AsylG 2005 §57 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §55
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W241.2238222.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. HAFNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2020, Zahl: 604609801/200673495, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.04.2021, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005, §§ 52 Abs. 1 Z 1, 52 Abs. 9, 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, wurde am 20.04.2017 wegen des Verdachts auf Erschleichung eines Aufenthalts- oder Einreisetitels angezeigt, nachdem er vor einer Behörde einen gefälschten Personalausweis vorgelegt hatte.
2. Mit Bescheid der Magistratsabteilung 35, Amt der Wiener Landesregierung, vom 04.01.2018 wurde der Antrag des BF auf Erteilung einer Aufenthaltskarte als Angehöriger eines EWR- oder Schweizer Bürgers abgewiesen.
3. Der BF ist seit 02.02.2018 aufrecht im Bundesgebiet gemeldet.
4. Mit Schriftsatz vom 15.09.2020 verständigte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA) den BF von der beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Der BF gab keine Stellungnahme ab.
5. Mit Urteil vom 26.09.2020 wurde der BF wegen Fälschung eines Beweismittels (§ 293 Abs. 1 StGB) und Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs. 2, 224 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
6. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des BFA wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG iVm § 10 Abs. 2 und § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen (richtig: 14 Tage) ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).
Das BFA traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des BF und stellte dessen Identität und Staatsbürgerschaft fest. Er habe sich in den Jahren 2012, 2017 und seit 2018 im Bundesgebiet aufgehalten. Sein Aufenthalt sei spätestens seit 24.05.2020 unrechtmäßig. Er sei weder kranken- noch sozialversichert. Es sei nicht bekannt, wie er seinen Aufenthalt in Österreich finanziere. Er sei mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet, die in Österreich weder aufhältig noch niedergelassen sei.
7. Gegen den oben angeführten Bescheid wurde mit Schriftsatz vom 18.12.2020 Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass der BF Anfang der 1990er Jahre eine Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung erhalten habe und sich sein Lebensmittelpunkt seither in Österreich befinde. Er sei von 1991 bis 2018 zahlreichen Beschäftigungen nachgegangen und seit 0107.2018 durchgehend bei einer Firma für Gebäudemanagement angestellt. Er habe zwei in Österreich lebende Kinder, sei bestens integriert und beherrsche die deutsche Sprache. Es bestehe daher ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich. Der belangten Behörde wurden ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und unrichtige rechtliche Beurteilung vorgeworfen.
Der Beschwerde lagen ein Meldezettel, ein Versicherungsdatenauszug und eine Lohnbestätigung bei.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.04.2021 eine mündliche Verhandlung durch, zu der der BF im Beisein seines gewillkürten Vertreters persönlich erschien.
9. Am 23.04.2021 langte eine Stellungnahme der gewillkürten Vertretung des BF ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Serbien. Zum Entscheidungszeitpunkt führt der BF den Namen XXXX . Die im Spruch angeführten Alias-Identitäten beziehen sich auf frühere Namensänderungen des BF. Wann der BF in der Vergangenheit welchen Namen führte, kann mangels entsprechender Beweismittel nicht festgestellt werden.
1.2. Der BF reiste im Jahr 1988 erstmals nach Österreich ein. Zu diesem Zeitpunkt war er mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. 1993 wurde gegen ihn ein Einreiseverbot erlassen und er reiste nach Serbien aus. 1998 kehrte er nach Österreich zurück, reiste jedoch noch im selben Jahr wieder nach Serbien aus. Im Jahr 2011 kehrte der BF nach Österreich zurück.
Ab November 2011 war der BF über folgende Zeiträume hinweg erwerbstätig:
17.11.2011 bis 31.12.2011
01.01.2012 bis 08.02.2012
11.06.2012 bis 23.10.2013
21.08.2012 bis 05.10.2012
22.07.2013 bis 11.11.2013
13.03.2014 bis 17.09.2014
03.12.2015 bis 04.03.2016
01.01.2018 bis 30.06.2018
01.07.2018 bis heute
1.3. Der BF weist vor 2015 keine behördlichen Meldungen im Bundesgebiet auf. Er war von 26.11.2015 bis 27.04.2017 und ab 02.02.2018 durchgehend im Bundesgebiet gemeldet. Ein durchgehender Aufenthalt des BF im Bundesgebiet seit 2011 kann daher nicht festgestellt werden. Der BF war seit 2011 über längere Zeiträume (September 2014 bis Dezember 2015, März 2016 bis Jänner 2018) nicht in Österreich erwerbtätig. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass er sich während dieser Zeiträume nicht in Österreich aufgehalten hat.
1.4. Es kann nicht festgestellt werden, über welche Aufenthaltstitel der BF von 1988 bis 1998 verfügte. Seit seiner Einreise 2011 verfügte der BF über keinen Aufenthaltstitel für Österreich oder ein anderes Mitglied des Schengenraums. Der BF stellte am 18.09.2012, am 27.02.2017 und am 01.03.2019 Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln, die abgewiesen wurden.
1.5. Der BF ist seit 27.05.2014 mit einer rumänischen Staatsangehörigen verheiratet. Diese lebt in Rumänien und hat sich nie in Österreich aufgehalten. Zu der Ehefrau besteht seit drei Jahren kein persönlicher Kontakt.
1.6. Der BF hat aus früheren Ehen zwei volljährige Kinder, die österreichische Staatsbürger sind. Der Sohn des BF verbüßt derzeit eine Haftstrafe. Zu der Tochter des BF besteht nur selten persönlicher Kontakt. Ein gemeinsamer Haushalt des BF mit seinen Kindern bestand seit 2011 nicht.
1.7. Mit Urteil vom 26.09.2020 wurde der BF wegen Fälschung eines Beweismittels (§ 293 Abs. 1 StGB) und Fälschung besonders geschützter Urkunden (§§ 223 Abs. 2, 224 StGB) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt.
1.8. Der BF spricht verständliches, aber gebrochenes Deutsch. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung war Großteils auf Deutsch möglich, zeitweise musste jedoch auf die Übersetzung durch den Dolmetscher zurückgegriffen werden.
1.9. Der BF ist seit Juli 2018 durchgehend bei einer Firma für Gebäudemanagement erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig. Er hat durch eine von ihm in Österreich 2011 gegründete Firma bei der Wiener Gebietskrankenkasse Schulden in Höhe von etwa 30 000 €, die er in Raten begleicht.
Der BF ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration des BF in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Identität des BF ergibt sich mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit aus dem Verwaltungsakt. Dass der BF in der Vergangenheit andere Namen führte, ergibt sich ebenfalls aus dem Verwaltungsakt. In der mündlichen Verhandlung gab der BF an, dass er in Serbien mehrmals seinen Namen änderte, schriftliche Nachweise konnte er jedoch nur bezüglich der letzten Namensänderung (von XXXX auf XXXX vom 21.11.2017) vorlegen.
2.2. Die früheren Aufenthalte des BF in Österreich ergeben sich aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aus dem Versicherungsdatenauszug des BF geht hervor, dass er von 1991 bis 1993 in Österreich erwerbstätig war. Im Jahr 1998 (Jänner bis Dezember) war er ebenfalls in Österreich erwerbstätig. Die Erwerbstätigkeit seit 2011 ergibt sich ebenfalls aus dem Versicherungsdatenauszug.
2.3. Die behördliche Meldung des BF ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters. Nachweise über einen durchgehenden Aufenthalt des BF seit 2011 wurden nicht vorgelegt. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er sich zwischen 2014 und 2016 für „kurze Zeit“ in Frankreich bei seiner Mutter aufgehalten hat. Genaue Angaben konnte der BF hierzu nicht machen. Das erkennende Gericht geht daher davon aus, dass sich der BF, während er nicht erwerbstätig war, nicht in Österreich aufhielt, zumal ihm keine andere Einkommensquelle zur Verfügung stand. Eine aufrechte Meldung im Bundesgebiet (bis 27.04.2017, obwohl der BF nur bis 04.03.2016 erwerbstätig war) ist angesichts der über viele Jahre fehlenden Meldung und der daraus erkennbaren Nachlässigkeit des BF seine behördliche Meldung betreffend nicht geeignet, einen Aufenthalt des BF im Bundesgebiet nachzuweisen.
2.4. Der BF konnte keine Nachweise über Aufenthaltstitel im Zeitraum 1988 bis 1998 vorlegen und gehen solche auch aus dem Zentralen Fremdenregister nicht hervor. Die Anträge des BF auf Erteilung von Aufenthaltstiteln ergeben sich aus dem Zentralen Fremdenregister.
2.5. Die Ehe des BF ergibt sich aus der vorgelegten Heiratsurkunde, die weiteren Feststellungen aus den eigenen Angaben des BF.
2.6. Die Feststellungen zu den Kindern des BF ergeben sich aus seinen eigenen Angaben. Mangels behördlicher Meldung kann nicht festgestellt werden, ob ein gemeinsamer Haushalt mit den Kindern bestanden hat, dies wurde vom BF auch nicht behauptet.
2.7. Die strafrechtliche Verurteilung des BF liegt im Akt auf.
2.8. Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des BF ergeben sich aus der Wahrnehmung des erkennenden Richters in der mündlichen Verhandlung. Nachweise über die Absolvierung von Deutschkursen oder Prüfungen wurden im Verfahren nicht vorgelegt.
2.9. Die Erwerbstätigkeit und die Schulden des BF ergeben sich aus seinen Angaben zusammen mit den von ihm vorgelegten Unterlagen.
Ein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer sozialen Integration in Österreich wurde nicht erstattet und auch keine Empfehlungsschreiben oder andere Beweismittel vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. (Rückkehrentscheidung) des angefochtenen Bescheides:
3.1.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der Aufenthalt des BF war zu keinem Zeitpunkt geduldet. Er ist aktuell nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor.
3.1.2. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg. cit. als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder, der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Der BF ist Staatsangehöriger Serbiens und sohin Drittstaatsangehöriger gemäß § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Serbische Staatsangehörige sind zum visumfreien Aufenthalt von 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen berechtigt. Der BF hält sich seit spätestens Jänner 2018 durchgehend und somit unrechtmäßig in Österreich auf.
Das BFA hat die getroffene Rückkehrentscheidung somit zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt.
3.1.3. Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Art. 8 Abs. 2 EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07-9; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423).
Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VfGH 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Der BF hat zwei erwachsene Kinder im Bundesgebiet. Der Sohn des BF befindet sich aber aktuell in Haft. Zu der Tochter besteht nur selten Kontakt. Ein gemeinsamer Haushalt mit den Kindern besteht spätestens seit der Ausreise des BF aus Österreich 1998 nicht mehr. Auch sonst sind keine Hinweise im Verfahren hervorgekommen, die auf ein Familienleben zwischen dem BF und seinen erwachsenen Kindern schließen lassen. Die Ausweisung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF auf Schutz des Familienlebens.
Die gegenständliche Rückkehrentscheidung kann daher nur in das Privatleben des BF eingreifen.
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Fall Sisojeva ua., Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff, aber auch VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten, so im Ergebnis auch VfGH 12.06.2013, U485/2012). Die Umstände, dass ein Fremder perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, stellen keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale dar (Hinweis E 26. November 2009, 2008/18/0720). Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 6 FrPolG 2005) vermag die persönlichen Interessen des Fremden nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029). Vom Verwaltungsgerichtshof wurde im Ergebnis auch nicht beanstandet, dass in Sprachkenntnissen und einer Einstellungszusage keine solche maßgebliche Änderung des Sachverhalts gesehen wurde, die eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 MRK erfordert hätte (vgl. VwGH 19.11.2014, 2012/22/0056; VwGH 19.11.2014, 2013/22/0017).
Bei einem über zehnjährigen inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen. Diese Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK ist auch für die Erteilung von Aufenthaltstiteln relevant (VwGH 10.11.2015, 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, 2013/22/0242).
Aufenthaltsbeendigende Maßnahmen sind aber auch unter dem Aspekt der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen zu sehen, wobei die "Zehn-Jahres-Grenze" in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann eine Rolle spielt, wenn einem Fremden kein erhebliches strafrechtliches Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Hierbei kommt es ebenso auf den Zeitpunkt und der Art des jeweiligen Fehlverhaltens sowie das seither erfolgte Wohlverhalten an (vgl. VwGH 03.09.2015, 2015/21/0121; aber auch VwGH 10.11.2015, 2015/19/0001). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden aufgrund seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).
Unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur erweist sich eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach einem über 10-jährigen Aufenthalt noch als verhältnismäßig, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, und wenn ein erhebliches strafrechtliches Fehlverhalten vorliegt.
Im gegenständlichen Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein durchgehender zehnjähriger Aufenthalt nicht festgestellt werden konnte. Der Aufenthalt des BF war zwei Mal für längere Zeit, von September 2014 bis Dezember 2015 (ein Jahr und drei Monate) und von März 2016 bis Jänner 2018 (knapp zwei Jahre) unterbrochen, weshalb die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu einem mehr als zehnjährigen Aufenthalt nur eingeschränkt anwendbar ist.
Zugunsten des BF ist zu berücksichtigen, dass er sich schon vor 2011 längere Zeit (von 1988 bis 1993) in Österreich aufgehalten hat. Ab 1993 lebte der BF jedoch (mit einer Unterbrechung von einem Jahr, 1998) durchgehend bis 2011 in Serbien, was den früheren Aufenthalt in Österreich deutlich relativiert.
Dem BF ist zudem gravierendes fremdenrechtliches Fehlerhalten vorzuwerfen. Ihm muss bei seiner Einreise 2011 bewusst gewesen sein, dass er über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügte. Er beantragte auch drei Mal erfolglos die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Dennoch verblieb der BF unrechtmäßig in Österreich. Zusätzlich war er während dem weit überwiegenden Teil seines Aufenthalts nicht behördlich gemeldet und verbarg dadurch seinen illegalen Aufenthalt vor den Behörden. Dem BF ist damit eine Missachtung melderechtlicher Vorschriften vorzuwerfen (vgl. VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006), wobei ihm bewusst war, dass er sich ohne entsprechende Meldung im Bundesgebiet aufhielt.
Zu Lasten des BF ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass er sich mittels eines gefälschten Ausweises einen Aufenthaltstitel zu erschleichen versuchte, weshalb er am 26.09.2019 zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt wurde. Den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet ist daher sein straffälliges Verhalten entgegenzuhalten. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die für die Integration eines Fremden wesentliche soziale Komponente durch vom Fremden begangene Straftaten erheblich beeinträchtigt (vgl. etwa VwGH 30.01.2007, 2004/21/0045 mwH).
Der BF ist seit Jänner 2018 durchgehend erwerbstätig und damit selbsterhaltungsfähig. Allerdings verfügt er aufgrund seines illegalen Aufenthalts auch über keine Arbeitserlaubnis und ist daher nicht zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt, weshalb die Erwerbstätigkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit nur teilweise zu seinen Gunsten berücksichtigt werden können. Das Interesse des BF an der Aufrechterhaltung seiner bestehenden privaten Angelegenheiten, insbesondere einer allfälligen Fortführung seiner erwerbswirtschaftlichen Tätigkeit, ist dadurch zusätzlich geschwächt, dass er sich bei allen Integrationsschritten seines unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein musste.
Der BF legte im Verfahren keine Nachweise über die Absolvierung von Deutschkursen oder Prüfungen vor. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung war die Einvernahme des BF großteils auf Deutsch möglich, teilweise musste jedoch auf die Hilfe des Dolmetschers zurückgegriffen werden. Angesichts des insgesamt langjährigen Aufenthalts des BF in Österreich konnten daher keine bemerkenswerten Deutschkenntnisse objektiviert werden. Eine soziale Integration in Österreich kam im Verfahren ebenfalls nicht hervor. Mit seiner erwachsenen Tochter steht der BF nur selten in Kontakt, sein Sohn befindet sich derzeit in Strafhaft. Konkrete soziale Kontakte wurden nicht vorgebracht und auch keine Empfehlungsschreiben vorgelegt. Er ist weder in einem Verein noch in einer sonstigen Organisation tätig, besucht keine Kurse und geht keinen kulturellen oder sportlichen Aktivitäten nach. Das vom BF in Österreich entwickelte Privatleben beschränkt sich daher auf seine Arbeitstätigkeit und den Erwerb von Sprachkenntnissen, die ihn zu einfachen Konversationen in deutscher Sprache befähigen.
Auch aus der in der Stellungnahme vom 23.04.2021 angeführten Judikatur des Bundesveraltungsgerichts ist für den BF nichts zu gewinnen, da die Rechtsprechung in wesentlichen Punkten anders gelagerte Fälle betraf und daher nicht auf den gegenständlichen Fall anwendbar ist. Den Entscheidungen W222 1311313-2 und G310 1266629-4 lagen Fälle zugrunde, in denen die Beschwerdeführer während eines mehr als zehnjährigen (durchgehenden) Aufenthalts zumindest teilweise (aufgrund von einem oder mehreren Asylanträgen) rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig waren. Der Beschwerdeführer der Entscheidung I421 2235437-1 war im Bundesgebiet geboren und aufgewachsen und verbrachte sein ganzes Leben (mit Ausnahme einer Unterbrechung von weniger als zwei Jahren) in Österreich. Der BF kam jedoch erst als Erwachsener nach Österreich, verbrachte die Jahre 1998 bis 2011 wieder in Serbien, hielt sich während der vergangenen zehn Jahre nicht durchgehend in Österreich auf und war zudem seit 2011 immer illegal aufhältig.
Dem BF ist die jahrelange gravierende Missachtung des österreichischen Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts durch seinen illegalen Aufenthalt sowie seine Verurteilung vorzuwerfen. Beide Aspekte verstärken die öffentlichen Interessen am Erlass einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und relativieren gleichzeitig die Dauer seines Aufenthaltes. Der VwGH hat festgestellt, dass ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
In Hinblick auf die persönliche Situation des BF – wie oben dargelegt, ist der BF gesund, arbeitsfähig, verfügt über Berufserfahrung, hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Serbien verbracht – ist letztlich festzustellen, dass die Situation im Herkunftsland im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führt.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen und würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes einhalten und über diesen Weg einen Aufenthaltstitel erlangen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche einen langjährigen illegalen Aufenthalt in Österreich nutzen, um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde unter Beachtung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zuzukommen habe (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293), sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen bzw. nicht vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. war daher abzuweisen.
3.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III. (Abschiebung)
3.2.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).
3.2.2. Der BF hat im gegenständlichen Verfahren kein konkretes Vorbringen hinsichtlich einer im Herkunftsstaat befürchteten Verletzung in relevanten Grundrechten (insb. Art. 3 EMRK) erstattet. Sowohl unter Beachtung der individuellen Situation des BF als auch der allgemeinen Sicherheits- und Menschenrechtslage im Herkunftsstaat ergab sich kein Hinweis auf eine dem BF in seinem Herkunftsstaat potentiell drohende Gefährdung in den hier relevanten Grundrechten. Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in Serbien ist überdies zu berücksichtigen, dass gemäß § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt und ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.
3.2.3. Der auf § 52 Abs. 9 FPG gestützte Ausspruch der belangten Behörde erfolgte daher zu Recht.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt IV.:
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
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