BVwG W184 2151517-2

BVwGW184 2151517-222.2.2019

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AsylG 2005 §9 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2019:W184.2151517.2.00

 

Spruch:

W184 2151517-2/3E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Werner PIPAL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2019, Zl. 1074430101/180922280, zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall und Abs. 4, § 10, § 57 AsylG 2005, § 52, § 55 FPG und § 9 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach der illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, jedoch wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 23.02.2018 erteilt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass Rückkehrer auf Schwierigkeiten stoßen können, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen, und dass die beschwerdeführende Partei kein solches Netzwerk in Afghanistan habe, weil seine Familie im Iran lebe.

 

Diese Aufenthaltsberechtigung wurde in der Folge mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.02.2018, zugestellt am 21.02.2018, bis zum 23.02.2020 verlängert.

 

Aufgrund des Vorliegens geänderter Umstände leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 28.09.2018 von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung des subsidiären Schutzes ein.

 

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde folgende Entscheidung getroffen:

 

"I. Der mit Bescheid vom 23.02.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wird gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt.

 

II. Die mit Bescheid vom 23.02.2017 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wird gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen.

 

III. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt.

 

IV. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wird eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen.

 

V. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist.

 

VI. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung."

 

Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die Sachverhaltsfeststellungen und die Beweiswürdigung wurden im angefochtenen Bescheid folgendermaßen zusammengefasst (gekürzt und teilweise anonymisiert durch das Bundesverwaltungsgericht):

 

"... A) Verfahrensgang

 

...

 

In der Folge wurden Sie am 07.11.2018 durch einen Organwalter des Bundesamtes niederschriftlich einvernommen. Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge dieser Einvernahme (LA = Leiter der Amtshandlung, VP = Verfahrenspartei):

 

LA: Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage, heute Angaben in Ihrem Verfahren zu machen?

 

VP: Ja. Ich bin gesund, nehme keine Medikamente und bin bereit.

 

...

 

LA: Gegenstand der heutigen Einvernahme: Ihnen wurde mit Bescheid des BFA vom 23.02.2017 aufgrund des Umstandes, dass Sie zu diesem Zeitpunkt noch minderjährig waren, über keine Familienangehörigen in Afghanistan verfügten und Ihnen aufgrund Ihres damaligen Alters keine innerstaatliche Fluchtalternative in Herat, Mazar oder Kabul zugemutet werden konnte, subsidiärer Schutz in Österreich gewährt.

 

...

 

LA: Sind Sie aktuell verlobt oder verheiratet? Haben Sie Kinder? Leben Sie mit jemandem in einer Lebensgemeinschaft?

 

VP: Ich bin ledig.

 

LA: Wo und in welchen Verhältnissen leben Sie aktuell in Österreich?

 

VP: Bis letzten Montag habe ich den B1-Deutschkurs besucht. Danach war ich bei einer Firma ..., um zu sehen, ob ich eine Ausbildungsstelle bekomme. Ich habe mich dort vorgestellt. Bis jetzt haben sie mich noch nicht informiert, wann ich kommen soll.

Nachgefragt: Ich habe mich dort für eine Lehre als Tischler beworben. Ich bin gerade auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle. Letzten Freitag bin ich mit dem Deutschkurs fertiggeworden.

 

LA: Können Sie Integrationsunterlagen vorlegen?

 

VP: Ich lege Ihnen heute meine ÖSD-A1 und -A2-Zertifikate in Kartenform vor. B1 habe ich noch nicht erhalten, ich glaube, ich habe bestanden.

 

LA: Wie bestreiten Sie hier in Österreich Ihren Lebensunterhalt? Werden Sie vom Staat versorgt, erhalten Sie sich selbst oder werden Sie von irgendjemandem finanziell unterstützt?

 

VP: Vom Sozialamt ...

 

LA: Haben Sie schon einmal gearbeitet, seit Sie subsidiär schutzberechtigt sind?

 

VP: Ich habe mich bisher immer gebildet. Seit ich volljährig geworden bin, gab es nur zwei Monate, wo ich nichts gemacht habe, die restliche Zeit habe ich immer einen Deutschkurs besucht.

 

LA: Sie werden aufgefordert, die Behörde nachweislich durch Vorlage geeigneter Unterlagen darüber zu informieren, ob Sie die Lehrstelle erhalten oder nicht und ob Sie das B1-Zertifikat bestanden haben.

 

VP: Ich habe verstanden.

 

LA: Woran liegt es, dass Sie in Österreich keine Schule besuchten?

 

VP: Als ich noch minderjährig war, habe ich das zu meinen Betreuern oft gesagt, aber ich bin nicht in die Schule geschickt worden.

 

LA: Warum haben Sie ab Februar 2017 noch keine Arbeit angenommen?

 

VP: Ich war noch nicht so gut in Deutsch, dass ich in einer Arbeit aufgenommen werden konnte.

 

LA: Wie oft haben Sie schon beim AMS vorgesprochen? Was wurde Ihnen angeboten?

 

VP: Ich war circa zwei bis drei Mal dort und das jedes Mal wegen der Bildung und des Deutschkurses. Wenn die mir eine Arbeit angeboten hätten, wäre ich hingegangen.

 

LA: Haben Sie schon Bewerbungen geschrieben?

 

VP: Ja, viele. Nachgefragt: An die Firmen XXXX , XXXX , als Kellner habe ich mich beworben, als Tischler, Mechaniker.

 

LA: Sind Sie hier in Österreich Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation?

 

VP: Nein.

 

LA: Haben Sie in Österreich Verwandte?

 

VP: Nein.

 

LA: Haben Sie zwischenzeitlich in Österreich irgendwelche sozialen oder privaten Bindungen?

 

VP: Familiär mit niemandem. Ich habe nicht viele Freunde. Die Freunde, die ich habe, sind Afghanen oder Österreicher.

 

LA: Schildern Sie, wie Ihr Aufenthalt in Österreich bislang verlaufen ist. Was haben Sie alles gemacht?

 

VP: Ich habe auch ein Einzelcoaching besucht. Fünf Wochen lang hat dieser Kurs gedauert. Und auch diesen Integrationskurs ..., wo man die Gesetze in Österreich lernt, habe ich besucht.

 

LA: Wurde Ihnen schon einmal Geld nach Österreich von Verwandten oder Bekannten geschickt, um Sie finanziell zu unterstützen?

 

VP: Nein.

 

LA: Wo halten sich Ihre Familienangehörigen aktuell auf?

 

VP: Sie leben im Iran, in XXXX .

 

LA: Weshalb sind Sie am 20.05.2018 bei der Grenzkontrolle in Schwechat angefallen? Was war der Grund für Ihre Reisebewegung?

 

VP: Ich habe circa drei Jahre meine Familie nicht gesehen gehabt, ich bin in den Iran, um meine Familie zu treffen. Es war für 14 Tage. Ich hatte meinen Kurs abgeschlossen und hatte 14 Tage Zeit, bis mein nächster Kurs B1 angefangen hätte.

 

LA: Wie bestreiten Ihre Familienangehörigen den Lebensunterhalt in der Heimatregion bzw. Herkunftsregion (Iran)?

 

VP: Meine Brüder üben freie Gewerbe aus. Sie machen einfache Tätigkeiten.

 

LA: Stehen Sie in regelmäßigem Kontakt mit Ihren Familienangehörigen, z. B. per Telefon, E-Mail, Skype, usw.?

 

VP: Ja.

 

LA: Haben Sie jemals in Afghanistan gelebt?

 

VP: Nur, als ich ein Kind war, bis zu meinem 2. oder 3. Lebensjahr.

 

LA: Sind Sie im Iran je einer Beschäftigung nachgegangen?

 

VP: Ich habe sieben Jahre lang eine Schule im Iran besucht und nebenbei gearbeitet.

 

LA: Sind Ihre Familienangehörigen legal oder illegal im Iran aufhältig?

 

VP: Sie haben Flüchtlingskarten, mit denen sie nur in der Stadt, wo sie wohnen, leben und arbeiten dürfen.

 

LA. Aus welcher Region Afghanistans stammen Sie?

 

VP: Aus Kunduz.

 

LA: Wer sorgt aktuell in Ihrer Herkunftsregion für Sicherheit?

 

VP: Ich weiß es nicht.

 

LA: Haben Sie bzw. Ihre Familie aktuell noch persönliche Besitztümer (Grundstück, Ländereien, Firmen, Geschäfte) im Heimatland bzw. Herkunftsland?

 

VP: Nein.

 

LA: Welche weiteren Familienangehörigen (Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten, sonstige Angehörige) haben Sie noch in Ihrem Heimatland bzw. Herkunftsland?

 

VP: Ich kenne niemanden in Afghanistan.

 

LA: Haben Sie in Ihrem Heimatland, in Österreich oder in einem anderen Land strafbare Handlungen begangen bzw. sind Sie vorbestraft?

 

VP: Ich habe keine strafbare Handlung begangen, aber als ich neu nach Österreich gekommen bin, da wollte ich gar nicht in Österreich bleiben, ich wollte weitergehen. Da musste ich einmal zu Gericht. Ich weiß nicht, was da passiert ist.

 

LA: Was ist da genau passiert?

 

VP: Ich wollte vor der Polizei weglaufen, die hat mich aber erwischt. Ich habe die Gesetze nicht gekannt, ich habe gedacht, dass die Polizisten mich schlagen werden, wie das die Polizisten im Iran machen.

 

...

 

LA: Sie sind mittlerweile volljährig, verfügen über sieben Jahre Schulausbildung und haben bereits gearbeitet, nämlich in der Müllverarbeitungs- und Recyclingbranche. Die Umstände, aufgrund derer Ihnen im Jahre 2017 subsidiärer Schutz gewährt wurde, liegen aktuell nicht mehr vor. Welche Befürchtungen haben Sie für den Fall einer Rückkehr in Ihr Heimatland, speziell nach Herat, Mazar-e Sharif oder Kabul?

 

VP: Wenn man niemanden kennt, keinen Platz dort hat, wo soll man dort hingehen, um zu leben. Überhaupt, bei der jetzigen Lage, wo es jeden Tag Explosionen gibt. Ich habe Afghanistan nicht gesehen, aber das, was ich gehört habe über die Medien und die Nachrichten, macht mir Angst.

 

...

 

LA: Die Rückkehr in Ihr Heimatland ist zumutbar. Sie könnten in Kabul, Herat oder in Mazar-e Sharif Sicherheit erlangen und auch eine zumutbare Lebenssituation vorfinden. Ebenso ist nichts festzustellen, das eine reale Gefahr für Ihr Leben oder die Gesundheit bedeuten würde oder für Sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Weder lässt sich eine solche Gefahr aus der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat noch aus einer etwaigen lebensbedrohlichen und in Ihrem Herkunftsstaat nicht ausreichend behandelbaren Erkrankung Ihrer Person ableiten. Zudem ist festzuhalten, dass es Ihnen zuzumuten ist, selbst unter durchaus schweren Bedingungen am Arbeitsmarkt nach einer Beschäftigung zu suchen und möglicherweise durch das Verrichten von Gelegenheitsarbeiten Ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, umso mehr, als Sie ja auch auf die Unterstützung Ihrer ... Familie zurückgreifen könnten.

 

VP: Wenn man niemanden kennt, wo soll man hingehen?

 

...

 

B) Beweismittel

 

Die Behörde zog die folgenden Beweismittel heran:

 

Von Ihnen vorgelegte Beweismittel:

 

Teilnahmebestätigung Deutschkurs der Marktgemeinde ... vom Juli

2016;

 

Volkshochschulkurs "Deutsch als Fremdsprache AnfängerInnen, Niveau A1 vom 22.07.2016;

 

Volkshochschulkurs "Deutsch als Fremdsprache A2/Teil 1, Niveau A2 vom 30.01.2017;

 

Werte- und Orientierungskurs vom 08.02.2017;

 

ÖSD-Zertifikat A1 vom 04.10.2017;

 

ÖSD-Karte Zertifikat A2.

 

Weitere von der Behörde herangezogene Beweismittel:

 

Niederschriftliche Einvernahmen Ihrer Person;

 

Ihr Bescheid vom 19.02.2018;

 

Die Länderfeststellungen der Staatendokumentation;

 

Sämtliche weiteren Aktenteile Ihres Asylaktes;

 

Meldung über Auslandsreise (BMI Referat III/5/b);

 

Kopie Ihres Fremdenpasses und Ihres iranischen Visums;

 

Gerichtsurteil ...

 

C) Feststellungen

 

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

 

Zu Ihrer Person:

 

Sie führen als Verfahrensidentität den Namen ... und das

Geburtsdatum XXXX . Sie sind afghanischer Staatsangehöriger, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an und sind sunnitischer Moslem. Sie wurden in der Provinz Kunduz geboren. Seit Ihrem dritten Lebensjahr lebten Sie in der Stadt XXXX im Iran. Sie besuchten sieben Jahre die Schule und haben im Iran Müll gesammelt und diesen dann verkauft.

 

Sie haben Kenntnis vom Aufenthaltsort Ihrer Familie, zumal Sie diese im Mai 2018 für 14 Tage im Iran besuchten. Zudem stehen Sie mit Ihrer Familie in regelmäßigem Kontakt. Sie leiden an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung. Sie sind ledig und haben keine Kinder.

 

Sie sind in Österreich bereits straffällig geworden. Sie wurden am 15.06.2016, rechtskräftig am 15.06.2016, wegen Strafbarkeit des Versuches, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, Körperverletzung und schwerer Körperverletzung gemäß § 15 StGB, § 269 Abs. 1, 1. Fall, StGB, § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Z 4 StGB vom Landesgericht für

Strafsachen ... zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten

unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

 

Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und zu Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

 

Die Gründe für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegen nicht mehr vor. Ihre subjektive Lage hat sich im Vergleich zum seinerzeitigen Entscheidungszeitpunkt, als Ihnen subsidiärer Schutz gewährt wurde, geändert. Eine aktuelle bzw. individuelle Furcht vor Verfolgung bei einer Rückkehr nach Afghanistan konnten Sie nicht darlegen. In Ihrem Fall besteht eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative. Sie können Ihren Lebensunterhalt in Mazar-e Sharif oder Herat bestreiten und würden ebendort Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Sie könnten auch auf die Unterstützungsleistung Ihrer Familie, die im Iran lebt, zählen.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass Sie im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einem realen Risiko einer ernsthaften Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt bzw. der Gefährdung des Lebens, Folter oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wären oder der Gefahr ausgesetzt wären, in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.

 

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

 

Sie haben keine Verwandten in Österreich. Ihre sozialen Kontakte beschränken sich nur auf einige wenige Bekanntschaften. Sie haben in Österreich keine besonderen beruflichen oder wirtschaftlichen Verbindungen und gehen keiner Arbeit nach. Sie haben wenige Deutschkenntnisse ...

 

Zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

 

...

 

Politische Lage

 

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung ausgearbeitet und im Jahr 2004 angenommen (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. Casolino 2011). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahr 1964. Bei der Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann wie Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vgl. Casolino 2011, MPI 27.1.2004).

 

Die Verfassung der islamischen Republik Afghanistan sieht vor, dass der Präsident der Republik direkt vom Volk gewählt wird und sein Mandat fünf Jahre beträgt (Casolino 2011). Implizit schreibt die Verfassung dem Präsidenten auch die Führung der Exekutive zu (AAN 13.2.2015).

 

Nach den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2014 einigten sich die beiden Kandidaten Ashraf Ghani und Abdullah Abdullah Mitte 2014 auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) (AM 2015; vgl. DW 30.9.2014). Mit dem RNE-Abkommen vom 21.9.2014 wurde neben dem Amt des Präsidenten der Posten des CEO (Chief Executive Officer) eingeführt, dessen Befugnisse jenen eines Premierministers entsprechen. Über die genaue Gestalt und Institutionalisierung des Postens des CEO muss noch eine loya jirga [Anm.: größte nationale Versammlung zur Klärung von wichtigen politischen bzw. verfassungsrelevanten Fragen] entscheiden (AAN 13.2.2015; vgl. AAN o. D.), doch die Einberufung einer loya jirga hängt von der Abhaltung von Wahlen ab (CRS 13.12.2017).

 

Die afghanische Innenpolitik war daraufhin von langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungslagern unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah geprägt. Kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 wurden schließlich alle Ministerämter besetzt (AA 9 .2016).

 

Parlament und Parlamentswahlen

 

Die afghanische Nationalversammlung ist die höchste legislative Institution des Landes und agiert im Namen des gesamten afghanischen Volkes (Casolino 2011). Sie besteht aus dem Unterhaus, auch wolesi jirga, "Kammer des Volkes", genannt, und dem Oberhaus, meshrano jirga, auch "Ältestenrat" oder "Senat" genannt. Das Unterhaus hat 250 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze, für die Minderheit der Kutschi zehn Sitze und für Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft ein Sitz im Unterhaus reserviert (AAN 22.1.2017; vgl. USDOS 20.4.2018, USDOS 15.8.2017, CRS 13.12.2017, Casolino 2011). Die Mitglieder des Unterhauses haben ein Mandat von fünf Jahren (Casolino 2011). Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von ca. 25% im Unterhaus (AAN 22.1.2017).

 

Das Oberhaus umfasst 102 Sitze (IPU 27.2.2018). Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für behinderte Personen bestimmt. Auch ist de facto ein Sitz für einen Vertreter der Hindu- bzw. Sikh-Gemeinschaft reserviert (USDOS 20.4.2018; vgl. USDOS 15.8.2017).

 

Die Rolle des Parlaments bleibt begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit kritischen Anhörungen und Abänderungen von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Arbeit der Regierung destruktiv zu behindern, Personalvorschläge der Regierung z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse wohl auch durch finanzielle Zuwendungen an einzelne Abgeordnete abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht. Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 5 .2018).

 

Die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen konnten wegen ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden. Daher bleibt das bestehende Parlament weiterhin im Amt (AA 9 .2016; vgl. CRS 12.1.2017). Im September 2016 wurde das neue Wahlgesetz verabschiedet und Anfang April 2018 wurde von der unabhängigen Wahlkommission (IEC) der 20. Oktober 2018 als neuer Wahltermin festgelegt. Gleichzeitig sollen auch die Distriktwahlen stattfinden (AAN 12.4.2018; vgl. AAN 22.1.2017, AAN 18.12.2016).

 

Parteien

 

Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o. D.). Der Terminus "Partei" umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).

 

Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z. B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9 .2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018).

 

Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).

 

Parteienlandschaft und Opposition

 

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u. a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung, sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vgl. Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018).

 

Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezb-e Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle "Coalition for the Salvation of Afghanistan", auch "Ankara Coalition" genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) (AB 18.11.2017; vgl. AAN 6.5.2018).

 

Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober 2017 eine neue politische Bewegung, die Mehwar-e Mardom-e Afghanistan (The People's Axis of Afghanistan), unter der inoffiziellen Führung von Rahmatullah Nabil, des ehemaligen Chefs des afghanischen Geheimdienstes (NDS). Später distanzierten sich die Mitglieder der Bewegung von den politischen Ansichten Hamid Karzais (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 11.10.2017).

 

Anwarul Haq Ahadi, der langjährige Anführer der Afghan Mellat, eine der ältesten Parteien Afghanistans, verbündete sich mit der ehemaligen Mujahedin-Partei Harakat-e Enqilab-e Eslami-e Afghanistan. Gemeinsam nehmen diese beiden Parteien am New National Front of Afghanistan teil (NNF), eine der kritischsten Oppositionsgruppierungen in Afghanistan (AAN 6.5.2018; vgl. AB 29.5.2017).

 

Eine weitere Oppositionspartei ist die Hezb-e Kongara-ya Melli-ye Afghanistan (The National Congress Party of Afghanistan) unter der Führung von Abdul Latif Pedram (AB 15.1.2016; vgl. AB 29.5.2017).

 

Auch wurde die linksorientierte Hezb-e-Watan-Partei (The Fatherland Party) wieder ins Leben gerufen, mit der Absicht, ein wichtiges Segment der ehemaligen linken Kräfte in Afghanistan zusammenzubringen (AAN 6.5.2018; vgl. AAN 21.8.2017).

 

Friedens- und Versöhnungsprozess

 

Am 28. Februar 2018 machte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani den Taliban ein Friedensangebot (NYT 11.3.2018; vgl. TS 28.2.2018). Die Annahme des Angebots durch die Taliban würde, so Ghani, diesen verschiedene Garantien gewähren, wie eine Amnestie, die Anerkennung der Taliban-Bewegung als politische Partei, eine Abänderung der Verfassung und die Aufhebung der Sanktionen gegen ihre Anführer (TD 7.3.2018). Quellen zufolge wird die Annahme bzw. Ablehnung des Angebots derzeit in den Rängen der Taliban diskutiert (Tolonews 16.4.2018; vgl. Tolonews 11.4.2018). Anfang 2018 fanden zwei Friedenskonferenzen zur Sicherheitslage in Afghanistan statt: die zweite Runde des Kabuler Prozesses [Anm.: von der afghanischen Regierung ins Leben gerufene Friedenskonferenz mit internationaler Beteiligung] und die Friedenskonferenz in Taschkent (TD 24.3.2018; vgl. TD 7.3.2018, NZZ 28.2.2018). Anfang April rief Staatspräsident Ghani die Taliban dazu auf, sich für die Parlamentswahlen im Oktober 2018 als politische Gruppierung registrieren zu lassen, was von diesen jedoch abgelehnt wurde (Tolonews 16.4.2018). Ende April 2018 kam es in diesem Zusammenhang zu Angriffen regierungsfeindlicher Gruppierungen (hauptsächlich des IS, aber auch der Taliban) auf mit der Wahlregistrierung betraute Behörden in verschiedenen Provinzen (vgl. Kapitel 3. "Sicherheitslage").

 

Am 19.5.2018 erklärten die Taliban, sie würden keine Mitglieder afghanischer Sicherheitskräfte mehr angreifen, wenn diese ihre Truppen verlassen würden, und gewährten ihnen somit eine "Amnestie". In ihrer Stellungnahme erklärten die Aufständischen, dass das Ziel ihrer Frühlingsoffensive Amerika und ihre Alliierten seien (AJ 19.5.2018).

 

Am 7.6.2018 verkündete Präsident Ashraf Ghani einen Waffenstillstand mit den Taliban für den Zeitraum 12.6.2018 - 20.6.2018. Die Erklärung erfolgte, nachdem sich am 4.6.2018 über 2.000 Religionsgelehrte aus ganz Afghanistan in Kabul versammelt hatten und eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aussprachen (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 7.6.2018, RFL/RL 5.6.2018). Durch die Fatwa wurden Selbstmordanschläge für ungesetzlich (nach islamischem Recht, Anm.) erklärt und die Taliban dazu aufgerufen, den Friedensprozess zu unterstützen (Reuters 5.6.2018). Die Taliban selbst gingen am 9.6.2018 auf das Angebot ein und erklärten einen Waffenstillstand von drei Tagen (die ersten drei Tage des Eid-Fests, Anm.). Der Waffenstillstand würde sich jedoch nicht auf die ausländischen Sicherheitskräfte beziehen; auch würden sich die Taliban im Falle eines militärischen Angriffs verteidigen (HDN 10.6.2018; vgl. TH 10.6.2018, Tolonews 9.6.2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

 

AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (6.5.2018): Afghanistan's Paradoxical Political Party System: A new AAN report ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (12.4.2018): Afghanistan Election Conundrum (6): Another new date for elections ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (25.11.2017): A Matter of

Registration: Factional tensions in Hezb-e Islami ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (11.10.2017): Mehwar-e Mardom-e

Afghanistan: New opposition group with an ambiguous link to Karzai

...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (21.8.2017): The Ghost of

Najibullah: Hezb-e Watan announces (another) relaunch ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (4.5.2017): Hekmatyar's Return to

Kabul: Background reading by AAN ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (3.5.2017): Charismatic,

Absolutist, Divisive: Hekmatyar and the impact of his return ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (22.1.2017): Afghanistan's

Incomplete New Electoral Law: Changes and Controversies ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (18.12.2016): Update on Afghanistan's Electoral Process: Electoral deadlock - for now ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (13.2.2015): The President's CEO Decree: Managing rather thean executive powers (now with full translation of the document) ...;

 

AAN - Afghanistan Analysts Network (o.D.): The 'government of national unity' deal (full text) ...;

 

AB - Afghan Bios (18.11.2017): Understanding Council of Political Currents of Afghanistan ...;

 

AB - Afghan Bios (29.5.2017): New National Front of Afghanistan

(NNF) ...;

 

AB - Afghan Bios (15.1.2016): National Congress Party ...;

 

AE - Afghan Embassy (o.D.): Islamic Republic of Afghanistan, The Constitution of Afghanistan ...;

 

AJ - Al Jazeera (19.5.2018): Taliban pledge not to target army, police who leave "enemy ranks" ...;

 

AM - Asia Maior (2015): Afghanistan 2015: the national unity government at work: reforms, war, and the search for stability ...;

 

BFA Staatendokumentation (7.2016): Dossier der Staatendokumentation, AfPak - Grundlagen der Stammes- & Clanstruktur ...;

 

BFA Staatendokumentation (3.2014): Afghanistan; 2014 and beyond ...;

 

Casolino, Ugo Timoteo (2011): "Post-war constitutions" in Afghanistan ed Iraq, PhD thesis, Università degli studi di Tor Vergata - Roma ...;

 

CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy ...;

 

CRS - Congressional Research Service (12.1.2017): Afghanistan:

Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy ...;

 

DW - Deutsche Welle (29.9.2016): Friedensabkommen in Afghanistan unterzeichnet ...;

 

DW - Deutsche Welle (30.9.2014): Understanding Afghanistan's Chief Executive Officer ...;

 

DZ - Die Zeit (7.3.2018): Wir sind besiegt ...;

 

HDN - Hürriyet Daily News (10.6.2018): Taliban agrees to unprecedented Eid ceasefire with Afghan forces ...;

 

IPU - Inter-Parliamentary Union (27.2.2018): Afghanistan - Meshrano Jirga (House of Elders) ...;

 

MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan ...;

 

NZZ - Neue Zürcher Zeitung (28.2.2018): Die afghanische Regierung macht den Taliban ein konkretes Angebot ...;

 

NYT - The New York Times (11.3.2018): An Unprecedent Peace Offer to the Taliban ...;

 

Reuters (7.6.2018): Afghanistan announces ceasefire with Taliban, until June 20 ...;

 

Reuters (5.6.2018): Afghan President backs suicide bomb fatwa after 14 killed ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (5.6.2018): Ghani Says Kabul Attack 'Against Values Of Islam', Backs Suicide Bomb Fatwa

...;

 

TD - The Diplomat (24.3.2018): Uzbekistan's Afghanistan Peace Conference: What to Expect ...;

 

TD - The Diplomat (7.3.2018): A Way Forward for Afghanistan After 2nd Kabul Process Conference ...;

 

TH - The Hindu (10.6.2018): Taliban agrees to ceasefire during Id

...;

 

Tolonews (9.6.2018): Taliban Orders Three-Day Eid Ceasefire ...;

 

Tolonews (7.6.2018): Afghan Govt Announces Ceasefire With Taliban

...;

 

Tolonews (29.4.2018): Six Wounded in Blast Close to Registration Center ...;

 

Tolonews (16.4.2018): Taliban Rejects Ghani's Call For Them To Take Part In Elections ...;

 

Tolonews (11.4.2018): Taliban Discussing Peace Offer, Says Former Member ...;

 

Tolonews (14.3.2018): Hizb-e-Islami Dismisses Three Senior Members

...;

 

Tolonews (19.12.2017): Special Interview With Arghandiwal - Head of Hizb-e Islami ...;

 

TS - Der Tagesspiegel (28.2.2018): Präsident Ghani macht den Taliban ein Friedensangebot ...;

 

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Afghanistan ...;

 

USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): International Religious Freedom Report for 2016 - Afghanistan ...;

 

USIP - United States Institute of Peace (3.2015): Political Parties in Afghanistan ...

 

Sicherheitslage

 

Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).

 

Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).

 

...

 

Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).

 

...

 

Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).

 

Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Die östlichen Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016 ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).

 

...

 

Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vgl. AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vgl. UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und die Luftwaffe sowie verstärkten Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).

 

Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen, gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).

 

Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele

 

Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen, wie der Islamische Staat (IS), verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vgl. SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).

 

Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vgl. Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).

 

Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vgl. BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeitern von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).

 

Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).

 

Registriert wurde auch eine Steigerung öffentlichkeitswirksamer gewalttätiger Vorfälle (UNGASC 27.2.2018), von denen zur Veranschaulichung hier auszugsweise einige Beispiele wiedergegeben werden sollen (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste enthält öffentlichkeitswirksame (high-profile) Vorfälle sowie Angriffe bzw. Anschläge auf hochrangige Ziele und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

 

Selbstmordanschlag vor dem Ministerium für ländliche Rehabilitation und Entwicklung (MRRD) in Kabul: Am 11.6.2018 wurden bei einem Selbstmordanschlag vor dem Eingangstor des MRRD zwölf Menschen getötet und 30 weitere verletzt. Quellen zufolge waren Frauen, Kinder und Mitarbeiter des Ministeriums unter den Opfern (AJ 11.6.2018). Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (Reuters 11.6.2018; Gandhara 11.6.2018).

 

Angriff auf das afghanische Innenministerium (MoI) in Kabul: Am 30.5.2018 griffen bewaffnete Männer den Sitz des MoI in Kabul an, nachdem vor dem Eingangstor des Gebäudes ein mit Sprengstoff geladenes Fahrzeug explodiert war. Bei dem Vorfall kam ein Polizist ums Leben. Die Angreifer konnten nach einem zweistündigen Gefecht von den Sicherheitskräften getötet werden. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Angriff (CNN 30.5.2018; vgl. Gandhara 30.5.2018).

 

Angriff auf Polizeistützpunkte in Ghazni: Bei Taliban-Anschlägen auf verschiedene Polizeistützpunkte in der afghanischen Provinz Ghazni am 21.5.2018 kamen mindestens 14 Polizisten ums Leben (AJ 22.5.2018).

 

Angriff auf Regierungsbüro in Jalalabad: Nach einem Angriff auf die Finanzbehörde der Provinz Nangarhar in Jalalabad kamen am 13.5.2018 mindestens zehn Personen, darunter auch Zivilisten, ums Leben und 40 weitere wurden verletzt (Pajhwok 13.5.2018; vgl. Tolonews 13.5.2018). Die Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (AJ 13.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich der Islamische Staat (IS) zum Angriff (AJ 13.5.2018).

 

Angriff auf Polizeireviere in Kabul: Am 9.5.2018 griffen bewaffnete Männer jeweils ein Polizeirevier in Dasht-e-Barchi und Shar-i-Naw an und verursachten den Tod von zwei Polizisten und verwundeten sechs Zivilisten. Auch wurden Quellen zufolge zwei Attentäter von den Sicherheitskräften getötet (Pajhwok 9.5.2018). Der IS bekannte sich zum Angriff (Pajhwok 9.5.2018; vgl. Tolonews 9.5.2018).

 

Selbstmordangriff in Kandahar: Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Konvoi der NATO-Truppen in Haji Abdullah Khan im Distrikt Daman der Provinz Kandahar sind am 30.4.2018 elf Kinder ums Leben gekommen und 16 weitere Menschen verletzt worden; unter den Verletzten befanden sich u. a. rumänische Soldaten (Tolonews 30.4.2018b; vgl. APN 30.4.2018b, Focus 30.4.2018, IM 30.4.2018). Weder der IS noch die Taliban reklamierten den Anschlag für sich (Spiegel 30.4.2018; vgl. Tolonews 30.4.2018b).

 

Doppelanschlag in Kabul: Am 30.4.2018 fand im Bezirk Shash Derak in der Hauptstadt Kabul ein Doppelanschlag statt, bei dem Selbstmordattentäter zwei Explosionen verübten (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Die erste Detonation erfolgte in der Nähe des Sitzes des afghanischen Geheimdienstes (NDS) und wurde von einem Selbstmordattentäter auf einem Motorrad verübt; dabei wurden zwischen drei und fünf Menschen getötet und zwischen sechs und elf weitere verletzt (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b); Quellen zufolge handelte es sich dabei um Zivilisten (Focus 30.4.2018). Die zweite Detonation ging von einem weiteren Selbstmordattentäter aus, der sich, als Reporter getarnt, unter die am Anschlagsort versammelten Journalisten, Sanitäter und Polizisten gemischt hatte (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018b, Pajhwok 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Dabei kamen u. a. zehn Journalisten ums Leben, die bei afghanischen sowie internationalen Medien tätig waren (TI 1.5.2018; vgl. AJ 30.4.2018, APN 30.4.2018a). Bei den beiden Anschlägen sind Quellen zufolge zwischen 25 und 29 Personen ums Leben gekommen und 49 verletzt worden (AJ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a, DZ 30.4.2018, Tolonews 30.4.2018a). Der IS bekannte sich zu beiden Angriffen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a). Quellen zufolge sind Geheimdienstmitarbeiter das Ziel des Angriffes gewesen (DZ 30.4.2018; vgl. APN 30.4.2018a).

 

Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie: Am 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der IS bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vgl. NYT 28.1.2018).

 

Bombenangriff mit einem Fahrzeug in Kabul: Am 27.1.2018 tötete ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (TG 27.1.2018; vgl. TG 28.1.2018) - dem sogenannten Regierungs- und Diplomatenviertel (Reuters 27.1.2018).

 

Angriff auf eine internationale Organisation (Save the Children - SCI) in Jalalabad: Am 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden getötet und zwölf weitere verletzt; der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vgl. Reuters 24.1.2018, TG 24.1.2018).

 

Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul: Am 20.1.2018 griffen fünf bewaffnete Männer das Luxushotel Intercontinental in Kabul an. Der Angriff wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018; vgl. DW 21.1.2018). Dabei wurden mindestens 14 Ausländer und vier Afghanen getötet. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).

 

Selbstmordattentat mit einem mit Sprengstoff beladenen Tanklaster:

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben, mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt (FAZ 6.6.2017; vgl. AJ 31.5.2017, BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (FN 7.6.2017).

 

Angriffe gegen Gläubige und Kultstätten

 

Registriert wurde eine steigende Anzahl der Angriffe gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige; 499 zivile Opfer (202 Tote und 297 Verletzte) waren im Rahmen von 38 Angriffen im Jahr 2017 zu verzeichnen. Die Anzahl dieser Art Vorfälle hat sich im Gegensatz zum Jahr 2016 (377 zivile Opfer, 86 Tote und 291 Verletzte bei 12 Vorfällen) verdreifacht, während die Anzahl ziviler Opfer um 32% gestiegen ist (UNAMA 2.2018). Auch verzeichnete die UN in den Jahren 2016 und 2017 Tötungen, Entführungen, Bedrohungen und Einschüchterungen von religiösen Personen - hauptsächlich durch regierungsfeindliche Elemente. Religiösen Führern ist es nämlich möglich, durch ihre Predigten öffentliche Standpunkte zu verändern, wodurch sie zum Ziel von regierungsfeindlichen Elementen werden (UNAMA 7.11.2017). Ein Großteil der zivilen Opfer waren schiitische Muslime. Die Angriffe wurden von regierungsfeindlichen Elementen durchgeführt - hauptsächlich dem IS (UNAMA 7.11.2017; vgl. UNAMA 2.2018). Es wurden aber auch Angriffe auf sunnitische Moscheen und religiöse Führer ausgeführt (TG 20.10.2017; vgl. UNAMA 7.11.2017).

 

Diese serienartigen und gewalttätigen Angriffe gegen religiöse Ziele haben die afghanische Regierung veranlasst, neue Maßnahmen zu ergreifen, um Gebetsstätten zu beschützen: Landesweit wurden 2.500 Menschen rekrutiert und bewaffnet, um 600 Moscheen und Tempel vor Angriffen zu schützen (UNGASC 20.12.2017).

 

Zur Veranschaulichung werden im Folgenden auszugsweise einige Beispiele von Anschlägen gegen Gläubige und Glaubensstätten wiedergegeben (Anmerkung der Staatendokumentation: Die folgende Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

 

Angriff auf Treffen der Religionsgelehrten in Kabul: Am 4.6.2018 fand während einer loya jirga zwischen mehr als 2.000 afghanischen Religionsgelehrten, die durch eine Fatwa zur Beendigung der Gewalt aufriefen, ein Selbstmordanschlag statt. Bei dem Angriff kamen 14 Personen ums Leben und weitere wurden verletzt (Tolonews 7.6.2018; vgl. Reuters 5.6.2018). Quellen zufolge bekannte sich der IS zum Angriff (Reuters 5.6.2018; vgl. RFE/RL 5.6.2018).

 

Angriff auf Kricket-Stadion in Jalalabad: Am 18.5.2018, einen Tag nach Anfang des Fastenmonats Ramadan, kamen bei einem Angriff während eines Kricket-Matchs in der Provinzhauptstadt Nangarhars Jalalabad mindestens acht Personen ums Leben und mindestens 43 wurden verletzt (TRT 19.5.2018; vgl. Tolonews 19.5.2018, TG 20.5.2018). Quellen zufolge waren das direkte Ziel dieses Angriffes zivile Zuschauer des Matchs (TG 20.5.2018; RFE/RL 19.5.2018), dennoch befanden sich auch Amtspersonen unter den Opfern (TNI 19.5.2018). Quellen zufolge bekannte sich keine regierungsfeindliche Gruppierung zum Angriff (RFE/RL 19.5.2018); die Taliban dementierten ihre Beteiligung an dem Anschlag (Tolonews 19.5.2018; vgl. TG 20.5.2018)

 

Selbstmordanschlag während Nowruz-Feierlichkeiten: Am 21.3.2018 (Nowruz-Fest; persisches Neujahr) kam es zu einem Selbstmordangriff in der Nähe des schiitischen Kart-e Sakhi-Schreins, der von vielen afghanischen Gemeinschaften - insbesondere auch der schiitischen Minderheit - verehrt wird. Sie ist ein zentraler Ort, an dem das Neujahrsgebet in Kabul abgehalten wird. Viele junge Menschen, die tanzten, sangen und feierten, befanden sich unter den 31 getöteten; 65 weitere wurden verletzt (BBC 21.3.2018). Die Feierlichkeiten zu Nowruz dauern in Afghanistan mehrere Tage und erreichen ihren Höhepunkt am 21. März (NZZ 21.3.2018). Der IS bekannte sich auf seiner Propaganda Website Amaq zu dem Vorfall (RFE/RL 21.3.2018).

 

Angriffe auf Moscheen: Am 20.10.2017 fanden sowohl in Kabul als auch in der Provinz Ghor Angriffe auf Moscheen statt: Während des Freitagsgebets detonierte ein Selbstmordattentäter seine Sprengstoffweste in der schiitischen Moschee, Imam Zaman, in Kabul. Dabei tötete er mindestens 30 Menschen und verletzte 45 weitere. Am selben Tag, ebenso während des Freitagsgebetes, griff ein Selbstmordattentäter eine sunnitische Moschee in Ghor an und tötete 33 Menschen (Telegraph 20.10.2017; vgl. TG 20.10.2017).

 

Tötungen in Kandahar: Im Oktober 2017 bekannten sich die afghanischen Taliban zu der Tötung zweier religiöser Persönlichkeiten in der Provinz Kandahar. Die Tötungen legitimierten die Taliban, indem sie die Getöteten als Spione der Regierung bezeichneten (UNAMA 7.11.2017).

 

Angriff auf schiitische Moschee: Am 2.8.2017 stürmten ein Selbstmordattentäter und ein bewaffneter Schütze während des Abendgebetes die schiitische Moschee Jawadia in Herat City; dabei wurden mindestens 30 Menschen getötet (BBC 3.8.2017; vgl. Pajhwok 2.8.2017). Insgesamt war von 100 zivilen Opfer die Rede (Pajhwok 2.8.2017). Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 3.8.2017).

 

Entführung in Nangarhar: Die Taliban entführten und folterten einen religiösen Gelehrten in der Provinz Nangarhar, dessen Söhne Mitglieder der ANDSF waren - sie entließen ihn erst, als Lösegeld für ihn bezahlt wurde (UNAMA 7.11.2017).

 

In der Provinz Badakhshan wurde ein religiöser Führer von den Taliban entführt, da er gegen die Taliban predigte. Er wurde gefoltert und starb (UNAMA 7.11.2017).

 

Angriffe auf Behörden zur Wahlregistrierung:

 

Seit der Ankündigung des neuen Wahltermins durch den afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani im Jänner 2018 haben zahlreiche Angriffe auf Behörden, die mit der Wahlregistrierung betraut sind, stattgefunden (ARN 21.5.2018; vgl. DW 6.5.2018, AJ 6.5.2018, Tolonews 6.5.2018, Tolonews 29.4.2018, Tolonews 22.4.2018). Es folgt eine Auflistung der größten Vorfälle:

 

Bei einem Selbstmordanschlag auf ein für die Wahlregistrierung errichtetes Zelt vor einer Moschee in der Provinz Khost kamen Quellen zufolge am 6.5.2018 zwischen 13 und 17 Menschen ums Leben und mindestens 30 weitere wurden verletzt (DW 6.5.2018; vgl. Tolonews 6.5.2018, AJ 6.5.2018).

 

Am 22.4.2018 kamen in der Nähe einer Behörde zur Wahlregistrierung in Pul-e-Khumri in der Provinz Baghlan sechs Menschen ums Leben und fünf weitere wurden verletzt; bisher bekannte sich keine Gruppierung zum Anschlag (Tolonews 22.4.2018; vgl. NZZ 22.4.2018).

 

Am 22.4.2018 kamen vor einer Behörde zur Wahlregistrierung in Kabul 60 Menschen ums Leben und 130 wurden verletzt. Der Angriff fand im mehrheitlich aus ethnischen Hazara bewohnten Kabuler Distrikt Dacht-e-Barchi statt. Der Islamische Staat (IS) bekannte sich zum Anschlag, der gegen die "schiitischen Apostaten" gerichtet war (USIP 24.4.2018; vgl. Slate 22.4.2018).

 

Zivilisten

 

...

 

Im Jahr 2017 registrierte die UNAMA 10.453 zivile Opfer (3.438 Tote und 7.015 Verletzte) - damit wurde ein Rückgang von 9% gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres 2016 (11.434 zivile Opfer mit 3.510 Toten und 7.924 Verletzen) festgestellt. Seit 2012 wurde zum ersten Mal ein Rückgang verzeichnet: Im Vergleich zum Jahr 2016 ist die Anzahl ziviler Toter um 2% zurückgegangen, während die Anzahl der Verletzten um 11% gesunken ist. Seit 1.1.2009-31.12.2017 wurden insgesamt 28.291 Tote und 52.366 Verletzte von der UNAMA registriert. Regierungsfeindliche Gruppierungen waren für 65% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich; Hauptursache dabei waren IEDs, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken (UNAMA 2.2018). Im Zeitraum 1.1.2018 - 31.3.2018 registriert die UNAMA

2.258 zivile Opfer (763 Tote und 1.495 Verletzte). Die Zahlen reflektieren ähnliche Werte wie in den Vergleichsquartalen für die Jahre 2016 und 2017. Für das Jahr 2018 wird ein neuer Trend beobachtet: Die häufigste Ursache für zivile Opfer waren IEDs und komplexe Angriffe. An zweiter Stelle waren Bodenoffensiven, gefolgt von gezielten Tötungen, Blindgängern (Engl. UXO, "Unexploded Ordnance") und Lufteinsätzen. Die Bewohner der Provinzen Kabul, Helmand, Nangarhar, Faryab und Kandahar waren am häufigsten vom Konflikt betroffen (UNAMA 12.4.2018).

 

Regierungsfeindlichen Gruppierungen wurden landesweit für das Jahr 2017 6.768 zivile Opfer (2.303 Tote und 4.465 Verletzte) zugeschrieben - dies bedeutet einen Rückgang von 3% im Vergleich zum Vorjahreswert von 7.003 zivilen Opfern (2.138 Tote und 4.865 Verletzte). Der Rückgang ziviler Opfer, die regierungsfeindlichen Gruppierungen zugeschrieben werden, ist auf einen Rückgang ziviler Opfer, die durch Bodenkonfrontation, IED und ferngezündete Bomben zu Schaden gekommen sind, zurückzuführen. Im Gegenzug dazu hat sich die Anzahl ziviler Opfer aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Attacken erhöht. Die Anzahl ziviler und nicht-ziviler Opfer, die aufgrund gezielter Tötungen durch regierungsfeindliche Elemente zu Schaden gekommen sind, ist ähnlich jener aus dem Jahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (SIGAR 30.4.2018).

 

Konkrete Informationen zu Zahlen und Tätern können dem Subkapitel "Regierungsfeindliche Gruppierungen" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Zu den regierungsfreundlichen Kräften zählten: ANDSF, Internationale Truppen, regierungsfreundliche bewaffnete Gruppierungen sowie nicht näher identifizierte regierungsfreundliche Kräfte. Für das Jahr 2017 wurden 2.108 zivile Opfer (745 Tote und 1.363 Verletzte) regierungsfreundlichen Kräften zugeschrieben, dies deutet einen Rückgang von 23% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (2.731 zivile Opfer, 905 Tote und 1.826 Verletzte) an (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018). Insgesamt waren regierungsfreundliche Kräfte für 20% aller zivilen Opfer verantwortlich. Hauptursache (53%) waren Bodenkonfrontation zwischen ihnen und regierungsfeindlichen Elementen - diesen fielen 1.120 Zivilisten (274 Tote und 846 Verletzte) zum Opfer; ein Rückgang von 37% gegenüber dem Vorjahreswert 2016 (UNAMA 2.2018). Luftangriffe wurden zahlenmäßig als zweite Ursache für zivile Opfer registriert (UNAMA 2.2018; vgl. HRW 26.1.2018); diese waren für 6% ziviler Opfer verantwortlich - hierbei war im Gegensatz zum Vorjahreswert eine Zunahme von 7% zu verzeichnen gewesen. Die restlichen Opferzahlen 125 (67 Tote und 58 Verletzte) waren auf Situationen zurückzuführen, in denen Zivilisten fälschlicherweise für regierungsfeindliche Elemente gehalten wurden. Suchaktionen forderten 123 zivile Opfer (79 Tote und 44 Verletzte), Gewalteskalationen 52 zivile Opfer (18 Tote und 34 Verletzte), und Bedrohungen und Einschüchterungen forderten 17 verletzte Zivilisten (UNAMA 2.2018).

 

Ein besonderes Anliegen der ANDSF, der afghanischen Regierung und internationaler Kräfte ist das Verhindern ziviler Opfer. Internationale Berater der US-amerikanischen und Koalitionskräfte arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Anzahl ziviler Opfer zu reduzieren und ein Bewusstsein für die Wichtigkeit der Reduzierung der Anzahl von zivilen Opfern zu schaffen. Die afghanische Regierung hält auch weiterhin ihre vierteljährliche Vorstandssitzung zur Vermeidung ziviler Opfer (Civilian Casualty Avoidance and Mitigation Board) ab, um u. a. Präventivmethoden zu besprechen (USDOD 12.2017). Die UNAMA bemerkte den Einsatz und die positiven Schritte der afghanischen Regierung, zivile Opfer im Jahr 2017 zu reduzieren (UNAMA 2.2018).

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 3.484 zivile Opfer (823 Tote und 2.661 Verletzte) im Rahmen von 1.845 Bodenoffensiven registriert - ein Rückgang von 19% gegenüber dem Vorjahreswert aus 2016 (4.300 zivile Opfer, 1.072 Tote und 3.228 Verletzte in 2.008 Bodenoffensiven). Zivile Opfer, die aufgrund bewaffneter Zusammenstöße zwischen regierungsfreundlichen und regierungsfeindlichen Kräften zu beklagen waren, sind zum ersten Mal seit 2012 zurückgegangen (UNAMA 2.2018).

 

Im Jahr 2017 forderten explosive Kampfmittelrückstände (Engl. "explosive remnants of war", Anm.) 639 zivile Opfer (164 Tote und 475 Verletzte) - ein Rückgang von 12% gegenüber dem Jahr 2016. 2017 war überhaupt das erste Jahr seit 2009, in welchem ein Rückgang verzeichnet werden konnte. Der Rückgang ziviler Opfer ist möglicherweise u. a. auf eine Verminderung des indirekten Beschusses durch Mörser, Raketen und Granaten in bevölkerten Gegenden von regierungsfreundlichen Kräfte zurückzuführen (UNAMA 2.2018).

 

...

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

 

Terroristische und aufständische Gruppierungen stellen Afghanistan und die Koalitionskräfte vor erhebliche Herausforderungen. Derzeit sind rund 20 terroristische Organisationen in Afghanistan zu finden:

Das von außen unterstützte Haqqani-Netzwerk stellt nach wie vor die größte Gefährdung für afghanische und internationale Kräfte dar. Die Verflechtung von Taliban und Haqqani-Netzwerk ist so intensiv, dass diese beiden Gruppierungen als Fraktionen ein und derselben Gruppe angesehen werden. Wenn auch die Taliban öffentlich verkündet haben, sie würden zivile Opfer einschränken, so führt das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin Angriffe in bevölkerungsreichen Gegenden aus (USDOD 12.2017).

 

Im August 2017 wurde berichtet, dass regierungsfeindliche bewaffnete Gruppierungen - insbesondere die Taliban - ihre Aktivitäten landesweit verstärkt haben, trotz des Drucks der afghanischen Sicherheitskräfte und der internationalen Gemeinschaft, ihren Aktivitäten ein Ende zu setzen (Khaama Press 13.8.2017). Auch sind die Kämpfe mit den Taliban eskaliert, da sich der Aufstand vom Süden in den sonst friedlichen Norden des Landes verlagert hat, wo die Taliban auch Jugendliche rekrutieren (Xinhua 18.3.2018). Ab dem Jahr 2008 expandierten die Taliban im Norden des Landes. Diese neue Phase ihrer Kampfgeschichte war die Folge des Regierungsaufbaus und Konsolidierungsprozesses in den südlichen Regionen des Landes. Darüber hinaus haben die Taliban hauptsächlich in Faryab und Sar-i-Pul, wo die Mehrheit der Bevölkerung usbekischer Abstammung ist, ihre Reihen für nicht-paschtunische Kämpfer geöffnet (AAN 17.3.2017).

 

Teil der neuen Strategie der Regierung und der internationalen Kräfte im Kampf gegen die Taliban ist es, die Luftangriffe der afghanischen und internationalen Kräfte in jenen Gegenden zu verstärken, die am stärksten von Vorfällen betroffen sind. Dazu gehören u. a. die östlichen und südlichen Regionen, in denen ein Großteil der Vorfälle registriert wurde. Eine weitere Strategie der Behörden, um gegen Taliban und das Haqqani-Netzwerk vorzugehen, ist die Reduzierung des Einkommens selbiger, indem mit Luftangriffen gegen ihre Opium-Produktion vorgegangen wird (SIGAR 1.2018).

 

Außerdem haben Militäroperationen der pakistanischen Regierung einige Zufluchtsorte Aufständischer zerstört. Jedoch genießen bestimmte Gruppierungen, wie die Taliban und das Haqqani-Netzwerk, Bewegungsfreiheit in Pakistan (USDOD 12.2017). Die Gründe dafür sind verschiedene: das Fehlen einer Regierung, das permissive Verhalten der pakistanischen Sicherheitsbehörden, die gemeinsamen kommunalen Bindungen über die Grenze und die zahlreichen illegalen Netzwerke, die den Aufständischen Schutz bieten (AAN 17.10.2017).

 

Taliban

 

Die Taliban führten auch ihre Offensive "Mansouri" weiter; diese Offensive konzentrierte sich auf den Aufbau einer "Regierungsführung" der Taliban (engl. "governance") bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Gewalt gegen die afghanische Regierung, die ANDSF und ausländische Streitkräfte. Nichtsdestotrotz erreichten die Taliban die Hauptziele dieser "Kampfsaison" laut US-Verteidigungsministerium nicht (USDOD 12.2017). Operation Mansouri sollte eine Mischung aus konventioneller Kriegsführung, Guerilla-Angriffen und Selbstmordattentaten auf afghanische und ausländische Streitkräfte werden (Reuters 28.4.2017). Auch wollten sich die Taliban auf jene Gegenden konzentrieren, die vom Feind befreit worden waren (LWJ 28.4.2017). Laut NATO Mission Resolute Support kann das Scheitern der Taliban-Pläne für 2017 auf aggressive ANDSF-Operationen zurückgeführt werden, aber auch auf den Umstand, dass die Taliban den IS und die ANDSF gleichzeitig bekämpfen müssen (USDOD 12.2017).

 

Im Jahr 2017 wurden den Taliban insgesamt 4.385 zivile Opfer (1.574 Tote und 2.811 Verletzte zugeschrieben. Die Taliban bekannten sich nur zu 1.166 zivilen Opfern. Im Vergleich zum Vorjahreswert bedeutet dies einen Rückgang um 12% bei der Anzahl ziviler Opfer, die den Taliban zugeschrieben werden. Aufgrund der Komplexität der in Selbstmord- und komplexen Anschlägen involvierten Akteure hat die UNAMA oft Schwierigkeiten, die daraus resultierenden zivilen Opfer spezifischen regierungsfreundlichen Gruppierungen zuzuschreiben, wenn keine Erklärungen zur Verantwortungsübernahme abgegeben wurde. Im Jahr 2017 haben sich die Taliban zu 67 willkürlichen Angriffen auf Zivilisten bekannt; dies führte zu 214 zivilen Opfern (113 Toten und 101 Verletzten). Auch wenn sich die Taliban insgesamt zu weniger Angriffen gegen Zivilisten bekannten, so haben sie dennoch die Angriffe gegen zivile Regierungsmitarbeiter erhöht - es entspricht der Linie der Taliban, Regierungsinstitutionen anzugreifen (UNAMA 2.2018).

 

Schätzungen von SIGAR zufolge kontrollierten im Oktober 2017 und im Jänner 2018 die Taliban 14% der Distrikte Afghanistans (SIGAR 30.4.2018). Die Taliban selbst verlautbarten im März 2017, dass sie beinahe 10% der afghanischen Distrikte kontrollierten (ODI 6.2018). Die Taliban halten auch weiterhin großes Territorium in den nördlichen und südlichen Gegenden der Provinz Helmand (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Die ANDSF haben, unterstützt durch US-amerikanische Truppen, in den ersten Monaten des Jahres 2018 an Boden gewonnen, wenngleich die Taliban nach wie vor die Hälfte der Provinz Helmand unter Kontrolle halten (JD News 12.3.2018; vgl. LWJ 20.4.2018). Helmand war lange Zeit ein Hauptschlachtfeld - insbesondere in der Gegend rund um den Distrikt Sangin, der als Kernstück des Taliban-Aufstands erachtet wird (JD News 12.3.2018; vgl. Reuters 30.3.2018). Die Taliban haben unerwarteten Druck aus ihrer eigenen Hochburg in Helmand erhalten: Parallel zu der Ende März 2018 abgehaltenen Friedens-Konferenz in Uzbekistan sind hunderte Menschen auf die Straße gegangen, haben eine Sitzblockade abgehalten und geschworen, einen langen Marsch in der von den Taliban kontrollierten Stadt Musa Qala zu abzuhalten, um die Friedensgespräche einzufordern. Unter den protestierenden Menschen befanden sich auch Frauen, die in dieser konservativen Region Afghanistans selten außer Haus gesehen werden (NYT 27.3.2018).

 

Die Taliban geben im Kurznachrichtendienst Twitter Angaben zu ihren Opfern oder Angriffen (FAZ 19.10.2017; vgl. Pajhwok 13.3.2018). Ihre Angaben sind allerdings oft übertrieben (FAZ 19.10.2017). Auch ist es sehr schwierig, Ansprüche und Bekennermeldungen zu verifizieren - dies gilt sowohl für Taliban als auch für den IS (AAN 5.2.2018).

 

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

 

Höchst umstritten ist von Experten die Größe und die Gefahr, die vom IS ausgeht. So wird von US-amerikanischen Sicherheitsbeamten und weiteren Länderexperten die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan mit zwischen 500 und 5.000 Kämpfern beziffert. Jeglicher Versuch, die tatsächliche Stärke einzuschätzen, wird durch den Umstand erschwert, dass sich die Loyalität der bewaffneten radikalen Islamisten oftmals monatlich oder gar wöchentlich ändert, je nach ideologischer Wende, Finanzierung und Kampfsituation (WSJ 21.3.2018). Auch wurde die afghanische Regierung bezichtigt, die Anzahl der IS-Kämpfer in Afghanistan aufzublasen (Tolonews 10.1.2018). Zusätzlich ist wenig über die Gruppierung und deren Kapazität, komplexe Angriffe auszuführen, bekannt. Viele afghanische und westliche Sicherheitsbeamte bezweifeln, dass die Gruppierung alleine arbeitet (Reuters 9.3.2018).

 

Die Fähigkeiten und der Einfluss des IS sind seit seiner Erscheinung im Jahr 2015 zurückgegangen. Operationen durch die ANDSF und die US-Amerikaner, Druck durch die Taliban und Schwierigkeiten, die Unterstützung der lokalen Bevölkerung zu gewinnen, störten das Wachstum des IS und verringerten dessen Operationskapazitäten. Trotz erheblicher Verluste von Territorium, Kämpfern und hochrangigen Führern bleibt der IS nach wie vor eine Gefährdung für die Sicherheit in Afghanistan und in der Region. Er ist dazu in der Lage, öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe (HPA) in städtischen Zentren zu verüben (USDOD 12.2017). Der IS hat sich nämlich in den vergangenen Monaten zu einer Anzahl tödlicher Angriffe in unterschiedlichen Teilen des Landes bekannt - inklusive der Hauptstadt. Dies schürte die Angst, der IS könne an Kraft gewinnen (VoA 10.1.2018; vgl. AJ 30.4.2018). Auch haben örtliche IS-Gruppen die Verantwortung für Angriffe auf Schiiten im ganzen Land übernommen (USDOD 12.2017).

 

Im Jahr 2017 wurden dem IS 1.000 zivile Opfer (399 Tote und 601 Verletzte) zugeschrieben sowie die Entführung von 81 Personen; er war damit laut UNAMA für 10% aller zivilen Opfer im Jahr 2017 verantwortlich - eine Zunahme von insgesamt 11% im Vergleich zum Jahr 2016. Im Jahr 2017 hat sich der IS zu insgesamt 18 willkürlichen Angriffen auf Zivilisten oder zivile Objekte bekannt (UNAMA 2.2018); er agiert wahllos - greift Einrichtungen der afghanischen Regierung und der Koalitionskräfte an (AAN 5.2.2018), aber auch ausländische Botschaften (UNAMA 2.2.018). Fast ein Drittel der Angriffe des IS zielen auf schiitische Muslime ab (UNAMA 2.2018; vgl. AAN 5.2.2018) - sechs Angriffe waren auf schiitische Glaubensstätten (UNAMA 2.2018). Der IS begründet seine Angriffe auf die schiitische Gemeinschaft damit, dass deren Mitglieder im Kampf gegen den IS im Mittleren Osten involviert sind (AAN 5.2.2018).

 

Zusätzlich dokumentierte die UNAMA im Jahr 2017 27 zivile Opfer (24 Tote und drei Verletzte) sowie die Entführung von 41 Zivilisten, die von selbsternannten IS-Anhängern in Ghor, Jawzjan und Sar-e Pul ausgeführt wurden. Diese Anhänger haben keine offensichtliche Verbindung zu dem IS in der Provinz Nangarhar (UNAMA 2.2018).

 

Der IS rekrutierte auf niedriger Ebene und verteilte Propagandamaterial in vielen Provinzen Afghanistans. Führung, Kontrolle und Finanzierung des Kern-IS aus dem Irak und Syrien ist eingeschränkt, wenngleich der IS in Afghanistan nachhaltig auf externe Finanzierung angewiesen ist sowie Schwierigkeiten hat, Finanzierungsströme in Afghanistan zu finden. Dieses Ressourcenproblem hat den IS in einen Konflikt mit den Taliban und anderen Gruppierungen gebracht, die um den Gewinn von illegalen Kontrollpunkten und den Handel mit illegalen Waren wetteifern. Der IS bezieht auch weiterhin seine Mitglieder aus unzufriedenen TTP-Kämpfern (Tehreek-e Taliban in Pakistan - TTP), ehemaligen afghanischen Taliban und anderen Aufständischen, die meinen, der Anschluss an den IS und ihm die Treue zu schwören, würde ihre Interessen vorantreiben (USDOD 12.2017).

 

Auch ist der IS nicht länger der wirtschaftliche Magnet für arbeitslose und arme Jugendliche in Ostafghanistan, der er einst war. Die Tötungen von IS-Führern im letzten Jahr (2017) durch die afghanischen und internationalen Kräfte haben dem IS einen harten Schlag versetzt, auch um Zugang zu finanziellen Mitteln im Mittleren Osten zu erhalten. Finanziell angeschlagen und mit wenigen Ressourcen, ist der IS in Afghanistan nun auf der Suche nach anderen Möglichkeiten des finanziellen Überlebens (AN 6.3.2018).

 

Haqqani-Netzwerk

 

Der Gründer des Haqqani-Netzwerkes - Jalaluddin Haqqani - hat aufgrund schlechter Gesundheit die operationale Kontrolle über das Netzwerk an seinen Sohn Sirajuddin Haqqani übergeben, der gleichzeitig der stellvertretende Führer der Taliban ist (VoA 1.7.2017). Als Stellvertreter der Taliban wurde die Rolle von Sirajuddin Haqqani innerhalb der Taliban verfestigt. Diese Rolle erlaubte es dem Haqqani-Netzwerk, seinen Operationsbereich in Afghanistan zu erweitern, und lieferte den Taliban zusätzliche Fähigkeiten in den Bereichen Planung und Operation (USDOD 12.2017).

 

Von dem Netzwerk wird angenommen, aus den FATA-Gebieten (Federally Administered Tribal Areas) in Pakistan zu operieren. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge soll das Netzwerk zwischen 3.000 und 10.000 Mitglieder haben. Dem Netzwerk wird nachgesagt, finanziell von unterschiedlichen Quellen unterstützt zu werden - inklusive reichen Personen aus den arabischen Golfstaaten (VoA 1.7.2017).

 

Zusätzlich zu der Verbindung mit den Taliban hat das Netzwerk mit mehreren anderen Aufständischen Gruppierungen, inklusive al-Qaida, der Tehreek-e Taliban in Pakistan (TTP), der Islamic Movement of Uzbekistan (IMU) und der ebenso in Pakistan ansässigen Lashkar-e-Taiba (VoA 1.7.2017).

 

Sowohl die afghanische als auch die US-amerikanische Regierung haben Pakistan in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, keine eindeutigen Maßnahmen gegen terroristische Elemente zu ergreifen, die darauf abzielen, die Region zu destabilisieren - zu diesen Elementen zählen auch die Taliban und das Haqqani-Netzwerk (RFE/RL 23.3.2018; vgl. AJ 8.3.2018, UNGASC 27.2.2018).

 

Al-Qaida

 

Al-Qaida konzentriert sich hauptsächlich auf das eigene Überleben und seine Bemühungen, sich selbst zu erneuern. Die Organisation hat eine nachhaltige Präsenz in Ost- und Nordostafghanistan mit kleineren Elementen im Südosten. Manche Taliban in den unteren und mittleren Rängen unterstützen die Organisation eingeschränkt. Nichtsdestotrotz konnte zwischen 1.6.-20.11.2017 keine Intensivierung der Beziehung zu den Taliban auf einem strategischen Niveau registriert werden (USDOD 12.2017).

 

...

 

Quellen:

 

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USIP - United States Institute of Peace (24.4.2018): ISIS Attack on Afghan Voting Center Aims to Sow Ethnic Division ...;

 

VoA - Voice of America (10.1.2018): IS Leaflets Threaten Residents in Restive Afghan Province ...;

 

VoA - Voice of America (1.7.2017): What Is the Haqqani Network? ...;

 

WSJ - Wall Street Journal (21.3.2018): Suicide Bomber, in Crowd of New Year Pilgrims, Kills Dozens in Kabul ...;

 

Xinhua (18.3.2018): 2 local Taliban commanders killed in N. Afghanistan clash ...

 

Kabul

 

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, an Nangarhar im Südosten, an Logar im Süden und an (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Provinz Kabul besteht aus folgenden Einheiten (Pajhwok o.D.z): Bagrami, Chaharasyab/Char Asiab, Dehsabz/Deh sabz, Estalef/Istalif, Farza, Guldara, Kabul Stadt, Kalakan, Khak-e Jabbar/Khak-i-Jabar, Mirbachakot/Mir Bacha Kot, Musayi/Mussahi, Paghman, Qarabagh, Shakardara, Surobi/Sorubi (UN OCHA 4-2014; vgl. Pajhwok o.D.z).

 

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.679.648 geschätzt (CSO 4.2017).

 

In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander in Kabul Stadt (Pajhwok o.D.z). Menschen aus unsicheren Provinzen, auf der Suche nach Sicherheit und Jobs, kommen nach Kabul - beispielsweise in die Region Shuhada-e Saliheen (LAT 26.3.2018). In der Hauptstadt Kabul existieren etwa 60 anerkannte informelle Siedlungen, in denen 65.000 registrierte Rückkehrer und IDPs wohnen (TG 15.3.2018).

 

Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen: den Hamid Karzai International Airport (HKIR) (Tolonews 25.2.2018; vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35). Auch soll die vierspurige "Ring Road", die Kabul mit angrenzenden Provinzen verbindet, verlängert werden (Tolonews 10.9.2017; vgl. Kapitel 3.35.).

 

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

 

Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen (Reuters 14.3.2018), die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben (Reuters 14.3.2018; vgl. UNGASC 27.2.2018). Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen, in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen (Khaama Press 26.3.2018; vgl. FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018). Im Jahr 2017 und in den ersten Monaten des Jahres 2018 kam es zu mehreren "high-profile"-Angriffen in der Stadt Kabul; dadurch zeigte sich die Angreifbarkeit/Vulnerabilität der afghanischen und ausländischen Sicherheitskräfte (DW 27.3.2018; vgl. VoA 19.3.2018 SCR 3.2018, FAZ 22.4.2018, AJ 30.4.2018).

 

Informationen und Beispiele zu öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen (HPA) können dem Kapitel 3. "Sicherheitslage (allgemeiner Teil)" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Im Zeitraum 1.1.2017 - 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

 

...

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) registriert. Hauptursache waren Selbstmordanschläge, gefolgt von IEDs und gezielte Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 4% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016. Für Kabul-Stadt wurden insgesamt 1.612 zivile Opfer registriert; dies bedeutet eine Steigerung von 17% im Gegensatz zum Vorjahr 2016 (440 getötete Zivilisten und 1.172 Verletzte) (UNAMA 2.2018).

 

Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.

Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (UNAMA 2.2018).

 

Militärische Operationen und Maßnahmen der afghanischen Regierung in der Provinz Kabul

 

Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt (Tolonews 31.1.2018; vgl. AT 18.3.2018, RS 28.2.2018; vgl. MF 18.3.2018). Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden (MF 18.3.2018). Um die Sicherheitslage in Kabul-Stadt zu verbessern, wurden im Rahmen eines neuen Sicherheitsplanes mit dem Namen "Zarghun Belt" (der grüne Gürtel), der Mitte August 2017 bekannt gegeben wurde, mindestens 90 Kontrollpunkte in den zentralen Teilen der Stadt Kabul errichtet. Die afghanische Regierung deklarierte einen Schlüsselbereich der afghanischen Hauptstadt zur "Green Zone" - dies ist die Region, in der wichtige Regierungsinstitutionen, ausländische Vertretungen und einige Betriebe verortet sind (Tolonews 7.2.2018). Kabul hatte zwar niemals eine formelle "Green Zone"; dennoch hat sich das Zentrum der afghanischen Hauptstadt, gekennzeichnet von bewaffneten Kontrollpunkten und Sicherheitswänden, immer mehr in eine militärische Zone verwandelt (Reuters 6.8.2017). Die neue Strategie beinhaltet auch die Schließung der Seitenstraßen, welche die Hauptstadt Kabul mit den angrenzenden Vorstädten verbinden; des Weiteren werden die Sicherheitskräfte ihre Präsenz, Personenkontrollen und geheimdienstlichen Aktivitäten erhöhen (Tolonews 7.2.2018). Damit soll innerhalb der Sicherheitszone der Personenverkehr kontrolliert werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt (Tolonews 1.3.2018). Insgesamt beinhaltet dieser neue Sicherheitsplan 52 Maßnahmen, von denen die meisten nicht veröffentlicht werden (RFE/RL 7.2.2018). Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt - alles dazwischen muss geräumt werden (Reuters 14.3.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in der Provinz Kabul

 

Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 17.3.2018, Dawn 31.1.2018), auch dem Haqqani-Netzwerk wird nachgesagt, Angriffe in der Stadt Kabul zu verüben (RFE/RL 30.1.2018; vgl. NYT 9.3.2018, VoA 1.6.2017). So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (AAN 5.2.2018).

 

Zum Beispiel wurden zwischen 27.12.2017 und 29.1.2018 acht Angriffe in drei Städten ausgeführt, zu denen neben Jalalabad und Kandahar auch Kabul zählte - fünf dieser Angriffe fanden dort statt. Nichtsdestotrotz deuten die verstärkten Angriffe - noch - auf keine größere Veränderung hinsichtlich des "Modus Operandi" der Taliban hin (AAN 5.2.2018).

 

Für den Zeitraum 1.1.2017 - 31.1.2018 wurden in der Provinz Kabul vom IS verursachte Vorfälle registriert (Gewalt gegenüber Zivilisten und Gefechte) (ACLED 23.2.2018).

 

Quellen:

 

AAN - Afghan Analysts Network (5.2.2018): Five Questions to Make Sense of the New Peak in Urban Attacks and a Violent Week in Kabul

...;

 

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):

Islamic State in Afghanistan ...;

 

AJ - Al Jazeera (30.4.2018): Twin ISIL suicide blasts kill 29 in Afghanistan's Kabul ...;

 

AT - Afghan Times (18.3.2018): US arbitrary house searches divesting freedom of residents ...;

 

CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018 ...;

 

Dawan (31.1.2018): 27 Taliban, Haqqani Network suspects handed over to Afghanistan last year: FO ...;

 

DW - Deutsche Welle (27.3.2018): Why Central Asian states want peace with the Taliban ...;

 

EASO - European Asylum Support Office (12.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;

 

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (22.4.2018): Zahl der Toten steigt auf 48 ...;

 

Khaaam Press (26.3.2018): Karzai condemn Kabul blast targeting Pashtun Protection Movement supporters ...;

 

LAT - Los Angeles Times (26.3.2018): As war's toll grows in Kabul, the dead fight for space with the living ...;

 

MF - Mena FN (18.3.2018): Afghanistan - US arbitrary house searches divesting freedom of residents ...;

 

NYT - The New York Times (9.3.2018): Hazaras Protest After an ISIS Attack Kills 10 in Kabul ...;

 

Pajhwok (o.D.z): Kabul province background profile ...;

 

Reuters (14.3.2018): U.S. looks to protect Afghan capital against Taliban bombings ...;

 

Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (17.3.2018): Suicide Car-Bomb Attack Kills At Least Three In Kabul ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (30.1.2018): Pakistan Says 27 Militants Handed Over To Afghanistan ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (7.2.2018): New Security Plan In Kabul After Deadly Attacks ...;

 

RS - Resolute Support Afghanistan (28.2.2018): Kabul security:

capital city getting an upgrade ...;

 

SCR - Security Council Report (3.2018): March 2018 Monthly Forecast

...;

 

TG - The Guardian (15.3.2018): Pressure builds in 'powderkeg' Kabul as refugees return home ...;

 

Tolonews (1.3.2018): Senior Military Officers Review Kabul Checkpoints ...;

 

Tolonews (25.2.2018): Afghanistan Looks to Increase Air Cargo Exports to Kazakhstan ...;

 

Tolonews (7.2.2018): Security Check Points Stepped Up In Kabul ...;

 

Tolonews (31.1.2018): Govt Under Fire After Daesh House Found In Kabul ...;

 

Tolonews (10.9.2017): IDB Lends Kabul $74 Million For Ring Road ...;

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):

Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017 ...;

 

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (27.2.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security ...;

 

UN OCHA - United Nations office for the Coordination of Humanitarian Response (4.2014): Kabul Province District Atlas ...;

 

UNODC - United Nations Office on Drugs and Crime (11.2017):

Afghanistan Opium Survey 2017 ...;

 

VoA - Voice of America (19.3.2018): Nicholson: US Planning Religious, Diplomatic, Military and Social Pressure on Taliban ...;

 

VoA - Voice of America (1.6.2017): What Is the Haqqani Network? ...

 

Herat

 

Herat ist eine der größten Provinzen Afghanistans und liegt im Westen des Landes. Herat grenzt im Norden an die Provinz Badghis und Turkmenistan, im Süden an die Provinz Farah, im Osten an die Provinz Ghor und im Westen an den Iran. Die Provinz ist in folgende Bezirke eingeteilt, die gleichzeitig auch die administrativen Einheiten bilden: Shindand, Engeel/Injil, Ghorian/Ghoryan, Guzra/Guzara und Pashtoon Zarghoon/Pashtun Zarghun werden als Bezirke der ersten Stufe angesehen, Awba/Obe, Kurkh/Karukh, Kushk, Gulran, Kuhsan/Kohsan, Zinda Jan und Adraskan als Bezirke zweiter Stufe und Kushk-i-Kuhna/Kushki Kohna, Farsi, und Chisht-i-Sharif/Chishti Sharif als Bezirke dritter Stufe (UN OCHA 4.2014; vgl. Pajhwok o. D.). Provinzhauptstadt ist Herat-Stadt, welche sich im gleichnamigen Distrikt befindet und eine Einwohnerzahl von 506.900 hat (CP 21.9.2017). In der Provinz befinden sich zwei Flughäfen: ein internationaler in Herat-Stadt und ein militärischer in Shindand (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35.). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.967.180 geschätzt (CSO 4.2017).

 

In der Provinz leben Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Turkmenen, Uzbeken und Aimaken (Pajhwok o.D.; vgl. NPS o.D.).

 

Herat ist eine relativ entwickelte Provinz im Westen des Landes. Das Harirud-Tal, eines der fruchtbarsten Täler des Landes, wo Baumwolle, Obst und Ölsaat angebaut werden, befindet sich in der Provinz (AJ 8.3.2012). Bekannt ist Herat auch wegen seiner Vorreiterrolle in der Safran-Produktion (AJ 8.3.2012; vgl. EN 9.11.2017). Es sollen Regierungsprogramme und ausländische Programme zur Unterstützung der Safran-Produktion implementiert werden. Safran soll eine Alternative zum Mohnanbau werden (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Anfang Jänner 2018 wurde ein Labor zur Kontrolle der Safran-Qualität in Herat errichtet (Pajhwok 13.1.2018). Die Safran-Produktion garantierte z. B. auch zahlreiche Arbeitsplätze für Frauen in der Provinz (Tolonews 10.11.2017; vgl. EN 9.11.2017). Auch in unsicheren Gegenden wird Safran angebaut. (Tolonews 10.11.2017). Insgesamt wurden 2017 in der Provinz mindestens 8 Tonnen Safran produziert; im Vorjahr 2016 waren es 6.5 Tonnen (Pajhwok 13.1.2018; vgl. EN 9.11.2017). Trotzdem stieg im Jahr 2017 in der Provinz die Opiumproduktion. In den Distrikten Shindand und Kushk, geprägt von schlechter Sicherheitslage, war der Mohnanbau am höchsten (UNODC 11.2017).

 

Im Dezember 2017 wurden verschiedene Abkommen mit Uzbekistan unterzeichnet. Eines davon betrifft den Bau einer 400 km langen Eisenbahnstrecke von Mazar-e Sharif und Maymana nach Herat (UNGASC 27.2.2018; vgl. RFE/RL 6.12.2017).

 

Mitte März 2018 wurde der Bau der TAPI-Leitung in Afghanistan eingeweiht. Dabei handelt es sich um eine 1.800 km lange Pipeline für Erdgas, die Turkmenistan, Afghanistan, Pakistan und Indien 30 Jahre lang mit 33 Billionen m³ turkmenischem Erdgas versorgen soll. Die geplante Leitung wird sich entlang der Herat-Kandahar-Autobahn erstrecken. Somit wird sie durch Gegenden, auf die die Taliban einen starken Einfluss haben, verlaufen. Jedoch erklärten die Taliban, TAPI sei ein "wichtiges Projekt" und sie würden es unterstützen (PPG 26.2.2018; vgl. RFE/RL 23.2.2018). Im Rahmen des TAPI-Projekts haben sich 70 Taliban bereit erklärt, an den Friedensprozessen teilzunehmen (Tolonews 4.3.2018). Um Sicherheit für die Umsetzung des TAPI-Projekts zu gewähren, sind tausende Sicherheitskräfte entsandt worden (Tolonews 14.3.2018).

 

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage

 

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018; vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Des Weiteren wurde Ende Oktober 2017 verlautbart, dass die Provinz Herat zu den relativ ruhigen Provinzen im Westen des Landes zählt, wenngleich sich in den abgelegenen Distrikten die Situation in den letzten Jahren aufgrund der Taliban verschlechtert hat (Khaama Press 25.10.2017).

 

Die Provinz ist u. a. als ein Hauptkorridor für den Menschenschmuggel in den Iran bekannt - speziell von Kindern (Pajhwok 21.1.2017).

 

Mitte Februar 2018 wurde von der Entminungs-Organisation Halo Trust bekannt gegeben, dass nach zehn Jahren der Entminung 14 von 16 Distrikten der Provinz sicher seien. In diesen Gegenden bestünde keine Gefahr mehr, Landminen und anderen Blindgängern ausgesetzt zu sein, so der Pressesprecher des Provinz-Gouverneurs. Aufgrund der schlechten Sicherheitslage und der Präsenz von Aufständischen wurden die Distrikte Gulran und Shindand noch nicht von Minen geräumt. In der Provinz leben u. a. tausende afghanische Binnenflüchtlinge (AN 18.2.2018).

 

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 139 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

 

...

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden in der Provinz Herat 495 zivile Opfer (238 getötete Zivilisten und 257 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Selbstmordanschlägen/komplexen Attacken und gezielten Tötungen. Dies bedeutet eine Steigerung von 37% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Militärische Operationen in Herat

 

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um einige Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 18.1.2017; Khaama Press 15.1.2017). Auch werden Luftangriffe verübt (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017); dabei wurden Taliban getötet (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017). Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen finden statt (AJ 25.6.2017; vgl. AAN 11.1.2017). In Herat sind Truppen der italienischen Armee stationiert, die unter dem Train Advise Assist Command West (TAAC-W) afghanische Streitkräfte im Osten Afghanistans unterstützen (MdD o. D.).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Herat

 

Herat wird als eine der relativ friedlichen Provinzen gewertet, dennoch sind Aufständische in einigen Distrikten der Provinz, wie Shindand, Kushk, Chisht-i-Sharif und Gulran, aktiv (AN 18.2.2018;

vgl. UNODC 12.2017, Khaama Press 25.10.2017, AJ 25.6.2017). Dem Iran wird von verschiedenen Quellen nachgesagt, afghanische Talibankämpfer auszubilden und zu finanzieren (RFE/RL 23.2.2018;

vgl. Gandhara 22.2.2018, IP 13.8.2017, NYT 5.8.2017). Regierungsfeindliche Aufständische griffen Mitte 2017 heilige Orte, wie schiitische Moscheen, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat, an (FAZ 1.8.2017; vgl. DW 1.8.2017). Dennoch erklärten Talibanaufständische ihre Bereitschaft, das TAPI-Projekt zu unterstützen und sich am Friedensprozess zu beteiligen (AF 14.3.2018; vgl. Tolonews 4.3.2018). Es kam zu internen Konflikten zwischen verfeindeten Taliban-Gruppierungen (D&S 25.10.2017; vgl. NYT 29.8.2017).

 

Anhänger des IS haben sich in Herat zum ersten Mal für Angriffe verantwortlich erklärt, die außerhalb der Provinzen Nangarhar und Kabul verübt wurden (UNAMA 2.2018).

 

ACLED registrierte für den Zeitraum 1.1.2017-15.7.2017 IS-bezogene Vorfälle (Gewalt gegen die Zivilbevölkerung) in der Provinz Herat (ACLED 23.2.2017).

 

Quellen:

 

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project - Islamic State in Afghanistan ...;

 

AF - Asia Foundation (14.3.2018): A Pipeline for Landlocked Afghanistan: Can It Help Deliver Peace? ...;

 

AJ - Al Jazeera (25.6.2017): Taliban attack targets police in Afghanistan's Herat ...;

 

AJ - Al Jazeera (8.3.2012): Profile: Herat province ...;

 

AN - Arab News (18.2.2018): Thousands of lives saved as Herat cleared of landmines ...;

 

CP - Citypopulation (21.9.2017): Afghanistan, Die größten Städte

...;

 

CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018 ...;

 

D&S - Difesa & Sicurezza (25.10.2017): Afghanistan, raid aereo su maxi riunione di 300 talebani a Herat ...;

 

DW - Deutsche Welle (1.8.2017): Anschlag auf Moschee in Herat ...;

 

EASO - European Asylum Support Office (12.2017): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;

 

EN - Euronews (9.11.2017): Afghanistan: Safran bald Alternative zum Mohn-Anbau ...;

 

FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (1.8.2017): Mindestens 50 Tote bei Anschlag in Afghanistan ...;

 

Gandhara (22.2.2018): Afghan Militants "Trained In Iran" Surrender Before TAPI Attack ...;

 

IP - Il Post (13.8.2017): L'Iran si sta facendo largo in Afghanistan

...;

 

Khaama Press (25.10.2017): Airstrike target a gathering of 300 Taliban militants in Herat ...;

 

MdD - Ministero della Difesa (o.D.): Contributo nazionale ...;

 

NPS - Naval Postgraduate School (o.D.): Herat Provincial Overview

...;

 

NYT - New York Times (29.8.2017): Airstrikes in Afghanistan Kill More Than a Dozen Civilians ...;

 

NYT - New York Times (5.8.2017): In Afghanistan, U.S. Exists, and Iran Comes In ...;

 

Pajhwok (13.1.2018): First-ever saffron quality control lab opens in Herat ...;

 

Pajhwok (21.1.2017): Wounded souls of deported Afghan children ...;

 

Pajhwok (o.D.): Background profile of Herat Province ...;

 

PPG - Pittsburgh Post-Gazette (26.2.2018): Leaders of Afghanistan and Pakistan have inaugurated the long-awaited TAPI gas pipeline

...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (23.2.2018): Leaders Mark Start Of Work On Afghan Section Of TAPI Pipeline ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe Radio Liberty (6.12.2017): Uzbekistan, Seeking Sea Access, Signs Railway Deal With Afghanistan ...;

 

Tolonews (14.3.2018): Seven Die In Kandahar-Herat Highway Accident

...;

 

Tolonews (4.3.2018): Taliban Group Ready To Join Peace Process ...;

 

Tolonews (10.11.2017): Saffron Production Makes Dramatic Increase in Herat ...;

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):

Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017 ...;

 

UNGASC - United Nations General Assembly Security Council (27.2.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security ...;

 

UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (4.2014): Hirat Province, District Atlas ...;

 

UNODC - United Nations Office on Drugs and Crime (11.2017):

Afghanistan Opium Survey 2017 ...

 

Kunduz

 

Kunduz liegt 337 km nördlich von Kabul und grenzt an die Provinzen Takhar im Osten, Baghlan im Süden, Balkh im Westen und Tadschikistan im Norden (NPS o.D.; vgl. Pajhwok o.D.a). Die Provinz hat folgende Distrikte: Imam Sahib/Emamsaheb, Dasht-e-Archi, Qala-e-Zal, Chahar Dara/Chardarah, Ali Abad/Aliabad, Khan Abad/Khanabad und Kunduz; die Hauptstadt ist Kunduz-Stadt (Pajhwok o.D.b; vgl. UN OCHA 4.2014). Gemäß einer Quelle wurden vor zwei Jahren in der Provinz drei neue Distrikte gegründet: Atqash, Gultapa, Gulbad (Pajhwok 11.2.2018).

 

Auch ist die Provinzhauptstadt Kunduz-Stadt etwa 250 km von Kabul entfernt (Xinhua 7.7.2017). Als strategischer Korridor wird Kunduz als bedeutende Provinz in Nordafghanistan erachtet - Sher Khan Bandar, die Hafenstadt am Fluß Pandsch, an der Grenze zu Tadschikistan, ist beispielsweise von militärischer und wirtschaftlicher Bedeutung (Khabarnama 22.8.2016; vgl. Pajhwok 2.1.2018, AN 21.12.2017).

 

Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.049.249 geschätzt (CSO 4.2017). In der Provinz leben Paschtunen, Usbeken, Tadschiken, Turkmenen, Hazara und Paschai (NPS o.D.).

 

Strategisch wichtig ist die Stadt Kunduz nicht nur für Afghanistan (DW 30.9.2015; vgl. Xinhua 7.7.2017), denn Kunduz war bis zum Einmarsch der US-Amerikaner im Jahr 2001 die letzte Hochburg der Taliban (RFE/RL 9.2015). Wer die Stadt kontrolliert, dem steht der Weg nach Nordafghanistan offen. Kunduz liegt an einer wichtigen Straße, die Kabul mit den angrenzenden nördlichen Provinzen verbindet (DW 30.9.2015). Kunduz-Stadt ist eine der größten Städte Afghanistans und war lange Zeit ein strategisch wichtiges Transportzentrum für den Norden des Landes. Kunduz ist durch eine Autobahn mit Kabul im Süden, Mazar-e Sharif im Westen sowie Tadschikistan im Norden verbunden (BBC News 3.10.2016). Die Regierung plant u. a. die Turkmenistan-Afghanistan-Tadschikistan-Eisenbahnlinie, die Andkhoy, Sheberghan, Mazar-e-Sharif, Kunduz und Sher Khan Bandar verbinden und als Anbindung an China über Tadschikistan dienen soll (TD 5.12.2017).

 

Um Ordnung und Normalität in die Stadt Kunduz zu bringen, hat die Kommunalverwaltung im Februar 2018 eine Massenaufräum-Aktion gestartet. Ebenso wurden weitere Projekte implementiert: Im Rahmen dieser werden Landstraßen und Wege gewartet, vier neue Parks errichtet - die insbesondere von Frauen und Kindern genutzt werden sollen, etc. Diese Projekte führten zusätzlich zur Schaffung von 550 Jobs - auch für Frauen. Das Erscheinungsbild der Stadt hat sich u.

a. aufgrund der Errichtung von Straßenbeleuchtung verbessert (Tolonews 17.2.2018).

 

In Kunduz gibt es zahlreiche Unternehmen, die verschiedene Produkte, wie Fruchtsäfte, Klopapier, Taschentücher und Sojabohnen, produzieren. Die Sicherheitslage hatte mit Stand März 2017 jedoch negative Auswirkungen auf das wirtschaftliche Wachstum in der Provinz (UNAMA 26.3.2017). In der Provinz wird ein Projekt im Wert von 9.5 Mio. USD für den Ausbau der ANA-Infrastruktur [Anmerkung:

der Infrastruktur der Afghan National Army] implementiert (SIGAR 30.1.2018).

 

Kunduz gehörte im November 2017 zu den Opium-freien Provinzen Afghanistans (UNODC 11.2017).

 

Allgemeine Informationen zur Sicherheitslage in Kunduz

 

Kunduz zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, in der Aufständische aktiv sind (AJ 4.10.2017; vgl. Khaama Press 15.8.2017, Reuters 22.7.2017, Tolonews 24.5.2017). In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils einmal an Taliban-Aufständische (Xinhua 8.7.2017); die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden (BBC 4.10.2016; vgl. Reuters 1.10.2015, NYT 14.1.2018, UNAMA 26.3.2017). Das deutsche Militär hat einen großen Stützpunkt in der Provinz Kunduz (Gandhara 7.3.2018; vgl. SZ 7.3.2018). Während des Jahres 2017 sank die Anzahl der zivilen Opfer in Folge von Bodenoffensiven u. a. in der Provinz Kunduz; ein Grund dafür war ein Rückgang von Militäroffensiven in von Zivilisten bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien (UNAMA 2.2018).

 

Im Februar 2018 berichteten einige Quellen, die Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz hätte sich sehr verbessert; den Einwohnern in Kunduz-Stadt sei es aufgrund der Beleuchtung zahlreicher Straßen möglich, auch nachts in der Stadt zu bleiben (Tolonews 26.2.2018; vgl. Tolonews 17.2.2018).

 

Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 225 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert.

 

...

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 377 zivile Opfer (93 getötete Zivilisten und 284 Verletzte) in der Provinz Kunduz registriert. Hauptursache waren Bodenangriffe, gefolgt von IEDs und gezielten Tötungen. Dies bedeutet einen Rückgang von 41% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Aufgrund von Terrorbekämpfungsoperationen in der Provinz sind zahlreiche Familien nach Kunduz-Stadt vertrieben worden (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018).

 

Nach dem US-amerikanischen Luftangriff auf das Médecins Sans Frontières (MSF)-Krankenhaus im Jahr 2015 wurde im Juli 2017 wieder eine Klinik von MSF in Kunduz-Stadt eröffnet (AJ 4.10.2017; vgl. Reuters 22.7.2017).

 

Militärische Operationen in der Provinz Kunduz

 

In der Provinz werden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Pajhwok 23.1.2018; vgl. Pajhwok 20.1.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017, Khaama Press 22.1.2017, Z News 12.1.2017, Khaama Press 9.1.2017). Auch werden regelmäßig Luftangriffe durchgeführt (LWJ 27.1.2018; vgl. Khaama Press 20.1.2018, Xinhua 14.2.2018, Khaama Press 7.6.2017, TG 4.11.2017, Tolonews 18.10.2017); dabei werden Aufständische - u. a. tadschikische Kämpfer - (Khaama Press 7.6.2017) und manchmal auch Talibankommandanten getötet (Xinhua 14.2.2018). Manchmal werden Talibankämpfer (Xinhua 4.3.2018) verhaftet. In der Provinz kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (UNGASC 27.2.2018; vgl. Pajhwok 23.2.2018, NYT 16.1.2018, Khaama Press 27.1.2018, Khaama Press 15.8.2017, Tolonews 4.7.2017).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Kunduz

 

Talibankämpfer, insbesondere Mitglieder der "Red Unit", einer Taliban-Einheit, die in zunehmendem Ausmaß Regierungsstützpunkte angreift, sind in der Provinz Kunduz aktiv (NYT 16.1.2018; vgl. AT 17.1.2018; NYT 14.11.2017). Einige Distrikte, wie Atqash, Gultapa und Gulbad, sind unter Kontrolle der Taliban (Pajhwok 11.2.2018). Auch in Teilen der Distrikte Dasht-e-Archi und Chardarah sind Talibankämpfer zum Berichtszeitpunkt aktiv (UOL 9.3.2018; Pajhwok 16.1.2018; Xinhua 14.2.2018, Tolonews 25.10.2017, Xinhua 24.9.2017).

 

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden IS-bezogene Sicherheitsvorfälle registriert, während zwischen 16.7.2017 - 31.1.2018 keine sicherheitsrelevanten Ereignisse mit Bezug auf den IS gemeldet wurden (ACLED 23.2.2018).

 

Quellen:

 

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):

Islamic State in Afghanistan ...;

 

AJ - Al-Jazeera (4.10.2017): Military blunders continue after MSF Kunduz bombing ...;

 

AN - Ariananews (21.12.2017): Sher Khan Bandar Border Crossing Closed By Tajikistan: ACCI ...;

 

AT - Asia Times (17.1.2018): Taliban's 'Red Unit' poses new threat to Afghan security ...;

 

BBC (4.10.2016): Kunduz assault: Taliban forces 'defeated' ...;

 

BBC News (3.10.2016): Battleground Kunduz: The city the Taliban seized ...;

 

CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018 ...;

 

DW - Deutsche Welle (30.9.2015): Kunduz violence could destabilize neighbors ...;

 

EASO - European Asylum Support Office (12.2017): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;

 

Gandhara (7.3.2018): German Cabinet Approves Troop Increase For Afghanistan ...;

 

Khaama Press (27.1.2018): Taliban's Red Unit commander among 3 killed in Kunduz clash ...;

 

Khaama Press (15.8.2017): Suicide car bombing targets Afghan forces convoy in Kunduz ...;

 

Khaama Press (7.6.2017): Tajikistan militants among 11 killed in Kunduz airstrike ...;

 

Khaama Press (22.1.2017): 41 militants killed in counter-terrorism operations, MoD claims ...;

 

Khaama Press (20.1.2018): 18 militants killed, 5 wounded in Kunduz airstrikes and operations: MoD ...;

 

Khaama Press (9.1.2017): 10 militants join peace process in Kunduz city ...;

 

Khabarnama (22.8.2016): Strategic Kunduz: afghan province at the heart of Northern insurgency ...;

 

LWJ - Long War Journal (27.1.2018): Taliban suicide bomber kills dozens in Afghan capital ...;

 

NPS - Naval Postgraduate School (o.D.): Kunduz Provincial Review

...;

 

NYT - New York Times (16.1.2018): Taliban Fighters Using High-Tech Gear Kill Afghan Forces ...;

 

NYT - New York Times (14.11.2017): Taliban 'Red Unit' With Night Vision Kills Dozens of Afghan Officers ...;

 

Pajhwok (23.2.2018): 4 dead, 5 hurt as Taliban storm ALP checkpoint in Kunduz ...;

 

Pajhwok (11.2.2018): After 2 years of inception, 3 Kunduz districts still in Taliban control ...;

 

Pajhwok (23.1.2018): 12 villages cut off as Taliban dynamite Kunduz bridge ...;

 

Pajhwok (20.1.2018): 2,000 families flee homes as Kunduz raids continue ...;

 

Pajhwok (16.1.2018): Kunduz: 10 Taliban killed in Chardara operation

...;

 

Pajhwok (2.1.2018): Tajikistan reopens border with Afghanistan after 2 weeks ...;

 

Pajhwok (29.4.2017): Kunduz transport department's revenue surges

...;

 

Pajhwok (o.D.a): Background of Kunduz province ...;

 

Pajhwok (o.D.b): Administrative Units of Kunduz province ...;

 

Reuters (22.7.2017): MSF reopens first Kunduz clinic since deadly hospital air strike in 2015 ...;

 

Reuters (1.10.2015): Afghan forces push into Taliban-held Kunduz city amid fierce clashes ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (9.2015):

Afghanistan's New Northern Flash Points ...;

 

SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2018): Quarterly report to the United States Congress ...;

 

SZ - Süddeutsche Zeitung (7.3.2018): Bundesregierung will Auslandseinsätze verlängern ...;

 

TD - The Diplomat (5.12.2017): Kabul's Plan to Realize Afghanistan's Geographic Dividend ...;

 

TG - The Guardian (4.11.2017): US airstrikes kill scores of civilians in Kunduz province, Afghans say ...;

 

Tolonews (26.2.2018): Kunduz City Lights Up Ahead Of Nowruz ...;

 

Tolonews (17.2.2018): Efforts Underway To Clean Up War-Torn Kunduz City ...;

 

Tolonews (25.10.2017): Strategic Areas In Kunduz Cleared Of Taliban

...;

 

Tolonews (18.10.2017): Six Taliban Insurgents Killed in Kunduz Airstrikes ...;

 

Tolonews (24.5.2017): U.S Troops In Kunduz to Help Afghan Forces:

Officials ...;

 

Tolonews (4.7.2017): Highway Remains Closed As Kunduz Battle Continues ...;

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (26.3.2017): Kunduz and Takhar businesspeople speak out about challenges of insecurity ...;

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):

Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017 ...;

 

UNGASC - General Assembly Security Council (27.2.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security ...;

 

UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (4.2014): Kunduz Province District Atlas ...;

 

UNODC - United Nations Office on Drugs and Crime (11.2017):

Afghanistan Opium Survey 2017 ...;

 

UOL - Universo Online (9.3.2018): Ataques contra postos de controle deixam pelo menos 17 mortos no Afeganistão ...;

 

USIP - United States Institute of Peace (21.2.2017): Revenue Growth in Afghanistan Continues Strong but Future Uncertain ...;

 

Wadsam (30.4.2017): Kunduz's transport revenue goes up despite insecurity ...;

 

Xinhua (4.3.2018): 6 Taliban militants detained in N. Afghanistan

...;

 

Xinhua (24.9.2017): 11 militants killed, 20 injured in Afghan northern Kunduz ...;

 

Xinhua (8.7.2017): Taliban attempts to recapture northern Afghan Kunduz city cause concerns among residents ...;

 

Z News (12.1.2017): US military says 33 civilians killed in Afghanistan operation ...

 

Balkh

 

Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).

Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).

 

Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:

Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).

 

Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).

 

Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).

 

Allgemeine Information zur Sicherheitslage

 

Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).

 

Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).

 

In der Provinz befindet sich u. a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).

 

Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).

 

Militärische Operationen in Balkh

 

Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).

 

Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh

 

Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen, ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen, in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).

 

Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).

 

Quellen:

 

ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (23.2.2018):

Islamic State in Afghanistan ...;

 

BBC (17.6.2017): Afghan soldier attacks US troops at Camp Sheheen

...;

 

BBC (22.4.2017): Afghan casualties in Taliban Mazar-e Sharif attack pass 100 ...;

 

BFA Staatendokumentation (4.2018): FFM Bericht Afghanistan ...;

 

CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):

Estimated Population of Afghanistan 2017-2018 ...;

 

EASO - European Asylum Support Office (12.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation ...;

 

IHLS - Israel's Home Land Security (28.3.2018): 3D Printer to Produce Military Spare Parts On Site ...;

 

Khaama Press (16.1.2018): Clashes in Balkh province leaves over 20 militants dead, wounded ...;

 

Khaama Press (20.8.2017): Taliban rejects Ata Mohammad Noor's claims during Balkh operations ...;

 

Pajhwok (21.8.2017): Balkh's Chamtal district cleaned up from rebels

...;

 

Pajhwok (10.7.2017): 60 rebels killed, 100 wounded in Balkh, Jawzjan operations ...;

 

Pajhwok (7.6.2017): Poverty alleviation project launched in Balkh

...;

 

Pajhwok (o.D.y): Background Profile of Balkh ...;

 

PT - Pakistan Today (6.3.2018): Taliban key commander among 4 killed in Afghan northern Balkh province ...;

 

Reuters (22.3.2018): Powerful Afghan governor defying President Ghani agrees to go ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (23.3.2018): Powerful Afghan Governor Resigns, Ending Standoff With Ghani ...;

 

RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (9.2015):

Afghanistan's New Northern Flash Points ...;

 

Tolonews (24.3.2018): New Balkh Governor Vows To Fight Corruption, Ensure Security ...;

 

Tolonews (18.3.2018): Dozens Of Insurgents Killed In ANSF Operations

...;

 

Tolonews (7.3.2018): Taliban Local Commander Killed In Balkh Clash

...;

 

Tolonews (22.4.2017): 209 Shaheen Corps: The Base The Taliban Attacked ...;

 

UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):

Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017 ...;

 

UN OCHA (4.2014): Balkh Province District Atlas ...

 

...

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen (AA 5 .2018).

 

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsfragen zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen, willkürliche Verhaftungen, Festnahmen (u. a. von Frauen wegen "moralischer Straftaten") und sexueller Missbrauch von Kindern durch Mitglieder der Sicherheitskräfte. Weitere Probleme sind Gewalt gegenüber Journalisten, Verleumdungsklagen, durchdringende Korruption und fehlende Verantwortlichkeit und Untersuchung bei Fällen von Gewalt gegen Frauen. Diskriminierung von Behinderten, ethnischen Minderheiten sowie aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht und sexueller Orientierung besteht weiterhin mit geringem Zuschreiben von Verantwortlichkeit. Die weit verbreitete Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und die Straffreiheit derjenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sind ernsthafte Probleme. Missbrauchsfälle durch Beamte, einschließlich der Sicherheitskräfte, werden von der Regierung nicht konsequent bzw. wirksam verfolgt. Bewaffnete aufständische Gruppierungen greifen mitunter Zivilisten, Ausländer und Angestellte von medizinischen und nicht-staatlichen Organisationen an und begehen gezielte Tötungen regierungsnaher Personen (USDOS 20.4.2018). Regierungsfreundliche Kräfte verursachen eine geringere - dennoch erhebliche - Zahl an zivilen Opfern (AI 22.2.2018).

 

Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 5 .2018). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 5 .2018; vgl. MPI 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 5 .2018). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren in der Regel ohne staatliche Einschränkungen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbedienstete sind in dieser Hinsicht einigermaßen kooperativ und ansprechbar (USDOS 20.4.2018). Die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Afghanistan Independent Human Rights Commission AIHRC bekämpft weiterhin Menschenrechtsverletzungen. Sie erhält nur minimale staatliche Mittel und stützt sich fast ausschließlich auf internationale Geldgeber. Innerhalb der Wolesi Jirga beschäftigen sich drei Arbeitsgruppen mit Menschenrechtsverletzungen: der Ausschuss für Geschlechterfragen, Zivilgesellschaft und Menschenrechte, das Komitee für Drogenbekämpfung, berauschende Drogen und ethischen Missbrauch sowie der Jusitz-, Verwaltungsreform- und Antikorruptionsausschuss (USDOS 20.4.2018).

 

Im Februar 2016 hat Präsident Ghani den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vgl. auch NYT 3.9.2016).

 

Seit 1.1.2018 ist Afghanistan für drei Jahre Mitglied des Human Rights Council (HRC) der Vereinten Nationen. Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Zuschreibung von Verantwortlichkeit (HRC 21.2.2018).

 

Quellen:

 

AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan ...;

 

AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Afghanistan ...;

 

HRC - UN Human Rights Council (21.2.2018): Situation of human rights in Afghanistan and technical assistance achievements in the field of human rights; Report of the United Nations High Commission on Human Rights ...;

 

MPI - Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan ...;

 

NYT - The New York Times (3.9.2016): New Afghan Attorney General Seeks Justice in System Rife With Graft ...;

 

USDOD - US Department of Defense (6.2016): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan ...;

 

USDOS - U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices for 2017 - Afghanistan ...

 

...

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan auf dem Human Development Index (HDI) Rang 169 von 188 (UNDP 2016). Seit 2002 hat Afghanistan mit Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft wichtige Fortschritte beim Wiederaufbau seiner Wirtschaft erzielt. Nichtsdestotrotz bleiben bedeutende Herausforderungen bestehen, da das Land weiterhin von Konflikten betroffen, arm und von Hilfeleistungen abhängig ist (IWF 8.12.2017; vgl. WB 10.4.2018). Während auf nationaler Ebene die Armutsrate in den letzten Jahren etwas gesunken ist, stieg sie in Nordostafghanistan in sehr hohem Maße. Im Norden und im Westen des Landes konnte sie hingegen reduziert werden (SCA 22.5.2018). Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen nimmt die Armut weiterhin zu (WB 10.4.2018).

 

Die Verbraucherpreisinflation bleibt mäßig und wurde für 2018 mit durchschnittlich 6% prognostiziert (IWF 8.12.2017). Der wirtschaftliche Aufschwung erfolgt langsam, da die andauernde Unsicherheit die privaten Investitionen und die Verbrauchernachfrage einschränkt. Während der Agrarsektor wegen der ungünstigen klimatischen Bedingungen im Jahr 2017 nur einen Anstieg von ungefähr 1.4% aufwies, wuchsen der Dienstleistungs- und Industriesektor um 3.4% bzw. 1.8%. Das Handelsbilanzdefizit stieg im ersten Halbjahr 2017, da die Exporte um 3% zurückgingen und die Importe um 8% stiegen (UN GASC 27.2.2018).

 

Arbeitsmarkt und Arbeitslosigkeit

 

Schätzungen zufolge leben 74,8% der Bevölkerung in ländlichen und 25,2% in städtischen Gebieten (CSO 4.2017). Für ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle (SCA 22.5.2018; vgl. AF 14.11.2017).

 

In den Jahren 2016-2017 wuchs die Arbeitslosenrate, die im Zeitraum 2013-2014 bei 22,6% gelegen hatte, um 1%. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte, bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet (WB 10.4.2018). Über 40% der erwerbstätigen Bevölkerung gelten als arbeitslos oder unterbeschäftigt (SCA 22.5.2018). Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. SCA 22.5.2018). Seit 2001 wurden zwar viele neue Arbeitsplätze geschaffen, jedoch sind diese landesweit ungleich verteilt und 80% davon sind unsichere Stellen (Tagelöhner) (SCA 22.5.2018).

 

Ungefähr 47,3% der afghanischen Bevölkerung sind unter 15 Jahre alt, 60% unter 24 Jahre. Daher muss die Versorgung der jungen Bevölkerungsschichten seitens einer viel geringeren Zahl von Erwachsenen gewährleistet werden, eine Herausforderung, die durch den schwachen Arbeitsmarkt verschlimmert wird. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden. Gemäß einer Umfrage von Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 wird von 70,6% der Befragten die Arbeitslosigkeit als eines der größten Probleme junger Menschen in Afghanistan zwischen 15 und 24 Jahren gesehen (AF 14.11.2017).

 

Projekte der afghanischen Regierung

 

Im Laufe des Jahres 2017 hat die afghanische Regierung weiterhin Anstrengungen unternommen, um die Rechenschaftspflicht bei der Umsetzung ihrer Entwicklungsprioritäten durch die hohen Entwicklungsräte zu fördern (UN GASC 27.2.2018). Darunter fällt u.

a. der fünfjährige (2017 - 2020) Nationale Rahmen für Frieden und Entwicklung in Afghanistan (The Afghanistan National Peace and Development Framework, ANPDF) zur Erreichung der Selbständigkeit. Ziele dieses strategischen Plans sind u. a. der Aufbau von Institutionen, die Förderung von privaten Investitionen, Wirtschaftswachstum, die Korruptionsbekämpfung, Personalentwicklung, usw. (WP 10.4.2018.; vgl. GEC 29.1.2017). Im Rahmen der Umsetzung dieses Projekts hat die Regierung die zehn prioritären nationalen Programme mithilfe der Beratung durch die hohen Entwicklungsräte weiterentwickelt. Die Implementierung zweier dieser Projekte, des "Citizens' Charter National Priority Program" und des "Women's Economic Empowerment National Priority Program" ist vorangekommen. Die restlichen acht befinden sich in verschiedenen Entwicklungsstadien (UN GASC 27.2.2018).

 

Das "Citizens' Charter National Priority Program" z. B. hat die Armutsreduktion und die Erhöhung des Lebensstandards zum Ziel, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden sollen. Die erste Phase des Projektes sollte ein Drittel der 34 Provinzen erfassen und konzentrierte sich auf Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar. Ziel des Projekts ist es, 3,4 Mio. Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen, die Gesundheitsdienstleistungen, das Bildungswesen, das Straßennetz und die Stromversorgung zu verbessern sowie die Zufriedenheit und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu steigern. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Behinderte, Arme und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).

 

Die afghanische Regierung hat Bemühungen zur Armutsreduktion gesetzt und unterstützt den Privatsektor weiterhin dabei, nachhaltige Jobs zu schaffen und das Wirtschaftswachstum voranzutreiben. Die Ausstellung von Gewerbeberechtigungen soll gesteigert, steuerliche Sanktionen abgeschafft und öffentlich-private Partnerschaften entwickelt werden; weitere Initiativen sind geplant (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Quellen:

 

AF - Asia Foundation (14.11.2017) - Afghanistan in 2017, A Survey of the Afghan People ...;

 

BFA der Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan ...;

 

CSO - Central Statistics Organization (4.2017): Estimated Population of Afghanistan 2017-2018 ...;

 

GEC - Global Education Cluster (29.1.2017): Islamic Republic of Afghanistan, Afghanistan National Peace and Development Framework

(ANPDF) ...;

 

IWF - International Monetary Fund (8.12.2017): Islamic Republic of Afghanistan: 2017 article IV consultation and second review under the extended credit facility arrangement, and request for modification of performance criteria - press release; staff report;

and statement by the executive director for the Islamic Republic of Afghanistan ...;

 

SCA - Swedish Committee for Afghanistan (22.5.2018): Social Conditions ...;

 

UNDP - United Nations Development Programme (2016): Human Development Report 2016 ...;

 

UN GASC - United Nations General Assembly (27.2.2018): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security: report of the Secretary-General ...;

 

WB - The World Bank (10.4.2018): Afghanistan - Overview ...;

 

WB - The Worldbank (10.10.2016): Afghanistan Government Inaugurates Citizens' Charter to Target Reform and Accountability ...

 

Rückkehr

 

Als Rückkehrer werden jene afghanischen Staatsbürger bezeichnet, die nach Afghanistan zurückgekehrt sind, nachdem sie mindestens sechs Monate im Ausland verbracht haben. Dazu zählen sowohl im Ausland registrierte Afghanen, die dann die freiwillige Rückkehr über UNHCR angetreten haben, als auch nicht-registrierte Personen, die nicht über UNHCR zurückgekehrt sind, sondern zwangsweise rückgeführt wurden. Insgesamt sind in den Jahren 2012-2017 1.821.011 Personen nach Afghanistan zurückgekehrt. Die Anzahl der Rückkehrer hat sich zunächst im Jahr 2016 im Vergleich zum Zeitraum 2012-2015 um 24% erhöht und ist im Jahr 2017 um 52% zurückgegangen. In allen drei Zeiträumen war Nangarhar jene Provinz, die die meisten Rückkehrer zu verzeichnen hatte (499.194), zweimal so viel wie Kabul (256.145) (IOM/DTM 26.3.2018). Im Jahr 2017 kehrten IOM zufolge insgesamt

98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück (sowohl freiwillig als auch zwangsweise) (IOM 2.2018). Im Jahr 2018 kehrten mit Stand 21.3. 1.052 Personen aus angrenzenden Ländern und nicht-angrenzenden Ländern zurück (759 davon kamen aus Pakistan). Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (IOM 7.7.2017).

 

Im Rahmen des Tripartite Agreement (Drei-Parteien-Abkommen) unterstützt UNHCR die freiwillige Repatriierung von registrierten afghanischen Flüchtlingen aus Pakistan und Iran. Insgesamt erleichterte UNHCR im Jahr 2017 die freiwillige Rückkehr von 58.817 Personen (98% aus Pakistan sowie 2% aus Iran und anderen Ländern) (UNHCR 3.2018).

 

...

 

Die afghanische Regierung kooperierte mit UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu bieten. Die Fähigkeit der afghanischen Regierung, vulnerable Personen zu unterstützen, einschließlich Rückkehrer aus Pakistan und dem Iran, bleibt begrenzt und ist weiterhin auf die Hilfe der internationalen Gemeinschaft angewiesen (USDOS 20.4.2018). Nichtsdestotrotz versucht die afghanische Regierung, die gebildete Jugend, die aus Pakistan zurückkehrt, aufzunehmen (BTI 2018). Von den 2.1 Millionen Personen, die in informellen Siedlungen leben, sind 44% Rückkehrer. In den informellen Siedlungen von Nangarhar lebt eine Million Menschen, wovon 69% Rückkehrer sind. Die Zustände in diesen Siedlungen sind unterdurchschnittlich und sind besonders wegen der Gesundheits- und Sicherheitsverhältnisse besorgniserregend. 81% der Menschen in informellen Siedlungen sind Ernährungsunsicherheit ausgesetzt, 26% haben keinen Zugang zu adäquatem Trinkwasser und 24% leben in überfüllten Haushalten (UN OCHA 12.2017).

 

Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z. B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrern zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung. Hierfür stand bislang das Jangalak-Aufnahmezentrum zur Verfügung, das sich direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand und wo Rückkehrende für die Dauer von bis zu zwei Wochen untergebracht werden konnten. Im Jangalak-Aufnahmezentrum befanden sich 24 Zimmer mit jeweils 2-3 Betten. Jedes Zimmer war mit einem Kühlschrank, Fernseher, einer Klimaanlage und einem Kleiderschrank ausgestattet. Seit September 2017 nutzt IOM nicht mehr das Jangalak-Aufnahmezentrum, sondern das Spinzar Hotel in Kabul als temporäre Unterbringungsmöglichkeit. Auch hier können Rückkehrer für maximal zwei Wochen untergebracht werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Unterschiedliche Organisationen sind für Rückkehrer unterstützend tätig:

 

IOM (internationale Organisation für Migration) bietet ein Programm zur unterstützten freiwilligen Rückkehr und Reintegration in Afghanistan an (Assisted Voluntary Return and Reintegration - AVRR). In Österreich wird das Projekt Restart II seit 1.1.2017 vom österreichischen IOM-Landesbüro implementiert, welches vom österreichischen Bundesministerium für Inneres und AMIF (dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU) mitfinanziert wird. Im Zuge dieses Projektes können freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan und in den Iran nachhaltig bei der Reintegration in ihr Herkunftsland unterstützt werden. Das Projekt läuft mit 31.12.2019 aus und sieht eine Teilnahme von 490 Personen vor. IOM setzt im Zuge von Restart II unterschiedliche Maßnahmen um, darunter Rückkehr- und Reintegrationsunterstützung. In Kooperation mit Partnerinstitutionen des European Reintegration Network (ERIN) wird im Rahmen des ERIN Specific Action Program nachhaltige Rückkehr und Reintegration freiwillig bzw. zwangsweise rückgeführter Drittstaatangehöriger in ihr Herkunftsland implementiert. IRARA (International Returns & Reintegration Assistance), eine gemeinnützige Organisation, bietet durch Reintegrationsdienste nachhaltige Rückkehr an. ACE (Afghanistan Centre for Excellence) ist eine afghanische Organisation, die Schulungen und Arbeitsplatzvermittlung anbietet. AKAH (Aga Khan Agency for Habitat) ist in mehreren Bereichen tätig, zu denen auch die Unterstützung von Rückkehrern zählt. Sowohl ACE als auch AKAH sind Organisationen, die im Rahmen von ERIN Specific Action Program in Afghanistan tätig sind. AMASO (Afghanistan Migrants Advice & Support Organisation) bietet zwangsweise zurückgekehrten Personen aus Europa und Australien Beratung und Unterstützung an. Unter anderem betreibt AMASO ein Schutzhaus, welches von privaten Spendern finanziert wird (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

NRC (Norwegian Refugee Council) bietet Rückkehrern aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an. Auch hilft NRC Rückkehrern bei Grundstücksstreitigkeiten. Kinder von Binnenvertriebenen und speziell von Rückkehrern aus Pakistan sollen auch die Möglichkeit haben, die Schule zu besuchen. NRC arbeitet mit dem afghanischen Bildungsministerium zusammen, um Schulen mit Unterrichtsmaterialien zu unterstützen und die Kapazitäten in diesen Institutionen zu erweitern. IDPs werden im Rahmen von Notfallprogrammen von NRC mit Sachleistungen, Nahrungsmitteln und Unterkunft versorgt; nach etwa zwei Monaten soll eine permanente Lösung für IDPs gefunden sein.

Auch wird IDPs finanzielle Unterstützung geboten: Pro Familie werden zwischen 5.000 und 14.000 Afghani Förderung ausbezahlt. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer dabei, ihre Familien zu finden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

UNHCR ist bei der Ankunft von Rückkehrern anwesend, begleitet die Ankunft und verweist Personen, welche einen Rechtsbeistand benötigen, an die AIHRC (Afghanistan Independent Human Rights Commission). UNHCR und die Weltbank haben im November 2017 ein Abkommen zur gemeinsamen Datennutzung unterzeichnet, um die Reintegration afghanischer Rückkehrer zu stärken. UNHCR leitet Initiativen, um nachhaltige Lösungen in den Provinzen Herat und Nangarhar zu erzielen, indem mit nationalen Behörden/Ministerien und internationalen Organisationen (UNICEF, WHO, IOM, UNDP, UN Habitat, WFP und FAO) zusammengearbeitet wird. Diese Initiativen setzen nationale Pläne in gemeinsame Programme in jenen Regionen um, die eine hohe Anzahl an Rückkehrern und Binnenvertriebenen vorzuweisen haben (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Psychologische Unterstützung von Rückkehrern wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Unterstützung von Rückkehrern durch die afghanische Regierung

 

Hilfeleistungen für Rückkehrer durch die afghanische Regierung konzentrieren sich auf Rechtsbeistand, Arbeitsplatzvermittlung, Land und Unterkunft (wenngleich sich das Jangalak-Aufnahmezentrum bis September 2017 direkt in der Anlage des Ministeriums für Flüchtlinge und Repatriierung in Kabul befand, wurde dieses dennoch von IOM betrieben und finanziert). Seit 2016 erhalten die Rückkehrer nur Hilfeleistungen in Form einer zweiwöchigen Unterkunft (siehe Jangalak-Aufnahmezentrum). Neue politische Rahmenbedingungen für Rückkehrer und IDPs wurden von unterschiedlichen afghanischen Behörden, dem Ministerium für Flüchtlinge und Repatriierung (MoRR) und internationalen Organisationen geschaffen und sind im Dezember 2016 in Kraft getreten. Diese Rahmenbedingungen gelten sowohl für Rückkehrer aus der Region (Iran und Pakistan) als auch für jene, die aus Europa zurückkommen oder IDPs sind. Soweit dies möglich ist, sieht dieser mehrdimensionale Ansatz der Integration unter anderem auch die individuelle finanzielle Unterstützung als einen Ansatz der "whole of community" vor. Demnach sollen Unterstützungen nicht nur Einzelnen zugutekommen, sondern auch den Gemeinschaften, in denen sie sich niederlassen. Die Rahmenbedingungen sehen die Grundstücksvergabe als entscheidend für den Erfolg anhaltender Lösungen. Hinsichtlich der Grundstücksvergabe wird es als besonders wichtig erachtet, das derzeitige Gesetz zu ändern, da es als anfällig für Korruption und Missmanagement gilt. Auch wenn nicht bekannt ist, wie viele Rückkehrer aus Europa Grundstücke von der afghanischen Regierung erhalten haben - und zu welchen Bedingungen -, sehen Experten dies als möglichen Anreiz für jene Menschen, die Afghanistan schon vor langer Zeit verlassen haben und deren Zukunftsplanung von der Entscheidung europäischer Staaten über ihre Abschiebungen abhängig ist (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Ausführliche Informationen zu den Programmen und Maßnahmen der erwähnten Organisationen sowie weitere Unterstützungsmaßnahmen können dem FFM-Bericht Afghanistan 4.2018 entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Die Rolle unterschiedlicher Netzwerke für Rückkehrer

 

Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Quellen zufolge verlieren nur sehr wenige Afghanen in Europa den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Quellen zufolge haben aber alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Quellen zufolge halten Familien in Afghanistan in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Neben der Familie als zentraler Stütze der afghanischen Gesellschaft kommen noch weitere wichtige Netzwerke zum Tragen, wie z. B. der Stamm, der Clan und die lokale Gemeinschaft. Diese basieren auf Zugehörigkeit zu einer Ethnie, Religion oder anderen "professionellen" Netzwerken (Kollegen, Kommilitonen, etc.) sowie politischen Netzwerken, usw. Die unterschiedlichen Netzwerke haben verschiedene Aufgaben und unterschiedliche Einflüsse - auch unterscheidet sich die Rolle der Netzwerke zwischen den ländlichen und städtischen Gebieten. Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Ein Mangel an Netzwerken stellt eine der größten Herausforderungen für Rückkehrer dar, was möglicherweise zu einem neuerlichen Verlassen des Landes führen könnte. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).

 

Afghanische Flüchtlinge in Pakistan

 

Die pakistanische Regierung hat die Gültigkeit der PoR-Cards (Proof of Registration Cards) für die 1.4 Millionen afghanische Flüchtlinge im Land bis 30.6.2018 verlängert - vorbehaltlich der Prüfung nach den bevorstehenden Bundeswahlen in Pakistan und der Ernennung des neuen Kabinetts. Zusätzlich hat NADRA (National Database and Registration Authority) damit begonnen, die sogenannte Afghan Citizen Card (ACC) an 878.000 nicht registrierte Afghanen zu verteilen, die sich seit 16.8.2017 in 21 Registrierungszentren in Pakistan haben registrieren lassen; bis 28.2.2018 wurde der Registrierungsprozess für die ACC abgeschlossen, die Zentren bleiben nach wie vor offen, um die Karten zu verteilen. Die Karten sind bis 30.6.2018 gültig; deren Besitzer sind verpflichtet, bis dahin nach Afghanistan zurückzukehren, um Dokumente zu beantragen (einen afghanischen Pass und ein Visum für Pakistan), bevor sie nach Pakistan zurückkehren. Die restlichen rund 200.000 nicht-registrierten Afghanen könnten möglicherweise einer Deportation ausgesetzt sein. Bis 12.3.2018 erhielten 175.321 ihre ACC (IOM 20.3.2018).

 

Afghanische Flüchtlinge im Iran

 

Die letzten zwei bis drei Jahre zeigen doch auf eine progressivere Entwicklung für Afghanen im Iran, wo sich die Maßnahmen der iranischen Behörden auf einen höheren Integrationsgrad der Afghanen zubewegen. Die freiwillige Rückkehr der afghanischen Flüchtlinge ist immer noch das Hauptziel der iranischen Flüchtlingspolitik, aber man hat eingesehen, dass dies im Moment nicht in größerem Maße geschehen kann. Deshalb versucht man, Maßnahmen zu ergreifen, die die Situation für die Afghanen verbessern, während man darauf wartet, dass eine Rückkehr stattfinden kann. Es gibt heute einen politischen Willen, die Fähigkeit der Afghanen, sich besser selbst zu versorgen und selbstständiger zu werden, zu unterstützen, aber gleichzeitig sind die Ressourcen des Iran begrenzt und dies bedeutet eine große Herausforderung für die iranischen Behörden. Es gibt auch von den iranischen Behörden, nicht zuletzt aus sicherheitsmäßigen Aspekten, Interesse daran, mehr Kenntnisse über die Anzahl der sich illegal im Land aufhaltenden Staatsbürger zu erhalten. Dieses hatte zur Folge, dass die iranischen Behörden im Jahr 2017 mit einer Zählung (headcount) und der Registrierung der Afghanen, die sich illegal im Land aufhalten, begonnen haben. In dieser ersten Runde hat man einige ausgewählte Kategorien priorisiert, beispielsweise nicht-registrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind und Kinder in der Schule haben (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Trotz aller Kritik sind sich UNHCR und NGOs einig, dass dem Iran im Umgang mit afghanischen Flüchtlingen mehr Anerkennung zusteht, als ihm zuteilwird (AN 17.3.2018). So haben sich die Zugangsmöglichkeiten für afghanische Flüchtlinge zum Gesundheits- und Bildungswesen sowie zu sozialen Absicherungsmaßnahmen im Iran verbessert (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. AN 17.3.2017, EN 26.10.2017, DW 22.9.2017). Der Iran hat einen Präzedenzfall geschaffen, indem allen Flüchtlingen im Land Zugang zur öffentlichen Gesundheitsversicherung Salamat Universal Public Health Insurance (UPHI) eröffnet wurde; diese Versicherung ist jenen Versicherungsleistungen ähnlich, zu denen iranische Staatsbürger Zugang haben (UNHCR 17.10.2017; vgl. GV 3.1.2015).

 

Im Gegensatz zu Pakistan leben nur 3% der afghanischen Flüchtlinge im Iran in Camps (BFA/Migrationsverket 10.4.2018; vgl. UNHCR 17.10.2017). Auch wenn die Flüchtlingslager für Amayesh-registrierte ("Amayesh" ist die Bezeichnung für das iranische Flüchtlingsregistrierungssystem, Anm.) Personen vorgesehen sind, leben dort in der Praxis auch nicht-registrierte Afghanen (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Die Mehrheit der Afghanen, die sich sowohl legal als auch illegal im Land aufhalten, wohnen in von Afghanen dominierten urbanen und halb-urbanen Gebieten. Schätzungen zufolge leben circa 57% der Afghanen im Iran in der Provinz Teheran, Isfahan sowie Razavi-Chorsan (mit Maschhad als Hauptort). Um die 22% leben in den Provinzen Kerman, Fars und Ghom, während die Übrigen in den anderen Provinzen verteilt sind. Die afghanische Flüchtlingspopulation im Iran besteht aus einer Anzahl unterschiedlicher ethnischer Gruppen. Schätzungen über die registrierten Afghanen zufolge gehört die Mehrheit von ihnen der Ethnie der Hazara an, gefolgt von Tadschiken, Paschtunen, Belutschen und Usbeken. Es fehlen Zahlen zur nicht-registrierten Gemeinschaft, dennoch stellen auch hier die Hazara und die Tadschiken eine Mehrheit dar (BFA/Migrationsverket 10.4.2018).

 

Weiterführende Informationen über die Lage afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem von der Staatendokumentation des BFA übersetzten LIFOS-Bericht über Afghanen im Iran entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.

 

Quellen:

 

AN - Asia News (17.3.2018): For UN, Iran's treatment of Afghan refugees is exemplary ...;

 

BFA Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan ...;

 

BFA/Migrationsverket - BFA Staatendokumentation/Migrationsverket LIFOS (10.4.2018): BFA-Arbeitsübersetzung des LIFOS-Berichts "Afghaner i Iran" ...;

 

BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report ...;

 

DW - Deutsche Welle (22.9.2017): How can Iran educate a million Afghan refugees? ...;

 

EN - Euro News (26.10.2017): Undocumented Afghan refugees get a chance at school in Iran ...;

 

GV - Global Voices (3.11.2015): Iran to Provide Universal Public Healthcare to Refugees ...;

 

IOM/DTM - International Organization for Migration/Displacement Tracking Matrix (26.3.2018): Afghanistan - Baseline Mobility Assessment Summary Results (November - December 2017) ...;

 

IOM - International Organization for Migration (20.3.2018): Return Of Undocumented Afghans Weekly Situation Report 11 - 17 Mar 2018

...;

 

IOM - International Organization for Migration (2.2018): Return Of Undocumented Afghans Monthly Situation Report February 2018 ...;

 

IOM - International Organization for Migration (7.7.2017):

Internally Displaced, Returnees from Abroad Soar to Over 2.4 Million in Nine Afghan Provinces: IOM Survey ...;

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (3.2018). Fact Sheet; Afghanistan; March 2018 ...;

 

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (17.10.2017):

Iran set global precedent by opening refugees' access to healthcare:

UNHCR rep ...;

 

UN OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.2017): 2018 Humanitarian Needs Overview; Afghanistan

...;

 

USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Afghanistan ...

 

D) Beweiswürdigung

 

...

 

Die Behörde gelangt zu obigen Feststellungen aufgrund folgender

Erwägungen:

 

Betreffend die Feststellungen zu Ihrer Person:

 

Die Feststellungen zur Identität, Nationalität, Volksgruppe, Religionszugehörigkeit, Herkunft und zu den Familienverhältnissen gründen sich auf Ihre unbedenklichen und im gesamten Verfahren gleichbleibenden Angaben ...

 

Die Feststellungen zum Aufenthalt Ihrer Familie im Iran, zu Schulbildung und Berufs- bzw. Arbeitserfahrungen gründen ebenfalls auf Ihre insoweit im gesamten Verfahren weitgehend gleichbleibenden Angaben.

 

...

 

Betreffend die Feststellungen von Gründen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und Ihrer Situation im Fall Ihrer Rückkehr:

 

Ihnen wurde mit Bescheid vom 23.02.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich zuerkannt wegen der damaligen instabilen Sicherheitslage in Ihrer Herkunftsprovinz, fehlender Ortskenntnisse, und weil für Sie zum damaligen Zeitpunkt eine Rückkehr ohne familiäre und soziale Netzwerke nicht zumutbar erschien.

 

Ihre subjektive Lage hat sich jedoch geändert, zumal Sie volljährig

sind und aufgrund Ihres Auftretens vor der hiesigen Behörde ... sehr

selbstständig agieren. Zudem konnten Sie durch in Österreich erhaltene Bildung in Form von Kursen an Wissen dazugewinnen. Trotz Ihrer im Jahre 2017 erlangten Volljährigkeit und des seit 23.02.2017 zugesprochenen Status des subsidiär Schutzberechtigen haben Sie bis dato keine massiven Anstrengungen bzw. Bemühungen unternommen, um sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht von Ihnen dargetan, weshalb gerade für Sie, als zwanzigjährigen, jungen, gesunden Mann, eine Rückkehrsituation aufgrund (fehlender) Sicherheit und (fehlender) Lebensgrundlage in Afghanistan sich von anderen afghanischen Staatsangehörigen ohne familiäre Bindungen in Afghanistan wesentlich unterscheiden würde bzw. dass und weshalb die Auswirkungen der besonders prekären Situation, wie für alle anderen dort lebenden Einwohner Afghanistans, spürbar stärker wären.

 

Gemäß den getroffenen Feststellungen zur Herkunftsprovinz Kunduz zählt diese zu den relativ volatilen Provinzen. In den Jahren 2015 und 2016 fiel Kunduz-Stadt jeweils an Taliban-Aufständische (Xinhua 8.7.2017); die Stadt konnte in beiden Fällen von den afghanischen Streitkräften zurückerobert werden. Das deutsche Militär hat einen großen Stützpunkt in der Provinz Kunduz (Gandhara 7.3.2018; vgl. SZ 7.3.2018). Ausschlaggebend für den Rückgang von zivilen Opfern im Jahr 2017 war die Reduzierung von Militäroffensiven in von Zivilisten bewohnten Zentren durch die Konfliktparteien (UNAMA 2.2018). Einige Quellen berichteten im Februar 2018 von einer Verbesserung der Sicherheitslage in der Provinzhauptstadt Kunduz - den Einwohnern in Kunduz-Stadt sei es aufgrund der Beleuchtung zahlreicher Straßen möglich, auch nachts in der Stadt zu bleiben (Tolonews 26.2.2018; vgl. Tolonews 17.2.2018). Ferner kommt es in der Provinz zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (UNGASC 27.2.2018, NYT 16.1.2018, Khaama Press 27.1.2018, Khaama Press 15.8.2017, Tolonews 4.7.2017).

 

Sollten Sie nicht in der Lage sein, Ihren Herkunftsort sicher zu erreichen und dort zu leben, so besteht für Sie vor dem Hintergrund der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan und der angeführten Länderberichte in Zusammenschau mit den festgestellten persönlichen Lebensumständen eine innerstaatliche Fluchtalternative in den Städten Mazar-e Sharif oder Herat.

 

Dies aus folgenden Erwägungen:

 

In Mazar-e Sharif oder Herat ist in Zusammenschau der vorliegenden Länderberichte die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es auch dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb von Herat oder Mazar-e Sharif existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäuden) oder NGOs sowie gezielt auf (internationale) Sicherheitskräfte ereignen. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist (siehe rechtliche Beurteilung).

 

Sie sind gesund und in vollem Umfang arbeitsfähig. Dass Sie bei einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine existenzbedrohende Notlage zu befürchten hätten, kann vorliegend nicht angenommen werden, zumal Sie ohne jede Einschränkung in der Lage wären, am Erwerbsleben teilzunehmen. Sie haben Ihren Angaben zufolge eine siebenjährige Schuldbildung, schon Arbeitserfahrungen beim Sammeln von Müll und bei dessen Verkauf gesammelt, sprechen die Landessprache Dari und sind mit den kulturellen Gepflogenheiten Ihres Heimatlandes vertraut, sodass ihnen - wie festgestellt - die Möglichkeit offen steht, zumindest als Hilfsarbeiter tätig zu sein. Dass im Falle der Rückkehr Ihrer Person zumindest Ihre primären Grundbedürfnisse als gesichert angesehen werden können, folgt aus der Tatsache, dass es Ihnen als arbeitsfähigem, jungem Mann möglich sein sollte, sich eine Existenzgrundlage aufzubauen. Ihnen wäre es daher auch möglich, sich ohne familiäre Anknüpfungspunkte eine Existenzgrundlage aufzubauen.

 

Afghanistan und insbesondere Kabul sind gerade auch in jüngster Zeit mit der Rückkehr einer Vielzahl von Menschen aus dem benachbarten und westlichen Ausland konfrontiert. Dabei stellt sich deren Lage, obwohl die Situation für Rückkehrer schwierig ist, nicht für alle gleichermaßen als problematisch dar. Berichte dahin gehend, dass Rückkehrer generell oder aber jedenfalls in sehr großer Zahl und unabhängig von ihrer persönlichen Disposition ihr Existenzminimum nicht sichern könnten, gibt es nicht. Vielmehr sind bestimmte vulnerable Gruppen, wie etwa Familien mit jüngeren Kindern, alleinstehende Frauen, Kranke oder ältere Menschen, in besonderem Maße gefährdet, ohne dass aber insgesamt festzustellen wäre, dass die Existenzsicherung oder gar das Überleben für sämtliche Rückkehrer nicht gewährleistet wäre.

 

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass Ihnen auf Grund Ihres Aufenthalts in Europa konkret gegen Sie gerichtete Übergriffe oder sonstige, gegen ihre physische und/oder psychische Integrität gerichtete Gewalt droht bzw. Sie eine solche im Falle der Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten hätten. Die bloße Möglichkeit einer Gefährdung reicht nicht aus, um hier eine rechtliche Relevanz zu begründen.

 

Der Vollständigkeit halber sei dazu noch angemerkt, dass bereits auf Grund der Dauer des Aufenthaltes Ihrer Person sowie des von Ihnen gewonnenen persönlichen Eindrucks keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen sind, dass Sie mittlerweile ein von Ihrem Heimatland abweichendes Werteverständnis in derart maßgeblicher Intensität adaptiert haben, dass diesem eine rechtliche Relevanz zuerkannt werden müsste.

 

Darüber hinaus könnten Sie, wie aus den Feststellungen zum Herkunftsland klar hervorgeht, zum Zwecke des Bestreitens des Lebensunterhaltes Unterstützungen, insbesondere im Zusammenhang mit einer Rückkehr, vom UNHCR oder IOM in Anspruch nehmen. Sie können demnach auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen, sodass Sie zumindest eine kleine Unterstützung für die Zeit gleich nach Ihrer Rückkehr in Afghanistan hätten. Es besteht die Möglichkeit, am Projekt "RESTART ll" teilzunehmen. Für die Behörde ist kein Grund ersichtlich, warum Sie eine Teilnahme am Projekt "RESTART II - Reintegrationsunterstützung für Freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan" nicht beantragen könnten. Das Projekt wird durch den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF; www.iom.int ) der Europäischen Union und das österreichische Bundesministerium für Inneres kofinanziert. Die Maßnahmen, die die Rückkehrer bei ihren Reintegrationsbemühungen unterstützen, werden gemeinsam mit den Teilnehmern erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt. Das Projekt "RESTART II - Reintegrationsunterstützung für Freiwillige Rückkehrer nach Afghanistan und Iran" wird von 1. Jänner 2017 bis 31. Dezember 2019 implementiert.

 

Wenn Sie freiwillig nach Afghanistan zurückkehren möchten, kann Ihnen die Internationale Organisation für Migration (IOM) dabei helfen, ein neues Leben in diesem Land zu beginnen. Aus diesem Grund kommt das BFA abschließend zur Ansicht, dass Ihnen die Rückkehr nach Afghanistan auch subjektiv zuzumuten ist.

 

IOM setzt im Rahmen des Projekts folgende Maßnahmen um:

 

Rückkehrunterstützung:

 

Informationsgespräche vor der Abreise in Österreich;

 

Möglichkeit der Erhebung der familiären Situation im Rückkehrland im Falle der Rückkehr von unbegleiteten Minderjährigen;

 

Logistische Organisation der Reise (inklusive Kauf des Flugtickets);

 

Unterstützung bei der Abreise am Flughafen Wien-Schwechat;

 

Empfang und Unterstützung bei der Ankunft sowie Organisation der Weiterreise zum endgültigen Zielort in Afghanistan;

 

Temporäre Unterkunft nach der Ankunft in Afghanistan.

 

Reintegrationsunterstützung:

 

Beratung der Projektteilnehmer nach der Rückkehr bezüglich ihrer Möglichkeiten unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten, Ihres Ausbildungs- und beruflichen Hintergrunds und Ihrer persönlichen Lebenssituation;

 

Finanzielle Unterstützung in Form von Bargeld: Euro 500,-- für jeden Projektteilnehmer, um die dringendsten Bedürfnisse direkt nach der freiwilligen Rückkehr in das Herkunftsland abzudecken;

 

Unterstützung in Form von Sachleistungen, wie: Unterstützung bei Gründung von oder Beteiligung an einem Unternehmen (z. B. Kauf von Ausstattung, Waren), Aus- und Weiterbildung, Unterkunft, Unterstützung für Kinder, medizinische Unterstützung, Leitfaden zur Unternehmensgründung und Weitervermittlung zu kostenlosen Business-Trainings.

 

Monitoring:

 

IOM führt in den Herkunftsländern Monitorings in Form von Interviews und Besuchen bei den Projektteilnehmern durch. Zudem ermöglichen es Monitoringreisen den Mitarbeitern von IOM Österreich, Projektteilnehmer nach Erhalt der Unterstützung zu treffen. Alleine die Rückkehrhilfe in Höhe von Euro 500,-- liegt, bei einem durchschnittlichen afghanischen Bruttonationaleinkommen pro Kopf pro Jahr von USD

680,--(http://www.bmz.de/de/laender_regionen/asien/afghanistan/profil.html - Stand 2014), fast in Höhe eines Jahreseinkommens eines durchschnittlichen afghanischen Bürgers. Auch die Tatsache, dass IOM vor Ort in Afghanistan tätig ist, zeigt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan nicht derart schlecht wäre, dass ausländische Hilfsorganisationen dort nicht ihrer Tätigkeit ungehindert nachgehen können. Des Weiteren wäre es Ihnen schon allein durch die gewährte Rückkehrhilfe, aufgrund der Höhe des Bargeldbetrages, möglich, in Afghanistan Fuß zu fassen und sich ein Jahr lang einen geeigneten Arbeitsplatz zu suchen.

 

Zudem geht aus der Länderinformation klar hervor, dass Kabul gefahrlos über den Luftweg zu erreichen ist, ebenso Herat und Mazar-e Sharif.

 

Betreffend die Feststellungen zu Ihrem Privat- und Familienleben:

 

Die Feststellung bezüglich Ihrer nicht vorhandenen familiären Bindungen in Österreich ergibt sich aus Ihren Angaben. Die Feststellungen zu Ihren geringen Deutschkenntnissen ergeben sich aus dem Akt bzw. Ihren Angaben.

 

...

 

Betreffend die Feststellungen zur Lage in Ihrem Herkunftsstaat:

 

Die Feststellungen zu Ihrem Herkunftsland basieren auf einem Produkt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und wurden gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellt. Ein Länderinformationsblatt (LIB) der Staatendokumentation ist ein bescheidtaugliches COI-Dokument, das, beruhend auf den Bedürfnissen in Verfahren des Asyl- und Fremdenwesens (RD, EASt, ASt, BVwG), mittels Recherche von vorhandenen, vertrauenswürdigen und vorrangig öffentlichen Informationen gemäß den Standards der Staatendokumentation erstellt wird. Ein LIB gibt eine einzelfallunabhängige Darstellung über die Lage betreffend relevanter Tatsachen in Herkunftsländern bzw. in EU-Mitgliedsstaaten. Zur Aktualität der Quellen, die für die Feststellungen herangezogen wurden, wird angeführt, dass diese, soweit sich die erkennende Behörde auf Quellen älteren Datums bezieht, aufgrund der nicht bzw. nur gering geänderten Verhältnisse nach wie vor als aktuell bezeichnet werden können.

 

...

 

Aus den herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich zunächst, dass die aktuelle Situation in Afghanistan unverändert weder sicher noch stabil ist, doch variiert dabei die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt.

 

Als Zielort einer allfälligen Rückverbringung Ihrer Person ist zunächst ihre Herkunftsregion, die Provinz Kunduz, zu prüfen:

 

Was die Sicherheitslage in der Provinz Kunduz betrifft, wird zunächst im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen keineswegs verkannt, dass die Situation unzweifelhaft als volatil anzusehen ist. Militärische Operationen sowie regelmäßige Luftangriffe werden durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien - Tötung von Aufständischen, unter anderem von tadschikischen Kämpfern sowie Talibankommandanten (Khaama Press 7.6.2017, Xinhua 14.2.2018). Zudem kommt es zu Zusammenstößen zwischen den Aufständischen und den afghanischen Streitkräften.

 

Selbst wenn Ihnen eine Rückkehr in die Provinz Kunduz nicht zumutbar ist, ist Ihnen die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative in Mazar-e Sharif oder der Stadt Herat sowohl unter dem Aspekt der Sicherheit als auch unter Berücksichtigung Ihrer persönlichen Umstände zumutbar.

 

Die Stadt Mazar-e Sharif gilt als eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans. Balkh ist die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Sie könnten Mazar-e Sharif von Kabul aus sicher erreichen. Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer, die sicherste Provinz in Nordafghanistan.

 

Die Stadt Herat ist eine vergleichsweise sichere und über den Flughafen gut erreichbare Stadt. Die Taliban konnten die Stadt Herat nicht einnehmen, da sie von den Sicherheitskräften sehr gut bewacht ist. In Herat ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, auch wenn es dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb Herats existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Insgesamt ist die Sicherheitslage in der Stadt Herat als ausreichend sicher zu bewerten. Aus den Feststellungen zur Sicherheitslage in der Provinz und Stadt Herat kann nicht abgeleitet werden, dass für jede dort lebende oder dorthin zurückkehrende Person das reale Risiko einer Verletzung der durch Art. 2 und 3 EMRK sowie das Protokoll Nr. 6 zur EMRK geschützten Güter mit einer derartigen Wahrscheinlichkeit droht, dass dies zur Gewährung von subsidiärem Schutz führen müsste.

 

In einer Gesamtbetrachtung ist Herat oder Mazar-e Sharif eine für Normalbürger, die nicht mit Ausländern zusammenarbeiten, noch relativ sichere und über den jeweiligen Flughafen gut erreichbare Stadt.

 

Hinsichtlich der in Afghanistan vorherrschenden Versorgungslage und der allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung ist auszuführen, dass die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung, häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Wie aus den Erkenntnisquellen ersichtlich ist, stellt sich die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wohnraum in Kabul insbesondere für alleinstehende Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und finanzielle Unterstützung als schwierig dar.

 

Für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan reicht es allerdings nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung von Art. 3 EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

 

Solche Umstände liegen jedoch in Ihrem Fall nicht mehr vor: Wie festgestellt, sind sie jung, mobil, gesund sowie anpassungs- und arbeitsfähig. Sie sind mit den kulturellen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates und der Sprache vertraut. Es ist daher nicht von vornherein erkennbar, dass Sie bei der Rückkehr nach Afghanistan nur allein aus dem Grund, dass Sie über mangelnde Ortskenntnisse in den Großstädten Herat und Mazar-e Sharif verfügen, in eine Situation ernsthafter individueller Bedrohung des Lebens kämen.

 

...

 

Sie verfügen über eine siebenjährige Schulbildung und Arbeitserfahrungen. Sie könnten sich daher durch die Annahme von Hilfstätigkeiten eine Existenzgrundlage schaffen. Dass Sie in diesem Zusammenhang nicht über ausreichende Kenntnisse der örtlichen und infrastrukturellen Gegebenheiten in Herat und Mazar-e Sharif verfügen, reicht auf dem Boden der bisherigen Feststellungen zur Situation in Herat und Mazar-e Sharif für die Annahme der Unzumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht aus.

 

...

 

Wie schon festgestellt, sollte es alleinstehenden, leistungsfähigen Männern im berufsfähigen Alter ohne spezifische Vulnerabilität möglich sein, auch ohne Unterstützung durch die Familie in urbaner Umgebung zu leben. Deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass Sie bereits unmittelbar nach Ihrer Rückkehr und noch bevor Sie in der Lage wären, selbst für Ihren Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnten. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass Sie in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z. B. Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wären. Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation Ihrer Person ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass Sie im Fall einer Abschiebung nach Afghanistan und einer Ansiedlung in der Stadt Mazar-e Sharif oder Herat in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würden, eine Verletzung der durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden ..."

 

Es folgte im angefochtenen Bescheid die nähere rechtliche Beurteilung zu den einzelnen Spruchpunkten.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen das bisherige Vorbringen wiederholt und insbesondere ausgeführt wurde, dass seit der Verlängerung des subsidiären Schutzes keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten sei, und zwar weder bei der Lage in Afghanistan noch bei den persönlichen Umständen der beschwerdeführenden Partei. Eine innerstaatliche Schutzalternative gebe es wegen der landesweit schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan nicht. Außerdem drohe der beschwerdeführenden Partei als nunmehr 20-jährigem Mann im Herkunftsstaat die Zwangsrekrutierung. Zur Integration der beschwerdeführenden Partei in die österreichische Gesellschaft wurden eine Betreuungsvereinbarung und eine Teilnahmebestätigung an einem B1-Sprachkurs (ohne Prüfung) vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Zur Person und zur Rückkehrsituation der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:

 

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides an.

 

Insbesondere wird festgestellt, dass die beschwerdeführende Partei Staatsbürger Afghanistans ist und der Volksgruppe der Tadschiken und der sunnitischen Religion angehört. Er lebte bis zum dritten Lebensjahr in der Provinz Kundus und danach zusammen mit seinen Eltern und sechs Geschwistern in XXXX im Iran, wo er sieben Jahre die Grundschule besuchte und auch als Hilfsarbeiter in der Müllrecyclingbranche arbeitete.

 

Der beschwerdeführenden Partei droht im Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer unmenschlichen Behandlung. Insbesondere ist im Herkunftsstaat in mehreren Landesteilen die Sicherheitslage ausreichend und die Versorgung mit Nahrungsmitteln gewährleistet.

 

Der beschwerdeführenden Partei steht angesichts der schlechten Sicherheitslage in seiner Heimatprovinz eine zumutbare innerstaatliche Schutzalternative in den verhältnismäßig sicheren Provinzen Afghanistans zur Verfügung, beispielsweise in den Städten Herat und Masar-e Scharif.

 

Die beschwerdeführende Partei ist 20 Jahre alt, gesund und arbeitsfähig, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. Die Familie der beschwerdeführenden Partei, nämlich der Vater, sechs Geschwister sowie weitere Verwandte mit ihren Familien, mit der er noch in regelmäßigem Kontakt steht, lebt im Iran und ist in verschiedenen Erwerbszweigen tätig.

 

Zum Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Partei wird festgestellt:

 

Die beschwerdeführende Partei reiste im Juni 2015 illegal nach Österreich ein und hält sich seither dreieinhalb Jahre aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf.

 

Die beschwerdeführende Partei hat in Österreich kein Familienleben, sondern nur ein Privatleben. Die berufliche und soziale Integration der beschwerdeführenden Partei in die österreichische Gesellschaft ist noch nicht weit fortgeschritten. Die beschwerdeführende Partei besuchte zwar Deutschkurse und Integrationskurse und legte am 04.10.2017 die Prüfung für das ÖSD-Zertifikat A1 mit der Note "sehr gut" ab, erwarb in der Folge auch das ÖSD-Zertifikat A2 und nahm an einem B1-Sprachkurs teil, allerdings ohne ein Prüfungszeugnis zu erwerben, und schloss zuletzt eine Betreuungsvereinbarung ab, jedoch wurde eine Schul- oder Berufsausbildung oder eine Erwerbstätigkeit noch nicht absolviert. Die Selbsterhaltungsfähigkeit liegt somit noch nicht vor und der Lebensunterhalt wird über die Grundversorgung bestritten.

 

Die beschwerdeführende Partei wurde in Österreich einmal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, nämlich am 15.06.2016 wegen §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB (schwere Körperverletzung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten.

 

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Das Bundesverwaltungsgericht folgt bei den maßgeblichen Feststellungen der schlüssigen Beweiswürdigung des angefochtenen Bescheides.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:

 

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

 

§ 8 (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

...

 

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

...

 

§ 9 (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

 

1. die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;

 

...

 

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

 

1. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

 

2. der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

 

3. der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.

 

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.

 

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.

 

...

 

§ 11 (1) Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

(2) Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen.

 

Nach der Rechtsprechung des EuGH und des VwGH sind vom subsidiären Schutz gemäß der Statusrichtlinie 2011/95/EU nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs im Sinn des Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden im Sinn des Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst; nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK (EuGH 04.10.2018, C-652/16 , Ahmedbekova, Rn. 71f; 24.04.2018, C-353/16 , MP, Rn. 45f; VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461, Rn. 8; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, Rn. 41).

 

Nach der Rechtsprechung des VwGH zu § 11 Abs. 1 AsylG 2005 (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001, Rn. 14-24) ist im Sinne einer unionsrechtskonformen Auslegung das Kriterium der "Zumutbarkeit" gleichbedeutend mit dem Erfordernis nach Art. 8 Abs. 1 Statusrichtlinie, dass vom Asylwerber vernünftigerweise erwartet werden kann, sich im betreffenden Gebiet seines Herkunftslandes niederzulassen. Die Frage der Zumutbarkeit soll danach beurteilt werden, ob der in einem Teil seines Herkunftslandes verfolgte oder von ernsthaften Schäden (iSd Art. 15 Statusrichtlinie) bedrohte Asylwerber in einem anderen Teil des Herkunftsstaates ein "relativ normales Leben" ohne unangemessene Härte führen kann. Dabei ist gemäß § 11 Abs. 2 AsylG 2005 (Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie) auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hielt fest, dass die Frage der Sicherheit des Asylwerbers in dem als innerstaatliche Fluchtalternative geprüften Gebiet des Herkunftsstaates selbstverständlich wesentliche Bedeutung hat. Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würden, findet. Es muss dem Asylwerber aber auch möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Ob dies der Fall ist, erfordert eine Beurteilung der allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsstaat und der persönlichen Umstände des Asylwerbers. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss.

 

Zu Afghanistan erkannte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 08.08.2017, Ra 2017/19/0118), dass eine schwierige Lebenssituation (bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht), die ein Asylwerber bei Rückführung in das als innerstaatliche Fluchtalternative geprüfte Gebiet vorfinden würde, für sich betrachtet nicht ausreicht, um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen. Es kann zutreffen, dass ein alleinstehender Rückkehrer ohne familiären Rückhalt und ohne finanzielle Unterstützung in der afghanischen Hauptstadt Kabul (anfangs) mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert ist. Soweit es sich aber um einen jungen und gesunden Mann, der über Schulbildung und Berufserfahrung verfügt, handelt, ist - auf der Grundlage der jenem Fall zugrunde gelegten allgemeinen Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat - nicht zu erkennen, dass eine Neuansiedlung in Kabul nicht zugemutet werden kann.

 

Im vorliegenden Fall liegen nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen keinerlei Umstände vor, welche ein Refoulement der beschwerdeführenden Partei in den Herkunftsstaat als unzulässig erscheinen ließen, zumal weder landesweit eine objektiv extreme Gefahrenlage in dem geschilderten Sinn herrscht noch eine Gefährdung aus subjektiven, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegenen Gründen anzunehmen ist. Auch aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei lässt sich insbesondere keineswegs eine reale Gefahr ableiten, dass etwa ein arbeitsfähiger Mann in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfinden oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte.

 

Denn es steht Rückkehrern grundsätzlich eine zumutbare innerstaatliche Schutzalternative zur Verfügung, etwa in den von der Regierung kontrollierten Städten, wo es ihnen möglich ist, nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (vgl. VfGH 12. 12. 2017, E 2068/2017; VwGH 10.09.2018, Ra 2018/19/0312; vgl. auch EGMR 12.01.2016, 8161/07, S.D.M.). Jedenfalls stellt sich die Sicherheits- und Versorgungslage in den Städten Kabul, Herat und Masa-e Scharif als ausreichend dar (vgl. VwGH 05.12.2018, Ra 2018/20/0125; 18.10.2018, Ra 2018/19/0277; 10.09.2018, Ra 2018/19/0312).

 

Zwar kommen die UNHCR-Richtlinien zu Afghanistan vom 30.08.2018 zu der Schlussfolgerung (S. 129), dass angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage in Kabul eine interne Schutzalternative in der Stadt grundsätzlich nicht verfügbar ist. Diese Aussage stützt sich auf einen Bericht von UNAMA vom Juli 2018 über 993 zivile Opfer (321 Tote und 672 Verletzte) in der Provinz Kabul in den ersten sechs Monaten 2018 und auf einen UNAMA-Bericht vom Februar 2018 über 1.831 zivile Opfer (479 getötete Zivilisten und 1.352 Verletzte) im gesamten Jahr 2017.

 

UNHCR-Richtlinien stellen weder völkerrechtlich noch nach Unionsrecht oder österreichischem Recht eine verbindliche Norm dar. Aufgrund der großen Sachkenntnis des UNHCR in Flüchtlingsfragen sind diese Richtlinien aber als wichtiges Beweismittel im Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren heranzuziehen; der Verwaltungsgerichtshof spricht (beginnend mit VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059) von der Indizwirkung solcher Richtlinien in dem Sinn, dass eine Auseinandersetzung mit diesem Beweismittel im Rahmen der Beweiswürdigung notwendig ist (VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533).

 

Da die tatsächliche Lage in Afghanistan, etwa Orte und Zahlen von Gewalttaten, im Wesentlichen unstrittig ist und die Länderberichte lediglich hinsichtlich der Schlussfolgerungen daraus divergieren, insbesondere betreffend die Zumutbarkeit der Fluchtalternative in Kabul und anderen Städten, wobei es sich um eine reine Quaestio Iuris handelt, werden die UNHCR-Richtlinien bei der rechtlichen Beurteilung behandelt.

 

Die Schlussfolgerung der gegenständlichen UNHCR-Richtlinien betreffend ein grundsätzliches (d. h. von den Umständen des Einzelfalles unabhängiges) Fehlen einer internen Schutzalternative in Kabul (seit August 2018) vermag nicht zu überzeugen. So spricht zwar der darin zitierte Bericht von UNAMA vom Juli 2018 von 993 zivilen Opfern (321 Toten und 672 Verletzten) in der Provinz Kabul in den ersten sechs Monaten 2018, doch gab es im ersten Halbjahr 2017 in der Provinz Kabul sogar mehr zivile Opfer, nämlich 1.048 (219 Tote und 829 Verletzte; vgl. UNAMA-Bericht Juli 2017, S. 5), und diese Zahlen sind jeweils im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung der Provinz Kabul von rund 4, 6 Mio. Einwohnern zu betrachten, von denen die Regierungsmitarbeiter und Ausländer in besonderem Maß gefährdet sind.

 

Auch die aktuellen Richtlinien der EASO schließen keineswegs für alle Afghanen eine interne Schutzalternative landesweit aus. Es wird vielmehr eine Einzelfallprüfung empfohlen und ausdrücklich festgehalten, dass die Städte Kabul, Herat und Mazar-e Scharif über funktionierende Flughäfen mit Inlands- und Auslandsflugverbindungen verfügen; das Ausmaß willkürlicher Gewalt in diesen Städten erreiche nicht ein derart hohes Niveau, dass wesentliche Gründe für die Annahme vorlägen, wonach ein Zivilist - bloß aufgrund seiner Anwesenheit - ein tatsächliches Risiko zu gewärtigen hätte, ernsthaften Schaden zu nehmen. Zusammenfassend wurde eine innerstaatliche Schutzalternative in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Scharif für einzelne Personengruppen, insbesondere für alleinstehende erwachsene Männer und verheiratete kinderlose Paare, welche sonst über keinerlei Merkmale der Schutzbedürftigkeit verfügen, für durchaus zumutbar gehalten, selbst wenn die Betroffenen dort über keinerlei Unterstützungsnetzwerk verfügen (EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 99-107; zur Relevanz von EASO-Berichten vgl. Art. 10 Abs. 3 lit. b Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU und Art. 8 Abs. 2 Statusrichtlinie 2011/95/EU ).

 

Letztlich stellen sich also die Gefahren für Rückkehrer nach Afghanistan in hohem Maße als spekulativ dar, und es kann im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK für Rückkehrer schlechthin, etwa aufgrund eines landesweiten Bürgerkrieges oder einer Hungersnot, ausgegangen werden.

 

Somit hat sich, wie die belangte Behörde zutreffend darlegte, die Sachlage seit der letzten Entscheidung über den subsidiären Schutz am 21.02.2018 wesentlich geändert: Die beschwerdeführende Partei ist nunmehr 20 Jahre alt und keine besonders schutzbedürftige Person in der Altersstufe des Übergangs von der Minderjährigkeit zur Volljährigkeit mehr. Die beschwerdeführende Partei kann nach den aktuellen Länderfeststellungen zur Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan insbesondere seinen Lebensunterhalt in Mazar-e Sharif oder Herat bestreiten. Er kann dort eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, wie er dies bereits im Iran erfolgreich bewerkstelligte, und weiters auf die Unterstützung durch seine zahlreichen Familienangehörigen im Iran zurückgreifen, mit denen er noch in engem Kontakt steht und die dort verschiedenen Berufstätigkeiten nachgehen und beispielsweise durch finanzielle Zuwendungen dazu beitragen können, etwaige Anfangsschwierigkeiten nach der Rückkehr in den Herkunftsstaat Afghanistan zu meistern. Nach den aktuellen Berichten zur Lage von Rückkehrern nach Afghanistan, z. B. dem Bericht der BFA-Staatendokumentation vom April 2018 über die Fact Finding Mission (FFM) Afghanistan (Pkt. 6: Rückkehrer) können Rückkehrer aber auch zum Zwecke des Bestreitens des Lebensunterhaltes Unterstützungen vom UNHCR oder IOM in Anspruch nehmen und besteht auch die Möglichkeit, am Projekt "RESTART ll" teilzunehmen, das Rückkehrer bei ihren Reintegrationsbemühungen unterstützt. Eine Rückkehrhilfe in Höhe von Euro 500,-- entspricht ungefähr einem Jahreseinkommen in Afghanistan. Berichte, wonach Rückkehrer generell oder jedenfalls in sehr großer Zahl und unabhängig von ihrer persönlichen Situation ihr Existenzminimum nicht sichern könnten, gibt es nicht, vielmehr sind nur bestimmte Gruppen von besonders schutzbedürftigen Personen, wie etwa Familien mit minderjährigen Kindern, alleinstehende Frauen, Kranke oder ältere Menschen, in besonderem Maße gefährdet, ohne dass aber insgesamt festzustellen wäre, dass die Existenzsicherung für sämtliche Rückkehrer landesweit nicht mit ausreichender Gewissheit gewährleistet wäre.

 

Aus diesen Gründen liegen die Voraussetzungen für die Aberkennung des subsidiären Schutzes gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 zweiter Fall AsylG 2005 vor.

 

Zu Spruchpunkt III. bis V. des angefochtenen Bescheides:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 lauten:

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

...

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

...

 

§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

 

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

 

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.

 

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

 

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

...

 

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

 

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

 

...

 

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

...

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lauten:

 

§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

...

 

§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

§ 52 (1) ...

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

...

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

...

 

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

...

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

 

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

 

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Das Privatleben ist ein weiter Begriff und einer erschöpfenden Definition nicht zugänglich. So schützt Art. 8 EMRK auch ein Recht auf Identität und persönliche Entwicklung und das Recht, Beziehungen mit anderen Menschen und mit der Außenwelt zu schaffen und zu entwickeln, und kann auch Handlungen beruflichen oder geschäftlichen Charakters einschließen. Es gibt daher einen Bereich der Interaktion einer Person mit anderen, selbst in einem öffentlichen Zusammenhang, der in den Bereich des "Privatlebens" fallen kann (z. B. EGMR 28.01.2003, 44647/98, Peck, Rn. 57).

 

Im Rahmen der durch Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Achtung des Privatlebens ist Schutzgut unter anderem auch die psychische und physische Integrität des Einzelnen und damit auch die körperliche Unversehrtheit. Beeinträchtigungen der körperlichen Integrität, welche nicht die von Art. 3 EMRK geforderte Schwere und Intensität erreichen, sind folglich an Art. 8 EMRK zu messen (EGMR 13.05.2008, 52515/99, Juhnke, Rn. 71; VfGH 21.09.2015, E 332/2015).

 

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen stellen regelmäßig einen Eingriff in das Privatleben dar, weil sie die betroffene Person aus ihrem sozialen Umfeld herausreißen. Nach der Rechtsprechung des EGMR hängt es von den Umständen des jeweiligen Falles ab, ob es angebracht ist, sich eher auf den Gesichtspunkt des Familienlebens zu konzentrieren als auf den des Privatlebens (EGMR 23.04.2015, 38030/12, Khan, Rn. 38; 05.07.2005, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 59). Die Prüfung am Maßstab des Privatlebens ist jedoch weniger streng als jene am Maßstab des Familienlebens, weshalb letztere in der Praxis im Vordergrund steht (Ewald Wiederin, Schutz der Privatsphäre, in:

Merten/Papier/Kucsko-Stadlmayer [Hg.], Handbuch der Grundrechte VII/1, 2. Aufl., § 10, Rn. 52).

 

Wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in den Schutzbereich des Privatlebens oder des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK eingreift, ist zu prüfen, ob sie sich auf eine gesetzliche Bestimmung stützt, was im vorliegenden Fall offensichtlich zutrifft, und ob sie Ziele verfolgt, die mit der EMRK in Einklang stehen, wofür hier insbesondere die Verhinderung von strafbaren Handlungen, die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes in Betracht kommen.

 

Es bleibt schließlich noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07; vgl. § 9 Abs. 1 BFA-VG).

 

Nach diesem Regelungssystem ist somit anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung am Maßstab des Art. 8 EMRK durchzuführen. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme darf nur erlassen werden, wenn die dafür sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen und seiner Familie an dessen weiterem Verbleib in Österreich. Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Kriterien zueinander in eine Beziehung zu setzen und eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte vorzunehmen ist (vgl. EGMR 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001):

 

die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten;

 

die seit der Begehung der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit;

 

die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat;

 

die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;

 

die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;

 

die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung eingegangen wurde;

 

die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und welches Alter sie haben;

 

die Schwierigkeiten, denen der Ehegatte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers begegnen könnte;

 

das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat begegnen könnten;

 

die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat.

 

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07). Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

 

Auch bei einem Eingriff in das Privatleben misst die Rechtsprechung im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dem Umstand wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein. Grundsätzlich ist nach negativem Ausgang des Asylverfahrens - infolge des damit einhergehenden Verlustes des vorläufig während des Verfahrens bestehenden Rechts zum Aufenthalt und sofern kein anderweitiges Aufenthaltsrecht besteht - der rechtmäßige Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherzustellen (VfGH 12.06.2013, U 485/2012; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247).

 

Im Rahmen der Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Drittstaatsangehörigen an einem weiteren Verbleib in Österreich nimmt zwar das Gewicht des persönlichen Interesses grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes zu. Doch ist dabei nicht die bloße Aufenthaltsdauer maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Drittstaatsangehörige die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; 22.09.2011, 2007/18/0864 bis 0865).

 

Im vorliegenden Fall hat die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung die Aufenthaltsbeendigung der beschwerdeführenden Partei zur Folge. Daher liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK vor.

 

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der Verhinderung von strafbaren Handlungen, der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten.

 

Denn die beschwerdeführende Partei verbrachte den Großteil des Lebens im Iran und reiste erst vor dreieinhalb Jahren illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Es bestand zu keinem Zeitpunkt ein unbefristeter Aufenthaltstitel in Österreich, sondern lediglich ein einmal verlängerter befristeter Schutzstatus. Die beschwerdeführende Partei besuchte Deutschkurse und Integrationskurse und legte die Prüfungen für das ÖSD-Zertifikat A1 und das ÖSD-Zertifikat A2 ab, nahm an einem B1-Sprachkurs teil, allerdings ohne ein Prüfungszeugnis zu erwerben, und schloss zuletzt eine Betreuungsvereinbarung ab, jedoch wurde eine Schul- oder Berufsausbildung oder eine Erwerbstätigkeit noch nicht absolviert. Die Selbsterhaltungsfähigkeit liegt somit noch nicht vor und der Lebensunterhalt wird über die Grundversorgung bestritten. Die beschwerdeführende Partei wurde in Österreich einmal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, nämlich am 15.06.2016 wegen §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) und §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z 4 StGB (schwere Körperverletzung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten. Somit überwiegen angesichts der erst dreieinhalbjährigen Aufenthaltsdauer die öffentlichen Interessen an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, der Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie am wirtschaftlichen Wohl des Landes.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen liegen nicht vor.

 

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

 

§ 55 FPG hat folgenden Wortlaut:

 

§ 55 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich

eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

 

Im vorliegenden Fall beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung, weil keine besonderen Umstände vorliegen.

 

Zu dem Antrag auf Durchführung einer Verhandlung wird ausgeführt:

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Den Umfang der Verhandlungspflicht aufgrund dieser Bestimmung umschrieb der Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, worin die Kriterien für die Annahme eines geklärten Sachverhaltes zusammengefasst wurden, folgendermaßen (seither ständige Rechtsprechung, z. B. zuletzt VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0149; 11.09.2018, Ra 2018/14/0052; 06.09.2018, Ra 2018/18/0010; abweichend allerdings - beginnend mit VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289 - ein Senat, welcher nunmehr - praeter legem - als zusätzliches Tatbestandselement des § 21 Abs. 7 BFA-VG den hypothetischen "persönlichen Eindruck" vom Beschwerdeführer in einer allfälligen künftigen Verhandlung postuliert; vgl. zum grundrechtlichen Gesichtspunkt auch VfGH 26.02.2018, E 3296/2017; 24.11.2016, E 1079/2016; 14.03.2012, U 466/11, U 1836/11):

 

"Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht muss die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen."

 

Im vorliegenden Fall liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG und die dazu von der ständigen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien vor. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt. In einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren wurde der beschwerdeführenden Partei ausreichend Parteiengehör eingeräumt, und auch die Beschwerde zeigt nicht plausibel auf, inwieweit eine neuerliche Einvernahme zu einer weiteren Klärung der Sache führen könnte.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

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