VwGH Ra 2015/04/0071

VwGHRa 2015/04/007116.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Revision der S GmbH in S, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 13. Juli 2015, Zl. LVwG- 5/45/20-2015, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (mitbeteiligte Partei: S V GmbH in S), zu Recht erkannt:

Normen

61998CJ0337 Kommission / Frankreich;
62006CJ0454 Pressetext Nachrichtenagentur VORAB;
62008CJ0091 Wall VORAB;
BVergG 2006 §150 Abs2;
BVergG 2006 §150;
BVergG 2006 §151;
BVergG 2006 §152 Abs1;
BVergG 2006 §152;
BVergG 2006 §19 Abs4;
BVergG 2006 §25 Abs7;
ÖPNRV-G 1999 §10 Abs1;
ÖPNRV-G 1999 §10 Abs2;
ÖPNRV-G 1999 §17;
ÖPNRV-G 1999 §18 Abs1 Z2;
ÖPNRV-G 1999 §18 Abs1 Z8;
ÖPNRV-G 1999 §18 Abs1 Z9;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Angefochtenes Erkenntnis

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (Verwaltungsgericht) wurde der Antrag der Revisionswerberin, den erneuten Aufruf zum Wettbewerb "Kleiner Linienverkehr S, T, Los 1 - Leistungspaket 2376" vom 28. Mai 2015 für nichtig zu erklären, als unbegründet abgewiesen (I.), der Antrag auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr absowie der Antrag auf Rückzahlung eines Teilbetrages dieser Gebühr zurückgewiesen (II.) und die Revision gegen dieses Erkenntnis für nicht zulässig erklärt (III.).

Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der erneute Aufruf zum Wettbewerb sei gemäß Punkt 2 Abs. 12 lit. b der Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 allen Partnern der Rahmenvereinbarung zugestellt worden. Die Revisionswerberin sei nicht Partnerin dieser Rahmenvereinbarung.

Die mitbeteiligte Auftraggeberin sei gemäß § 18 Abs. 1 Z 9 Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 (ÖPNRV-G) sowie § 2 Z 2.2. ihres Gesellschaftsvertrages ermächtigt, Vergabeverfahren für Verkehrsdienstleistungen entweder im eigenen Namen oder im Auftrag der Gebietskörperschaften durchzuführen.

Die Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 sei § 151 Abs. 6 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006) entsprechend über drei Jahre abgeschlossen worden. Betreffend die vorliegenden Verkehrsdienstleistungen sei die Rahmenvereinbarung - entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin - ausreichend konkretisiert, indem die Linienbündelung und die beabsichtigte Inbetriebnahme samt Angabe der ungefähren Kilometerleistung der einzelnen Leistungspakete bekannt gewesen seien. Diese Bedingungen der Rahmenvereinbarung seien der Revisionswerberin als Teil einer Bietergemeinschaft bei deren Abschluss bekannt gewesen. Zudem sei im Hinblick auf Inhalte und Festlegungen dieser Rahmenvereinbarung zwischenzeitlich Präklusion eingetreten.

Revision

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision, die vom Verwaltungsgericht gemäß § 30a Abs. 7 VwGG unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorgelegt wurde.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Grundsätzlich

Die Revision wirft in ihren Zulässigkeitsgründen die Rechtsfrage auf, ob ein erneuter Aufruf zum Wettbewerb (nach § 152 Abs. 4 BVergG 2006) zulässig ist, wenn die Rahmenvereinbarung nicht § 25 Abs. 7 BVergG 2006 entspricht.

Die Revision ist zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt. Rechtslage

Die in der vorliegenden Rechtssache maßgeblichen Bestimmungen

des BVergG 2006 lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

16. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.

a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:

...

ii) bei der Rahmenvereinbarung gemäß § 25 Abs. 7:

hinsichtlich des zum Abschluss der Rahmenvereinbarung führenden Verfahrens die gesondert anfechtbaren Entscheidungen gemäß sublit. aa), bb), dd) oder ee) mit Ausnahme der Zuschlagsentscheidung; die Entscheidung, mit welchem Unternehmer bzw. mit welchen Unternehmern die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll; bei einer Rahmenvereinbarung, die mit mehreren Unternehmern abgeschlossen wurde, der erneute Aufruf zum Wettbewerb; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;

...

Arten der Verfahren zur Vergabe von Aufträgen

§ 25. ...

(7) Eine Rahmenvereinbarung ist eine Vereinbarung ohne Abnahmeverpflichtung zwischen einem oder mehreren Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmern, die zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den in Aussicht genommenen Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge. Auf Grund einer Rahmenvereinbarung wird nach Abgabe von Angeboten eine Leistung von einer Partei der Rahmenvereinbarung mit oder ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb bezogen.

...

Vergabe von öffentlichen Aufträgen

auf Grund von Rahmenvereinbarungen

§ 152. (1) Bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden öffentlichen Aufträge dürfen die Parteien keinesfalls substanzielle Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vornehmen.

(2) Aufträge, die auf Grund einer gemäß § 151 abgeschlossenen Rahmenvereinbarung vergeben werden sollen, werden gemäß den in Abs. 3 bis 6 beschriebenen Verfahren vergeben. Diese Verfahren sind nur zwischen dem bzw. den Auftraggebern und jenem bzw. jenen Unternehmern zulässig, die von Anfang an Parteien der Rahmenvereinbarung waren.

...

(4) Wird eine Rahmenvereinbarung mit mehreren Unternehmern gemäß § 151 Abs. 3 abgeschlossen, so ist der Zuschlag für die auf dieser Rahmenvereinbarung beruhenden Aufträge

1. unmittelbar auf Grund der Bedingungen der Rahmenvereinbarung ohne erneuten Aufruf zum Wettbewerb, oder

2. nach erneutem Aufruf der Parteien zum Wettbewerb zu erteilen.

(5) Sofern nicht alle Bedingungen für die Vergabe der Aufträge in der Rahmenvereinbarung selbst festgelegt sind, kann der erneute Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2

1. auf der Grundlage der ursprünglichen und nunmehr vervollständigten Bedingungen der Rahmenvereinbarung für die Vergabe der Aufträge, oder

2. auf der Grundlage von anderen, in den Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung genannten Bedingungen

erfolgen.

(6) Bei einem erneuten Aufruf der Parteien zum Wettbewerb gemäß Abs. 4 Z 2 kann der Auftraggeber den Zuschlag entweder nach Durchführung einer elektronischen Auktion gemäß den §§ 146 bis 149 oder nach Durchführung des nachfolgenden Verfahrens erteilen:

1. Vor der Vergabe jedes Einzelauftrages konsultiert der Auftraggeber schriftlich jene Parteien der Rahmenvereinbarung, die in der Lage sind, die konkret nachgefragte Leistung zu erbringen.

2. Der Auftraggeber setzt eine angemessene Frist für die Abgabe neuer Angebote für jeden Einzelauftrag fest. Bei der Festsetzung der Frist hat der Auftraggeber insbesondere die Komplexität des Auftragsgegenstandes und die für die Übermittlung der Angebote und der sonstigen Unterlagen erforderliche Zeit zu berücksichtigen.

3. Die Angebote sind schriftlich einzureichen, ihr Inhalt ist bis zum Ablauf der Angebotsfrist geheim zu halten.

4. Der Zuschlag ist dem gemäß dem oder den auf der Grundlage der Ausschreibungsunterlagen der Rahmenvereinbarung festgelegten Zuschlagskriterium bzw. Zuschlagskriterien am besten bewerteten Angebot zu erteilen. Die Gründe für die Zuschlagsentscheidung sind schriftlich festzuhalten. Hinsichtlich der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, der Wirksamkeit des Zuschlages und der Form des Vertragsabschlusses gelten die §§ 131 bis 134.

..."

Bestandskraft

In der vorliegenden Rechtssache ist unstrittig, dass die Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013, die dem angefochtenen Aufruf zum Wettbewerb zu Grunde liegt und nach den unstrittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes gemäß § 151 Abs. 6 BVergG 2006 abgeschlossen wurde, mangels Anfechtung bestandfest geworden ist.

Eine unanfechtbar gewordene (bestandfeste) Entscheidung des Auftraggebers kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Nachprüfung von auf dieser Entscheidung aufbauenden Entscheidungen des Auftraggebers nicht mehr überprüft werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt festgehalten, dass - wenn die (allenfalls falsche) Wahl des Vergabeverfahrens unangefochten bleibt und diese Entscheidung somit bestandfest wird - sich der weitere Ablauf des Verfahrens dann nach dieser (nicht mehr angreifbaren) Wahl zu richten hat (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom 17. September 2014, 2013/04/0149, mwN). Ist eine Ausschreibungsbestimmung (wie etwa die Festlegung des Billigstbieterprinzips) mangels rechtzeitiger Anfechtung der Ausschreibung bestandfest geworden, ist sie - unabhängig davon, ob sie bei rechtzeitiger Anfechtung für nichtig zu erklären gewesen wäre - der gegenständlichen Auftragsvergabe zugrunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2009, 2007/04/0090, mwN auf die Rechtsprechung zur Bestandskraft).

Gleiches gilt für die Bestandskraft einer Rahmenvereinbarung nach § 25 Abs. 7 BVergG 2006. Ist diese mangels rechtzeitiger Anfechtung bestandfest geworden, ist sie dem weiteren Vergabeverfahren zugrunde zu legen und können auf ihrer Grundlage gemäß § 152 BVergG 2006 öffentliche Aufträge vergeben werden.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass es sich bei der dem angefochtenen Aufruf zum Wettbewerb zugrundeliegenden Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 um keine Rahmenvereinbarung nach der Legaldefinition des § 25 Abs. 7 BVergG 2006 gehandelt habe, weist sie doch für das Vorliegen einer Rahmenvereinbarung notwendige Wesenselemente auf (Vereinbarung ohne Abnahmeverpflichtung zwischen einem oder mehreren Auftraggebern und einem oder mehreren Unternehmern, die zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen; vgl. zu dieser Legaldefinition auch Öhler/Schramm Rz. 41 zu § 25 in:

Schramm/Aicher/Fruhmann, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar3 (2013)).

Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang behauptet, die Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 entspreche nicht § 25 Abs. 7 BVergG 2006, weil diese Bestimmung verlange, dass eine Rahmenvereinbarung jedenfalls die Bedingungen für die Aufträge, die vergeben werden sollen, insbesondere in Bezug auf den Preis und gegebenenfalls die in Aussicht genommene Menge enthalten müsse, übersieht sie Folgendes:

Zunächst ist auf Grund der Bestandskraft der Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 nicht mehr zu prüfen, ob die Rahmenvereinbarung den Anforderungen an die Beschreibung und Bestimmtheit des Leistungsgegenstandes bzw. an die Kalkulierbarkeit und Vergleichbarkeit der Angebote entspricht (vgl. zu dieser Frage Zellhofer/Hornbanger, Rz. 21 zu § 151 in: Schramm/Aicher/Fruhmann, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar3 (2013); vgl. zur Kalkulierbarkeit iZm dem Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 2014, 2012/04/0124, mwN). § 25 Abs. 7 BVergG 2006 nennt als ein Wesensmerkmal einer Rahmenvereinbarung, dass sie zum Ziel hat, die Bedingungen für die Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen. Die dabei vom Gesetzgeber verwendete Wortfolge ("zum Ziel hat") zeigt deutlich, dass die Rahmenvereinbarung ein Instrument der Auftragsvergabe darstellt, in dem die Bedingungen für die konkrete Leistungserbringung erst nachträglich fixiert oder modifiziert werden können (vgl. zu Letzterem das hg. Erkenntnis vom 18. März 2015, 2012/04/0070). Keinesfalls aber sind - wie von der Revisionswerberin behauptet - Bedingungen in Bezug auf den Preis und die in Aussicht genommene Menge Wesensmerkmale des § 25 Abs. 7 BVergG 2006, ohne welche nicht mehr von einer Rahmenvereinbarung gesprochen werden kann.

Substanzielle Änderungen bei der Vergabe

Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der im vorliegenden Nachprüfungsverfahren angefochtenen Entscheidung (erneuter Aufruf zum Wettbewerb gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit ii) ist wesentlich, dass gemäß § 152 Abs. 1 BVergG 2006 bei der Vergabe von auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden öffentlichen Aufträge keine substanziellen Änderungen vorgenommen werden dürfen.

In dieser Hinsicht hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis 2012/04/0070 festgehalten:

"Für die Vergabe von Aufträgen auf Basis einer Rahmenvereinbarung gelten ausschließlich die §§ 150 Abs. 2, 151, 152 BVergG 2006 sowie die in diesen Bestimmungen verwiesenen Paragrafen. Da eine Rahmenvereinbarung ein Instrument der Auftragsvergabe darstellt, in dem die Bedingungen für die konkrete Leistungserbringung erst nachträglich fixiert oder nachträglich modifiziert werden können, kommt § 152 Abs. 1 BVergG 2006, wonach bei der Vergabe der auf einer Rahmenvereinbarung beruhenden öffentlichen Aufträge die Parteien keinesfalls substanzielle Änderungen an den Bedingungen der Rahmenvereinbarung vornehmen dürfen, als spezieller Ausformulierung des Diskriminierungsverbotes für diesen Bereich besondere Bedeutung zu. 'Substanzielle' Änderungen der Bedingungen einer Rahmenvereinbarung wären etwa Änderungen des Leistungsgegenstandes, die wesentlich andere Angebote (für den Abschluss der Rahmenvereinbarung) oder einen stark veränderten Bewerber- oder Bieterkreis (für den Abschluss der Rahmenvereinbarung) zur Folge gehabt hätten (vgl. zu allem RV 1171 BlgNR XXII. GP , 94 f).

Bei der Beurteilung der Frage, ob eine substanzielle Änderung vorliegt, ist vor allem auf die Gleichbehandlung und den Transparenzgrundsatz zu achten. Die Rechtsprechung des EuGH betreffend die Zulässigkeit nachträglicher Vertragsänderungen bietet Anhaltspunkte für die Ausmittlung der Grenze zwischen einer dem Charakteristikum der Rahmenvereinbarung entsprechenden Abänderung bzw. Konkretisierung der Leistungsverpflichtung und einer unzulässigen substanziellen Vertragsänderung (vgl. Hornbanger/Zellhofer in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 20062, § 152 Rz 1, mit Verweis auf Erwägungsgrund 11 der VergabeRL 2004). In seinem Urteil vom 19. Juni 2008, C-454/06 "Pressetext", sprach der EuGH aus, um die Transparenz der Verfahren und die Gleichbehandlung der Bieter sicherzustellen, seien Änderungen der Bestimmungen eines öffentlichen Auftrags während seiner Geltungsdauer als Neuvergabe des Auftrags im Sinne der Richtlinie 92/50 anzusehen, wenn sie wesentlich andere Merkmale aufweisen würden als der ursprüngliche Auftrag und damit den Willen der Parteien zur Neuverhandlung wesentlicher Bestimmungen dieses Vertrags erkennen ließen (Rn 34; mit Verweis auf das Urteil des EuGH vom 5. Oktober 2000, Kommission/Frankreich, C-337/98 , Slg. 2000, I-8377, Rn 44 und 46). Die Änderung eines öffentlichen Auftrags während seiner Laufzeit könne als wesentlich angesehen werden, wenn sie Bedingungen einführe, die die Zulassung anderer als der ursprünglich zugelassenen Bieter oder die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebots erlaubt hätten, wenn sie Gegenstand des ursprünglichen Vergabeverfahrens gewesen wären (Rn 35; vgl. auch das Urteil des EuGH vom 13. April 2010, Rs C-91/08 , Wall AG, Rz 43)."

Entscheidend ist daher, ob im erneuten Aufruf zum Wettbewerb im Vergleich zu der bestandfesten Rahmenvereinbarung substanzielle Änderungen im obigen Sinne vorgenommen wurden (wie die oben angeführten Änderungen des Leistungsgegenstandes, die wesentlich andere Angebote für den Abschluss der Rahmenvereinbarung oder einen stark veränderten Bewerber- oder Bieterkreis für den Abschluss der Rahmenvereinbarung zur Folge gehabt hätten).

Die Revision behauptet fallbezogen nicht, dass der von ihr angefochtene Aufruf zum Wettbewerb (näher bezeichnete) substanzielle Änderungen gegenüber der Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 aufweise. Sie bringt vielmehr vor, die Rahmenvereinbarung sei zu unbestimmt, um substanzielle Änderungen überhaupt prüfen zu können.

Es trifft zu, dass in einem Fall, in dem eine - wenn auch bestandfeste - Rahmenvereinbarung derart unbestimmt ist, dass sich zwischen ihr und dem auf ihrer Grundlage erfolgenden Aufruf zum Wettbewerb kein inhaltlicher Konnex herstellen lässt, davon ausgegangen werden muss, dass substanzielle Änderungen im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung vorliegen und die Entscheidung über den erneuten Aufruf zum Wettbewerb § 152 Abs. 1 BVergG 2006 widerspricht.

Von einem solchen Verstoß kann fallbezogen jedoch keine Rede sein:

Das Verwaltungsgericht hat zwar keine eigenen Feststellungen zum Inhalt der Rahmenvereinbarung vom 6. Februar 2013 getroffen. Jedoch lässt sich der Begründung des angefochtenen Erkenntnis mit noch ausreichender Deutlichkeit entnehmen, dass Gegenstand dieser auf drei Jahre abgeschlossenen Rahmenvereinbarung Verkehrsdienstleistungen sind, welche durch eine Linienbündelung und die beabsichtigte Inbetriebnahme samt Angabe der ungefähren Kilometerleistung der einzelnen Leistungspakete konkretisiert sind. Wie dem Inhalt der der Revision beigelegten Rahmenvereinbarung zu entnehmen ist, hat diese den Betrieb von Kraftfahrlinienverkehren für die Fahrstrecken im Bereich Zentralraum Salzburg (bezeichnet als "Kleiner Linienverkehr Salzburg") zum Gegenstand und verweist weiter auf den "Verkehrsverbundkooperationsvertrag für den Salzburger Verkehrsverbund" (Anlage ./1 der Rahmenvereinbarung).

Von diesem bestandfest festgelegten Inhalt der Rahmenvereinbarung ausgehend, ist nicht zu sehen, dass zwischen dem erneuten Aufruf zum Wettbewerb, der ein Los über zwei näher bezeichnete Linien im "Kleiner Linienverkehr Salzburg, Tennengau" zum Gegenstand hat, und der bestandfesten Rahmenvereinbarung im obigen Sinne kein inhaltlicher Konnex bestünde.

Mangels konkretem Vorbringen der Revisionswerberin bestehen fallbezogen keine Anhaltspunkte dafür, dass mit dem erneuten Aufruf zum Wettbewerb entgegen § 152 Abs. 1 BVergG 2006 substanzielle Änderungen vorgenommen worden seien.

Verkehrsverbundorganisationen als öffentliche Auftraggeber

Die Revision stellt in Frage, ob Verkehrsverbundorganisationen nach den Bestimmungen des ÖPNRV-Gesetzes (wie vorliegend die mitbeteiligte Auftraggeberin) Verkehrsdienstleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vergeben dürfen.

Zu diesem Vorbringen ist auf das hg. Erkenntnis vom 9. April 2013, 2011/04/0042, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat:

"Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass zu den Aufgaben der mitbeteiligten Auftraggeberin als Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft (§ 17 ÖPNRV-G) auch die Koordination der Bestellung (Auferlegung) von Verkehrsdiensten (§ 18 Abs. 1 Z. 2 ÖPNRV-G) und Einzelplanungen für den Abschluss von Verkehrdienstverträgen (Bestellungen) einschließlich Kosten- und Erlösschätzung (§ 18 Abs. 1 Z. 8 ÖPNRV-G) zählen. Auch hat die mitbeteiligte Auftraggeberin nach § 10 Abs. 2 ÖPNRV-G Beträge, die durch den Bund abgedeckt werden (§ 10 Abs. 1 ÖPNRV-G), zur Bestellung von nachfrageorientierten Verkehrsdienstleistungen im Kraftfahrlinienbereich zu verwenden. Die Befugnis der mitbeteiligten Auftraggeberin zum Abschluss der ausgeschriebenen Bestellung von Verkehrsdienstleistungen mittels eines Dienstleistungsauftrages ist daher gegeben."

Somit ist bereits geklärt, dass die mitbeteiligte Auftraggeberin als Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft zur Vergabe von Verkehrsdienstleistungen befugt ist. Im Übrigen ist zu dieser Frage auch auf § 18 Abs. 1 Z 9 ÖPNRV-G hinzuweisen, der die Bestellung von Verkehrsdienstleistungen durch die Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft vorsieht. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung (AB 2046 BlgNR 20. GP , 6) sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass "Leistungsbestellungen und Ausschreibungsverfahren im Auftrag" weitere wichtige Aufgaben der Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft sind und diese "über Auftrag als Besteller für den Abschluß von Verkehrsdienstverträgen (Leitungsbestellungen)" auftreten.

Ergebnis

Der Inhalt der vorliegenden Revision lässt somit erkennen, dass die von der Revisionswerberin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2015

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