Normen
B-VG Art 7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z3
StGG Art2, Art5, Art6
EMRK 1. ZP Art1
COVID-19-MaßnahmenG §1, §2, §3, §7, §8
COVID-19-NotmaßnahmenV BGBl II 479/2020 §7
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V572.2020
Spruch:
I. Der Hauptantrag auf Aufhebung des §7 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID‑19 getroffen werden, BGBl II Nr 479/2020, wird zurückgewiesen.
II. Der Eventualantrag auf Aufhebung des §7 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID‑19 getroffen werden, BGBl II Nr 479/2020, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B‑VG begehrt die antragstellende Gesellschaft, der Verfassungsgerichtshof möge §7 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (COVID‑19‑Notmaßnahmenverordnung – COVID‑19‑NotMV), BGBl II 479/2020, in eventu §7 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, als gesetzwidrig aufheben.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 (COVID‑19-Maßnahmengesetz – COVID‑19‑MG), BGBl I 12/2020, idF BGBl I 104/2020 lauten bzw lauteten – auszugsweise – wie folgt:
"Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen
§1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen.+
[…]
(5) Als Auflagen nach diesem Bundesgesetz kommen insbesondere in Betracht:
1. Abstandsregeln,
2. die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,
3. sonstige Schutzmaßnahmen wie organisatorische oder räumliche Maßnahmen und
4. Präventionskonzepte, das sind programmhafte Darstellungen von – dem jeweiligen Angebot angepassten – Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.
(6) Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz sind insbesondere bestimmte Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten und Verkehrsmitteln.
(7) Die Bewertung der epidemiologischen Situation hat insbesondere anhand folgender Kriterien zu erfolgen:
1. Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,
2. Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle,
3. Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen,
4. durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate und
5. regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme.
(8) In einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung können typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen werden und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden („Ampelsystem“).
Corona-Kommission
§2. (1) Zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß §1 Abs7 ist beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein Beirat (Corona-Kommission) einzurichten.
(2) Die Empfehlungen der Corona-Kommission sind auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen. Darüber hinaus sollen auch die wesentlichen Begründungen dafür veröffentlicht werden.
Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln
§3. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung
1. das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,
2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß §2 Abs3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und
3. das Benutzen von Verkehrsmitteln oder nur bestimmten Verkehrsmitteln
geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.
(2) In einer Verordnung gemäß Abs1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.
[…]
Zuständigkeiten
§7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen.
[…]
(4) In einer Verordnung gemäß Abs1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden.
[…]
Strafbestimmungen
§8. […]
(3) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß §4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs1 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort, deren/dessen Betreten oder Befahren gemäß §§3 und 4 untersagt ist, nicht betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen.
[…]
Anhörung der Corona-Kommission
§10. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat – außer bei Gefahr in Verzug – vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.
Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates
§11. (1) Folgende Verordnungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bedürfen des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates:
1. Verordnungen gemäß §3 Abs2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, […].
[…]
(3) In einer Verordnung gemäß §3 Abs2 letzter Satz und §4 Abs2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. […]"
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID‑19 getroffen werden (COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – COVID‑19-NotMV), BGBl II 479/2020, (der mit dem Eventualantrag zur Gänze angefochtene §7 ist hervorgehoben) lauteten:
"Ausgangsregelung
§1. (1) Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung ist das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs nur zu folgenden Zwecken zulässig:
1. Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
2. Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,
3. Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere
a) der Kontakt mit
aa) dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner,
bb) einzelnen engsten Angehörigen,
cc) einzelnen wichtigen Bezugspersonen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich Kontakt gepflegt wird,
b) die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens,
c) die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen,
d) die Deckung eines Wohnbedürfnisses,
e) die Befriedigung religiöser Grundbedürfnisse, wie Friedhofsbesuche und individuelle Besuche von Orten der Religionsausübung, sowie
f) die Versorgung von Tieren,
4. berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist,
5. Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung,
6. zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen,
7. zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie,
8. zum Zweck des zulässigen Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten gemäß den §§5, 7 und 8 sowie bestimmten Orten gemäß den §§9, 10 und 11, und
9. zur Teilnahme an Veranstaltungen gemäß den §§12 und 13.
(2) Zum eigenen privaten Wohnbereich zählen auch Wohneinheiten in Beherbergungsbetrieben sowie in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen.
[…]
Kundenbereiche
§5. (1) Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von
1. Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren,
2. Dienstleistungsunternehmen zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen oder
3. Freizeiteinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Freizeiteinrichtungen
ist untersagt. Z1 gilt nicht zum Zweck zumindest zweiseitig unternehmensbezogener Geschäfte.
[…]
(4) Abs1 gilt nicht für
1. öffentliche Apotheken,
2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter,
3. Drogerien und Drogeriemärkte,
4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln,
5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,
6. Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw Chancengleichheitsgesetze erbracht werden,
7. veterinärmedizinische Dienstleistungen,
8. Verkauf von Tierfutter,
9. Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten,
10. Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel,
11. Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen,
12. Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des §5 Abs4 fallen sowie Postgeschäftsstellen iSd §3 Z7 PMG, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter §5 Abs4 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter §5 Abs4 erlaubten Tätigkeiten, und Anbieter von Telekommunikation,
13. Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske und
14. KFZ- und Fahrradwerkstätten.
(5) Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen und Auflagen zulässig:
1. Der Kundenbereich der Betriebsstätten gemäß Abs4 Z2 bis 4, 8 bis 10 und 12 bis 14 darf nur in der Zeit zwischen 06.00 und 19.00 Uhr betreten werden. Dies gilt nicht für die Warenabgabe aus Automaten. Restriktivere Öffnungszeitenregeln aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
2. Es dürfen nur Waren angeboten werden, die dem typischen Warensortiment der in Abs4 genannten Betriebsstätten des Handels entsprechen.
3. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.
4. Kunden haben eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.
5. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
6. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 10 m2 zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 10 m2, so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.
7. Für baulich verbundene Betriebsstätten (z. B. Einkaufszentren, Markthallen) gilt Z6 mit der Maßgabe, dass die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten und des Verbindungsbauwerks zusammenzuzählen sind und dass sich sowohl auf der so ermittelten Fläche als auch im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 10 m² der so ermittelten Fläche bzw des Kundenbereichs der Betriebsstätte zur Verfügung stehen.
(6) Kann auf Grund der Eigenart der Dienstleistung
1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Kunden und Dienstleister und/oder
2. vom Kunden das Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden,
ist diese nur zulässig, wenn durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
(7) Alle zulässigen Dienstleistungen sind tunlichst im elektronischen Wege anzubieten.
(8) Abs5 Z1 bis 5 gilt sinngemäß für
1. Märkte im Freien und
2. Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bei Parteienverkehr.
(9) Abs5 Z3 bis 5 gilt sinngemäß für geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung.
[…]
Gastgewerbe
§7. (1) Das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes ist untersagt.
(2) Abs1 gilt nicht für Gastgewerbebetriebe, die innerhalb folgender Einrichtungen betrieben werden:
1. Krankenanstalten und Kuranstalten,
2. Alten-, Pflege- und Behindertenheimen,
3. Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten,
4. Betrieben
wenn diese ausschließlich durch die dort betreuten, untergebrachten oder nicht zum bloßen Besuch aufhältigen Personen oder durch Betriebsangehörige genutzt werden.
(3) Abs1 gilt nicht für Beherbergungsbetriebe, wenn in der Betriebsstätte Speisen und Getränke ausschließlich an Beherbergungsgäste verabreicht bzw ausgeschenkt werden. Die Verabreichung und Konsumation hat tunlichst in der Wohneinheit zu erfolgen.
(4) Abs1 gilt nicht für öffentliche Verkehrsmittel, wenn dort Speisen und Getränke ausschließlich an Benutzer des öffentlichen Verkehrsmittels verabreicht bzw ausgeschenkt werden.
(5) Hinsichtlich der Ausnahmen gemäß Abs2 bis 4 gilt:
1. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten und – ausgenommen während des Verweilens am Verabreichungsplatz – eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.
2. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass die Konsumation von Speisen und Getränken nicht in unmittelbarer Nähe der Ausgabestelle erfolgt.
3. Speisen und Getränke dürfen in der Betriebsstätte nur im Sitzen an Verabreichungsplätzen konsumiert werden. Der Betreiber hat die Verabreichungsplätze so einzurichten, dass zwischen den Personengruppen ein Abstand von mindestens einem Meter besteht. Dies gilt nicht, wenn durch geeignete Schutzmaßnahmen zur räumlichen Trennung das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
4. Der Betreiber und seine Mitarbeiter haben bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.
5. Selbstbedienung ist zulässig, sofern durch besondere hygienische Vorkehrungen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.
(6) Hinsichtlich der Ausnahmen gemäß Abs2 bis 4 darf der Betreiber das Betreten und das Befahren der Betriebsstätte nur im Zeitraum zwischen 06.00 und 19.00 Uhr zulassen. In Betrieben ist das Betreten durch Betriebsangehörige im Schichtbetrieb durchgehend zulässig. Restriktivere Sperrstunden und Aufsperrstunden aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
(7) Abweichend von Abs1 ist die Abholung von Speisen und Getränken zwischen 06.00 und 19.00 Uhr zulässig. Die Speisen und Getränke dürfen nicht im Umkreis von 50 Metern um die Betriebsstätte konsumiert werden. Bei der Abholung ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten sowie eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.
(8) Abs1 gilt nicht für Lieferservices."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt einen Gastronomiebetrieb.
1.1. Zu ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft im Wesentlichen aus, die angefochtenen Rechtsvorschriften würden sie aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtsposition betreffen. Das in §7 Abs1 COVID‑19-NotMV verordnete Betretungsverbot für Kunden bedeute im Ergebnis, dass die betroffenen Betriebsstätten, ua auch jene der antragstellenden Gesellschaft, geschlossen werden müssten. Vor Auftreten von COVID‑19 sei sie berechtigt gewesen, ihre Betriebsstätten für Kunden offen zu halten und ihnen Dienstleistungen des Gastgewerbes anzubieten. Bereits ab 25. September 2020 bis zum 3. November 2020 sei der antragstellenden Gesellschaft durch eine Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg willkürlich untersagt worden, ihre Betriebsstätte länger als bis 22:00 Uhr geöffnet zu halten. Auf Grund der COVID‑19‑Schutzmaßnahmenverordnung (COVID-19-SchuMaV) und nunmehr §7 Abs1 COVID‑19-NotMV sei es der antragstellenden Gesellschaft überhaupt nicht mehr gestattet, das Betreten ihrer Betriebsstätte für Kunden zuzulassen. Dieses und die vorangehenden Verbote schränkten ihre unternehmerische Dispositionsfreiheit bereits seit 25. September 2020 nachteilig ein und griffen somit in das subjektive Recht der antragstellenden Gesellschaft, in concreto in ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums und Freiheit der Erwerbsbetätigung ein. Da hinsichtlich Betriebsstätten von Gastronomiebetrieben ein grundsätzlich gänzliches Betretungsverbot bestehe, die Betreiber von in §7 Abs2 COVID‑19-NotMV genannten Betriebsstätten diese jedoch geöffnet halten dürften, verstoße §7 Abs1 COVID‑19-NotMV gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Im Übrigen habe der Verordnungsgeber seine Überlegungen zur Verordnung nicht klar dargelegt und verstoße diese daher gegen Art18 Abs2 B‑VG. Ein anderer Weg, diese Bedenken gegen die Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, liege nicht vor. Durch Verletzung des Verbotes könne die Antragstellerin eine Verwaltungsstrafe nach §8 Abs3 COVID‑19-MG provozieren, was nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keinen zumutbaren Weg darstelle.
1.2. Im Rahmen der Darlegung ihrer Bedenken führt die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst aus, §7 Abs1 COVID‑19-NotMV greife in ihr Eigentumsrecht ein, indem er ihr untersage, ihren Kunden Dienstleistungen zu erbringen. Die Bestimmung sei weder adäquat noch sonst sachlich gerechtfertigt. Dem Verordnungsgeber stünden gelindere Mittel zur Verfügung, um das öffentliche Interesse – den Gesundheitsschutz – zu erreichen. So müsste der Verordnungsgeber den Gastgewerbetreibenden die Erbringung von Dienstleistungen in ihrer Betriebsstätte nicht gänzlich untersagen, sondern könnte diese unter Auflagen stellen, die ein Infektionsrisiko verringerten. Alternativ kämen kürzere Sperrstunden in Frage bzw eine Wahlmöglichkeit für den Gastronomen, seine Betriebsstätte zumindest einige Stunden pro Tag geöffnet zu halten, eine Beschränkung der Anzahl von Gästen oder eine Beschränkung der Personen, die an einem Tisch sitzen dürfen.
1.3. Durch §7 Abs1 COVID‑19-NotMV werde auch in das subjektive Recht der antragstellenden Gesellschaft auf Freiheit der Erwerbsbetätigung eingegriffen, weil sie ihr Gastgewerbe nicht mehr ausüben könne. Das Betretungsverbot sei zwar an sich geeignet, das damit verfolgte – im öffentlichen Interesse gelegene – Ziel, eine Überlastung des Gesundheitssystems auf Grund des derzeit kursierenden Virus zu verhindern, zu erreichen. Die Bestimmung sei aber weder adäquat noch sonst sachlich gerechtfertigt und stünden gelindere Mittel zur Verfügung, um das öffentliche Interesse zu erreichen. Konkret komme das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes, die räumliche Trennung von Tischen, eine Begrenzung der zeitgleich anwesenden Kunden sowie eine Beschränkung der Öffnungszeiten in Frage.
1.4. Das in §7 Abs1 COVID‑19-NotMV normierte Betretungsverbot sei willkürlich und entbehre jeglicher sachlicher Rechtfertigung. Betriebsstätten von Gastgewerben zeichneten sich dadurch aus, dass deren Kunden längere Zeit in der Betriebsstätte verweilen als in anderen Betriebsstätten. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum das Infektionsrisiko in Betriebsstätten von Gastgewerben höher sein sollte als in den in §7 Abs2 COVID‑19-NotMV genannten Fällen. Das Ansteckungsrisiko sei in beiden Fällen auf Grund des längeren Kontaktes gegeben. Inwiefern in Betriebskantinen, Cafés in Krankenhäusern, Pflegeheimen und dergleichen ein geringeres Ansteckungsrisiko gegeben sein solle als in herkömmlichen Gastronomiebetrieben, sei nicht erklärlich. Die Tatsache, dass diese Betriebsstätten nur für Mitarbeiter geöffnet haben dürfen, ändere daran nichts. Es bestünden daher keine Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Betriebsstätten von Gastgewerben nach §7 Abs1 und §7 Abs2 COVID‑19-NotMV. Dementgegen regle der Verordnungsgeber aber das Betreten dieser Betriebsstätten unterschiedlich. Damit sei die Ungleichbehandlung sachlich nicht gerechtfertigt und würde §7 Abs1 COVID‑19-NotMV ihrer gesetzlichen Grundlage einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellen.
1.5. Die Gründe für die Verordnungserlassung, insbesondere inwieweit eine gänzliche Schließung von Gastronomiebetrieben zur Verhinderung von COVID‑19 erforderlich sei, eine gänzliche Schließung von Gastronomiebetrieben in Betrieben, Krankenanstalten, Pflegeheimen und dergleichen aber nicht, seien nicht erkennbar. Insbesondere habe die Schließung der Gastronomiebetriebe ultima ratio zu sein. Erneut habe es der Verordnungsgeber unterlassen, festzuhalten, auf welcher Informationsbasis die Verordnungsentscheidung fuße und auf Grund welcher Umstände seine Abwägungsentscheidung erfolgt sei. §7 Abs1 COVID‑19-NotMV sei auch aus diesem Grund verfassungs- und damit gesetzwidrig.
2. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (im Folgenden: BMSGPK) hat die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnungsbestimmung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der er die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung begehrt.
2.1. Zur Zulässigkeit führt der BMSGPK aus, dass sowohl der Hauptantrag als auch der Eventualantrag zu eng gefasst seien: An den im Hauptantrag bekämpften §7 Abs1 COVID‑19-NotMV knüpften die Ausnahmen des §7 Abs2 bis 4 und §7 Abs7 erster Satz sowie §7 Abs8 COVID‑19-NotMV unmittelbar an. §7 Abs5 und 6 COVID‑19-NotMV normierte wiederum spezielle Bestimmungen für die vom Betretungsverbot ausgenommenen Betriebsstätten gemäß §7 Abs2 bis 4. Somit stünden alle genannten Bestimmungen des §7 COVID‑19-NotMV mit dem Betretungsverbot des §7 Abs1 leg cit in untrennbarem Zusammenhang und hätten mitangefochten werden müssen. Auch der Eventualantrag sei zu eng, weil es den Gästen selbst im Falle der Aufhebung von §7 COVID‑19-NotMV an einem zulässigen Ausgangsgrund nach §1 COVID‑19-NotMV fehlen würde. Mit der Anfechtung des §7 COVID‑19-NotMV allein wäre die behauptete Verfassungswidrigkeit somit nicht beseitigt.
2.2. In der Sache führt der BMSGPK – auf das Wesentliche zusammengefasst – Folgendes aus:
2.3. Wenngleich der BMSGPK das Gewicht des Betretungsverbotes gemäß §7 Abs1 COVID‑19-NotMV nicht verkenne, treffe es in dieser Allgemeinheit nicht zu, dass es der antragstellenden Gesellschaft auf Grund der angefochtenen Bestimmung untersagt sei, ihren Kunden Dienstleistungen zu erbringen. §7 Abs7 COVID‑19-NotMV erlaube vielmehr die Abholung von Speisen und Getränken und §7 Abs8 Lieferservices. Die durch das Betretungsverbot des §7 Abs1 COVID‑19-NotMV bewirkte Eigentumsbeschränkung liege im öffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes (durch Erhalt der Leistungsfähigkeit der medizinischen Versorgung) und sei auch geeignet, das Ziel der Verringerung der Mobilität und der sozialen Kontakte zu erreichen. Angesichts der im Verordnungsakt beschriebenen epidemiologischen Situation sei §7 Abs1 COVID‑19-NotMV auch verhältnismäßig. Vor dem Hintergrund eines drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung seien keine gelinderen Mittel mehr zur Verfügung gestanden, die das Ziel ebenso wirksam erreicht hätten:
2.3.1. So seien im Vorfeld bereits zahlreiche Maßnahmen betreffend Betriebsstätten der Gastgewerbe getroffen worden: Bereits mit BGBl II 407/2020 seien Besuchergruppen aus nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen auf maximal zehn Erwachsene zuzüglich ihrer minderjährigen Kinder oder minderjährigen Kindern, gegenüber denen Aufsichtspflichten wahrgenommen werden, beschränkt. Mit BGBl II 455/2020 sei die erlaubte Personenzahl erneut reduziert worden (vgl §6a Abs1a Z1 COVID‑19-MV idF BGBl II 455/2020: Beschränkung der Gruppen auf maximal sechs Personen und maximal sechs ihrer minderjährigen Kinder oder Minderjährigen, denen gegenüber diese Personen Aufsichtspflichten wahrnehmen). Auf Landesebene seien insbesondere mit der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 16. Oktober 2020, mit der zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID‑19 zusätzliche Maßnahmen festgelegt werden, LGBl 97/2020, zusätzliche strengere Maßnahmen getroffen worden: In §2 sei die Sperrstunde mit 22:00 Uhr festgesetzt und das Erfordernis der Hinterlassung von Kontaktdaten normiert worden.
2.3.2. Vor dem Hintergrund, dass diese Maßnahmen das Infektionsgeschehen nur unzureichend einbremsen hätten können, habe im Zeitpunkt der Verordnungserlassung nicht davon ausgegangen werden können, dass weitere schrittweise verschärfende Maßnahmen (etwa eine noch weitere Einschränkung der Öffnungszeiten oder Beschränkung der erlaubten Gästezahl) die gewünschte Wirkung erzielen könnten. Angesichts des drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung seien vielmehr drastischere Maßnahmen zur Reduktion der sozialen Kontakte und der Mobilität erforderlich gewesen (siehe die fachliche Begründung zur Verordnung). Im Zusammenhang mit der Verhältnismäßigkeit sei zudem auf die weitreichenden Unterstützungsmaßnahmen (vgl nur die VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II 503/2020) zu verweisen. Auch auf Grund der zeitlichen Befristung der Maßnahmen auf das absolut notwendige Ausmaß und wegen des großen Gewichts des öffentlichen Interesses des Gesundheitsschutzes in einer Situation des drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung liege keine Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums vor.
2.4. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Erwerbsfreiheit: Es treffe zwar nicht zu, dass §7 Abs1 COVID‑19-NotMV der antragstellenden Gesellschaft die Ausübung des Gastgewerbes verunmögliche, zumal das Betretungsverbot nicht für die Abholung von Speisen und Getränken (Abs7) und für Lieferservices (Abs8) gelte. Der BMSGPK verkenne ungeachtet dessen nicht die Reichweite der sich aus §7 Abs1 COVID‑19-NotMV für die antragstellende Gesellschaft ergebenden Beschränkung für die Erwerbsausübung. Das Betretungsverbot des §7 Abs1 COVID‑19-NotMV verfolge das gewichtige öffentliche Interesse des Gesundheitsschutzes. In Anbetracht der besonderen Umstände des Besuchs von Gaststätten (siehe die rechtliche Begründung zur COVID‑19-SchuMaV, BGBl II 463/2020, auf die die COVID‑19-NotMV verweise) und der vor dem Hintergrund der epidemiologischen Situation unbedingt erforderlichen Reduktion der sozialen Kontakte sei diese Maßnahme jedoch unerlässlich gewesen. In Abwägung mit den gewichtigen öffentlichen Interessen einerseits und den – zeitlich befristeten – Beschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit andererseits sei der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit daher gerechtfertigt. Zu den gelinderen Mitteln werde sinngemäß auf die Ausführungen zum Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verwiesen.
2.5. Der behauptete Verstoß gegen den Gleichheitssatz liege nicht vor. Zwischen den vom Betretungsverbot erfassten und den gemäß §7 Abs2 COVID‑19-NotMV ausgenommenen Betriebsstätten des Gastgewerbes bestünden Unterschiede im Tatsächlichen: Von den Ausnahmen gemäß §7 Abs2 COVID‑19-NotMV seien Einrichtungen erfasst, in denen ohnehin soziale Kontakte bestünden. Durch die Voraussetzung, dass die ausgenommenen Gastgewerbebetriebe ausschließlich von den dort betreuten, untergebrachten oder nicht zum bloßen Besuch aufhältigen Personen oder Betriebsangehörigen genutzt werden, werde sichergestellt, dass keine zusätzlichen Anreize für soziale Kontakte geschaffen werden. Ein wesentlicher Unterschied im Tatsächlichen liege auch darin, dass die in Einrichtungen gemäß §7 Abs2 COVID‑19-NotMV befindlichen Personen weitgehend auf die Versorgung in diesen Einrichtungen angewiesen seien. Diese Personen würden ihren Bedarf zum Teil faktisch gar nicht anderweitig befriedigen können (dies treffe insbesondere auf Patienten in Krankenanstalten, Einrichtungen zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen und Bewohner von Alten-, Pflege- und Behindertenheimen zu). In allen anderen Fällen aber hätte ein Betretungsverbot für Betriebsstätten der Gastgewerbe in den Einrichtungen gemäß §7 Abs2 COVID‑19-NotMV den gegenteiligen Effekt einer Erhöhung der Mobilität. Ein solches Betretungsverbot würde die darin befindlichen Personen – sofern faktisch möglich – zwingen, die Einrichtung zu verlassen, um ihren Bedarf zu befriedigen. Dies widerspräche dem erklärten Ziel des Verordnungsgebers, die Mobilität und soziale Kontakte zu verringern. Zudem sei der Verordnungsgeber im Rahmen der zulässigen Durchschnittsbetrachtung davon ausgegangen, dass Gaststätten innerhalb von Einrichtungen iSd §7 Abs2 COVID‑19-NotMV in der Regel durch eine kurze Verweildauer der Gäste und einen meist weniger geselligen Verbleib einladenden Charakter gekennzeichnet seien (vgl die rechtliche Begründung zur COVID‑19-SchuMaV). Die Differenzierung zwischen Betriebsstätten iSd §7 Abs1 und §7 Abs2 COVID‑19-NotMV sei daher sachlich gerechtfertigt.
2.6. Soweit die antragstellende Gesellschaft unter Verweis auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juli 2020, V411/2020, behaupte, der BMSGPK habe es unterlassen, festzuhalten, auf welcher Informationsbasis die Verordnungsentscheidung fuße und auf Grund welcher Umstände seine Abwägungsentscheidung erfolgt sei, verweise der BMSGPK auf die umfassenden Unterlagen im Verordnungsakt. Die Behauptungen der antragstellenden Gesellschaft träfen nicht zu.
IV. Erwägungen
A. Zur Zulässigkeit des Antrages
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist also, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
1.2. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
1.3. §7 Abs1 COVID‑19-NotMV, BGBl II 479/2020, untersagte ab dem 17. November 2020 das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes. Die antragstellende Gesellschaft ist daher als Betreiberin eines Gastgewerbebetriebes durch das in §7 Abs1 COVID-19-NotMV angeordnete Betretungs- und Befahrungsverbot unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen.
1.4. §7 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, stand im Zeitpunkt der Antragstellung (19. November 2020) in Kraft, ist jedoch mit Ablauf des 6. Dezember 2020 außer Kraft getreten (§19 Abs1 COVID-19-NotMV). Dies schadet in der vorliegenden Konstellation mit Blick auf die mit VfSlg 20.399/2020 beginnende Rechtsprechung nicht (vgl auch VfSlg 20.397/2020; VfGH 1.10.2020, V392/2020; 10.3.2021, V573/2020; 24.6.2021, V593/2020).
1.5. Im Hinblick auf die Verwaltungsstrafdrohung in §8 Abs3 COVID‑19-MG (idF BGBl I 104/2020) steht der antragstellenden Gesellschaft auch kein anderer zumutbarer Weg offen, die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit hin zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Verordnungsteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Verordnungsstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.
2.1. Dieser Grundposition folgend hat der Gerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl zB VfSlg 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997, 16.212/2001). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.972/2015).
2.2. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).
2.3. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).
2.4. Der Hauptantrag auf Aufhebung des §7 Abs1 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, erweist sich infolge zu eng gewählten Anfechtungsumfanges als unzulässig:
Mit der im Hauptantrag angefochtenen Bestimmung des §7 Abs1 COVID-19-NotMV untersagte der Verordnungsgeber das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes. §7 Abs2, 3 und 4 leg. cit. legt Ausnahmen von diesem generellen Verbot des Abs1 fest; Abs5 und 6 normieren zusätzliche Betretungsvoraussetzungen für die vom Verbot ausgenommenen Bereiche. "Abweichend von Abs1" erklärt §7 Abs7 COVID-19-NotMV die Abholung von Speisen und Getränken unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig; §7 Abs8 COVID-19-NotMV legt fest, dass Absatz 1 nicht für Lieferservices gilt. Damit stehen die übrigen Absätze des §7 der Verordnung, die – großteils ausdrücklich – an das Verbot des Absatz 1 anknüpfen, vor dem Hintergrund der geltend gemachten Bedenken in einem untrennbaren Zusammenhang mit §7 Abs1 COVID‑19-NotMV (vgl auch VfGH 1.10.2020, V429/2020, zu §6 COVID-19-LV, BGBl II 197/2020; VfGH 1.10.2020, G219/2020 ua, zu §3 COVID-19-Maßnahmenverordnung-96 idF BGBl II 130/2020).
2.5. Der Eventualantrag, mit dem §7 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, zur Gänze angefochten wird, erweist sich hingegen als zulässig.
2.6. Dem Vorbringen des BMSGPK, im Falle der Aufhebung des §7 COVID-19-NotMV fehle es den Gästen an einem zulässigen Ausgangsgrund nach §1 COVID-19-NotMV und es könne die behauptete Verfassungswidrigkeit somit nicht beseitigt werden, ist Folgendes zu erwidern: Das Betreten von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe wäre im Falle der Aufhebung des §7 COVID-19-NotMV unter den Voraussetzungen des §5 Abs5 und 6 leg. cit. zulässig und wäre damit vom Ausgangsgrund des §1 Abs1 Z8 COVID-19-NotMV gedeckt. Im Übrigen ist auszuführen, dass der in §1 Abs1 Z8 COVID-19-NotMV enthaltene Verweis auf §7 leg. cit. im Falle der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung zwar ins Leere ginge, aber kein sprachlich unverständlicher Torso verbliebe (vgl VfSlg 20.397/2020; VfGH 24.6.2021, V592/2020 mwN).
2.7. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich damit der Eventualantrag auf Aufhebung des §7 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, als zulässig.
B. In der Sache
1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2. Der Antrag ist nicht begründet.
3. Die antragstellende Gesellschaft macht als Bedenken geltend, §7 Abs1 COVID-19-NotMV verletze die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums, Freiheit der Erwerbsbetätigung und Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und verstoße zudem gegen das Legalitätsprinzip.
3.1. Die antragstellende Gesellschaft begründet ihre Bedenken auf das Wesentliche zusammengefasst damit, dass §7 Abs1 COVID-19-NotMV weder adäquat noch sonst sachlich gerechtfertigt sei und gelindere Mittel zur Verfügung stünden, um das öffentliche Interesse der Verhinderung der Überlastung des Gesundheitssystems zu erreichen. Die Ungleichbehandlung zwischen den von §7 Abs1 COVID-19-NotMV erfassten Betrieben und den gemäß §7 Abs2 leg. cit. vom Betretungsverbot ausgenommenen Betrieben sei sachlich nicht gerechtfertigt.
3.2. Zudem habe es der Verordnungsgeber unterlassen, festzuhalten, auf welcher Informationsbasis die Verordnungsentscheidung fuße und auf Grund welcher Umstände seine Abwägungsentscheidung erfolgt sei.
4. §7 COVID-19-NotMV stützte sich auf §3 Abs1 Z1 und Abs2 COVID-19-MG. §3 Abs1 Z1 iVm §7 Abs1 COVID-19-MG in der im vorliegenden Fall relevanten Fassung BGBl I 104/2020 ermächtigt den BMSGPK beim Auftreten von COVID‑19 dazu, durch Verordnung das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu regeln, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID‑19 erforderlich ist. Gemäß §3 Abs2 COVID‑19-MG kann in einer Verordnung gemäß Abs1 entsprechend der epidemiologischen Situation (unter anderem) festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.
4.1. Der Verordnungsgeber muss daher in Ansehung der von ihm zu bewertenden epidemiologischen Situation notwendig prognosehaft beurteilen, inwieweit in Aussicht genommene Betretungsverbote oder -beschränkungen von Betriebsstätten zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignete, erforderliche und insgesamt angemessene Maßnahmen darstellen.
4.2. §3 COVID‑19-MG (idF BGBl I 104/2020) ermächtigt den Verordnungsgeber insbesondere auf Grund des ihm übertragenen Einschätzungs- und Prognosespielraumes zu weitreichenden Grundrechtseingriffen (vgl dazu ausführlich VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020).
4.3. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art18 Abs2 B‑VG folgt, dass bei einer solchen Verordnungsermächtigung, die weitreichende Grundrechtseingriffe ermöglicht, im Verordnungserlassungsverfahren nachvollziehbar zu machen ist, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist (vgl VfGH 10.3.2021, V573/2020 mit Verweis auf VfSlg 20.398/2020, 20.399/2020 mwN; siehe auch VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020).
4.4. In dem vom BMSGPK vorgelegten Verwaltungsakt, der der Erlassung der COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, zugrunde liegt, wird unter der Rubrik "Sachverhalt" zusammengefasst ausgeführt, dass angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Gesundheitssystems mit der COVID-19-SchuMaV, BGBl II 463/2020, mit 3. November 2020 erste drastische Maßnahmen gesetzt worden seien, um der dramatischen Bedrohungslage zu begegnen. Ziel dieser Verordnung sei es gewesen, alle nicht notwendigen sozialen Kontakte vor allem im Privat- und Freizeitbereich zu reduzieren. Aus Rücksicht auf die schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen, die ein kompletter Lockdown wie im Frühling [2020] habe, seien das Arbeits- und Wirtschaftsleben weitestmöglich unberührt geblieben. Die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens und die ungebremste Annäherung an die Kapazitätsgrenze des Gesundheitssystems machten nunmehr jedoch noch weitreichendere Schritte unerlässlich. Es bedürfe insbesondere einer noch drastischeren Reduktion der sozialen Kontakte. Da die bisher gesetzten gelinderen Maßnahmen nicht ausgereicht hätten, seien die mit dieser Verordnung getroffenen Verschärfungen unbedingt erforderlich, um einen drohenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern. Auf die fachliche Begründung im Verordnungsakt samt Beilagen und Anlagen sowie die rechtlichen Begründungen werde verwiesen. Die Corona-Kommission werde vom Vorsitzenden der Kommission ordnungsgemäß gehört.
4.5. Die im Verordnungsakt befindliche "Fachliche Begründung zur Erlassung der COVID-19-Notsituationsverordnung" (siehe zu dieser bereits VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020) enthält Statistiken und Ausführungen zur epidemiologischen Situation (Fallzahlen, Verbreitungsrisiko, Clusteranalyse, Kapazitätsauslastung, Prognoserechnung, Evidenz von Maßnahmen etc.) und verweist auf zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung aktuelle, dem Akt eingelegte Berichte und Empfehlungen unter anderem der Corona-Kommission und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES). Dem Lagebericht der AGES vom 12. November 2020 sei ein Rückgang der Steigerungsrate im Zeitraum vom 1. November bis 10. November 2020 zu entnehmen. Trotz der gesetzten Maßnahmen seien die Fallzahlen weiter angestiegen, das absolute Fallaufkommen sei nach wie vor in einem systemkritischen Bereich, welches eine Überlastung der Intensivpflege in den kommenden Tagen erwarten lasse. Laut dem wöchentlichen Bericht der Corona-Kommission zum Monitoring der COVID-19-Schutzmaßnahmen vom 12. November 2020 habe der erwartete Effekt eines Rückgangs der Verbreitung bisher nicht in ausreichendem Maße festgestellt werden können und sei die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems (insb. Intensivversorgung) nach wie vor akut gegeben. Diese Schlussfolgerung bedinge, dass eine detaillierte Bewertung der Maßnahmen auf Grund der hohen Fallzahlen zurzeit nicht möglich sei und allgemeine Rückschlüsse auf einzelne Clustersettings in Verbindung mit einer Einzelmaßnahme derzeit nicht getroffen werden könnten. Die Epidemie könne daher nur durch weitere kollektive Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion der Kontakte (Dauer und Häufigkeit) kontrolliert werden.
4.6. Die "Rechtliche Begründung zur COVID-19-Notmaßnahmenverordnung" enthält nähere Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen. Zu §7 COVID-19-NotMV wird darin im Wesentlichen auf die entsprechende Begründung zur COVID-19-SchuMaV verwiesen, weil diese Bestimmung im Vergleich zur COVID-19-SchuMaV weitgehend unverändert bleibe. Der – auch auf der Homepage des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz veröffentlichten – Unterlage mit dem Titel "Sachverhalt und Begründungen zur Covid-19-Schutzmaßnahmenverordnung" ist eine ausführliche Begründung zum Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zu entnehmen.
4.7. Dem Verordnungsakt zu BGBl II 479/2020 liegt weiters ein Schreiben der Parlamentsdirektion ein, aus dem hervorgeht, dass das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates (vgl §11 Abs1 COVID‑19-MG) hergestellt wurde.
4.8. Wie bereits mit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 2021, V592/2020 und V593/2020, festgestellt, hat der BMSGPK damit im Verordnungsakt dargelegt, dass er das angefochtene Betretungs- und Befahrungsverbot im Einklang mit den im COVID-19-MG normierten Verfahrensregelungen erlassen sowie die im Gesetz vorgegebenen Kriterien für die Bewertung der epidemiologischen Situation angewendet hat. Er hat zudem hinreichend dargetan, auf welchen Grundlagen die Entscheidung über die Erlassung der in §7 COVID-19-NotMV angeordneten Maßnahmen getroffen wurde.
5. Das angefochtene Betretungs- und Befahrungsverbot verstößt weiters nicht gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung:
5.1. §7 Abs1 COVID-19-NotMV untersagte das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes. Die Abholung von Speisen und Getränken war demgegenüber – unter bestimmten Voraussetzungen – während des Geltungszeitraumes der Verordnung durchgehend zulässig (§7 Abs7 COVID-19-NotMV); auch für Lieferservices galt das Betretungs- und Befahrungsverbot des §7 Abs1 COVID‑19-NotMV nicht (vgl §7 Abs8 leg. cit.). Gemäß §8 Abs3 COVID-19-MG waren die Inhaber der Betriebsstätten für die Einhaltung dieses Betretungs- und Befahrungsverbotes verantwortlich. Diese Regelung greift somit in den Schutzbereich der durch Art6 StGG gewährleisteten Erwerbsfreiheit der antragstellenden Gesellschaft ein.
5.2. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (siehe zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002, 19.033/2010) ist der Gesetzgeber – und auf Grund des Gesetzes gemäß Art18 Abs2 B‑VG auch der Verordnungsgeber – auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes ermächtigt, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen zu erlassen, sofern diese durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt sind (VfSlg 19.721/2012).
5.3. Das angefochtene Betretungs- und Befahrungsverbot des §7 Abs1 COVID-19-NotMV hat seine gesetzliche Grundlage in §3 Abs1 Z1 und Abs2 COVID-19-MG (idF BGBl I 104/2020). Der mit diesem Verbot verfolgte Zweck, die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern und damit die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur aufrechtzuerhalten, stellt ein gewichtiges öffentliches Interesse dar.
5.4. Der BMSGPK konnte angesichts der zum Zeitpunkt der Erlassung der COVID-19-NotMV vorliegenden Daten davon ausgehen, dass die Anordnung bzw Beibehaltung (vgl §7 COVID-19-SchuMaV, BGBl II 463/2020) eines Betretungs- und Befahrungsverbotes von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe iSd §7 Abs1 COVID-19-NotMV – als eine von zahlreichen weiteren staatlichen Maßnahmen – zu einer Reduktion der persönlichen Kontakte von Menschen führt und damit ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzung darstellt.
5.5. Angesichts der im Verordnungsakt dokumentierten maßgeblichen epidemiologischen Situation im Zeitpunkt der Verordnungserlassung ist das Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe als zur Zielerreichung der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems erforderlich und adäquat anzusehen. Soweit die antragstellende Gesellschaft moniert, dem Verordnungsgeber stünden gelindere Mittel zur Zielerreichung zur Verfügung, ist ihr zu entgegnen, dass in Anbetracht der seit Herbst 2020 stark steigenden Infektionszahlen vor Erlassung des Betretungs- und Befahrungsverbotes gemäß §7 Abs1 COVID-19-NotMV (bzw gemäß dem ab 3. November 2020 in Kraft gestandenen §7 Abs1 COVID-19-SchuMaV) sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene versucht wurde, die Verbreitung von COVID‑19 durch die Anordnung von – weniger eingriffsintensiven – Maßnahmen im Bereich der Gastronomie zu verhindern (vgl zB die mit der Verordnung BGBl II 455/2020 angeordneten Maßnahmen in §6 COVID-19-MV, wie die Reduzierung der erlaubten Besuchergruppengrößen, die Verpflichtung zur Ausarbeitung und Umsetzung eines COVID-19-Präventionskonzeptes oder die Ausweitung der Verpflichtung zum Tragen eines "Mund- und Nasenschutzes", sowie die auf Landesebene angeordneten Schutzmaßnahmen gemäß §2 der Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 16. Oktober 2020, mit der zur Bekämpfung der Verbreitung von COVID-19 zusätzliche Maßnahmen festgelegt werden, LGBl 97/2020: Vorverlegung der Sperrstunde, Registrierungspflicht zum Zweck der behördlichen Kontaktverfolgung). Da diese Maßnahmen ausweislich des vorgelegten Verordnungsaktes jedoch nicht ausreichten, um das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bringen, ist dem BMSGPK jedenfalls nicht entgegenzutreten, wenn er das in §7 COVID-19-NotMV angeordnete Betretungs- und Befahrungsverbot als notwendige und insgesamt angemessene Maßnahme angesehen hat.
5.6. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Betretungs- und Befahrungsverbotes des §7 Abs1 COVID-19-NotMV ist zudem zu berücksichtigen, dass Gastgewerbebetriebe Speisen und Getränke zur Abholung (§7 Abs7) sowie zur Zustellung durch Lieferservices (§7 Abs8) anbieten durften und damit das Gewicht des Eingriffs in die Erwerbsfreiheit vermindert wird. Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch auf das umfangreiche Maßnahmen- und Rettungspaket (vgl dazu näher VfGH 24.6.2021, V593/2020) Bedacht zu nehmen, welches das Gewicht des Eingriffs ebenfalls reduziert.
5.7. Das Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe in §7 Abs1 COVID-19-NotMV ist daher nicht wegen Verstoßes gegen Art6 StGG verfassungs- und damit gesetzwidrig.
6. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) kann sinngemäß auf die Erwägungen zur Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) verwiesen werden.
7. Die antragstellende Gesellschaft macht weiters einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art2 StGG, Art7 B‑VG) geltend und bringt im Wesentlichen vor, die Ungleichbehandlung von Betriebsstätten von Gastgewerben nach §7 Abs1 COVID-19-NotMV und den in §7 Abs2 COVID-19-NotMV genannten Betriebsstätten sei sachlich nicht gerechtfertigt, weil zwischen diesen keine Unterschiede im Tatsächlichen bestünden.
7.1. Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber (VfGH 5.6.2014, V 44/2013). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl zur Differenzierung bei Gesetzen etwa VfSlg 17.315/2004, 17.500/2005, zum Sachlichkeitsgebot bei Gesetzen VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001)
7.2. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber in der Frage der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie einen weiten Entscheidungsspielraum eingeräumt hat (vgl VfGH 24.6.2021, V592/2020; 24.6.2021, V593/2020 mwN).
7.3. Der BMSGPK ordnete mit dem angefochtenen §7 Abs1 COVID-19-NotMV ein umfassendes Betretungs- und Befahrungsverbot für Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen an. Von diesem Betretungs- und Befahrungsverbot nahm er jene Gastgewerbebetriebe aus, die innerhalb der in §7 Abs2 COVID-19-NotMV genannten Einrichtungen betrieben werden, wenn diese ausschließlich durch die dort betreuten, untergebrachten oder nicht zum bloßen Besuch aufhältigen Personen oder durch Betriebsangehörige genutzt werden. §7 Abs2 der Verordnung zählt folgende Einrichtungen auf: Krankenanstalten und Kuranstalten (Z1), Alten-, Pflege- und Behindertenheime (Z2), Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung von Kindern und Jugendlichen einschließlich Schulen und Kindergärten (Z3), Betriebe (Z4).
7.4. Der Verordnungsgeber führt zu dieser Regelung in der Begründung zur COVID-19-SchuMaV, auf die der Verordnungsakt zur COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, verweist, zusammengefasst aus, dass von den Ausnahmen Einrichtungen erfasst seien, in denen ohnehin bereits soziale Kontakte bestünden. Durch die Voraussetzung, dass die ausgenommenen Gastgewerbebetriebe ausschließlich von den dort betreuten, untergebrachten oder nicht zum bloßen Besuch aufhältigen Personen oder durch Betriebsangehörige genutzt werden, werde sichergestellt, dass keine zusätzlichen Anreize für soziale Kontakte geschaffen werden. Gaststätten innerhalb von Einrichtungen iSd §7 Abs2 seien in der Regel durch eine kurze Verweildauer der Gäste und einen meist weniger zum geselligen Verbleib einladenden Charakter gekennzeichnet.
7.5. Der Verfassungsgerichtshof vermag in der unterschiedlichen Behandlung der vom Betretungs- und Befahrungsverbot des §7 Abs1 COVID‑19-NotMV erfassten Betriebsstätten einerseits und der in §7 Abs2 COVID-19-NotMV von diesen Verboten ausgenommenen Gastgewerbebetriebe andererseits keine unsachliche Ungleichbehandlung zu erkennen.
7.6. Der COVID-19-NotMV lag das allgemeine Ziel zugrunde, die weitere Verbreitung von COVID-19 insbesondere durch eine deutliche Reduktion der sozialen Kontakte zu verhindern (vgl bereits VfGH 24.6.2021, V592/2020 mwN). Angesichts dieser Zielsetzung und der zum Zeitpunkt der Erlassung der COVID-19-NotMV vorgelegenen, im Verordnungsakt abgebildeten epidemiologischen Situation handelte der BMSGPK im Rahmen des ihm übertragenen – weiten – Entscheidungsspielraumes, wenn er zur Reduktion der sozialen Kontakte ein Betretungs- und Befahrungsverbot für Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe anordnete. Dass er dabei jene Gastgewerbebetriebe vom allgemeinen Betretungs- und Befahrungsverbot des §7 Abs1 COVID-19-NotMV ausnahm, die in Einrichtungen betrieben werden, in denen Personen zur Behandlung, Betreuung oder Ausbildung oder auf Grund von beruflichen Erfordernissen – zulässigerweise (siehe §1 Abs1 Z3 litc und d und Z4 COVID‑19-NotMV) – aufhältig bzw untergebracht sind, ist nicht als unsachlich zu erkennen.
7.7. Mit der in §7 Abs2 COVID-19-NotMV normierten Ausnahmeregelung, dass die betroffenen Gastgewerbebetriebe ausschließlich von den in den genannten Einrichtungen betreuten, untergebrachten oder nicht zum bloßen Besuch aufhältigen Personen oder durch Betriebsangehörige genutzt werden dürfen, hat der BMSGPK zudem dafür Sorge getragen, dass die Ausnahmeregelung zu keinen unerwünschten zusätzlichen sozialen Kontakten von Menschen (im öffentlichen Raum) führt. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass viele der in den betroffenen Einrichtungen aufhältigen bzw wohnhaften Personen über keine andere Versorgungsmöglichkeit verfügen und der Besuch des in der jeweiligen Einrichtung betriebenen Gastgewerbebetriebes für diese daher unerlässlich ist.
7.8. Soweit die antragstellende Gesellschaft vorbringt, das angefochtene Betretungs- und Befahrungsverbot sei deshalb gleichheitswidrig, weil die Ansteckungsgefahr in Betriebsstätten nach Abs1 und jenen nach Abs2 gleich hoch sei, verkennt sie zudem, dass die Frage der Übertragbarkeit des Virus zwar ein wichtiges (vgl auch §1 Abs7 COVID‑19-MG), aber keinesfalls das einzige maßgebliche Kriterium darstellt, das der Verordnungsgeber bei seiner Entscheidung über die Anordnung von Maßnahmen iSd COVID-19-MG zu berücksichtigen hat.
7.9. Da die antragstellende Gesellschaft auch sonst keine Umstände vorgebracht hat, welche die angefochtene Bestimmung als sachlich nicht gerechtfertigt erscheinen ließe, ist §7 COVID-19-NotMV nicht als unsachlich zu erkennen.
V. Ergebnis
1. Der Hauptantrag auf Aufhebung des §7 Abs1 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, ist als unzulässig zurückzuweisen.
2. Der Eventualantrag auf Aufhebung des §7 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, ist abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)