BVwG W192 2112000-1

BVwGW192 2112000-113.8.2015

AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61
AsylG 2005 §5
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:W192.2112000.1.00

 

Spruch:

W192 2112000-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. RUSO über die Beschwerde des XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2015, Zl. 1048213702/140289090, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Afghanistan, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 16.12.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Zu seiner Person liegt eine EURODAC-Treffermeldung über die erkennungsdienstliche Behandlung nach illegaler Einreise am 06.12.2014 in Ungarn vor.

Im Verlauf seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 16.12.2014 brachte der Beschwerdeführer vor, an keinerlei Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden zu leiden.

Vor 32 Jahren habe er sein Heimatland verlassen, habe bis vor vier Monaten im Iran gelebt, sei dann mit Schlepperunterstützung in die Türkei und weiter nach Griechenland gelangt, wo er drei Monate lang geblieben sei. Dann sei er über Mazedonien und Serbien nach Ungarn gereist, wo er von der Polizei aufgegriffen worden sei und ihm Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Er sei eine Woche lang in einem ungarischen Flüchtlingslager untergebracht worden und dann illegal nach Österreich gereist. Über den Aufenthalt in Ungarn könne er keine Angaben machen, er wolle jedoch nicht dorthin zurückkehren.

Der Beschwerdeführer habe den Iran verlassen, weil sein Sohn hier in Österreich im Krankenhaus liege. Außerdem habe er dort illegal gelebt und Angst gehabt, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Aus einem offensichtlich von der Behörde angebrachten handschriftlichen Vermerk in der Niederschrift der Erstbefragung geht hervor, dass der namentlich bezeichnete Sohn des Beschwerdeführers in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter aufhältig war und bereits verstorben ist.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 04.02.2015 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: "Dublin III-VO") gestütztes Aufnahmeersuchen an Ungarn.

Mit Schreiben vom 25.02.2015, beim BFA eingelangt am 26.02.2015, stimmten die ungarischen Behörden diesem Ersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilten mit, dass die beschwerdeführende Partei am 06.12.2014 in Ungarn unter Angabe einer anderen Identität um die Gewährung internationalen Schutzes angesucht habe, am 15.12.2014 jedoch untergetaucht sei.

Mit E-Mail-Nachricht einer Nichtregierungsorganisation vom 05.05.2015 wurde die Behörde darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Beschwerdeführer einen Termin für eine Einvernahme am 06.05.2015 nicht wahrnehmen könne, da er unter einem schlechten psychischen Zustand leide. Der Mitteilung wurde eine Stellungnahme einer Psychologin, Klinische und Gesundheitspsychologin, vom 13.03.2015 angeschlossen, wonach der Beschwerdeführer sich seit Februar 2015 in psychologischer Behandlung befinde. Es liege eine Depression vor, die medikamentös behandelt werde. Der Beschwerdeführer habe 2014 telefonisch erfahren, dass sein in Österreich lebender Sohn nach einem Badeunfall im Krankenhaus im Koma liege. Die österreichische Botschaft habe ihm kein Visum erteilt und der Beschwerdeführer habe sich gezwungen gesehen, auf illegalem Weg zu flüchten. Die Nachricht, dass sein Sohn am 09.09.2014 verstorben sei, habe den Beschwerdeführer in Griechenland erreicht. Der Beschwerdeführer leide sehr am Tod des Sohnes und darunter, dass die Umstände für ihn nach wie vor unklar seien. Diese offenen Fragen führten zu Fantasien und würden einen natürlichen Trauerprozess verhindern.

Weiters wurde ein Arztschreiben der Abteilung für Erwachsenenpsychiatrie eines Landeskrankenhauses vom 25.03.2015 vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer dort in der Zeit vom 19.03.2015 bis 27.03.2015 stationär behandelt wurde. Es sei zum Aufenthalt gekommen, nachdem der Beschwerdeführer nach einem Streit im Flüchtlingsheim einen psychischen Ausnahmezustand erlitten hatte und zur somatischen Abklärung in ein Landeskrankenhaus eingeliefert worden sei. Nach Abschluss der Untersuchungen sei er in die Abteilung Erwachsenenpsychiatrie des anderen Landeskrankenhauses überstellt worden. Der Beschwerdeführer sei bei fehlendem Hinweis auf akute Gefährdungsmomente bei Entlassungsdiagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Hinweisen auf posttraumatische Belastungsstörung mit medikamentösen Behandlungsempfehlungen und ohne Empfehlung eines Krankenstandes entlassen worden.

Nach einer ergänzenden Stellungnahme der Psychologin, Klinische und Gesundheitspsychologin, vom 15.04.2015 sei beim Beschwerdeführer eine stabilisierende und unterstützende Psychotherapie notwendig. Ein Abbruch der Betreuung und Rückschiebung nach Ungarn sei aus psychologischer Sicht nicht vertretbar und würde zu einem neuerlichen psychischen Ausnahmezustand führen.

Der Nachricht der Nichtregierungsorganisation war weiters eine psychiatrische Stellungnahme der Ambulanzpsychiatrie des Landeskrankenhauses vom 05.05.2015 angeschlossen, wonach der Beschwerdeführer sich seit 17.03.2015 in ambulanter psychiatrischer Betreuung befinde und aufgrund seines psychopathologischen Zustandsbildes und emotionaler Instabilität derzeit nicht in der Lage sei, der "richterlichen" Ladung Folge zu leisten.

Der Beschwerdeführer richtete eine mit "03.2015" datierte Stellungnahme betreffend die Situation in Ungarn an die Behörde, in der insbesondere der Inhalt einer Pressemitteilung über die Entscheidung der 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin vom 15.01.2015 wiedergegeben und gefordert wurde, Österreich möge vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen.

Laut dem vorgelegten Arztschreiben eines Landeskrankenhauses vom 20.05.2015 wurde der Beschwerdeführer dort in der Zeit vom 17.05.2015 bis 20.05.2015 stationär aufgenommen und wegen Pneumonie mit Antibiotika behandelt. Er wurde nach radiologischer Verlaufskontrolle und deutlicher klinischer Besserung des Zustandsbildes unter Empfehlung der Anwendung von Entlassungsmedikation und regelmäßigen Kontrollen entlassen.

Am 23.07.2015 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Hierbei gab der Antragsteller hinsichtlich seines Gesundheitszustandes an, psychische Probleme zu haben. Dieses Problem habe er schon im Iran gehabt, es sei jedoch schlimmer, seit sein Sohn ertrunken sei. Der Beschwerdeführer verwies auf die bereits vorgelegten ärztlichen Unterlagen und legte weiters eine schriftliche Stellungnahme zu ihm mit der Ladung übermittelten vorläufigen Feststellungen über die Lage im zuständigen Mitgliedstaat vor.

Der Beschwerdeführer wurde darüber in Kenntnis gesetzt, dass Ungarn dem Wiederaufnahmeersuchen der Republik Österreich entsprochen habe. Er brachte dazu vor, dass er nicht nach Ungarn zurückkehren wolle, da sein (verstorbener) Sohn hier liege und er hier bleiben wolle.

Weiters wolle der Beschwerdeführer wegen seiner psychischen Probleme und der Lungenentzündung nicht nach Ungarn und es sei auch sein Gang durch eine in Afghanistan erlittene Verletzung am Bein beeinträchtigt.

Außerdem gehe man in Ungarn mit Asylwerbern so schlecht um wie im asiatischen Ländern. Der Beschwerdeführer habe nach dem Aufgriff durch die Polizei 24 Stunden nichts zu essen bekommen und keine Gelegenheit gehabt, die Unterlagen über seinen Sohn zu zeigen. Er sei in einem Zimmer untergebracht worden, wo 60-70 Personen gewesen seien und es sei das Essen nur durch ein Fenster geworfen worden.

In der vorgelegten schriftlichen Stellungnahme wurde vorgebracht, dass das Asylsystem in Ungarn seit den letzten drei Jahren völlig überlastet sei und aktuelle Entscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte davon ausgehen würden, dass das Asylsystem an systemischen Mängeln leide und Asylwerbern systematisch eine Verletzung von Grundrechten drohe.

Es bestehe eine strenge Politik der Inhaftierung von Asylwerbern und es sei durch die Gesetzesnovelle vom 01.07.2013 eine Verschärfung der Asylgesetze und der Inhaftierungsmöglichkeit für Asylwerber erfolgt. In einem Europaratsbericht vom 09.06.2015 werde die ungarische Praxis, Asylwerber oft willkürlich in Asylhaft zu nehmen, scharf kritisiert. Nach diesem Bericht werden etwa 22 % der Asylsuchenden einer Freiheitseinschränkung unterzogen. Bestimmte Nationalitäten seien von der Anhaltung mehr betroffen als andere. Staatsangehörige von Pakistan und des Kosovo seien häufig von der Anhaltung betroffen, während Antragsteller aus Afghanistan, Somalia und Syrien selten angehalten werden. Gegen die Inhaftierung stehe den Asylwerbern auch kein ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung.

Es seien in Ungarn weitere Änderungen des Asylsystems geplant, welche die Situation von Asylsuchenden zusätzlich verschlechtern und eine Verletzung von Unionsrecht darstellen würden.

Am 23.06.2015 habe das ungarische Innenministerium eine Mitteilung veröffentlicht, nach der Ungarn die Rücknahme von Antragstellern aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund der Dublin III-VO aussetzen wird.

Weiters wurden in der Stellungnahme Ausschnitte aus zeitlichen zurückliegenden (2012, 2013) Berichten zitiert, wonach wegen der Steigerung von Asylanträgen in Ungarn in der ersten Hälfte des Jahres 2013 die Unterbringungssituation verschlechtert worden sei und nur ein eingeschränkter Zugang für Asylwerber zu medizinischer Versorgung (insbesondere Zahnmedizin und Dialysebehandlung) gegeben sei.

Mit Telefaxnachricht vom 24.07.2015 übermittelte eine Betreuungsorganisationen für den Beschwerdeführer der Behörde eine Liste der von ihm benötigten Medikamente.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Ungarn gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Ungarn wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert und gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

"Allgemeines zum Asylverfahren

(...)

Die Zahl der zurückgezogenen Anträge folgt dem Trend bei der Zahl der Anträge. Das heißt, dass sich ein signifikanter Teil der in Ungarn registrierten AW absetzt und in andere EU-Länder weiterreist. Im Februar 2015 haben 3.868 Antragsteller ihre Anträge zurückgezogen, darunter 3.024 Kosovaren deren Anträge als stillschweigend zurückgezogen gelten. Es ist anzunehmen, dass dies auch für eine große Zahl weiterhin anhängiger Fälle gilt (EASO 03.2015).

Das Büro für Immigration und Nationalität (Office of Immigration and Nationality, OIN; ungarisch: Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal, BAH) hat die Verantwortung für Entscheidungen in Asylverfahren und das Management der Unterbringungszentren und der Asylhaftzentren. Es untersteht dem ungarischen Innenministerium (AIDA 17.2.2015).

Asylverfahren

Asyl kann an der Grenze oder im Land beantragt werden. Das Verfahren beginnt mit der persönlichen Einbringung des Asylantrags vor dem BAH. Im Zulassungsverfahren wird geklärt ob Ungarn oder ein anderer Dublin-Staat für das Verfahren zuständig ist. Ein Interview unter Anwesenheit eines Übersetzers ist vorgesehen. Auch die Unterbringung des AW in einem offenen Zentrum oder in asylrechtlicher Haft wird entschieden. Das Zulassungsverfahren soll binnen 30 Tagen (am Flughafen in 8 Tagen) abgeschlossen sein. Wird der Antrag für unzulässig oder offensichtlich unbegründet befunden und somit nicht zum inhaltlichen Verfahren zugelassen, ist binnen 3 Kalendertagen Beschwerde vor dem zuständigen Gericht möglich. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Das inhaltliche Verfahren soll binnen 2 Monaten abgeschlossen sein. Gegen eine negative Entscheidung des BAH im inhaltlichen Verfahren ist binnen 8 Tagen Beschwerde vor dem zuständigen Gericht möglich. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Das Gericht hat binnen 60 Tagen zu entscheiden, in der Praxis dauert es aber drei bis fünf Monate bis zu einer Entscheidung. Auch während des inhaltlichen Verfahrens kann der AW offen oder in Asylhaft untergebracht werden, wenn Gründe dafür vorliegen (AIDA 17.2.2015).

Wenn ein AW seinen Antrag am Flughafen, vor Betreten ungarischen Territoriums einbringt, wird er im Transitbereich des Flughafens untergebracht. Das Vorverfahren verkürzt sich auf 8 Tage. Sind diese verstrichen oder wird der Antrag zugelassen, ist dem AW das Betreten ungarischen Territoriums zu erlauben. Für Vulnerable gelten die Bestimmungen für das Flughafenverfahren nicht (auch nicht für Familienmitglieder). Für Beschwerden gelten dieselben Bestimmungen wie im regulären Zulassungsverfahren. Überhaupt wird das Flughafenverfahren selten angewendet. Andere Grenzverfahren existieren in Ungarn nicht (Asylgesetz 2007 24.12.2010, Art. 72 / Regierungserlass 290/2010, Art. 97 vgl. AIDA 17.2.2015).

Jeder bedürftige Asylwerber hat gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung. Diese wird von NGOs oder von staatlicher Seite geleistet. Der Nachweis der Bedürftigkeit erfolgt durch Eigendeklaration. Die rechtliche Vertretung im Verfahren ist davon nicht umfasst. In der Beschwerdephase gegen eine negative Entscheidung der ersten Instanz im Asylverfahren ist Rechtshilfe vorgesehen. Sie wird von Anwälten, NGOs oder staatlichen Stellen geleistet. Obwohl diese Möglichkeit seit 2004 offensteht, haben sie nur wenige AW wahrgenommen. Die Gründe dafür sind hauptsächlich Unwissenheit bzw. fehlende Übernahme von Übersetzungskosten. Seit Anfang 2013 gibt es ein Projekt des staatlichen Rechtshilfedienstes zur kostenlosen Rechtshilfe unter Förderung durch den Europäischen Flüchtlingsfonds. 2013 soll es in 312 Fällen Rechtsberatung und in 155 Fällen Rechtsvertretung für AW geleistet haben. Nach zwei Jahren Laufzeit des Projekts nahmen in der ersten Hälfte 2014 immer noch lediglich 9% der AW die staatliche Rechtshilfe in Anspruch. Diese Rechtsberatung ist auch nicht in allen Zentren verfügbar. Die NGO HHC hingegen bietet Rechtshilfe in allen Unterbringungszentren, Asylhaftzentren und fremdenpolizeilichen Haftzentren an. 2014 beriet HHC 924 AW (AIDA 17.2.2015).

Ein Antrag gilt als stillschweigend zurückgezogen, wenn der Antragsteller nach Registrierung seines Antrags nicht in der Aufnahmeeinrichtung erscheint bzw. wenn er nach der zweiten Aufforderung nicht zum Interview erscheint. Dann wird vom Sachbearbeiter das Verfahren entweder abgebrochen, oder der Antrag inhaltlich abgelehnt (falls die Erstbefragung genügend Informationen enthält um über den Fall inhaltlich zu entscheiden). Kehrt ein solcher Antragsteller nach Ungarn zurück, gibt es folgende Möglichkeiten:

a. Wenn eine inhaltliche Ablehnung erfolgt ist und die Beschwerdefrist (8 Tage) noch läuft, steht ihm die Beschwerde offen.

b. Wenn eine inhaltliche Ablehnung erfolgt ist und die Beschwerdefrist abgelaufen ist, kann der Antragsteller einen Folgeantrag stellen. Werden aber keine neuen Elemente vorgebracht, gilt der Antrag als unzulässig (EASO 03.2015).

Quellen:

Haft

Fremdenpolizeiliche Haft

Für fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Aufgriff und Verhaftung illegaler Migranten, Rückführungen) ist in Ungarn die Aliens Policing Unit der ungarischen Polizei zuständig. Die Polizei kann einen Ausländer für bis zu 72 Stunden inhaftieren, danach kann ein Gericht die Haftdauer um jeweils 30 Tage bis zu insgesamt einem Jahr verlängern (Info Stdok 05.2012).

Die fremdenpolizeiliche Haft darf u.a. angewendet werden um die Ausreise eines Fremden zu sichern, wen er sich weigert auszureisen oder die Abschiebung behindert, wenn er Meldeauflagen verletzt hat oder wenn er aus der Strafhaft wegen eines Vorsatzdeliktes entlassen wird. Auch erlaubt ist die Haft zur Sicherung der Ausreise, wenn die Identität nicht geklärt ist. Die Fremdenpolizei ist verpflichtet sich zu vergewissern, dass die Ausreise nicht auch mit anderen Mitteln gesichert werden kann, etwa Hinterlegung einer Kaution, oder Festlegung eines Orts des verpflichtenden Aufenthalts. Gemäß der NGO HHC aber, geht die Fremdenpolizei in den Haftanordnungen auf Alternativen zur Haft nicht ein und berücksichtigt auch keine persönlichen Umstände (AIDA 17.2.2015).

Aufgrund der 2013 neu eingeführten Asylhaft nahm die fremdenpolizeiliche Haft ab. Einige ihrer Hafteinrichtungen wurden geschlossen, oder dem BAH übergeben. Seit Jänner 2014 kann fremdenpolizeiliche Haft nur noch auf jene Folgeantragsteller angewendet werden, deren Folgeanträge keine aufschiebende Wirkung haben. (Siehe dazu die die Ausführungen in Kap. 4., Anm.) Ansonsten ist nur Asylhaft anwendbar (AIDA 17.2.2015).

Laut Angaben der ungarischen Fremdenpolizei waren 2014 4.544 Personen zur Sicherung der Außerlandesbringung in fremdenpolizeilicher Haft. 2015 waren es mit Stand Ende März 1.042 Personen (ORFK 7.5.2015). Syrer werden bei einem ersten Aufgriff, auch wenn sie keinen Asylantrag stellen, nicht grundsätzlich in Schubhaft genommen, sondern dürfen sich relativ frei bewegen, bei Afghanen ist die Schubhaftquote deutlich höher - hier werden durch die ungarischen Behörden unterschiedliche Fluchtmotive gesehen (VB 10.6.2015).

Die Polizei verfügt über fremdenpolizeiliche Haftzentren in Györ, Budapest Airport, Nyírbátor und Kishkunhalas mit zusammen 268 Plätzen. Das Zentrum in Györ ist mit Stand Februar 2015 wegen Renovierung geschlossen. Dort sind Sozialarbeiter und Psychologen der NGO Menedék verfügbar und es gibt damit gute Erfahrungen (HHC 5.2014; vgl. AIDA 17.2.2015).

Quellen:

Asylrechtliche Haft

Am 1.7.2013 trat neben der fremdenpolizeilichen auch eine asylrechtliche Haft in Kraft. Sie erlaubt die Inhaftierung von AW in folgenden Fällen:

a) bei ungeklärter Identität und Nationalität

b) wenn ein AW sich versteckt oder das Verfahren sonst wie behindert hat

c) wenn die begründete Annahme besteht, dass der AW das Asylverfahren verzögern oder sich diesem entziehen wird

d) wenn die Haft notwendig ist zum Schutz der nat. Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung (weil der AW in ernster Weise oder mehrfach die Hausordnung des festgelegten Ortes des verpflichtenden Aufenthalts verletzt hat)

e) bei einem Antrag am Flughafen

f) wenn der AW das Dublin-Verfahren behindert, weil er nicht zu Ladungen erschienen ist.

Die Haft kann zuerst für 72 Stunden verhängt werden. Binnen der ersten 24 Stunden kann BAH die Verlängerung beim zuständigen Bezirksgericht beantragen. Das Gericht kann aufgrund dessen die Haft jeweils um max. 60 Tage verlängern, bis zu einer Maximaldauer von 6 Monaten. BAH muss die Verlängerungsanträge begründen. Eine persönliche Anhörung des Inhaftierten hat bei der ersten Verlängerung zwingend zu erfolgen. Haft von unbegleiteten Minderjährigen darf nicht angeordnet werden. Die asylrechtliche Haft für Familien mit Kindern (als letztes Mittel unter Bedachtnahme auf das beste Interesse des Kindes) ist grundsätzlich für max. 30 Tage erlaubt (AIDA 17.2.2015).

Am häufigsten wird Asylhaft mit o.g. Punkt c) begründet, manchmal in Verbindung mit Punkt a). Die NGO HHC betrachtet diese Begründung in manchen Fällen als willkürlich. Es sei in der Praxis üblicherweise so, dass der in asylrechtlicher Haft befindliche Antragsteller sein gesamtes erstinstanzliches Verfahren in Haft absolviert. Sobald eine Entscheidung des BAH vorliegt, werden sie in der Regel entlassen, auch wenn diese negativ ist (AIDA 17.2.2015).

Es gibt drei Asylhaftzentren in Békéscsaba, Debrecen und Nyírbátor mit zusammen 499 Plätzen. Mit Stand Februar 2015 wurden asylwerbende Familien in Debrecen, alleinstehende Frauen in Békéscsaba und alleinstehende Männer in Nyírbátor sowie Békéscsaba asylrechtlich inhaftiert. AIDA gibt jedoch an, dass diese Einteilung häufigen Änderungen unterworfen sei (AIDA 17.2.2015). EASO beziffert die Zahl der Sozialarbeiter und -assistenten in den Asylhaftzentren mit 20 (Debrecen), 30 (Békéscsaba) und 10 (Nyírbátor) EASO 03.2015).

Die Zahl der in Asylhaft genommenen AW nimmt in Zeiten großen Zustroms eher ab, da das mit dem ziemlich komplizierten System der Inhaftierung und Verlängerung der Haft üblicherweise betraute Personal, dann mit der Registrierung neuer Anträge beschäftigt ist (EASO 03.2015).

Ungarn hatte, nachdem dies einige Monate lang nicht praktiziert worden ist, im September 2014 wieder begonnen über Familien mit Kindern in manchen Fällen asylrechtliche Haft zu verhängen (als letztes Mittel unter Bedachtnahme auf das beste Interesse des Kindes und für maximal 30 Tage) (VB 22.10.2014; vgl. AIDA 17.2.2015). Nach einem Bericht des ungarischen Ombudsmannes für Menschenrechte, der u. a. diesbezüglich Kritik übte, werden seit Mitte März 2015 jedoch keine Familien und Frauen mehr in Asylhaft genommen (VB 10.6.2015).

Gegen die Anordnung der asylrechtlichen Haft gibt es kein Rechtsmittel. Die Rechtmäßigkeit der Haft kann nur durch die regelmäßige richterliche Kontrolle überprüft werden. Die erste richterliche Überprüfung findet, wie oben beschrieben, nach 3 Tagen statt, danach in 60-Tages-Intervallen. Diese Intervalle kritisiert HHC als zu lang (AIDA 17.2.2015). Eine Auswertung von 64 Gerichtsentscheidungen zur Verlängerung der Asylhaft (gefällt zwischen 4.10.2013 und 21.2.2014) veranlasste HHC, die richterliche Aufsicht als ineffektiv zu bezeichnen. Die Entscheidungen seien schematisch und es fehle ihnen die individualisierte Abwägung der Haftgründe bzw. der individuellen Situation (z.B. Vulnerabilität) (HHC 5.2014). Zwischen Mai und August 2014, ließ das zuständige Gericht in Debrecen Haftentscheidungen von Richtern prüfen, die ansonsten Asylfälle bearbeiten. Laut der NGO HHC hat das die Qualität der Haftentscheidungen dort verbessert. Diese Maßnahme war aber eben nur temporär. Die Asyl- Arbeitsgruppe der Kuria (ungarisches Höchstgericht) hat die Praxis der Haftentscheidungen untersucht und im Oktober 2014 eine unverbindliche Leitlinie zur Harmonisierung der Judikatur der Gerichte angenommen, in der sie u. a. feststellte, dass die Haftentscheidungen schematisch sind und meist der Argumentation der Behörde folgen; sowie dass die Richter entlastet werden sollten; usw. (AIDA 17.2.2015).

Mit Stand 2.6.2015 befanden sich rund 280 Personen in Asylhaft. In der Praxis sind in Asylhaft Afghanen und Syrer prozentuell weniger stark präsent als z.B. Algerier oder Pakistani. Trotz der teilweise schwierigen Lage bezüglich der Kapazitäten, erfolgt keine willkürliche Verhängung der Asylhaft, deutlich daran erkennbar, dass im Asylhaftzentrum Debrecen noch reichlich ungenutzter Platz vorhanden war, während das offene Unterbringungszentrum ebendort an der Grenze der Belastbarkeit angelangt war (VB 10.6.2015).

In jeder Asylhafteinrichtung gibt es eine Krankenstation. In der Regel wird bei der Ankunft eine obligatorische ärztliche Untersuchung vorgenommen. In Asylhaft ist medizinische Basisversorgung in der Einrichtung durch eine dauernd anwesende Krankenschwester rund um die Uhr gegeben. Zu den Ordinationszeiten steht ein Arzt zur Verfügung. Im Not- oder Bedarfsfall, kann ein Krankenhaus oder Spezialist aufgesucht werden. Psychologische Versorgung wird in einem reduzierten Ausmaß von einer NGO angeboten, jedoch nicht in Nyirbator. Laut EASO kann die Behandlung von Folteropfern und PTBS derzeit nicht abgedeckt werden. Erwachsene erhalten drei Mahlzeiten pro Tag, Kinder fünf Mahlzeiten. Die Antragsteller erhalten ein Taschengeld von HUF 2.850/Monat für erwerbslose Erwachsene bzw. HUF 7.125/Monat für Minderjährige oder Alleinerziehende. Es gibt ein staatsanwaltschaftliches Monitoring durch zweiwöchentliche stichprobenartige Überprüfungen. Zusätzlich überprüft die BAH-Zentrale die Einrichtungen mindestens einmal jährlich. Darüber hinaus müssen die Asylhafteinrichtungen Tages- und Monatsberichte an die Zentrale schicken. Und der parlamentarische Ombudsmann hat ebenfalls das Recht die Einrichtungen zu überprüfen. Es gibt eine gesetzlich festgelegte Beschwerdeprozedur für Inhaftierte an den Leiter der Einrichtung und den Direktor der Asylbehörde. Es gibt Alternativen zur Haft, wie festgelegten Aufenthaltsort und Kaution. Ersteres wird offenbar nicht angewendet, da sich 89-90% der AW in offener Unterbringung ohnehin absetzen. Kaution wurde seit 1.7.2014 in 143 Fällen verhängt (in Höhe von EUR

500 - 5.000). In 113 Fällen setzten sich die Betroffenen ab. Ihre

Kautionen fielen in 104 Fällen an den Staat, in 9 Fällen konnte die Kaution rückerstattet werden (EASO 03.2015)

Nach Angaben des BAH wurden 2014 insgesamt 4.806 Personen in Asylhaft genommen, das waren 11% aller Antragsteller. Sie waren aus 61 Nationen, am häufigsten Kosovo (2.812), Afghanistan (1.038) und Pakistan (104). 2015 wurden bislang (Anm.: es ist unklar bis wann genau) 481 Antragsteller in Asylhaft genommen. Das ist 1% aller Antragsteller. Sie kommen aus 18 Nationen, am häufigsten Kosovo (431), Algerien (14) und Afghanistan (11). Ende Februar 2015 warteten 86 Personen in Asylhaft auf eine Entscheidung zu ihrem Asylantrag (EASO 03.2015).

Quellen:

Dublin-Rückkehrer

Seit 1.1.2014 ist für Dublin-Rückkehrer die volle inhaltliche Prüfung ihres Antrags garantiert. (AIDA 17.2.2015) Dublin-Rückkehrer werden nach dem "take back" automatisch als Asylwerber betrachtet (VB 11.7.2014b). Wenn ihr vorheriges Verfahren noch läuft, sei es im Verwaltungsverfahren oder auf Ebene der Gerichte, wird es fortgesetzt. Ist die Entscheidung im früheren Verfahren endgültig geworden (weil der Erstantrag schriftlich zurückgezogen wurde; gegen eine negative Entscheidung im Zulassungs- oder Asylverfahren kein Rechtsmittel eingelegt wurde; oder wegen negativer Entscheidung der 2. Instanz (HHC 5.2014)), werden Rückkehrer in "take back"-Fällen als Folgeantragsteller betrachtet (VB 11.7.2014b; vgl. AIDA 17.2.2015). Diese Folgeanträge müssen neue Elemente enthalten um zulässig zu sein, außer der Erstantrag wurde schriftlich zurückgezogen bevor eine Entscheidung gefällt wurde (HHC 5.2014; vgl. AIDA 17.2.2015).

Seit 1.1.2014 haben Folgeanträge aufschiebende Wirkung. Wenn aber das Erstverfahren abgebrochen wurde, weil der AW den Erstantrag schriftlich oder stillschweigend zurückgezogen hat, und der Folgeantrag wird als unzulässig oder offensichtlich unbegründet befunden, hat eine Beschwerde gegen diese Entscheidung (binnen 3 Tagen beim zuständigen Gericht, zu entscheiden binnen 8 Tagen) keine aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung. Rechtsmittel gegen Zurückweisung oder Abweisung von Folgeanträgen nach einer endgültigen Ablehnung oder Einstellung des Verfahrens, haben ebenso wenig aufschiebende Wirkung, wenn im konkreten Fall BAH oder das Gericht entschieden haben, dass kein Refoulement-Vorbehalt vorliegt. Es ist nicht eindeutig geregelt, worin "neue Elemente" bestehen, das ist jedoch in der Praxis angeblich kein großes Problem, da die meisten AW mit neuen Informationen über Verwandte oder das Herkunftsland, zum inhaltlichen Verfahren zugelassen werden (AIDA 17.2.2015).

Dublin-Rückkehrer, die als Folgeantragsteller gelten, haben in bestimmten Konstellationen kein Recht auf Versorgung und Unterbringung. Diese Fälle müssen sich selbst um ihre Unterbringung kümmern (AIDA 17.2.2015). Genaugenommen gibt es zwei mögliche Fallkonstellationen. Zum einen Folgeantragsteller mit Recht zum Aufenthalt in Ungarn, aber ohne Recht auf Unterbringung - sie haben stattdessen Zugang zu Obdachlosenheimen wie ungarische Staatsbürger auch. Zum anderen Folgeantragsteller ohne Recht zum Aufenthalt in Ungarn - sie werden von der Fremdenpolizei inhaftiert oder in der Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat untergebracht (BAH 21.5.2015).

Die Bestimmungen der Asylhaft sind auch auf Dublin-Rückkehrer anwendbar (AIDA 17.2.2015). Es gibt aber keine generelle Asylhaft für Dublin-Rückkehrer, sondern stets Einzelfallentscheidungen. Personen, die sich dem Verfahren jedoch durch Weiterreise entzogen haben, erfüllen eines der üblichen Tatbestandsmerkmale, um die Verhängung von Asylhaft auszulösen, dementsprechend sind sie stärker betroffen. Trotzdem werden nur 6-10% der Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen (Schätzung aufgrund der Tagesentscheidungen). BAH betont aber, dass es generell keine Ausnahmen gibt, abgesehen von unbegleiteten Minderjährigen. In der Praxis wurden jedoch seit Mitte März weder Frauen noch Kinder in Asylhaft behalten und sind auch Afghanen und Syrer prozentuell weniger stark präsent als z.B. Algerier oder Pakistani (VB 10.6.2015; vgl. EASO 03.2015).

Im Dezember 2014 berichtete der VB des BM.I, dass in Ungarn hauptsächlich Kosovaren in Asylhaft genommen würden, neben denen nur vereinzelte Fälle anderer Staatsbürger in Asylhaft gebe. Syrische Staatsangehörige befanden sich zu jenem Zeitpunkt keine in Asylhaft und lediglich 4 Afghanen. In den Fällen, in denen Syrer oder Afghanen von Asylhaft betroffen sind, handle es sich stets um Dublin-Fälle. Bei ansonsten einwandfrei geklärter Herkunftslage, werde keine Asylhaft verhängt (VB 1.12.2014).

Urteile deutscher Verwaltungsgerichte, welche Dublin-Überstellungen nach Ungarn verbieten (VG Berlin 15.1.2015 und 23.1.2015), sind Einzelurteile und kein Resultat einheitlicher Rechtsprechung. Es gibt auch derartige Urteile, die Überstellungen sehr wohl erlauben und keine systemischen Mängel in Ungarn feststellen können (VG Augsburg, 26.1.2015).

Quellen:

Non-Refoulement

Die ungarischen Gesetze sehen einen subsidiären Schutz für Fremde vor, die sich nicht als Flüchtlinge qualifizieren, die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat aber ernster Bedrohung ausgesetzt wären. Die ungarische Asylbehörde kann, in Einklang mit den internationalen Non-Refoulement-Verpflichtungen des Landes, auch einen tolerierten Status gewähren (USDOS 27.2.2014)

Seit 1.1.2014 ist für Dublin-Rückkehrer die volle inhaltliche Prüfung ihres Antrags garantiert (AIDA 17.2.2015).

Quellen:

Versorgung

Erstantragsteller sind ab Antragstellung bis zur rechtskräftig abschließenden Entscheidung in ihrem Asylverfahren zur materiellen Versorgung berechtigt. Diese Versorgung besteht aus Unterbringung, Verpflegung und ab Zulassung zum inhaltlichen Verfahren auch Taschengeld und monatliche Zuwendung für den Kauf von Hygieneartikeln. Das Taschengeld beträgt für Kinder, alleinstehende Elternteile oder Personen über 60 Jahren und UMA ca. EUR 24. Bei sonstigen Erwachsenen beträgt es ca. EUR 9,50 im Monat. Das wird als sehr gering angesehen. Für bedürftige AW ist Versorgung kostenlos, Nicht bedürftige AW können zur teilweisen oder vollständigen Übernahme der Kosten verpflichtet werden. Es gibt keine Berichte, dass Asylwerbern der Zugang zur Versorgung in der Praxis verweigert worden wäre (AIDA 17.2.2015).

Quellen:

Unterbringung

In Ungarn gibt es mit Stand Jänner 2015 5 offene Unterbringungszentren und 2 Zentren für UMA:

1. Unterbringungszentrum Debrecen: das größte Zentrum. Kapazität:

823 Plätze (Aufstockung auf 923 anhängig).

2. Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat: für Folgeantragsteller, Tolerierte, Personen im fremdenrechtlichen Verfahren, usw. und neuerdings auch Schutzberechtigte. Kapazität: 111 Plätze.

3. Unterbringungszentrum Bicske: Kapazität: 439 Plätze.

4. Unterbringungszentrum Vámosszabadi: Kapazität: 255 Plätze.

5. Temporäres Aufnahmezentrum Nagyfa: eröffnet am 12.1.2015; besteht aus beheizten Containern und dient der Aufnahme für lediglich einige Tage während der Aufteilung auf andere Zentren; Kapazität: 300 Plätze.

Die Zentren unterstehen dem BAH. NGOs, die mit BAH kooperieren und Dienstleistungen in den Zentren anbieten, werden von BAH koordiniert. Es ist noch nicht vorgekommen, dass AW wegen Platzmangel obdachlos geworden wären. Vulnerable werden nach Möglichkeit gesondert untergebracht. Laut EASO gibt es insgesamt in Ungarn 2.000 Unterbringungsplätze, die notfalls auf bis zu 2.500 aufgestockt werden können (AIDA 17.2.2015; vgl. EASO 03.2015).

Die große Zahl der Antragsteller, die sich zwischen Registrierung und Ankunft im Unterbringungszentrum absetzen, ist der Hauptgrund dafür, dass die Zahl der Untergebrachten deutlich geringer ist als die Zahl der Antragsteller. Laut Zahlen des BAH setzen sich 80-90% der Antragsteller in diesem Zeitraum ab (EASO 03.2015). Laut HHC verlassen ca 80% der Asylwerber Ungarn bereits innerhalb von 10 Tagen nach Antragstellung, 30-40% schon innerhalb von 24 Stunden (HHC 4.3.2015).

Unbegleitete Minderjährige werden nicht zusammen mit Erwachsenen, sondern im Kinderheim in Fót untergebracht (Kapazität: 35 Plätze)

Eine weitere Unterbringungsmöglichkeit ist in Hódmezovásárhely, wo eine katholische Wohltätigkeitsorganisation eine Unterkunft mit 18 Plätzen betreibt. In beiden Einrichtungen sind soziale und psychologische Dienste verfügbar (AIDA 17.2.2015). In Fót werden UMA in einem eigenen Gebäude innerhalb des Kinderheims untergebracht. Die Eröffnung einer weiteren Einrichtung für UMA mit 36 Plätzen ist in Planung. 2014 wurden insgesamt 1.072 UMA in Fót untergebracht. Im Jänner 2015 waren es 358. Trotz des hohen Andrangs konnte Ungarn die Unterbringung der UMA dennoch bewältigen, weil sehr viele (vorgebliche) UMA sich binnen kurzer Zeit absetzen (EASO 03.2015). UNHCR kritisierte dennoch die Lage der UMA in Ungarn; die Kapazitäten in Fót seien erschöpft (VB 10.6.2015).

In den Zentren erhalten die Untergebrachten 3 Mahlzeiten am Tag. Es kann überall selbst gekocht werden, religiöse Essensvorschriften werden beachtet. Die Zahl der Toiletten und Duschen ist in allen Einrichtungen ausreichend. Sozialarbeiter organisieren gelegentlich Freizeitaktivitäten. Jede Einrichtung verfügt über Computer, Gemeinschaftsräume, Sportplätze, manche auch über einen Spielplatz. Die AW können wann immer sie wollen ins Freie gehen. AW können sich auf eigene Kosten privat unterbringen, verlieren dann aber die meisten materiellen Zuwendungen der Versorgung. Vulnerable sind getrennt von anderen Antragstellern unterzubringen, was aber nicht immer gewährleistet werden kann (AIDA 17.2.2015).

Alle Zentren beschäftigen Sozialarbeiter, teilweise durch den Europäischen Flüchtlingsfonds finanziert, die sich um die AW kümmern und bei gewissen Dingen Hilfe stellen (administrative Aufgaben, Schulanmeldung der Kinder, Assisted Voluntary Return, Integration etc. Die Zahl der Sozialarbeiter und Sozialassistenten beläuft sich auf 22 in Debrecen, 21 in Bicske, 10 in Vámosszabadi und 11 in Nagyfa. Alle Zentren haben tägliche Routinen, wie Sprachstunden, kulturelle Aktivitäten, Sport, schulbezogene Aktivitäten für Kinder, usw. Es gibt Unterschiede zwischen den Zentren. Im Gegensatz zu geschlossenen Zentren gibt es in offenen Zentren keine Mindestanforderungen an die Zahl der Sozialarbeiter und der von ihnen bereitzustellenden Dienste. Es gibt ein staatsanwaltschaftliches Monitoring-System der Unterbringungsbedingungen, im Rahmen dessen es zweiwöchentliche stichprobenartige Überprüfungen gibt. Die BAH-Zentrale überprüft die Einrichtungen zumindest einmal jährlich (EASO 03.2015).

Die Unterbringungssituation in Ungarn ist angespannt, aber noch nicht bedenklich. Mit 2.6.2015 befanden sich rund 2.500 Personen in offenen Aufnahmeeinrichtungen, ca. 280 waren in Asylhaftzentren untergebracht. Grundsätzlich existieren zwar Zeltstädte (im Aufnahmezentrum Bicske), diese werden aber bis dato nicht benutzt und sind nur in Bereitschaft. Das Unterbringungszentrum Debrecen ist das größte seiner Art in Ungarn. Die allgemeine Lage in der offenen Aufnahmeeinrichtung kann als ausreichend, teilweise gut, bezeichnet werden. Einziges, größeres Manko ist die Unterbringung von derzeit rund 100 Männern auf Matratzenlagern. Es sind aber weitere Kapazitäten im Aufbau: Es befinden sich mehrere Gebäude auf dem Gelände in der finalen Sanierungsphase, zudem wurde ein großes Areal für die Aufstellung von bis zu 60 Containern adaptiert (Anschlüsse für Sanitäreinrichtungen etc.). Für Familien, und Vulnerable existieren eigene Unterbringungsmöglichkeiten, zudem besteht eine eigene Einrichtung für Kinder (gesponsert von LEGO, wobei Tischtennistische, Bücher, vier Computer, DVD-Player etc. vorhanden sind, die Betreuung erfolgt durch zwei Sozialarbeiterinnen). Die Waschräumlichkeiten sind, ebenso wie die Registrierungsstelle, in der Regel überfüllt, hier müssen Wartezeiten in Kauf genommen werden (VB 10.6.2015).

Quellen:

Medizinische Versorgung

Medizinische Dienste sind in jedem Unterbringungszentrum verfügbar. Bei Ankunft im Zentrum gibt es einen verpflichtenden Gesundheitscheck inklusive Test auf TBC, HIV und Hepatitis. Mehrmals wöchentlich sind Ärzte anwesend, eine Krankenschwester täglich. Die Untergebrachten beschweren sich jedoch über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal. Es besteht grundsätzlich ein Recht auf Behandlung durch einen Allgemeinmediziner. Spezialbehandlungen werden in umliegenden Spitälern durchgeführt - kostenlos nur im Notfall und wenn von einem Allgemeinmediziner überwiesen. Auch dort gibt es Verständigungsprobleme. In Bicske und Vámosszabadi ist der Mangel an medizinischer Betreuung am Wochenende ein Problem (AIDA 17.2.2015).

Personen mit besonderen Bedürfnissen (Vulnerable) haben das Recht auf zusätzliche kostenlose medizinische Hilfe, Rehabilitation, psychologische oder psychotherapeutische Behandlung usw., die nach Einschätzung eines Experten nötig ist. Es gibt die Möglichkeit Ärzte oder Psychologen beizuziehen. In Vámosszabadi und Balassagyarmat gibt es keine psychologische Unterstützung. Psychologische Betreuung wird zurzeit in einem reduzierten Ausmaß durch eine NGO in den meisten Zentren angeboten. AIDA nennt die NGO Cordelia. Sie arbeitet mit verbaler, non-verbaler, individueller oder Familien- bzw. Gruppentherapie, psychologischer und sozialer Beratung. Laut EASO kann die Behandlung von Folteropfern und PTBS derzeit nicht abgedeckt werden. Probleme bereitet laut AIDA die Betreuung geistig stark Behinderter und Suchtkranker. Medizinische Notversorgung ist auch garantiert, wenn ein Fremder kein Recht (mehr) auf materielle Versorgung hat (AIDA 17.2.2015; EASO 03.2015).

Notwendige Medikamente erhält ein Patient ebenfalls kostenfrei. Zahnarztbehandlungen werden in Notfällen gewährt. (BT 2.3.2012)

Die Cordelia Foundation verfügt über mehrere Psychiater (inkl. einen Kinderpsychiater), Psychologen, Sozialarbeiter, Übersetzer usw., die in einem "rehabilitation team" von 11 Personen mit den Traumatisierten in mehreren Zentren des BAH arbeiten. (Cordelia 31.5.2010, vgl. Pro Asyl 10.2013)

Quellen:

Schutzberechtigte

Schutzberechtigte können noch für zwei weitere Monate im Aufnahmezentrum bleiben. Tolerierte können im Zentrum Debrecen bleiben oder in der Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat untergebracht werden (AIDA 17.2.2015).

Mit 1.1.2014 traten Änderungen des ungarischen Asylgesetzes in Kraft, welche 2013 zusammen mit der Schaffung der asylrechtlichen Haft beschlossen wurden, aber im Gegensatz zu jener nicht bereits mit 1.7.2013 wirksam wurden. So wurde mit 1.1.2014 mittels Schaffung des Instruments des Integrationsvertrags die Integration von anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten neu geregelt. Seit 1.1.2014 ist die soziale Integration von Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten auf ein dezentrales System umgestellt und durch die Flüchtlingsbehörde in Kooperation mit dem zuständigen Familienunterstützungszentrum in der Wohnsitzgemeinde des Betreffenden, ermöglicht. In die Umsetzung können NGOs eingebunden werden. Zwischen dem bedürftigen Flüchtling/subsidiär Schutzberechtigten und der Behörde kann auf Antrag des Schutzberechtigten ein Integrationsvertrag abgeschlossen werden. Dieser Antrag ist nur binnen 4 Monaten ab Zuerkennung des Schutzstatus möglich. Der Integrationsvertrag gilt für zwei Jahre. Mit Abschluss des Integrationsvertrags verpflichtet sich der Schutzberechtigte zur Kooperation und das zuständige Familienunterstützungszentrum benennt einen Sozialarbeiter, der binnen 30 Tagen einen Betreuungsplan ausarbeitet. Das Familienunterstützungszentrum kann bei der Wohnungssuche und beim Kontakt mit Arbeitsämtern, anderen Behörden, bei der Arbeitssuche, bei Sprachkursen usw. helfen. Die Asylbehörde legt die Höhe der Beihilfen per Beschluss fest und schüttet diese monatlich aus. Die Leistungen aus dem Integrationsvertrag werden durch das lokale Familienunterstützungszentrum bereitgestellt. Die neue Gesetzeslage überträgt den Schutzberechtigten mehr Verantwortung, da sie einen größeren Betrag materieller Unterstützung aus dem Integrationsvertrag eigenständig für verschiedene Zwecke einsetzen müssen (z.B. Unterkunft, Sprachkurse, etc.). Gleichzeitig sind die Familienunterstützungszentren durch ihre Hilfeleistung essentiell für die Integration der Schutzberechtigten. Der Besuch von Sprachkursen ist nicht verpflichtend. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die privat untergebracht sind, haben ein Recht auf:

* Gesundheitsversorgung (Schutzberechtigte welche nicht unter das Sozialversicherungssystem fallen, haben für ein Jahr ab Statuszuerkennung das Recht auf kostenlose Krankenversorgung);

* eine Ausreisebeihilfe, wenn sie das Land endgültig verlassen;

* Wohnunterstützung (in Form eines unverzinslichen Darlehens);

* Integrationsunterstützung (gestaffelt nach Familiensituation und Vertragsdauer bis zu 215.000 HUF monatlich); (VB 18.1.2014, vgl. AIDA 30.4.2014 und AIDA 17.2.2015)

Nach Ablauf der zwei Jahre besteht Zugang zu Sozialhilfe nach den Vorgaben für ungarische Staatsbürger. (VB 24.1.2014)

Beantragt ein Berechtigter nicht binnen vier Monaten ab Statuszuerkennung den Integrationsvertrag oder verzieht er aus dem zuständigen Bezirk aus einem anderen Grund als Arbeitsaufnahme, Zuweisung einer Unterkunft, Familienzusammenführung oder gesundheitlicher Behandlung, verliert er das Recht auf den Integrationsvertrag. Die Auszahlung von Unterstützung oder Bereitstellung von Leistungen im Rahmen des Integrationsvertrags kann ausgesetzt werden, wenn der Schutzberechtigte durch eigene Schuld an 30 aufeinanderfolgenden Tagen die Bedingungen des Vertrags nicht erfüllt; wenn er falsche Angaben über Vermögen bzw. Einkommen macht; wenn er mehr als 30 Tage stationär behandelt werden muss; oder wenn er einer Straftat angeklagt und gegen ihn deswegen ermittelt wird. Die Auszahlung von Unterstützung oder Bereitstellung von Leistungen im Rahmen des Integrationsvertrags kann ganz beendet werden, wenn aus einem der o.g. Gründe die Suspendierung der Leistungen erneut nötig werden sollte (also im Wiederholungsfall), oder bei Verurteilung wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat. (UNHCR 12.4.2013 / BAH 14.10.2013)

Gemäß ungarischen Gesetzen haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte, die einen Integrationsvertrag unterschrieben haben und krankenversichert sind (z.B. aufgrund selbständiger oder unselbständiger Arbeit), oder deren Versicherung von der öffentlichen Hand übernommen wird (Minderjährige, Studenten, Obdachlose usw.), das Recht auf Krankenversicherung wie ungarische Staatsbürger. Wenn das monatliche Einkommen (inklusive Integrationsunterstützung) von Schutzberechtigten unter der Bedürftigkeitsgrenze liegt (HUF 28.500/Monat), gelten sie als bedürftig, womit auch ein Recht auf Krankenversorgung verbunden ist. Anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte ohne Integrationsvertrag, die krankenversichert sind (z.B. aufgrund selbständiger oder unselbständiger Arbeit) oder deren Versicherung von der öffentlichen Hand übernommen wird (Minderjährige, Studenten, Obdachlose usw.), haben das Recht auf Krankenversorgung unter denselben Bedingungen wie ungarische Staatsbürger. Unter den bisher genannten Bedingungen, müssen Schutzberechtigte nichts für ihre Krankenversorgung bezahlen. Gemäß den ungarischen Gesetzen muss jede Person, die zum Aufenthalt in Ungarn berechtigt ist (anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte), welche nicht krankenversichert ist und nicht aus sozialen Gründen zur Krankenversorgung berechtigt ist, monatlich HUF 6.810 für Gesundheitsdienste bezahlen und muss seit mindestens einem Jahr über eine Meldeadresse verfügen. Wenn eine Person, die nicht krankenversichert und nicht aus sozialen Gründen zur Krankenversorgung berechtigt ist, nicht über die geforderte Meldeadresse seit mindestens einem Jahr verfügt, kann sie einen speziellen Krankenversicherungsvertrag abschließen, bei dem monatlich 50% des offiziellen ungarischen Mindestlohns zu bezahlen sind (welcher sich auf HUF 50.750 beläuft). Eine Sozialversicherungsnummer wird allen Personen ausgestellt, die aus einem der og. Gründe das Recht auf Krankenversorgung haben. Die Nummer selbst hat keinen Einfluss auf die Rechte des Einzelnen, sondern belegt diese lediglich (VB 10.1.2015).

Nach Ungarn rücküberstellte anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte haben keinen Anspruch auf Unterbringung in den Unterbringungszentren für AW. Wenn Schutzberechtigte es durch ihre Abwesenheit oder sonst wie versäumt haben binnen 4 Monaten ab Statuszuerkennung den Abschluss eines Integrationsvertrags zu beantragen, gibt es keine Möglichkeit dies nachzuholen. Ihr Antrag würde abgelehnt werden. Wenn die rücküberstellten Schutzberechtigten bereits einen Integrationsvertrag abgeschlossen hatten, jedoch an mehr als 30 aufeinanderfolgenden Tagen die Bedingungen des Vertrags nicht erfüllt haben, ist der Integrationsvertrag mittlerweile ausgesetzt worden. BAH hat die Möglichkeit, den Vertrag bei Rückkehr wieder in Kraft zu setzen, wenn die Rückkehrer sich als kooperativ erweisen und die Verpflichtungen aus dem Integrationsvertrag erfüllen. Schutzberechtigte, deren Antrag auf Abschluss eines Integrationsvertrags abgelehnt oder deren Integrationsvertrag gekündigt wird, haben immer noch die Möglichkeit, um alle Unterstützungen anzusuchen, die auch ungarischen Staatsbürgern offen stehen. Das gilt für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte gleichermaßen. (BAH 11.8.2014)

2014 wurden für Integration im Rahmen von Integrationsverträgen EUR 714.000 ausgegeben. 593 Anträge auf einen Integrationsvertrag wurden gestellt, davon 483 abgeschlossen und 68 abgelehnt. Außerdem ergingen 169 Entscheidungen auf Suspendierung bzw. völlige Einstellung der Integrationsunterstützung. 2015 wurden bislang (Anm.: es ist unklar bis wann genau) EUR 121.500 ausgegeben. 76 Anträge auf einen Integrationsvertrag wurden gestellt, 103 Verträge wurden abgeschlossen und 8 abgelehnt. Außerdem ergingen 79 Entscheidungen auf Suspendierung der Integrationsunterstützung. 230 Personen werden derzeit durch einen Integrationsvertrag unterstützt (EASO 03.2015).

Quellen:

Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO Ungarn für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen, betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung der beschwerdeführenden Partei ernstlich für möglich erscheinen lassen würden, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben.

Der Beschwerdeführer leide an einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und einer posttraumatischen Belastungsreaktion. Der Beschwerdeführer sei aus der in Österreich erfolgten stationären Krankenbehandlung entlassen worden und er habe auch in Ungarn Zugang zu medizinischer Versorgung, wobei den Länderfeststellungen zu entnehmen sei, dass auch die Behandlung von psychischen Problemen gewährleistet sei und notwendig Medikamente kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller nachweislich am 30.07.2015 zugestellt.

3. Gegen den Bescheid richtet sich die am 05.08.2015 eingebrachte Beschwerde, in welcher der Antragsteller im Wesentlichen geltend machte, die behördliche Entscheidung vollinhaltlich anzufechten.

Der Beschwerdeführer sei als Person, die zweifellos aus einem Krisengebiet stamme, besonders vulnerabel und aufgrund seiner dokumentierten psychischen Erkrankungen, die durch den plötzlichen Tod seines Sohnes noch verschlimmert worden seien, besonders gefährdet, in Ungarn menschenrechtswidriger Behandlung ausgesetzt zu sein. Es sei äußerst fraglich, ob der Beschwerdeführer in Ungarn Unterstützung irgendeiner Art erhalten werde.

An der ungarischen Praxis, Asylwerber zu inhaftierten, werde international schwere Kritik geübt. Das ungarische Helsinki Komitee habe auch ausgeführt, dass die gerichtliche Überprüfung der asylrechtlichen Anhaltung in Ungarn weiterhin ineffektiv sei.

Die Behörde habe keine Einzelfallprüfung durchgeführt und übersehen, dass die Annahme, andere EU-Staaten wären sicher, eine widerlegbare Annahme sei.

Zudem bestehe für den Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Ungarn die Gefahr einer menschenrechtswidrigen Behandlung, da er keinerlei oder bloß mangelhafte Unterstützung oder Betreuung erhalten würde. In der Beschwerde wurde weiters auszugsweise ein Bericht zum ungarischen Asylsystem von EASO zitiert. Aus diesem Bericht geht - in Übereinstimmung mit den Länderfeststellungen der angefochtenen Entscheidung - hervor, dass im Jahr 2014 etwa 11 % der Antragsteller in Ungarn in asylrechtlicher Haft angehalten worden sind, während dies zu Beginn des Jahres 2015 etwa ein Prozent gewesen ist. Das EASO habe auch festgestellt, dass eine signifikante Zahl von Antragstellern ihre Anträge nicht weiter verfolgen und in andere Mitgliedstaaten reisen.

Aus Berichten des ungarischen Helsinki Komitees ergebe sich, dass der ungarische Premierminister die Erlassung von gesetzlichen Regelungen angekündigt habe, durch die die Rechte von illegal nach Ungarn eingereisten Personen einschließlich Asylwerbern eingeschränkt werden sollten. Die Organisation habe ihre Besorgnis ausgedrückt, dass die angesprochenen Rechtsänderungen gegen EU-Recht verstoßen würden.

Aus der Entscheidung des EGMR in der Sache Tarakhel gegen die Schweiz zum 04.11.2014 sei ersichtlich, dass eine Überstellung nach der Dublin Verordnung nicht zulässig sei, wenn eine adäquate Versorgung nicht garantiert werde. Dies hätte vom Bundesamt auf die spezifische Person des Beschwerdeführers bezogen untersucht werden müssen.

Die Behörde habe sich mit dem Privat-und Familienleben des Beschwerdeführers nur unzureichend auseinandergesetzt. Dieser habe nach traumatischen Erlebnissen in der Heimat und den Strapazen der langen Flucht nunmehr in Österreich Ruhe gefunden und bereits große Anstrengungen hinsichtlich der Integration unternommen. Der Wunsch des Beschwerdeführers, in der Nähe des Grabes seines Sohnes zu sein, zumal er erst in Österreich vom Tod des Sohnes erfahren habe, wäre jedenfalls im Rahmen der humanitären Erwägungen zu beachten gewesen.

Eine Abschiebung nach Ungarn würde eine Verletzung von Art. 2, 3 und im Fall der Beschwerdeführer auch Art. 8 EMRK darstellen und es werde um den Eintritt Österreichs in das Verfahren ersucht.

Es wurde vorgebracht, dass die Beweiswürdigung des BFA in keiner Weise überzeugend sei, jedoch hat es die Beschwerde nicht unternommen, konkrete Mängel der beweiswürdigenden Erwägungen zu bezeichnen. Die Beschwerde hat insbesondere auch keine Erklärung dafür angeboten, dass der Beschwerdeführer bei der Erstbefragung über die später behaupteten Missstände bei der Versorgung nach polizeilicher Anhaltung keinerlei Angaben gemacht hat.

Weiters wurde vorgebracht, dass die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung verfassungswidrig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am 06.12.2014 über Ungarn illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten ein und stellte dort am selben Tag einen Asylantrag. Nach etwa einwöchigem Aufenthalt in einer örtlichen Flüchtlingsunterkunft begab er sich nach Österreich, wo er am 16.12.2014 ebenfalls um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchte.

Das BFA richtete am 04.02.2015 ein Aufnahmeersuchen an Ungarn, welchem die ungarischen Behörden mit am 26.02.2015 eingelangtem Schreiben gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ausdrücklich zustimmten.

Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Ungarn an.

Konkrete, in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.

Der Antragsteller leidet an keinen schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Es liegen eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und eine posttraumatische Belastungsreaktion und eine bereits erfolgreich behandelte Pneumonie vor.

Ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der illegalen Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie der Asylantragstellung in Ungarn ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Einvernahmen im Zusammenhang mit der EURODAC-Treffermeldung und dem am 28.02.2015 beim BFA eingelangten Antwortschreiben der ungarischen Behörden.

Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei seitens Ungarns leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der ungarischen Dublin-Behörde ab.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Ungarn auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen. Die Beschwerde hat die Richtigkeit dieser Feststellungen nicht konkret in Zweifel gezogen und auch keine dem Inhalt dieser Quellen entgegenstehenden Berichte zitiert oder bezeichnet.

Die in der Stellungnahme des Beschwerdeführers und in der Beschwerde behaupteten Mängel bei der Versorgung von Asylwerbern in Ungarn wurden nicht durch zitierte oder auch nur genannte Länderberichte konkret belegt, sondern es stützte sich ihre Behauptung vor allem auf eine Gegenüberstellung der stark gestiegenen Zahl von in Ungarn gestellten Asylanträgen mit den Kapazitäten für die Versorgung von Asylsuchenden in diesem Staat. Dabei wurde übersehen, dass nach den nicht in Zweifel gezogenen Länderfeststellungen der angefochtenen Entscheidung ein signifikanter Teil der in Ungarn registrierten Asylwerber in andere Mitgliedstaaten weiterreist und daher keine Versorgung in Ungarn in Anspruch nimmt.

Die Feststellungen des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der beschwerdeführenden Partei in Österreich basieren auf ihren eigenen Angaben. Ein früher in Österreich als subsidiär Schutzberechtigter niedergelassener Sohn des Beschwerdeführers ist vor dessen Einreise verstorben.

Die Feststellungen über den Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Partei ergeben sich aus den vorgelegten Arztschreiben. Die diagnostizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind nicht schwerwiegend oder gar lebensbedrohend, da der Beschwerdeführer nach stationärer Behandlung in Österreich wegen Anpassungsstörung und Hinweis auf posttraumatische Belastungsstörung im März 2015 und wegen Pneumonie im Mai 2015 jeweils mit medikamentösen Behandlungsempfehlungen entlassen wurde und eine weitere stationäre Behandlung nicht erforderlich war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.1. Gemäß § 6 BVwGG, BGBl. I 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013, geregelt (§ 1). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 87/2012 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes (vgl. § 75 Abs. 18 AsylG 2005 idF BGBl I 144/2013).

§ 16 Abs. 6 und § 18 Abs. 7 BFA-VG bestimmen für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, dass §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden sind.

Da die vorliegende Beschwerde rechtzeitig innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Entscheidung genannten gesetzlichen Frist des § 22 Abs. 12 AsylG 2005 eingebracht wurde, ist diese Bestimmung nicht präjudiziell und war auf die in der Beschwerde angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht einzugehen.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. ...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.

Im vorliegenden Fall ist gemäß ihres Art. 49 (Inkrafttreten und Anwendbarkeit) die Dublin III-VO anzuwenden:

Art. 49

Inkrafttreten und Anwendbarkeit

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 .

Die in dieser Verordnung enthaltenen Verweise auf die Verordnung (EU) Nr. 603/2013 , Richtlinie 2013/32/EU und Richtlinie 2013/33/EU gelten, bis zu ihrer jeweiligen Anwendbarkeit, als Verweise auf die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 , Richtlinie 2003/9/EG bzw. Richtlinie 2005/85/EG .

Da die Dublin III-VO am 29.06.2013 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, trat sie am 19.07.2013 in Kraft und gilt jedenfalls für Anträge wie den vorliegenden, die nach dem 01.01.2014 (nach dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der VO) gestellt wurden.

Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

Artikel 13

Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

KAPITEL IV

ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN

Art. 16

Abhängige Personen

(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.

(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.

(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.

(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Art. 17

Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.

Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.

Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.

Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.

Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.

Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATES

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

3.2. In materieller Hinsicht ist die Zuständigkeit Ungarns zur Prüfung des in Rede stehenden Asylantrages in Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO begründet, da der Beschwerdeführer letztlich aus Serbien, einem Drittstaat, kommend, am 06.12.2014 die Landgrenze von Ungarn illegal überschritten hat und dort um die Gewährung internationalen Schutzes ansuchte. Zudem stimmte die ungarische Dublin-Behörde der Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO mit am 07.04.2015 eingelangtem Schreiben ausdrücklich zu.

Die Tatsache, dass der Beschwerdeführer zuvor in Griechenland eingereist war, schadet der Zuständigkeit Ungarns nicht. Zwar ergibt sich aufgrund der Einreise von der Türkei nach Griechenland gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zunächst eine Zuständigkeit Griechenlands. Eine Überstellung nach Griechenland kommt jedoch aufgrund der amtsbekannten, dort vorherrschenden, systemischen Mängel im Asylwesen nicht in Betracht. Für diese Fälle normiert Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO, dass die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortzusetzen ist, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann (vgl. auch schon zur Rechtslage nach der Dublin II-VO EuGH 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S. ua./Vereinigtes Königreich). Dies ist im vorliegenden Fall Ungarn.

Auch aus Art. 16 (abhängige Personen) und Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO (humanitäre Klausel) ergibt sich mangels familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet keine Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung des Antrages der beschwerdeführenden Partei.

3.3. Nach der Rechtsprechung des VfGH (zB 17.06.2005, B 336/05;

15.10.2004, G 237/03) und des VwGH (zB 23.01.2007, 2006/01/0949;

25.04.2006, 2006/19/0673) ist aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären.

Das BFA hat von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO keinen Gebrauch gemacht. Es ist daher zu prüfen, ob von diesem im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK oder der GRC zwingend Gebrauch zu machen wäre.

3.3.1. Mögliche Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK:

Gemäß Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK darf niemand Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Die bloße Möglichkeit einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigenden notorischen Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in Bezug auf Art. 3 EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter, auf den betreffenden Fremden bezogene Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 09.05.2003, 98/18/0317; 26.11.1999, 96/21/0499; vgl. auch 16.07.2003, 2003/01/0059). "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Art. 3 EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht (vgl. VwGH 17.02.1998, 96/18/0379; EGMR 04.02.2005, 46827/99 und 46951/99, Mamatkulov und Askarov/Türkei Rz 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung, ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Art. 13 EMRK, sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde. Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 25.04.2006, 2006/19/0673; 31.05.2005, 2005/20/0025; 31.03.2005, 2002/20/0582), ebenso weitere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung³, K13 zu Art. 19).

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12 , Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, welche ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Mit der Frage, ab welchem Ausmaß von festgestellten Mängeln im Asylsystem des zuständigen Mitgliedstaates der Union ein Asylwerber von einem anderen Aufenthaltsstaat nicht mehr auf die Inanspruchnahme des Rechtsschutzes durch die innerstaatlichen Gerichte im zuständigen Mitgliedstaat und letztlich den EGMR zur Wahrnehmung seiner Rechte verwiesen werden darf, sondern vielmehr vom Aufenthaltsstaat zwingend das Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO auszuüben ist, hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10 , N.S. ua./Vereinigtes Königreich, befasst und - ausgehend von der Rechtsprechung des EGMR in der Entscheidung vom 02.12.2008, 32733/08, K.R.S./Vereinigtes Königreich, sowie deren Präzisierung mit der Entscheidung vom 21.01.2011 (GK), 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - ausdrücklich ausgesprochen, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechtes durch den zuständigen Mitgliedstaat, sondern erst systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat die Ausübung des Selbsteintrittsrechtes durch den Aufenthaltsstaat gebieten.

Somit ist zum einen unionsrechtlich zu prüfen, ob im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylwerber vorherrschen, und zum anderen aus verfassungsrechtlichen Erwägungen, ob die beschwerdeführende Partei im Falle der Zurückweisung ihres Antrages auf internationalen Schutz und ihrer Außerlandesbringung gemäß §§ 5 AsylG und 61 FPG - unter Bezugnahme auf ihre persönliche Situation - in ihren Rechten gemäß Art. 3 und/oder Art. 8 EMRK verletzt werden würde, wobei der Maßstab des "real risk" anzulegen ist.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist im Einzelfall zu beurteilen, ob die Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen - zuständigen - Mitgliedstaat der Europäischen Union zulässig ist. Dabei ist die Frage, ob dieser Staat als "sicher" angesehen werden kann, vorrangig eine Tatsachenfrage, die nicht vom VwGH zu lösen ist. Die Beurteilung, ob die festgestellten Mängel im Zielstaat die Sicherheitsvermutung widerlegen und einer Überstellung des Asylwerbers unter Bedachtnahme auf die EMRK und die GRC entgegenstehen, ist hingegen eine - unter den Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG - revisible Rechtsfrage (21.08.2014, Ra 2014/18/0003).

Der angefochtene Bescheid enthält - wie oben dargestellt - ausführliche Feststellungen zum ungarischen Asylwesen. Diese Länderberichte basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des BFA, zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt.

Vor dem Hintergrund dieser Länderberichte und der erstinstanzlichen Erwägungen kann nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-VO nach Ungarn überstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage und/oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten gemäß der EMRK erfolgen würden, oder dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne eines "real risk" für den Einzelnen bestehen würde.

Eine wie in der Entscheidung des EGMR vom 21.01.2011 in der Rechtssache M.S.S./Belgien und Griechenland in Bezug auf Griechenland beschriebene Situation systematischer Mängel im Asylverfahren in Verbindung mit schweren Mängeln bei der Aufnahme von Asylwerbern kann jedoch in Ungarn im Hinblick auf die erstinstanzlichen Länderfeststellungen nicht erkannt werden. Des Weiteren vermögen einzelne Grundrechtsverletzungen, respektive Verstöße gegen Asylrichtlinien, die Anwendung der Dublin II-VO (und nunmehr der Dublin III-VO) demgegenüber unionsrechtlich nicht zu hindern und bedingen keinen zwingenden, von der Beschwerdeinstanz wahrzunehmenden, Selbsteintritt (EuGH C-411/10 und C-493/10 ).

Jedenfalls hätte die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen ihrer Rechte, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Ungarn und letztlich beim EGMR geltend zu machen.

Zur vorgebrachten Gefahr einer Inhaftierung im Falle einer Rückstellung ist anzumerken, dass sich aus den Länderfeststellungen keine Hinweise darauf ergeben, dass Ungarn in (menschen-)rechtswidriger Weise Haft über Asylsuchende verhängen würde. Eine solche ist in Ungarn - wie auch in anderen EU-Mitgliedstaaten - ausschließlich in einem gesetzlich vorgesehenen Rahmen zulässig. Auch die aus den Länderberichten des angefochtenen Bescheides ersichtliche Vollzugspraxis, wonach in Ungarn im Jahr 2014 etwa 11% aller Asylantragsteller in Asylhaft angehalten wurden und zu Beginn des Jahres 2015 davon 1% aller Antragsteller betroffen waren, lässt erkennen, dass eine exzessive Handhabung der asylrechtlichen Haft nicht erfolgt.

Zur Behauptung des Beschwerdeführers, er habe nach der in Ungarn erfolgten Anhaltung durch die Polizei nach seiner illegalen Einreise 24 Stunden lang keine Verpflegung erhalten und sei mit 60 bis 70 Personen in einem Raum untergebracht worden, ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen derartigen Vorfall im Zuge der Erstbefragung nicht behauptet sondern sowohl auf die Frage über Ereignisse während des Aufenthaltes in Ungarn als auch auf jene nach Gründen, weshalb er dorthin nicht zurückkehren wolle, geantwortet hat, dass er über dieses Land nichts angeben könne, weil er nur eine Woche lang dort gewesen sei. Wenn der Beschwerdeführer in Ungarn tatsächlich eine Anhaltung unter solchen unangemessenen Umständen erlebt hätte, so wäre zu erwarten gewesen, dass er ein solches Ereignis bei der Erstbefragung auf die entsprechenden konkreten Fragen darstellt. Da dies nicht der Fall war, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Verlauf des vorliegenden Verfahrens ein tatsachenwidrige gesteigertes Vorbringen getätigt hat, um dadurch Hinderungsgründe gegen eine Überstellung nach Ungarn geltend zu machen.

Selbst im Falle des Zutreffens der entsprechenden Angaben des Beschwerdeführers würde sich daraus allerdings kein solcher Hinderungsgrund ergeben. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Ereignisse bezogen sich auf die Umstände der polizeilichen Anhaltung des Beschwerdeführers unmittelbar nach seiner illegalen Einreise und vor der erkennungsdienstlichen Behandlung und Stellung eines Asylantrages. Die Ereignisse wären zutreffendenfalls darauf zurückzuführen, dass sich die ungarischen Behörden angesichts einer großen Anzahl von illegal eingereisten Personen mit Problemen ihrer Kapazitäten zur Gewährleistung einer angemessenen Unterkunft und einer rechtzeitigen Versorgung mit Nahrungsmitteln konfrontiert gesehen haben. Daraus ist allerdings nicht ableitbar, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rücküberstellungen nach Ungarn zur Führung seines Asylverfahrens von solchen Problemen betroffen wäre, zumal aus dem Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom 26.02.2015 ersichtlich ist, dass bei der nach Vorankündigung erfolgenden Übergabe an der Grenze den ungarischen Behörden jeweils nicht mehr als sechs Personen überstellt werden sollen.

Es geht das Gericht daher nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ungarn mangelnder Versorgung (etwa mit Lebensmitteln, wie von ihm behauptet) ausgesetzt ist. Den Länderberichten ist nämlich zu entnehmen, dass Asylsuchende ab Antragstellung bis zur rechtskräftigen Entscheidung ihres Asylverfahrens zur materiellen Versorgung berechtigt sind. Diese Versorgung besteht ua. aus Unterbringung, Verpflegung oder finanzieller Unterstützung zur Selbstverpflegung. Der Beschwerdeführer hat im Übrigen selbst nicht geltend gemacht, dass er während der etwa einwöchigen Unterbringung in einem Lager für Asylwerber in Ungarn mit Versorgungsproblemen konfrontiert war.

Überdies ist festzuhalten, dass der EGMR in seiner Entscheidung vom 03.07.2014, 71932/12, Mohammadi/Österreich, unter Berücksichtigung der aktuellen Berichtslage, einschließlich eines Berichtes des Hungarian Helsinki Commitees (HHC) über die mit 01.07.2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzesänderungen, des HHC Country Report Hungary, update 30.04.2014, sowie insbesondere des Umstandes, dass UNHCR niemals ein Positionspapier an die Mitgliedstaaten herausgegeben hat, worin diese um Abstandnahme von der Überstellung von Asylwerbern nach Ungarn gemäß der Dublin-VO ersucht wurden, festgestellt hat, dass die relevanten Länderberichte über die Situation von Asylsuchenden und insbesondere Dublin-Rückkehrern in Ungarn keine systemischen Mängel des ungarischen Asylwesens und des Systems der Anhaltung von Asylwerbern indizieren.

Eine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers ist auch nicht aus dem Inhalt der mit 01.07.2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzesänderungen ableitbar, da diese in der Entscheidung Mohammadi/Österreich bereits berücksichtigt wurden. Somit bildet die Einrichtung der asylrechtlichen Anhaltung, sollte der Antragsteller davon betroffen sein, weder an sich, noch aufgrund der dem EGMR vorgelegenen Berichtslage über die Haftbedingungen, einen Grundrechtseingriff.

Auch aus der aktuellen Rechtsprechung des VwGH (16.12.2014, Ra 2014/19/0007 und Ra 2014/19/0115) haben sich vor dem Hintergrund von inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmenden Feststellungen zur Situation in Ungarn in den betroffenen angefochtenen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise darauf ergeben, dass aufgrund von in Ungarn bestehenden Mängeln die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG widerlegt sei.

Darüber hinaus vermag der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Berlin vom 15.01.2015, VG 23 L 899.14, diese Einschätzung nicht zu widerlegen, handelt es sich dabei doch lediglich um eine Entscheidung auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung gegen eine Abschiebungsanordnung. Zudem belegen verschiedene Einzelfallentscheidungen deutscher Verwaltungsgerichte nicht solche systemischen, regelmäßig zu schweren Menschenrechtsverletzungen führenden, Mängel im ungarischen Asylwesen. In Einzelfällen und unter besonderer Berücksichtigung der individuellen Situation der jeweiligen beschwerdeführenden Partei können sich Überstellungen nach Ungarn zwar als unzulässig erweisen, dies geht jedoch keineswegs mit einem generellen Überstellungsverbot einher.

Auch die mit 01.08.2015 in Kraft getretenen geänderten asylrechtlichen Regelungen in Ungarn lassen eine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers, wie aus der nachstehenden Zusammenfassung des Inhalts der Bestimmungen durch die Staatendokumentation des BFA ersehen werden kann, nicht erwarten und es wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet.

Diese Zusammenfassung lautet:

"Das ungarische Parlament hat im Juli 2015 eine Reihe von Änderungen des Asylgesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerungen sind u.a. umfassende Mitwirkungspflichten; klarere Formulierung der Asylhaftgründe sowie deren verpflichtende Anwendung; Verbesserungen bei der Bestellung eines Vormunds für UM; Aufhebung der aufschiebenden Wirkung bei Folgeanträgen; Unzulässigkeit des Antrags bei Einreise aus sicherem Drittstaat usw. (VB 6.7.2015; VB 2.7.2015). Zudem wurde das Gesetz über die Staatsgrenzen zur Vorbereitung des Grenzzaunes geändert. Die Regierung ist nunmehr befugt, Boden von der Staatsgrenze beginnend bis 10m ins Landesinnere zum Bau des Zauns zu verwenden. Der zuständige Minister rechnet mit Errichtung innerhalb weniger Wochen (VB 6.7.2015).

Die Durchführungsverordnung für die Regelung der sicheren Dritt- & Herkunftsstaaten wurde am 21. Juli veröffentlicht und trat am 22. Juli in Kraft (VB 31.7.2015). Als sichere Herkunftsstaaten laut dieser VO gelten die Mitgliedsstaaten der EU sowie ihre Kandidatenländer außer der Türkei; Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums; und jene Bundesstaaten der USA, welche die Todesstrafe nicht mehr anwenden; sowie darüber hinaus: Schweiz, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kanada, Australien und Neuseeland. Dieselben Staaten gelten auch als sichere Drittstaaten (Regierungserlass 191/2015).

Die neue ungarische Gesetzeslage betreffend Asyl ist ab 1. August 2015 anzuwenden. (VB 31.7.2015).

Im Asylverfahren wird die Einteilung in Vorverfahren und inhaltliches Verfahren aufgehoben. Ein Antrag soll binnen 15 Tagen auf Zulässigkeit, Dublin-Relevanz oder Eignung für das beschleunigte Verfahren geprüft werden. Danach soll das Verfahren binnen max. 60 Tagen abgeschlossen sein. Unzulässig ist ein Antrag, wenn der Antragsteller EU-Bürger ist, bereits einen Schutzstatus in der EU besitzt, wenn der Antrag einen Folgeantrag ohne neue Elemente darstellt, usw. und wenn der ASt. über einen sicheren Drittstaat eingereist ist. Wenn der ASt. im sicheren Dritt- oder Herkunftsstaat nicht die Chance auf effektiven Schutz hatte, muss er binnen 3 Tagen erklären, warum der betreffende Staat in seinem spezifischen Fall nicht sicher ist. Das beschleunigte Verfahren ist u.a. anwendbar, wenn der ASt. illegal eingereist ist und keinen Antrag stellte, obwohl das möglich gewesen wäre. Trotzdem ist ein inhaltliches Verfahren zu führen und binnen 3 Tagen inhaltliche Beschwerde möglich, die im Falle, dass der ASt. illegal eingereist ist und keinen Antrag stellte, obwohl das möglich gewesen wäre; bzw. wenn er über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, auch aufschiebende Wirkung hat (Draft Amendment 29.6.2015).

Bei Folgeanträgen nach abschließender beendender oder zurückweisender Entscheidung, ist zu prüfen, ob neue Elemente vorliegen. Ist das nicht der Fall und der Folgeantrag wurde direkt vor einer Abschiebung gestellt, hat der Folgeantragsteller kein Recht auf materielle Unterbringung. Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung (Draft Amendment 29.6.2015).

Die Behörde kann das Verfahren des ASt. einstellen oder aufgrund der bereits vorhandenen Informationen entscheiden, u.a. wenn der Antragsteller nicht zum Interview erscheint oder er die festgelegte Unterkunft ohne Genehmigung für mehr als 48 Stunden verlässt. Der ASt. kann in diesen Fällen bis zu 9 Monate nach Beendigung, die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen (Draft Amendment 29.6.2015).

Beschwerde

Beschwerde gegen negative Entscheidungen im Asylverfahren ist binnen 8 Tagen möglich und das zuständige Gericht soll binnen 60 Tagen darüber entscheiden (Draft Amendment 29.6.2015).

Quellen:

Die laut Medienberichten erfolgte Ankündigung des ungarischen Premierministers, keine Asylwerber mehr auf Grundlage der Dublin III-VO zu übernehmen, ist seitens der ungarischen Behörden tatsächlich nicht umgesetzt worden. Eine Einschränkung des Zuganges des Beschwerdeführers zum Asylsystem in Ungarn ist daher daraus jedenfalls nicht ableitbar.

Im in der Beschwerde angesprochenen EGMR-Urteil vom 04.11.2014 in der Sache Tarakhel/Schweiz, 29217/12, wiederholte der Gerichtshof, dass die derzeitige allgemeine Situation von Asylsuchenden in Italien keineswegs mit jener in Griechenland, wie sie im Fall M.S.S./Belgien und Griechenland festgestellt wurde, zu vergleichen ist. Des Weiteren obliege es dem Aufenthaltsstaat, vor Überstellung der im Verfahren betroffenen Asylwerber eine Zusicherung für dessen Aufnahme und Unterbringung von Italien zu erhalten. Im dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall handelte es sich jedoch um eine mehrköpfige Familie einschließlich sechs minderjähriger Kinder, wobei es sicherzustellen galt, dass die gesamte Familie in Italien gemeinsam und dem Alter der Kinder entsprechend untergebracht wird. Das hier zu beurteilende Verfahren betrifft jedoch keine besonders vulnerable Person, da es sich beim Antragsteller um einen jungen Mann handelt, welcher zudem volljährig und alleinstehend ist. Daher ist der Urteilstenor nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken habe im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leide oder selbstmordgefährdet sei. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver sei, sei unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gebe. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führe die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche lägen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union werde auch zu berücksichtigen sein, dass dieser zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet sei. Gemäß Art. 15 dieser Richtlinie hätten die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst bzw. dass Asylwerber mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauernd eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia; EGMR Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N./Vereinigtes Königreich, Rn. 42ff; EGMR 03.05.2007, 31246/06, Goncharova & Alekseytsev; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh; 04.07.2006, 24171/05, Karim; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy; VfGH 21.09.2009, U 591/09; 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 31.03.2010, 2008/01/0312; 23.09.2009, 2007/01/0515).

Im vorliegenden Fall liegen bei der beschwerdeführend Parteien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor, die nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes zu Art. 3 EMRK eine Abschiebung nach Ungarn als eine unmenschliche Behandlung erscheinen ließe. Die beim Beschwerdeführer diagnostizierte Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und eine posttraumatische Belastungsreaktion und eine bereits erfolgreich behandelte Pneumonie bedurften keiner weiteren stationären Behandlung und es wurde eine medikamentöse Therapieempfehlung gegeben.

Laut den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides ist im zuständigen Mitgliedstaat der Zugang zu Gesundheitsversorgung gesichert, sodass davon ausgegangen werden kann, dass für den Fall, dass die beschwerdeführende Partei im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollte, eine solche gewährleistet wäre. Die ungarischen Behörden haben in ihrer Mitteilung vom 26.02.2015 um Bekanntgabe von Informationen über den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einschließlich allfälliger von ihm benötigter Medikamente ersucht. Dadurch erscheint - nach erfolgter Mitteilung der vom Beschwerdeführer benötigten Medikamente an die Behörde - sichergestellt, dass die erforderliche weitere medizinische Versorgung des Beschwerdeführers auch im zuständigen Mitgliedstaat erfolgen werde.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

Insgesamt gesehen handelt es sich im vorliegenden Fall nach dem Maßstab der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte um keinen "ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind" ("a very exceptional case, where the humanitarian grounds against the removal are compelling"), fehlt es doch an sämtlichen dafür maßgeblichen Kriterien: Denn im Fall D./Vereinigtes Königreich (EGMR 02.05.1997, 30240/96) lagen die ganz außergewöhnlichen Umstände darin, dass sich der Beschwerdeführer erstens in der Endphase einer tödlichen Erkrankung befand, zweitens für ihn im Herkunftsstaat keine Krankenbehandlung und -pflege verfügbar war und drittens mangels Angehöriger seine Grundbedürfnisse nicht gesichert waren.

Auch im Übrigen konnte die beschwerdeführende Partei keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, welche für eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK sprechen würden, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.

3.3.2. Mögliche Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK:

Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Es leben keine Verwandten oder sonstigen Familienangehörigen des Beschwerdeführers im Bundesgebiet. Überdies liegen auch keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich vor. Folglich würde eine Überstellung nach Ungarn weder Art. 16 Dublin III-VO verletzen, noch einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK verfassungsrechtlich gewährleistete Recht darstellen.

Aus dem Umstand, dass sich die Grabstätte des in Österreich verunglückten Sohnes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet befindet, ist ein Anspruch auf Gestattung des weiteren Aufenthaltes des Beschwerdeführers nicht ableitbar.

Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu deren Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von lediglich über acht Monaten war nur ein vorläufig berechtigter. Gemessen an der Judikatur des EGMR und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes ist dieser Zeitraum als kein ausreichend langer zu qualifizieren. Aus der Rechtsprechung des VwGH ergibt sich, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen überwiegen können (09.05.2003, 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt (05.07.2005, 2004/21/0124).

Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben nur sehr geringes Gewicht und treten fallbezogen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des VwGH ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund.

3.3.3. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem in Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO vorgesehenen Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen und eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz vorzunehmen.

3.4. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 61 Abs. 1 FPG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt. Wie oben ausgeführt, stellt die Anordnung zu ihrer Außerlandesbringung keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der beschwerdeführenden Partei auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens dar, sodass die Anordnung gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist. Die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 61 Abs. 2 FPG ist gegeben, da oben festgestellt wurde, dass dadurch keine Verletzung von Art. 3 EMRK bewirkt wird, und auch sonst keinerlei Hinweise auf eine Bedrohungssituation im Sinne des § 50 FPG vorliegen.

3.5. Nach § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

3.6. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts der erfolgten Sachentscheidung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG idF BGBl. I 164/2013 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Die tragenden Elemente der Entscheidung liegen allein in der Bewertung der Asyl- und Aufnahmesituation im Mitgliedsstaat, welche sich bereits aus den umfassenden und aktuellen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergab, weiters im Gesundheitszustand der beschwerdeführenden Partei sowie in der Bewertung der Intensität ihrer privaten und familiären Interessen und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

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