspruch nahm und ausdrücklich angab, dass keine Beweisanträge mehr offen wären (vgl. Seite 21 des Verhandlungsprotokolls vom 17. September 2021, arg. „VR: Gibt es Beweisanträge? – Alle Parteien: Nein. – Keine (weiteren) Beweisanträge offen.“).

Soweit die Antragstellerin vorbringt (vgl. Seite 4 der Stellungnahme der Antragstellerin vom 30. September 2021), dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin auszuscheiden wäre, da das eingereichte Konzept nicht von ihr stamme, vermag das Bundesverwaltungsgericht nicht zu erkennen, welche Bestimmung der Ausschreibung oder des BVergG 2018 dadurch verletzt worden wäre. Die Antragstellerin führt in der genannten Stellungnahme auch keine rechtliche Grundlage hierfür an.

3.5.14.4. Die Antragstellerin bringt bezüglich der in den Raum gestellten Preisabsprache vor, dass die Mitarbeiterin 2 im Angebot der Bieterin 2 genannt worden sei. Die Mitarbeiterin 2 sei nach wie vor in einem aufrechten Dienstverhältnis zur Antragstellerin. Als langjährige Mitarbeiterin kenne sie auch den Mitarbeiter 1. Es sei daher nicht auszuschließen, dass es hier auch zu einem Informationsaustausch zwischen zwei langjährigen Arbeitskollegen in Bezug auf die Ausschreibung gekommen sei bzw. eventuell Preisabsprachen vorgenommen worden seien. Als Indiz dafür könne der äußerst nah beieinanderliegende Preis der beiden Bieterinnen genannt werden. Die Antragstellerin vermutet, dass diese Preisabsprachen erfolgt seien, um möglichst viele Punkte bei der Preisbewertung erreichen zu können und somit sicherzustellen, dass nur einer der beiden Bieter den Zuschlag erhalten würde.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann in diesem Zusammenhang nicht davon ausgegangen werden, dass der öffentliche Auftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte dahingehend verfügt, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin mit anderen Unternehmern für den öffentlichen Auftraggeber nachteilige Abreden getroffen hätte, die gegen die guten Sitten verstoßen oder auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen würden.

Die Antragstellerin leitet – wie dargestellt – aus dem Umstand der geringeren Differenz des Angebotspreises zweier Bieter und dem Umstand, dass zwei damalige Mitarbeiter von ihr möglicherweise für diese Bieter tätig wurden, ab, dass Preisabsprachen stattfanden. Aus dem vorliegenden Vergabeakt und dem Vorbringen der Antragstellerin sind – außer der geringen Preisdifferenz – keine Anhaltspunkte dahingehend erkennbar, dass Abreden im vorgenannten Sinn getroffen worden wären. Folgt man dem Vorbringen der Antragstellerin, dann hätten zwei Mitarbeiterinnen der Antragstellerin ihr Wissen um die Preisstruktur der Antragstellerin insoweit verwendet, um jeweils einem anderen Unternehmen, mit dem sie möglicherweise bereits vertragliche Regelungen erzielten, Vorteile zu verschaffen. Dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin als Unternehmerin Abreden mit anderen Unternehmern getroffen hätte, kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen. Insbesondere ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage von dem Mitarbeiter 1 in der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2021, dass er in die Erstellung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht involviert war. Es war ihm folglich gar nicht möglich, Abreden in Zusammenhang mit dem Preis zu treffen.

3.5.15. Zur vertieften Angebotsprüfung

3.5.15.1. Zum Vorbringen der Parteien

Die Antragstellerin argumentiert, dass vom Auftraggeber in allen Losen eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen gewesen wäre.

Zum Los 9 wendet die Antragstellerin ein, dass der angebotene Preis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um 5,21 % niedriger gewesen sei als jener der Antragstellerin.

Der Auftraggeber hält dem entgegen, dass – abgesehen davon, dass gemäß § 151 BVergG 2018 keine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen gewesen wäre –, die Preisabstände zwischen dem erst und zweitgereihten Bieter in allen Losen (bis auf das Los 6) bei XXXX % gelegen seien und daher selbst unter der Prämisse der Anwendbarkeit des § 137 BVergG 2018 eine vertiefte Preisprüfung in diesen Losen nicht indiziert gewesen sei.

3.5.15.2. Zur geltend gemachten Unanwendbarkeit von § 137 BVergG 2018

Soweit der Auftraggeber unter Verweis auf ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vermeint, dass im konkreten Fall aufgrund der Anwendbarkeit von § 151 BVergG 2018 keine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen sei, ist auf § 20 BVergG 2018 zu verweisen.

§ 20 Abs 1 BVergG 2018 lautet:

„§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.“

In der Literatur heißt es in Zusammenhang mit der vertieften Angebotsprüfung (Gölles inGölles [Hrsg], BVergG – Bundesvergabegesetz 2018 [2020] § 137 Rz 1 und Rz 7):

„§ 20 Abs 1 letzter Satz enthält als einen der fundamentalen Grundsätze, dass der AG die Vergabe zu angemessenen Preisen vorzunehmen hat. Eine konkrete Definition dieses Begriffs enthält das BVergG nicht. Der Grundsatz der Preisangemessenheit ist mit dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs gem § 20 Abs 1 verbunden.“

Die Vergabe zu angemessenen Preisen stellt einen wesentlichen Grundsatz des Vergabeverfahrens dar. Schon daraus ist ersichtlich, dass auch im konkreten Fall eine Prüfung stattzufinden hat, ob die Vergabe zu angemessenen Preisen erfolgt. Das Bundesverwaltungsgericht sieht auch keinen Grund dafür, von der zitierten Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. BVwG 05.12.2019, W134 2224559-2), wonach bei dieser Angebotspreisprüfung gemäß § 20 BVergG 2018 jedenfalls keine höheren Anforderungen als bei einer vertieften Angebotsprüfung nach § 137 BVergG 2018 anzunehmen sind, abzuweichen. Wörtlich heißt es in dem Erkenntnis:

„Da es sich bei einer vertieften Angebotsprüfung gem. § 137 BVergG 2018 um eine Plausibilitätsprüfung handelt, bei der nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen werden muss, sondern nur - grob - geprüft wird, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (VwGH 22.11.2011, Zl. 2007/04/0201), ist an eine Angebotspreisprüfung gemäß § 20 Abs. 1 BVergG 2018 jedenfalls keine höhere Anforderung zu stellen.“

3.5.15.3. Zur Literatur und Judikatur zur vertieften Angebotsprüfung

Der Verwaltungsgerichtshof sprach zur vertieften Angebotsprüfung Folgendes aus (vgl. VwGH 22.06.2011, 2011/04/0011):

„4.1. Im Beschwerdefall wurde die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers von der belangten Behörde deshalb aufgehoben, weil der Auftraggeber es unterlassen habe, im Hinblick auf das Angebot der Beschwerdeführerin eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen.

4.2. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu betonen, dass es gemäß § 125 BVergG 2006 Aufgabe des Auftraggebers ist, die Angemessenheit der Preise (gegebenenfalls im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung) zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, Zl. 2006/04/0245).

Diese Prüfung ist gemäß § 125 Abs. 1 BVergG 2006 in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, durchzuführen. Die Preisangemessenheit ist daher, wenn es um kein Alternativangebot geht, immer in Bezug auf die ‚ausgeschriebene‘ Leistung zu beurteilen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. November 2010, Zl. 2006/04/0245, und zur Preisangemessenheitsprüfung im Sektorenbereich das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2011, Zl. 2008/04/0082).

Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist gemäß § 125 Abs. 2 BVergG 2006 von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen. Das BVergG 2006 konkretisiert nicht, was unter einem angemessenen Preis zu verstehen ist. In einer freien Marktwirtschaft bildet sich der Preis im Wettbewerb, exakte Werte sind nicht festlegbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2011, Zl. 2008/04/0082, mit Verweis auf Literatur).

[…]

Die Voraussetzung des ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreises ist in § 125 Abs. 3 Z. 1 BVergG 2006 angeführt. Ob ein derartig ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung des Auftraggebers sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote. In der Literatur werden folgende Fälle unterschieden: Geringe Abweichung (bis etwa 5 %), tolerierbare Abweichung (bis etwa 15 %) und grobe Abweichung (ab etwa 15 %) (vgl. Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006- Kommentar (2009) Rz. 28 zu § 125).“

Entsprechend dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot einer zwingend durchzuführenden kontradiktorischen Überprüfung der Angebotspreise muss im Zuge der vertieften Angebotsprüfung der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche – bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische – Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen (vgl. Fink/Hofer in Heid Schiefer Rechtsanwälte/Preslmayr Rechtsanwälte [Hrsg], Handbuch Vergaberecht – Neu bearbeitet und erweitert unter Berücksichtigung der Novelle 20154 [2015] Rz 1582 und 1590 unter Verweis auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union). Schließlich ist gemäß § 140 Abs 1 BVergG 2018 die Prüfung der Angebote so zu dokumentieren, sodass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind. Ziel der Dokumentation der Angebotsprüfung ist, dass „objektiv nachvollziehbar begründete Ermittlung des zuzuschlagenden Angebotes dokumentiert“ wird (Gölles in Gölles [Hrsg], § 140 Rz 4).

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich Folgendes (vgl. VwGH 22.05.2012, 2009/04/0187):

„Gemäß § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 hat der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund der Ergebnisse seiner Prüfung Angebote auszuscheiden, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (z.B. spekulative Preisgestaltung) aufweisen. Nach § 125 BVergG 2006 ist es Aufgabe des Auftraggebers, die Angemessenheit der Preise (gegebenenfalls im Rahmen einer vertieften Angebotsprüfung) zu beurteilen. Diese Prüfung ist gemäß § 125 Abs. 1 BVergG 2006 - in einem Fall wie dem vorliegenden - in Bezug auf die ausgeschriebene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, durchzuführen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist gemäß § 125 Abs. 2 BVergG 2006 von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen. Gemäß § 125 Abs. 3 BVergG 2006 muss der Auftraggeber Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen (Z. 1), Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 80 Abs. 4 aufweisen (Z. 2), oder nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen (Z. 3). § 125 Abs. 4 und 5 BVergG 2006 enthält nähere Vorschriften darüber, wie die vertiefte Angebotsprüfung im Einzelnen zu erfolgen hat.

4.3. Im Beschwerdefall brachte die Beschwerdeführerin schon im Verfahren vor der belangten Behörde vor, dass das Angebot der Zuschlagsempfängerin einen ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweise und aus diesem Grund eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen gewesen wäre.

4.4. Die belangte Behörde verneinte eine Verpflichtung der Auftraggeberin zur vertieften Angebotsprüfung und führte aus, die Auftraggeberin habe schlüssig und nachvollziehbar dargetan, dass die Angebotsbewertung in gesetzeskonformer Weise durchgeführt und die Angemessenheit der Preise (anhand von Erfahrungswerten) geprüft worden seien. Die Kostenschätzung, auf Grund derer die Angemessenheit der Preise geprüft worden sei, sei auch vom Landesrechnungshof genehmigt worden.

4.5. Nach § 125 Abs. 3 Z. 1 BVergG 2006 hat eine vertiefte Angebotsprüfung stattzufinden, wenn Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen. Ob ein derartig ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung der Auftraggeberin sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 2011, Zl. 2011/04/0011).

Ausgehend davon kommt es - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - nicht allein darauf an, ob der Angebotspreis der Zuschlagsempfängerin weit unter dem aus den Angeboten anderer Bieter errechneten Durchschnittspreis gelegen ist. Es ist der Beschwerdeführerin aber zuzugestehen, dass der Vergleich der Gesamtpreise der einzelnen Angebote Rückschlüsse auf die Wettbewerbssituation und damit auf die jeweils relevanten Marktverhältnisse geben kann (vgl. § 125 Abs. 2 BVergG 2006; in diesem Sinn auch A. Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, a.a.O., Rz. 13 zu § 125).

Daneben ist bei der gebotenen Überprüfung des Gesamtpreises auch die Kostenermittlung durch die Auftraggeberin (vgl. § 13 Abs. 3 BVergG 2006) in Betracht zu ziehen. Insofern kommt den Erwägungen der belangten Behörde, die Kostenermittlung sei anhand von Erfahrungswerten vorgenommen und vom Landesrechnungshof überprüft und genehmigt worden, wesentliche Bedeutung zu.“

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (etwa VwGH 22.05.2012, 2009/04/0187) ergibt sich damit aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung des Auftraggebers sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote, ob ein derartig ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann. Vor diesem Hintergrund stehen als Ausgangspunkt für die Preisprüfung der geschätzte Auftragswert und ein Vergleich der Angebotspreise der Bieter zur Verfügung (Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 20062 [2009] § 125 Rz 8). „Eine weitere Beurteilung des Gesamtpreises erfolgt über den Angebotspreisvergleich. Dabei werden die Preisrelationen der einzelnen Angebote untereinander beurteilt. Der Vergleich der Gesamtpreise der einzelnen Angebote kann Rückschlüsse auf die Wettbewerbssituation geben“ (Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg], § 125 Rz 13). Ob ein ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis vorliegen kann, ergibt sich aus dem Vergleich mit der Kostenermittlung des Auftraggebers sowie aus dem Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote. Beide Vergleiche geben einen Überblick darüber, ob ein unverhältnismäßig niedriger Gesamtpreis vorliegen könnte. Ein ungewöhnlich niedriger Gesamtpreis liegt bereits dann vor, wenn die Differenz zwischen der Kostenermittlung des Auftraggebers bzw. der Vergleich der Gesamtpreise aller Angebote über 15 % („grobe Abweichung") beträgt (Kropik, § 125 Rz 28). Auch in der vergaberechtlichen Judikatur wurde ein Vergleich mit der Kostenschätzung bzw. ein Vergleich mit den Angeboten der Bieter als zulässig erachtet (siehe etwa BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

Die Angebotsprüfung erfasst im weitesten Sinne einerseits die Prüfung der Ausschreibungskonformität und andererseits die Bestbieterermittlung (Fink/Hofer, Vergaberecht4 Rz 1542; siehe dazu auch Gölles in Schramm/Aicher/Fruhmann, [Hrsg], Bundesvergabegesetz: Kommentar zum Bundesvergabegesetz 20062 [2012] § 128 Rz 4).

Dem Gebot der Transparenz im Vergabeverfahren kommt insbesondere in der Wahl des Angebotes für den Zuschlag eine elementare Bedeutung zu, da die Entscheidung des Auftraggebers, aus welchen Gründen er einem bestimmten Bieter einen Zuschlag erteilen möchte, objektiv nachvollziehbar sein muss (Koller in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inkl. BVergG Konz – Leitsatzkommentar [2019] § 140 Rz 12 mit Verweis auf BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

In der Literatur wird im Zusammenhang mit der Frage, welche Angebote einer vertieften Angebotsprüfung zu unterziehen sind, Folgendes vertreten (Gölles in Gölles [Hrsg], § 137 Rz 7):

„Prüfpflicht gem § 135 Abs 2 Z 4: Die Pflicht zur Prüfung der Preisangemessenheit ergibt sich aus § 135 Abs 2 Z 4. Sie ist zwingend bei den für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Angeboten vorzunehmen. Bei diesen Angeboten darf der AG somit nicht wegschauen, sondern muss konkret prüfen und aktiv Aufklärung von Ungereimtheiten und Unklarheiten der Preisgestaltung des Bieters vornehmen. § 137 konkretisiert, was Gegenstand der Preisprüfung ist. Die Prüfpflicht erfasst nur das Angebot des Bieters, aber nicht die Subangebote von Subunternehmern.“

Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung ist der Auftraggeber verpflichtet, die vom Bieter im Zuge eines Aufklärungsgesprächs abgegebenen Erklärungen kritisch zu hinterfragen und zu überprüfen. Die Feststellung, dass es sich um angemessene und nicht spekulative Preise handelt, ist objektiv zu begründen. Aus dem Prüfbericht muss hervorgehen, dass die Preise betriebswirtschaftlich erklärbar und nachvollziehbar sind (Rindler/Lehner in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inkl. BVergG Konz – Leitsatzkommentar [2018] § 137 Rz 60 mit Verweis auf BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E; UVS OÖ 19.10.2006, VWSen-550290/6/Kü/Sp, VWSen-550292/6/Kü/Sp, VWSen-550300/3/Kü/Sp).

Die vertiefte Angebotsprüfung hat so detailliert und umfangreich zu sein, dass eine ausreichend begründete Schlussfolgerung, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann, möglich ist (Rindler/Lehner, § 137 Rz 61 mit Verweis auf BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

Über die Prüfung der Angebote und ihr Ergebnis ist eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Angebote wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Der Niederschrift kommt vor allem für den Fall eines Vergabekontrollverfahrens besondere Bedeutung zu. Sie dient gleichsam einer „ex-post-Kontrolle" des Auftraggeberverhaltens und gewährleistet damit im Sinne des Gebotes der Transparenz die Nachvollziehbarkeit jener Auftraggeberentscheidungen, denen das Ergebnis der Angebotsprüfung zugrunde liegt.

Dem Gebot der Transparenz im Vergabeverfahren kommt insbesondere in der Wahl des Angebotes für den Zuschlag eine elementare Bedeutung zu, da die Entscheidung des Auftraggebers, aus welchen Gründen er einem bestimmten Bieter einen Zuschlag erteilen möchte, objektiv nachvollziehbar sein muss (Koller in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inkl. BVergG Konz – Leitsatzkommentar [2019] § 140 Rz 12 mit Verweis auf BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

Die schriftliche Dokumentation der vertieften Angebotsprüfung ist aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung der Bieter im Sinne des § 20 Abs 1 BVergG 2018 zwingend geboten. Wenn ein Auftraggeber dies unterlässt, liegt ein Verstoß gegen § 20 Abs 1 iVm § 140 BVergG 2018 vor (Koller, § 140 Rz 13 mit Verweis auf BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.09.2011, 2007/04/0102) ist Aufgabe des Auftraggebers „(und nicht der Behörde)“ die vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. Dabei hat die Vergabekontrollbehörde die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit der Preisgestaltung zu prüfen, „dies aber unter Berücksichtigung der dem Auftraggeber zur Verfügung gestandenen Unterlagen. Die belangte Behörde hatte daher im Nachprüfungsverfahren die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit des Einheitspreises für die Zweischicht-Betondecke auf der Grundlage der im Vergabeverfahren gegenüber der Auftraggeberin abgegebenen Erklärungen der Beschwerdeführerin zu beurteilen (somit auch auf der Grundlage des Prüfberichts, wonach der Zement im Werk der […] hergestellt werde) und damit auf neue, im Nachprüfungsverfahren erstmals vorgebrachte Erklärungen betreffend die Plausibilität des Preises nicht Bedacht zu nehmen.“

Das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Vergabekontrollbehörde wurde vom Verwaltungsgerichtshof wörtlich so umschrieben (vgl. VwGH 22.06.2011, 2007/04/0076, mit Verweis auf VwGH 25.01.2011, 2008/04/0082):

„Das BVergG 2006 konkretisiert nämlich nicht, was unter einem angemessenen Preis zu verstehen ist. In einer freien Marktwirtschaft bildet sich der Preis im Wettbewerb, exakte Werte sind nicht festlegbar. Vielmehr ist dessen betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit aus sachverständiger Sicht zu ermitteln (vgl. hiezu auch Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 – Kommentar2, Rz 2 zu § 268, und Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht3, 548 f, Rz 1415). Gegenständlich wäre es daher Aufgabe der belangten Behörde (als Vergabekontrollbehörde) gewesen, auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens jene Argumente nachzuprüfen, die von der Auftraggeberin für bzw. von der mitbeteiligten Partei (als Nachprüfungswerberin) gegen die Plausibilität des Preises der Zuschlagsempfängerin ins Treffen geführt wurden.“

Aus diesem Grund kann auch die von dem Auftraggeber in der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2021 vorgelegte vertiefte Preisprüfung im Hinblick auf den präsumtiven Zuschlagsempfänger und den 2. Gereihten (vgl. Verhandlungsprotokoll Seite 20), bei der Entscheidung nicht berücksichtigt werden.

3.5.15.4. Zur vertieften Angebotsprüfung bezüglich der Lose 1 und 9

Unbestritten geht es im konkreten Fall nicht um die Frage, ob das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin einer vertieften Angebotsprüfung zu unterziehen gewesen wäre, sondern, ob das Angebot mit dem niedrigsten Gesamtpreis einer vertieften Angebotsprüfung zu unterziehen gewesen wäre. Der eindeutige Gesetzeswortlaut spricht gegen diese Annahme. Dafür spricht, dass das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis als Referenzwert für die Punktevergabe im Zuschlagskriterium Preis heranzuziehen ist.

Vor dem Hintergrund, dass bereits bei einer Abweichung des Gesamtpreises zwischen erst- und zweitgereihtem Angebot von über 15 % eine vertiefte Angebotsprüfung notwendig ist (Kropik, § 125 Rz 28), könnte argumentiert werden, dass dies auch auf den gegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt zuträfe, in welchem der Angebotspreis der billigsten Bieterin den geschätzten Auftragswert sowie den Gesamtpreis der zweitbilligsten Bieterin um mehr als 15 % unterschreitet (vgl. allgemein und nicht zu so einer spezifischen Konstellation in der vergaberechtlichen Judikatur zur vertieften Angebotsprüfung BVwG 28.09.2015, W123 2112845-2/24E).

Das vorliegende Ermittlungsverfahren ergab, dass in den Losen 1 und 9 zum einen der Gesamtpreis des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um weniger als 15 % unter dem Gesamtpreis des Angebots der Antragstellerin liegt sowie zum anderen der Gesamtpreis des Angebots der billigsten Bieterin um mehr als 15 % unter der Kostenschätzung des Auftraggebers und auch um mehr als 15 % unter dem Gesamtpreis der Bieterin mit dem zweitbilligsten Angebotspreis liegt.

Vor dem Hintergrund, dass in den Losen 1 und 9 einerseits zwar jeweils ein Angebot der billigsten Bieterin abgegeben wurde, dessen Gesamtpreis um mehr als 15 % unter dem nächstbilligen Angebot, und zwar jeweils unter dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin lag, jedoch die Angebote der billigsten Bieterin für die Zuschlagserteilung nicht in Betracht kamen und andererseits der Gesamtpreis des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um weniger als 15 % unter dem Gesamtpreis des Angebots der Antragstellerin liegt, fand hinsichtlich der Lose 1 bis 9 zu Recht keine vertiefte Angebotsprüfung statt.

Zudem ist Folgendes zu berücksichtigen:

Die Antragstellerin würde selbst bei Ausscheiden der Bieterin mit dem billigsten Angebotspreis und bei Berechnung der Punktevergabe nach ihrer Berechnungsformel im Zuschlagskriterium Preis – sogar selbst wenn ihr gemeinsam mit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin die Höchstpunktanzahl 60 fiktiv zugeschrieben werden würde – nicht vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, die dann 60 Punkte erhalten würde, liegen (vgl. das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin ua bezüglich der Lose 1 und 9).

Die Antragstellerin hätte im Los 9 31,67 Punkte im Zuschlagskriterium Qualität und 58,44 Punkte im Zuschlagskriterium Preis, in Summe also 90,11 Punkte. Auch bei Berechnung mit 60 Punkten im Zuschlagskriterium Preis läge sie nur bei 91,67 Punkten. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin käme auf 40 Punkte im Zuschlagskriterium Qualität und 60 Punkte im Zuschlagskriterium Preis. Selbst wenn daher eine vertiefte Angebotsprüfung beim Angebot der Bieterin mit dem billigsten Gesamtpreis in Los 9 unterlassen worden sein sollte, würde dieser Rechtswidrigkeit keine Wesentlichkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens zukommen.

Die gleichen Überlegungen gelten für das Los 1. Denkt man hier das Angebot mit dem billigsten Gesamtpreis weg, wäre die präsumtive Zuschlagsempfängerin die Bieterin mit dem billigsten Angebotspreis und würde daher 60 Punkte im Zuschlagskriterium Preis erhalten. Selbst wenn man davon ausginge, dass auch die Antragstellerin 60 Punkte erhalten würde, läge sie mit 91,67 Punkten im Los 1 nicht vor der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 100 Punkten.

3.5.15.5. Zur vertieften Angebotsprüfung bezüglich des Loses 7

Im Los 7 ist die präsumtive Zuschlagsempfängerin auch die Bieterin mit dem billigsten Gesamtpreis. Die Abweichung zwischen dem Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin beträgt im Los 7 weniger als 15 %; auch liegt das Verhältnis zwischen dem Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und dem Angebotspreis der nächstbilligen Bieterin weit unter 5 %.

Zudem liegt in Los 7 der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zwar über dem geschätzten Auftragswert, jedoch beträgt die Abweichung lediglich unter 10 %; auch liegt der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin in Los 7 unter 5 % im Verhältnis zu dem aus allen Angebotspreisen errechneten Durchschnittspreis. Daraus ergibt sich, dass keine Zweifel an den Preisen im Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin entstanden sind und die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Der Auftraggeber war daher nicht verpflichtet, eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen.

3.5.15.6. Zur vertieften Angebotsprüfung bezüglich der Lose 2, 3, 4, 5 und 8

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, führte der Auftraggeber im vorliegenden Verfahren hinsichtlich der Lose 2, 3, 4, 5 und 8 keine vertiefte Angebotsprüfung durch.

In den Losen 2, 3, 4, 5 und 8 ist die präsumtive Zuschlagsempfängerin auch die Bieterin mit dem billigsten Gesamtpreis.

Die Abweichung zwischen dem Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin betragen:

im Los 2: 21,6 %

im Los 3: 15,7 %

im Los 4: 21,6 %

im Los 5: 21,6 %

im Los 8: 21,6 %

Im Los 2 liegt die präsumtive Zuschlagsempfängerin auch um mehr als 15 % unter einem weiteren Angebot.

Der geschätzte Auftragswert wird hingegen gering überschritten und die Abweichung zum zweitgereihten Angebot ist auch unwesentlich; bei beiden beträgt die Abweichung deutlich unter 15 %. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das zweitgereihte Angebot in allen Losen vom Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin um den gleichen Prozentsatz abweicht. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kann dieses Angebot daher – auch, wenn wie zuvor ausgeführt, keine Indizien für Preisabsprachen hervorkamen – nur eingeschränkt herangezogen werden, um eine nicht durchgeführte vertiefte Angebotsprüfung zu rechtfertigen.

Vorliegend erweist sich daher das Vorbringen der Antragstellerin, der Auftraggeber hätte eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen müssen wegen der weiter oben ersichtlichen, über 15% betragenden Abweichungen, als berechtigt, wenn auch nicht aufgrund von § 137 BVergG 2018, sondern aufgrund von § 20 BVergG 2018.

Gemäß § 347 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist (Z 1), und die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist (Z 2).

Für die Wesentlichkeit reicht bereits das Bestehen der Möglichkeit, dass bei rechtskonformer Vorgangsweise des Auftraggebers ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens möglich ist; es genügt also die bloß potenzielle Relevanz für den Ausgang des Vergabeverfahrens (Reisner, in Gast [Hrsg], Bundesvergabegesetz inkl. BVergG Konz – Leitsatzkommentar [2019] § 347 Rz 25).

3.6. Ergebnis

3.6.1. Zu den Losen 1, 7 und 9

Vor dem Hintergrund, dass im gegenständlichen Verfahren keine Hinweise hervorkamen, dass die von der Antragstellerin ins Treffen geführten Ausschlussgründe vorliegen bzw. sich das Vorbringen der Antragstellerin in dieser Hinsicht als nicht berechtigt erwies sowie sich auch die übrigen geltend gemachten Rechtswidrigkeiten der Antragstellerin als unzutreffend herausstellten, war der gegenständliche Antrag, „[d]as Bundesverwaltungsgericht möge ein Nachprüfungsverfahren einleiten und die Zuschlagsentscheidung vom 28.05.2021 für nichtig erklären“, hinsichtlich der Lose 1, 7 und 9 abzuweisen.

3.6.2. Zu den Losen 2, 3, 4, 5 und 8

Durch die unterlassene vertiefte Prüfung der Angemessenheit der Preise bezüglich der Lose 2, 3, 4, 5 und 8 ist die Antragstellerin jedenfalls in ihren im verfahrenseinleitenden Schriftsatz angeführten subjektiven Rechten (insbesondere in dem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens gemäß den Grundsätzen des Vergaberechtes) verletzt. Diese Rechtswidrigkeit ist auch für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Auftraggeber – bei ordnungsgemäßer Prüfung – zu einem anderen Ergebnis (etwa dem Ausscheiden des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin) gelangen hätte können.

Schon aus diesem Grunde war daher dem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung betreffend die Lose 2, 3, 4, 5 und 8 Folge zu geben. Die am 28. Mai 2021 der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren bekanntgegebene Zuschlagsentscheidung betreffend die Lose 2, 3, 4, 5 und 8 war daher für nichtig zu erklären.

3.7. Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ist die Rechtslage klar und eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. VwGH 12.11.2020, Ra 2020/16/0159).

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

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