VfGH V592/2020

VfGHV592/202024.6.2021

Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch das Verbot, den Kundenbereich von Betriebsstätten des Handels auch zum bloßen Abholen bestellter Waren ("click & collect") zu betreten oder zu befahren; Verbot der Warenabholung zur Reduktion der sozialen Kontakte im öffentlichen Raum im Hinblick auf die zuvor angeordneten und nachweislich nicht ausreichenden Maßnahmen sachlich gerechtfertigt, ebenso die unterschiedliche Behandlung der Abholung von Waren einerseits und der Abholung von Speisen und Getränken andererseits wegen deren Bedeutung für die Grundversorgung; hinreichende Darlegung der Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen durch den Bundesminister; keine unverhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsfreiheit sowie keine Verletzung im Recht auf Unversehrtheit des Eigentums durch das zeitlich eng begrenzte Verbot der Abholung von Waren

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z3
COVID-19 MaßnahmenG §1, §3 Abs1 Z1, §7, §10
COVID-19-NotmaßnahmenV BGBl II 479/2020 §5 Abs1
COVID-19-NotmaßnahmenV BGBl II 528/2020 §5 Abs1
StGG Art2
StGG Art5
StGG Art6
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:V592.2020

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art139 Abs1 Z3 B‑VG, begehrt die antragstellende Gesellschaft, §5 Abs1 Z1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – COVID-19-NotMV), BGBI. II 479/2020, idF BGBI. II 528/2020 zur Gänze; in eventu §5 Abs1 Z1 zur Gänze sowie in §5 Abs1 letzter Satz den Satzteil "1 und" als gesetzwidrig aufzuheben.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz – COVID-19-MG), BGBl I 12/2020, idF BGBl I 104/2020 lauten bzw lauteten auszugsweise wie folgt:

"Anwendungsbereich und allgemeine Bestimmungen

 

§1. (1) Dieses Bundesgesetz ermächtigt zur Regelung des Betretens und des Befahrens von Betriebsstätten, Arbeitsorten, bestimmten Orten und öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit, zur Regelung des Benutzens von Verkehrsmitteln sowie zu Ausgangsregelungen als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

 

(2) Als Betreten im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt auch das Verweilen. […]

 

(5) Als Auflagen nach diesem Bundesgesetz kommen insbesondere in Betracht:

1. Abstandsregeln,

2. die Verpflichtung zum Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung,

3. sonstige Schutzmaßnahmen wie organisatorische oder räumliche Maßnahmen und

4. Präventionskonzepte, das sind programmhafte Darstellungen von – dem jeweiligen Angebot angepassten – Regelungen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19.

 

(6) Voraussetzungen nach diesem Bundesgesetz sind insbesondere bestimmte Arten oder Zwecke der Nutzung von Orten und Verkehrsmitteln.

 

(7) Die Bewertung der epidemiologischen Situation hat insbesondere anhand folgender Kriterien zu erfolgen:

1. Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern,

2. Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle,

3. Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen,

4. durchgeführte SARS-CoV-2-Tests samt Positivrate und

5. regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme.

 

(8) In einer auf Grundlage dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung können typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorgenommen werden und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen geknüpft werden ('Ampelsystem').

 

Corona-Kommission

§2. (1) Zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation gemäß §1 Abs7 ist beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ein Beirat (Corona-Kommission) einzurichten.

 

(2) Die Empfehlungen der Corona-Kommission sind auf der Website des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zu veröffentlichen. Darüber hinaus sollen auch die wesentlichen Begründungen dafür veröffentlicht werden.

 

Betreten und Befahren von Betriebsstätten und Arbeitsorten sowie Benutzen von Verkehrsmitteln

 

§3. (1) Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung

1. das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen,

2. das Betreten und das Befahren von Arbeitsorten oder nur bestimmten Arbeitsorten gemäß §2 Abs3 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und

3. das Benutzen von Verkehrsmitteln oder nur bestimmten Verkehrsmitteln

geregelt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist.

 

(2) In einer Verordnung gemäß Abs1 kann entsprechend der epidemiologischen Situation festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren oder Verkehrsmittel benutzt werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten sowie das Benutzen von Verkehrsmitteln untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen. […]

 

Zuständigkeiten

 

§7. (1) Verordnungen nach diesem Bundesgesetz sind vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister zu erlassen. […]

 

(4) In einer Verordnung gemäß Abs1 bis 3 kann entsprechend der jeweiligen epidemiologischen Situation regional differenziert werden. […]

 

Strafbestimmungen

 

§8. […]

(3) Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß §4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs1 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort, deren/dessen Betreten oder Befahren gemäß §§3 und 4 untersagt ist, nicht betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen. […]

 

Anhörung der Corona-Kommission

 

§10. Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat – außer bei Gefahr in Verzug – vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.

 

Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates

 

§11. (1) Folgende Verordnungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bedürfen des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates:

1. Verordnungen gemäß §3 Abs2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, […].

 

(3) In einer Verordnung gemäß §3 Abs2 letzter Satz und §4 Abs2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. […]"

 

2. §5 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – COVID-19-NotMV), BGBI. II 479/2020, idF BGBI. II 528/2020 lautete wie folgt (die angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):

"Kundenbereiche

 

§5. (1) Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von

1. Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren,

2. Dienstleistungsunternehmen zur Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen oder

3. Freizeiteinrichtungen zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Freizeiteinrichtungen

ist untersagt. Z1 und 2 gelten nicht zum Zweck zumindest zweiseitig unternehmensbezogener Geschäfte.

 

(2) Als körpernahe Dienstleistung gemäß Abs1 Z2 gelten insbesondere Dienstleistungen der Friseure und Perückenmacher (Stylisten), Kosmetiker (Schönheitspfleger), hierbei insbesondere das Piercen und Tätowieren, sowie der Masseure und Fußpfleger.

 

(3) Als Freizeiteinrichtungen gemäß Abs1 Z3 gelten Betriebe und Einrichtungen, die der Unterhaltung, der Belustigung oder der Erholung dienen, wie insbesondere

1. Schaustellerbetriebe, Freizeit- und Vergnügungsparks,

2. Bäder und Einrichtungen gemäß §1 Abs1 Z1 bis 7 des Bäderhygienegesetzes (BHygG), BGBl Nr 254/1976; in Bezug auf Bäder gemäß §1 Abs1 Z6 BHygG (Bäder an Oberflächengewässern) gilt das Verbot gemäß Abs1 nicht, wenn in diesen Bädern ein Badebetrieb nicht stattfindet,

3. Tanzschulen,

4. Wettbüros, Automatenbetriebe, Spielhallen und Casinos,

5. Schaubergwerke,

6. Einrichtungen zur Ausübung der Prostitution,

7. Theater, Konzertsäle und -arenen, Kinos, Varietees und Kabaretts,

8. Indoorspielplätze,

9. Paintballanlagen,

10. Museen,

11. Museumsbahnen,

12. Archive, Bibliotheken und Büchereien,

13. Tierparks und Zoos.

 

(4) Abs1 gilt nicht für

1. öffentliche Apotheken,

2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzenten) und bäuerliche Direktvermarkter,

3. Drogerien und Drogeriemärkte,

4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln,

5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen,

6. Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen, die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw Chancengleichheitsgesetze erbracht werden,

7. veterinärmedizinische Dienstleistungen,

8. Verkauf von Tierfutter,

9. Verkauf und Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten, das sind insbesondere Feuerlöscher, Schutzausrüstung, Leuchtmittel, Brennstoffe, Sicherungen, Salzstreumittel, nicht aber Waffen und Waffenzubehör, sofern deren Erwerb nicht zu beruflichen Zwecken aus gesetzlichen Gründen zwingend unaufschiebbar erforderlich ist,

10. Agrarhandel einschließlich Tierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktenhandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel,

11. Tankstellen und Stromtankstellen sowie Waschanlagen,

12. Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, soweit diese Postpartner unter die Ausnahmen des §5 Abs4 fallen sowie Postgeschäftsstellen iSd §3 Z7 PMG, welche von einer Gemeinde betrieben werden oder in Gemeinden liegen, in denen die Versorgung durch keine andere unter §5 Abs4 fallende Postgeschäftsstelle erfolgen kann, jedoch ausschließlich für die Erbringung von Postdienstleistungen und die unter §5 Abs4 erlaubten Tätigkeiten, und Anbieter von Telekommunikation,

13. Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske und

14. KFZ- und Fahrradwerkstätten.

 

(5) Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten ist unter folgenden Voraussetzungen und Auflagen zulässig:

1. Der Kundenbereich der Betriebsstätten gemäß Abs4 Z2 bis 4, 8 bis 10 und 12 bis 14 darf nur in der Zeit zwischen 06.00 und 19.00 Uhr betreten werden. Dies gilt nicht für die Warenabgabe aus Automaten. Restriktivere Öffnungszeitenregeln aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben unberührt.

2. Es dürfen nur Waren angeboten werden, die dem typischen Warensortiment der in Abs4 genannten Betriebsstätten des Handels entsprechen.

3. Gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten.

4. Kunden haben eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

5. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass er und seine Mitarbeiter bei Kundenkontakt eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung tragen, sofern zwischen den Personen keine sonstige geeignete Schutzvorrichtung zur räumlichen Trennung vorhanden ist, die das gleiche Schutzniveau gewährleistet.

6. Der Betreiber hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich maximal so viele Kunden gleichzeitig im Kundenbereich aufhalten, dass pro Kunde 10 m2 zur Verfügung stehen; ist der Kundenbereich kleiner als 10 m2, so darf jeweils nur ein Kunde den Kundenbereich der Betriebsstätte betreten. Bei Betriebsstätten ohne Personal ist auf geeignete Weise auf diese Voraussetzung hinzuweisen.

7. Für baulich verbundene Betriebsstätten (z. B. Einkaufszentren, Markthallen) gilt Z6 mit der Maßgabe, dass die Flächen der Kundenbereiche der Betriebsstätten und des Verbindungsbauwerks zusammenzuzählen sind und dass sich sowohl auf der so ermittelten Fläche als auch im Kundenbereich der jeweiligen Betriebsstätten maximal so viele Kunden gleichzeitig aufhalten dürfen, dass pro Kunde 10 m² der so ermittelten Fläche bzw des Kundenbereichs der Betriebsstätte zur Verfügung stehen.

8. Dienstleistungen zu Aus- und Fortbildungszwecken dürfen jeweils nur gegenüber einer Person oder Personen aus demselben Haushalt erbracht werden. Für Dienstleistungen zu unbedingt erforderlichen beruflichen Aus- und Fortbildungszwecken gilt §12 Abs1 Z9.

 

(6) Kann auf Grund der Eigenart der Dienstleistung

1. der Mindestabstand von einem Meter zwischen Kunden und Dienstleister und/oder

2. vom Kunden das Tragen einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden und eng anliegenden mechanischen Schutzvorrichtung nicht eingehalten werden,

ist diese nur zulässig, wenn durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden kann.

 

(7) Alle zulässigen Dienstleistungen sind tunlichst im elektronischen Wege anzubieten.

 

(8) Abs5 Z1 bis 5 gilt sinngemäß für

1. Märkte im Freien und

2. Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bei Parteienverkehr.

 

(9) Abs5 Z3 bis 5 gilt sinngemäß für geschlossene Räume von Einrichtungen zur Religionsausübung."

 

3. §7 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19 getroffen werden (COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – COVID-19-NotMV), BGBI. II 479/2020, lautete wie folgt:

"Gastgewerbe

 

§7. (1) Das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes ist untersagt. […]

 

(7) Abweichend von Abs1 ist die Abholung von Speisen und Getränken zwischen 06.00 und 19.00 Uhr zulässig. Die Speisen und Getränke dürfen nicht im Umkreis von 50 Metern um die Betriebsstätte konsumiert werden. Bei der Abholung ist gegenüber Personen, die nicht im gemeinsamen Haushalt leben, ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten sowie eine den Mund- und Nasenbereich abdeckende und eng anliegende mechanische Schutzvorrichtung zu tragen.

 

(8) Abs1 gilt nicht für Lieferservices."

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die antragstellende Gesellschaft betreibt an mehreren Standorten in Österreich Einrichtungshäuser und bietet auch das Service "Click & Collect" an:

1.1. Das Service "Click & Collect" sei dadurch gekennzeichnet, dass die Kunden die Waren vorab online kaufen (erwerben) sowie bezahlen und diese anschließend nur noch von den Standorten selbst abholen würden. Eine Barzahlung sei dabei nicht möglich. Zivilrechtlich gesehen finde der Erwerb im Online-Handel statt, die Abholung stelle nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft eine reine Erfüllungshandlung der vereinbarten Holschuld dar. Angesichts der COVID-19-Pandemie habe die antragstellende Gesellschaft bereits im April 2020 ein "Drive-in-Konzept" für "Click & Collect" entwickelt, demzufolge die online erworbenen Waren mit einem Fahrzeug von Freiflächen in den offenen Garagen der antragstellenden Gesellschaft außerhalb der Einrichtungshäuser und deren Kundenbereichen, die geschlossen blieben, abgeholt werden könnten.

1.2. Der interne Ablauf bei der Vorbereitung der Abholung unterscheide sich dabei nicht von der Vorbereitung "regulärer" Sendungen, die über einen Zustellservice an die Kunden geliefert würden. Die geltenden Abstandsregelungen würden von den Mitarbeitern durchgehend beachtet. Die Verweildauer der Kunden und die Kundenfrequenz seien in keiner Weise mit einem regulären Betrieb vergleichbar. Das Modell sei zudem in mehreren anderen Ländern bereits erprobt und umgesetzt.

2. Die antragstellende Gesellschaft stellt zunächst klar, dass sie den Sitz der Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmung im grundsätzlichen Betretungs- und Befahrungsverbot des Kundenbereichs von Betriebsstätten auch zur bloßen Abholung gekaufter Waren erkenne. Mit dem Antrag werde keine unbeschränkte Öffnung des Handels in Notzeiten an sich bezweckt, sondern nur die Zulassung der Abholung erworbener Waren von den Betriebsstätten des Handels. Lediglich die vom Verordnungsgeber gewählte Regelungstechnik mache es für die antragstellende Gesellschaft erforderlich, die Aufhebung der angefochtenen Bestimmungen im gewählten Umfang zu begehren.

3. Zur Zulässigkeit ihres Antrags bringt die antragstellende Gesellschaft zusammengefasst das Folgende vor:

3.1. Die angefochtene Bestimmung betreffe die antragstellende Gesellschaft seit dem 17. November 2020 aktuell und unmittelbar in ihrer Rechtsposition. Auf Grund des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV und dessen Auslegung durch den BMSGPK sei es ihr, sofern die Auslegung des BMSGPK zutreffe, untersagt, ihre Betriebsstätten zu öffnen und ihr Gewerbe zu betreiben. Nicht einmal die Abholung von Waren außerhalb der geschlossen gehaltenen Kundenbereiche sei demnach zulässig. Dieses Betretungs- und Befahrungsverbot schränke die unternehmerische Handlungsfreiheit der antragstellenden Gesellschaft massiv ein und greife nachteilig in ihre subjektive Rechtssphäre ein. Ohne die betreffende Bestimmung wäre es der antragstellenden Gesellschaft möglich, ihre Betriebsstätten zumindest für Abholdienste im geschilderten Umfang zu betreiben. Die Folgen des Betretungs- und Befahrungsverbots würden die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft auch ungeachtet eines allfälligen Außerkrafttretens der COVID-19-NotMV vor dem Zeitpunkt einer Entscheidung durch den Verfassungsgerichtshof fortgesetzt aktuell und unmittelbar betreffen, zumal der Verfassungsgerichtshof in seiner jüngeren Judikatur (vgl etwa VfGH 14.7.2020, V411/2020) anerkannt habe, dass in einer Situation wie der vorliegenden auch bereits außer Kraft getretene Regelungen die Rechtssphäre von Antragstellerinnen aktuell berühren würden.

3.2. Der antragstellenden Gesellschaft stehe auch kein anderer zumutbarer Rechtsweg offen, um ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Es sei weder ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren anhängig noch stehe der antragstellenden Gesellschaft ein anderer Rechtsweg zur Verfügung. Es sei ihr nicht zumutbar, ein gerichtliches (beispielsweise einen von einem verordnungstreuen Mitbewerber angestrengten Wettbewerbsprozess) oder verwaltungsbehördliches (Straf-)Verfahren herbeizuführen, um sich im Rahmen dessen mit der Behauptung zur Wehr zu setzen, dass die verletzte Bestimmung rechtswidrig sei.

4. In der Sache hegt die antragstellende Gesellschaft folgende Bedenken:

4.1. Zum Gebot der verfassungs- und gesetzeskonformen Auslegung von Verordnungen:

4.1.1. Die Verfassung verpflichte alle Rechtsanwender zu einer verfassungs- und gesetzeskonformen Auslegung. Nach diesem Grundsatz sei bei der Auslegung des möglichen Wortsinns jene zu wählen, nach welcher die betreffende Norm als nicht verfassungs- oder gesetzeswidrig gelte. Voraussetzung dafür sei, dass ein Auslegungsspielraum vorhanden sei (der durch den äußersten möglichen Wortsinn begrenzt werde). Für die Auslegung der Bestimmungen der COVID-19-NotMV bedeute dies, dass im Rahmen von mehreren möglichen Auslegungen jener der Vorzug zu geben sei, die einerseits unsachliche Ungleichbehandlungen vermeide und andererseits das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutz möglichst wenig einschränke.

4.1.2. Nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft sei die angefochtene Verordnungsbestimmung – wenn auch nur unter Anwendung besonderer juristischer und methodischer Fachkenntnisse – einer verfassungskonformen Auslegung zugänglich. Die angefochtene Bestimmung beschränke zum einen lediglich das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels – und damit nicht das Betreten der Betriebsstätten als solche –, zum anderen sei das Betretungs- und Befahrungsverbot zusätzlich auf das Betreten und Befahren zum Zweck des Erwerbs von Waren beschränkt. Insoweit sei das Verbot doppelt beschränkt. Die Abholung zivilrechtlich gekaufter Waren, die mit einem online abgeschlossenen Kaufvertrag erworben worden seien und deren vereinbarter Kaufpreis bereits bezahlt sei, also genau dieselbe Ausgangssituation wie bei Online-Käufen mit Heimzustellung, werde in der COVID-19-NotMV überhaupt nicht geregelt. Aus dem Wortlaut des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV ergebe sich nicht zwingend, dass ein Verbot des Betretens und Befahrens (selbst des Kundenbereichs) zur bloßen Abholung vorbestellter und bereits bezahlter Waren angeordnet sei.

4.1.3. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sei ein Kundenbereich jener Geschäftsbereich, der für Kunden zugänglich sei und der etwa nicht ausschließlich für das Personal vorgesehen sei (wie "back office" oder abgetrennte Lagerflächen udgl.). Dazu komme, dass sich in Kundenbereichen ihrem Zweck nach Mitarbeiter und Kunden gleichzeitig aufhalten würden, um unmittelbar in Kontakt zu treten, einen Kauf anzubahnen, abzuschließen und abzuwickeln. Dieses funktionale Begriffsverständnis führe zu dem Ergebnis, dass der Parkplatz eines Handelsbetriebs zumindest dann nicht zum Kundenbereich zu zählen sei, wenn er nicht permanent zu einer Handelstätigkeit, sondern nur zur Zu- und Abfahrt zu Abholzwecken verwendet werde.

4.1.4. Darüber hinaus müsse nach dem Verordnungswortlaut kumulativ ein zweites Tatbestandsmerkmal verwirklicht sein, damit ein Verbot bestehe: Das Betreten bzw Befahren müsse "zum Zweck des Erwerbs von Waren" erfolgen. Was darunter genau zu verstehen sei, werde weder in der angefochtenen Bestimmung noch an anderer Stelle der COVID-19-NotMV genauer bestimmt. Angesichts des augenscheinlichen Zwecks der COVID-19-NotMV habe der Verordnungsgeber den Kontakt zwischen Verkäufern und Kunden, und damit das Infektionsrisiko, möglichst minimieren wollen. Bei der reinen Abholung bereits gekaufter Waren bestehe im Rahmen des hier vorgestellten Konzepts überhaupt kein Kundenkontakt.

4.1.5. Generell sei nicht erkennbar, warum "Click & Collect" im Handel selbst dann nicht zulässig sein sollte, wenn dabei nur ein minimaler kurzfristiger Kontakt (wie etwa beim Zustellservice oder der Abholung von Speisen) unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen möglich sei und wenn nicht einmal Kundenbereiche betreten werden könnten. Kontakte könnten bei guter Organisation (und Zahlung im Vorhinein) völlig vermieden werden, wie das angedachte Konzept zeige. Für ein kontaktloses Abholen vorausbezahlter Waren reiche es nämlich aus, wenn der jeweilige Handelsbetrieb die betreffende Ware einfach nach vorheriger Terminvereinbarung vor der Eingangstür des Betriebs zur Abholung abstelle. Aber selbst wenn man tatsächlich den Kundenbereich (im dargestellten Sinn) einer Betriebsstätte aufsuche, um erworbene Ware in Empfang zu nehmen, würde man dies im Rahmen von "Click & Collect" nicht "zum Zweck des Erwerbs von Waren" tun; sondern "nur", um sie in Besitz zu nehmen. Die Kontaktzeiten seien beim reinen Abholen gegenüber einem Einkauf drastisch verkürzt.

4.1.6. Der Umstand, dass sich die Abholung gekaufter Waren augenscheinlich mit dem Zweck der COVID-19-NotMV und den Vorstellungen des Verordnungsgebers vereinbaren lasse, zeige ein Vergleich mit Zustelldiensten, der Gastronomie, Postdiensteanbietern und Tankstellen mit Abholboxen von Paketzustellern: All das sei nämlich zulässig. Aus §5 Abs7 COVID-19-NotMV ergebe sich zudem, dass der Verordnungsgeber offenbar zur Online-Abwicklung von Geschäften animiere, während er solche aber gleichzeitig – wie im Fall der angefochtenen Verordnungsbestimmung – wieder einschränke.

4.2. Sollte der Verfassungsgerichtshof dieser Auffassung nicht folgen, werden die folgenden Bedenken geltend gemacht.

4.3. Zur mangelnden Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen:

4.3.1. §3 Abs1 Z1 COVID-19-MG berechtige den BMSGPK durch Verordnung das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu regeln oder zu untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sei. In der Verordnung könne geregelt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten betreten oder befahren werden dürften (soweit sie vom Betretungsverbot ausgenommen sind). Der Gesetzgeber habe dem BMSGPK als Verordnungsgeber damit einen inhaltlich weitreichenden Einschätzungs- und Prognosespielraum übertragen, der den BMSGPK dazu verpflichte, seine Entscheidungen nachvollziehbar und überprüfbar zu machen.

4.3.2. Unterlagen oder sonstige Dokumente, die einen Hinweis auf die Grundlagen der in der COVID-19-NotMV getroffenen Regelungen im Allgemeinen sowie auf die Grundlagen der angefochtenen Verordnungsbestimmung im Speziellen enthalten würden, seien nicht bekannt. Es könne daher nicht nachvollzogen werden, auf welcher Informationsbasis die Verordnungsbestimmung erlassen worden sei. Ob die Vorgaben des §3 Abs1 Z1 COVID-19-MG eingehalten worden seien, sei nicht überprüfbar, die angefochtene Bestimmung sei bereits deswegen gesetzwidrig.

4.4. Zum fehlenden Mindestmaß an Verständlichkeit:

4.4.1. Die rechtliche Begründung des BMGSPK sei zwar unverbindlich, aber im Rahmen der historischen Interpretation zu berücksichtigen. Lediglich aus ihr ergebe sich – abweichend von der eigentlichen Bestimmung des §5 COVID-19-NotMV –, dass §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV zumindest aus Sicht des Verordnungsgebers auch ein Abholverbot beinhalte.

4.4.2. Aus einer systematischen Zusammenschau mit den Bestimmungen in §7 Abs1 COVID-19-NotMV betreffend Gastgewerbebetriebe, die keine Beschränkung auf den Kundenbereich enthalten, ergebe sich ferner, dass der Kundenbereich zwar denknotwendig Teil der Betriebsstätte sei, jedoch die Betriebsstätte nicht mit dem Kundenbereich gleichzusetzen sei, andernfalls der Verordnungsgeber nicht unterscheiden würde. Daher könne §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV auch kein grundsätzliches Verbot des Betretens von Betriebsstätten des Handels zum Erwerb von Waren umfassen. Auch deswegen nicht, weil nach §5 Abs5 Z1 COVID-19-NotMV die Kundenbereiche von Betriebsstätten (auch des Handels) unter den dort näher festgelegten Bedingungen betreten werden dürften. Für den rechtsunterworfenen Laien bleibe damit aber völlig unklar, auf welche Flächen sich das Betretungs- und Befahrungsverbot beziehe und welcher Kundenbereich überhaupt nicht "befahren" werden dürfe.

4.4.3. Es werde nicht in Abrede gestellt, dass solche Auslegungsfragen letztlich nicht doch durch eine umfassende Analyse im Kontext der gesamten Rechtsordnung geklärt werden könnten. Der Bedeutungsgehalt des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV könne aber nach Auffassung der antragstellenden Gesellschaft nur mittels besonderer juristischer Fachkenntnis und mit besonderen methodischen Fähigkeiten ermittelt werden. Damit erfülle §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV nicht die Anforderungen an das rechtstaatlich erforderliche Mindestmaß an Verständlichkeit und sei daher auch aus diesem Grund aufzuheben.

4.5. Zur Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz:

4.5.1. Eine Verordnung verletze das Gleichheitsgebot des Art7 B‑VG vor allem dann, wenn sie Differenzierungen schaffe, die sachlich nicht gerechtfertigt seien, oder Regelungen treffe, die schlechthin unsachlich seien.

4.5.2. Anders als das "Click & Collect" seien die Abholung von Speisen von Betriebsstätten der Gastronomie und bestellter Waren in Postfilialen, bei Postpartnern und bei Postabholstationen und die Warenzustellung unter Einhaltung der vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen (insbesondere Mindestabstand und Mund-Nasen-Schutz) weiterhin uneingeschränkt zulässig. Für den "normalen" Warenverkauf an Unternehmer dürften Kundenbereiche ohnehin offengehalten und betreten werden.

4.5.3. Als Begründung für die Differenzierung zu Gastronomiebetrieben führe der BMSGPK in der unverbindlichen rechtlichen Begründung aus, dass nicht zu kontrollieren sei, ob Kunden, die Waren abholen, diese vorbestellt hätten oder nicht und dass das generelle Betretungsverbot bei Handelsbetrieben somit leichter umgangen werden könne. Zusätzlich seien – vor allem im ländlichen Bereich – nicht alle Gastronomiebetriebe dazu imstande, Lieferdienste anzubieten. Die Ausnahme vom Betretungs- und Befahrungsverbot für zweiseitig unternehmensbezogene Geschäfte werde mit behaupteten (freilich nicht offen gelegten) epidemiologisch relevanten Unterschieden begründet, da in diesem Bereich angeblich soziale Kontakte sehr eingeschränkt und regelmäßig erst nach Terminvereinbarung erfolgen würden; auch seien allfällige Infektionen mittels "contact tracing" in diesem Bereich leicht nachvollziehbar.

4.5.4. All das gelte aber uneingeschränkt auch für "Click & Collect". Zum einen könne nicht nur in der Gastronomie, sondern genauso auch im Handel problemlos nachgewiesen werden, dass die abgeholten Waren vorbestellt und gekauft worden seien. Bestellbestätigungen und Abholschein würden in der Handelsbranche längst zur gelebten Praxis gehören und einen etablierten Standard darstellen. Das gelte umso mehr im Onlinehandel, in dem notwendig die Kundendaten zur Verfügung stehen würden, selbst bei Verbrauchergeschäften. So baue das Konzept der antragstellenden Gesellschaft auf einer seit langem bestehenden Praxis auf und stelle sicher, dass nur vorbestellte Waren zu bestimmten Zeiten an geschützten Orten von Kunden, deren Daten man kenne, abgeholt würden. Das entspreche exakt dem Zustellservice von Ketten wie Amazon und sei im digitalen Zeitalter eine Selbstverständlichkeit. Ein effizientes und rasches "contact tracing" stelle kein Problem dar, weil die Kontaktdaten der Kunden und die vereinbarten ebenso wie die tatsächlichen Abholzeiten auf Grund ihrer digitalen Erfassung weit besser bekannt seien als im Normalvertrieb, wo es auch zu reinen Bargeschäften kommen könne.

4.5.5. Bei der Abholung gekaufter Waren gebe es kein – gegenüber der Abholung von Speisen von Betriebsstätten der Gastronomie oder von Waren in Postfilialen, bei Postpartnern und bei Postabholstationen – erhöhtes Infektionsrisiko. Im Gegenteil: Es sei tendenziell geringer, könne doch bei entsprechender Organisation ein Kontakt sogar völlig vermieden werden, auch der Kontakt zwischen den Kunden. Ganz anders, nämlich schlechter, stelle sich demgegenüber die Situation im zweiseitig unternehmensbezogenen Bereich dar, bei dem von einem weitaus intensiveren und längeren Kundenkontakt auszugehen sei, da Kunden in diesem Bereich erfahrungsgemäß einen viel stärkeren Beratungsbedarf (zB bei einer Büroplanung) hätten; bei reiner Abholung gebe es keine Beratung. Und dennoch lasse die Verordnung einen unternehmensbezogenen Handel zu, wobei der BMSGPK dabei von folgenden Überlegungen auszugehen scheine (Seite 10 der Beilage ./3) und falsch auf Unterschiede im Tatsächlichen verweise:

"Dienstleistungsbetriebe arbeiten fast ausschließlich mit Terminvereinbarung und können Kundenkontakte genau steuern. Dadurch sind dort vergleichsweise wenige Kunden gleichzeitig anwesend. Die Identität der Kunden und die Dauer ihres Aufenthalts sind bekannt und nachvollziehbar, sodass allfällige Infektionen mittels Contact Tracing leicht nachvollziehbar sind. Weiters halten sich Kunden in der Regel aufgrund der Art der Dienstleistung auch örtlich im Geschäfte an fixen, vom Anbieter gestaltbaren und bestimmbaren Plätzen auf. Ein Mitarbeiter ist zumeist für einen Kunden zuständig. Die Einhaltung der Hygienemaßnahmen kann vom Anbieter der Dienstleistung persönlich überwacht werden, während sich im Handel die Kunden ohne Terminvereinbarung schlechter steuerbar im Geschäft bewegen."

 

4.5.6. Für den Handel hieße es dort:

"Das grundsätzliche Betretungsverbot hinsichtlich der Kundenbereiche von Betriebsstätten des Handels umfasst auch das Betreten zur Abholung von Waren. Der Grund für die Differenzierung zu den Gastronomiebetrieben, bei denen die Abholung von Speisen und Getränken zulässig ist, liegt zum einen in der leichteren Umgehungsmöglichkeit des generellen Betretungsverbotes bei Handelsbetrieben. Es wäre praktisch nicht zu kontrollieren, ob Kunden, die Waren abholen, diese vorbestellt haben oder nicht. Die Ausnahme vom Betretungsverbot gemäß Abs1 Z1 für zweiseitig unternehmensbezogene Geschäfte ist aufgrund von epidemiologisch relevanten Unterschieden im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt. In diesem Bereich erfolgen soziale Kontakte sehr eingeschränkt und regelmäßig erst nach Terminvereinbarung. Auch wenn sich der nicht der Kontakt nach Verfolgung geht das Unterscheidung zwischen Handels und Dienstleistungsbetrieben gesagte."

 

4.5.7. Der BMSGKP unterstelle den Handelsbetrieben ohne jedwede sachliche Begründung indirekt pauschal die Nichteinhaltung der Vorgaben bei der Abholung vorbestellter Waren. Es stelle sich die Frage, was "praktisch nicht zu kontrollieren [sei]"? Jedes gängige im Handel eingesetzte Warenverwaltungsprogramm lasse eine genaue Kontrolle zu. Außerdem sei nicht ersichtlich, weshalb beispielsweise die Kontrolle der Gastronomiebetriebe leichter durchführbar sein sollte. Eine ganze Branche pauschal und unsubstantiiert unter Generalverdacht des Rechtsbruchs zu stellen, genüge den Anforderungen an eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung jedenfalls nicht.

4.5.8. Dazu komme die Ungleichbehandlung im Vergleich zu Zustellvorgängen bei Warenzustellungen: Diese seien nämlich uneingeschränkt zulässig. Was für die Heimzustellung recht sei, müsse auch für die vergleichbare Abholtätigkeit billig sein. Damit verstoße die Ungleichbehandlung von reinen Abholvorgängen gegen das Sachlichkeitsgebot des Art7 B‑VG.

4.6. Zur Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung:

4.6.1. Die antragstellende Gesellschaft könne ihre Betriebsstätten nicht einmal dazu verwenden, gekaufte Ware abholen zu lassen, geschweige denn dürfe sie die Kundenbereiche öffnen und betreiben. Sie sei damit in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung verletzt. Regelungszweck der angefochtenen Verordnungsbestimmung sei die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und eines – damit verbundenen – Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung. So sehr das Ziel der angefochtenen Verordnungsbestimmung auch als im öffentlichen Interesse gelegen anzusehen sei, so wenig sei das in der angefochtenen Verordnungsbestimmung normierte grundsätzliche Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten des Handels zum Zweck der Abholung von Waren im Sinne eines gelindesten Mittels erforderlich, um einen Zusammenbruch der medizinischen Versorgung zu verhindern.

4.6.2. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Wirkungen der angefochtenen Verordnungsbestimmung gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes einer temporären objektiven Erwerbsantrittsbeschränkung gleichzuhalten und daher im Hinblick auf deren Verhältnismäßigkeit an einem – strengen – Maßstab zu messen seien, so dass den Eingriff rechtfertigenden Gründen ein ganz besonders hohes Gewicht zukommen müsse (mwN Grabenwarter/Frank, B‑VG [2020] Rz 25).

4.6.3. Nicht einmal der BMSGPK selbst gehe davon aus, dass ein generelles Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten des Handels zur Abholung vorbestellter Waren zur Verhinderung der Infektionsausbreitung und des Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung erforderlich sei. Dies zeige sich am umfangreichen Ausnahmekatalog zahlreicher Betriebsstätten. Abgesehen davon stünden dem BMSGPK gelindere Mittel zur Verfügung, wenn die reine Abholung gekaufter Waren tatsächlich mit einem höheren Infektionsrisiko verbunden wäre (das sei nicht der Fall). So wie auch das Betreten von Betriebsstätten unter den in §5 Abs5 COVID-19-NotMV vorgeschriebenen Sicherheitsmaßnahmen allgemein zulässig sei, so könnte auch die Zulässigkeit der Abholung genauso an diese – oder erforderlichenfalls an zusätzliche spezifische – Sicherheitsbestimmungen geknüpft werden, welche den direkten Kundenkontakt minimieren oder ausschließen, zB eine Warenübergabe im Freien und nur nach vorheriger Terminvereinbarung etc. Kundenströme könnten effektiv gesteuert werden, wovon der BMSGPK etwa im Rahmen der 10 m2-Regel des §5 Abs5 COVID-19-NotMV selbst ausgehe. Bei guter Organisation müsse der Kundenbereich nicht einmal betreten werden. Ein gänzliches Abholverbot komme einer temporären objektiven Erwerbsantrittsbeschränkung ("Berufsverbot") gleich, die überschießend, nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig sei.

4.7. Zur Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums:

4.7.1. Die antragstellende Gesellschaft könne derzeit keine einzige ihrer Betriebsstätten öffnen und betreiben, weshalb sie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt sei. Dies zum einen deshalb, weil sie damit ihr Recht auf Ausübung des Handelsgewerbes gemäß ihrer Gewerbeberechtigung ebenso wenig ausüben könne wie ihre Gebrauchsrechte an den von ihr angemieteten Betriebsanlagen, in denen ihre Einrichtungshäuser betrieben würden.

4.7.2. Die Unverhältnismäßigkeit eines Betretungsverbots von Betriebsstätten zu Abholzwecken zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie zeige auch ein Blick auf die Schweiz: In Österreich stünden im Schnitt 730 Spitalsbetten pro 100.000 Einwohner sowie zirka 30 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner zur Verfügung. Im Vergleich dazu verfüge die Schweiz über zirka 460 Spitalsbetten pro 100.000 Einwohner und mit lediglich 12 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner nicht einmal über die Hälfte der Intensivbetten Österreichs. Die Schweiz habe am 2. November 2020 ihre Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie verschärft, dabei jedoch kein Betretungsverbot über die Handelsbetriebe unter Einhaltung bestimmter Sicherheitsvorkehrungen (insbesondere Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz) verhängt, die damit weiterhin geöffnet bleiben konnten. Am Höhepunkt der Pandemie habe die Schweiz am 4. November 2020 durchschnittlich 642 Infizierte pro 100.000 Einwohner verzeichnet – im Vergleich dazu Österreich am 12. November 2020 einen Höchststand mit durchschnittlich 566 Infizierten pro 100.000 Einwohner. Am 17. November 2020, dem Tag des Inkrafttretens der angefochtenen Verordnungsbestimmung, sei die Zahl der durchschnittlich Infizierten in Österreich auf 537 pro 100.000 Einwohner gesunken – ein klarer Nachweis dafür, dass die davor beschlossenen Maßnahmen ("Lockdown light") bereits die ersten erhofften Wirkungen gezeigt hätten. Der österreichische Gesetzgeber [gemeint wohl: Verordnungsgeber] habe dennoch bei wieder sinkenden Fallzahlen, die zudem deutlich unter dem Höchststand in der Schweiz gelegen seien, und vor dem Hintergrund einer doppelt so hohen Anzahl an Intensivbetten die Schließung aller Handelsbetriebe – nach seiner Vorstellung auch zu Abholzwecken – verordnet.

4.7.3. Natürlich sei dem Verordnungsgeber ein weitreichender Gestaltungsspielraum zuzugestehen. Dieser sei aber nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft im konkreten Fall, zumindest soweit es die Warenabholung betreffe, unzulässig überschritten worden.

5. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) hat als verordnungserlassende Behörde die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vorgelegt und eine Äußerung erstattet, in der den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft wie folgt entgegengetreten wird:

5.1. Der BMSGPK bestreitet zunächst die Zulässigkeit der Anträge: Da §5 Abs1 Z1 nicht nur mit der Wortfolge "1 und" in §5 Abs1 letzter Satz, sondern insbesondere auch mit §5 Abs4 Z1 bis 4 und 8 bis 14 COVID-19-NotMV in untrennbarem Zusammenhang stehe (und auch §5 Abs5 Z1 und 2 daran anknüpfen würden), seien sowohl der Haupt- als auch der Eventualantrag zu eng gefasst und daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen. Zudem hege die antragstellende Gesellschaft, wie sie selbst einräume, keine Bedenken gegen das grundsätzliche Betretungsverbot gemäß §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV. Die Aufhebung des §5 Abs1 Z1 leg cit in seiner Gesamtheit würde aber dem verbleibenden Verordnungsteil einen völlig anderen – und nicht einmal von der antragstellenden Gesellschaft gewollten – Inhalt verleihen. Insbesondere in Anbetracht dessen, dass auch die Reichweite der Ausgangsbeschränkung vom Umfang der Betretungsverbote abhänge (vgl §1 Abs1 Z8 COVID-19-NotMV), würde die Aufhebung weit über das zur Wahrnehmung der behaupteten Verfassungswidrigkeit Erforderliche hinausgehen. Die Anträge seien daher zurückzuweisen.

5.2. In der Sache tritt der BMSGPK zunächst der von der antragstellenden Gesellschaft vorgebrachten Auslegung des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV entgegen. Mit dieser Auslegung verkenne die antragstellende Gesellschaft die Rechtslage.

5.2.1. Eingangs sei auf die Bedeutung des seuchenrechtlichen Terminus der "Betriebsstätte" hinzuweisen: Der Begriff der Betriebsstätte werde rechtlich in unterschiedlichen Reglungszusammenhängen verwendet. So finde sich eine entsprechende Begrifflichkeit in der GewO 1994 (vgl insbesondere §46 GewO 1994), der Betriebsbegriff werde aber auch in betriebswirtschaftlichem, steuer- und unternehmensrechtlichem Sinn verwendet. Im Lichte des Telos des COVID-19-MG würden sich diese Begriffe jedoch als zu eng erweisen; eine Orientierung etwa am gewerberechtlichen oder steuerrechtlichen Verständnis würde dem seuchenrechtlichen Regelungsbedarf nicht gerecht. Im Hinblick auf das Ziel der Bekämpfung der weiteren Ausbreitung von COVID-19 könne es etwa keinen Unterschied machen, ob es sich um eine feste örtliche Anlage handle oder nicht.

5.2.2. Der Begriff der Betriebsstätte sei daher autonom im Lichte der Zielsetzung des COVID-19-MG zu interpretieren. Unter Zugrundelegung einer teleologischen Interpretation gelange man zu einer eindeutigen Abgrenzung, wonach Betriebsstätten all jene Orte seien, an denen Waren erworben und Dienstleistungen in Anspruch genommen werden könnten. Kundenbereiche seien demgemäß jene Teile der Betriebsstätte, an denen ein Kundenkontakt bestehe (dies ergebe sich auch in historischer Interpretation: vgl 396/A 27. GP  11). Eine gewerbe- oder baurechtliche Widmung (etwa als Lagerraum) vermöge daran nichts zu ändern. Auf Grund der Ortsungebundenheit des Betriebsstätten- und Kundenbereichsbegriffs könne daher – wie im vorliegenden Fall – auch der Parkplatz zum Kundenbereich der Betriebsstätte werden. Anderenfalls läge es im völligen Belieben von Betriebsstätteninhabern, die seuchenrechtlichen Maßnahmen dadurch zu umgehen, dass sie ihre Waren außerhalb der festen örtlichen Betriebsanlage anbieten und etwa den Kundenbereich auf den Parkplatz oder auf die Straße verlagern. Es bestehe daher im Ergebnis kein Zweifel daran, dass es sich auch beim Parkplatz einer Betriebsstätte um einen Kundenbereich handeln könne, sofern die Kundenkontakte dorthin verlagert werden würden.

5.2.3. Sofern die antragstellende Gesellschaft vermeine, dass im Falle des "Click & Collect" der Erwerb der Waren bereits online bei Kaufabschluss erfolge und daher im Falle der Abholung kein "Erwerb" vorliege, so sei in diesem Zusammenhang auf die Grundlagen des Zivilrechts zu verweisen, wonach der Erwerb von Eigentum (und Besitz) Titel und Modus voraussetze. Der derivative Eigentumserwerb sei erst bei Übergabe an den Käufer abgeschlossen. Dies entspreche auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, nachdem "Erwerb" im Zusammenhang mit Waren den Erwerb von Eigentum oder zumindest Besitz impliziere und dieser Vorgang regelmäßig erst mit der Übergabe abgeschlossen sei. Auch das zentrale Ziel des COVID-19-MG, die Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, rücke in diesem Zusammenhang das physische Element des Erwerbs in Form der Übergabe in den Vordergrund. Dieses Verständnis ergebe sich schon aus dem Konnex mit dem (notwendiger Weise physischen) Betreten in §5 Abs1 COVID-19-NotMV. Diese Regelung hätte unter Zugrundelegung der Rechtsansicht der antragstellenden Gesellschaft keinerlei Sinn. In seuchenrechtlicher Hinsicht könne es daher auf das zivilrechtlich zugrunde liegende Rechtsgeschäft nicht ankommen.

5.2.4. Der Umstand, dass die Betretungsregeln grundsätzlich auch das Betreten zur Abholung umfassen würden, werde etwa auch durch die einzig explizite Regelung der Verordnung BGBl II 479/2020 idF BGBl II 528/2020 zur Abholung, nämlich §7 Abs7 COVID-19-NotMV, geregelt. Wäre die bloße Abholung nicht vom Betretungsverbot umfasst, bedürfte es der ausdrücklichen Anordnung ihrer Zulässigkeit nicht. Im Ergebnis könne daher unter Heranziehung der juristischen Interpretationsmethoden kein Zweifel an der Auslegung des BMSGPK bestehen.

5.3. Zur behaupteten Gesetzwidrigkeit des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV, die angefochtene Bestimmung sei zu unbestimmt und nicht auf die Einhaltung von §3 Abs1 Z1 COVID-19-MG überprüfbar, hält der BMSGPK das Folgende fest:

5.3.1. Mit dem Vorwurf fehlender Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsgrundlagen missinterpretiere die antragstellende Gesellschaft die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes: Aus der mit dem Erkenntnis vom 14. Juli2020, V411/2020, beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung ergebe sich zwar, dass der Verordnungsgeber angesichts des ihm eingeräumten gesetzlichen Spielraums seine Entscheidungsgrundlagen im Verordnungsakt hinreichend dokumentieren müsse. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Veröffentlichung aller Entscheidungsgrundlagen folge daraus jedoch nicht. Gleichwohl publiziere der BMSGPK Teile des Verordnungsakts auf der Homepage www.sozialministerium.gv.at , insbesondere die rechtlichen Begründungen zu den jeweiligen Verordnungen. Diese würden auch die zentralen Elemente der fachlichen Begründungen im Hinblick auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Wesentlichen zusammenfassen. Details dazu (und im Übrigen auch die Datierung der rechtlichen Begründungen) würden sich aus dem Erlassungsakt der Verordnungen ergeben. Die Entscheidungsgrundlagen, auf denen die COVID-19-Verordnungen fußen, würden sich nicht in der Evaluierung der epidemiologischen Situation erschöpfen. Die gesetzliche Voraussetzung der "Erforderlichkeit" von Maßnahmen verlange insbesondere eine Abwägung des mit den Maßnahmen verfolgten Gesundheitsschutzes mit den entgegenstehenden Interessen.

5.3.2. Die vorgelegten Verordnungsakten würden dokumentieren, dass der Verordnungserlassung ein umfassendes Ermittlungsverfahren im Hinblick auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen vorangegangen sei. Diesbezüglich verweise der BMSGPK auf die (im Hinblick auf den Zeithorizont der Verordnungserlassung umfassenden) Begründungen im Verordnungsakt zu BGBl II 479/2020 und BGBl II 528/2020.

5.3.3. Hinsichtlich der behaupteten fehlenden Verständlichkeit des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV sei ergänzend auszuführen, dass sich der Gehalt der Verbotsnorm des §5 Abs1 Z1 bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ergebe und sich in historischer, teleologischer und systematischer Interpretation bestätige. Anders als die antragstellende Gesellschaft moniere, bedürfe es zur Ermittlung des Normgehalts auch keiner umfassenden Analyse der gesamten Rechtsordnung, sondern nur der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Regelungskontext des Seuchenrechts. Die Verordnung lasse sich unter Zuhilfenahme der klassischen juristischen Interpretationsmethoden aus sich selbst heraus auslegen. Die Verständlichkeit einer Rechtsnorm für den juristischen Laien sei damit zwar erstrebenswert, jedoch – wie auch in anderen Rechtstexten – nicht immer umsetzbar und auch nicht Maßstab der Bestimmtheit im Sinne des Art18 B‑VG. Gleichwohl trage der BMSGPK insbesondere vor dem Hintergrund der Betroffenheit und der praktischen Relevanz der Verordnungen für einen so großen Adressatenkreis dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit – abgesehen von der Veröffentlichung der rechtlichen Begründungen – auch durch Veröffentlichung umfassender FAQs Rechnung, mit denen Auslegungsfragen praxisrelevant und anhand zahlreicher Beispiele allgemein verständlich auch für Nichtjuristen beantwortet würden. Der BMSGPK sorge damit (über die allgemeine Kundmachung von Verordnungen im RIS hinaus) für einen einfachen Zugang zum Recht unabhängig von der Bereitschaft zur juristischen Recherche.

5.4. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz führt der BMSGPK das Folgende aus:

5.4.1. Im Rahmen der gleichheitsrechtlichen Beurteilung sei zunächst auf das zentrale Ziel der COVID-19-NotMV hinzuweisen, vor dem Hintergrund eines drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung die weitere Verbreitung von COVID-19 insbesondere durch eine drastische Reduktion der sozialen Kontakte und der Mobilität im öffentlichen Raum zu verhindern (siehe zur zugrunde liegenden epidemiologischen Situation die Begründungen im Verordnungsakt). Diese Zielsetzung komme auch in der rechtlichen Begründung zur Verordnung deutlich zum Ausdruck, dies insbesondere auch im Zusammenhang mit den Betretungsverboten gemäß §5 COVID-19-NotMV. Aus diesem Ziel lasse sich etwa auch der Unterschied zu den erlaubten Lieferdiensten erklären, zumal bei der typischen Belieferung mehrerer Kunden im Tagesverlauf die Mobilität deutlich geringer sei, als wenn jeder dieser Kunden den öffentlichen Raum durchqueren würde. Die COVID-19-NotMV verfolge das Ziel der Verringerung der Mobilität im öffentlichen Raum durch ein Bündel an Maßnahmen, insbesondere durch eine ganztägige Ausgangsbeschränkung und umfassende Betretungsverbote nicht nur für Handels- und gewisse Dienstleistungsbetriebe, sondern auch für Betriebsstätten der Gastgewerbe, für Beherbergungsbetriebe und Freizeiteinrichtungen.

5.4.2. Der Umfang der Betretungsverbote des §5 Abs1 COVID-19-NotMV sei das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung zwischen den epidemiologischen Erfordernissen einerseits und den wirtschaftlichen Interessen andererseits. Dieser Abwägung liege der Grundgedanke zugrunde, dass – vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Verkraftbarkeit der Maßnahmen – das Wirtschaftsleben, soweit epidemiologisch vertretbar, aufrechterhalten werden sollte.

5.4.3. In diesem Zusammenhang würden zunächst insbesondere die epidemiologisch relevanten, in der rechtlichen Begründung zur COVID-19-NotMV beschriebenen Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Dienstleistungs- und Handelsbetrieben eine zentrale Rolle spielen. Diese – notwendiger Weise auf eine Durchschnittsbetrachtung abstellenden – Unterschiede würden es rechtfertigen, die Betretungsverbote für Dienstleistungsbetriebe auf den Zweck der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen einzuschränken (vgl §5 Abs1 Z2 COVID-19-SchuMaV). Jene Faktoren, die die Erbringung von Dienstleistungen vom Handel unterscheiden (insbesondere Leistungserbringung nach Terminvereinbarung, Steuerbarkeit von Kundenströmen, Nachvollziehbarkeit der Kontakte, etc.), würden aber auch auf den Bereich zweiseitig unternehmensbezogener Geschäfte zutreffen. Auf Grund der Vergleichbarkeit im Tatsächlichen hinsichtlich der vom BMSGPK als geringer eingeschätzten Infektionsgefahr sei daher auch deren Gleichbehandlung im Hinblick auf die Ausnahme vom Betretungsverbot geboten gewesen. Insbesondere angesichts der im Vergleich zur Öffnung für den Kundenbetrieb nur geringen Auswirkungen auf die Mobilität und den in der rechtlichen Begründung beschriebenen, im Vergleich zum Kundenverkehr typischer Weise günstigeren epidemiologischen Umstände, sei daher die Differenzierung zum Verkehr mit Endkunden sachlich gerechtfertigt.

5.4.4. Was die Beschränkungen für die vom verordnungserlassenden Organ als epidemiologisch ungünstiger eingestuften Handels- und körpernahen Dienstleistungsbetriebe betreffe, ergebe sich in einer Gesamtschau der Verordnung, insbesondere in Zusammenschau der Ausgangsgründe (vgl etwa §1 Abs1 Z3 COVID-19-NotMV) mit den Betretungsverboten gemäß den §§5 ff. leg cit, dass der Verordnungsgeber vor dem Hintergrund des drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung im Wesentlichen die Befriedigung von Grundbedürfnissen und die Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens aufrecht erhalten habe wollen. Der Verordnungsgeber nehme dabei eine Abwägung der Bedeutung von Waren für die Aufrechterhaltung dieser Grundbedürfnisse vor, die in §5 Abs4 COVID-19-NotMV unmissverständlich zum Ausdruck komme.

5.4.5. Wie sich auch aus der rechtlichen Begründung zur COVID-19-NotMV ergebe, liege der Unterschied im Tatsächlichen zu den Betriebsstätten des Gastgewerbes vor allem in eben dieser Eigenschaft der angebotenen Waren und ihrer Bedeutung für die Grundbedürfnisse des täglichen Lebens begründet. Eben dies treffe auch auf die Leistungen der Postdiensteanbieter zu. Bei Letzteren komme hinzu, dass eine Regelung, die ein Betreten von Postdiensteanbietern nur zur Abholung bestimmter Waren (etwa von Briefen oder Paketen mit Waren im Sinne des §5 Abs4 COVID-19-NotMV) zuließe, praktisch nicht vollziehbar wäre, da sie von den jeweiligen Betreibern nicht kontrollierbar wäre.

5.4.6. Der BMSGPK bezweifle nicht, dass das von der antragstellenden Gesellschaft entwickelte "Click & Collect"-System geeignet sei, soziale Kontakte zu vermeiden. Vor dem Hintergrund der (im Zeitpunkt der Verordnungserlassung angesichts der epidemiologischen Situation erforderlichen) Zielsetzung einer drastischen Reduktion der Mobilität im öffentlichen Raum, insbesondere wenn es nicht um Grundgüter des täglichen Lebens gehe, habe der Verordnungsgeber von einer Durchschnittsbetrachtung der Betriebsstätten des Handels ausgehen dürfen. Im Rahmen dieser Durchschnittsbetrachtung habe der BMSGPK annehmen dürfen, dass nicht alle Betriebsstätten des Handels über die geeigneten örtlichen (insbesondere großräumige Parkplätze) und technisch-organisatorischen Voraussetzungen verfügen, die zum Ausschluss sozialer Kontakte erforderlich seien. Für die Abwicklung eines kontaktlosen "Click & Collect"-Systems bedürfe es einer Logistik und örtlicher Gegebenheiten, die für ein außerhalb Wiens gelegenes führendes Möbelhaus machbar sein mögen, nicht jedoch für alle auch kleineren Handelsbetriebe oder insbesondere Handelsbetriebe im städtischen Gebiet. Angesichts der Bandbreite von Handelsbetrieben habe der BMSGPK nicht davon ausgehen können, dass die typische Betriebsstätte des Handels eine Abholung mit dem Auto in völlig kontaktloser Weise gewährleisten werde können. Eine Regelung, die auf diese örtlichen und technischen Gegebenheiten abstelle, wäre aber zum einen kasuistisch – und damit mit der Gefahr der Gleichheitswidrigkeit belastet – und schwer zu vollziehen. Zum anderen würde sie der grundlegenden Wertungsentscheidung des Verordnungsgebers zuwiderlaufen, das Ziel der Reduktion der Mobilität im öffentlichen Raum unter Verfolgung eines warenbezogenen Ansatzes (Bindung der Mobilität an für das tägliche Leben essenzielle Warengruppen) zu erreichen. Schließlich würde eine solche Ausnahme insgesamt auch zu einer erheblichen Erhöhung der Mobilität führen und somit das wesentliche Ziel der Regelung unterlaufen. Diese rechtspolitische Entscheidung liege nach Ansicht des BMSGPK im – auch auf dem Boden des Gleichheitssatzes zulässigen – Wertungsspielraum des verordnungserlassenden Organs. Auch wenn dies für die antragstellende Gesellschaft unbefriedigend sein möge, handle es sich um einen vor dem Hintergrund der epidemiologischen Verhältnisse und der zentralen Zielsetzung der Verordnung hinzunehmenden Härtefall.

5.4.7. Was das Argument der Vollziehbarkeit der Regelungen betreffe, so halte der BMSGPK weiterhin daran fest, dass auch dies (ebenso wie die Umgehungsgefahr) ein Argument für die sachliche Rechtfertigung einer Norm sein könne und dies insbesondere im Zusammenhang mit den Betriebsstätten des Handels relevant sei. Mit der Zulässigkeit der Abholung von Waren steige insgesamt die Mobilität und verringere sich der Anreiz zur Vermeidung sozialer Kontakte. Insbesondere in der Vorweihnachtszeit sei ein "Normalbetrieb" in den Betriebsstätten zu befürchten gewesen, der aber faktisch das Ziel der Betretungsverbote unterlaufen hätte. Dies sei vor dem Hintergrund der epidemiologischen Situation und der Tatsache, dass es zur Eindämmung des Infektionsgeschehens einer drastischen Reduktion der Mobilität bedurft habe, nicht vertretbar gewesen.

5.4.8. Aus eben den genannten Gründen habe im Übrigen auch das Sächsische OVG jüngst ein Verbot des "Click & Collect", das die Ablieferung der bestellten Ware am Fahrzeug des Kunden umfasste, für zulässig erachtet: "Ein solches Aufsuchen der Händler durch die einzelnen Kunden zum Zweck der Warenabholung liefe auch klar der Intention der Regelungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung zuwider, zum Erreichen der gewünschten massiven Kontaktreduktion darauf hinzuwirken, dass die jeweilige Unterkunft von der Bevölkerung des Freistaates Sachsen möglichst wenig verlassen wird." (Sächsisches OVG, Beschluss vom 14.1.2020, 3 B442/2020).

5.5. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung hält der BMSGPK auf das Wesentliche zusammengefasst das Folgende fest:

5.5.1. Wenngleich der BMSGPK das Gewicht des Eingriffs in die Erwerbsfreiheit durch §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV nicht verkenne, sei entgegen der Rechtsansicht der antragstellenden Gesellschaft nicht von einer der Schwere von Erwerbsantrittsschranken vergleichbaren Beschränkung der Erwerbsfreiheit auszugehen. Es handle sich vielmehr um eine – wenn auch schwerwiegende – Erwerbsausübungsschranke. So liege insbesondere keine Untersagung der Berufsausübung vor, zumal insbesondere (im Möbelhandel übliche) Lieferdienste zulässig seien. Der Umstand, dass die weitere Erwerbsausübung gerade im Fall der antragstellenden Gesellschaft möglich gewesen sei, sei auch daraus ersichtlich, dass diese nach medialen Berichten trotz Lockdowns im Frühling in Österreich ein Umsatzplus von 5,5 im Gegensatz zum Vorjahr erzielen habe können, wovon 124 Mio. Euro auf das Online-Geschäft entfallen seien (https://kurier.at/wirtschaft/coronakrise-ikea-mit-umsatzplus-in-oesterreich weltweit-im-minus/401067045).

5.5.2. Nach Ansicht des BMSGPK sei die Beschränkung der Erwerbsausübung den Grundsätzen der Rechtsprechung entsprechend gerechtfertigt: §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV sei zunächst ausdrücklich von §3 Abs1 Z1 COVID-19-MG gesetzlich gedeckt. §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV verfolge das gewichtige öffentliche Interesse des Gesundheitsschutzes (durch Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems). Dieses Ziel sollte durch eine drastische Verringerung der Mobilität im öffentlichen Raum erreicht werden. Eine Ausnahme vom Betretungsverbot für die Abholung von Waren wäre kein gelinderes Mittel gewesen, zumal die Maßnahme diesfalls nicht gleichermaßen geeignet gewesen wäre, die Mobilität den Notwendigkeiten aus der epidemiologischen Situation entsprechend zu reduzieren. Vor dem Hintergrund des drohenden Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung hätte im Zeitpunkt der Verordnungserlassung das öffentliche Interesse des Gesundheitsschutzes die Freiheit der Erwerbsausübung überwogen. Auch angesichts der zeitlichen Befristung und ständigen Evaluierung der Maßnahmen sei der Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit als verhältnismäßig zu beurteilen.

5.5.3. Nichts anderes gelte im Hinblick auf die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft betreffend die Unversehrtheit des Eigentums.

6. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2021 erstattete die antragstellende Gesellschaft eine Gegenäußerung.

IV. Erwägungen

A. Zur Zulässigkeit des Antrages

1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.

1.2. Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).

1.3. Gemäß §5 Abs1 Z1 COVID‑19-NotMV war es seit dem 17. November 2020 gemäß BGBl II 479/2020 bzw seit dem 27. November 2020 gemäß BGBl II 528/2020 untersagt, den Kundenbereich der antragstellenden Gesellschaft zum Zweck des Erwerbs von Waren zu betreten oder zu befahren. Es war der antragstellenden Gesellschaft daher untersagt, ihre Betriebsstätte für Kunden – mit Ausnahme von zumindest zweiseitig unternehmensbezogenen Geschäften – zu öffnen. Die antragstellende Gesellschaft war durch das in §5 Abs1 Z1 COVID‑19-NotMV angeordnete Betretungs- und Befahrungsverbot daher unmittelbar in ihrer Rechtssphäre betroffen.

1.4. Der angefochtene §5 COVID-19-NotMV idF BGBl II 528/2020 ist mit Ablauf des 6. Dezember 2020 und somit nach der Antragstellung außer Kraft getreten (§19 Abs1 COVID‑19-NotMV). Dies schadet in der vorliegenden Konstellation mit Blick auf die mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Juli 2020, V411/2020, beginnende Rechtsprechung nicht (vgl auch VfGH 14.7.2020, G202/2020 ua; 1.10.2020, V392/2020; 10.3.2021, V573/2020).

1.5. Im Hinblick auf die Verwaltungsstrafdrohung in §8 Abs3 COVID‑19-MG idF BGBl I 104/2020 steht der antragstellenden Gesellschaft auch kein anderer zumutbarer Weg offen, die behauptete Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfenden Verordnungsbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Teil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Stelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

2.1. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Normenprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

2.2. Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Verordnungsstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; VfSlg 20.082/2016), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Gesetzwidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Verordnung dieser ein völlig veränderter, dem Verordnungsgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015, 20.102/2016).

2.3. Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Verordnungsbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

2.4. In ihrem Hauptantrag begehrt die antragstellende Gesellschaft §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020 idF BGBl II 528/2020, zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben. Im Eventualantrag begehrt die antragstellende Gesellschaft die Aufhebung von §5 Abs1 Z1 zur Gänze sowie der Wortfolge "1 und" in §5 Abs1 letzter Satz COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020 idF BGBl II 528/2020.

2.5. Entgegen der Ansicht des BMSGPK erweist sich der Hauptantrag auf Aufhebung des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV nicht als zu eng gewählt. Die antragstellende Gesellschaft hegt Bedenken ob des Umstandes, dass vom "Betretungs- und Befahrungsverbot […] zum Erwerb von Waren" gemäß §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV auch die (bloße) Abholung von Waren umfasst ist und diese nicht ausdrücklich vom allgemeinen Betretungsverbot "zum Erwerb von Waren" ausgenommen wurde (so wie dies letztlich durch die 2. COVID-19-NotMV, BGBl II 598/2020, erfolgte). Gegen die in §5 Abs1 zweiter Satz und Abs4 COVID-19-NotMV festgelegten Ausnahmen vom angefochtenen Betretungs- und Befahrungsverbot macht die antragstellende Gesellschaft keine eigenständigen Bedenken geltend. Diese stehen vor dem Hintergrund des Antragsvorbringens auch nicht in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV. Im Falle der Aufhebung des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV gingen zwar der Verweis "1 und" in §5 Abs1 zweiter Satz COVID-19-NotMV und (im Ergebnis) ebenso §5 Abs4 Z1 bis Z4 COVID-19-NotMV ins Leere, es verbliebe aber kein sprachlich unverständlicher Torso (vgl VfSlg 19.985/2015). Den Bestimmungen würde vielmehr (bloß) keine normative Bedeutung mehr zukommen. Der Umstand, dass eine Bestimmung im Fall der Aufhebung einer anderen Regelung unanwendbar wird, vermag für sich allein einen untrennbaren Zusammenhang dieser Bestimmung nicht zu begründen (vgl VfSlg 19.985/2015, 20.138/2017 jeweils mwN).

2.6. Der Anfechtungsumfang des Hauptantrags erweist sich daher nicht als zu eng gewählt. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich der Antrag als zulässig.

B. In der Sache

1. Der Antrag ist nicht begründet.

2. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

3. Die antragstellende Gesellschaft hegt Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmung im Hinblick auf die mangelnde Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen, ein fehlendes Mindestmaß an Verständlichkeit sowie wegen Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie auf Unversehrtheit des Eigentums. Zudem macht die antragstellende Gesellschaft Bedenken betreffend das Gebot der verfassungs- und gesetzeskonformen Auslegung von Verordnungen geltend.

4. Hinsichtlich der Frage, ob das Verbot in §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV die Abholung von Waren umfasst oder verfassungskonform dahingehend auszulegen wäre, dass die reine Warenabholung nicht unter das Betretungs- und Befahrungsverbot der Kundenbereiche zu subsumieren sei, ist das Folgende festzuhalten:

Ungeachtet des Umstandes, dass die Bestimmung (arg.: "Kundenbereich", "zum Zweck des Erwerbs von Waren") unterschiedlich ausgelegt werden kann, ergibt sich aus der zentralen Zielsetzung der COVID-19-NotMV und der auf der Homepage des BMSGPK veröffentlichten "Rechtliche[n] Begründung" (vgl dazu auch die gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Empfehlungen der Corona-Kommission und der wesentlichen Begründung in §2 Abs2 COVID-19-MG) sowie aus der Systematik der Verordnung (insbesondere im Hinblick auf die ausdrückliche Anordnung der Zulässigkeit der Abholung von Speisen und Getränken des Gastgewerbes gemäß §7 Abs7 COVID-19-NotMV) unmissverständlich, dass auch die Abholung von Waren als vom Betretungs- und Befahrungsverbot des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren gemäß §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV umfasst anzusehen ist.

 

5. Vor dem Hintergrund vorstehender Ausführungen geht das Bedenken der antragstellenden Gesellschaft hinsichtlich des fehlenden Mindestmaßes an Verständlichkeit des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV ins Leere.

6. Zu den Bedenken im Hinblick auf die mangelnde Ermittlung und Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen:

6.1. Der angefochtene §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV steht in folgendem normativen Zusammenhang:

6.1.1. §3 Abs1 Z1 iVm §7 Abs1 COVID-19-MG (in der im vorliegenden Fall relevanten Fassung BGBl I 104/2020) ermächtigt den BMSGPK beim Auftreten von COVID-19 dazu, durch Verordnung das Betreten und das Befahren von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen zu regeln, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Gemäß §3 Abs2 COVID-19-MG kann in einer Verordnung gemäß Abs1 entsprechend der epidemiologischen Situation (ua) festgelegt werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit oder unter welchen Voraussetzungen und Auflagen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten und befahren werden dürfen. Weiters kann das Betreten und Befahren von Betriebsstätten oder Arbeitsorten untersagt werden, sofern gelindere Maßnahmen nicht ausreichen.

6.1.2. Der Verordnungsgeber muss daher in Ansehung der von ihm zu bewertenden epidemiologischen Situation notwendig prognosehaft beurteilen, inwieweit in Aussicht genommene Betretungsverbote oder -beschränkungen von Betriebsstätten zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 geeignete, erforderliche und insgesamt angemessene Maßnahmen darstellen.

6.1.3. Die Betretungsverbote und -beschränkungen haben als gesundheitspolizeiliche Maßnahmen zum Ziel, die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern (§1 Abs1 COVID-19-MG) und somit die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur aufrechtzuerhalten (vgl zu §1 COVID-19-MG idF BGBl I 23/2020 bereits VfGH 14.7.2020, V411/2020).

6.1.4. Hinsichtlich der vom Verordnungsgeber zu berücksichtigenden epidemiologischen Situation legt das Gesetz nunmehr – im Gegensatz zum COVID-19-MG idF vor BGBl I 104/2020 – in dessen §1 Abs7 Kriterien fest, anhand derer die Bewertung der epidemiologischen Situation "insbesondere" zu erfolgen hat. Diese sind: Übertragbarkeit, gemessen an neu aufgetretenen COVID-19-Fällen und Clustern (Z1), Clusteranalyse, gemessen an der Anzahl der Fälle mit geklärter Quelle (Z2), Ressourcen und Kapazitäten im Gesundheitswesen unter Berücksichtigung der aktuellen Auslastung der vorhandenen Spitalskapazitäten sowie der aktuellen Belegung auf Normal- und Intensivstationen (Z3), durchgeführte SARS CoV2-Tests samt Positivrate (Z4) und regionale Besonderheiten wie ein besonderer Zustrom ortsfremder Personen, insbesondere Tourismus- und Pendlerströme (Z5). Des Weiteren ermächtigt §1 Abs8 COVID-19-MG den Verordnungsgeber ausdrücklich dazu, in einer Verordnung nach diesem Gesetz typisierende Abstufungen hinsichtlich der epidemiologischen Situation vorzunehmen und an unterschiedliche Risikoeinstufungen unterschiedliche Maßnahmen zu knüpfen (vgl hiezu auch §7 Abs4 COVID-19-MG).

6.1.5. Zur Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers bei der Bewertung der epidemiologischen Situation wurde gemäß §2 Abs1 COVID-19-MG beim Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zudem ein Beirat (Corona-Kommission) eingerichtet, welcher nach §10 COVID-19-MG vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Gesetz – außer bei Gefahr in Verzug – vom Bundesminister gehört werden muss. Darüber hinaus schränkt der Gesetzgeber die inhaltlich weitreichende Ermächtigung des Verordnungsgebers auch insofern ein, als jene Verordnungen, mit denen die "eingriffsintensivsten Maßnahmen" (IA 826/A 27. GP , 13) angeordnet werden (Betretungs-, Befahrungs- und Benützungsverbote nach §3 Abs2 letzter Satz und §4 Abs2 letzter Satz sowie Ausgangsbeschränkungen iSd §5 COVID-19-MG), des Einvernehmens mit dem Hauptausschuss des Nationalrates bedürfen (vgl §11 Abs1 und 2 COVID-19-MG).

6.1.6. §3 COVID-19-MG ermächtigt den Verordnungsgeber damit – auch wenn das Gesetz dem Verordnungsgeber (inzwischen) Verfahrensregelungen für die Erlassung von Maßnahmen nach diesem Gesetz sowie konkrete Kriterien für die Bewertung der epidemiologischen Situation vorgibt – insbesondere auf Grund des ihm übertragenen Einschätzungs- und Prognosespielraumes zu weitreichenden Grundrechtseingriffen.

6.1.7. Aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art18 Abs2 B‑VG folgt, dass bei einer weitreichenden Verordnungsermächtigung, die schwerwiegende Grundrechtseingriffe ermöglicht, im Verordnungserlassungsverfahren nachvollziehbar zu machen ist, auf welcher Informationsbasis über die nach dem Gesetz maßgeblichen Umstände die Verordnungsentscheidung fußt und die gesetzlich vorgegebene Abwägungsentscheidung erfolgt ist (vgl VfGH 10.3.2021, V573/2020 mwN).

6.2. Den vom BMSGPK vorgelegten Verordnungsakten, die der Erlassung (ua) des §5 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020 idF BGBl II 528/2020, zugrunde liegen, ist – soweit für die Beurteilung des Verfassungsgerichtshofes relevant – Folgendes zu entnehmen:

6.2.1. In dem vom BMSGPK vorgelegten Verwaltungsakt, der der Erlassung der Stammfassung der COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, zugrunde liegt, wird unter der Rubrik "Sachverhalt" zusammengefasst ausgeführt, dass angesichts des drohenden Zusammenbruchs des Gesundheitssystems mit der COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung, BGBl II 463/2020, mit 3. November 2020 erste drastische Maßnahmen gesetzt worden seien. Aus Rücksicht auf die schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen, die ein kompletter Lockdown wie im Frühling [2020] habe, seien das Arbeits- und Wirtschaftsleben weitestmöglich unberührt geblieben. Die weitere Entwicklung des Infektionsgeschehens und die ungebremste Annäherung an die Kapazitätsgrenze des Gesundheitssystems machten nunmehr jedoch noch weitreichendere Schritte unerlässlich. Es bedürfe insbesondere einer noch drastischeren Reduktion der sozialen Kontakte. Da die bisher gesetzten gelinderen Maßnahmen nicht ausgereicht hätten, seien die mit dieser Verordnung getroffenen Verschärfungen unbedingt erforderlich, um einen drohenden Zusammenbruch des Gesundheitssystems zu verhindern. Auf die inliegende fachliche Begründung samt Beilagen und Anlagen sowie die rechtlichen Begründungen werde verwiesen.

6.2.2. Die im Verordnungsakt befindliche "Fachliche Begründung zur Erlassung der COVID-19-Notsituationsverordnung" enthält Statistiken und Ausführungen zur epidemiologischen Situation (Fallzahlen, Verbreitungsrisiko, Clusteranalyse, Kapazitätsauslastung, Prognoserechnung, Evidenz von Maßnahmen etc.) und verweist auf zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung aktuelle, dem Akt eingelegte Berichte und Empfehlungen unter anderem der Corona-Kommission und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES). Dem Lagebericht der AGES vom 12. November 2020 sei ein Rückgang der Steigerungsrate im Zeitraum vom 1. November bis 10. November 2020 zu entnehmen. Trotz der gesetzten Maßnahmen seien die Fallzahlen weiter angestiegen, das absolute Fallaufkommen sei nach wie vor in einem systemkritischen Bereich, welches eine Überlastung der Intensivpflege in den kommenden Tagen erwarten lasse. Laut dem wöchentlichen Bericht der Corona-Kommission zum Monitoring der COVID-19-Schutzmaßnahmen vom 12. November 2020 habe der erwartete Effekt eines Rückgangs der Verbreitung bisher nicht in ausreichendem Maße festgestellt werden können und sei die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems (insbesondere Intensivversorgung) nach wie vor akut gegeben. Diese Schlussfolgerung bedinge, dass eine detaillierte Bewertung der Maßnahmen auf Grund der hohen Fallzahlen zurzeit nicht möglich sei und allgemeine Rückschlüsse auf einzelne Clustersettings in Verbindung mit einer Einzelmaßnahme derzeit nicht getroffen werden könnten. Die Epidemie könne daher nur durch weitere kollektive Verhaltensmaßnahmen zur Reduktion der Kontakte (Dauer und Häufigkeit) kontrolliert werden.

 

6.2.3. Der Verordnungsakt enthält weiters in der "Rechtliche[n] Begründung" nähere Erläuterungen (ua) zur verfahrensgegenständlichen Bestimmung des §5 COVID-19-NotMV (vgl dazu im Detail unter Punkt 7.3.).

6.2.4. Im Verordnungsakt, der der Änderung der COVID-19-NotMV mit der Verordnung BGBl II 528/2020 zugrunde liegt, wird – unter Bezugnahme auf aktualisierte Daten und Berichte zur epidemiologischen Situation – ausgeführt, dass die Aufrechterhaltung der gesetzten Maßnahmen iSd §§3, 4, 5 und 11 COVID-19-MG zur Abwendung eines drohenden Zusammenbruchs des Gesundheitswesens gerechtfertigt sei, da durch die bereits gesetzten Maßnahmen zwar eine Abnahme der Fallzahlen erreicht worden, jedoch noch keine maßgebliche Entspannung in der Kapazitätsauslastung eingetreten sei.

6.2.5. Den Verordnungsakten zu BGBl II 479/2020 und BGBl II 528/2020 liegt weiters jeweils ein Schreiben der Parlamentsdirektion ein, aus dem hervorgeht, dass vor Erlassung der Verordnungen das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates (vgl §11 Abs1 COVID-19-MG) hergestellt wurde.

6.2.6. Der BMSGPK hat damit in den Verordnungsakten hinreichend dargelegt, dass er die angefochtene Maßnahme im Einklang mit den im COVID-19-MG normierten Verfahrensregelungen erlassen sowie die im Gesetz vorgegebenen Kriterien für die Bewertung der epidemiologischen Situation angewendet hat. Er hat zudem hinreichend dargelegt, auf welchen Grundlagen die Entscheidung über die Erlassung bzw Beibehaltung der in §5 COVID-19-NotMV angeordneten Maßnahmen getroffen wurde.

7. Die angefochtene Bestimmung in §5 COVID-19-NotMV verstößt auch nicht gegen den Gleichheitssatz:

7.1. Der Gleichheitssatz bindet auch den Verordnungsgeber (VfGH 5.6.2014, V44/2013). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, unsachliche, durch tatsächliche Unterschiede nicht begründbare Differenzierungen und eine unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem sowie sachlich nicht begründbare Regelungen zu schaffen (vgl zur Differenzierung bei Gesetzen etwa 17.315/2004, 17.500/2005, zum Sachlichkeitsgebot bei Gesetzen vgl VfSlg 14.039/1995, 16.407/2001; VfGH 23.2.2021, G361/2020).

7.2. Wie unter Punkt 4. bereits ausgeführt, umfasst das in §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV normierte Betretungs- und Befahrungsverbot der Kundenbereiche von Betriebsstätten des Handels auch das Betreten und Befahren der Kundenbereiche von Betriebsstätten des Handels zur (bloßen) Abholung von Waren.

7.3. Der Verordnungsgeber begründet das Verbot der Abholung von Waren und die diesbezügliche Differenzierung zu Gastronomiebetrieben, bei denen die Abholung von Speisen und Getränken zulässig ist, in der dem Verordnungsakt zur Stammfassung der COVID‑19-NotMV, BGBl II 479/2020, inliegenden "Rechtliche[n] Begründung" zunächst mit der leichteren Umgehungsmöglichkeit des generellen Betretungsverbotes bei Handelsbetrieben. Nach Ansicht des BMSGPK sei es praktisch nicht zu kontrollieren, ob Kunden, die Waren abholen, diese vorbestellt hätten oder nicht. Darüber hinaus handle es sich bei Speisen und Getränken um notwendige Güter der Grundversorgung, wobei zu berücksichtigen sei, dass nicht alle Gastronomiebetriebe Lieferdienste anbieten könnten. Dies gelte insbesondere im ländlichen Bereich. Die Ausnahme vom Betretungsverbot gemäß Abs1 Z1 für zweiseitig unternehmensbezogene Geschäfte sei auf Grund von epidemiologisch relevanten Unterschieden im Tatsächlichen sachlich gerechtfertigt. In diesem Bereich würden soziale Kontakte sehr eingeschränkt und regelmäßig erst nach Terminvereinbarung erfolgen – ein Umstand, der auch Kontaktnachverfolgung erleichtere.

7.4. Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass dem Verordnungsgeber bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ein weiter Entscheidungsspielraum zukommt (vgl VfGH 10.3.2021, V574/2020).

7.5. Der COVID-19-NotMV idF BGBl II 479/2020 und BGBl II 528/2020 lag – vor dem Hintergrund der hohen Infektionszahlen und der prognostizierten Überlastung der Intensivpflege im Herbst bzw Winter 2020 sowie des Umstandes, dass die vom BMSGPK zuvor bereits angeordneten Maßnahmen nachweislich nicht ausreichten, um das Infektionsgeschehen einzudämmen – das allgemeine Ziel zugrunde, die weitere Verbreitung von COVID-19 insbesondere durch eine drastische Reduktion der sozialen Kontakte zu verhindern (vgl die Ausführungen im "Sachverhalt" und der "Fachliche[n] Begründung" in den Verordnungsakten zu BGBl II 479/2020 und BGBl II 528/2020). Die COVID-19-NotMV sah zur Erreichung dieses Zieles ein umfangreiches Maßnahmenpaket, ua eine ganztägige Ausgangsbeschränkung sowie weitreichende Betretungs- und Befahrungsverbote für Handels- und gewisse Dienstleistungsbetriebe sowie für das Gastgewerbe, Beherbergungsbetriebe und Freizeiteinrichtungen, mit nur wenigen Ausnahmen vor. Angesichts dieser Zielsetzung der COVID-19-NotMV und der zum Zeitpunkt der Erlassung der COVID-19-NotMV idF BGBl II 479/2020 und BGBl II 528/2020 vorgelegenen, in den Verwaltungsakten abgebildeten krisenhaften epidemiologischen Situation handelte der BMSGPK nicht unsachlich, wenn er zur drastischen Reduktion der sozialen Kontakte ein grundsätzliches – auch die Abholung von Waren umfassendes – Betretungs- und Befahrungsverbot von Betriebsstätten des Handels von (Privat-)Kunden vorsah.

7.6. Auch in der unterschiedlichen Behandlung der Abholung von Waren einerseits und der Abholung von Speisen und Getränken andererseits vermag der Verfassungsgerichtshof keine unsachliche Ungleichbehandlung zu erkennen. Speisen und Getränke stellen – im Gegensatz zum Großteil der Waren des Handels, die nicht unter die in §5 Abs4 COVID-19-NotMV normierten Ausnahmen fallen und daher nicht zur Verrichtung des täglichen Lebens erforderlich sind – notwendige Güter der Grundversorgung dar, deren ständige Verfügbarkeit als essenziell und damit "systemrelevant" anzusehen ist. Auch die gemäß §5 Abs4 Z11 und Z12 COVID-19-NotMV vom Verbot ausgenommenen Postdiensteanbieter sowie Tankstellen und Waschanlagen sind als zur Erfüllung zentraler Bedürfnisse wie der Aufrechterhaltung der Kommunikation, des Zugangs zu Informationen oder der Mobilität zur Wahrnehmung der in §1 Abs1 COVID‑19-NotMV genannten Tätigkeiten erforderlich anzusehen. Darüber hinaus bestand für alle sonstigen Waren des Handels weiterhin die Möglichkeit, diese im Wege des Online-Handels zu vertreiben bzw zu erwerben. Diese Möglichkeit wurde vom Verordnungsgeber nicht eingeschränkt.

7.7. Hinsichtlich des Vorbringens der antragstellende Gesellschaft, wonach die Vorbestellung der Waren problemlos nachgewiesen sowie kontrolliert werden hätte können und bei Vorliegen eines entsprechenden Konzeptes auch eine weitgehend kontaktlose Übergabe der Ware möglich gewesen wäre, ist sie auf das grundlegende Ziel der COVID-19-NotMV zu verweisen: Das Verbot der Warenabholung diente vorrangig dem Ziel, die sozialen Kontakte im öffentlichen Raum auf die unbedingt erforderlichen Verrichtungen des täglichen Lebens (wie insbesondere die Sicherstellung der Versorgung mit Grundgütern des täglichen Lebens) zu reduzieren. Vor dem Hintergrund dieser Zielsetzung, der zu diesem Zeitpunkt vorliegenden epidemiologischen Situation sowie des weiten, dem Verordnungsgeber bei der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie zukommenden Entscheidungsspielraumes ist das – für die Dauer von rund einer Woche (mit BGBl II 479/2020 insgesamt rund drei Wochen) vorgesehene – Verbot der Warenabholung als gerechtfertigt und sachlich anzusehen. Mit der 2. COVID-19-NotMV, BGBl II 598/2020, wurde die Abholung vorbestellter Waren vom, ab dem 26. Dezember 2020 wieder normierten, Betretungs- und Befahrungsverbot des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs von Waren, ausdrücklich ausgenommen.

7.8. Auch die Ausnahme vom Betretungsverbot für zumindest zweiseitig unternehmensbezogene Geschäfte ist auf Grund von – epidemiologisch relevanten – Unterschieden im Tatsächlichen als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Der BMSGPK handelte nicht unsachlich, wenn er das Infektionsrisiko im Vergleich zum sonstigen Handel (auf Grund des zu erwartenden unterschiedlichen Einkaufsverhaltens, der Leistungserbringung nach Terminvereinbarung sowie der damit verbundenen Steuerbarkeit von Kundenströmen und Nachvollziehbarkeit der Kontakte) im Zeitpunkt der Verordnungserlassung als geringer beurteilte.

7.9. Der angefochtene §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV idF BGBl II 528/2020 ist daher nicht als unsachlich zu erkennen.

8. Die antragstellende Gesellschaft macht weiters einen Verstoß gegen das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) geltend. Sie begründet dies insbesondere mit dem Umstand, dass gelindere Mittel wie spezifische Sicherheitsbestimmungen zur Zielerreichung zur Verfügung gestanden wären und das Abholverbot zur Zielerreichung nicht erforderlich gewesen sei.

8.1. Nach der ständigen Judikatur zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG (siehe zB VfSlg 10.179/1984, 12.921/1991, 15.038/1997, 15.700/1999, 16.120/2001, 16.734/2002 und 17.932/2006) sind gesetzliche, die Erwerbs(ausübungs)freiheit beschränkende Regelungen auf Grund des diesem Grundrecht angefügten Gesetzesvorbehaltes nur dann zulässig, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.

8.2. Auch Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, sind auf ihre Übereinstimmung mit der verfassungsgesetzlich verbürgten Freiheit der Erwerbsbetätigung zu prüfen und müssen dementsprechend durch ein öffentliches Interesse bestimmt und auch sonst sachlich gerechtfertigt sein. Das bedeutet, dass Ausübungsregeln bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein müssen. Es steht jedoch dem Verordnungsgeber bei der Regelung der Berufsausübung ein größerer Spielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (s zu Gesetzen etwa VfSlg 13.704/1994 und die dort zitierte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.024/2000 und 16.734/2002; zu Verordnungen etwa VfSlg 20.181/2017).

8.3. §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV in der angefochtenen Fassung BGBl II 528/2020 untersagte für den Zeitraum vom 27. November 2020 (ab dem 17. November 2020 idF BGBl II 479/2020) bis zum Ablauf des 6. Dezember 2020 das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels zum Zweck des Erwerbs und der Abholung von Waren. Wenngleich sich dieses Verbot dem Wortlaut nach an die (Privat-)Kunden der Betriebe richtete, kam diese Maßnahme – trotz der Ausnahme für zumindest zweiseitig unternehmensbezogene Geschäfte – für zahlreiche Betriebsstätten des Handels einem teilweisen Betriebsverbot gleich. Die Möglichkeit, Waren im Wege des Online-Handels zu vertreiben, war demgegenüber zu keinem Zeitpunkt eingeschränkt. Das Betretungs- und Befahrungsverbot stellt somit einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der antragstellenden Gesellschaft auf Freiheit der Erwerbsbetätigung dar.

8.4. Das angefochtene Betretungs- und Befahrungsverbot hat seine gesetzliche Grundlage in §3 Abs1 Z1 und Abs2 COVID-19-MG idF BGBl I 104/2020. Der mit dem Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1 Z1 COVID‑19-NotMV verfolgte Zweck, die Verbreitung von COVID-19 zu verhindern und damit die Funktionsfähigkeit der Gesundheitsinfrastruktur aufrechtzuerhalten, stellt jedenfalls ein gewichtiges öffentliches Interesse dar.

8.5. Der BMSGPK konnte angesichts der zum Zeitpunkt der Erlassung der COVID‑19-NotMV und der Novelle BGBl II 528/2020 vorliegenden Daten davon ausgehen, dass die Anordnung bzw Beibehaltung eines Betretungs- und Befahrungsverbotes von Betriebsstätten des Handels iSd §5 Abs1 Z1 COVID‑19-NotMV zum Erwerb und zur Abholung von Waren – als eine von zahlreichen weiteren staatlichen Maßnahmen – zu einer Reduktion der persönlichen Kontakte von Menschen führt und damit ein geeignetes Mittel zur Erreichung dieser Zielsetzung darstellt.

8.6. Das Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1 Z1 COVID‑19-NotMV zum Erwerb und zur Abholung von Waren ist angesichts des Gewichts der damit verfolgten Ziele auch verhältnismäßig:

8.6.1. Nimmt der Verordnungsgeber das gesundheitspolitische Ziel der Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und der prognostizierten Überlastung der Intensivpflege zum Anlass für die Erlassung eines Betretungs- und Befahrungsverbotes zum Erwerb und zur Abholung von Waren, verfolgt er damit ein Ziel von erheblichem Gewicht. Demgegenüber wird der durch das Verbot der Warenabholung bewirkte Eingriff in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung der antragstellenden Gesellschaft insofern abgeschwächt, als die Maßnahme nur für einen kurzen Zeitraum von zehn Tagen normiert wurde. Zudem war es der antragstellenden Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt untersagt, ihre Waren – wie bei Einrichtungshäusern üblich – auch online zu vertreiben. Darüber hinaus war die mit dem Betretungs- und Befahrungsverbot bewirkte Einschränkung in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket eingebettet, das funktionell darauf abzielt, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Betretungs- und Befahrungsverbotes abzufedern (vgl VfGH 24.6.2021, V593/2020; sowie im Zusammenhang mit dem im Frühjahr 2020 geltenden Betretungsverbot des §1 COVID-19-Maßnahmenverordnung-96 bereits 14.7.2020, G202/2020 ua). Insgesamt überwog damit das Gewicht der gesundheitspolitischen Zielsetzungen zur Vermeidung der Verbreitung von COVID-19 die Schwere des Eingriffs in die grundrechtlich geschützte Rechtsposition der antragstellenden Gesellschaft.

8.6.2. Vor dem Hintergrund der im Verordnungsakt dokumentierten epidemiologischen Situation war das Verbot zur Zielerreichung der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Gesundheitssystems jedenfalls erforderlich. Dies zeigt sich auch darin, dass der BMSGPK angesichts der seit Herbst 2020 stark steigenden Infektionszahlen zunächst noch versucht hatte, die Verbreitung von COVID-19 durch die Anordnung gelinderer Maßnahmen zu verhindern (vgl dazu §5 COVID-19-SchuMaV, BGBl II 463/2020, wonach das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels mit 3. November 2020 unter bestimmten Voraussetzungen – Mindestabstand, Tragen eines "Mund-Nasen-Schutzes" etc. – noch zulässig war). Da nachweislich weder die mit der COVID-19-SchuMaV gesetzten Maßnahmen (vgl insbesondere die Ausführungen in der "Fachliche[n] Begründung" im Verordnungsakt zu BGBl II 479/2020, zusammengefasst dargestellt unter Pkt. 6.2.2) noch das mit der COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, normierte Betretungsverbot des Handels (vgl die Ausführungen in der "Fachliche[n] Begründung" im Verordnungsakt zu BGBl II 528/2020, 4, wonach durch die bereits gesetzten Maßnahmen zwar eine Abnahme der Fallzahlen erreicht worden sei, jedoch noch keine maßgebliche Entspannung in der Kapazitätsauslastung im Intensivpflegebereich eingetreten sei) ausreichten, um das Infektionsgeschehen einzudämmen, war das in §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV normierte Betretungs- und Befahrungsverbot jedenfalls als zur Zielerreichung notwendig und insgesamt als angemessene Maßnahme anzusehen.

8.7. Das angefochtene – zeitlich eng begrenzte – Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV idF BGBl II 528/2020 zur Abholung von Waren stellt somit keine unverhältnismäßige Beschränkung der Erwerbsfreiheit dar. Die von der antragstellenden Gesellschaft behauptete Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG liegt somit nicht vor.

9. Hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG, Art1 1. ZPEMRK) – insbesondere im Hinblick auf das Vorbringen, wonach die Maßnahme nach Ansicht der antragstellenden Gesellschaft unverhältnismäßig sei – kann auf die Erwägungen zur Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) sowie zum Gleichheitssatz (Art7 B‑VG, Art2 StGG) verwiesen werden.

V. Ergebnis

1. Die ob der Gesetzmäßigkeit des §5 Abs1 Z1 COVID-19-NotMV, BGBl II 479/2020, idF BGBl II 528/2020 erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher abzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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