BVwG W242 1436064-2

BVwGW242 1436064-217.4.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W242.1436064.2.00

 

Spruch:

W242 1436064-2/13E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Heumayr als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55 und 57, § 10 Abs. 1 Z 3 Asylgesetz 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, sowie § 52 Abs. 9 iVm § 50 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

 

B)

 

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, brachte nach seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

 

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 27.05.2013, ZI. 12 11.472-BAG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß §§ 3, 8 und 10 Asylgesetz 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführer wurde aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

 

Mit Schreiben vom 10.06.2013 erhob der Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde.

 

3. Am 29.04.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründe zum Gesundheitszustand, sowie zu einer mittlerweile erfolgten Integration befragt wurde (W155 1436064-1/2013, AS 231ff). Ein informierter Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil.

 

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2015 GZ: W155 1436064-1/18E wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 3 und 8 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich des Spruchpunktes III. wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

 

Mit Schreiben vom 28.09.2015 übermittelte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme in der er im Wesentlichen anführte, dass er sich seit 27.08.2012 durchgehend in Österreich aufhalte und er regelmäßig Deutschkurse besuche. Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, dass er sehr enge Freundschaften zu Österreichern pflege. Im Jahr 2014 sei der Beschwerdeführer unschuldig zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden und wolle er sich in Zukunft weiter integrieren und einer rechtmäßigen Arbeit nachgehen. Beiliegend übermittelte der Beschwerdeführer zwei handschriftliche Unterstützungsschreiben.

 

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.11.2015, GZ 821147208/1536515/BMI-BFA_STM_RD, wurde dem Beschwerdeführer zu Spruchpunkt I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Zu Spruchpunkt II. wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

 

In der Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer erst drei Jahre in Österreich aufhalte und sein bisheriger Aufenthalt lediglich durch die Asylantragstellung vorläufig berechtigt sei. Es seien keine Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration erkennbar gewesen. Der Beschwerdeführer beziehe darüber hinaus kein geregeltes Einkommen.

 

6. Gegen den zitierten Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13.11.2015, eingelangt am 16.11.2015, binnen offener Frist die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass sich der Beschwerdeführer durchgehend seit dem 27.08.2012 in Österreich aufhalten würde und sich auch nie dem Asylverfahren entzogen habe. Außerdem habe er Deutschkurse besucht und sei immer an einer Arbeit interessiert gewesen, habe bis jetzt jedoch aufgrund seiner rechtlichen Situation keine Möglichkeit gehabt in Österreich eine geeignete Stelle zu finden.

 

7. Mit Schriftsatz vom 02.08.2017 übermittelte der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer nunmehr bereits fünf Jahre im österreichischen Bundesgebiet aufhältig sei und seit der Beschwerdeerhebung nunmehr zwei Jahre vergangen seien, ohne dass eine Verhandlung durchgeführt worden sei oder eine Sachentscheidung ergangen sei. In der Zwischenzeit habe der Beschwerdeführer seinen österreichischen Freundeskreis weiter vergrößert und sei eine Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen eingegangen, mit der er auch im gemeinsamen Haushalt lebe. Weiters habe er eine verbindliche Arbeitszusage als vollzeitbeschäftigter Hilfsarbeiter vorliegen. Da seine Lebensgefährtin in der Kirche arbeiten würde, arbeite der Beschwerdeführer regelmäßig freiwillig für die Kirche. Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers sei ein Ausrutscher gewesen und würde die Probefrist hierfür am 21.10.2017 ablaufen. Der Beschwerdeergänzung wurden folgende Unterlagen beigelegt:

 

 

 

 

 

 

 

 

8. Mit Schriftsatz vom 29.09.2017 übermittelte der Beschwerdeführer eine neuerliche Beschwerdeergänzung in der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Beschwerdeführer derzeit keinerlei Leistungen aus der Grundversorgung beziehen würde und nach Ablauf von zehn Monaten bei seiner Lebensgefährtin mitversichert sein könne. Beiliegend übermittelte der Beschwerdeführer folgende Urkunden:

 

 

 

9. Am 05.02.20218 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in der der Beschwerdeführer umfassend zu seiner Person und zu seiner derzeitigen Situation in Österreich befragt wurde und vom Beschwerdeführer eine aktuelle Strafregisterbescheinigung vorgelegt wurde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

 

Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Afghanistans, ist im Jahr 2012 illegal nach Österreich eingereist und stellte hier am 28.08.2012 den gegenständlichen Asylantrag. Er hält sich seither aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Er ist der tadschikischen Volksgruppe zugehörig und bekennt sich zum sunnitisch-muslimischen Glauben.

 

Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan geboren und ist dort aufgewachsen. Der Beschwerdeführer wurde in Afghanistan maßgeblich sozialisiert und verfügt dort nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte.

 

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und leidet an keiner lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden psychischen oder physischen Krankheit.

 

1.2. Zur Integration in Österreich:

 

Intensiv ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht. Der Beschwerdeführer hat einen Cousin in Österreich zu dem er derzeit keinen Kontakt hat. Der Beschwerdeführer lebt außerdem seit zwei Jahren in einer Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsangehörigen.

 

Der Beschwerdeführer hat zwei Deutschkurse auf dem Niveau A2.1 besucht, sowie einen Arbeitsvorvertrag vorgelegt. Der Beschwerdeführer hat zudem ehrenamtlich in einer Kirche gearbeitet. Der Beschwerdeführer geht keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach.

 

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

 

In Bezug auf die individuelle Lage des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan konnte keine im Hinblick auf den Zeitpunkt, an dem über seinen Antrag auf internationalen Schutz inhaltlich entschieden wurde, maßgeblich geänderte Situation festgestellt werden.

 

2. Beweiswürdigung:

 

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BAA bzw. BFA und des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

 

Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich des Beschwerdeführers ergeben sich aus dessen eigenen, glaubhaften Angaben sowie dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt.

 

Die Feststellung zur strafrechtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers basiert auf den vorgelegten Unterlagen und dem eingeholten Strafregisterauszug vom 15.01.2018.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt bzw. aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsakt finden sich Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer an einer psychischen oder physischen Erkrankung leidet und/oder behandlungsbedürftig ist. Derartiges wurde auch nicht vorgebracht. Hieraus ergibt sich auch die Feststellung zur Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers.

 

Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im Laufe des Verfahrens und aus den vorgelegten Unterlagen.

 

Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen und den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers, sowie aus der persönlichen Wahrnehmung des Gerichts aus der mündlichen Verhandlung vom 05.02.2018.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

 

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

 

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes (Z 1), so hat das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 75 Abs. 20 AsylG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend.

 

"Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme

 

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. ...

 

2. ...

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. ...

 

5. ...

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

 

...

 

Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz

 

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

...

 

Antragstellung und amtswegiges Verfahren

 

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

 

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

 

...

 

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

 

..."

 

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 24/2016 lauten:

 

"Abschiebung

 

§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

 

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

 

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

 

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

...

 

Verbot der Abschiebung

 

§ 50 (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

...

 

Rückkehrentscheidung

 

§ 52 (1) ...

 

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

...

 

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

..."

 

3.3 § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 25/2016 lautet:

 

"Schutz des Privat- und Familienlebens

 

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Der BF befindet sich seit August 2012 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen oder Gewalt in Zusammenhang mit Gewalt in der Familie, Menschenhandel, grenzüberschreitenden Prostitutionshandel oder vergleichbaren Delikten. Gegenteiliges wurde weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

 

3.4. Im vorliegenden Fall ist im Zusammenhang mit der Rückkehrentscheidung zu prüfen, ob ein Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK zulässig ist:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst zwar nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten (vgl. EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1989, 761; Rosenmayer ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

 

Der EGMR hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch könne in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse -, variieren (vgl. z.B. EGMR 5.9.2000, 44328/98, Solomon v. Niederlande; 9.10.2003, 48321/99, Slivenko v. Lettland; 22.4.2004, 42703/98, Radovanovic v. Österreich; 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande; 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie ua v. Norwegen).

 

Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, 282 ff.).

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt (vgl. dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Andererseits kann aber auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen kann. Die Annahme eines "Automatismus", wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Vorliegen einer Aufenthaltsdauer von nur drei Jahren "jedenfalls" abzuweisen wäre, ist verfehlt (vgl. dazu insbesondere VwGH 30.07.2015, Zl. 014/22/0055, VwGH B 28.01.2016, Zl. Ra 2015/21/0191-6, VfGH 06.06.2014, Zl. U45/2014).

 

Für den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:

 

Der Beschwerdeführer verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftstaat und reiste im August 2012, also vor mehr als fünf Jahren, illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern hielt sich nur aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf. In diesem Zusammenhang ist auf die Judikatur des VfGH zu verwiesen, wonach ein Asylwerber sich bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein muss(VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt könne daher keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfSlg. 19.086/2010 mwH). Das Asylbegehren des Beschwerdeführers wurde bereits ursprünglich abgewiesen und eine Ausweisung erlassen. Seinem dagegen erhobenen Rechtsmittel war kein Erfolg beschieden und erfolgte teilweise eine Zurückweisung zur Beurteilung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme ausschließlich aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, weshalb alle Integrationsschritte des Beschwerdeführers unter dem Vorzeichen einer möglichen Rückkehrverpflichtung erfolgt sind.

 

Es lebt ein Cousin des Beschwerdeführers in Österreich zu dem er jedoch nach eigenen Angaben seit sechs Monaten keinen Kontakt hat (OZ 11, S. 7). Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. EGMR vom 12.01.2010, Nr. 47486/06, A.W. Khan, RN 32; VfGH vom 09.06.2000, B1277/04 sowie VwGH vom 25.04.2008, Zl. 2007/20/0720 bis 0723). Eine derartige Abhängigkeit wurde im Verfahren weder behauptet noch ist eine solche aus den Akteninhalten ersichtlich. Ein besonders enges Verhältnis bzw. ein bestehendes Abhängigkeitsverhältnis konnte daher nicht festgestellt werden, weswegen eine Außerlandesbringung keinen unrechtmäßigen Eingriff in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Familienleben darstellen würde.

 

Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, dass er mit einer österreichischen Staatsangehörigen in einer Lebensgemeinschaft lebe, ist zu sagen, dass der Beschwerdeführer erst vor ca. zwei Jahren, also lange nach seiner Einreise in das Bundesgebiet, eine Beziehung eingegangen ist und das vorgebrachte Privatleben erst zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem sich der Beschwerdeführer seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen ist. Das Bestehen eines schützenswerten Familien- oder Privatlebens konnte daher nicht festgestellt werden.

 

Eine ausreichende Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft, insbesondere durch eine die Selbsterhaltungsfähigkeit sichernde Erwerbstätigkeit, liegt nicht vor. Der Beschwerdeführer hat zwar einen Arbeitsvorvertrag vorgelegt, er konnte dadurch jedoch nicht den Nachweis einer fortgeschrittenen wirtschaftlichen Integration erbringen. Eine etwaige Einstellungszusage ist jedenfalls nicht als Nachweis für eine Integration am Arbeitsmarkt zu werten. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mwN).

 

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07). Weder die vom Beschwerdeführer vorgelegten Empfehlungsschreiben noch die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung weisen jedoch auf tiefgreifende Freundschaften oder ein bestehendes Abhängigkeitsverhältnis des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hin.

 

Der Beschwerdeführer hat, entgegen den Ausführungen in der Beschwerdeschrift, trotz seiner langen Ortsabwesenheit noch Anknüpfungspunkte zu seinem Heimatstaat, in dem er den prägendesten und überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat. Der Beschwerdeführer verfügt in Afghanistan noch über seine Schwester und seine Mutter, zu denen er auch regelmäßig Kontakt hat. Zudem hat er in seinem Heimatland acht Jahre lang die Schule besucht und eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker gemacht. Der Beschwerdeführer verfügt über ausreichende Sprachkenntnisse und kann auch nicht behauptet werden, dass er dem Kulturkreis seines Heimatstaates völlig entrückt wäre, sodass sich der Beschwerdeführer in Afghanistan wieder wird eingliedern können.

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 31.07.2008, 265/07, Darren Omoregie u. a.) stellen die Regeln des Einwanderungsrechtes eine ausreichende gesetzliche Grundlage in Hinblick auf die Frage der Rechtfertigung des Eingriffs nach Art. 8 Abs. 2 EMRK dar. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine aufenthaltsbeendende Maßnahme, welche dem öffentlichen Interesse an der effektiven Durchführung der Einwanderungskontrolle dient, nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten. Auch nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.09.2007, B 328/07; VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247; 22.01.2013, 2011/18/0012).

 

Im Rahmen der Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Drittstaatsangehörigen an einem weiteren Verbleib in Österreich nimmt zwar das Gewicht des persönlichen Interesses grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes zu. Doch ist dabei nicht die bloße Aufenthaltsdauer maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Drittstaatsangehörige die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; 22.09.2011, 2007/18/0864 bis 0865).

 

Bei der Abwägung seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet mit dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise fällt vor allem ins Gewicht, dass er trotz der im Raum stehenden Aufenthaltsbeendigung beharrlich versuchte Integrationsschritte vor allem im sozialen Bereich zu setzen und so seine Gleichgültigkeit gegenüber der in Österreich gültigen Rechtslage deutlich zum Ausdruck gebracht hat.

 

Die Interessenabwägung nach den Gesichtspunkten des § 9 BFA-VG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 EMRK bzw. Art. 52 Abs. 1 GRC, insbesondere der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremden- und Asylwesens, des wirtschaftlichen Wohles des Landes sowie der Verhinderung von strafbaren Handlungen, führte zu dem Ergebnis, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen der Beteiligten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

 

3.5. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Nach § 50 Abs. 2 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Nach § 50 Abs. 3 FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hielt zuletzt in seinem Erkenntnis vom 16.12.2015, Ra 2015/21/0119, (in einer Verfahrenskonstellation nach § 75 Abs 20 AsylG) fest, dass eine Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung im Rahmen des Rückkehrentscheidungsverfahrens inhaltlich nicht von einer bereits ausgesprochenen Entscheidung über die Gewährung subsidiären Schutzes abweichen könne, sondern lediglich die notwendige Folge eines negativen Abspruchs über einen Antrag auf internationalen Schutz darstelle. Der Verwaltungsgerichtshof hielt insbesondere fest, dass dem Fremden ein gesonderter Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat im Grunde des § 50 FPG verwehrt sei, zumal über dieses Thema ohnehin - und ausschließlich - im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen sei.

 

Im Fall des Beschwerdeführers erfolgte mit Erkenntnis vom 26.08.2015 ein rechtskräftig negativer Ausspruch über die Nichtzuerkennung von Asyl und subsidiärem Schutz, weshalb die Zulässigkeit seiner Abschiebung im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu bejahen ist. Unabhängig davon, haben sich im konkreten Fall keinerlei Anhaltspunkte auf eine zwischenzeitliche maßgebliche Änderung der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, sowie dessen gesundheitlicher Situation ergeben, welche allenfalls auch im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung nach Art. 8 EMRK zu Gunsten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen wären.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

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