BVwG L523 2144584-2

BVwGL523 2144584-26.9.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §34
AsylG 2005 §57 Abs1
AsylG 2005 §8
AVG §68 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
EMRK Art.3
EMRK Art.8
FPG §46
FPG §50 Abs1
FPG §50 Abs2
FPG §50 Abs3
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:L523.2144584.2.00

 

Spruch:

L523 2144581-2/5E

 

L523 2144643-2/5E

 

L523 2144584-2/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Tanja Danninger-Simader als Einzelrichterin über die Beschwerden von XXXX, geb. XXXX1982 (BF1), XXXX, geb. XXXX2016 (BF2), XXXX, geb. XXXX2016 (BF3), StA. Georgien, BF2-BF3 gesetzlich vertreten durch die Mutter XXXX (BF1), alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie-Flüchtlingsdienst GmbH, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 12.07.2018, Zlen. XXXX, XXXX und XXXX, zu Recht erkannt:

 

A)

 

1. Der Beschwerde wird hinsichtlich des Spruchpunkts VII. des angefochtenen Bescheides XXXX stattgegeben und wird das über XXXX verhängte Einreiseverbot ersatzlos behoben.

 

2. Im Übrigen werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang

 

1. Die Beschwerdeführer (BF1-BF3) sind allesamt georgische Staatsbürger. Die weibliche BF1 stellte am 14.07.2015 für sich und am 03.02.2016 für ihre beiden am XXXX2016 geborenen minderjährigen Kinder (BF2-BF3) in Österreich ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz.

 

Als Ausreisegrund gab die BF1, die sich zu diesem Zeitpunkt etwa im dritten Schwangerschaftsmonat befand, im Rahmen der Erstbefragung und der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zunächst im Wesentlichen zusammengefasst an, dass ihr Vater im Zuge eines Überfalls auf sein Geschäft bzw. einer nächtlichen Störung durch zwei betrunkene Burschen einen der Täter getötet habe und in der Folge die Familie der BF1 von der Familie des Getöteten bedroht worden sei. Sie sei deshalb geflüchtet. Der Vater ihrer ungeborenen Kinder habe sie vor der Bedrohung nicht schützen können. Zum EURODAC-Treffer in Griechenland führte sie aus, sie habe mehrere Jahre bei ihrer Tante in Griechenland gelebt und sei in eine Routinekontrolle geraten bzw. habe um Asyl angesucht.

 

Im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme gab die BF1 zum Fluchtgrund befragt im Wesentlichen zusammengefasst an, sie sei von zwei Männern aus der Familie des getöteten Burschen vergewaltigt worden und sie wisse nicht, wer der Vater ihrer Kinder sei. Sie habe vor ihrer Familie sowohl die Vergewaltigung als auch nunmehr die Existenz ihrer am XXXX2016 in Österreich geborenen Zwillinge verheimlicht.

 

Für die minderjährigen BF2-BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

 

Am 27.11.2016 ergingen im Erstverfahren der BF 1-BF3 die ersten abweisenden Bescheide des BFA. Die darüber erhobenen Beschwerden wurden mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 13.07.2017, GZ: XXXX, gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 57 und 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, 46 und 55 FPG abgewiesen. Diese Entscheidungen erwuchsen mit 25.07.2017 in Rechtskraft.

 

2. Die BF1-BF3 stellten in der Folge am 10.08.2017 ihre gegenständlich zweiten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

 

Hiezu wurde die volljährige BF1 noch am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.

 

Im Wesentlichen führte die BF1 aus, dass ihre Verfolger sie noch immer suchen würden und es sei versucht worden, das Familienhaus anzuzünden. Weiters verfüge sie über eine neue psychologische Stellungnahme. Zudem würde sie - sollte ihre Familie von den beiden Kindern erfahren - von der Familie verstoßen und vom Bruder umgebracht werden.

 

Für die BF2-BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

 

3. Am 22.08.2017 wurde die BF1 vor dem BFA niederschriftlich befragt. Dabei gab die BF1 zunächst an, dass sie gesund sei, aber psychische Probleme habe. In Österreich lebe sie von der Grundversorgung und erhalte Deutschunterricht. Zu ihrem Antrag brachte die BF1 im Wesentlichen vor, dass vor etwa einem Monat ihr Elternhaus von den Verfolgern angezündet worden sei. Das Haus sei seit dem Vorfall im Jahr 2012 leer gestanden, der Brand habe von der Nachbarin gelöscht werden können. Ihren Verwandten gegenüber verheimliche sie die Kinder, im Rückkehrfall habe sie Angst, von ihrem Bruder getötet zu werden.

 

4. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 25.08.2017, XXXX, wurde die Unterbringung der BF1 wegen XXXX an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikum XXXX für zulässig erklärt und der Auftrag zur Begutachtung der bei der BF1 allfällig vorliegenden psychischen Erkrankung erteilt. Mit Gutachten vom 29.08.2017 wurde von Prim. Dr. XXXX eine XXXX verbunden mit einer XXXX der BF1 festgestellt und die Fortsetzung des Aufenthaltes in der geschlossenen Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie empfohlen. Am 12.09.2017 wurde die BF1 in stabilem Zustand mit empfohlener Medikation aus dem Klinikum XXXX entlassen.

 

5. Im Auftrag des BFA erstellte Prim. Dr. XXXX, Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, am 19.10.2017 ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über die BF1. Darin wurde ausgeführt, dass sich aktuell XXXX nicht diagnostizieren ließe, sie leide an XXXX. Es sei von keiner dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit auszugehen, Reisefähigkeit sei gegeben und es sei im Falle der Abschiebung von keiner Verschlechterung in lebensbedrohlichem Ausmaß auszugehen.

 

6. Am 30.11.2017 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme mit der BF1 statt. Die BF1 gab an, dass sie fallweise Kontakt mit ihrer Mutter habe, diese aber nichts von der Existenz der Kinder wisse. Sie sei überzeugt, dass ihr Vater und ihr Bruder nicht zulassen würden, dass sie am Leben bleibe. Sie könne daher nicht nach Georgien zurück. Im Zuge dieser Niederschrift stellte die Rechtsberaterin der BF1 den Antrag, die Behörde möge - insbesondere auf Grund des Krankheitsbildes der Mutter - Ermittlungen zur Sicherstellung der Wahrung des Kindeswohles anstellen.

 

7. Die Anträge auf internationalen Schutz der BF1-BF3 wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 12.07.2018, Zlen. XXXX, XXXX und XXXX, hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF1-BF3 eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung nach Georgien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.) und es werde gegen die BF1 ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII. des Bescheides XXXX).

 

Das BFA begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt vorliege und keine lebensbedrohliche Erkrankung der BF1-BF3 der Abschiebung entgegenstehe. Auch sei es bezüglich des Gesundheitszustandes der BF1 im Grunde zu keiner Veränderung seit ihrem Erstverfahren gekommen, sodass sie sich - wie bereits im Erstverfahren festgestellt - bei ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat um ihre Kinder kümmern könne.

 

Die Erlassung eines zweijährigen Einreiseverbotes über die BF1 sei gerechtfertigt, weil die BF1 trotz rechtskräftigem Abschluss ihres ersten Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht verlassen habe und zudem nicht in der Lage sei, ihren Lebensunterhalt zu sichern.

 

8. Mit Verfahrensanordnungen des BFA vom 13.07.2018 wurde gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG den BF1-BF3 amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

 

9. Die Bescheide wurden den BF1-BF3 am 13.07.2018 ordnungsgemäß zugestellt, wogegen am 10.08.2018 fristgerecht Beschwerde erhoben wurde.

 

Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, es läge eine "nova producta" vor, zumal es im August 2017 einen neuerlichen Versuch gegeben habe, das Haus der Familie im Herkunftsland anzuzünden. Nur durch aufmerksame Nachbarn habe dies verhindert werden können, der Staat sei nicht schutzfähig (gewesen). Auch würden die psychische Belastung der BF1 und die unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten zu einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der BF1 führen. Auch sei sowohl die Verhängung des zweijährigen Einreiseverbotes als auch dessen Dauer unbegründet und ohne Darlegung einer konkreten Gefährdungsprognose erfolgt. Gleichzeitig wurde ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

 

10. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Beschwerden im Rahmen einer durchgeführten Grobprüfung mit Aktenvermerk vom 21.08.2018 die beantragte aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Sachverhalt:

 

1.1. Feststellungen zur Person der BF1-BF3

 

Die Identität der BF1-BF3 steht fest. Sie sind Staatsangehörige von Georgien, Angehörige der Volksgruppe der Swanen und dem griechisch-orthodoxen Christentums zugehörig. Die BF1 ist die Mutter der in Österreich am XXXX2016 geborenen Kinder (BF2-BF3).

 

Die BF1 spricht georgisch auf muttersprachlichem Niveau. Die BF1 lebte vor ihrer Ausreise mit ihrer Mutter und Schwester in Tiflis. Sie besuchte in ihrem Herkunftsstaat neun Jahre die Grundschule, drei Jahre ein College, ist ausgebildete Hebamme und war vor ihrer Ausreise aus Georgien als Verkäuferin tätig.

 

Die BF1 verfügt in ihrem Herkunftsland über einen Verwandtenkreis. Sie hat Kontakt zu ihrer Mutter, selten auch zu ihrer Schwester.

 

Die BF1 hat außer ihren Kindern (BF2-BF3) und einem Onkel, zu dem sie keinen Kontakt, in Österreich keine Verwandten. Die BF1 ist weder Mitglied in einem Verein oder sonstigen Organisation, sie spricht nicht Deutsch und hat auch sonst keine nennenswerten sozialen Kontakte in Österreich. Sie ist mit der Betreuung ihrer beiden Kinder im Kleinkindalter beschäftigt.

 

Die Familie bezieht Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber.

 

Die BF1 ist strafrechtlich unbescholten.

 

Die BF1 reiste am 12.07.2015 nach Österreich und hält sich seither ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Ihre beiden Kinder, die BF2-BF3, haben seit ihrer Geburt am XXXX2016 das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen.

 

Am 14.07.2015 stellte die BF1 in Österreich ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz und - nach der Geburt ihrer Kinder am XXXX2016 - für die BF2-BF3 am 03.02.2016 einen Antrag im Familienverfahren ohne Vorbringen von eigenen Fluchtgründen. Diese Anträge wurden mit Rechtskraft 25.07.2017 abgewiesen.

 

Die BF1 leidet an einer XXXX und wird medikamentös behandelt. Die BF1 leidet an keiner lebensbedrohenden Erkrankung und ist arbeitsfähig. Die BF2-BF3 sind gesund.

 

1.2. Länderfeststellungen

 

Hinsichtlich der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Georgien schließt sich das Bundesverwaltungsgericht den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde an. Diese Länderfeststellungen werden auch der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zu Grunde gelegt.

 

Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen sicheren Herkunftsstaat im Sinne des § 19 BFA-VG handelt.

 

Auszugsweise werden aus den herangezogenen Länderfeststellungen insbesondere folgende Feststellungen explizit angeführt:

 

"Sicherheitslage

 

Die Sicherheitslage in Georgien hat sich seit der militärischen Auseinandersetzung zwischen georgischen und russischen Truppen vom August 2008 weitgehend normalisiert.

 

...

 

In den städtischen Zentren kann es gelegentlich zu Demonstrationen und Protestaktionen kommen, vor allem im Zusammenhang mit Wahlen. Straßenblockaden und Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften sind nicht ausgeschlossen. Das Risiko von terroristischen Anschlägen kann auch in Georgien nicht ausgeschlossen werden (EDA 6.6.2018).

 

Die Kriminalitätsrate ist in Georgien in den letzten Jahren deutlich gesunken. Auto- und andere Diebstähle sowie Einbrüche kommen vor, und sind gelegentlich von Gewalt begleitet (AA 6.6.2018a, vgl. EDA 6.6.2018).

 

...

 

Rechtsschutz / Justizwesen

 

Erhebliche Fortschritte gab es insbesondere im Justizwesen und Strafvollzug, wo eine menschenrechtswidrige Behandlung, die in der Vergangenheit systemisch vorhanden war, in aller Regel nicht mehr festgestellt werden kann. Der Aufbau eines unabhängigen und nach rechtsstaatlichen Grundsätzen handelnden Justizwesens gehört zu den wichtigsten Zielen der aktuellen Regierung. Die dritte Reformwelle vom Dezember 2016 garantiert vor allem die unparteiische Zuteilung von Rechtsfällen an Richter. NGOs, die den Reformprozess sehr aktiv und sehr kritisch begleiten, mahnen weiterhin die Ernennung von Richtern aufgrund von Qualifikation und Eignung in einem transparenten Verfahren an. Demgegenüber neigen Politiker und andere prominente Interessenvertreter aus Wirtschaft und Medien dazu, Richtern bei Gerichtsentscheidungen in brisanten Fällen pauschal politische Motive bzw. Korruption zu unterstellen. In einigen Fällen wurde der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg angerufen. Seit 2012 laufende Ermittlungen oder mit rechtskräftigen Urteilen abgeschlossene Strafverfahren gegen hochrangige Mitglieder und nachgeordnete Mitarbeiter der ehemaligen Regierung werden nicht als politisch motiviert eingeschätzt, sondern beruhen auf rechtswidrigen bzw. strafrechtlich relevanten Handlungen durch Amtsträger oder Parteifunktionäre der Vorgängerregierung. Die Tatsache, dass Gerichte hierbei nicht immer den Anträgen der Staatsanwaltschaft folgen, zeigt eine wachsende Unabhängigkeit der Justiz und deutliche Grenzen für eine etwaige politische Zielsetzung der Verfahren. Nach dem Regierungswechsel 2012/13 erfolgte eine kontinuierliche Liberalisierung des Strafrechts. Eine feststellbare niedrigere Verurteilungsrate ist auf eine stärkere Emanzipierung der Richterschaft von den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurückzuführen, aber auch auf eine Stärkung der Rechte der Verteidigung im Strafprozess. Die Praxis lang andauernder Untersuchungshaft wurde im Fall Ugulava, des ehemaligen Bürgermeisters von Tiflis vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig beurteilt und verfassungskonform beschränkt (AA 11.12.2017).

 

Im Dezember 2016 wurde ein Paket von Gesetzesänderungen zur Justizreform verabschiedet. Die Änderungen betrafen insbesondere die Veröffentlichung aller Entscheidungen, die schrittweise Einführung der elektronischen Zufallszuweisung von Fällen sowie das Auswahlverfahren der Richterkandidaten und das Disziplinarverfahren (Schaffung der Institution des Untersuchungsinspektors). Die Änderungen betrafen jedoch nicht andere, seit langem bestehende Punkte, einschließlich der Anwendung der Probezeit. Eine erste umfassende Justizstrategie und ihr fünfjähriger Aktionsplan wurden vom Hohen Rat der Justiz im Mai 2017 angenommen. Dieser sieht spezifische Maßnahmen und Indikatoren in den Kapiteln Unabhängigkeit, Rechenschaftspflicht, Qualität und Effizienz sowie Zugang zur Justiz vor. In Bezug auf den Zugang zur Justiz sind die vom Hohen Rat der Justiz (HCoJ) eingeführten Verfahren zur Ernennung von Richtern und Gerichtspräsidenten sowie die Disziplinarverfahren allerdings nicht vollständig transparent und rechenschaftspflichtig. Die neue Verfassung führte die Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs durch das Parlament auf Vorschlag des Obersten Gerichtshofs sowie die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit ein. Im Januar 2017 wurden die Geschworenenprozesse, die 2010 beim Stadtgericht von Tiflis eingeführt wurden, auf andere Regionen Georgiens und auf weitere Arten von Vergehen ausgeweitet. Anfang 2017 wurden die Strafverfolgungsstrategie, der neue Ethikkodex und ein Beurteilungssystem für Staatsanwälte verabschiedet (EC 9.11.2018).

 

...

 

Sicherheitsbehörden

 

Seit dem Regierungswechsel im Oktober 2012 ist von Machtmissbrauch von Amtsträgern nicht mehr die Rede. Bis 2012 waren Exekutivorgane, z. B. Staatsanwaltschaft, Polizei oder Finanzbehörden, als Machtinstrument oder als Mittel zur rechtswidrigen Erlangung wirtschaftlicher Vorteile von Regierungsangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen missbraucht worden. Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Polizisten sind allgemein nicht mehr zu verzeichnen. In ihrer Rolle als Hüter von Regeln werden sie öffentlich als zurückhaltend, aber auch als untätig wahrgenommen, was zu einem Verlust an Respekt geführt hat. Die Geheim- und Nachrichtendienste treten nicht als Repressionsinstrumente auf. Eine von NGOs angemahnte organisatorische Trennung der Sicherheitsdienste vom Innenministerium ist bisher aber nicht durchgeführt worden (AA 11.12.2017).

 

Meinungsumfragen zeigen einen Rückgang des Vertrauens der Öffentlichkeit in das Strafverfolgungssystem. Umfragen zufolge waren 2013 noch 60% der Georgier und Georgierinnen mit der Leistung der Polizei zufrieden. Dieser Wert fiel jedoch im April 2017 Jahres auf 38%. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Unzufriedenen mit der Polizei von einem einstelligen Prozentwert auf 14% (NDI/CRRC 4.2017).

 

...

 

Korruption

 

Während das Land bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität erhebliche Fortschritte gemacht hat, bleibt die Korruption innerhalb der Regierung ein Problem. Dies kann unter anderem in Form von Bestechungsgeldern, dem Austausch von Insiderinformationen und Einschüchterungen geschehen. Die Durchsetzung von Antikorruptionsmaßnahmen auf hohem Niveau fehlt (FH 1.2018; vgl. GAN 8.2017).

 

Insgesamt ist es dem Land gelungen, die Korruption zu reduzieren. Die georgischen Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung sind weitgehend im Strafgesetzbuch enthalten, das einen soliden Rechtsrahmen zur Eindämmung der Korruption im Land vorsieht, auch wenn die Durchsetzung, die durch die mangelnde Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden behindert wurde, in einigen Bereichen noch immer fehlt. Defizite bestehen beispielsweise im Justizwesen und im öffentlichen Auftragswesen (GAN 8.2017).

 

...

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Artikel 7 der georgischen Verfassung verpflichtet den Staat zu Anerkennung und Schutz der universellen Menschenrechte; sie sind direkt anwendbares Recht für Staat und Bürger. Einzelne Menschenrechte werden explizit in eigenen Verfassungsartikeln (Artikel 14 ff.) postuliert. Mit dem Ombudsmann für Menschenrechte (vom Parlament ernannt), aber auch dem Menschenrechtsausschuss des Parlaments bestehen weithin bekannte Institutionen und Beschwerdeeinrichtungen. Sie verfügen zwar nicht über Sanktionsmittel, nutzen aber sehr aktiv ihre Möglichkeiten zur Untersuchung von Vorgängen, greifen viele Themen auf und sind öffentlich sehr präsent. Mit Reformen haben in den letzten Jahren auch Staatsanwaltschaft und Gerichte in Georgien an Unabhängigkeit und Vertrauen in der Bevölkerung gewonnen und werden zunehmend zur Wahrung individueller Rechte in Anspruch genommen. Darüber hinaus können lokale und internationale Menschenrechtsorganisationen ohne jede staatliche Behinderung ermitteln und öffentlichkeitswirksam Ergebnisse präsentieren und Kritik äußern. Menschenrechte und die Rechte von Minderheiten werden vom georgischen Staat zunehmend beachtet und gestärkt. Gesellschaftlich sind diese Rechte aber noch nicht weit genug akzeptiert, so dass Minderheiten und Andersdenkende in der Gesellschaft mit faktischer Benachteiligung rechnen müssen. Vereinzelt kommt es auch zu gewalttätigen Handlungen. Der vom Parlament eingesetzte Ombudsmann ist jedoch sehr aktiv. Er greift Einzelfälle auf und spricht Missstände aller Art regelmäßig öffentlich an (AA 10.12.2017).

 

...

 

Während des gesamten Jahres 2017 waren Fälle von Misshandlungen von Bürgern durch Polizeibeamte und die Untersuchung dieser Vorkommnisse die größten Herausforderungen. Auch die Rechte schutzbedürftiger Gruppen wurden verletzt. Diesbezügliche Fälle wurden nicht wirksam untersucht. Ungeachtet der bedeutenden Änderungen in der Gesetzgebung bestehen nach wie vor wichtige Herausforderungen in Bezug auf die Identifizierung und Prävention von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die Strafverfolgungsbehörden haben die Menschenrechtsverletzungen gegen religiöse Minderheiten und LGBTQ-Personen auch im Jahr 2017 unzureichend untersucht. Die verschiedenen Gewalttaten gegen diese Gruppen bleiben ungestraft, was im Widerspruch zu der positiven Verpflichtung Georgiens steht, einen angemessenen Schutz und die Sicherheit von Minderheiten zu gewährleisten. Der von den Regierungsvertretern angeblich ausgeübte Druck auf die Medien setzte sich auch im Jahr 2017 fort. Ein unabhängiger Ermittlungsmechanismus zur Untersuchung von Straftaten der Strafverfolgungsbehörden wurde auch im Jahr 2017 nicht geschaffen (HRC 2018).

 

...

 

Ethnische Minderheiten

 

Gemäß Schätzungen aus dem Jahr 2014 sind 86,8% der Bevölkerung ethnische Georgier, 6,3% Aseri, 4,5% Armenier und 2,3% gehören anderen ethnischen Gruppen an. 87,6% der Bevölkerung sprechen offiziell Georgisch, 6,2% Aserisch, 3,9% Armenisch 1,2% Russisch, und 1% sprechen eine andere Sprache (CIA 12.1.2017).

 

Nach der Volkszählung von 2002 umfassten die Aseris noch 6,5%, die Armenier 5,7% und die Russen 1,5% der Bevölkerung. Die Zahl der Osseten und Abchasen außerhalb Abchasiens und Südossetiens ist zwar infolge des Krieges vom August 2008 zurückgegangen, aber das Ausmaß und die Dauer der Vertreibung sind nach wie vor schwer zu bestimmen (MRGI 2018).

 

In Bezug auf die Gleichbehandlung werden die Gleichstellungs- und Integrationsstrategie und die jährlichen Aktionspläne zur Integration ethnischer Minderheiten umgesetzt. Das Gesetz über die Staatssprache sieht vor, dass nichtstaatliche Sprachen in Gemeinden verwendet werden können, die von nationalen Minderheiten dicht besiedelt sind. Die derzeitige Umsetzung ist jedoch wegen des Fehlens eines Überwachungsmechanismus unbekannt. Die von der Ombudsperson vorgeschlagenen Änderungen des Gesetzes zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung, die darauf abzielen, die Wirksamkeit des Durchsetzungsmechanismus im Rahmen des Gesetzes zu verbessern, sind seit 2015 anhängig (EC 9.11.2017).

 

Die Verfassung verbietet die Diskriminierung aufgrund der Religion oder der ethnischen Herkunft, und die nationalen Minderheiten genießen alle politischen Rechte, auch das Recht ihre Muttersprache im privaten und öffentlichen Raum zu verwenden. Georgien hat auch die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutze der nationalen Minderheiten ratifiziert, jedoch nicht die Europäische Charta für regionale oder Minderheitensprachen (ECRML). Die politische Teilnahme der nationalen Minderheiten ist begrenzt. Zu den Parlamentswahlen im Herbst 2016 nominierten etliche Parteien und Parteienbündnisse Kandidaten nationaler Minderheiten, allerdings wenige an aussichtsreichen Positionen. Die Minderheitensprachen wurden in den Minderheitengebieten, insbesondere in den aserischen, von den politischen Parteien und Kandidaten intensiv und ohne Hindernisse verwendet (OSCE 3.2.2017).

 

Eine gesellschaftliche Gleichstellung von Minderheiten kann allerdings auch von staatlicher Seite nicht ausreichend gewährleistet werden. Die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und damit ein sozio-ökonomischer Aufstieg bleiben vielen Angehörigen ethnischer Minderheiten aufgrund von mangelnder Kenntnisse der georgischen Sprache faktisch verwehrt. Auch spiegelt sich z.B. der Anteil der aserbaidschanischen und armenischen Bevölkerung in den Exekutivorganen nicht wider (AA 11.12.2017, vgl. USDOS 20.4.2018)

 

...

 

Frauen

 

Im Mai 2017 ratifizierte Georgien das Übereinkommen des Europarates (Istanbul) zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Die Erfassung von Fällen häuslicher Gewalt bei der Polizei hat nach Aufklärungskampagnen und einer deutlichen Veränderung der öffentlichen Einstellung zugenommen. Die Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor hoch. Im Juni 2017 wurde eine behördenübergreifende Kommission für Gleichstellung, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt eingerichtet. Trotz der Bemühungen, die Gesetzgebung zu stärken und das Bewusstsein zu schärfen, ist die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern nach wie vor hoch. Georgien liegt im Gender Inequality Index (GII) auf Platz 76 von 188 Ländern und im Global Gender Gap Index (GGGI) auf Platz 90 von 144 Ländern. Frauen sind in der Politik (15,33% im Parlament und 11,6% in den Gemeinden) und auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentiert (Erwerbsquote 58% gegenüber 78% bei den Männern) (EC 9.11.2017).

 

Mit der Ratifizierung der Konvention des Europarates von 2011 zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt hat der Staat im Jahr 2017 einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Rechte der Frauen und der Gleichstellung der Geschlechter getan. Das Übereinkommen erweitert die Mechanismen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen sowie zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer von Gewalt. Trotz erheblicher gesetzgeberischer Maßnahmen stellen häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen in Georgien nach wie vor eine große Herausforderung dar und erfordern eine angemessene Reaktion des Staates. Nach Angaben der georgischen Generalstaatsanwaltschaft wurden im Zeitraum vom 1.1. bis zum 20.9.2017 Ermittlungen zu 22 Fällen von (versuchten) Frauenmord eingeleitet. Im laufenden Jahr 2017 wurden Probleme bei der Bewertung der Risiken von Gewalt gegen Frauen durch die Strafverfolgungsbehörden sowie bei der Überwachung der Einhaltung der erlassenen Unterlassungs- und Schutzmaßnahmen beobachtet. Nach Ansicht der Ombudsperson sind Maßnahmen zur Verhütung von häuslicher Gewalt und Gewalt gegen Frauen nicht wirksam, da es kein angemessenes System zum Schutz, zur Unterstützung und zur Rehabilitation von Gewaltopfern gibt. Infolgedessen bleiben die Strafverfolgung oder Wegweisung von Tätern und Fragen der psychologischen, sozialen und wirtschaftlichen Rehabilitation von Gewaltopfern problembehaftet (PD 5.12.2017).

 

Lokale NGOs und die Regierung betreiben gemeinsam eine 24-Stunden-Hotline und Unterkünfte für misshandelte Frauen und ihre minderjährigen Kinder. Plätze in den Schutzeinrichtungen sind begrenzt und nur vier der zehn Regionen des Landes verfügen über solche Einrichtungen (USDOS 20.4.2018).

 

...

 

Kinder

 

Staatliche repressive Handlungen gegen Kinder gibt es in Georgien nicht. Jedoch ist die staatliche Unterstützung von Kindern - ob bei Bildung oder Sozialhilfe - gering, Kinderarmut wie auch Fehl- oder Unterentwicklung aufgrund von Mangelernährung ein erkennbar großes Problem. Die Mithilfe von Kindern zum Erwerb des Familieneinkommens insbesondere bei ethnischen Minderheiten ist verbreitet und akzeptiert, wodurch es zur Vernachlässigung der Schulpflicht kommt. Dem wird auch kaum von staatlicher Seite entgegen getreten (AA 11.12.2017).

 

...

 

Grundversorgung

 

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gewährleistet. Die Qualität der einheimischen Produkte ist zufriedenstellend. Die staatliche soziale Unterstützung (Einzelpersonen: 60 GEL (ca. 24 EUR monatlich;

Vier-Personen-Haushalt: 200 GEL (ca. 80 EUR) bleibt weit unter dem festgestellten durchschnittlichen Lebensminimum (160 GEL für einen Erwachsenen). Die soziale Absicherung erfolgt in aller Regel durch den Familienverband.

 

...

 

Sozialbeihilfen

 

Das Sozialsystem in Georgien umfasst die folgenden finanziellen Zuschüsse:

 

• Existenzhilfe

 

• Reintegrationshilfe

 

• Pflegehilfe

 

• Familienhilfe

 

• Soziale Sachleistungen

 

• Sozialpakete

 

Menschen unterhalb der Armutsgrenze können zum Beispiel mit einer Unterstützung von 10-60 GEL pro Familienmitglied rechnen. Eine Arbeitslosenunterstützung gibt es nicht. Der Sozialdienst ist für Personen unterhalb der Armutsgrenze verantwortlich. Der staatliche Fond zum Schutz und Unterstützung für Opfer von Menschenhandel hilft Schutzbedürftigen Personen, wie z.B. Opfern häuslicher Gewalt, Personen mit Einschränkungen, Alten und Waisen. Dabei bietet es:

Kinderheime, Pflegeheime für Personen mit Einschränkungen, Unterkünfte für Opfer des Menschenhandels, Krisenzentren, Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt (IOM 2017).

 

Familien, die unter der Armutsgrenze leben, können um Sozialhilfe ansuchen. Dafür muss der Vertreter der Familie zunächst ein Ansuchen für sich und alle übrigen Familienmitglieder stellen, um in das staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien aufgenommen zu werden. Danach besucht ein Vertreter des Sozialamtes die Familie Vorort, wobei in der "Familiendeklaration" der sozio-ökonomische Stand der Familie festgestellt wird. Mittels eines Punktevergabesystems wird die Bedürftigkeit festgestellt. Bis zu einem Wert von 57.000 Punkten besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung wie folgt: 60 GEL für Alleinstehende; ab zwei Personen erhält das älteste Familienmitglied 60 GEL und alle anderen 48 GEL pro Monat. Ausschlussgründe sind insbesondere die Arbeitsaufnahme eines Familienmitgliedes, Gefängnishaft, Militärdienst oder ein Auslandsaufenthalt von mehr als drei Monaten. Die Sozialhilfe kann nicht gleichzeitig mit der staatlichen "Haushaltsunterstützung" oder der monatlichen Zahlung an Flüchtlinge bezogen werden (SSA o.D.a.).

 

...

 

Das Recht auf Karenz- und Pflegeurlaub gewährt 730 Tage, von denen 183 Tage bezahlt sind. Bei Geburtskomplikationen oder der Geburt von Zwillingen werden 200 Tage bezahlt. Das Mutterschaftsgeld, auch im Falle einer Adoption, beträgt maximal 1.000 GEL (SSA o.D.b.).

 

...

 

Medizinische Versorgung:

 

Die Medizinische Versorgung ist für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) kostenlos gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt Tiflis und weiteren städtischen Zentren (Kutaissi, Batumi) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland (AA 11.12.2017).

 

Das staatliche Gesundheitssystem umfasst ambulante und stationäre Behandlung für Begünstigte verschiedener Alters- und Sozialgruppen.

Universal Health Care:

 

• Offen für alle Staatsbürger, sowie Asylsuchende (während des Verfahrens) und Personen mit Flüchtlingsstatus

 

• Stationäre und ambulante Behandlung sind vollständig gedeckt

 

• Behandlung von HIV und TB ist kostenfrei, sowie Insulin für Diabetespatienten

 

• Dialyse ist ebenfalls gewährleistet

 

• Kosten für die Behandlung von Kindern bis zu 5 Jahren ist teilweise gedeckt, abhängig von der Krankheit

 

• Kontakt beim Ministerium für Gesundheit (Ministry of Health) und Einschreiben bei der nächstliegenden Klinik

 

Zugang, besonders für Rückkehrer:

 

Auswahl und Voraussetzungen: Georgische Staatsbürger sind automatisch versichert, hierfür muss lediglich die nächstgelegene

Klinik aufgesucht werden. Registrierung: für georgische Staatsbürger genügt es im Krankheitsfall eine Klinik aufzusuchen, alle medizinischen Einrichtungen sind an der staatlichen Krankenversicherung beteiligt. Die Versicherung übernimmt 70-80% der Kosten, der Rest muss von dem Patienten beigesteuert werden.

Benötigte Dokumente: nur gültiger Ausweis

 

Unterstützung:

 

Übernahme der Kosten bei Behandlungen nicht-stationärer Patienten (100%), Behandlungen spezialisierter Ärzte nach Überweisung durch den Hausarzt (70-100%), einige Notfallbehandlungen (100%), notwendige Operationen (70%), Chemotherapie (80% bis zu Gesamtkosten von 12.000 GEL), Geburten (bis zu 500 GEL), Kaiserschnitte (bis zu 800 GEL)

 

Kosten: Bei Kostenübernahmen von weniger als 100% kommt der Patient für den Rest auf. Für Rentner zahlt der Staat zusätzlich monatlich 100 GEL pro drei Monate (ausgegeben von Bürgerämtern)

 

Verfügbarkeit und Kosten von Medikamenten:

 

Alle Kliniken in Georgien sind privatisiert. Obwohl die Universal Health Care nicht alle Bereiche abdeckt, können georgische Staatsbürger zu jeder Zeit jede Klinik aufsuchen, jedoch müssen die Leistungen dann bezahlt werden. Vorzugsweise sollten Termine vereinbart werden. Bei Notfällen ist eine Behandlung ohne Termin mit Warteschlangen möglich. Patienten können einen Termin vereinbaren, für die Staatliche Versicherung muss der Hausarzt kontaktiert werden, welcher eine Überweisung zu spezialisierten Ärzten verfassen kann. Große Apotheken stellen eine Vielzahl von Medikamenten. Die Verfügbarkeit gewisser Medikamente kann anhand ihrer

Handelsbezeichnung online oder telefonisch überprüft werden: Medical Information Service http://www.mis.ge/ka/FindDrug.jsp?Clear=True

TEL: +995 032 2 252233. Die meisten Medikamente werden nicht vom staatlichen Programm erfasst. Daher müssen die Patienten die Kosten für diese selbst tragen. Für einige Medikamente ist eine Verschreibung nötig. In diesem Fall, sollte zunächst ein zuständiger Arzt aufgesucht werden, um von diesem die Verschreibung zu erhalten (IOM 2017).

 

Anfallende Behandlungskosten, die von Patienten selber getragen werden müssen, können gemäß dem staatlichen Programm zur Abdeckung von Dienstleistungen bei der zuständigen Kommission des Ministeriums, JPÖR, mittels entsprechenden Antrags eingebracht werden und um Kostenersatz ersucht werden. Dazu muss das erforderliche Formular ausgefüllt werden. Als Beilagen müssen neben den gesicherten Personalien des Antragstellers (Kopie des Reisepasses oder Personalausweises) auch die im laufenden Jahr angefallenen Rechnungen und vorhandenen Kalkulationen, bzw. im Falle der Beantragung von Kostenersatz für Medikamente die Originalrechnung, vorgelegt werden. Zusätzlich ist noch der soziale Status des Antragstellers (Pensionisten, sozial bedürftige Personen, Binnenvertriebene, Personen mit eingeschränktem Status) und die entsprechenden Zeugnisse vorzulegen. Die Kommission entscheidet dann (mindestens zweimal im Monat) über eine allfällige Finanzierung der vorgelegten Kosten, wobei hier keine generelle Festlegung über die Höhe der Rückerstattung besteht und diese Entscheidungen individuell, von Fall zu Fall, getroffen werden (VB 31.5.2018).

 

Einwohner der separatistischen Gebiete Abchasien und Südossetien werden in den georgischen Krankenhäusern auf Basis eines von der Regierung finanzierten Programms kostenlos versorgt. Diese wird wegen des vergleichsweise hohen medizinischen Standards auch in Anspruch genommen. Während Einwohner Südossetiens über den Umweg aus Russland nach Georgien einreisen, erlauben die abchasischen Behörden den direkten Übertritt nach Georgien. Während unter der Regierung von Expräsident Saakashvili die Betroffenen zuerst die georgische Staatsbürgerschaft erlangen mussten, war es unter der Nachfolgeregierung des "Georgischen Traums" nur mehr notwendig, einen Wohnsitz in Abchasien oder Südossetien nachzuweisen (JF 9.3.2015).

 

...

 

Behandlungsmöglichkeiten: psychische Krankheiten

 

Das staatliche Programm - Psychische Gesundheit - bezieht sich auf die Erhöhung der geografischen und finanziellen Verfügbarkeit psychiatrischer Dienste für die georgische Bevölkerung:

 

Ambulanter Dienst, der Folgendes beinhaltet u.a.:

 

• Versorgung der Patienten, die an den Hausarzt/Distriktarzt weitergeleitet werden, primärer Besuch in der psychiatrischen Apotheke, und wenn der Patient nicht in die psychiatrische Einrichtung kommen kann, Hausbesuch eines Psychiaters oder eines anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie beim Patienten, Erfüllung der ambulanten Überwachung des Patienten

 

• Versorgung der registrierten Patienten, die an die psychiatrische stationäre Einrichtung weitergeleitet werden, unter Berücksichtigung der vom Programm vorgesehenen Nosologien [Krankheitsbilder], Besuche bei einem Psychiater oder bei Bedarf bei anderen Spezialisten auf dem Gebiet der Psychiatrie; nach Überweisung die Versorgung mit Medikamenten; bei Bedarf Besuche der Fachärzte für Psychiatrie zu Hause und Konsultationen mit anderen Fachärzten (Therapeuten und Neurologen)

 

• Psychosoziale Rehabilitation

 

• Die Versorgung von minderjähriger Patienten (unter 18), welche unter Veränderungen des psychischen Zustandes und Verhaltens, Verschlechterung der sozialen Funktionsfähigkeit und Disadaptation leiden

 

• Kurzfristiger stationärer Dienst, insbesondere für Patienten ab 15 Jahren zur Eindämmung stationärer akuter psychotischer Symptome

 

• Langfristiger stationärer Dienst, falls erforderlich, oder Behandlung derjenigen Patienten, denen bei schwerwiegenden Störungen des psychosozialen Verhaltens keine Hilfe aus der stationären Abteilung zur Verfügung steht

 

• Behandlung derjenigen Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in einer stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe, der durch den Artikel 191. des Strafgesetzbuches von Georgien festgelegt ist, bezieht

 

• Zusätzliche Hilfe: Gewährleistung des Schutzes und der Sicherheit der Patienten, auf die sich der Gerichtsbeschluss über die Unterbringung einer Person in der stationären Abteilung für unfreiwillige psychiatrische Hilfe laut Artikel 191 des StGB bezieht

 

• Versorgung der Patienten mit Lebensmitteln und persönlichen Hygieneartikeln, die den stationären Dienst in Anspruch nehmen

 

• Rehabilitationsdienst während der stationären Langzeitbehandlung nach den Standards der psychosozialen Rehabilitation

 

• Psychiatrischer stationärer Dienst für Kinder, einschließlich jener unter 15 Jahren mit psychotischen Registerstörungen

 

• Dringende medizinische Versorgung für Patienten, einschließlich Notarztdienst für jene, die sich in der psychiatrischen stationären Abteilung befinden

 

• Stationäre Behandlung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden

 

• Die psychiatrische Krisenintervention bei Erwachsenen (ab 18 Jahren) berücksichtigt den Dienst für Menschen mit psychischen Störungen und Verhaltensstörungen im administrativ-territorialen Bereich von Tiflis

 

• Psychiatrische Krisenintervention in Form von Krisentagesbetten als ambulante Betreuung

 

• Erfüllung der Krisenintervention durch die mobile Gruppe für häusliche Pflege am Wohnort des Patienten und, falls erforderlich, dessen Überweisung ins Krisenzentrum oder eine andere psychosoziale/psychiatrische Einrichtung

 

Die Begünstigten des staatlichen Programms - Psychische Gesundheit - sind: Bürger Georgiens, die den ambulanten und stationären Teil des Programms nutzen; sowohl Bürger Georgiens als auch andere Personen bei denen es zu einem Zwangsaufenthalt kommt, sowie Häftlinge in den Strafvollzugsanstalten ungeachtet des Besitzes eines amtlichen Identitätsdokumentes. Die Leistungen des Programms werden vollständig vom Staat finanziert, mit Ausnahme der stationären Betreuung von psychischen Störungen und Verhaltensstörungen, die durch psychoaktive Substanzen verursacht werden. Die Leistungen im letzteren Fall werden vom Staat zu 70% der tatsächlichen Kosten im Rahmen der im Programm genannten Fälle erstattet (SSA o.D.e).

 

...

 

Rückkehr

 

RückkehrerInnen, die Unterstützung benötigen, sind bislang vor allem auf Familie und Freunde angewiesen. Internationale Organisationen - wie IOM, ICMPD -bieten ebenfalls Unterstützung an. Ein Mobilitätszentrum, eingerichtet beim Ministerium für Flüchtlinge, wurde vom Projekt "Targeted Initiative Georgia" (finanziert aus einem Konsortium von EU- Mitgliedstaaten u.a. GER) gegründet und seit 2014 von der IOM (finanziert aus EU-Mitteln) fortgeführt. Hier wird Beratung und auch finanzielle Hilfe zur Reintegration in den Arbeitsmarkt (auch Hilfe zur Selbständigkeit) zur Verfügung gestellt, bei Bedarf auch Erst- bzw. Zwischenunterkunft. 2014 hat das Flüchtlingsministerium erstmals eigene Mittel zur Betreuung und Reintegration von Rückkehrern (durch sieben zivilgesellschaftliche Organisationen) zur Verfügung gestellt (s.o.). Staatliche Repressalien von Rückkehrern sind nicht bekannt. Auch die Tatsache einer Asylantragstellung im Ausland ist nach Rückkehr nach Georgien unerheblich. Georgien hat Rückübernahme-Abkommen mit der EU und weiteren europäischen Ländern (z.B. Ukraine, Schweiz, Norwegen) geschlossen (AA 11.12.2017).

 

Um die Reintegration der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, wurden 650.000 Lari (ca. 216.460 Euro) aus dem Staatshaushalt 2018 bereitgestellt, die an förderungswürdige NGOs verteilt werden:

 

• Öffentliche Fürsprache" - Tiflis, Kvemo Kartli, Mtskheta-Mtianeti

 

• Samtskhe-Javakheti Regionalverband "Toleranti" - Samtskhe-Javakheti, Shida Kartli

 

• Stiftung "AbkhazInterncont"(AIC) - Samegrelo-Zemo Svaneti

 

• Vereinigung junger Wissenschaftler "Intellekt" - Adjara, Guria

 

• Fonds "AbkhazInterncont"(AIC) - Racha-Lechkhumi, Kvemo Svaneti

 

• Kakheti Regional Development Foundation (KRDF) - Kakheti

 

Um den Wiedereingliederungsprozess der zurückgekehrten georgischen Migranten zu unterstützen, werden die NGOs die folgenden Dienstleistungen für die Begünstigten erbringen - gültig für das gesamte Staatsgebiet:

 

• Bereitstellung von medizinischer Behandlung und Medikamenten

 

• Finanzierung einkommensschaffender Projekte

 

• Unterstützung der beruflichen Weiterbildung/Umschulung und Qualifizierung der Begünstigten

 

• Bereitstellung von temporären Unterkünften (SCMI 9.3.2018).

 

Am staatlichen Programm sind jene teilnahmeberechtigt, die georgische Bürger oder staatenlos sind und über eine Aufenthaltsbewilligung verfügen; sich mehr als ein Jahr illegal im Ausland aufgehalten haben oder im Ausland um Asyl angesucht haben, und seit weniger als einem Jahr in Georgien sind (MRA o.D.).

 

..."

 

1.3. Zum behaupteten Vorbringen neuer Fluchtgründe

 

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF1 in den gegenständlichen Folgeanträgen neue verfahrensrelevante Fluchtgründe für sich und/oder die BF2-BF3 vorgebracht hat.

 

Ebenso wenig konnte festgestellt werden, dass relevante Rückkehrhindernisse bestehen würden.

 

2. Beweiswürdigung

 

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, den Akt des BVwG, die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters, des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und des Grundversorgungsdatensystems.

 

Aufgrund der vorliegenden, unbedenklichen und von den Verfahrensparteien nicht beanstandeten Aktenlage ist das Bundesverwaltungsgericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

 

2.1. Zum Verfahrensgang

 

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich zweifelsfrei aus dem Akteninhalt.

 

2.2. Zur Person der BF1-BF3:

 

Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Herkunft der BF1-BF3 ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der BF1, an denen auf Grund ihrer Sprachkenntnisse, der örtlichen Kenntnisse und Gegebenheiten auch nicht zu zweifeln war und wurden bereits im ersten Asylverfahren rechtskräftig getroffen.

 

Die Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu den familiären und privaten Verhältnissen der BF1-BF3 sowie zu ihrem Aufenthalt in Österreich und ihrer Antragstellung in Österreich gründen sich auf die in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben der BF1 im Asylverfahren und ist aus der Aktenlage ersichtlich. Dass die BF1 in ihrem Herkunftsland über einen Verwandtenkreis verfügt, ergibt sich aus ihrem Vorbringen, gibt sie doch selbst an, Tanten und Onkeln in Georgien zu haben (AS 21, 61), wusste von Übergriffen auf ihre Verwandten zu berichten (AS 55, 63, 161) und legte Fotos von ihrem Vater mit einem Neffen vor (AS 155), ebenso dass sie - zumindest fallweise - Kontakt zu ihrer Mutter und selten auch zu ihrer Schwester hat (AS 159, 265, 303).

 

Dass die BF1 strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus der Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich. Dass die BF1 für sich und ihre beiden Kinder Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber erhält, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung.

 

Der gemeinsame Wohnsitz mit ihren beiden Kindern (BF2-BF3) ergibt sich aus der Einsicht in das zentrale Melderegister.

 

Der Gesundheitszustand der BF1 ergibt sich aus den im Akt befindlichen medizinischen Unterlagen. Die von der BF1 vorgebrachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen werden so weit als erwiesen angenommen, als sie von der BF1 bescheinigt wurden, etwa durch die Vorlage ärztlicher Atteste. Es wird darauf hingewiesen, dass gerade in diesem Punkt eine erhöhte Mitwirkungspflicht durch die Beschwerdeführerin besteht (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601), weshalb sich das erkennende Gericht nicht veranlasst sieht, diesbezüglich weitere Ermittlungen zu tätigen.

 

Hinsichtlich der psychischen Erkrankung der BF1 liegen mehrere ärztliche Bestätigungen bzw. mehrere ärztliche Bestätigungen bzw. Gutachten vor. So wurde bei der BF1 - nach Erhalt der zweiten negativen Asylentscheidung - zunächst am 23.08.2017 eine XXXX (AS 177 zum zweiten Asylantrag [AA]) und am 29.08.2017 ebenfalls eine XXXX (AS 225 zum 2. AA). Sie befand sich seit Anfang Mai 2016 in psychotherapeutischer Behandlung (AS 237 zum 2. AA) und wegen XXXX von 22.08.2017 bis 12.09.2017 in stationärer Behandlung (AS 235 zum 2. AA). Vom BFA wurde die Erstellung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens in Auftrag gegeben. In diesem kommt der begutachtende Arzt unter Einbeziehung der Vorbefunde nach erfolgter Untersuchung zum Schluss, dass die BF1 an einer XXXX leide, wobei die XXXX im Zusammenhang mit der psychosozialen Situation und den gegenwärtigen Lebensumständen stehe, da die BF1 den Wunsch habe, in Österreich bleiben zu dürfen. Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit sei nicht auszugehen und im Falle einer Überstellung der Betroffenen nach Georgien sei eine kurz- bis mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, es bestehe aber nicht die reale Gefahr, dass die BF1 in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten würde (AS 259ff zum 2. AA).

 

Das seitens des BFA eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist ausführlich begründet, schlüssig und nachvollziehbar. Die vorliegenden psychischen Beeinträchtigungen wurden vom Sachverständigen unter Berücksichtigung der im Akt einliegenden Befunde erhoben und schlüssig erläutert.

 

Die BF1 ist diesen Ausführungen auch nicht substantiiert entgegengetreten.

 

Soweit die BF1 in ihrer Beschwerde unzureichende Behandlungsmöglichkeiten psychischer Erkrankungen in Georgien vorbringt und dass der ihr fehlende (effektive) Zugang zu adäquater medizinischer Behandlung in Georgien bei ihr zu einer gravierenden und irreversiblen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen würde (AS 575 zum 2. AA), ist auszuführen, dass diese - unbelegte - Behauptungen im Widerspruch sowohl zu den Länderfeststellungen, wonach eine medizinische Grundversorgung gewährleistet ist, als auch zu den Ausführungen im medizinischen Gutachten, wonach eine Verschlechterung des Krankheitsbildes im Sinne eines lebensbedrohlichen Zustandes nicht zu erwarten sei. Die BF1 ist den fundierten Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten noch hat sie Beweise vorgelegt, welche die Annahme zulassen würden, dass die Schlussfolgerungen des Sachverständigen unzutreffend seien. Das Beschwerdevorbringen ist daher nicht geeignet gewesen, das vom BFA eingeholte Sachverständigengutachten zu entkräften, weshalb es der Entscheidung in freier Beweiswürdigung zu Grunde gelegt wird.

 

Soweit die BF1 zur Untermauerung ihres Vorbringens auf ein Urteil des VG München und die darin enthaltenen Ausführungen zu den unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten psychischer Erkrankungen in Georgien verweist ist auszuführen, dass die darin zitierten Berichte aus den Jahren 2011 und 2008 nicht von vornherein geeignet sind, die wesentlich aktuelleren Feststellungen des BFA zum Herkunftsstaat in Zweifel zu ziehen (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. VwGH 11.11.2008, 2007/19/0279 mit Verweis auf VwGH 04.04.2001, 2000/01/0348). Insbesondere wird durch diese Berichte bzw. in der Beschwerde nicht substantiiert dargetan, inwieweit sich daraus eine asylrelevante Verfolgung oder die Gewährung von subsidiärem Schutz konkret für die BF1 ergeben soll, zumal bei ihr ein dauernder Behandlungsbedarf auch gar nicht festgestellt worden ist.

 

Hinzu kommt, dass nach den herangezogenen Feststellungen und Länderinformationen in Georgien die medizinische Grundversorgung gewährleistet ist und insbesondere auch psychische Probleme und Erkrankungen - wie bei der BF1 vorliegend - adäquat behandelbar sind.

 

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

 

Die vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihm in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beobachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

 

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

 

Die Beschwerdeführer sind auch in ihrer Beschwerde den in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, nicht substantiiert entgegengetreten.

 

Es wurden somit im gesamten Verfahren keine stichhaltigen Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

 

2.4. Zum behaupteten Vorbringen neuer Fluchtgründe

 

Aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes stützen sich die BF1-BF3 in ihren neuerlichen Anträgen im Grunde auf einen behaupteten Sachverhalt - Verfolgung der BF1 im Zusammenhang mit der Tötung eines jungen Mannes durch ihren Vater im Jahr 2012 - über den bereits einmal rechtskräftig abgesprochen wurde. Um Wiederholungen zu vermeiden wird diesbezüglich auf Pkt. 3.3.4. dieses Erkenntnisses verwiesen.

 

Zwar erweiterte die BF1 dieses Vorbringen um eine aktuelle Komponente, indem sie angab, dass ihre Verfolger das Familienhaus hätten anzünden wollen. Wie aber das BFA zu Recht ausführte, ist aus den vorgelegten Fotos weder ein Brand erkennbar, noch dass es sich dabei um das Familienhaus der BF1 handle. Auch ein Zusammenhang mit den Tätern bzw. der Tötung des jungen Mannes im Jahr 2012 lässt sich daraus nicht ableiten. Hinzu kommt, dass die BF1 einen Brandanschlag auf das Haus der Familie bereits im Erstverfahren (AS 285: "...In dem angegebenen Haus lebt schon seit längerer Zeit niemand und es ist mittlerweilen einem Brandanschlag zum Opfer gefallen") vorbrachte und demzufolge das Haus gar nicht mehr hätte bestehen dürfen. Dieser "neu" vorgebrachte Grund weist somit keinerlei glaubhaften Kern auf.

 

3. rechtliche Beurteilung

 

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht

 

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.

 

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Gemäß § 34 AsylG ist in den gegenständlichen Fällen von einem Familienverfahren auszugehen.

 

3.2. Republik Georgien - sicherer Herkunftsstaat:

 

Gem. § 19 Abs. 5 BFA-VG kann die Bundesregierung bestimmte Staaten durch Verordnung als sicher Herkunftsstaaten definieren.

 

Gemäß § 1 Z 12 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV), BGBl. II Nr. 177/2009 idgF, gilt die Republik Georgien als sicherer Herkunftsstaat.

 

Gem. Art. 37 der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zum gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes können die Mitgliedstaaten zum Zwecke der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz Rechts- und Verwaltungsvorschriften beinhalten oder erlassen, die im Einklang mit Anhang I zur VO sichere Herkunftsstaaten bestimmen können. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat bestimmt werden kann, werden verscheide Informationsquellen, insbesondere Inforationen andere Mitgliedstaaten, des EASO, des UNHCR, des Europarates und andere einschlägiger internationaler Organisationen herangezogen.

 

Gem. dem oben genannten Anhang I gilt ein Staat als sicherer Herkunftsstaat, wenn sich anhand der dortigen Rechtslage, der Anwendung der Rechtsvorschriften in einem demokratischen System und der allgemeinen politischen Lage nachweisen lässt, dass dort generell und durchgängig weder eine Verfolgung im Sinne des Artikels 9 der Richtlinie 2011/95/EU noch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe noch Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts zu befürchten sind.

 

Bei der entsprechenden Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, inwieweit Schutz vor Verfolgung und Misshandlung geboten wird durch

 

a) die einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Staates und die Art und Weise ihrer Anwendung;

 

b) die Wahrung der Rechte und Freiheiten nach der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und/oder dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und/oder dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention keine Abweichung zulässig ist;

 

c) die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung nach der Genfer Flüchtlingskonvention;

 

d) das Bestehen einer Regelung, die einen wirksamen Rechtsbehelf bei Verletzung dieser Rechte und Freiheiten gewährleistet.

 

Artikel 9 der Richtlinie 2011/95/EU definiert Verfolgung wie folgt:

 

"1) Um als Verfolgung im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention zu gelten, muss eine Handlung

 

a) aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sein, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellt, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist, oder

 

b) in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter Buchstabe a beschriebenen Weise betroffen ist.

 

(2) Als Verfolgung im Sinne von Absatz 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

 

a) Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,

 

b) gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,

 

c) unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,

 

d) Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,

 

e) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 fallen, und

 

f) Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

 

(3) Gemäß Artikel 2 Buchstabe d muss eine Verknüpfung zwischen den in Artikel 10 genannten Gründen und den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen bestehen."

 

Aus dem allgemein anerkannten Grundsatz der richtlinienkonformen Umsetzung und Interpretation innerstaatlicher Rechtsnormen, welche der höchstgerichtlichen Judikatur folgend geboten erscheint, wonach wann immer nationale Behörden oder Gerichte Recht anwenden, das Richtlinien umsetzt, diese gemäß der richtlinienkonformen Interpretation dazu verhalten sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) ergibt sich, dass davon ausgegangen werden kann, dass sich der innerstaatliche Gesetzgeber und in weiterer Folge die Bundesregierung als zur Erlassung einer entsprechenden Verordnung berufenes Organ sich bei der Beurteilung, ob ein Staat als sicherer Herkunftsstaat zu gelten hat, von den oa. Erwägungen leiten lässt bzw. ließ. Hinweise, dass die Republik Österreich entsprechende Normen, wie etwa hier die Herkunftssaaten-Verordnung in ihr innerstaatliches Recht europarechtswidrig umsetzt bestehen nicht, zumal in diesem Punkt kein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anhängig ist bzw. eingeleitet wurde (vgl. Art. 258 f AEUV).

 

Der VfGH (Erk. vom 15.10.20014 G237/03 ua. [dieses bezieht sich zwar auf eine Vorgängerbestimmung des § 19 BFA-VG, ist aber nach Ansicht des ho. Gerichts nach wie vor anwendbar]) stellt ein Bezug auf die innerstaatliche Rechtslage ua. fest, dass der Regelung des AsylG durch die Einführung einer Liste von sicheren Herkunftsstaaten kein Bestreben des Staates zu Grunde liegt, bestimmte Gruppen von Fremden kollektiv außer Landes zu schaffen. Es sind Einzelverfahren zu führen, in denen auch über die Sicherheit des Herkunftslandes und ein allfälliges Refoulement-Verbot endgültig zu entscheiden ist. Dem Gesetz liegt - anders als der Vorgangsweise im Fall Conka gegen Belgien (EGMR 05.02.2002, 51564/1999) - keine diskriminierende Absicht zu Grunde. Die Liste soll bloß der Vereinfachung des Verfahrens in dem Sinne dienen, dass der Gesetzgeber selbst zunächst eine Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall vornimmt. Sicherheit im Herkunftsstaat bedeutet, dass der Staat in seiner Rechtsordnung und Rechtspraxis alle in seinem Hoheitsgebiet lebenden Menschen vor einem dem Art 3 EMRK und der Genfer Flüchtlingskonvention widersprechenden Verhalten seiner Behörden ebenso schützt wie gegen die Auslieferung an einen "unsicheren" Staat. Das Schutzniveau muss jenem der Mitgliedstaaten der EU entsprechen, was auch dadurch unterstrichen wird, dass die anderen sicheren Herkunftsstaaten in § 6 Abs. 2 AsylG [Anm. a. F., nunmehr § 19 Abs. 1 und 2 BFA-VG] in einem Zug mit den Mitgliedstaaten der EU genannt werden.

 

Die Einführung einer Liste sicherer Herkunftsstaaten führte zu keiner Umkehr der Beweislast zu Ungunsten eines Antragstellers, sondern ist von einer normativen Vergewisserung der Sicherheit auszugehen, soweit seitens des Antragstellers kein gegenteiliges Vorbringen substantiiert erstattet wird. Wird ein solches Vorbringen erstattet, hat die Behörde bzw. das ho. Gerichte entsprechende einzelfallspezifische amtswegige Ermittlungen durchzuführen.

 

Aus dem Umstand, dass sich der innerstaatliche Normengeber im Rahmen einer richtlinienkonformen Vorgangsweise und unter Einbeziehung der allgemeinen Berichtslage zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführer ein umfassendes Bild über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Georgien verschaffte, ist ableitbar, dass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, bzw. die Vorlage von allgemeinen Berichten grundsätzlich nicht geeignet ist, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher geeignet ist von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichen (das ho. Gericht geht davon aus, dass aufgrund der in diesem Punkt vergleichbaren Interessenslage die Ausführungen des VwGH in seinem Erk. vom 17.02.1998, Zl. 96/18/0379 bzw. des EGMR, Urteil Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77 sinngemäß anzuwenden sind, zumal sich die genannten Gerichte in diesen Entscheidungen auch mit der Frage, wie allgemeine Berichte im Lichte einer bereits erfolgten normativen Vergewisserung der Sicherheit [dort von sog. "Dublinstaaten"] zu werten sind).

 

Auf den konkreten Einzelfall umgelegt bedeutet dies, dass im Rahmen einer verfassungs- und richtlinienkonformen Interpretation der hier anzuwendenden Bestimmungen davon ausgegangen werden kann, dass sich die Bundesregierung im Rahmen einer normativen Vergewisserung in umfassendes Bild von der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Republik Georgien unter Einbeziehung der erörterten Quellen verschaffte und zum Schluss kam, dass die Republik Georgien die unter Anhang I der RL 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes und den im Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua. genannten Kriterien erfüllt.

 

Aufgrund dieser normativen Vergewisserung besteht für die belangte Behörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht die Obliegenheit zur amtswegigen Ermittlung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage nur insoweit, als seitens der Beschwerdeführer ein konkretes Vorbringen erstattet wird, welches im konkreten Einzelfall gegen die Sicherheit Georgiens spricht und der belangten Behörde bzw. dem im Lichte der bereits genannten Kriterien die Obliegenheit auferlegt, ein entsprechendes amtswegiges Ermittlungsverfahren durchzuführen.

 

Das Vorbringen der Beschwerdeführer war nicht geeignet, einen Sachverhalt zu bescheinigen, welcher die Annahme zuließe, dass ein von der Vorbeurteilung der Sicherheit für den Regelfall abweichender Sachverhalt vorliegt. Die Behörde bzw. das Gericht waren in diesem Zusammenhang auch nicht verpflichtet, Asylgründen nachzugehen, die der Antragsteller gar nicht behauptet hat (Erk. des VfGH vom 15.10.2014 G237/03 ua mit zahlreichen wN) und liegt auch kein notorisch bekannter Sachverhalt vor, welcher noch zu berücksichtigen wäre.

 

Es steht außer Zweifel, dass das entscheidende Gericht gehörig kundgemachte Gesetze und Verordnungen anzuwenden hat, weshalb das Bundesverwaltungsgericht § 19 AsylG, sowie die Herkunftsstaaten-Verordnung selbstredend anzuwenden hat. Sollten die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, dass die Republik Georgien in die Herkunftssaatenverordnung aufgenommen wurde, ohne die bereits beschriebenen Kriterien zu erfüllen, steht es ihm frei, den Weg zum Verfassungsgerichtshof bzw. zu europäischen Instanzen zu beschreiten.

 

Zu A)

 

3.3. Zum Antrag auf internationalen Schutz - entschiedene Sache gemäß § 68 AVG

 

3.3.1. Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet.

 

Entschiedene Sache liegt immer dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert haben. Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl. z.B. VwGH 27.09.2000, 98/12/0057). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN).

 

Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen. Die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235; 15.10.1999, 96/21/0097). Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss (VwGH 25.04.2002, 2000/07/0235). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (vgl. VwGH 09.09.1999, 97/21/0913). Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich anhand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind. In der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden (VwGH 04.04.2001, 98/09/0041). Dies bezieht sich auf Sachverhaltsänderungen, welche in der Sphäre des Antragstellers gelegen sind. Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

 

"Sache" des Rechtsmittelverfahrens ist nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Die Rechtsmittelbehörde darf demnach nur darüber entscheiden, ob die Vorinstanz den Antrag zu Recht zurückgewiesen hat oder nicht. Sie hat daher entweder - falls entschiedene Sache vorliegt - das Rechtsmittel abzuweisen oder - falls dies nicht zutrifft - den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben, dies mit der Konsequenz, dass die erstinstanzliche Behörde, gebunden an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde, den Antrag nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden (vgl. VwGH 30.5.1995, 93/08/0207).

 

3.3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 19.01.2010, Zl. 2009/05/0097, festgehalten:

 

"Fällt die Behörde erster Instanz eine Sachentscheidung, obwohl das Parteianbringen wegen entschiedener Sache zurückzuweisen gewesen wäre, hat die belangte Behörde die Berufung gegen den betreffenden Bescheid mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides auf "Zurückweisung wegen entschiedener Sache" zu lauten habe (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 92/05/0063)." Zwar hat die belangte Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid eine Sachentscheidung getroffen, doch liegt dieser meritorischen Entscheidung auch die Prüfung aller Prozessvoraussetzungen zugrunde, somit auch die Frage, ob eine entschiedene Sache vorliegt (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze Band I, 2.Auflage, § 66 E 119).

 

3.3.3. Die ersten Anträge auf internationalen Schutz vom 14.07.2015 (BF1) bzw. 03.02.2016 (BF2-BF3) wurden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtshofes vom 13.07.2017, GZ: XXXX gemäß §§ 3 Abs 1, 8 Abs 1, 57 und 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie §§ 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9, 46 und 55 FPG abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen mit 25.07.2017 in Rechtskraft.

 

Mit den nunmehr bekämpften Bescheiden des BFA vom 12.07.2018 wurden die zweiten Anträge auf internationalen Schutz der BF1-BF3 vom 10.08.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen, ihnen wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Georgien wurde für zulässig erklärt und über die BF1 wurde ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot verhängt.

 

Maßstab für die Frage der Erfüllung des Tatbestands der "entschiedenen Sache" ist somit der im ersten - mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.07.2017 rechtskräftig abgeschlossenen - Verfahrensgang behauptete Sachverhalt, welcher in Relation zum im nunmehrigen erstinstanzlichen Verfahrensgang hervorgekommenen Sachverhalt zu setzen ist.

 

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass für die BF2-BF3 weder im ersten noch im gegenständlichen Asylverfahren eigene Fluchtgründe vorgebracht wurden.

 

3.3.4. Im Rahmen des ersten Verfahrensganges zu ihren Ausreisegründen befragt gab die BF1 im Wesentlichen an, dass sie aufgrund eines Vorfalls im Jahr 2012, bei dem ihr Vater einen jungen Mann getötet habe, Opfer von Blutrache geworden sei; sie sei vergewaltigt worden und es seien aus dieser Vergewaltigung ihre beiden Kinder, die BF2-BF3 hervorgegangen. Sie habe ihrer Familie die Schwangerschaft und die Geburt der Kinder verschwiegen und würde wegen der Kinder auch nicht von ihnen aufgenommen werden. Dieses Vorbringen der BF1 wurde bereits im ersten Asylverfahren rechtskräftig durch das BVwG als nicht glaubhaft bewertet.

 

Im Rahmen der Erstbefragung und Einvernahme im gegenständlichen Verfahren brachte die BF1 vor, dass sie nicht nach Georgien zurückkehren könne, da die Familie nichts von den unehelichen Kindern wisse und sie und ihre Kinder ausgestoßen und/oder umgebracht werden würden. Auch die Verfolgung/Blutrache sei noch aufrecht, da die Verfolger (neuerlich) versucht hätten, das Familienhaus anzuzünden.

 

Damit brachte die BF1 aber keine allfälligen Änderungen in ihrer nunmehrigen Antragsbegründung vor, zumal sie sich schon im ersten Verfahrensgang hinsichtlich ihrer Antragsgründe auf die Behauptung gestützt hat, sie sei im Zuge einer Blutrache vergewaltigt worden und könne wegen ihrer Kinder auch nicht zu ihrer Familie zurück. Diesem Vorbringen wurde im abschließenden Erkenntnis des BVwG jedoch die Glaubhaftigkeit abgesprochen und das Schutzbegehren der BF1 auch deshalb abgewiesen.

 

Aus der Sicht des BVwG stützten sich die BF1-BF3 sohin in ihren neuerlichen Anträgen im Grunde auf einen behaupteten Sachverhalt, über den bereits einmal rechtskräftig abgesprochen wurde.

 

Soweit die BF1 darüber hinaus (neu) vorbrachte, dass ihre Verfolger im August 2017 neuerlich versucht hätten, das Familienhaus anzuzünden und sie dazu auch Fotos in Vorlage brachte, ist auf die beweiswürdigenden Ausführungen zu verweisen, wonach diesem Vorbringen kein glaubhafter Kern zuzumessen war. Da die BF1 auch bereits im Vorverfahren, über das bereits rechtskräftig abgesprochen wurde, eine Brandattacke auf das Familienhaus vorgebracht hatte, war dieses Vorbringen nicht als neuer Sachverhalt zu qualifizieren.

 

Eine behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Da sich aber der nunmehr im zweiten Verfahrensgang vorgebrachte Sachverhalt lediglich auf Vorkommnisse vor der Ausreise bzw. auf das Vorbringen bis zur Rechtskraft der ersten abweisenden Entscheidung bezog bzw. dem neuen Vorbringen kein glaubhafter Kern zugrunde lag, war keine relevante Sachverhaltsänderung festzustellen, die nicht schon von der Rechtskraftwirkung der ersten abweisenden Entscheidung zur Frage einer allfälligen Asylgewährung umfasst war.

 

In Ermangelung eines glaubhaften Kerns des neuen Vorbringens und angesichts der weitreichenden Identität des Vorbringens waren die BF1-BF3 im Ergebnis hinsichtlich der Frage der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten somit auf die rechtskräftigen Entscheidungen des BFA im ersten Verfahrensgang zu verweisen und lag im gegenständlichen Verfahren res iudicata vor.

 

3.3.5. Insoweit das Vorbringen der BF 1-4 unter dem Blickwinkel des Refoulementschutzes (§ 8 AsylG) zu betrachten ist, ist auszuführen, dass bereits im Erstverfahren festgehalten wurde, dass sich aus dem Vorbringen der BF1-BF3 kein "reales Risiko" ergeben habe, dass es durch die Rückführung der BF1-BF3 in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde. Ebenso wenig kam im Verfahren hervor, dass konkret für die BF1-BF3 im Falle einer Rückverbringung in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr bestünde, als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt zu sein und darf in diesem Konnex nochmals darauf hingewiesen werden, dass weder im Erstverfahren, noch im nunmehrigen (Zweit‑)Verfahren Umstände hervorgekommen sind, welche die Erlassung einer Entscheidung nach § 68 AVG ausschließen würden.

 

Aufgrund dessen, dass auch im zweiten Asylverfahren kein glaubwürdiges konkretes Vorbringen im Hinblick auf eine Bedrohung im Sinne des § 8 AsylG 2005 erbracht wurde, ist demnach wiederum nur die allgemeine Situation in Georgien zu betrachten. Von Amts wegen sind seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens keine Änderungen der allgemeinen Situation in Georgien notorisch, welche die Annahme einer allgemeinen extremen Gefährdungslage gerechtfertigt erscheinen lassen würden.

 

Es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass die Antragsteller im Falle ihrer Rückkehr Gefahr liefen, in Georgien einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

 

Die BF1-BF3 haben auch nicht vorgebracht, dass sie an einer Erkrankung leiden würden, welche ein Abschiebehindernis nach Georgien darstellen würde. Die von BF1 vorgebrachten und belegten psychischen Einschränkungen stellen angesichts der Verfügbarkeit aller gängigen Medikamente in Georgien und der dortigen Behandelbarkeit der vorliegenden psychischen Erkrankungen kein Abschiebehindernis dar und ist - wie bereits im Erstasylverfahren rechtskräftig festgestellt und mangels gegenteiliger Hinweise - die Pflege und Obsorge der minderjährigen BF2-BF3 durch die BF1 gesichert.

 

Entsprechend den Länderfeststellungen, kann auch nicht festgestellt werden, dass sich jede Person, welche sich dort aufhält schon alleine aufgrund des Faktums der dortigen physischen Präsenz in einer ernsthaften Bedrohungssituation des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson befindet. Hierfür ist angesichts der derzeitigen Lage vor Ort keine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit gegeben.

 

3.3.6. Da sohin auch keine Anhaltspunkte für eine Änderung des Sachverhalts im Hinblick auf allgemein bekannte Tatsachen vorliegen, zumal sich die allgemeine Situation in Georgien in der Zeit, bis die nunmehr angefochtenen Bescheide erlassen wurden bzw. bis zum gegenständlichen Entscheidungszeitpunkt, und sich auch die Rechtslage in der Zwischenzeit nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ist im Ergebnis davon auszugehen, dass der Behandlung der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz der BF1-BF3 das Prozesshindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache entgegensteht.

 

Es war somit hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. spruchgemäß zu entscheiden.

 

3.4. Zu Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides - Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels

 

3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß

 

§ 46a Abs. 1 Z 1 oder Z3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Die BF1-BF3 befinden sich seit Juli 2015 (BF1) bzw. seit ihrer Geburt am XXXX2016 (BF2-BF3) durchgehend im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt nicht in obigem Sinne geduldet ist. Sie sind nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.

 

Die BF1-BF3 sind als Staatsangehörige von Georgien keine begünstigten Drittstaatsangehörigen und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

 

3.5. Zu Spruchpunkt IV.-VI. des angefochtenen Bescheides - Frage der Erlassung der Rückkehrentscheidung, der Abschiebung und der Frist für die Ausreise

 

3.5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

 

Gem § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Gem § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Abs 1).

 

Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird (Abs 1a). [...]

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

3.5.2. Eingriff in das Privat- und Familienleben

 

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

 

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

 

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Crus Varas).

 

Da die BF1-BF3 gleichermaßen von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, liegt insoweit kein Eingriff in das schützenswerte Familienleben vor (VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221 mwN). Zu einem in Österreich lebenden Onkel hat die Kernfamilie keinen näheren Kontakt.

 

Hinsichtlich eines möglichen Eingriffs in das Privatleben ist auszuführen, dass die BF1 seit rund drei Jahren und die BF2-BF3 seit ihrer Geburt, somit seit etwa zweieinhalb Jahren, in Österreich aufhältig sind. Diese Aufenthaltsdauer wird jedoch schon dadurch relativiert, dass der Aufenthalt bloß aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber rechtmäßig war. Dies musste der BF1 - auch als gesetzliche Vertreterin der BF2-BF3 - bewusst gewesen sein.

 

Ein drei Jahre dauernder Aufenthalt in Österreich stellt zwar keine sehr geringe Dauer dar, führt aber per se nicht dazu, dass die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären wäre. Ferner wird die Relevanz der Aufenthaltsdauer erheblich gemindert, zumal die BF1-BF3 lediglich aufgrund eines Folgeantrages zum vorläufigen Aufenthalt in Österreich berechtigt waren und sich die BF1 ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein musste. Die gegenständlichen Asylverfahren in Österreich, welche Grundlage für den nunmehrigen Aufenthalt der BF1-BF3 gewesen waren, können den BF1-BF3 angelastet werden, zumal es sich um Folgeantragsstellungen handelte. In Anbetracht des Umstandes, dass alle Anträge auf internationalen Schutz unbegründet waren, sie versuchten, diese mit einem nicht glaubhaften Sachverhalt zu begründen und sich die BF1-BF3 trotz aufrechter Rückkehrentscheidung im Bundesgebiet aufgehalten haben, sind gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für die Zulässigkeit eines Eingriffs in das Privatleben sprechen.

 

Die BF1 reiste im Juli 2015 in das Bundesgebiet ein und stellte am 16.07.2015 (BF1) und 03.02.2016 (BF2-BF3) die ersten Asylanträge. Am 27.11.2016 ergingen im Erstverfahren der BF1-BF3 die ersten - abweisenden - Bescheide des BFA, weshalb die BF1-BF3 gemäß der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nach der erstinstanzlichen Abweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz bereits zu diesem Zeitpunkt ihren zukünftigen Aufenthalt nicht mehr als gesichert betrachten und nicht mehr darauf vertrauen durften, in Zukunft in Österreich verbleiben zu können (vgl. VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085).

 

Ferner wird die Relevanz der Aufenthaltsdauer erheblich gemindert, zumal die BF1-BF3 abgesehen vom Aufenthaltsrecht im Rahmen des Asylverfahrens nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich verfügten. Seit 25.07.2017 bestand gegen die BF1-BF3 eine rechtskräftige und aufrechte Rückkehrentscheidung, welcher sie nicht nachkamen bzw. durch ihre neuerliche Antragstellung am 10.08.2017 entgegenwirkten.

 

In Anbetracht des Umstandes, dass beide Anträge auf internationalen Schutz unbegründet sind und die BF1 zur Antragstellung illegal in das Bundesgebiet von Österreich eingereist war, sind des Weiteren gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine aufenthaltsbeendende Rückkehrentscheidung sprechen. Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Art. 8 EMRK (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN).

 

Auch Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration der BF1-BF3 in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht erkennbar. Die BF1 spricht nicht Deutsch und verfügt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Selbst wenn die BF1 über Deutschkenntnisse verfügen würde, ist anzumerken, dass Sprachkenntnisse allein noch nicht ausreichen, um die fortgeschrittene oder gar vollständige Integration eines Fremden in Österreich annehmen zu können, wenngleich der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen.

 

Die BF1 ist aktuell nicht selbsterhaltungsfähig und kann keine eigenen Existenzmittel in Österreich nachweisen.

 

Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr der BF1-BF3 erkennen: Die BF1 beherrscht nach wie vor die Sprache ihres Heimatlandes, verfügt über eine Hebammenausbildung und eine Berufserfahrung als Verkäuferin, sodass auch ihre Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere oder mangelhaften Ausbildung scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass die erwachsenen BF1 den überwiegenden Teil ihres Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort nach wie vor Verwandte leben. Insoweit kann trotz der bereits längeren Abwesenheit aus ihrem Heimatland nicht davon ausgegangen werden, dass die BF1 ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Georgien - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen (vgl. VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

 

Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. EGMR U 18.10.2006, Üner gegen Niederlande, Nr. 46.410/99; GK 6.7.2010, Neulinger und Shuruk gegen Schweiz, Nr. 1615/07). Maßgebliche Bedeutung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. EGMR U 31.7.2008, Darren Omoregie ua. gegen Norwegen, Nr. 265/07; U 17.2.2009, Onur gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 27.319/07; siehe dazu auch VwGH 17.12.2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden.

 

Die BF2-BF3 sind zwar in Österreich geboren, sind aber als Zweieinhalbjährige auf die Unterstützung und Versorgung durch ihre Mutter angewiesen, mit der ein gemeinsamer Haushalt besteht. Die BF2-BF3 haben in Österreich noch keine Schulbildung bzw. den Kindergarten begonnen und sich im Kleinkindalter auch keinen Freundeskreis aufbauen können. Vor allem in Anbetracht ihres Alters ist in die Überlegungen miteinzubeziehen, dass den BF2-BF3 ein Erlernen der deutschen Sprache und der österreichischen Kultur bislang noch nicht möglich war. Maßgeblich prägend an ihrer Sozialisierung war und ist ihre Mutter. Auch ist davon auszugehen, dass die minderjährigen BF2-BF3 durch ihre Mutter neben der Sprache ebenso die Kultur des Herkunftsstaates vermittelt bekommen werden und insofern eine Eingewöhnung der Kinder in Georgien ohne größere Probleme ermöglicht werden kann. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes deutet nichts darauf hin, dass es den BF2-BF3 in Begleitung ihrer Mutter (BF1) im Falle einer Rückkehr nach Georgien nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren - dies insbesondere aufgrund ihres noch jungen Alters. Auch die gebotene Berücksichtigung des Kindeswohles führt daher nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Rückkehrentscheidung, da ihnen ihre wichtigste Bezugsperson erhalten bleibt und die Pflege und Obsorge durch die BF1 gesichert ist.

 

Darüber hinaus sind keine weiteren maßgeblichen Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass dem Recht auf Privatleben der BF1-BF3 in Österreich im Verhältnis zu den legitimen öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung eine überwiegende und damit vorrangige Bedeutung zukommen lassen würde. Dementsprechend war die BF1 in Österreich beispielsweise auch weder in einem Verein aktiv noch ist eine sonstige Beteiligung am gesellschaftlichen Leben ersichtlich.

 

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass von einer nachhaltigen und außergewöhnlichen Integration, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung im Sinne oben zitierter Judikatur ausnahmsweise überwiegen würde, im Falle der BF1-BF3 keinesfalls gesprochen werden kann und mindert der Umstand, wonach das Privatleben der BF1 in Österreich begonnen wurde, als sie nicht auf einen gesicherten Verbleib vertrauen konnte bzw. sich überhaupt illegal im Bundesgebiet aufhielt, ihr Interesse an einem Verbleib in Österreich.

 

Auch ein Aufenthalt, der auf überlangen Verzögerungen, welche den Behörden zurechenbar wären, begründet ist, konnte seitens des erkennenden Gerichtes nicht festgestellt werden.

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen der BF1-BF3 an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten.

 

Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.5.3. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der

 

Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Im gegenständlichen Fall liegen keine derartigen Abschiebehindernisse vor. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird diesbezüglich insbesondere auf die Ausführungen dieses Erkenntnisses in Punkt 3.2. (sicherer Herkunftsstaat) und 3.3.5. (subsidiärer Schutz) verwiesen.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF1-BF3 in den Herkunftsstaat ist somit gegeben, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

3.6. Keine Frist für die freiwillige Ausreise

 

§ 55 FPG lautet:

 

(1) [...]

 

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

 

(2) bis (5) [...]

 

Die Nichtgewährung einer Frist für eine freiwillige Ausreise entspricht § 55 Abs. 1a FPG und war daher nicht zu beanstanden.

 

3.7. Zu Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides XXXX-Verhängung eines befristeten Einreiseverbotes über die BF1

 

Die relevanten Passagen des mit "Einreiseverbot" betitelten § 53 FPG lauten wie folgt:

 

"§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(1a) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

 

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

 

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

 

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

 

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

 

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

 

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

 

6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

 

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

 

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

 

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat."

 

Die belangte Behörde stützte die Verhängung des auf die Dauer von zwei Jahren befristeten Einreiseverbots auf § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG, ohne allerdings die entsprechende Ziffer zu definieren. Dies wurde im angefochtenen Bescheid folgendermaßen begründet: "Die Aufzählung ist demonstrativ und demnach nicht als enumerativ abschließend anzusehen..." bzw. "Ihr Fehlverhalten, nämlich die Nichteinhaltung der behördlichen bzw. gerichtlichen Anweisung in der gewährten Frist das Bundesgebiet bzw. Schengengebiet zu verlassen, konnte in keiner der oben genannten Ziffern des § 53 FPG subsumiert werden, ist jedoch geeignet, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und widerläuft auch den Interessen des Art. 8 EMRK...."

(AS 510-511). Weiters wurde dargelegt, dass die BF1 seit ihrer ersten Einreise in das österreichische Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der Öffentlichen Hand lebe und den Besitz von Mitteln zu ihrem Unterhalt nicht nachweisen könne (AS 512).

 

Das BFA ging folglich davon aus, dass die BF1 ihrer Ausreise- bzw. Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen sei und daher unter den Anwendungsbereich des Artikels 11 der RückführungsRL (vgl auch Art 11 Abs 1 lit b RückführungsRL: Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde) fällt, zumal nicht mehr von einer nur geringfügigen Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung gesprochen werden könne.

 

Die BF1 ist ihrer Pflicht zur Ausreise tatsächlich nicht nachgekommen und hat bereits nicht einmal drei Wochen später ihren zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt, sodass die BF1 tatsächlich die österreichische Rechtsordnung durch Nichteinhaltung der Ausreiseverpflichtung missachtet hat.

 

Diese Missachtung erlaubt gemäß Art 11 der Rückführungsrichtlinie (RL 2008/115/EG vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger) die Verhängung eines Einreiseverbotes.

 

Konkret heißt es in Artikel 11 Abs 1: Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.

 

Dies entbindet die belangte Behörde aber nicht davon, eine Interessensabwägung durchzuführen; auch in der Rückführungsrichtlinie, konkret in Art 11 Abs 2 ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten in Einzelfällen aus humanitären Gründen von der Verhängung eines Einreiseverbots absehen oder ein Einreiseverbot aufheben oder aussetzen können.

 

Nach § 53 Abs 2 FPG muss das Bundesamt bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einbeziehen und berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

 

Die belangte Behörde kam in ihrem Bescheid zum Schluss, dass der Aufenthalt der BF1 in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle und begründet dies damit, dass die BF1 durch ihren Verbleib in Österreich offensichtlich nicht bereit ist, sich an die österreichische Rechtsordnung und die Entscheidungen der Behörden und Gerichte zu halten und sie den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachweisen könne.

 

Es ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes unbestritten, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellt.

 

Allerdings stellt der bloße unrechtmäßige Aufenthalt für sich nach dem System der Rückführungs-RL noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies zwingend die Erlassung eines Einreiseverbotes gebieten würde. Vielmehr ist im konkreten Fall eine Interessensabwägung und Gefährdungsprognose durchzuführen bzw. zu erstellen. Aber auch der Tatbestand des Absatz 2 Z 6 wirft prinzipiell Fragen hinsichtlich der sachlichen Rechtfertigung und eigenständigen Relevanz seines Regelungsinhaltes auf, zumal in der bloßen zum Zeitpunkt der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestehenden "Mittellosigkeit" eines Fremden kein Grund erblickt werden kann, diesem eine künftige legale Wiedereinreise unter Berufung auf eine Gefährdung öffentlicher Interessen zu verunmöglichen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang, aufgrund welcher Parameter die in diesem Falle durchzuführende Gefährdungsprognose zu erfolgen hat, zumal allfällige in Zusammenhang mit einer Mittellosigkeit befürchtete mögliche "Gefährdung" öffentlicher Interessen in den in anderen Tatbeständen des § 53 angeführten Verwaltungsübertretungen und strafrechtlichen Verurteilungen ihre Abdeckung finden (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschofer, Asyl- und Fremdenrecht, Stand 15.01.2016, Fremdenpolizeigesetz 2005, § 53, K14).

 

Es ist unbestritten, dass sich die BF1 unrechtmäßig in Österreich aufhält und mittellos ist, sie aber davon abgesehen sowohl strafrechtlich als auch verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt aber jegliche Kriterien vermissen, die im vorliegenden Fall für die Verhängung und die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes herangezogen wurden, zumal auch nicht ersichtlich ist, dass eine Gefährdungsprognose überhaupt getroffen wurde.

 

Alledem zufolge war aus Sicht des erkennenden Gerichtes im gegenständlichen Fall die Verhängung des Einreiseverbotes aufzuheben.

 

3.7. Entfall einer mündlichen Verhandlung

 

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbeleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 6 EMRK, dessen Garantien nach Art. 47 Abs. 2 der Grundrechte-Charta der EU auch im vor-liegenden Fall Anwendung finden, kann eine mündliche Verhandlung unter bestimmten Vor-aussetzungen unterbleiben, etwa wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Äußerungen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR 12.11.2002, Appl. Nr. 28.394/95, Döry vs. Schweden; 8.2.2005, Appl. Nr. 55.853/00, Miller vs. Schweden).

 

Da im gegenständlichen Fall der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:

 

 

 

 

 

 

Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

 

Im gegenständlichen Fall ist den angefochtenen Bescheiden ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit der Verfahren ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. So ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch detaillierte Befragung sowie mehrmalige Belehrung der BF1 über ihre Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Sachverhalt wurde daher nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt.

 

Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in seiner Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung.

 

Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weist die Entscheidung des BFA immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.

 

Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesem kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger im gegenständlichen Verfahren relevanter Gründe. Auch treten die Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der belangten Behörde getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.

 

Es sei an dieser Stelle auch nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei der Republik Georgien um einen Sicheren Herkunftsstaat iSd § 19 BFA-VG handelt und diese Sicherheit im bereits beschriebenen Umfang im Rahmen einer normativen Vergewisserung festgestellt wurde. Es ist daher auch aus dem Winkel dieser Betrachtungsweise davon auszugehen, dass im Rahmen dieser normativen Vergewisserung die Akten erkennen lassen, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen ist und die Durchführung einer Beschwerdeverhandlung entfallen kann.

 

Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.

 

Zu B)

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht klar hervor, dass das Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Vorliegen des Prozesshindernisses der entschiedenen Sache, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben, abgeht.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte