BVwG W221 2209463-1

BVwGW221 2209463-112.7.2021

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W221.2209463.1.00

 

Spruch:

W221 2209463-1/15EW221 2209461-1/16E

Schriftliche Ausfertigung des am 16.06.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde 1.) des XXXX , geb. XXXX und 2.) der XXXX , geb. XXXX , beide StA. Syrien, gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 03.10.2018, Zl. 1.) 1166715709-171024908 und 2.) 1166716205-171024924 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführer stellten am 05.09.2017 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz.

Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Beschwerdeführer statt. Dabei gab der Erstbeschwerdeführer an, er und seine Familie seien Kurden. Er würde aus Al-Malakiyah stammen, habe zuletzt jedoch mit seiner Familie in Qamishli gelebt. Die Zweitbeschwerdeführerin sei seine Ehefrau. Auch würden sich vier Söhne und zwei Töchter in Österreich aufhalten. Syrien habe er im Jahr 2017 illegal über die Grenze zur Türkei verlassen. Befragt, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen habe, antwortete der Erstbeschwerdeführer, in Syrien habe Krieg geherrscht, es habe keine Sicherheit gegeben und er und seine Familie hätten Angst gehabt, vom syrischen Regime bzw. anderen Gruppierungen entführt oder umgebracht zu werden. Die Zweibeschwerdeführerin gab zu ihren Fluchtgründen befragt an, sie habe Syrien aus Angst vor dem Krieg und wegen der dort herrschenden Unsicherheit verlassen.

Am 28.09.2018 wurden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Beisein eines Dolmetschers für die kurdische Sprache niederschriftlich einvernommen. Dabei gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er in Syrien sechs Jahre die Schule besucht und sodann als Tischler gearbeitet zu habe. Zwei seiner Brüder würden sich noch in Syrien aufhalten. Der Erstbeschwerdeführer erklärte, er habe in Syrien aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine Probleme gehabt, jedoch könne man in Syrien nicht mehr in Sicherheit leben. Es herrsche Krieg. Seine Kinder seien in Österreich in Sicherheit. Den Wehrdienst habe er in Syrien als einfacher Soldat bereits abgeleistet. Aufgrund seines Alters laufe er auch nicht Gefahr abermals zum Militär eingezogen zu werden. Die Zweitbeschwerdeführerin verwies auf die schlechte Sicherheitslage in Syrien und erklärte sie sei nach Österreich gekommen, da sie bei ihren Söhnen sein möchte. Der Erstbeschwerdeführer legte dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen syrischen Personalausweis, ein Familienbuch und einen syrischen Führerschein jeweils im Original vor.

Mit den oben im Spruch angeführten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 03.10.2018, zugestellt am 10.10.2018, wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 03.10.2019 erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf umfassende herkunftsstaatsbezogene Feststellungen zur allgemeinen Lage in Syrien, stellte die Identität der Beschwerdeführer fest und begründete im angefochtenen Bescheid die abweisende Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführer an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten leiden würden und sie in Syrien keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt seien, bzw. eine solche in Zukunft zu befürchten hätten.

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 05.10.2018 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

Gegen die Spruchpunkte I. der oben genannten Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, welche am 06.11.2018 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. In dieser wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer der Volksgruppe der Kurden angehören und aus Qamishli stammen würden. Sie seien in Syrien aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, als auch aus politischen Motiven verfolgt worden. Die Zweitbeschwerdeführerin sei bei der mit der YPG bzw. PKK verfeindeten Kurdenpartei „Yekiti“ aktiv gewesen und habe deswegen immer wieder Probleme mit dem syrischen Regime gehabt. Die Zweitbeschwerdeführerin habe sich in Syrien überdies für Frauenrechte engagiert und sei deswegen von islamistischen Gruppierungen bedroht worden. Bereits im Jahr 2003 sei die Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer politischen Tätigkeit im Gefängnis gewesen. Auch danach sei sie mehrmals in Haft gewesen. Im Jahr 2010 sei die Zweitbeschwerdeführerin dann zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden, woraufhin die Beschwerdeführer in den Irak geflüchtet seien. Im Jahr 2012 seien sie nach Syrien in das Kurdengebiet zurückgekehrt, da das syrische Regime dort zu diesem Zeitpunkt keine Kontrolle ausgeübt habe. Dies habe sich jedoch nunmehr geändert. Weiter sei der Erstbeschwerdeführer erkrankt und in seinem Heimatort sei eine Behandlung nicht möglich gewesen. Nach Damaskus habe er sich aufgrund der Probleme mit der syrischen Regierung nicht begeben können, weshalb die Beschwerdeführer sich entschlossen hätten, Syrien zu verlassen und in Österreich einen Asylantrag zu stellen. Die Beschwerdeführer seien aufgrund ihres gehobenen Alters als vulnerabel anzusehen. Schließlich kämen bei der Zweitbeschwerdeführerin frauenspezifische Problematiken hinzu.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgelegt und sind am 14.11.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

Mit Schreiben vom 11.06.2021 führten die Beschwerdeführer aus, dass sie in Syrien für die Kurdische Demokratische Partei der Einheit in Syrien – „Yekiti“ tätig gewesen seien und legten diesbezüglich zwei Bestätigungen der europäischen Vertretung von „Yekiti“ vor. Weiter habe die Familie mittlerweile zwei Schreiben aus Syrien herbeigeschafft, welche die Zweitbeschwerdeführerin damals erhalten habe und aus welchen hervorgehe, dass sie wegen „Verdacht als Mitglied im politischen Verein“ angeklagt worden sei. Die Beschwerdeführer hätten auch in Erfahrung bringen können, dass die Zweitbeschwerdeführerin schlussendlich zu einer Haftstrafe verurteilt worden sei. Dem Schreiben beigefügt waren Kopien der zuvor erwähnten Dokumente. Für die Beschwerdeführer bestehe aufgrund ihrer Aktivitäten für die Partei „Yekiti“ in Syrien Verfolgungsgefahr von Seiten des syrischen Regimes, welches diesen eine oppositionelle Haltung unterstelle. Eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 16.06.2021 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die kurdische Sprache und im Beisein des Vertreters des Beschwerdeführers sowie der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durch. Im Zuge der Verhandlung fand eine eingehende Befragung der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen statt und ihnen wurde die Gelegenheit gegeben, zu den aufgetretenen Widersprüchen Stellung zu nehmen. Am Ende der mündlichen Verhandlung wurde das Erkenntnis verkündet.

Die Beschwerdeführer beantragten fristgerecht die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer sind syrische Staatsangehörige und gehören Volksgruppe der Kurden an. Ihre Identität steht fest. Sie bekennen sich zum muslimischen Glauben (Sunniten).

Die Beschwerdeführer sind mit einander verheiratet.

Die Beschwerdeführer sind 2017 aus Syrien in die Türkei ausgereist, reisten illegal nach Österreich ein und stellten am 05.09.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Die Beschwerdeführer stammen aus Al-Malakiyah, das sich derzeit unter Kontrolle der Kurden befindet.

Der Erstbeschwerdeführer hat in Syrien als Zimmerer und Hochbauarbeiter gearbeitet. Die Zweitbeschwerdeführerin war Hausfrau.

In Österreich leben die erwachsenen Kinder der Beschwerdeführer als Asylberechtigte bzw. ein Sohn als österreichischer Staatsbürger.

In Syrien leben noch die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin und die Geschwister der Beschwerdeführer. Die Beschwerdeführer stehen in telefonischem Kontakt mit ihren in Syrien verbliebenen Verwandten.

Die Beschwerdeführer waren in Syrien nicht politisch aktiv, wurden nicht inhaftiert und sind nicht ins Blickfeld der syrischen Behörden geraten. Die Beschwerdeführer sind nicht exilpolitisch tätig. Den Beschwerdeführern droht bei einer Rückkehr nach Syrien keine Gefährdung durch das Regime.

Den Beschwerdeführern droht bei einer Rückkehr nach Syrien keine Gefährdung durch die kurdischen Machthaber.

Die Beschwerdeführer haben Syrien wegen des Krieges und der schlechten Sicherheitslage verlassen und aus diesem Grund subsidiären Schutz in Österreich erhalten. Außerdem wollten sie bei ihren Söhnen sein.

Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Syrien:

„Politische Lage

Die Familie al-Assad regiert Syrien bereits seit 1970, als Hafez al-Assad sich durch einen Staatsstreich zum Herrscher Syriens machte (SHRC 24.1.2019). Nach seinem Tod im Jahr 2000 übernahm sein Sohn, der jetzige Präsident Bashar al-Assad, diese Position (BBC 25.2.2019). Seit der Machtergreifung Assads haben weder Vater noch Sohn eine politische Opposition geduldet. Jegliche Versuche eine politische Alternative zu schaffen wurden sofort unterbunden, auch mit Gewalt (USCIRF 26.4.2017).

Im Jahr 2011 erreichten die Umbrüche in der arabischen Welt auch Syrien. Auf die zunächst friedlichen Proteste großer Teile der Bevölkerung, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und ein Ende des von Bashar al-Assad geführten Ba’ath-Regimes verlangten, reagierte dieses mit massiver Repression gegen die Protestierenden, vor allem durch den Einsatz von Armee und Polizei, sonstiger Sicherheitskräfte und staatlich organisierter Milizen (Shabiha). So entwickelte sich im Laufe der Zeit ein zunehmend komplexer werdender bewaffneter Konflikt (AA 13.11.2018).

Die tiefer liegenden Ursachen für den Konflikt sind die Willkür und Brutalität des syrischen Sicherheitsapparats, die soziale Ungleichheit und Armut vor allem in den ländlichen Gegenden Syriens, die weit verbreitete Vetternwirtschaft und nicht zuletzt konfessionelle Spannungen (Spiegel 29.8.2016).

Die syrische Verfassung sieht die Ba’ath-Partei als die regierende Partei vor und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat (USDOS 11.3.2020). Die Verfassungsreform von 2012 lockerte die Regelungen bezüglich der politischen Partizipation

anderer Parteien. In der Praxis unterhält die Regierung jedoch noch immer einen mächtigen

Geheimdienst- und Sicherheitsapparat zur Überwachung von Oppositionsbewegungen, die sich zu ernstzunehmenden Konkurrenten der Regierung Assads entwickeln könnten (FH 1.2018).

Wahlen in Syrien dienen nicht dazu, Entscheidungsträger zu finden, sondern dem Staat den

Anschein eines demokratischen Verfahrens zu geben, Normalität zu demonstrieren und die

Fassade von demokratischen Prozessen aufrechtzuerhalten (BS 29.4.2020).

2014 wurden Präsidentschaftswahlen abgehalten, welche zur Wiederwahl von Präsident Assad führten (USDOS 11.3.2020), wodurch dieser für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt wurde (WKO 11.2018). Die Präsidentschaftswahl wurde nur in den von der Regierung kontrollierten Gebieten abgehalten. Sie wurde von der EU und den USA als undemokratisch kritisiert, die syrische Opposition sprach von einer „Farce“ (Ha’aretz 4.6.2014).

Mitte September 2018 wurden in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zum ersten Mal seit 2011 wieder Kommunalwahlen abgehalten (IFK 10.2018; vgl. WKO 11.2018). Der Sieg von Assads Ba’ath Partei galt als wenig überraschend. Geflohene und Binnenvertriebene waren von der Wahl ausgeschlossen (WKO 11.2018).

Im Juli 2020 fanden nach zweimaligem Verschieben des Wahltermins aufgrund der COVID-

19-Pandemie die dritten Parlamentswahlen seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs statt. Die

herrschende Ba’ath-Partei von Präsident Bashar al-Assad gewann wie erwartet die Mehrheit.

Die Ba’ath-Partei und deren Verbündete schlossen sich zum Bündnis der „Nationalen Einheit“ zusammen (DS 21.7.2020) und gewannen zumindest 177 der 250 Sitze (TWP 22.7.2020; vgl. AJ 22.7.2020), laut einer anderen Quelle 183 von 250 Sitzen (DS 21.7.2020). Es gab Vorwürfe des Betrugs, der Wahlfälschung und der politischen Einflussnahme. Kandidaten wurden in letzter Minute von den Wahllisten gestrichen und durch vom Regime bevorzugte Kandidaten ersetzt, darunter Kriegsprofiteure, Warlords und Schmuggler, die das Regime im Zuge des Konflikts unterstützten (TWP 22.7.2020). Der Wahlprozess soll so strukturiert sein, dass eine Manipulation des Regimes möglich ist. Syrische Bürger können überall wählen, und es gibt keine Liste der registrierten Wähler in Wahllokalen, somit gibt es keinen Mechanismus, um zu überprüfen, ob Personen an verschiedenen Wahllokalen mehrfach gewählt haben. Jede Partei oder jeder Kandidat, der kandidieren möchte, muss die Namen seiner Mitglieder nach denen der Ba’ath-Partei auflisten, so dass jeder, der kandidiert, automatisch die Namen der Ba’ath-Mitglieder in den Vordergrund rückt. Druckereien dürfen auf Anordnung des Geheimdienstes keine Listen ohne die Namen der Ba’ath-Kandidaten drucken. Daher ist jeder, der kandidiert, standardmäßig nur ein Zusatz zu den Ba’ath-Kandidaten (AAN/MEI 24.7.2020).

Durch massive syrische und russische Luftangriffe und das Eingreifen Irans bzw. durch Iran

unterstützter Milizen hat das syrische Regime mittlerweile alle Landesteile außer Teile des

Nordwestens, Nordens und Nordostens von der bewaffneten Opposition zurückerobert (AA

4.12.2020).

Die Anzahl der Kampfhandlungen ist nach Rückeroberung weiter Landesteile zurückgegangen, jedoch besteht die Absicht des syrischen Regimes, das gesamte Staatsgebiet zurückerobern und „terroristische“ Kräfte vernichten zu wollen, unverändert fort. Zuletzt erklärte Assad im August 2020 bei einer Rede vor dem syrischen Parlament die „Befreiung“ aller syrischen Gebiete zum prioritären Ziel. Trotz der großen Gebietsgewinne durch das Regime besteht die Fragmentierung des Landes in Gebiete, in denen die territoriale Kontrolle von unterschiedlichen Gruppierungen ausgeübt wird, fort. Dies gilt insbesondere für den Nordwesten und Nordosten des Landes (AA 4.12.2020).

Die Präsenz ausländischer Streitkräfte, die ihren politischen Willen geltend machen, untergräbt weiterhin die staatliche Souveränität, und Zusammenstöße zwischen bewaffneten regimefreundlichen Gruppen deuten darauf hin, dass die Regierung nicht in der Lage ist, die Akteure vor Ort zu kontrollieren. Darüber hinaus hat eine aufstrebende Klasse wohlhabender Kriegsprofiteure begonnen, ihren wirtschaftlichen Einfluss und den Einfluss von ihnen finanzierter Milizen zu nutzen, und innerhalb der staatlichen Strukturen nach legitimen Positionen zu streben (BS 29.4.2020).

Durch die Eskalation des Syrien-Konfliktes verlagerte sich die Macht zu regieren in den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten zunehmend auf die Sicherheitskräfte. In Gebieten außerhalb der Kontrolle der Regierung ist dies nicht anders. Extremistische Rebellengruppierungen, darunter vor allem Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), haben die Vorherrschaft in Idlib. Lokalräte werden von militärischen Einheiten beherrscht, die momentan unter der Kontrolle von HTS stehen. In den kurdischen Gebieten in Nordsyrien dominiert die Partei der Demokratischen Union (PYD). Obwohl es Lippenbekenntnisse zur Integration arabischer Vertreter in Raqqa und Deir ez-Zour gibt, ist die Dominanz der PYD bei der Entscheidungsfindung offensichtlich. Die PYD hat zwar eine Reihe von Verwaltungsorganen auf verschiedenen Ebenen eingerichtet, es ist jedoch ein kompliziertes System mit sich überschneidenden Zuständigkeiten, das es für die Bürger schwierig macht, sich an der Politik zu beteiligen, wenn sie nicht bereits in die Parteikader integriert sind (BS 29.4.2020). Die PYD [ihrerseits nicht von EU oder USA verboten, Anm.] gilt als syrischer Ableger der verbotenen türkisch-kurdischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (KAS

4.12.2018a).

2011 soll es zu einem Übereinkommen zwischen der syrischen Regierung, der iranischen Regierung und der PKK, deren Mitglieder die PYD gründeten, gekommen sein. Die PYD, ausgestattet mit einem bewaffneten Flügel, den Volksverteidigungseinheiten (YPG), hielt die kurdische Bevölkerung in den Anfängen des Konfliktes davon ab, sich effektiv an der Revolution zu beteiligen. Demonstrationen wurden aufgelöst, Aktivisten festgenommen, Büros des Kurdischen Nationalrats in Syrien, einer Dachorganisation zahlreicher syrisch-kurdischer Parteien, angegriffen. Auf diese Weise musste die syrische Armee keine „zweite Front“ in den kurdischen Gebieten eröffnen und konnte sich auf die Niederschlagung der Revolution in anderen Gebieten konzentrieren. Als Gegenleistung zog das Ba’ath-Regime Stück für Stück seine Armee und seinen Geheimdienst aus den überwiegend kurdischen Gebieten zurück. In der zweiten Jahreshälfte 2012 wurden Afrin, Ain al-Arab (Kobane) und die Jazira von der PYD und der YPG übernommen, ohne dass es zu erwähnenswerten militärischen Auseinandersetzungen mit der syrischen Armee gekommen wäre (Savelsberg 8.2017). Im März 2016 wurde in dem Gebiet, das zuvor unter demNamen „Rojava“ bekannt war, die Democratic Federation of Northern Syria ausgerufen, die sich über Teile der Provinzen Hassakah, Raqqa und Aleppo und auch über Afrin erstreckte (SWP 7.2018; vgl. KAS 4.12.2018a). Afrin im Nordwesten Syriens wird von der Türkei und alliierten syrischen oppositionellen Milizen kontrolliert (BBC 28.4.2020).

Die syrischen Kurden unter Führung der PYD beanspruchen in den Selbstverwaltungskantonen ein Gesellschaftsprojekt aufzubauen, das nicht von islamistischen, sondern von basisdemokratischen Ideen, von Geschlechtergerechtigkeit, Ökologie und Inklusion von Minderheiten geleitet ist. Während Befürworter das syrisch-kurdische Gesellschaftsprojekt als Chance für eine künftige demokratische Struktur Syriens sehen, betrachten Kritiker es als realitätsfremd und autoritär (KAS 4.12.2018a). Das Ziel der PYD ist nicht die Gründung eines kurdischen Staates in Syrien, sondern die Autonomie der kurdischen Kantone als Bestandteil eines neuen, demokratischen und dezentralen Syriens (KAS 4.12.2018a; vgl. BS 29.4.2020). Die PYD hat sich in den kurdisch kontrollierten Gebieten als die mächtigste politische Partei im sogenannten Kurdischen Nationalrat etabliert, ähnlich der hegemonialen Rolle der Ba’ath-Partei in der Nationalen Front (BS 2018). Ihr militärischer Arm, die YPG sind zudem die dominierende Kraft innerhalb des Militärbündnisses Syrian Democratic Forces (SDF). Der Krieg gegen den IS forderte zahlreiche Opfer und löste eine Flüchtlingswelle in die kurdischen Selbstverwaltungsgebiete aus. Die syrischen Kurden stehen zwischen mehreren Fronten und können sich auf keinen stabilen strategischen Partner verlassen (KAS 4.12.2018a).

Die syrische Regierung erkennt die kurdische Enklave oder Wahlen, die in diesem Gebiet durchgeführt werden, nicht an (USDOS 11.3.2020). Im Zuge einer türkischen Militäroffensive, die im Oktober 2019 gestartet wurde, kam es jedoch zu einer Einigung zwischen beiden Seiten, da die kurdischen Sicherheitskräfte die syrische Zentralregierung um Unterstützung in der Verteidigung der kurdisch kontrollierten Gebiete baten. Die syrische Regierung ist daraufhin in mehrere Grenzstädte eingerückt (DS 15.10.2019).

[…]

Gebiete unter kurdischer Kontrolle

Die kurdischen Behörden setzen in den von ihnen kontrollierten Gebieten einen Rechtskodex, basierend auf einer „Sozialcharta“, durch. In Berichten wird diese „Sozialcharta“ beschrieben als eine Mischung aus syrischem Straf- und Zivilrecht mit Gesetzen, die sich in Bezug auf Scheidung, Eheschließung, Waffenbesitz und Steuerhinterziehung an europäischem Recht orientieren. Allerdings fehlen gewisse europäische Standards für faire Verfahren, wie das Verbot willkürlicher Festnahmen, das Recht auf gerichtliche Überprüfung und das Recht auf einen Anwalt. Das Justizsystem in den kurdisch kontrollierten Gebieten besteht aus Gerichten, Rechtskomitees und Ermittlungsbehörden (USDOS 11.3.2020). Es wurde eine von der kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD) geführte Verwaltung geschaffen, die neben diesen Rechtsinstitutionen auch eine eigene Polizei, Gefängnisse und Ministerien umfasst (AI 12.7.2017). Die in den Gebieten unter kurdischer Kontrolle geschaffenen Institutionen erscheinen zwar fortschrittlicher als jene des syrischen Regimes, sind in der Realität allerdings nicht demokratisch und stehen unter der strikten Kontrolle der PYD (BS 29.4.2020; vgl. FH 4.3.2020).

Die kurdischen Behörden haben den sogenannten „Defense of the People Court“ eingerichtet, der über ehemalige Mitglieder des sogenannten Islamischen Staates in kurdischer Gefangenschaft urteilen soll. Das Gericht wird jedoch weder von den syrischen Behörden noch von der internationalen Gemeinschaft anerkannt. Die Höchststrafe, die dieses Gericht verhängt, ist eine lebenslange Freiheitsstrafe, wobei es sich de facto um eine zwanzigjährige Haftstrafe handelt. Gerichtsurteile werden bei guter Führung oder wenn sich der Angeklagte selbst den kurdischen Behörden gestellt hat, gemildert. Diese „mildere Vorgehensweise“ hat zum einen den Zweck, der arabischen Mehrheitsbevölkerung Ost-Syriens, die den kurdischen Machthabern misstraut, guten Willen zu zeigen, zum anderen soll dadurch die Regierungskompetenz hervorgehoben und internationale Legitimität gewonnen werden. Das System weist jedoch auch gravierende Mängel auf, so haben die Angeklagten keinen Zugang zu einem Verteidiger und es gibt keine Möglichkeit, Berufung einzulegen (Ha’aretz 8.5.2018).

Juristen, welche unter dem Justizsystem von Rojava agieren, werden von der syrischen Regierung beschuldigt, eine illegale Justiz geschaffen zu haben. Richter und Justizmitarbeiter sehen sich mit Haftbefehlen der syrischen Regierung konfrontiert, verfügen über keine Pässe und sind häufig Morddrohungen ausgesetzt (JS 28.10.2019).

[…]

Folter, Haftbedingungen und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen, wobei das Strafgesetzbuch eine Strafe von maximal drei Jahren Gefängnis für Täter vorsieht. Nichtsdestotrotz wenden die Sicherheitskräfte in Tausenden Fällen solche Praktiken an (USDOS 11.3.2020). Willkürliche Festnahmen, Misshandlung, Folter und Verschwindenlassen sind in Syrien weit verbreitet (HRW 13.1.2021; vgl. AI 18.2.2020, USDOS 11.3.2020, AA 4.12.2020). Sie richten sich von Seiten der Regierung insbesondere gegen Oppositionelle oder Menschen, die vom Regime als oppositionell wahrgenommen werden (AA 4.12.2020).

NGOs berichten glaubhaft, dass die syrische Regierung und mit ihr verbündete Milizen physische Misshandlung, Bestrafung und Folter an oppositionellen Kämpfern und Zivilisten begehen (USDOS 11.3.2020; vgl. TWP 23.12.2018). Vergewaltigung und sexueller Missbrauch von Frauen, Männern und Minderjährigen sind weit verbreitet. Die Regierung nimmt hierbei auch Personen ins Visier, denen Verbindungen zur Opposition vorgeworfen werden (USDOS 11.3.2020). Es sind zahllose Fälle dokumentiert, bei denen Familienmitglieder wegen der als regierungsfeindlich wahrgenommenen Tätigkeit von Verwandten inhaftiert und gefoltert wurden, auch wenn die als regierungsfeindlich wahrgenommenen Personen ins Ausland geflüchtet waren (AA 4.12.2020).

Systematische Folter und die Bedingungen in den Haftanstalten führen häufig zum Tod von Insassen. Die Gefängnisse sind stark überfüllt, es mangelt an Nahrung, Trinkwasser, Hygiene und Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung. Diese Bedingungen waren so durchgängig, dass die Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zu dem Schluss kam, diese seien Regierungspolitik (USDOS 11.3.2020). Laut Berichten von NGOs gibt es zahlreiche informelle Hafteinrichtungen in umgebauten Militärbasen, Schulen, Stadien und anderen unbekannten Lokalitäten. So sollen inhaftierte Demonstranten in leerstehenden Fabriken und Lagerhäusern ohne angemessene sanitäre Einrichtungen festhalten werden (USDOS 11.3.2020; vgl. SHRC 24.1.2019). Die Regierung hält weiterhin Tausende Personen ohne Anklage und ohne Kontakt zur Außenwelt („incommunicado“) an unbekannten Orten fest (USDOS 11.3.2020). Von Familien von Häftlingen wird Geld verlangt, dafür dass die Gefangenen Nahrung erhalten und nicht mehr gefoltert werden, was dann jedoch nicht eingehalten wird.

Große Summen werden gezahlt, um die Freilassung von Gefangenen zu erwirken (MOFANL 7.2019). In jedem Dorf und jeder Stadt gibt es Haft- bzw. Verhörzentren für die ersten Befragungen und Untersuchungen nach einer Verhaftung. Diese werden von den Sicherheits- und Nachrichtendiensten oder auch regierungstreuen Milizen kontrolliert. Meist werden Festgenommene in ein größeres Untersuchungszentrum in der Provinz oder nach Damaskus und schließlich in ein Militär- oder ziviles Gefängnis gebracht. Im Zuge dieses Prozesses kommt es zu Folter und Todesfällen. Selten wird ein Häftling freigelassen. Unschuldige bleiben oft in Haft, um Geldsummen für ihre Freilassung zu erpressen oder um sie im Zuge eines „Freilassungsabkommens“ auszutauschen (SHRC 24.1.2019).

Seit 2018 wurden von den Regierungsbehörden Sterberegister veröffentlicht, wodurch erstmals offiziell der Tod von 7.953 Menschen in Regierungsgewahrsam bestätigt wurde, wenn auch unter Angabe unspezifischer Todesursachen (Herzversagen, Schlaganfall etc.). Berichten zufolge sind die Todesfälle auf Folter, Krankheit als Folge mangelnder Ernährung und Hygiene in den Einrichtungen und außergerichtliche Tötungen zurückzuführen (AA 20.11.2019; vgl. SHRC 24.1.2019).

Die meisten der auch im Jahr 2020 bekannt gegebenen Todesfälle betreffen Inhaftierte aus den vergangenen neun Jahren, wobei das Regime ihre Familien erst in den Folgejahren über ihren Tod informiert. Obwohl die Todesfälle in der Vergangenheit eingetreten sind, gibt das Regime diese nur nach und nach bekannt. 2020 lag die Rate bei etwa 17 Personen pro Monat. In den meisten Fällen werden die Familien der Opfer nicht direkt über ihren Tod informiert, da der Sicherheitsapparat nur den Status der Inhaftierten im Zivilregister ändert und die Familien aktiv im Melderegister suchen müssen, um den Verbleib ihrer Verwandten zu erfahren (SHRC 1.2021).

Die syrische Regierung übergibt die Überreste der Verstorbenen nicht an die Familien (HRW 14.1.2020). Zehntausende Menschen sind weiterhin verschwunden, die Mehrheit seit 2011. Unter ihnen befinden sich humanitäre Helfer, Anwälte, Journalisten, friedliche Aktivisten, Regierungskritiker und -gegner sowie Personen, die anstelle von Verwandten, die von den Behörden gesucht wurden, inhaftiert wurden (AI 18.2.2020). In Gebieten, die unter der Kontrolle der Opposition standen und von der Regierung zurückerobert wurden, darunter Ost-Ghouta, Dara’a und das südliche Damaskus, verhafteten die syrischen Sicherheitskräfte Hunderte von Aktivisten, ehemalige Oppositionsführer und ihre Familienangehörigen, obwohl sie alle Versöhnungsabkommen mit den Behörden unterzeichnet hatten, in denen garantiert wurde, dass sie nicht verhaftet würden (HRW 14.1.2020).

Die Methoden der Folter, des Verschwindenlassens und der schlechten Bedingungen in den Haftanstalten sind jedoch keine Neuerung der Jahre seit Ausbruch des Konfliktes, sondern waren bereits seit der Ära von Hafez al-Assad gängige Praxis der unterschiedlichen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Syrien (SHRC 24.1.2019).

Auch die Rebellengruppierungen werden außergerichtlicher Tötungen und der Folter von Inhaftierten beschuldigt (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020). Opfer sind vor allem (vermutete) regierungstreue Personen und Mitglieder von Milizen oder rivalisierenden bewaffneten Gruppen.

Zu den Bedingungen in den Hafteinrichtungen der verschiedenen regierungsfeindlichen Gruppen ist wenig bekannt, NGOs berichten von willkürlichen Verhaftungen, Folter und unmenschlicher Behandlung. Der sogenannte Islamische Staat (IS) agierte Berichten zufolge mit Brutalität und Missbräuchen gegen Personen in seiner Gefangenschaft in oder in der Nähe der schrumpfenden Gebiete, die er 2019 kontrollierte (USDOS 11.3.2020). Auch die Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) nutzten in ihren Haftanstalten Folter, um Geständnisse zu erhalten, wobei die Folter oft aus Rache und basierend auf ethnischen Vorurteilen durchgeführt wurde.

Der Menschenrechtsmonitor, Syrian Network for Human Rights, konnte im Jahr 2020 zumindest 14 Todesfälle aufgrund von Folter und fehlendem Zugang zu medizinischer Versorgung in den Haftanstalten der SDF dokumentieren (SNHR 26.1.2021).

[…]

Korruption

Im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International für das Jahr 2019 liegt Syrien mit einer Bewertung von 13 (von 100) Punkten (0=highly corrupt, 100=very clean) auf Platz 178 von 180 untersuchten Ländern (je höher der Rang desto schlechter) (TI o.D.).

Korruption war bereits vor dem Bürgerkrieg weit verbreitet, beeinflusste das tägliche Leben der Syrer (FH 1.2017) und wurde im Laufe des Konfliktes noch viel schlimmer (BS 29.4.2020). Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für amtliche Korruption vor, die Regierung setzt diese jedoch nicht effektiv durch. Beamte üben häufig korrupte Praktiken aus, ohne dafür bestraft zu werden. Korruption ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem bei Polizei, Sicherheitskräften, Migrationsbehörden und in der Regierung (USDOS 11.3.2020).

Mitglieder und Verbündete des Regimes sollen einen Großteil der syrischen Wirtschaft besitzen oder kontrollieren. Der Bürgerkrieg hat neue Möglichkeiten für Korruption in der Regierung, den regierungstreuen Streitkräften und im Privatsektor geschaffen. Auch sicherte sich die Regierung durch die Bevorzugung bestimmter Firmen und Vergabe von vorteilhaften Verträgen etc. Loyalität, auch von ausländischen Verbündeten wie Russland oder Iran. Sogar grundlegende staatliche Dienstleistungen und humanitäre Hilfe sind von der demonstrierten Loyalität der Gemeinde zum Assad-Regime abhängig (FH 4.3.2020).

Korruption hat als Instrument der Regierungsführung an Bedeutung gewonnen, um Unterstützung zu gewinnen (BS 29.4.2020). Im Jahr 2019 haben Personen im Regierungsgebiet die Korruption unter den lokalen Beamten, den Geschäftspartnern des Regimes und den Sicherheitsdiensten zunehmend aufgezeigt (FH 4.3.2020; vgl. BS 29.4.2020), aber es wurde nicht weiter verfolgt (BS 29.4.2020) und das Regime schikanierte und inhaftierte diejenigen, die die Korruption aufzeigten, und bestrafte vermeintliche Sympathisanten der Opposition schwerer als Alawiten (FH 4.3.2020).

Milizen erpressen Unternehmen und konfiszieren privates Eigentum in unterschiedlichem Ausmaß. Unternehmen sind häufig gezwungen, Beamte zu bestechen, damit sie bürokratische Verfahren durchführen und abschließen (FH 4.3.2020). Auch in der syrischen Armee gibt es eine Tradition der Bestechung Ranghöherer (FIS 14.12.2018), etwa um eine bessere Position oder einfachere Aufgaben zu erhalten, einen Einsatz an der Frontlinie zu vermeiden oder überhaupt den Wehrdienst selbst zu umgehen (FIS 14.12.2018; vgl. DIS 5.2020).

[…]

Wehrdienstverweigerung/Desertation

Als der syrische Bürgerkrieg 2011 begann, hatte die syrische Regierung Probleme Truppen bereitzustellen, um bewaffneten Rebellengruppen entgegentreten zu können. Die Zahl der Männer, die den Wehr- oder Reservedienst verweigerten, nahm deutlich zu. Eine große Zahl von Männern im wehrfähigen Alter floh entweder aus dem Land, schloss sich der bewaffneten Opposition an oder tauchte unter (DIS 5.2020).

Wehrdienstverweigerer werden laut Gesetz in Friedenszeiten mit ein bis sechs Monaten Haft bestraft [Anm.: die Wehrpflicht besteht dabei weiterhin fort]. In Kriegszeiten wird Wehrdienstverweigerung laut Gesetz mit Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren bestraft (AA 4.12.2020).

Bezüglich der Konsequenzen einer Wehrdienstverweigerung gehen die Meinungen der Quellen auseinander. Während manche die Ergreifung eines Wehrdienstverweigerers mit Foltergarantie und Todesurteil gleichsetzen (Landinfo 3.1.2018), sagen andere, dass Betroffene sofort eingezogen würden (DIS 5.2020; vgl. Landinfo 3.1.2018), was von einer Quelle mit dem Bedarf der syrischen Regierung nach Verstärkung in Verbindung gebracht wird. Quellen berichten jedoch auch, dass gefasste Wehrdienstverweigerer riskieren, von den syrischen Behörden vor der Einberufung inhaftiert zu werden (DIS 5.2020). Die Konsequenzen hängen offenbar vom Einzelfall ab (Landinfo 3.1.2018; vgl. DIS 5.2020).

Im Dezember 2019 trat eine Bestimmung in Kraft, wonach wehrfähige Männer, welche den Wehrdienst bis zu einem Alter von 42 Jahren nicht abgeleistet haben, eine Befreiungsgebühr von 8.000 USD bezahlen müssen, um einer Beschlagnahmung ihres Vermögens, bzw. des Vermögens ihrer Ehefrauen oder Kinder zu entgehen (DIS 5.2020).

Berichten zufolge betrachtet die Regierung Wehrdienstverweigerung nicht nur als eine strafrechtlich zu verfolgende Handlung, sondern auch als Ausdruck von politischem Dissens und mangelnder Bereitschaft, das Vaterland gegen „terroristische“ Bedrohungen zu schützen (STDOK 8.2017). Neben anderen Personengruppen sind regelmäßig auch Deserteure (DIS 5.2020) und Wehrdienstverweigerer Ziel der umfassenden Anti-Terror-Gesetzgebung (Dekret Nr. 19/2012) der syrischen Regierung (AA 4.12.2020; vgl. DIS 5.2020).

Zwischen der letzten Hälfte des Jahres 2011 bis zum Beginn des Jahres 2013 desertierten zehntausende Soldaten und Offiziere, flohen oder schlossen sich bewaffneten aufständischen Einheiten an. Seit der zweiten Hälfte des Jahres 2013 sind jedoch nur wenige Fälle von Desertion bekannt (Landinfo 3.1.2018).

Desertion wird gemäß dem Militärstrafgesetz von 1950 in Friedenszeiten mit ein bis fünf Jahren Haft bestraft und kann in Kriegszeiten bis zu doppelt so lange Haftstrafen nach sich ziehen. Deserteure, die zusätzlich außer Landes geflohen sind (sogenannte „externe Desertion“), unterliegen Artikel 101 des Militärstrafgesetzbuchs, der eine Strafe von fünf bis zehn Jahren Haft in Friedenszeiten und 15 Jahre Haft in Kriegszeiten vorschreibt. Desertion im Angesicht des Feindes ist mit lebenslanger Haftstrafe zu bestrafen. In schwerwiegenden Fällen wird die Todesstrafe verhängt (STDOK 8.2017).

Unterschiedliche Quellen berichten von unterschiedlichen Konsequenzen für Deserteure und Überläufer. Während eine Quelle berichtet, dass Deserteure zwar in früheren Phasen des Krieges exekutiert wurden, habe die syrische Regierung jedoch ihre Vorgehensweise in den vergangenen Jahren geändert und aufgrund des vorherrschenden Bedarfs an Kräften an der Front festgenommene Deserteure unter Umständen vor dem Militärgericht zu kurzen Haftstrafen verurteilt.

Eine andere Quelle berichtet jedoch, dass Deserteure üblicherweise von Einheiten des syrischen Geheimdienstes inhaftiert würden, womit sie dem Risiko von Folter und Verschwindenlassen ausgesetzt sein können. Auch berichtet eine weitere Quelle, dass Tötungen und Exekutionen von Deserteuren weiterhin stattfinden, zum Beispiel während der Offensive in Idlib im Jahr 2020 (DIS 5.2020).

Repressalien gegenüber Familienmitgliedern können insbesondere bei Familien von „high profile“-Deserteuren der Fall sein, also z.B. solche Deserteure, die Soldaten oder Offiziere getötet oder sich der bewaffneten Opposition angeschlossen haben (Landinfo 3.1.2018; vgl. DIS 5.2020). Weitere Einflussfaktoren sind der Rang des Deserteurs, Wohnort der Familie, der für dieses Gebiet zuständige Geheimdienst und zuständige Offizier sowie die Religionszugehörigkeit der Familie (DIS 5.2020).

In Gebieten, welche durch sogenannte Versöhnungsabkommen wieder unter die Kontrolle der syrischen Regierung gebracht wurden, werden häufig Vereinbarungen bezüglich des Wehrdienstes getroffen (STDOK 8.2017; vgl. DIS 5.2020). Berichten zufolge wurden solche Zusagen von der Regierung aber bisweilen auch gebrochen (AA 4.12.2020; vgl. FIS 14.12.2018, DIS 5.2020).

Auch in den „versöhnten Gebieten“ sind Männer im entsprechenden Alter mit der Wehrpflicht oder mit der Rekrutierung durch regimetreue bewaffnete Gruppen konfrontiert. In manchen dieser Gebiete drohte die Regierung auch, dass die Bevölkerung keinen Zugang zu humanitärer Hilfe erhält, wenn diese nicht den Regierungseinheiten beitreten (FIS 14.12.2018). In ehemals von der Opposition kontrollierten Gebieten landeten zudem einer Quelle zufolge viele Deserteure und Überläufer, denen durch die Versöhnungsabkommen Amnestie gewährt werden sollte, in Haftanstalten oder sie starben in der Haft (DIS 5.2020).

[…]

Allgemeine Menschenrechtslage

In dem seit mehr als neun Jahren andauernden Bürgerkrieg gab es nach Schätzungen bereits rund eine halbe Million Tote (Welt 30.6.2020; vgl. BBC 12.7.2020). Das Regime wurde durch den Erfolg seiner von Russland und Iran unterstützten Kampagnen so gefestigt, dass es keinen Willen zeigt, integrative oder versöhnende demokratische Prozesse einzuleiten. Dies zeigt sich in der Abwesenheit freier und fairer Wahlen sowie in den gewaltsamen Maßnahmen zur Unterdrückung der Rede- und Versammlungsfreiheit. Bewaffnete Akteure aller Fraktionen, darunter auch die Regierung, versuchen ihre Herrschaft mit Gewalt durchzusetzen und zu legitimieren (BS 29.4.2020).

Es gibt krasse Ungleichheiten zwischen Arm und Reich, eine schwache Unterscheidung zwischen Staat und Wirtschaftseliten und einen geschlossenen Kreis wirtschaftlicher Möglichkeiten.

Die Bürger werden ungleich behandelt. Ihnen werden aufgrund konfessioneller Zugehörigkeit, des Herkunftsortes, ethnischer Zugehörigkeit und des familiären Hintergrundes grundlegende staatsbürgerliche Rechte vorenthalten bzw. Privilegien gewährt oder verweigert. Grundlegende Aspekte der Staatsbürgerschaft werden großen Teilen der Bevölkerung verwehrt. Diese ungerechte Behandlung hat sich im Laufe der Konfliktjahre vertieft (BS 29.4.2020).

Die Verfassung bestimmt die Ba’ath-Partei als die herrschende Partei und stellt sicher, dass sie die Mehrheit in allen Regierungs- und Volksverbänden hat. Ein Dekret von 2011 erlaubt die Bildung anderer politischer Parteien, jedoch nicht auf Basis von Religion, Stammeszugehörigkeit oder regionalen Interessen. Die Regierung erlaubt nur regierungsnahen Gruppen offizielle Parteien zu gründen und zeigt wenig Toleranz gegenüber anderen politischen Parteien, auch jenen, die mit der Ba’ath-Partei in der National Progressive Front verbündet sind. Parteien wie die Communist Union Movement, die Communist Action Party und die Arab Social Union werden schikaniert. Gesetze, welche die Mitgliedschaft in illegalen Organisationen verbieten, wurden auch verwendet um Hunderte Mitglieder von Menschenrechts- und Studentenorganisationen zu verhaften. Es gibt auch zahlreiche Berichte zu anderen Formen der Drangsalierung von Menschenrechtsaktivisten, Oppositionellen oder Personen, die als oppositionell wahrgenommen werden. Diese reichen von Reiseverboten, Enteignung und Überwachung bis hin zu willkürlichen Festnahmen, Verschwindenlassen und Folter (USDOS 11.3.2020).

Weiterhin besteht in keinem Teil des Landes ein umfassender und langfristiger Schutz vor willkürlicher Verhaftung und Repression durch die zahlreichen Sicherheitsdienste, Milizen und sonstige regimenahe Institutionen. Dies gilt auch für Landesteile, insbesondere im äußersten Westen des Landes sowie der Hauptstadt Damaskus, in denen traditionell Bevölkerungsteile leben, die dem Regime näher stehen. Selbst bis dahin als regimenah geltende Personen können aufgrund allgegenwärtiger staatlicher Willkür grundsätzlich Opfer von Repressionen werden (AA 19.5.2020).

In Gebieten, die von der Regierung zurückerobert werden, kommt es zu Beschlagnahmungen von Eigentum, großflächigen Zerstörungen von Häusern und willkürlichen Verhaftungen (SNHR 26.1.2021; vgl. SHRC 24.1.2019, HRW 13.1.2021). Diejenigen, die sich mit der Regierung „versöhnt“ haben, werden weiterhin durch die Regierungstruppen misshandelt (HRW 14.1.2020; vgl. AA 4.12.2020, SNHR 26.1.2021). Auch nichtstaatliche bewaffnete Oppositionsgruppen begehen schwere Übergriffe. Das Schicksal von Tausenden, die vom sogenannten Islamischen Staat (IS) entführt wurden, bleibt unbekannt. Auch die kurdischen Behörden, die von den USA geführte Koalition oder die syrische Regierung unternehmen keine Schritte, deren Verbleib zu ermitteln (HRW 13.1.2021).

Es sind zahllose Fälle bekannt, bei denen Personen für als regierungsfeindlich angesehene Tätigkeiten ihrer Verwandten inhaftiert und gefoltert werden, darunter sollen auch Fälle sein, bei denen die gesuchten Personen ins Ausland geflüchtet sind (AA 4.12.2020). Frauen mit familiären Verbindungen zu Oppositionskämpfern oder Abtrünnigen werden z.B. als Vergeltung oder zur Informationsgewinnung festgenommen (UNHRC 31.1.2019). Außerdem werden Personen festgenommen, die Kontakte zu Verwandten oder Freunden unterhalten, die in von der Opposition kontrollierten Gebieten leben (UNHRC 31.1.2019; vgl. UNHCR 7.5.2020, SNHR 26.1.2021).

Tausende Menschen starben seit 2011 im Gewahrsam der syrischen Regierung an Folter und entsetzlichen Haftbedingungen (HRW 14.1.2020). Die Methoden der Folter, des Verschwindenlassens und der schlechten Bedingungen in den Haftanstalten sind keine Neuerung der letzten Jahre seit Ausbruch des Konfliktes, sondern waren bereits zuvor gängige Praxis der unterschiedlichen Nachrichtendienste und Sicherheitsbehörden in Syrien (SHRC 24.1.2019). Die syrischen Regimekräfte und ihre Sicherheitsapparate setzen ihre systematische Politik der Inhaftierung und des Verschwindenlassens von Zehntausenden von Syrern fort. Trotz der Verringerung des Tempos der Inhaftierungen und des gewaltsamen Verschwindenlassens im Jahr 2020 konnte keine wirkliche Veränderung im Verhalten des Regimes beobachtet werden, sei es in Bezug auf die Freilassung der Inhaftierten oder die Aufdeckung des Schicksals der Verschwundenen (SHRC 1.2021).

Weitere schwere Menschenrechtsverletzungen, derer das Regime und seine Verbündeten beschuldigt werden, sind willkürliche und absichtliche Angriffe auf Zivilisten, darunter auch der Einsatz von chemischen Waffen; Massaker und Vergewaltigungen als Kriegstaktik; Einsatz von Kindersoldaten sowie übermäßige Einschränkungen der Bewegungs-, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit, inklusive Zensur. Die Regierung überwacht die Kommunikation im Internet, inklusive E-Mails, greift in Internet- und Telefondienste ein und blockiert diese. Die Regierung setzt ausgereifte Technologien und Hunderte von Computerspezialisten für Überwachungszwecke ein (USDOS 11.3.2020).

Berichten zufolge sind Personen in Gebieten, die erst vor kurzer Zeit durch die Regierung wiedererobert wurden, aus Angst vor Repressalien oft zögerlich dabei, über die Situation in diesen Gebieten zu berichten (USDOS 11.3.2020). Zwangsdeportationen von Hunderttausenden Bürgern haben ganze Städte und Dörfer entvölkert (BS 29.4.2020).

Bewaffnete terroristische Gruppierungen, wie die mit al-Qaida in Verbindung stehende Gruppe Hay’at Tahrir ash-Sham (HTS), sind für weitverbreitete Menschenrechtsverletzungen, wie Massaker, Beschuss, Entführung, unrechtmäßige Inhaftierung, extremen körperlichen Missbrauch, Tötung und Zwangsvertreibung auf Basis der Konfession Betroffener, verantwortlich (USDOS 11.3.2020). Sexuelle Versklavung und Zwangsverheiratung sind zentrale Elemente der Ideologie des sogenannten IS. Mädchen und Frauen wurden zur Heirat mit Kämpfern gezwungen. Frauen und Mädchen, die Minderheiten angehören, wurden sexuell versklavt, zwangsverheiratet und anderen Formen sexueller Gewalt ausgesetzt (USDOS 20.6.2019).

Elemente der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer Koalition aus syrischen Kurden, Arabern, Turkmenen und anderen Minderheiten, zu der auch Mitglieder der Kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) gehören, sollen an Korruption, rechtswidriger Einschränkung des Personenverkehrs und willkürlicher Verhaftung von Zivilisten sowie an Angriffen beteiligt gewesen sein, die zu zivilen Opfern führten. Es gibt vereinzelte Berichte über Festnahmen von Journalisten, Mitgliedern von Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsparteien und Personen, die sich weigerten mit den kurdischen Gruppen zu kooperieren (USDOS 11.3.2020; vgl. HRW 10.9.2018, SNHR 26.1.2021). Familienmitglieder von gesuchten Aktivisten, darunter auch Verwandte von Mitgliedern des IS, sollen von den SDF in den von ihnen kontrollierten Gebieten gefangen genommen worden sein, um Informationen zu erhalten oder um Druck auszuüben (USDOS 13.3.2019).

Die menschenrechtliche Situation in den kurdisch kontrollierten Gebieten stellt sich insgesamt erkennbar weniger gravierend dar als in den Gebieten, die sich unter Kontrolle des syrischen Regimes oder islamistischer und jihadistischer Gruppen befinden (AA 4.12.2020).

Ein Charakteristikum des Bürgerkriegs in Syrien ist, dass in ganz Syrien bestimmte Personen aufgrund ihrer tatsächlichen oder wahrgenommenen bzw. zugeschriebenen politischen Meinung oder Zugehörigkeit direkt angegriffen werden oder ihnen auf andere Weise Schaden zugefügt wird. Diese Zuschreibung basiert oft nur auf den familiären Verbindungen der Person, ihrem religiösen oder ethnischen Hintergrund oder einfach auf ihrer Präsenz in oder Herkunft aus einem bestimmten Gebiet, das als „regierungsfreundlich“ oder „regierungsfeindlich“ gilt (UNHCR 11.2015).

[…]

Kurden

Im Jahr 2011, kurz vor Beginn des syrischen Bürgerkriegs, lebten in Syrien zwischen zwei und drei Millionen Kurden. Damit stellten sie etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Die Lebensumstände waren für die Kurden in Syrien lange Zeit noch kritischer als in der Türkei und im Iran. Ein Grund dafür war die brutale Repression aller oppositionellen Bestrebungen durch das Regime.

Das Ergebnis waren sehr weitgehende Diskriminierungen. Im Nachgang einer Volkszählung im Jahr 1962 wurde rund 120.000 Kurden die syrische Staatsangehörigkeit aberkannt [Anm. Yeziden waren ebenso betroffen]. Sie und ihre Nachfahren galten den syrischen Behörden seither als geduldete Staatenlose. Die Zahl dieser Ausgebürgerten, die wiederum in registrierte (ajanib) und unregistrierte (maktumin) Staatenlose unterteilt wurden, dürfte 2011 bei über 300.000 gelegen haben (SWP 4.1.2019). Im Jahr 2011 verfügte Präsident Assad, dass staatenlose Kurden in Hassakah, die als „Ausländer“ registriert waren, die Staatsbürgerschaft beantragen können.

Es ist jedoch unklar, wie viele Kurden von dem Dekret profitierten. Laut UNHCR konnten etwa 40.000 dieser Kurden nach wie vor nicht die Staatsbürgerschaft erhalten. Ebenso erstreckte sich der Erlass nicht auf die etwa 160.000 „nicht registrierten“ staatenlosen Kurden (USDOS 11.3.2020). Es gibt einige weitere Hindernisse für staatenlose Kurden, die die Staatsbürgerschaft erwerben wollen (DNIDC 16.1.2019).

Die kurdische Bevölkerung (mit oder ohne syrische Staatsbürgerschaft) sieht sich offizieller und gesellschaftlicher Diskriminierung, Repressionen sowie vom Regime gestützter Gewalt ausgesetzt. Das Regime schränkt den Gebrauch und den Unterricht der kurdischen Sprache weiterhin ein. Es beschränkt auch die Veröffentlichung von Büchern und anderen Materialien in kurdischer Sprache, kulturelle Ausdrucksformen und manchmal auch die Feier kurdischer Feste. Einheiten des Regimes und mit ihm verbündete Kräfte sowie der sogenannte IS und bewaffnete Oppositionskräfte, wie die von der Türkei unterstützte Freie Syrische Armee, haben während des Jahres 2019 zahlreiche kurdische Aktivisten und Einzelpersonen sowie Mitglieder der Syrian Democratic Forces (SDF) verhaftet, festgehalten, gefoltert, getötet und anderweitig missbraucht (USDOS 11.3.2020).

Die fehlende Präsenz der syrischen Regierung in den kurdischen Gebieten in den Anfangsjahren des Konfliktes verlieh den Kurden mehr Freiheiten, wodurch zum Beispiel die kurdische Sprache an Schulen unterrichtet werden konnte. Die syrische Regierung erkennt die Legitimität der föderalen kurdischen Gebiete jedoch nicht an (MRG 3.2018).

[…]

Frauen in kurdisch kontrollierten Gebieten

Die Situation von kurdischen Frauen in den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens ist in Bezug auf Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit und die Vormundschaftsgesetze der selbsternannten Autonomieregierung besser. Frauen und Männer sind in der Regierung zu gleichen Teilen repräsentiert (STDOK 8.2017). Per Gesetz werden alle Regierungseinrichtugen von einem Mann und einer Frau gleichzeitig geleitet und die meisten staatlichen Behörden und Gremien müssen zwischen Männern und Frauen gleich besetzt sein, abgesehen von Einrichtungen, die nur für Frauen sind und von Frauen geleitet werden (TNYT 24.2.2018; vgl. AC 12.3.2019). Dabei soll es sich jedoch nur um eine oberflächliche Rolle ohne wirkliche Macht handeln (AC 12.3.2019).

Im November 2014 beschloss die Autonomieregierung ein Dekret, das die „Gleichheit zwischen Männern und Frauen in allen Sphären des öffentlichen und privaten Lebens“ vorsieht. Demnach haben Frauen in den Augen des Gesetzes den gleichen Status wie Männer, auch zum Beispiel bezüglich Scheidung und Erbrecht. Polygamie, Ehrenmorde, Zwangsehen, Ehen von Minderjährigen und andere Formen von Gewalt gegen Frauen wurden verboten. Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen zu schützen und zu vertreten, in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden, und ihnen die Möglichkeit zu geben über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden. Auch arabische und christliche Frauen nutzen die Zentren (TF 27.8.2015; vgl. TNYT 24.2.2018).

In Gebieten mit arabischer Mehrheitsbevölkerung, die konservativer sind und in denen tribale Strukturen noch stark verwurzelt sind, ist es schwerer für die kurdischen Behörden Gleichberechtigungsmaßnahmen ohne Widerstand durchzusetzen. So wurde beispielsweise in Kobane Polygamie verboten, von der lokalen Bevölkerung in Manbij gab es jedoch Widerstand durch lokale Stammesführer, was zu einer Ausnahme für Manbij von dieser Regelung führte (TNYT 24.2.2018).

Die Situation von Frauen in Nordsyrien hängt großteils von der persönlichen und familiären Einstellung und dem Glauben ab, wobei die Befolgung traditioneller sozialer Normen in stärker religiös oder traditionell eingestellten Gemeinschaften üblicher ist (Allsopp&v. Wilgenburg 2019).

Die zivile Verwaltung der kurdisch kontrollierten Provinzen im Norden des Landes, der sogenannten „Demokratischen Föderation Nordsyrien“ (kurdisch Rojava) hat die Institution der Zivilehe eingeführt, die unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit der Brautleute vor den zuständigen Behörden geschlossen werden kann. Ob eine in den kurdischen Gebieten geschlossene zivile Ehe vom syrischen Staat anerkannt wird, ist jedoch schwer zu beurteilen. Das syrische Familienrecht erkennt eine solche Ehe insbesondere dann nicht an, wenn sie einen Verstoß gegen das Ehehindernis aufgrund von unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten der Ehepartner darstellt (MPG 2018).

[…]

Rückkehr

Im Juli 2020 zählte die syrische Bevölkerung geschätzte 19,4 Millionen Menschen (CIA 12.8.2020).

Im Jahr 2020 registrierte UNOCHA in Syrien rund 1,8 Millionen Binnenvertriebene. Ca. 450.000 Binnenvertriebene kehrten in diesem Jahr dagegen zurück (UNOCHA 8.2.2021). Mit Ende September 2020 waren 5.565.954 Personen in den Nachbarländern Syriens und in Nordafrika als syrische Flüchtlinge registriert. 2019 sind laut UNHCR insgesamt etwa 95.000 Flüchtlinge nach Syrien zurückgekehrt, im Zeitraum Jänner-Juli 2020 waren es rund 22.000 (UNHCR 23.9.2020). Weder IDPs noch Flüchtlinge sind notwendigerweise in ihre Heimatgebiete zurückgekehrt (UNHCR 18.3.2019).

Wenn eine Person in ihre Heimat zurückkehren möchte, können viele unterschiedliche Faktoren die Rückkehrmöglichkeiten beeinflussen. Ethno-religiöse, wirtschaftliche und politische Aspekte spielen ebenso eine Rolle, wie Fragen des Wiederaufbaus und die Haltung der Regierung gegenüber Gemeinden, die der Opposition zugeneigt sind (FIS 14.12.2018). Die Sicherheit von Rückkehrern wird nicht in erster Linie durch die Region bestimmt, in welche die Rückkehr erfolgt, sondern entscheidend ist vielmehr, wie Rückkehrer von den im jeweiligen Gebiet präsenten Akteuren wahrgenommen werden (AA 4.12.2020).

Eine Studie der Weltbank ergab, dass die Sicherheitslage in Syrien ein wesentlicher Bestimmungsfaktor bei Rückkehrentscheidungen ist. Flüchtlinge kehren mit geringerer Wahrscheinlichkeit in Distrikte zurück, in welchen es zu intensiven Kämpfen kam. Auch die geringe Versorgung mit Bildung, Gesundheit und grundlegenden Dienstleistungen in Syrien hält Personen von einer Rückkehr ab. Die Bedingungen im Gastland haben komplexe Auswirkungen auf Rückkehrentscheidungen, wobei eine geringere Lebensqualität im Gastland die Rückkehrwahrscheinlichkeit nicht immer erhöht (WB 2020). Als wichtiger Grund für eine Rückkehr wurde auch der Wunsch nach Familienzusammenführung genannt (UNHCR 7.2018). Neben der allgemein volatilen Sicherheitslage bleibt mangelnde persönliche Sicherheit verbunden mit der Angst vor staatlicher Repression weiterhin das wichtigste Hindernis für eine Rückkehr (AA 19.5.2020; vgl. SACD 21.7.2020, ICG 13.2.2020). Rückkehrüberlegungen von syrischen Männern werden auch von ihrem Wehrdienststatus beeinflusst (DIS/DRC 2.2019).

Über die Zustände, in welche die Flüchtlinge zurückkehren und die Mechanismen des Rückkehrprozesses ist wenig bekannt. Da Präsident Assad die Kontrolle über große Gebiete wiedererlangt, sind immer weniger Informationen verfügbar (EIP 6.2019). UNHCR erhielt vom Regime auch im Jahr 2020 nur stark eingeschränkten Zugang in Syrien und konnte daher weder ein umfassendes Monitoring zur Lage von zurückgekehrten Binnenvertriebenen und Flüchtlingen sicherstellen noch einen Schutz ihrer Rechte gewährleisten. Dennoch bemüht sich UNHCR, Beispiele von Rechtsbrüchen zu sammeln, nachzuverfolgen und gegenüber dem Regime zu kommunizieren. Mittlerweile wurde ein Mechanismus zur Meldung solcher Fälle durch UNHCR beim Regime eingerichtet (AA 4.12.2020). Die Behandlung von Einreisenden ist stark vom Einzelfall abhängig und über den genauen Wissensstand der syrischen Behörden über einzelne Rückkehrer gibt es keine gesicherten Kenntnisse (ÖB 29.9.2020).

Bereits im Jahr 2017 haben die libanesischen Behörden trotz des Konfliktes und begründeter Furcht vor Verfolgung vermehrt die Rückkehr syrischer Flüchtlinge gefordert. Eine kleine Anzahl von Flüchtlingen ist im Rahmen lokaler Abkommen nach Syrien zurückgekehrt. Diese Rückkehrbewegungen werden nicht von UNHCR überwacht. Einige Flüchtlinge kehren aufgrund der harschen Politik der Regierung ihnen gegenüber und sich verschlechternden Bedingungen im Libanon nach Syrien zurück, und nicht weil sie der Meinung sind, dass Syrien sicher sei.

Gemeinden im Libanon haben Tausende von Flüchtlingen in Massenausweisungen/Massenvertreibungen ohne Rechtsgrundlage oder ordnungsgemäßes Verfahren vertrieben. Zehntausende sind weiterhin der Gefahr einer Vertreibung ausgesetzt (HRW 17.1.2019).

Obwohl die wirtschaftliche Lage vieler syrischer Flüchtlinge in Jordanien schwierig ist (TN 1.10.2019; SD 6.5.2020), sind aufgrund der Sicherheitslage und wirtschaftlichen Situation in Syrien bislang nur eine geringe Zahl Syrer wieder nach Syrien zurückgekehrt (SD 6.5.2020).

Die Türkei beherbergt etwa 3,65 Millionen syrische Flüchtlinge (DGMM 3.2.2021). Im Juli 2019 änderte sich die Einstellung der türkischen Regierung ihnen gegenüber. Nach maßgeblichen Verlusten bei lokalen Wahlen und mit dem Wunsch die Kontrolle der Regierung über die Situation zu demonstrieren, begannen türkische Sicherheitskräfte syrische Flüchtlinge zusammenzutreiben und sie in die türkischen Provinzen, in denen sie registriert waren, zurückzuschicken, bzw. einige von ihnen abzuschieben und andere zu ermutigen, in die von der Türkei kontrollierten Gebiete in Nordsyrien, einschließlich der Konfliktzone Idlib, zu ziehen (SWP 5.2.2020). Laut NGO-Berichten haben die türkischen Behörden Flüchtlinge immer wieder festgenommen und sie gezwungen, „freiwillige“ Rückkehrdokumente zu unterzeichnen, manchmal durch Schläge und Drohungen (SJAC 8.10.2020).

Es liegen widersprüchliche Informationen vor, ob Personen, die nach Syrien zurückkehren möchten, eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen müssen, oder nicht. Laut deutschem Auswärtigen Amt müssen syrische Flüchtlinge, unabhängig von politischer Ausrichtung,vor ihrer Rückkehr weiterhin eine Überprüfung durch die syrischen Sicherheitsdienste durchlaufen (AA 19.5.2020).

Auch laut International Crisis Group (ICG) stellt unabhängig davon, welchen administrativen Weg ein rückkehrwilliger Flüchtling wählt, die Sicherheitsfreigabe durch den zentralen Geheimdienstapparat in Damaskus (oder die Verweigerung einer solchen) das endgültige Urteil dar, ob es einem Flüchtling möglich ist sicher nach Hause zurückzukehren (ICG 13.2.2020). Im Gegensatz dazu berichtet der Danish Immigration Service (DIS) auf Basis von Interviews, dass Syrer, die außerhalb Syriens wohnen und nicht von der syrischen Regierung gesucht werden, keine Sicherheitsfreigabe benötigen, um nach Syrien zurückzukehren. Weiters berichtete Syria Direct gegenüber DIS, dass lediglich Syrer im Libanon, die über „organisierte Gruppenrückkehr“ nach Syrien zurückkehren möchten, eine Sicherheitsfreigabe benötigen (DIS 12.2020).

Ein Punkt, der nach wie vor schwer zu ermitteln ist, ist der Anteil der Antragsteller, denen die Rückkehr nicht genehmigt wurde (ICG 13.2.2020). Er wird von den verschiedenen Quellen mit 5% (SD 16.1.2019), 10% (Reuters 25.9.2018), bis hin zu 30% (ABC 6.10.2018) angegeben. In vielen Fällen wird auch Binnenvertriebenen die Rückkehr in ihre Heimatgebiete nicht erlaubt (USDOS 11.3.2020).

Gründe für eine Ablehnung können (wahrgenommene) politische Aktivitäten gegen die Regierung bzw. Verbindungen zur Opposition oder die Nicht-Erfüllung der Wehrpflicht sein (Reuters 25.9.2018; vgl. ABC 6.10.2018, SD 16.1.2019). Einige Beobachter und humanitäre Helfer behaupten, dass die Bewilligungsrate für Antragsteller aus Gebieten, die als regimefeindliche Hochburgen identifiziert wurden, nahezu Null ist (ICG 13.2.2020). Kriterien und Anforderungen, um ein positives Ergebnis zu erhalten, sind nicht bekannt. Es gibt Berichte, denen zufolge Rückkehrer trotz positiver Sicherheitsüberprüfung Opfer willkürlicher Verhaftung, Folter oder Verschwindenlassens geworden und vereinzelt in Haft ums Leben gekommen sein sollen (AA 19.5.2020).

Personen, die von der syrischen Regierung gesucht werden, und darum die Genehmigung zur Rückkehr nicht erhalten, sind aufgefordert ihren „Status zu klären“, bevor sie zurückkehren können (Reuters 25.9.2018; vgl. SD 16.1.2019). Einem syrischen General zufolge müssen Personen, die aus dem Ausland zurückkehren möchten, in der entsprechenden syrischen Auslandsvertretung „Versöhnung“ beantragen und unter anderem angeben, wie und warum sie das Land verlassen haben und Angaben über Tätigkeiten in der Zeit des Auslandsaufenthaltes etc. machen. Diese Informationen werden an das syrische Außenministerium weitergeleitet, wo eine Sicherheitsüberprüfung durchgeführt wird. Syrer, die über die Landgrenzen einreisen, müssen dem General zufolge dort ein „Versöhnungsformular“ ausfüllen (DIS 6.2019). Um im Falle der Rückkehr einer Verhaftung zu entgehen, versuchen Syrer, Informationen über ihre Sicherheitsakte zu erhalten und diese, wenn möglich, zu bereinigen. Persönliche Kontakte und Bestechungsgelder sind die gängigsten Mittel und Wege zu diesem Zweck, doch aufgrund ihrer Informalität und der Undurchsichtigkeit des syrischen Sicherheitssektors sind solche Informationen und Sicherheitsfreigaben nicht immer zuverlässig, und nicht jeder kann sie erhalten (ICG 13.2.2020).

Zwar schützt der Genehmigungsprozess potenzielle Rückkehrer nicht vor Misshandlung durch die Milizen oder zukünftiger Verfolgung, trägt jedoch dazu bei, die Unsicherheit zu verringern, mit der sie konfrontiert sind, und nimmt ihnen damit ein Element der Abschreckung (ICG 13.2.2020).

Der Sicherheitssektor kontrolliert den Rückkehrprozess in Syrien. Die Sicherheitsdienste institutionalisieren ein System der Selbstbeschuldigung und Informationsweitergabe über Dritte, um große Datenbanken mit Informationen über reale und wahrgenommene Bedrohungen aus der syrischen Bevölkerung aufzubauen. Um intern oder aus dem Ausland zurückzukehren, müssen Geflüchtete umfangreiche Formulare ausfüllen (EIP 6.2019).

Gesetz Nr. 18 von 2014 sieht eine Strafverfolgung für illegale Ausreise in der Form von Bußgeldern oder Haftstrafen vor. Entsprechend einem Rundschreiben wurde die Bestrafung für illegale Ausreise jedoch aufgehoben und Grenzbeamte sind angehalten, Personen, die illegal ausgereist sind, „bei der Einreise gut zu behandeln“ (DIS 6.2019).

Syrer benötigen in unterschiedlichen Lebensbereichen eine Sicherheitsfreigabe von den Behörden, so z.B. auch für die Eröffnung eines Geschäftes, eine Eheschließung und Organisation einer Hochzeitsfeier, um den Wohnsitz zu wechseln, für Wiederaufbautätigkeiten oder auch, um eine Immobilie zu kaufen (FIS 14.12.2018; vgl. EIP 6.2019). Die Sicherheitsfreigabe kann auch Informationen enthalten, z.B. wo eine Person seit dem Verlassen des konkreten Gebietes aufhältig war. Der Genehmigungsprozess könnte sich einfacher gestalten für eine Person, die in Damaskus aufhältig war, wohingegen der Aufenthalt einer Person in Orten wie Deir ez-Zour zusätzliche Überprüfungen nach sich ziehen kann. Eine Person wird für die Sicherheitserklärung nach Familienmitgliedern, die von der Regierung gesucht werden, befragt, wobei nicht nur Mitglieder der Kern- sondern auch der Großfamilie eine Rolle spielen (FIS 14.12.2018).

Für Personen aus bestimmten Gebieten Syriens erlaubt die Regierung die Wohnsitzänderung aktuell nicht. Wenn es darum geht, wer in seinen Heimatort zurückkehren kann, können einem Experten zufolge ethnisch-konfessionelle aber auch praktische Motive eine Rolle spielen (FIS 14.12.2018). Ehemalige Bewohner von Homs müssen auch Jahre nach der Wiedereroberung durch die Regierung noch immer eine Sicherheitsüberprüfung bestehen, um in ihre Wohngebiete zurückkehren und ihre Häuser wieder aufbauen zu können (TE 28.6.2018; vgl. CMEC 15.5.2020). Syrer, die nach Syrien zurückkehren, können sich nicht an jedem Ort, der unter Regierungskontrolle steht, niederlassen. Die Begründung eines Wohnsitzes ist nur mit Bewilligung der Behörden möglich (ÖB 21.8.2019). Das syrische Innenministerium kündigte Anfang 2019 an, keine Sicherheitserklärung mehr als Voraussetzung für die Registrierung eines Mietvertrages bei Gemeinden zu verlangen (SLJ 29.1.2019; vgl. ÖB 10.5.2019), sondern Mietverträge werden dort registriert und die Daten an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet (ÖB 10.5.2019), sodass die Sicherheitsbehörden nur im Nachhinein Einspruch erheben können. Abgesehen von Damaskus wurde dies bisher nicht umgesetzt (ÖB 21.8.2019). Außerhalb von Damaskus muss die Genehmigung nach wie vor eingeholt werden. Auch hinsichtlich Damaskus wurde berichtet, dass Syrer aus anderen Gebieten nicht erlaubt wurde, sich in Damaskus niederzulassen. Die Niederlassung ist dementsprechend – für alle Gebiete unter Regierungskontrolle – von einer Zustimmung der Sicherheitsbehörden abhängig (ÖB 29.9.2020).

Einige zuvor von der Opposition besetzte Gebiete sind für Personen, die in ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren möchten, praktisch abgeriegelt. In anderen versucht das Regime, die Rückkehr der ursprünglichen Bevölkerung einzuschränken, um ein (Wieder-)Entstehen des sozialen Umfelds, das den Aufstand verursachte, zu verhindern. Einige Gebiete, die nominell vom Regime kontrolliert werden, wie Dara’a, die Stadt Deir ez-Zour und Teile von Aleppo und Homs, sind für Rückkehrer unwirtlich, nämlich aufgrund der schweren Zerstörungen, der Herrschaft übergriffiger regimefreundlicher Milizen und der die Sicherheitslage betreffenden Aspekte, wie Angriffe durch den sogenannten Islamischen Staat (IS), oder infolge einer Kombination aus allen drei Aspekten (ICG 13.2.2020).

Eine Reihe von Vierteln in Damaskus bleibt teilweise oder vollständig geschlossen, selbst für Zivilisten, welche die Wohnviertel nur kurz aufsuchen wollen, um nach ihren ehemaligen Häusern zu sehen (SD 19.11.2018). Beispielsweise durften Bewohnerinnen und Bewohner des palästinensischen Camps Yarmouk in Damaskus auch zwei Jahre, nachdem das Regime die Kontrolle wiedererlangt hat, weitgehend noch nicht zurückkehren (EB 8.7.2020), bzw. erhielten nach Angaben von Aktivisten bislang nur wenige Familien mit Verbindungen zu regierungsfreundlichen Milizen und ältere Bewohner die Erlaubnis, zurückzukehren (MEI 6.5.2020).

Sowohl Menschenrechtsorganisationen als auch die Vereinten Nationen prangern umstrittene Wohn- und Eigentumsgesetze des Regimes an, die, wie beispielsweise das Dekret Nr. 42/2018 oder das Gesetz Nr. 10, zur Enteignung von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen führen können.

Der Wiederaufbau schreitet nur langsam voran. Insbesondere große Teile der syrischen Städte sind im Konfliktverlauf zerstört worden. Auch mittel- bis langfristig werden sie nicht bewohnbar sein. Berichten von Menschenrechtsorganisationen zufolge reißt das Regime beschädigte Häuser und Wohnungen in ehemaligen Oppositionsgebieten ab (AA 19.5.2020; BS 29.4.2020).

Es ist wichtig, dass Rückkehrer in ihren Herkunftsort zurückkehren, weil sie dann auf ein soziales Netzwerk und/oder ihren Stamm zurückgreifen können. Jenen, die aus dem Ausland in ein Gebiet ziehen, aus dem sie nicht stammen, fehlt ein solches Sicherheitsnetz (MOFANL 7.2019).

Es ist schwierig, Informationen über die Lage von Rückkehrern in Syrien zu erhalten. Regierungsfreundliche Medien berichten über die Freude der Rückkehrer (TN 10.12.2018), oppositionelle Medien berichten über Inhaftierungen und willkürliche Tötungen von Rückkehrern (TN 10.12.2018; vgl. TWP 2.6.2019, FP 6.2.2019). Zudem wollen viele Flüchtlinge aus Angst vor Repressionen der Regierung nicht mehr mit Journalisten (TN 10.12.2018) oder sogar mit Verwandten sprechen, nachdem sie nach Syrien zurückgekehrt sind (SD 16.1.2019; vgl. TN 10.12.2018). Zur Situation von rückkehrenden Flüchtlingen aus Europa gibt es, wohl auch aufgrund deren geringen Zahl, keine Angaben (ÖB 29.9.2020).

Die syrische Regierung führt Listen mit Namen von Personen, die als in irgendeiner Form regierungsfeindlich angesehen werden. Die Aufnahme in diese Listen kann aus sehr unterschiedlichen Gründen erfolgen und sogar vollkommen willkürlich sein. Zum Beispiel kann die Behandlung einer Person an einer Kontrollstelle, wie einem Checkpoint, von unterschiedlichen Faktoren abhängen, darunter die Willkür des Personals am Kontrollpunkt oder praktische Probleme, wie die Namensgleichheit mit einer von der Regierung gesuchten Person. Personen, die als regierungsfeindlich angesehen werden, können unterschiedliche Konsequenzen von Regierungsseite zu gewärtigen haben, wie Festnahme und im Zuge dessen auch Folter. Zu als oppositionell oder regierungsfeindlich angesehenen Personen gehören einigen Quellen zufolge unter anderem medizinisches Personal, insbesondere wenn die Person in einem von der Regierung belagerten oppositionellen Gebiet gearbeitet hat, Aktivisten und Journalisten, die sich mit ihrer Arbeit gegen die Regierung engagieren und diese offen kritisieren, oder Informationen oder Fotos von Geschehnissen in Syrien, wie Angriffe der Regierung, verbreitet haben sowie allgemein Personen, die offene Kritik an der Regierung üben. Einer Quelle zufolge kann es sein, dass die Regierung eine Person, deren Vergehen als nicht so schwerwiegend gesehen wird, nicht sofort, sondern erst nach einer gewissen Zeit festnimmt (FIS 14.12.2018). Jeder Geheimdienst führt eigene Fahndungslisten und es findet keine Abstimmung und Zentralisierung statt.

Daher kann es trotz positiver Sicherheitsüberprüfung eines Dienstes jederzeit zur Verhaftung durch einen anderen kommen (AA 4.12.2020). Ein weiterer Faktor, der die Behandlung an einem Checkpoint beeinflussen kann, ist das Herkunftsgebiet oder der Wohnort einer Person. In einem Ort, der von der Opposition kontrolliert wird oder wurde, zu wohnen oder von dort zu stammen kann den Verdacht des Kontrollpersonals wecken (FIS 14.12.2018).

Laut ICG ist nicht immer klar, wen die syrische Regierung als Gegner ansieht, bzw. kann sich dies im Laufe der Zeit auch ändern. Demnach gibt es keine Gewissheit darüber, wer vor einer Verhaftung sicher ist. Viele Flüchtlinge, mit denen ICG Gespräche führte, berichteten, dass der Verzicht auf regimefeindliche Aktivitäten keine sichere Rückkehr garantiert (ICG 13.2.2020).

Es wurde regelmäßig von Verhaftungen von und Anklagen gegen Rückkehrer gemäß der Anti-Terror-Gesetzgebung berichtet, wenn diesen Regimegegnerschaft unterstellt wird. Diese Berichte erscheinen laut deutschem Auswärtigem Amt glaubwürdig, konnten im Einzelfall aber nichtverifiziert werden (AA 13.11.2018).

Es muss davon ausgegangen werden, dass syrische Sicherheitsdienste in der Lage sind, exil-politische Tätigkeiten auszuspähen und darüber zu berichten (ÖB 29.9.2020; vgl. TWP 2.6.2019).

Es gab Berichte, dass syrische Sicherheitsdienste mit Drohungen gegenüber noch in Syrien lebenden Familienmitgliedern Druck auf in z.B. Deutschland lebende Verwandte ausübten (AA 13.11.2018). Die syrische Regierung hat Interesse an politischen Aktivitäten von Syrern im Ausland. Eine Gefährdung eines Rückkehrers im Falle von exil-politischer Aktivität hängt jedoch von den Aktivitäten selbst, dem Profil der Person und von zahlreichen anderen Faktoren, wie dem familiären Hintergrund und den Ressourcen ab, die der Regierung zur Verfügung stehen (STDOK 8.2017). Der Sicherheitssektor nützt den Rückkehr- und Versöhnungsprozess, um, wie in der Vergangenheit, lokale Informanten zur Informationsgewinnung und Kontrolle der Bevölkerung zu institutionalisieren. Die Regierung weitet ihre Informationssammlung über alle Personen, die nach Syrien zurückkehren oder die dort verblieben sind, aus. Historisch wurden Informationen dieser Art benutzt, um Personen, die aus jedwedem Grund als Bedrohung für die Regierung gesehen werden, zu erpressen oder zu verhaften (EIP 6.2019). Das Schreiben eines „taqrir“ (Bericht), d.h. die Meldung von Personen an die Sicherheitsbehörden, ist seit Jahrzehnten Teil des Lebens im ba’athistischen Syrien, der laut ICG auch unter den Flüchtlingen im Libanon fortbesteht. Motive sind dabei persönliche Bereicherung, Begleichen von Rechnungen oder Vermeidung selbst zur Zielscheibe zu werden. Sogar Regimebeamte geben zu, dass Verhaftungen aufgrund unbegründeter Denunziationen erfolgen (ICG 13.2.2020).

Es gibt Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegenüber Personen, die nach Syrien zurückgekehrt waren (IT 17.3.2018). Hunderte syrische Flüchtlinge wurden nach ihrer Rückkehr verhaftet und verhört – inklusive Geflüchteten, die aus dem Ausland nach Syrien zurückkehrten, IDPs aus von der Opposition kontrollierten Gebieten, und Personen, die in durch die Regierung wiedereroberten Gebieten ein Versöhnungsabkommen mit der Regierung unterschrieben haben.

Sie wurden gezwungen, Aussagen über Familienmitglieder zu machen und in manchen Fällen wurden sie gefoltert (TWP 2.6.2019; vgl. EIP 6.2019). Daten der Vereinten Nationen weisen darauf hin, dass 14% von mehr als 17.000 befragten IDP- und Flüchtlingshaushalten, die im Jahr 2018 zurückgekehrt sind, während ihrer Rückkehr angehalten oder verhaftet wurden, 4% davon für über 24 Stunden. In der Gruppe der (ins Ausland) Geflüchteten wurden 19% verhaftet. Diese Zahlen beziehen sich spezifisch auf den Heimweg und nicht auf die Zeit nach der Rückkehr (EIP 6.2019).

Syrische Flüchtlinge benötigen für die Heimreise üblicherweise die Zustimmung der Regierung und die Bereitschaft, vollständige Angaben über ihr Verhältnis zur Opposition zu machen. In vielen Fällen hält die Regierung die im Rahmen der „Versöhnungsabkommen“ vereinbarten Garantien nicht ein, und Rückkehrer sind Schikanen oder Erpressungen durch die Sicherheitsbehörden oder auch Inhaftierung und Folter ausgesetzt, mit dem Ziel Informationen über die Aktivitäten der Flüchtlinge im Ausland zu erhalten (TWP 2.6.2019).

Nach Einschätzung des Hochkommissariats für Flüchtlinge der Vereinten Nationen (UNHCR), der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und des Internationalen Komitees vom roten Kreuz (IKRK) sind die Bedingungen für eine umfassende Rückkehr von Flüchtlingen nach Syrien in Sicherheit und Würde aufgrund weiter bestehender signifikanter Sicherheitsrisiken für die Zivilbevölkerung in ganz Syrien weiterhin nicht gegeben (AA 4.12.2020).“

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche den Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen und stammen aus dem Länderinformationsblatt mit Stand Februar 2021. Da diese Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer, ihrer Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit und ihrer Ehe gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer sowie auf die vorgelegten Dokumente (Originale syrischer Personalausweis und syrisches Familienbuch sowie syrischer Führerschein).

Die Feststellungen zur Fluchtroute gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer.

Das Datum der Antragstellungen und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer (Berufstätigkeit, Familie in Syrien und Österreich, Kontakt zu Familie in Syrien) ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zur Herkunft der Beschwerdeführer aus Al-Malakiyah ergeben sich aus den gleichbleienden und glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer im Laufe des Verfahrens.

Die Feststellung, dass sich der Wohnort der Beschwerdeführer (Al-Malakiyah) unter Kontrolle der Kurden steht, ergibt durch Einsichtnahme in die Karte https://syria.livemap.com/ , welche den Beschwerdeführern in der mündlichen Verhandlung am 16.06.2021 vorgehalten wurde und von diesen auch nicht bestritten wurde.

2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Im vorliegenden Verfahren haben die Beschwerdeführer nach ihrer Erstbefragung in einer Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 die Gelegenheit gehabt, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen.

Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes bzw. Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen, oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650; vgl. auch Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2004/83/EG - StatusRL, ABl. L Nr. 304, 12, sowie Putzer, Leitfaden Asylrecht2, [2011], Rz 31).

Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund ihres persönlichen Eindruckes der Beschwerdeführer davon aus, dass ihnen hinsichtlich ihres Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Ihre Angaben mit Belegen zu untermauern, waren die Beschwerdeführer nicht imstande, weshalb es umso wichtiger gewesen wäre, ihr Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen sind die Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden:

Die Beschwerdeführer gaben zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates bei der Erstbefragung vor den Sicherheitsbehörden und der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zusammengefasst an, dass sie Syrien im Jahr 2017 aus Angst vor dem Krieg und wegen der dort herrschenden schlechten Sicherheitslage sowie um bei ihren in Österreich lebenden Söhnen zu sein, verlassen hätten. Dies ist glaubhaft. Aufgrund des herrschenden Bürgerkrieges und der allgemein unsicheren Lage haben die Beschwerdeführer auch subsidiären Schutz erhalten.

Darüber hinaus brachten die Beschwerdeführer erstmals in ihrer Beschwerde und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 vor, dass ihnen im Fall einer Rückkehr eine Gefährdung durch das syrische Regime, aufgrund der politischen Aktivitäten der Zweitbeschwerdeführerin in der Kurdischen Demokratischen Partei der Einheit in Syrien – „Yekiti“, bzw. dem Umstand, dass sie in Syrien bereits mehrmals verhaftet worden und gegen sie eine Haftstrafe ausgesprochen worden sei, drohe.

Die Beschwerdeführer müssen sich damit eine Steigerung ihres Vorbringens vorwerfen lassen, die das Vorbringen der Beschwerdeführer insgesamt in Zweifel zieht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261 mwH). Dabei wird nicht verkannt, dass sich die Angaben in der Erstbefragung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG 2005 nicht auf die „näheren“ Fluchtgründe zu beziehen haben (vgl. VfGH 27.06.2012, U 98/12), doch haben die Beschwerdeführer nicht nur in der Erstbefragung keine konkrete gegen sich gerichtete individuelle Verfolgungshandlung vorgebracht, sondern auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl angegeben, nie persönlich bedroht oder verfolgt worden zu sein. Soweit die Beschwerdeführer behaupten, dass sie aus Angst nichts gesagt hätten und auch ihr Sohn gesagt habe, dass sie nichts sagen sollen, um keine Probleme zu bekommen, ist dem entgegenzuhalten, dass gerade die Söhne aufgrund ihrer Erfahrungen mit den österreichischen Behörden, die ihnen Schutz zugestanden haben, wissen müssten, dass es im Asylverfahren wichtig ist, alles anzugeben (worauf die Beschwerdeführer auch hingewiesen wurden) und dass man keine Angst vor Problemen haben muss.

Auch blieb in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 ihr diesbezügliches Vorbringen vage. Ihr Wissen über die „Yekiti“-Partei ist lückenhaft. Beispielsweise konnten weder der Erstbeschwerdeführer, noch die Zweitbeschwerdeführerin auf wiederholte Nachfrage der erkennenden Richterin den Namen des Vorsitzenden der Partei in den Jahren 2009/2010, als die Zweitbeschwerdeführerin in Syrien angeblich für diese tätig gewesen und auch mehrmals von der syrischen Regierung verhaftet worden sein soll, nennen (siehe Seiten 8 und 14 des Verhandlungsprotokolls). Weiter konnten die Beschwerdeführer auch nicht Details zu den behaupteten Inhaftierungen und der Anzahl berichten (siehe Seiten 5ff und 13ff des Verhandlungsprotokolls). Letztlich spielten die Beschwerdeführer ihre Rolle in der Partei selbst herunter, nachdem sie die Wissensfragen nicht beantworten konnten und vermeinten, nur Sympathisanten und keine Mitglieder gewesen zu sein, obwohl sie in der Beschwerde noch angaben, dass die Zweitbeschwerdeführerin ein Mitglied der Partei und sogar Gruppenleiterin einer Frauengruppe gewesen sei.

Die von ihnen behaupteten Vorfälle aus dem Jahr 2010 liegen im Übrigen auch bereits lange zurück und die Beschwerdeführer haben von zumindest 2012 bis zu ihrer Ausreise 2017 in Syrien unbehelligt gelebt. Auch wenn sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 (siehe Seite 17 des Verhandlungsprotokolls) behaupteten, dass sie sich verstecken hätten müssen, ist nicht davon auszugehen, dass sie im Haus der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin nicht aufzufinden gewesen wären. Die Behauptung, dass sie versteckt gelebt hätten, lässt sich auch nicht mit einer Berufstätigkeit des Erstbeschwerdeführers in Einklang bringen, von welcher der Erstbeschwerdeführer in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch berichtete und die er dann in der Verhandlung bestritt. Zudem gilt es zu bedenken, dass mehrere Verwandte der Beschwerdeführer nach wie vor in Syrien leben und die Beschwerdeführer von keinen Repressalien gegen diese berichteten.

Die erst nach Einbringung der Beschwerde im Jahr 2019 aufgetauchten und beschafften, sowie mit Schreiben vom 11.06.2021 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Dokumente wiederum sind als Gefälligkeitsschreiben zu qualifizieren. Das Schreiben der Vertretung der Partei in Europa vom 03.05.2019 wurde auf Verlangen des Erstbeschwerdeführers ausgestellt, wie er selbst in der Verhandlung angab. Auffällig ist, dass er sich erst nach dem Erhalt des negativen Bescheides darum gekümmert hat. Es ist der Eindruck entstanden, dass ihm dieses Schreiben auf seinen Wunsch ausgestellt wurde und sich die Vertretung der Partei mit den Beschwerdeführern in keiner Weise näher auseinandergesetzt hat. Auch die angeblichen Beschlüsse eines Gerichts in Syrien bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin wurden dem Bundesverwaltungsgericht erst 5 Tage vor der Verhandlung nur in Kopie vorgelegt und es bleibt unerklärlich, warum diese Dokumente genau vor der mündlichen Verhandlung plötzlich auftauchen.

Die Beschwerdeführer sind auch nicht exilpolitisch tätig. Die Zweitbeschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 ausdrücklich angegeben, dass sie mit Politik nichts mehr zu tun haben möchte (siehe Seite 18 des Verhandlungsprotokolls). Der Erstbeschwerdeführer hat zwar behauptet, dass er in Wien an Demonstrationen und an Treffen der kurdischen Partei teilgenommen habe (siehe Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem aber klar widersprochen (siehe Seite 19 des Verhandlungsprotokolls), weshalb die diesbezüglichen Ausführungen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubhaft sind. Er blieb in seinem Vorbringen diesbezüglich auch vage und konnte den Sitz der Partei in Wien nicht näher beschreiben, sodass davon auszugehen ist, dass er tatsächlich nur einmal dort war, um sich das Gefälligkeitsschreiben der Partei abzuholen. Da die Beschwerdeführer in Österreich nicht politisch aktiv sind, ist auch nicht davon auszugehen, dass sie im Falle einer – aufgrund der Zuerkennung des subsidiären Schutzes hypothetischen – Rückkehr nach Syrien sich politisch engagieren würden und dadurch ins Blickfeld des syrischen Regimes geraten würden.

Auch aus der, wenngleich nicht vorgebrachten, Verwandtschaft zu ihren im Ausland befindlichen wehrdienstverweigernden Söhnen kann keine konkret gegen die Beschwerdeführer gerichtete Verfolgung durch die syrische Regierung abgeleitet werden, da sich aus den Länderfeststellungen ergibt, dass Repressalien gegenüber Familienmitgliedern insbesondere bei Familien von „high profile“-Deserteuren der Fall sein können, also z.B. solche Deserteure, die Soldaten oder Offiziere getötet oder sich der bewaffneten Opposition angeschlossen haben. Diesbezüglich wurde von den Beschwerdeführern jedoch nichts vorgebracht und haben sie nach Ausreise ihrer Söhne noch länger unbehelligt in Syrien gelebt und leben auch noch sonstige Verwandte weiterhin in Syrien.

Eine Gefahr als Reservist von der syrischen Armee eingezogen zu werden, wurde vom Erstbeschwerdeführer bereits in der Erstbefragung dezidiert in Abrede gestellt und wurde auch im Verlauf des weiteren Verfahrens nicht vorgebracht.

Soweit in der Beschwerde allgemein auf die Situation von Frauen in Syrien hingewiesen wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Zweitbeschwerdeführerin selbst eine solche Befürchtung von sich aus nicht vorgebracht hat und aus den Länderberichten klar hervorgeht, dass die Situation von Frauen im Kurdengebiet nicht derart ist, dass daraus eine Verfolgungsgefahr für jede Frau abgeleitet werden könnte. Die Zweitbeschwerdeführerin wäre bei einer – aufgrund der Zuerkennung des subsidiären Schutzes hypothetischen – Rückkehr nach Syrien auch nicht alleinstehend.

Eine Verfolgung durch die kurdischen Machthaber wurde von den Beschwerdeführern weder im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 16.06.2021 behauptet.

Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl kann dementsprechend nicht darin entgegengetreten werden, dass die Beschwerdeführer im Laufe ihres Verfahrens mit ihrem Vorbringen eine konkrete und aktuelle Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, nicht glaubhaft machen haben können.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine „Verfolgungsgefahr“, wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr (vgl. VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (vgl. VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter 2.3. dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen der Beschwerdeführer zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zu, weshalb es den Beschwerdeführern insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Im Umstand, dass im Heimatland der Beschwerdeführer Bürgerkrieg herrscht, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (siehe VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310 und VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Um asylrelevante Verfolgung vor dem Hintergrund einer Bürgerkriegssituation erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten eines Bürgerkrieges hinausgeht. Eine solche haben die Beschwerdeführer aber nicht hinreichend nachvollziehbar glaubhaft machen bzw. dartun können.

Zu ihrer illegalen Ausreise:

Nach den Länderfeststellungen genießen syrische Staatsbürger grundsätzlich Reisefreiheit; sie können Syrien frei verlassen, wenn sie einen gültigen Reisepass besitzen und über einen funktionierenden Grenzübergang ausreisen. Die Ausreise ist mit einer Gebühr verbunden. Die syrische Rechtsordnung sieht eine Strafverfolgung für illegale Ausreise in Form von Bußgeldern oder Haftstrafen vor. Entsprechend einem Rundschreiben wurde die Bestrafung für illegale Ausreise jedoch aufgehoben und Grenzbeamte sind angehalten Personen, die illegal ausgereist sind, „bei der Einreise gut zu behandeln“.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Sanktionierung einer illegalen Ausreise als Nachfluchtgrund nur dann asylrelevant, wenn der für die unerlaubte Ausreise drohenden Sanktion jede Verhältnismäßigkeit fehle, weil dies dann zumindest auch auf der – generellen – Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen könne (VwGH 21.11.2002, 99/20/0160 mwN).

Den Beschwerdeführern droht aufgrund ihrer illegalen Ausreise keine Sanktionen, denen jede Verhältnismäßigkeit fehlt, da sie bisher nicht besonders aufgefallen sind. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die ihnen drohenden Sanktionen auf der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruhen. Es ist deshalb nicht glaubhaft, dass den Beschwerdeführern allein aufgrund ihrer illegalen Ausreise eine Verfolgung im Sinne der GFK droht.

Eine Asylantragstellung in Österreich reicht für sich alleine für eine Asylzuerkennung nicht aus, weil die Antragstellung den syrischen Behörden nicht bekannt ist, da es den österreichischen Behörden gemäß § 33 BFA-VG untersagt ist, diesbezügliche Daten an die syrischen Behörden weiterzugeben.

Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Syrien sowie der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass den Beschwerdeführern aktuell in Syrien eine asylrelevante Verfolgung aus einem in der GFK genannten Gründen droht.

Die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der angefochtenen Bescheide sind daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte