BVwG W159 1243009-3

BVwGW159 1243009-323.10.2014

AsylG 2005 §75 Abs20
AVG 1950 §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1
AsylG 2005 §75 Abs20
AVG 1950 §68 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W159.1243009.3.00

 

Spruch:

W159 1243009-3/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 08.09.2013, Zahl: 13 10.365-EAST-Ost, zu Recht erkannt:

A)

1. Die Beschwerde wird gem. §28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm §68 Abs. 1 AVG idgF als unbegründet abgewiesen.

2. In Erledigung von Spruchteil II. des Bescheides wird ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung gem. §75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF auf Dauer unzulässig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Gambia, gelangte am 13.01.2003 ohne die erforderlichen Dokumente auf dem Luftweg nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Asylantrag. Am 25.09.2003 wurde er vom Bundesasylamt, Außenstelle Wien, einvernommen. Dabei gab er einleitend an, dass er Staatsangehöriger von Gambia sei und lediglich 1 Jahr lang eine Koranschule besucht habe. Er sei von seinem Vater, welcher Soldat gewesen sei, erhalten worden. Sein Vater sei am 01.01.2003 festgenommen worden. Das habe ihm ein guter Freund seines Vaters erzählt und habe dieser ihn daraufhin außer Landes gebracht. Er wisse nicht, wer seinen Vater festgenommen habe und warum dieser festgenommen worden sei, ebenso wenig, welcher militärischen Formation sein Vater angehört habe, ob die Festnahme seines Vaters mit dessen Beruf zusammenhänge, wisse er ebenfalls nicht, ob er zuvor bereits Probleme gehabt habe, habe ihm sein Vater auch nicht erzählt. Er wisse auch nicht, was im Fall einer Rückkehr mit ihm geschehen würde.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 30.09.2003, Zahl: XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Asylantrag vom 13.01.2003 gem. §7 AsylG 1997 abgewiesen, unter Spruchteil II. wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Gambia gem. §8 leg.cit. für zulässig erklärt, eine Ausweisung wurde der damaligen Rechtslage entsprechend nicht ausgesprochen. In der Begründung des Bescheides wurde die oben bereits im Wesentlichen wiedergegebene Einvernahme dargestellt und anschließend festgehalten, dass die Identität mangels identitätsbezeugender Dokumente nicht feststehe. Nach (kurzen) Feststellungen zu Gambia wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass sich der Antragsteller auf abstrakte und allgemein gehaltene Darlegungen beschränkt habe und konkrete und detaillierte Angaben zu seinen Fluchtgründen trotz Nachfrage nicht habe machen können. Auf Grund dessen sei davon auszugehen, dass das Vorbringen lediglich auf einem gedanklichen Konstrukt beruhe und die Glaubwürdigkeit versagt habe werden müssen. Deswegen sei auch der Asylantrag abgewiesen worden.

Zu Spruchteil II. wurde nach Darlegung der bezughabenden Rechtslage festgehalten, dass im vorliegenden Fall von einer Glaubhaftmachung der Fluchtgründe nicht gesprochen werden könne und dass sich eine Gefährdung auch aus der allgemeinen Lage im Herkunftsland nicht ergäbe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller, wegen seiner damaligen Minderjährigkeit vertreten durch die Magistratsabteilung 11, Kompetenzzentrum für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge und Fragen des Aufenthaltsrechts des Magistrats der Stadt Wien, Berufung.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.11.2007, Zahl: XXXX, wurde die Berufung gem. §§ 7, 8 AsylG abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 28.11.2007 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung, dass er am Tag der Verhandlung des Unabhängigen Bundesasylsenates krankheitsbedingt verhindert gewesen sei.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 29.01.2008, Zahl:XXXX, gem. §71 Abs. 1 Z 1 AVG abgewiesen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.06.2011, Zahl: XXXX, der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (im Wesentlichen mit der Begründung, dass ein "minderer Grad des Versehens" vorliege).

Daraufhin führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch. Dabei gab der Beschwerdeführer an, dass er seit seiner Einreise nach Österreich dieses nicht verlassen habe. Er habe, als er im Jahr 2006 nach Gambia zurückkehren habe wollen, mit einem Freund seines Vaters telefonischen Kontakt gehabt, welcher ihm mitgeteilt habe, dass er von seinem Vater nichts mehr gehört habe, seit er festgenommen worden sei, wobei er ihm geraten habe, keinesfalls nach Gambia zurückzukehren. Er nannte einen Namen des Freundes seines Vaters und auch den Umstand, dass dieser Soldat sei. Näheres konnte er zu diesem jedoch nicht angeben. Zu anderen Personen aus seinem Herkunftsstaat habe er keinen Kontakt gehabt. Über Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt im September 2007 das Schreiben einer Schwester vorgelegt habe, gab er an, dass er gar keine Schwester in Gambia habe und hielt daraufhin der zuständige Senat fest, dass dieser Brief, welcher an einen gewissen XXXX adressiert gewesen sei, offenbar falsch zugeordnet worden sei. Seine Mutter sei schon verstorben, als er ein kleines Kind gewesen sei, sonst habe er niemanden mehr in Gambia. Über jenen Mann, welcher ihn nach dem Verschwinden seines Vaters außer Landes gebracht habe, wisse er nur, dass er Gambier sei. Seit seiner Ankunft in Österreich habe er von diesem auch nichts mehr gehört. Zu seinem Vater habe er eine gute Beziehung gehabt, aber er habe ihm nie etwas über seine Arbeit erzählt. Sein Vater habe darauf bestanden, dass er eine Koranschule besuche. Sie hätten auch Vieh zu Hause gehabt und habe er sich um die Tiere gekümmert. Sein Vater habe wohl noch 2 Brüder gehabt, aber auch mit diesen hätte der Vater den Kontakt abgebrochen, er wisse nicht warum. Er habe Angst vor einer Rückkehr nach Gambia, da ihm ein Freund seines Vaters dringend davon abgeraten habe, außerdem wüsste er nicht, wo er dort wohnen könnte. Die politische Lage in Gambia interessiere ihn nicht, er wisse darüber nichts. Er sei gesund und er habe in Österreich nie an schweren Krankheiten gelitten.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 17.01.2012, Zahl: XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. §71 Abs. 1 Z 1 AVG bewilligt und unter Spruchteil II. die Beschwerde gem. §§7, 8 AsylG 1997 idF BGBl. 127/2002, als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde beweiswürdigend zu den Fluchtgründen insbesondere darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtweg schon völlig unbestimmte Angaben gemacht habe und auch die Angaben zu den Fluchtgründen völlig unbestimmt, oberflächlich und vage gewesen seien und er sich weiters hinsichtlich des Zeitpunktes, wann er seinen Vater das letzte Mal gesehen habe, widersprochen habe. Der Beschwerdeführer sei während des gesamten Beschwerdeverfahrens nicht in der Lage gewesen, eine individuelle Verfolgungsgefahr gegen seine Person schlüssig darzustellen und seien auch die Feststellungen des Asylgerichtshofes in der Beschwerdeverhandlung hinsichtlich des Fehlens einer allgemeinen Rückkehrgefährdung für abgewiesene Asylwerber unwidersprochen geblieben und habe letztlich der Beschwerdeführer auch in dieser Verhandlung keine präsidentenkritischer Gesinnung erkennen habe lassen. Unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer über Ereignisse berichtet habe, die er selbst im Alter von 17 Jahren erlebt habe wollen, so sei das völlige Fehlen eines Wissens zu dem Themenkomplexen, wie etwa der beruflichen Tätigkeit des Vaters, völlig unplausibel und gebe es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sein Vater eine außergewöhnlich exponierte Person gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe daher zusammenfassend keine objektivierbare Verfolgungsgefahr von staatlicher Seite glaubhaft machen können. Ungeachtet der in vielen Bereichen schlechten Menschenrechtssituation in Gambia könne nicht von einem völlig unvorhersehbaren Vorgehen der gambischen Sicherheitsorgane und der gambischen Justiz gesprochen werden. Auch sei eine Existenzgefährdung für Rückkehrer nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Rechtlich begründend wurde daher im Wesentlichen gefolgert, dass eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund nicht gegeben sei. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens könne auch nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein könnte. Auch eine lebensbedrohende Erkrankung oder einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" habe der Beschwerdeführer weder behauptet noch bescheinigt und könne auch nicht die Rede davon sein, dass jedem, der nach Gambia abgeschoben werde, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohe, dass die Abschiebung im Lichte des Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention unzulässig erscheine.

Am 18.07.2013 stellte der Beschwerdeführer einen 2., den nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf Internationalen Schutz. Zu den Gründen seines neuerlichen Asylantrages gefragt gab er an, dass er einen Brief aus Gambia von einem Freund seines Vaters erhalten habe, wonach die Polizei in Gambia nach ihm suche, weil sein Vater Probleme mit der Polizei/Militär habe. Außerdem sei er mit Frau XXXX seit 2010 nach muslimischem Recht verheiratet und lebe mit ihr seit Ende 2012 in einer Lebensgemeinschaft. Bei einer Rückkehr nach Gambia würde er von der Polizei möglicherweise verhaftet und eingesperrt werden. Der Beschwerdeführer legte eine Vollmacht an XXXXvor, allerdings ohne Zustellvollmacht. Als Beweismittel wurden eine Ablichtung des Konventionspasses seiner Lebensgefährtin, sowie ein Externistenprüfungszeugnis über den Hauptschulabschluss übermittelt.

Am 16.08.2013 erfolgte eine weitere Einvernahme durch die Erstaufnahmestelle Ost des Bundesasylamtes. Einleitend gab der Beschwerdeführer an, dass er keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen könne, er sei seit September 2010 traditionell mit seiner Frau verheiratet und würden sie gemeinsam in einer Wohnung des XXXX seit Dezember 2012 leben. Er sei seit Jänner 2003 ununterbrochen in Österreich aufhältig. Er habe mit einem Freund seines Vaters im Mai 2012 telefoniert und habe dieser ihm geraten, in Österreich zu bleiben und nicht nach Gambia zurückzukehren. Den bereits erwähnten Brief habe er ihm erst 2013 geschickt. Darin stehe, dass sein Vater, einen Staatsstreich gegen den amtierenden Präsidenten versucht habe und dieser Putschversuch fehlgeschlagen sei. Wann dies gewesen sei, wisse er nicht. Der Bekannte wisse auch nicht, ob sein Vater Gambia verlassen habe oder verstorben sei. Er sei aber in keinem Gefängnis in Gambia. Die Regierung verdächtige nunmehr auch den Bekannten seines Vaters, dass auch dieser an dem Putsch beteiligt gewesen sei. Die Regierung suche auch nach ihm und könne er keinesfalls nach Gambia zurückkehren. Dem Beschwerdeführer wurde auch das Parteiengehör zur Länderfeststellung betreffend Gambia eingeräumt. Der Beschwerdeführer habe zum Teil auf Englisch und zum Teil auf Deutsch geantwortet, wobei er von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme Gebrauch machte.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle Ost, vom 08.09.2013, Zahl: XXXX, wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf Internationalen Schutz vom 18.07.2013 gem. §68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und unter Spruchteil II. der Antragsteller gem. §10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurde zunächst der bisherige Verfahrensgang, einschließlich der oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und weiters Feststellungen zu Gambia getroffen. Weiters wurde ausgeführt, dass das jetzige Vorbringen jedenfalls im untrennbaren Zusammenhang mit dem anlässlich des Erstverfahrens als völlig unglaubwürdig erachteten Angaben stehe und daher ein "Fortbestehen und Weiterwirken" eines Sachverhaltes behauptet werde, über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden sei. Dem Vorbringen im gegenständlichen Verfahren komme daher kein glaubhafter Kern zu. Auch sei keine besondere Integrationsverfestigung festzustellen. Rechtlich begründend zu Spruchteil I. wurde insbesondere ausgeführt, dass weder in der maßgeblichen Sachlage, noch im Begehren, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen lassen würde, sodass dem neuerlichen Antrag die Rechtskraft des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 17.01.2012 entgegen stehe. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere dargelegt, dass die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Lebensgemeinschaft zu einem Zeitpunkt entstanden sei, zu dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatusses in Österreich bewusst sein hätte müssen. Außerdem sei der Antragsteller in Österreich mehrfach straffällig geworden. Der Beschwerdeführer habe auch den überwiegenden Teil seines Lebens in Gambia verbracht und deute nichts darauf hin, dass es ihm bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Bei einer Gesamtabwägung der Interessen und bei Beachtung aller bekannten Umstände ergebe sich daher, dass die Ausweisung gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller vertreten durch XXXX, ohne Zustellvollmacht) Beschwerde. In dieser wurde kritisiert, dass die Länderfeststellungen mangelhaft gewesen seien und sich diese nur oberflächlich der generellen Lage in Gambia widmen würden, ohne auf das konkrete Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers einzugehen. Der Beschwerdeführer sei seiner Mitwirkungspflicht am Verfahren voll und ganz nachgekommen und habe er am Verfahren aktiv mitgewirkt. Dazu hätte die Behörde den Freund seines Vaters als Zeugen befragen müssen. Weiters sei zur Aufenthaltsverfestigung auch seine Frau als Zeugin beantragt worden. Es sei auch unrichtig, dass keine besondere Integrationsverfestigung festgestellt werden habe können. Der Beschwerdeführer habe es nämlich trotz Analphabetismus geschafft, sich die deutsche Sprache anzueignen und habe er Kursbestätigungen und ein Externistenprüfungszeugnis vorgelegt. Außerdem lebe er mit einer Asylberechtigten im gemeinsamen Haushalt. Schließlich sei der Beschwerdeführer schon seit Jahren nicht mehr rückfällig geworden und führe er nunmehr einen ordentlichen Lebenswandel. Der Beschwerdeführer habe auch versucht, Arbeit zu bekommen und sei es doch notorisch, dass Arbeitsbewilligungen für Asylwerber selten bis nie gewährt würden.

Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 02.10.2013 wurde der Beschwerde gem. §37 Abs.1 AsylG 2005 aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit Schriftsatz vom 26.10.2013 teilte der Beschwerdeführer mit, dass seine Lebensgefährtin schwanger sei und dass ihr 1. gemeinsames Kind am XXXX erwartet werde.

Mit Schreiben vom 18.09.2014 wurde der Beschwerdeführer seitens des nunmehr zuständigen Verwaltungsgerichtes aufgefordert innerhalb einer Frist von 3 Wochen sämtliche Dokumente zum Familienleben und zur Integration in Österreich zu übermitteln und bekannt zu geben, ob die Beschwerde hinsichtlich Spruchteil I. weiter aufrecht erhalten werde oder ob lediglich beantragt werde, die Ausweisung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

Mit Schriftsatz vom 14.10.2014 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er auf Grund der islamischen Heiratsurkunde vom 15.11.2013 mit Frau XXXX, welche anerkannter Flüchtling sei, nach islamischem Recht verehelicht sei (der diesbezügliche Asylbescheid, der Flüchtlingspass und die Heiratsurkunde wurden dazu in Kopie vorgelegt). Am 30.05.2014 wurde der gemeinsame Sohn XXXX in Wien geboren, welchem ebenfalls mit Bescheid vom 15.10.2014 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde (auch der diesbezügliche Bescheid wurde in Kopie vorgelegt). Die Familie habe daher ein schützenswertes, intensives Privat- und Familienleben und habe der Beschwerdeführer, der seit über10 Jahren in Österreich lebe, zahlreiche engere Freunde, wobei die diesbzüglichen Empfehlungsschreiben ebenfalls vorgelegt wurden. Weiters habe der Beschwerdeführer einen Hauptschulabschluss erworben und EDV-Kurse besucht und sich gute Deutschkenntnisse angeeignet und schließlich habe er sein soziales Engagement dadurch unter Beweis gestellt, dass er beim Aufbau des Vereines XXXX entscheidend mitgeholfen habe, wobei eine diesbezügliche Bestätigung schon vorgelegt worden sei. Der Beschwerdeführer zeige durchaus Bereitschaft, für den Lebensunterhalt der Familie aufzukommen, nur sei es ihm auf Grund der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Rahmenbedingungen bisher nicht möglich gewesen, unselbständig erwerbstätig zu werden. Er habe jedoch bereits einen aufschiebend bedingten Dienstvertrag der Fa. XXXX erhalten und könne dort zu arbeiten beginnen, sobald er eine Niederlassungsbewilligung bzw. Beschäftigungsbewilligung erhalte. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung müsse daher in Anbetracht des aufrechten Familienlebens und der hohen Integration zugunsten des Beschwerdeführers ausfallen und würde ihn eine Ausweisung in seinen gem. Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention geschützten Privat- und Familienlebens verletzen. Die Beschwerde zu Spruchpunkt I. wurde aufrecht erhalten, ohne dass dazu irgendein Vorbringen erstattet wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 7 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher das vorliegende Beschwerdeverfahren zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis

zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung demnach dem nach der geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter und ist der angefochtene Bescheid mittels Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 73 Abs. 1 AsylG 2005 ist das Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, am 01.01.2006 in Kraft getreten; es ist gemäß § 75 Abs. 1 AsylG 2005 auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.12.2005 noch nicht anhängig waren.

Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 BGBl. I Nr. 100/2005, idF BGBl. I Nr. 144/2013, sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen.

Zu A)

Zu 1.:

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.9.1994, 94/08/0183; 30.5.1995, 93/08/0207; 9.9.1999, 97/21/0913; 7.6.2000, 99/01/0321).

"Entschiedene Sache" iSd. § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 9.9.1999, 97/21/0913;

27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2002, 2000/07/0235; 17.9.2008, 2008/23/0684; 11.11.2008, 2008/23/1251; 19.2.2009, 2008/01/0344;

6.11.2009, 2008/19/0783). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.6.1998, 96/20/0266).

Aus § 68 AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen (vgl zB VwGH 27.9.2000, 98/12/0057; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344; 6.11.2009, 2008/19/0783).

Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den eine positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (VwGH 22.12.2005, 2005/20/0556; 26.07.2005, 2005/20/0343, mwN). Nimmt man daher eine positive Entscheidungsprognose an, dh könnten die behaupteten neuen Tatsachen - gemessen an der dem Bescheid der Erstinstanz im Erstverfahren zu Grunde liegenden Rechtsanschauung - zu einem anderen Verfahrensergebnis führen, so bedürfte es einer die gesamten bisherigen Ermittlungsergebnisse (gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Urkunden) einbeziehenden Auseinandersetzung mit ihrer Glaubwürdigkeit (vgl VwGH 19.7.2001, 99/20/0418; 16.02.2006, 2006/19/0380; 29. 11.2005, 2005/20/0365; 22.11.2005, 2005/01/0626). Das Bundesasylamt hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers oder mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen sein ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; 24.2.2000, 99/20/0173; 19.7.2001, 99/20/0418; 21.11.2002, 2002/20/0315; vgl auch VwGH 9.9.1999, 97/21/0913; 4.5.2000, 98/20/0578; 4.5.2000, 99/20/0193; 7.6.2000, 99/01/0321; 21.9.2000, 98/20/0564; 20.3.2003, 99/20/0480; 4.11.2004, 2002/20/0391; vgl. auch 19.10.2004, 2001/03/0329; 31.3.2005, 2003/20/0468; 30.6.2005, 2005/18/0197; 26.7.2005, 2005/20/0226; 29.9.2005, 2005/20/0365; 25.4.2007, 2004/20/0100; 17.9.2008, 2008/23/0684; 19.2.2009, 2008/01/0344).

Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH war zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob die Entscheidung im Verfahren über den ersten Asylantrag, nämlich das Erkenntnis des Asylgerichtshofes, welches die entschiedene Sache begründen soll, ordnungsgemäß zugestellt wurde, da ohne eine solche das Erkenntnis nicht in Rechtskraft erwachsen kann und diese eine Vorrausetzung der entschiedenen Sache darstellt (vgl. VwGH 28.02.2008, 2005/01/0473-6).

Das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom XXXX, wurde rechtswirksam (dem damaligen ausgewiesenen Vertreter) am 24.01.2012 zugestellt und erwuchs dieses somit in Rechtskraft.

Wie das Bundesasylamt in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausführt, steht das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers in einem untrennbaren Zusammenhang mit den anlässlich des Erstverfahrens als völlig unglaubwürdig erachteten Angaben bzw. baut auf diesen auf, sodass dies ebenfalls nicht als glaubwürdig erachtet werden kann. Wird nämlich lediglich ein "Fortbestehen und Weiterwirken" eines Sachverhaltes behauptet, über den bereits rechtskräftig (negativ) abgesprochen wurde, liegt kein wesentlich geänderter Sachverhalt vor (Verwaltungsgerichtshof vom 20.03.2003, 99/20/0480).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurden von der belangten Behörde auch jene Länderfeststellungen, die dem Parteiengehör unterzogen wurden, in den angefochtenen Bescheid aufgenommen, das diesbezügliche Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.

Es kann auch nicht davon gesprochen werden, dass sich die allgemeine bzw. politische Lage in Gambia notorischerweise zum Schlechten verändert hat, wobei es sich bei dem Beschwerdeführer, der schon als Jugendlicher seinen Herkunftsstaat verlassen hat, keineswegs um eine politisch exponierte Person handelt.

Wie in dem zugrundeliegenden Erkenntnis des Asylgerichtshofes bereits festgehalten wurde (Asylgerichtshof vom XXXX bestehe eine Sippenhaftung in der Regel nicht, sondern nur im Fall außerordentlich exponierter Personen, wofür sich im Fall des Beschwerdeführers jedoch keine Anhaltspunkte finden würden. Auch habe eine Internet-Recherche des Asylgerichtshofes den Vater des Beschwerdeführers betreffend zu keinem Ergebnis geführt, was jedenfalls (angesichts der relativ guten Dokumentation politischer Vorfälle in Gambia im Internet) bei einer politisch exponierten regierungskritischen Person äußerst wahrscheinlich gewesen wäre und habe der Beschwerdeführer bzw. sein Vertreter auch keine konkreten Belege für eine derartige Stellung des Vaters des Beschwerdeführers darlegen können (Asylgerichtshof a.a.O.).

Die Beschwerde zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zu 2.:

Gemäß § 75 Abs. 20 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Übergangsverfahren nach Abs. 19 leg. cit. in dem es den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes bestätigt (Z1), zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist, oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesasylamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1).

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in 2 Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zahl: B 328/07 und Zahl: B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Artikel 8 EMRK abzuwägen, wenn sie über eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom Verfassungsgerichtshof auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessensabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

1.

Die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; vom 16.09.2004, Ghiban, Zahl: 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

2.

Das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR vom 28.05.1985, Abdulaziz unter anderem, Zahl: 9214/80, 9473/81, 9478/81, EuGRZ 1985, 567; vom 20.06.2002, Al-Nashif, Zahl: 50963/99, ÖJZ 2003, 344; vom 22.04.1997, X, Y und Z, Zahl: 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR vom 02.08.2001, Boultif, Zahl: 5423/00).

3.

Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.

Den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR vom 04.10.2001, Adam, Zahl: 43359/98, EuGRZ 2002, 582; vom 09.10.2003, Slivenko, Zahl: 48321/99, EuGRZ 2006, 560; vom 16.06.2005, Sisojewa, Zahl: EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH vom 05.07.2005, Zahl: 2004/21/0124; vom 11.10.2005, Zahl: 2002/21/0124),

5.

Die Bindungen zum Heimatstaat

6.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zum Beispiel EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 11.04.2006, Useinov, Zahl: 61292/00), sowie

7.

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR vom 24.11.1998, Mitchell, Zahl: 40447/98; vom 05.09.2000, Solomon, Zahl: 44328/98; vom 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zahl: 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie und andere, Zahl:

265/07).

Der Beschwerdeführer führt ohne Zweifel ein sehr intensives Familienleben mit seiner religiös angetrauten Ehefrau und dem gemeinsamen, erst am 30. Mai 2014 geborenen Sohn, welche beide anerkannte Flüchtlinge sind, wobei sich der Beschwerdeführer auch intensiv um die alltägliche Betreuung des Kleinkindes kümmert, welches einer solchen persönlichen Betreuung, die nicht durch eine elektronische Kommunikation ersetzt werden kann, schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung bedarf.

In diesem Zusammenhang ist auch besonders das Kindeswohl (vgl. auch Urteil des EGMR v. 28.06.2011, Nunez gegen Norwegen, Kammer IV, Bsw Nr. 55-597/09) zu berücksichtigen, das in diesem Zusammenhang auf Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention verweist, wo das Wohl des Kindes als vorrangiger Gesichtspunkt hervorgestrichen wird (vgl. z. B. auch AsylGH vom 17.04.2012, Zl. D3 401794-1/2008/9E, AsylGH vom 04.06.2012, Zl.: D3 414251-2/2011/5E u.a.).

Dabei ist auch auf die jüngste Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu verweisen (EGMR Urteil vom 16.04.2013, Udeh gg. Schweiz, Nr. 12020/09), wonach eine Ausweisung in einem zum Beschwerdeführer ähnlich gelagerten Fall, eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellt. Im genannte Urteil handelte es sich nämlich um einen Staatsbürger von Nigeria, der unter falscher Identität 2001 in die Schweiz eingereist war, zuvor in Österreich wegen Drogenhandels jedoch strafrechtlich verurteilt worden war und auch sein Asylantrag war abgewiesen worden. 2003 heiratete er eine Schweizer Staatsangehörige, mit der er gemeinsame Zwillingstöchter hat (2003 geboren); mittlerweile war er geschieden und hat mit einer anderen Schweizerin ein weiteres Kind. Der Beschwerdeführer wurde 2006 in Deutschland erneut wegen Drogenhandels zu 3 Jahren und sechs Monaten Haftstrafe verurteilt, jedoch bereits 2008 entlassen und ist wieder in die Schweiz zurückgekehrt. 2009 wurde gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisungsanordnung erlassen. Laut EGMR liegt es aber im höherrangigen Interesse der Kinder, bei beiden Elternteilen aufzuwachsen, daher ist eine Aufenthaltsberechtigung in der Schweiz für den Beschwerdeführer die einzige Möglichkeit, um einen regelmäßigen Kontakt zu seinen Zwillingstöchtern aufrechthalten zu können. Unter Beachtung seiner familiären Beziehung zu seinen Kindern, seiner Straflosigkeit nach Begehung der schweren Straftat im Jahr 2006 und somit einer positiven Zukunftsprognose stellt der EGMR im Falle der Ausweisung des BF eine Verletzung von Art. 8 EMRK fest.

Auf Grund des dauernden Aufenthaltsrechtes seiner Frau und seines Sohnes in Österreich steht eine Fortsetzung des Familienlebens im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, wo dieser sich zumindest subjektiv vor Verfolgung fürchtet, keine realistische Alternative dar.

Der Beschwerdeführer ist seit fast zwölf Jahren (!) ununterbrochen in Österreich aufhältig und kommt angesichts dieses außerordentlich langen Zeitraumes dem Umstand, dass das Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem er sich seines unsicheren Statusses hätte bewusst sein müssen, nicht so große Bedeutung zu.

Obwohl der Beschwerdeführer ursprünglich nahezu als Analphabet nach Österreich eingereist ist, ist es ihm in der Zwischenzeit gelungen, einen Hauptschulabschluss zu erreichen und EDV-Kurse abzuschließen und sich auch sehr gute Deutschkenntnisse anzueignen, sodass die letzten Einvernahmen schon weitgehend in deutscher Sprache erfolgen konnten. Außerdem hat sich der Beschwerdeführer in Österreich bei verschiedenen Vereinen und Institutionen (zum Beispiel beim Aufbau des XXXX) engagiert und zahlreiche österreichische Freunde gefunden, die auch bereit waren, ihn mit einem Schreiben zu unterstützen. Es liegen somit sehr starke Bindungen zu Österreich vor.

Besonders heben die österreichischen Freunde das Interesse an der österreichischen Kultur und Lebensart des Beschwerdeführers hervor.

Dem gegenüber sind die Bindungen zu seinem ursprünglichen Herkunftsstaat nur äußerst schwach ausgeprägt. Er verfügt dort seinen eigenen Angaben zufolge über keine verwandtschaftlichen Verbindungen mehr, nachdem seine Mutter verstorben und sein Vater verschwunden sei, sondern lediglich über - offenbar auch seit längerer Zeit nicht mehr vorhandenen - Kontakt zu einem Freund seines Vaters und kann er somit angesichts des Umstandes, dass er schon einen so langen Zeitraum nicht mehr in seinem Herkunftsstaat aufhältig war und diesen als Jugendlichen verlassen hat, dort als "entwurzelt" bezeichnet werden.

Wenn auch der Beschwerdeführer noch nicht selbsterhaltungsfähig ist, so ist dieser Umstand bisher an den ausländerbeschäftiungsrechtlichen Regelungen gescheitert, der Beschwerdeführer hat jedoch bereits einen Dienstvertrag (mit einem XXXX) vorgelegt, das bereit wäre, ihn im Falle einer Beschäftigungsbewilligung oder Arbeitserlaubnis sofort einzustellen und könnte daher kurzfristig Selbsterhaltungsfähigkeit eintreten.

Wenn auch der Beschwerdeführer zweimal in Österreich durch ein Landesgericht zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, so ist in diesem Zusammenhang doch erheblich zu berücksichtigen, dass die letzte Verurteilung mehr als 7 Jahre (!) zurückliegt und der Beschwerdeführer sich nunmehr schon längere Zeit - offenbar auch in Anbetracht der Gründung einer eigenen Familie - wohl verhalten hat. Es ist daher insgesamt bei Berücksichtigung aller individuellen Umstände von seiner positiven Zukunftsprognose auszugehen (siehe auch AsylGH v. 21.11.2013, D18 319670-1/2008/27E)

Wenn der Beschwerdeführer auch mehrere Asylanträge gestellt hat, so ist doch festzuhalten, wenn es nicht gelingt, einen Fremden im Zuge eines langjährigen Aufenthaltes dauerhaft außer Landes zu schaffen, ein Abdrängen in die Illegalität bzw. eine dauerhafte Behinderung der Selbsterhaltungsfähigkeit auch als keine adäquate Reaktion erscheint.

Zusammenfassend war daher im Rahmen der Interessenabwägung zu befinden, dass im vorliegenden Fall auf Grund des intensiven Familienlebens, der langen Aufenthaltsdauer und der hohen Integration des Beschwerdeführers dem persönlichen Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehrentscheidung der Vorzug zu geben war.

Da die maßgeblichen Umstände in ihrem Wesen nicht bloß vorübergehend sind, war die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).

Der Beschwerde zu Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides war daher Folge zu geben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Vielmehr wurden die in dem vorliegenden Fall auftauchenden Rechtsfragen auf Basis der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes gelöst und damit begründet.

Im Übrigen stehen im vorliegenden Erkenntnis Tatsachenfragen insbesondere die Beweiswürdigung und Fragen der Integration im Vordergrund. Es liegen somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung vor.

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