BVwG W161 2136831-1

BVwGW161 2136831-116.2.2017

AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §35 Abs4
AsylG 2005 §35 Abs5
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §35
AsylG 2005 §35 Abs4
AsylG 2005 §35 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2017:W161.2136831.1.00

 

Spruch:

W161 2136831-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Istanbul vom 09.09.2016, Zl. Istanbul-GK/KONS/2074/2016, aufgrund des Vorlageantrags derXXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, vertreten durch XXXX, XXXX, Rechtsanwälte in XXXX, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Istanbul vom 06.07.2016, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Syrien und stellte am 13.10.2015 bei der Österreichischen Botschaft Istanbul (im Folgenden: "ÖB Istanbul") unter Anschluss diverser Unterlagen einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG. Begründend führte sie aus, ihr Ehemann, XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, sei in Österreich aufhältig und habe in Österreich Asyl erhalten. Mit diesem wolle sie nun gemeinsam im Bundesgebiet leben.

1.2. Am 05.01.2016 erging eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom Leiter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

1.3. Mit Schreiben vom 19.01.2016, zugestellt am 18.02.2016, wurde der Antragstellerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nach Prüfung mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei.

Die Antragstellerin sei die zweite Ehefrau der Bezugsperson. Mehrfachehen seien nach der österreichischen Rechtsordnung nicht gültig.

1.4. Am 14.03.2016 brachte die Antragstellerin – persönlich, am 17.03.2016 brachte der bevollmächtigte Vertreter innerhalb offener Frist je eine Stellungnahme ein.

In der Stellungnahme der Antragstellerin wird ausgeführt, die Scheidungspapiere von XXXX seien nach Aufforderung dem Richter übergeben worden, Datum 19.02.2016. Die Scheidungspapiere des XXXX seien nach Einreichung der Papiere über die Familienzusammenführung überreicht worden. Das Original des Dokumentes, das aus Österreich stamme, befände sich beim Richter. Aus diesem Grund sei eine Fotokopie mitgebracht worden. Auf den Dokumenten, die der Antragstellerin übergeben worden seien, werde bestätigt, dass es sich um ihren Ehemann handle. Der Aufenthaltsort der Mutter des Kindes XXXX, dessen Sorgerecht sich beim Vater befände, sei unbekannt. Mit dem Schreiben wurde die Übersetzung einer Scheidungsurkunde, ausgestellt vom Sharia-Gericht in Damaskus am 04.02.2016 vorgelegt. Darin wird insbesondere festgehalten, es habe sich als korrekt erwiesen, dass der Ehemann die Ehefrau dreimal (endgültig) verstoßen hatte. Weiters wurden neuerlich vorgelegt ein Ehevertrag des Sharia-Gerichtes samt Übersetzung und eine Heiratserklärung vom 16.06.2015 sowie eine Passkopie der Antragstellerin.

In der Stellungnahme des Vertreters des Österreichischen Rotes Kreuzes als Bevollmächtigter der nunmehrigen Beschwerdeführerin wird ausgeführt, die Antragstellerin sei die Ehefrau von XXXX, welchem mit Beschluss des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden wäre. Die Bezugsperson habe am 13.02.2012 seine erste Ehefrau, XXXX, geheiratet. Mit dieser habe er zusammen zwei Kinder. Bereits 2014 habe sich die Bezugsperson von der ersten Ehefrau getrennt. Die Ehefrau habe ihn im Feber 2014 verlassen. Zur ersten Ehefrau habe die Bezugsperson seit 2014 keinen Kontakt mehr. Am 07.02.2014 habe die Bezugsperson die gegenständliche Antragstellerin geehelicht. Ab diesem Datum habe die Antragstellerin gemeinsam mit ihrem Mann bis zu dessen Flucht gemeinsam gelebt. Da die Bezugsperson 2014 seitens der Polizei gesucht worden wäre und schließlich habe flüchten müssen, hätte die Scheidung erst im Feber 2016 gerichtlich registriert werden können. Unbestritten bleibe, dass Doppel- oder Mehrfachehen in der österreichischen und europäischen Rechtsordnung nicht vorgesehen seien und deren Grundwerten widersprechen. Unbestritten bleibe auch, dass die Beschwerdeführerin die Zweitehefrau der Bezugsperson darstelle. Dennoch hätte dies nicht ohne weiteres zu einer Ablehnung des Einreiseantrages führen dürfen. In der Folge wird auf das Recht auf Familienzusammenführung in der Richtlinie 2003/86/EG , des Rates vom 22.09.2003, verwiesen. Die Richtlinie treffe keinerlei Regelung darüber, dass lediglich die erste geschlossene Ehe als gültig angesehen werden könnte. Artikel 4 Absatz 4 stelle hingegen klar, dass bei einer Mehrehe lediglich ein Ehepartner als Familienmitglied einreisen dürfe, beziehe sich also nur auf die Reihenfolge der Einreise, nicht aber auf den Zeitpunkt der Eheschließung. Es sei somit von einer Wahlmöglichkeit der Familienangehörigen auszugehen. Dies habe die belangte Behörde in ihrer Bewertung des Sachverhaltes verkannt und den Bescheid somit mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Die erste Ehefrau habe ihren Mann verlassen und möchte ihm nicht nachziehen. Die Ehe sei bereits 2014 aufgelöst und schließlich 2016 offiziell geschieden worden. Somit hätte die gegenständliche Beschwerdeführerin das Recht auf Einreise.

1.5. Nach Übermittlung der von der Antragstellerin abgegebenen Stellungnahme und der hierzu vorgelegten Unterlagen erstattete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.07.2016 eine neuerliche Rückmeldung, in welcher festgehalten wird, die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten oder Asylberechtigten sei nicht wahrscheinlich.

Die Angaben des Antragstellers zur Angehörigeneigenschaft gemäß § 35 Asylgesetz 2005 würden in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben widersprechen.

In der Stellungnahme wird insbesondere dargelegt, die im Verfahren angegebene Bezugsperson habe bei ihrer Einvernahme am 02.04.2015 angegeben, zwei Ehefrauen zu haben. Die Bezugsperson habe nie erwähnt, von der ersten Ehefrau seit 03.08.2014 geschieden zu sein. Dies sei auch bei den mehrmaligen Vorsprachen der Bezugsperson, zuletzt am 03.02.2016, beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nicht erfolgt. Die vorgelegte Scheidungsurkunde weise äußerst bedenkliche Merkmale auf, sodass davon auszugehen sei, dass die Ausstellung der Scheidungsurkunde von einer nicht autorisierten Stelle erfolgt sei. Hinsichtlich der äußerst bedenklichen Scheidungsurkunde, sowie den niederschriftlichen Angaben der Bezugsperson gehe das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl davon aus, dass weiterhin eine Mehrfachehe vorliege, da eine "Talaq"-Scheidung jeglicher Art dem Grundsatz des ordre public widerspreche und daher nicht gültig sei. Weiters sei – trotz schriftlicher Aufforderung – kein geeigneter, unbedenklicher Nachweis über die Eheschließung der Antragstellerin mit der Bezugsperson vorgelegt worden, somit habe die Antragstellerin die Eigenschaft der Ehegattin nicht mit unbedenklichen Urkunden nachweisen können. Die negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom 05.01.2016 bleibe daher aufrecht.

1.6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 06.07.2016 verweigerte die ÖB Istanbul – nach negativer Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl - die Erteilung des Einreisetitels gem. §26 FPG; iVm §35 AsylG mit nachstehender Begründung:

"Nach eingehender Prüfung des Einreiseantrages und des Akteninhaltes der Bezugsperson erging eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose vom 04.01.2016 an das Österreichische Generalkonsulat in Istanbul.

Am 15.03.2016 langte eine Stellungnahme durch den rechtlichen Vertreter, Herrn Mag. XXXX, ein.

Die Bezugsperson sprach mehrmals beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, zuletzt am 03.02.2016, vor. Ihm wurde mitgeteilt, dass er nach wie vor mit zwei Frauen verheiratet sei und dies nach der österreichischen Gesetzeslage nicht legal sei.

Am 19.02.2016 wurde die Scheidungsurkunde im Original vorgelegt. Diese wurde an das Bundeskriminalamt in Wien zur kriminaltechnischen Untersuchung weitergeleitet.

Am 01.04.2016 langte die schriftliche Vollmacht des Herrn RA Dr. KAPFERER betreffend die rechtliche Vertretung ein. Gleichzeitig teilt die Rechtsvertretung mit, dass die Bezugsperson seit dem 03.08.2014 durch eine "Talaq Shafahi" Scheidung (mündlich ausgesprochene Scheidung in Abwesenheit der Ehefrau) geschieden ist.

Mit Schreiben vom 18.04.2016 wurden über die Rechtsvertretung die Beweismittel, Heiratsurkunde über die Eheschließung mit Frau XXXX sowie eine Scheidungsurkunde bzw. ein geeigneter Nachweis über die "Talaq Shafahi"-Scheidung, jeweils im Original, angefordert.

Am 04.05.2016 langte über die Rechtsvertretung eine Bestätigung eines in Österreich ansässigen syrischen Rechtsanwaltes über die im syrischen Recht anerkannte "Talaq Shafahi"-Scheidung sowie die Kopie der Heiratsurkunde der Eheschließung mit Frau ALRFAAI Khadra jeweils samt Übersetzung, ein.

Die geforderte Heiratsurkunde im Original wurde von der Rechtsvertretung nicht vorgelegt.

Herangezogene Beweisemittel:

* Antragsformular und Beilagen

* Verfahrensakt der Antragstellerin

* Scheidungsurkunde im Original

* Untersuchungsbericht des BKA

* Heiratsurkunde samt Übersetzung in Kopie

* Bestätigung des syrischen Rechtsanwalts, XXXX, vom 17.03.2016

* Stellungnahme des XXXX vom 17.03.2016

Die Bezugsperson hat nie erwähnt, dass er von seiner ersten Ehefrau seit dem 03.08.2014 geschieden ist, auch nicht bei seinen persönlichen Vorsprachen, zuletzt am 03.02.2016 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl.

Die vorgelegte Scheidungsurkunde weist äußerst bedenkliche Merkmale auf, sodass davon ausgegangen werden kann, dass die Ausstellung der Scheidungsurkunde von einer nicht autorisierten Stelle erfolgte.

Sie geben an, die Ehefrau der Bezugsperson zu sein. Die rechtliche Vertretung bringt vor, Sie seien die einzige Ehefrau der Bezugsperson.

Auf Grund der Aktenlage und der herangezogenen Beweismittel gelangt die Behörde zu folgenden Schlussfolgerungen:

Hinsichtlich der äußerst bedenklichen Scheidungsurkunde, sowie den niederschriftlich aufgenommenen Angaben der Bezugsperson zufolge, ist davon auszugehen, dass weiterhin eine Mehrfachehe vorliegt. Eine "Talaq"-Scheidung widerspricht jeglicher Art des ordre public und ist daher nicht gültig.

Weiters wurde – trotz schriftlicher Aufforderung – kein geeigneter, unbedenklicher Nachweis über die Eheschließung mit der Bezugsperson vorgelegt.

Gemäß § 26 FPG in der Verbindung mit § 35 Asylgesetz wird daher gemäß Aktenlage spruchgemäß zu entscheiden und Ihr Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels abzuweisen."

Der Bescheid wurde der Antragstellerin am 11.07.2016 zugestellt.

1.6. Gegen den Bescheid richtet sich die fristgerecht eingelangte Beschwerde, in welcher angeführt wird, die Beschwerdeführerin werde durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf eine legale Einreise nach Österreich, in ihrem Recht als Ehegattin und somit Familienangehörige des Asylberechtigten XXXX, geboren XXXX, auf Asyl in Österreich, sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines den Verwaltungsverfahrensgesetzen entsprechenden Verfahrens verletzt. Außerdem werde sie durch den angefochtenen Bescheid in ihren Grundrechten gemäß Artikel 8 EMRK verletzt. Insbesondere habe die Erstbehörde kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt und sei die vorgelegte originale Scheidungsurkunde nicht nachvollziehbar als bedenklich eingestuft worden. Im Hinblick auf die Bürgerkriegssituation in Syrien und die Tatsache, dass die syrischen Behörden 2014 bereits nicht mehr funktionstüchtig gewesen wären, habe sich der Ehemann mit Erlaubnis seiner Schwiegereltern scheiden lassen. Hätte die Erstbehörde ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt, hätte sie ebenfalls zu dem für die Beschwerdeführerin günstigen Ergebnis gelangen müssen, dass XXXX am 03.08.2014 zu Kriegszeiten gültig von seiner ersten Ehefrau geschieden wurde und am 07.09.2014 mit der Beschwerdeführerin die Ehe geschlossen habe und hätte dem Antrag stattgegeben werden müssen.

1.7. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.09.2016 wies die ÖB Kuwait die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich der Prognose einer Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.

Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Auch sei die Stellungnahme der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß dem BFA zur neuerlichen Beurteilung der Prognoseentscheidung vorgelegt und erst in der Folge bescheidmäßig abgesprochen worden. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die Erfolgsaussichten eines Antrags der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.

Jenseits (und unabhängig von) der dargestellten Bindungswirkung vermöge die Beschwerde die Beweiswürdigung, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Zweitfrau der Bezugsperson und damit nicht um einen Familienangehörigen im Sinn des Asylgesetz § 35 Absatz 5 handle, nicht zu entkräften bzw. als rechtswidrig erscheinen zu lassen und teile die belangte Behörde folglich auch die Auffassung des BFA, dass die Eigenschaft als Familienangehöriger gemäß § 35 Absatz 5 Asylgesetz nicht gehörig nachgewiesen worden sei.

1.8. Am 21.09.2016 wurde bei der ÖB Istanbul ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.

1.9. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Europa, Integration und Äußeres vom 05.10.2016 wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die beschwerdeführende Partei stellte am 13.10.2015 bei der Österreichischen Botschaft Istanbul einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005.

Als Bezugsperson wurde XXXX, geb. XXXX, StA. Syrien, genannt, welcher der Ehemann der Beschwerdeführerin sei.

Dem angegebenen Ehemann der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.04.2015 zu Zahl 14-1048979201, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Nach Antragstellung wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mitgeteilt, dass eine Gewährung des selben Schutzes wie der Bezugsperson als nicht wahrscheinlich einzustufen sei, da die behauptete Gültigkeit der Ehe nicht vorliege, da es sich um eine Mehrfachehe handle, welche mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbar sei. Die Antragstellerin sei die zweite Ehefrau der Bezugsperson.

Nach Einbringung zweier Stellungnahmen der nunmehrigen Beschwerdeführerin erfolgte eine neuerliche Prüfung des Sachverhaltes durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und wies dieses in der Folge in seiner Rückmeldung vom 04.07.2016 darauf hin, dass der Sachverhalt für das BFA unverändert bleibe und nicht vom Bestehen des behaupteten und relevanten (im Sinne von § 35 Abs. 5 AsylG 2005) Familienverhältnisses ausgegangen werden könne. Die negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes bleibe aufrecht.

Bei der nunmehrigen Beschwerdeführerin handelt es sich um die zweite Ehefrau der angegebenen Bezugsperson XXXX. Es kann weder das Zustandekommen einer gültigen Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und XXXX noch eine gültige Scheidung des XXXX von seiner ersten Ehefrau, welche er am 13.02.2012 geheiratet hat und mit welcher er zwei Kinder hat, festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin in Zusammenhalt mit den von ihr vorgelegten Urkunden und dem Akt der österreichischen Botschaft Istanbul.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

Anträge auf Einreise bei Vertretungsbehörden

§ 35 (1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen.

(2) Befindet sich der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, im Ausland, ist diesem über Antrag nach der ersten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung des Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten bereits zuerkannt wurde, die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.

(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 und Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.

(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn

1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9) und

2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht.

Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.

(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat."

§ 11, § 11a und § 26 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:

"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.

(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.

[ .]

(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.

[ .]

Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten

§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.

(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.

(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.

(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.

[ .]

Visa zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005

§ 26 Teilt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 35 Abs. 4 AsylG 2005 mit, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist, ist dem Fremden ohne Weiteres zur einmaligen Einreise ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen."

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 6 und 17) des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1978 über das internationale Privatrecht (IPR-Gesetz) idgF lauten wie folgt:

Form der Eheschließung:

§ 16. (1) Die Form einer Eheschließung im Inland ist nach den inländischen Formvorschriften zu beurteilen.

(2) Die Form einer Eheschließung im Ausland ist nach dem Personalstatus jedes der Verlobten zu beurteilen; es genügt jedoch die Einhaltung der Formvorschriften des Ortes der Eheschließung.

Vorbehaltsklausel (ordre public)

§ 6. Eine Bestimmung des fremden Rechtes ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führen würde, das mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar ist. An ihrer Stelle ist erforderlichenfalls die entsprechende Bestimmung des österreichischen Rechtes anzuwenden.

Die maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 und 21) des Ehegesetzes idgF lauten wie folgt:

§ 17 Form der Eheschließung

(1) Die Ehe wird dadurch geschlossen, dass die Verlobten vor dem Standesbeamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen.

(2) Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.

§ 21 Mangel der Form

(1) Eine Ehe ist nichtig, wenn die Eheschließung nicht in der durch

§ 17 vorgeschriebenen Form stattgefunden hat.

(2) Die Ehe ist jedoch als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten nach der Eheschließung fünf Jahre oder, falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten miteinander gelebt haben, es sei denn, dass bei Ablauf der fünf Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geht in seiner bisherigen Rechtsprechung vom traditionellen Bild der Ehe zwischen zwei Personen verschiedenen Geschlechts aus (vgl. EGMR 24.01.1986. Rees, Serie A 106, Z 49 f.; EGMR 27.09.1990, Cossey, Serie A 184, Z 43; EGMR 11.07.2002 [GK], Christine Goodwin, RJD 2002-VI, Z 98). Es entspricht damit dem Ehebegriff aller europäischen Rechtsordnungen, in denen übereinstimmend unter "Ehe" eine auf Dauer angelegte, unter Beachtung bestimmter staatlicher Formvorschriften geschlossene Bindung eines Mannes und einer Frau verstanden wird. Die Regelung der Ausübung der Eheschließungsfreiheit muss durch Gesetz erfolgen. Anerkannte Ehehindernisse sind beispielsweise Blutsverwandtschaft, Geschäftsfähigkeit und auch die fehlende freie Zustimmung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).

Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen. Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).

Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).

Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:

Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX als Ehemann der Beschwerdeführerin genannt.

Es bestehen aus nachstehend angeführten Erwägungen jedoch gravierende Zweifel am Vorliegen einer in Österreich gültigen Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und XXXX.

Aus dem Vorbringen im Verfahren und in der Beschwerde ergibt sich unstrittig, dass der im Antrag als Bezugsperson genannte XXXX am 13.02.2012 XXXX geehelicht hat. Das Datum der Eheschließung mit der nunmehrigen Beschwerdeführerin wurde im Verfahren mit 07.09.2014 angegeben.

Erst über Vorhalt, es würde eine Mehrfachehe vorliegen, wurden von Seiten der beschwerdeführenden Partei Urkunden vorgelegt, welche eine angebliche Scheidung am 03.08.2014 von der ersten Ehefrau belegen sollen. Zur Glaubwürdigkeit dieser Behauptung ist auszuführen, dass die Bezugsperson in seinem Asylverfahren zwar angegeben hat, zwei Ehefrauen zu haben, in der Folge bei mehrmaligen Vorsprachen am Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, zuletzt im Jahr 2016 die angebliche Scheidung jedoch nicht erwähnt hat. Darüber hinaus ergaben sich für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Scheidungsurkunde, da diese äußerst bedenkliche Merkmale aufweist.

Unstrittig ergibt sich jedenfalls aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Antragsverfahren und in der Beschwerde, dass die Scheidung von der ersten Ehefrau jedenfalls eine Talaq-Scheidung nach islamischem Recht gewesen wäre. Eine Talaq-Scheidung, in welcher der Ehemann eine dreimalige Verstoßung der Ehefrau ausspricht, widerspricht eindeutig dem ordre public und stellt somit keine in Österreich anerkannte Form einer Ehescheidung dar.

Aus mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (6 Ob 189/06x, 1 Ob 138/09, 6 Ob 69/11g) ergibt sich der Rechtssatz, dass für den Fall, dass nach § 18 Abs. 1 Ziffer 1 iVm § 20 Absatz 1 IPRG österreichisches Fachrecht anzuwenden ist, eine Ehe nur durch Entscheidung eines Gerichtes geschieden werden kann, sodass ausländische Privatscheidungen nicht wirksam sind. Anderes würde nur dann gelten, wenn nach dem von § 20 IPRG berufenen Recht eine derartige Privatscheidung vorgesehen ist und diese überdies nicht dem inländischen vorgelegt ordre public widerspricht. Da das österreichische Recht eine Scheidung durch Rechtsgeschäfte nicht kennt, ist die im Ausland in Form des Talaq ausgesprochene Ehescheidung unwirksam. Außerdem widerspricht die einseitige Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann nach islamischem Recht (Talaq) dem inländischen ordre public.

Der Oberste Gerichtshof hat insbesondere seine Entscheidung 6 Ob 189/06x unter ausführlicher Darlegung der Gesetzeslage, der Materialien, der Lehre und Rechtsprechung in Österreich bzw. Deutschland dargelegt, dass nach einhelliger Auffassung die einseitige Verstoßung der Ehefrau durch den Ehemann nach islamischem Recht (Talaq) dem inländischen ordre public widerspricht.

Daraus folgt, dass – unabhängig von der Echtheit und Richtigkeit der zur Scheidung vorgelegte Urkunden – bereits aus dem Parteienvorbringen im Verfahren unstrittig hervor geht, dass die erste Ehe jedenfalls nicht auf eine in Österreich anerkannte Art und Weise geschieden wurde, woraus folgt, dass die nunmehrige Beschwerdeführerin jedenfalls als zweite Ehefrau der Bezugsperson anzusehen ist. Eine Mehrfachehe widerspricht jedoch in Österreich ebenfalls dem ordre public und ist nicht anerkannt.

Auf Grund der Tatsache, dass auch für den Fall einer tatsächlich geschlossenen Ehe mit der Bezugsperson eine in Österreich anerkannte Mehrfachehe vorläge, braucht auf die Frage, ob die Antragstellerin überhaupt eine gültige Ehe mit der Bezugsperson geschlossen hat, nicht näher eingegangen zu werden. Dazu ist jedenfalls auszuführen, dass die Beschwerdeführerin zur Vorlage einer Heiratsurkunde im Original aufgefordert wurde, dieser Aufforderung jedoch nicht nachkam, sondern nur eine Kopie vorlegte. Es wurde nicht dargelegt, aus welchen Gründen die Vorlage des Originals nicht erfolgen kann. Schon daraus hat die belangte Behörde, welche das Recht und die Verpflichtung hat, behauptete Rechtsverhältnisse wie das Vorliegen einer Ehe durch die Aufforderung zur Vorlage entsprechender Urkunden zu überprüfen, zutreffend abgeleitet, dass die behauptete Eheschließung zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson zu bezweifeln ist.

Die Beschwerde, welche sich lediglich auf die Beurteilung der vorgelegten Scheidungsurkunde durch die belangte Behörde und die Bestätigung eines syrischen Anwalts, wonach die "Talaq"-Scheidung gängige Praxis und in Syrien anerkannt sei, stützt, kann in der ausgeführten Form nicht widerlegen, dass "Talaq"-Scheidungen und Mehrfachehen dem ordre public widersprechen und somit in Österreich nicht anerkannt werden.

Es ist daher im gegenständlichen Verfahren davon auszugehen, dass keine rechtskonforme Ehe gemäß dem Internationalen Privatrechtsgesetz mit einem anerkannten Flüchtling in Österreich besteht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zuletzt bei einem analogen Sachverhalt in Bezug auf eine traditionell nach islamischem Recht geschlossene Ehe in seiner Entscheidung vom 11.10.2016, RA 2016/01/0025 bis 0026-11 die Revision gegen eine Entscheidung, in welcher eine "Ehe auf Zeit" als dem ordre public im Sinne des § 6 IPRG widersprechend angesehen wurde, zurückgewiesen.

Da die belangte Behörde über den betreffenden Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kam sie aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten an die Beschwerdeführerin in Bezug auf den in Österreich befindlichen angeblichen Ehemann nicht wahrscheinlich sei, und da weiters auch aktuell keine andere Bezugsperson in Betracht kommt, von der die Beschwerdeführerin einen Schutzstatus ableiten könnte, zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen.

Soweit die Beschwerdeführerin mit dem Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK argumentiert, ist auszuführen, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005 ist, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat, und dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, im gegenständlichen Fall - wie bereits dargelegt wurde - nicht vorliegen.

Die Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen).

Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (z. B. Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem jüngsten Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen.". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.

Die Vertretungsbehörden im Ausland verfügen auch nur über eingeschränkte Möglichkeiten und sie wenden nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder unmittelbar noch mittelbar das AVG an. Das Verfahren richtet sich vielmehr nur nach dem Visakodex und den besonderen Verfahrensvorschriften des Fremdenpolizeigesetzes (nunmehr §§ 11 und 11a FPG; vgl. zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 VwGH 13.12.2012, 2012/21/0070; 24.10.2007, 2007/21/0216). Dies gilt unverändert auch nach der mit 01.01.2014 in Kraft getretenen aktuellen Rechtslage, weil vom Gesetzgeber diesbezüglich eine Änderung nicht beabsichtigt war (Gruber, Die Frage der Anwendung des AVG für Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten im Hinblick auf die Novellierung des EGVG durch BGBl. I 33/2013, FABL 3/2013, 17 ff).

Im Hinblick darauf, dass es im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels gibt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.

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