VfGH G177/2017 ua

VfGHG177/2017 ua27.6.2018

Zurückweisung von Gerichtsanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 betreffend die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer zur Entscheidung über die (Nicht-)Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes und die Veranlassung der Streichung aus der Ärzteliste als zu eng gefasst

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
ÄrzteG 1998 §59 Abs3, §117c Abs1 Z6, §195f Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G177.2017

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Anträge

Mit den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Anträgen zu G177/2017, G200/2017 und G239/2017 begehren der Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in §59 Abs3 Z1 sowie die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in §117c Abs1 Z6 des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169/1998, jeweils idF BGBl I 56/2015 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit dem vorliegenden Antrag zu G246/2017 begehrt der Verwaltungsgerichtshof die Aufhebung des §59 Abs3 Z2 zur Gänze sowie der Wort- und Zeichenfolge "und 2" in §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998, jeweils idF BGBl I 56/2015.

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 – ÄrzteG 1998), BGBl I 169/1998, idF BGBl I 56/2015 lauten wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Erfordernisse zur Berufsausübung

§4. (1) Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als approbierter Arzt, als Arzt für Allgemeinmedizin oder als Facharzt bedarf es, unbeschadet der §§34 bis 37, des Nachweises der Erfüllung der nachfolgend angeführten allgemeinen und besonderen Erfordernisse sowie der Eintragung in die Ärzteliste.

(2) Allgemeine Erfordernisse im Sinne des Abs1 sind

1. die Eigenberechtigung

2. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit,

3. die zur Erfüllung der Berufspflichten erforderliche gesundheitliche Eignung,

4. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache, sowie

5. ein rechtmäßiger Aufenthalt im gesamten Bundesgebiet, mit dem das Recht auf Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit verbunden ist.

(3) Besondere Erfordernisse im Sinne des Abs1 sind

1. hinsichtlich der Grundausbildung:

a) ein an einer Universität in der Republik Österreich erworbenes Doktorat der gesamten Heilkunde oder ein gleichwertiger, im Ausland erworbener und in Österreich als Doktorat der gesamten Heilkunde nostrifizierter akademischer Grad oder

b) zusätzlich zu lita ein Qualifikationsnachweis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes nach den Bestimmungen des Zahnärztegesetzes (ZÄG), BGBl I Nr 126/2005, im Fall einer angestrebten Berufsberechtigung als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie;

2. hinsichtlich der Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt ein von der Österreichischen Ärztekammer gemäß §15 Abs1 ausgestelltes Diplom über die besondere Ausbildung in der Allgemeinmedizin oder ein Facharztdiplom, wobei im Fall einer angestrebten Berufsberechtigung als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie das Erfordernis gemäß Z1 litb längstens zum Zeitpunkt des Antritts der Facharztprüfung erfüllt sein muss;

3. anstelle der entsprechenden Nachweise gemäß Z1 und 2 eine entsprechende Berufsqualifikation gemäß §5 oder §5a.

[…]

Ärzteliste und Eintragungsverfahren

§27. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat in Zusammenarbeit mit den Ärztekammern in den Bundesländern die Anmeldungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes entgegenzunehmen und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Ärzte und Gruppenpraxen (Ärzteliste) jedenfalls mit folgenden Daten zu führen:

1. Eintragungsnummer,

2. Vorname(-n) und Zuname, gegebenenfalls Geburtsname,

3. Datum und Ort der Geburt,

4. Staatsangehörigkeit,

5. akademische Grade,

6. Hauptwohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt,

7. Zustelladresse,

8. Berufssitze und Dienstorte,

9. bei Ärzten gemäß §47 der Wohnsitz oder Ort sowie die Art der beabsichtigten Tätigkeit,

10. Berufsbezeichnungen samt allfälligen amtlich verliehenen Titeln und Zusätzen gemäß §43 Abs4,

11. Diplome der Österreichischen Ärztekammer oder der Ärztekammern in den Bundesländern,

12. Ausbildungsbezeichnungen gemäß §44 Abs2,

13. Hinweis auf Verträge mit Sozialversicherungsträgern und Krankenfürsorgeanstalten,

14. Hinweise auf Aufnahme und Ende einer Tätigkeit gemäß §45 Abs3,

15. Hinweise auf Einstellung, Verzicht, Wiederaufnahme, Untersagung und Erlöschen der Berufsausübung,

16. Hinweise auf Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Ordinationen, Ordinations- und Apparategemeinschaften sowie Hinweise auf Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen sowie

17. Hinweise auf Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Gruppenpraxen sowie Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen.

Die Liste ist hinsichtlich der Daten gemäß Z1, 2, 5 und 8 bis 13 öffentlich, wobei in Ärzteverzeichnissen und bei Auskünften aus der Ärzteliste von den Ärzten bekannt gegebene medizinische Tätigkeitsbereiche sowie über die Ordinationstelefonnummer hinausgehende Kommunikationseinrichtungen ebenfalls veröffentlicht werden dürfen. Die Einsichtnahme in den öffentlichen Teil der Ärzteliste sowie die Anfertigung von Abschriften ist jedermann gestattet; für Kopien ist ein von der Österreichischen Ärztekammer festzusetzender Kostenersatz zu leisten.

(2) Personen, die den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin, approbierter Arzt, Facharzt oder Turnusarzt auszuüben beabsichtigen, haben sich vor Aufnahme ihrer ärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Ärztekammer im Wege der Ärztekammern in den Bundesländern zur Eintragung in die Ärzteliste anzumelden und die erforderlichen Unterlagen (Personal- und Ausbildungsnachweise sowie sonstige Urkunden) zum Nachweis der entsprechenden allgemeinen und besonderen Erfordernisse für die selbständige oder unselbständige Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß §4 vorzulegen. Erforderlichenfalls haben Personen auf Verlangen der Österreichischen Ärztekammer den Ausbildungsnachweisen eine Bescheinigung der zuständigen Behörde des Herkunftsstaates vorzulegen, aus der hervorgeht, dass die vorgelegten Ausbildungsnachweise den in der Richtlinie 2005/36/EG vorgeschriebenen Nachweisen entsprechen. Die für die Eintragung in die Ärzteliste erforderlichen Unterlagen sind im Original oder in beglaubigter Abschrift und fremdsprachige Urkunden erforderlichenfalls in beglaubigter Übersetzung vorzulegen. Im Übrigen ist die Anmeldung zur Eintragung in die Ärzteliste in deutscher Sprache einzubringen. Vor Aufnahme einer unselbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes ist vom Dienstgeber auf dieses Erfordernis hinzuweisen.

[…]

(5) Der Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist vom Eintragungswerber durch

1. eine Strafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates und

2. sofern dies die Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Heimat- oder Herkunftsstaates vorsehen, durch eine Disziplinarstrafregisterbescheinigung oder einen vergleichbaren Nachweis

zu erbringen. In der Bescheinigung (den Bescheinigungen) darf keine Verurteilung enthalten sein, die eine verlässliche Berufsausübung nicht erwarten lässt. Die Bescheinigung (Bescheinigungen) darf (dürfen) zum Zeitpunkt der Anmeldung zur Eintragung nicht älter als drei Monate sein.

[…]

(9) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse, so hat ihn die Österreichische Ärztekammer in die Ärzteliste einzutragen und ihm einen mit seinem Lichtbild versehenen Ausweis (Ärzteausweis) auszustellen. Wenn die Erfüllung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung zeitlich befristet ist, hat auch die Eintragung in die Ärzteliste entsprechend zeitlich befristet zu erfolgen. Dies ist der Person anlässlich der Eintragung in die Ärzteliste unter dem Hinweis, dass ihre ärztliche Berufsberechtigung nach Fristablauf von Gesetzes wegen erlischt, schriftlich mitzuteilen. In diesem Fall kann von der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß §59 Abs3 abgesehen werden.

(10) Erfüllt der Eintragungswerber die für die Art der Berufsausübung vorgeschriebenen Erfordernisse nicht, so hat der Präsident der Österreichischen Ärztekammer dies im Rahmen des Verfahrens gemäß §117c Abs1 Z6 mit Bescheid festzustellen.

[…]

(12) Die Österreichische Ärztekammer hat jede Eintragung in die Ärzteliste ohne Verzug der nach dem gewählten Berufssitz oder Dienstort oder nach dem Wohnsitz (§47) zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde sowie dem Landeshauptmann mitzuteilen.

[…]

Erlöschen und Ruhen der Berechtigung zur Berufsausübung,

Streichung aus der Ärzteliste

§59. (1) Die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt:

1. durch den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung erforderlichen Voraussetzung,

2. wenn hervorkommt, daß eine für die Eintragung in die Ärzteliste erforderliche Voraussetzung schon ursprünglich nicht bestanden hat,

3. auf Grund einer länger als sechs Monate dauernden Einstellung der Berufsausübung, wobei eine krankheitsbedingte Nichtausübung keine Einstellung der Berufsausübung darstellt,

4. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Berufsausübung befristet untersagt worden ist,

5. auf Grund eines Disziplinarerkenntnisses, mit dem die Streichung aus der Ärzteliste ausgesprochen worden ist, oder

6. auf Grund eines Verzichtes auf die Berufsausübung.

(2) Die Gründe für das Erlöschen der Berechtigung nach Abs1 sind auch von Amts wegen wahrzunehmen. Die Mitwirkungspflicht der Partei in Verfahren betreffend das Erlöschen der Berufsberechtigung bezieht sich insbesondere auf die Befolgung von Anordnungen hinsichtlich fachlicher Begutachtungen der gesundheitlichen Eignung. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer kann bei einer Beeinträchtigung der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit zum Zweck der Sicherstellung der Erfüllung der Berufspflichten mit Bescheid Auflagen, Bedingungen oder Befristungen vorschreiben. Werden die vorgeschriebenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen ungerechtfertigt nicht erfüllt, so führt dies zum Wegfall der gesundheitlichen Eignung oder Vertrauenswürdigkeit.

(3) Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer hat im Rahmen eines Verfahrens gemäß §117b Abs1 oder §117c Abs1

1. in den Fällen des Abs1 Z1 und 5 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;

2. im Fall des Abs1 Z2 mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht bestanden hat und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen;

3. in den Fällen des Abs1 Z3 und 6 die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen und den Arzt von der Streichung zu verständigen;

4. im Fall des Abs1 Z4, sofern die Berufsausübung für eine Frist von mehr als drei Monaten untersagt worden ist, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen.

[…]

Österreichische Ärztekammer

Einrichtung

§117. (1) Zur Vertretung der gemeinsamen Interessen aller in Österreich tätigen Ärzte, die Angehörige einer Ärztekammer sind (§68 Abs1, 2 und 5), ist die "Österreichische Ärztekammer" am Sitz der Bundesregierung eingerichtet.

(2) Die Österreichische Ärztekammer ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

[…]

Wirkungskreis

§117a. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen,

1. alle Angelegenheiten, die die gemeinsamen beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Kammerangehörigen von zwei oder mehr Ärztekammern berühren, zu besorgen,

2. über den Wirkungsbereich der Ärztekammern in den Bundesländern hinausgehende gesetzlich vorgesehene Rechtsakte für Kammerangehörige der Ärztekammern in den Bundesländern zu setzen und

3. für die Wahrung des ärztlichen Berufs- und Standesansehens und der ärztlichen Berufs- und Standespflichten zu sorgen.

(2) Der Wirkungskreis gemäß Abs1 gliedert sich in einen eigenen und einen übertragenen Wirkungsbereich.

Eigener Wirkungsbereich

§117b. (1) Die Österreichische Ärztekammer ist berufen, im eigenen Wirkungsbereich insbesondere folgende Aufgaben wahrzunehmen:

[…]

Übertragener Wirkungsbereich

§117c. (1) Die Österreichische Ärztekammer hat im übertragenen Wirkungsbereich folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Durchführung von Verfahren betreffend ärztliche Ausbildungsstätten und Lehrambulatorien gemäß §§6a Abs3 Z2, 9, 10, 13 und 13a,

2. Durchführung von Verfahren gemäß §35 einschließlich der Verfahren zur Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste, der diesbezüglichen Führung der Ärzteliste und der sonstigen damit im Zusammenhang stehenden Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten,

3. Besorgung von Verwaltungsangelegenheiten im Zusammenhang mit der Erbringung ärztlicher Dienstleistungen gemäß §37 samt Eintragung in die Ärzteliste und Austragung aus der Ärzteliste gemäß §37 Abs9,

4. Qualitätssicherung der ärztlichen Berufsausübung ausgenommen im Bereich der Fortbildung, im Hinblick auf überwiegende Interessen der Allgemeinheit durch

a) Erarbeitung und Durchführung qualitätssichernder Maßnahmen zur Hebung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität, insbesondere zur Wahrnehmung der Ergebnisqualitätsmessung und -sicherung im niedergelassenen Bereich gemäß §7 Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz (G-ZG), BGBl I Nr 81/2013,

b) Qualitätsevaluierung mit Ausnahme der Selbstevaluierung gemäß §49 Abs2a,

c) Qualitätskontrolle sowie

d) Führung eines Qualitätsregisters.

Bei der Aufgabenerfüllung kann sich die Österreichische Ärztekammer hilfsweise der ÖQMed bedienen;

5. Durchführung von Verfahren gemäß §4 Abs3 Z3 ÄsthOpG,

6. Durchführung von Verfahren zur Prüfung des Vorliegens oder Nichtvorliegens der Erfordernisse gemäß §4 Abs2 oder §59 Abs1 Z1 und 2 [bzw. zu G246/2017 "und 2"] für die damit verbundene Eintragung in die oder Austragung aus der Ärzteliste,

7. Organisation und Durchführung der Deutschprüfung gemäß §4 Abs3a.

(2) Im übertragenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer die Erlassung nachfolgender Verordnungen:

[…]

Präsident und Vizepräsidenten

§125. (1) Der Präsident vertritt die Österreichische Ärztekammer nach außen. Er hat die Einheit des Standes, insbesondere durch Koordinierung der Bundeskurien, zu wahren. Ihm obliegt, unbeschadet der Zuständigkeit der Bundeskurien, die Durchführung der Beschlüsse der Organe der Österreichischen Ärztekammer.

[…]

(4) Der Präsident leitet die Geschäfte und fertigt die Geschäftsstücke. Er entscheidet mit Bescheid in den Verfahren gemäß §15 Abs6, §27 Abs10 und 11 und §59 Abs3 sowie gemäß §4 Abs3 Z3 ÄsthOpG. Die Vertretung der Österreichischen Ärztekammer in Gesellschaften und sonstigen Einrichtungen, an denen diese beteiligt ist, erfolgt durch den Präsidenten auf Grundlage der Beschlüsse der zuständigen Organe, wobei der Finanzreferent beratend beizuziehen ist. Sofern der Präsident und der Finanzreferent derselben Kurie angehören, muss zusätzlich zu diesen ein Mitglied der anderen Kurie beratend beigezogen werden.

[…]

Weisungsrecht gegenüber der Österreichischen Ärztekammer

§195f. (1) Die Österreichische Ärztekammer sowie Dritte, derer sich die Österreichische Ärztekammer zur Aufgabenerfüllung bedient, sind im übertragenen Wirkungsbereich bei der Vollziehung der Angelegenheiten einschließlich der Erlassung von Verordnungen an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit gebunden.

(2) Die Aufhebung weisungswidriger Beschlüsse obliegt dem Bundesminister für Gesundheit."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den Anträgen liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

1.1. Zu dem unter G177/2017 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

Mit Bescheid vom 20. Juli 2016 verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbenden Partei aus der Ärzteliste und sprach unter einem aus, dass diese nicht über die gemäß §4 Abs2 Z2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfüge und die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß §59 Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhob die vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbende Partei – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Beschluss vom 29. November 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurück. Begründend führte es aus, dass sich das ÄrzteG 1998 auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG stütze, der einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nicht zugänglich sei. Bei der Vollziehung durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes handle es sich um keine Besorgung einer Angelegenheit der Bundesvollziehung iSd Art131 Abs2 B‑VG, weshalb eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht bestehe. Die dagegen erhobene Revision vertrat im Wesentlichen den Standpunkt, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer sei, wenn er im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes zur Bescheiderlassung berufen werde, als Bundesbehörde anzusehen. Aus Anlass der Behandlung der Revision entstanden beim Verwaltungsgerichtshof unter anderem Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden §59 ÄrzteG 1998.

1.2. Zu dem unter G200/2017 protokollierten Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes:

Mit Bescheid vom 17. Mai 2017 verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Partei aus der Ärzteliste, stellte unter einem fest, dass diese nicht über die gemäß §4 Abs2 Z2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfüge und sprach aus, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß §59 Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhob die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführende Partei – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Aus Anlass der Erledigung dieser Beschwerde entstanden bei der einschreitenden Einzelrichterin unter anderem Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden §59 ÄrzteG 1998.

1.3. Zu dem unter G239/2017 protokollierten Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes:

Mit Bescheid vom 10. August 2017 verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Partei aus der Ärzteliste und sprach unter einem aus, dass diese nicht über die gemäß §4 Abs2 Z2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfüge und die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß §59 Abs1 Z1 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhob die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführende Partei – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Aus Anlass der Erledigung dieser Beschwerde entstanden bei der zuständigen Einzelrichterin Bedenken, dass Teile des ÄrzteG 1998 verfassungswidrig seien.

1.4. Zu dem unter G246/2017 protokollierten Antrag des Verwaltungsgerichtshofes:

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2016 verfügte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer die Streichung der vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbenden Partei aus der Ärzteliste und sprach unter einem aus, dass diese schon bei der Eintragung in die Ärzteliste nicht über die gemäß §4 Abs2 Z2 ÄrzteG 1998 zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfügt habe und somit die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß §59 Abs1 Z2 ÄrzteG 1998 erloschen sei. Dagegen erhob die vor dem Verwaltungsgerichtshof revisionswerbende Partei – entsprechend dem Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung – Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Beschluss vom 28. Dezember 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde wegen Unzuständigkeit zurück. Begründend führte es aus, dass sich das ÄrzteG 1998 auf den Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG stütze, der einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nicht zugänglich sei. Bei der Vollziehung durch den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes handle es sich um keine Besorgung einer Angelegenheit der Bundesvollziehung iSd Art131 Abs2 B‑VG, weshalb eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht bestehe. Die dagegen erhobene Revision vertrat im Wesentlichen den Standpunkt, der Präsident der Österreichischen Ärztekammer werde, wenn er in einem Fall wie dem vorliegenden zur Bescheiderlassung berufen sei, als Bundesbehörde in unmittelbarer Bundesverwaltung tätig. Aus Anlass der Behandlung der Revision entstanden beim Verwaltungsgerichtshof unter anderem Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des die Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer regelnden §59 ÄrzteG 1998.

2. Der Verwaltungsgerichthof legt die Bedenken, die ihn zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof zu G177/2017 bestimmt haben (die Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes zu G200/2017 und G239/2017 und jene des Verwaltungsgerichtshofes zu G246/2017 sind im Wesentlichen gleichlautend), wie folgt dar (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] III.1. Einleitend ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf seinen eindeutigen Spruch, nämlich die Zurückweisung der Beschwerde 'wegen Unzuständigkeit', im Lichte der hg. Judikatur- vgl. die hg. Entscheidungen vom 24. Juni 2015, Zl. Ra 2015/04/0035, und vom 13. September 2016, Zl. Ra 2016/22/0054 - lediglich einen Abspruch über seine Unzuständigkeit getroffen, nicht jedoch eine das Beschwerdeverfahren abschließende Erledigung vorgenommen hat. Aus den in den genannten Entscheidungen angeführten Erwägungen, auf die gemäß §43 Abs2 und 9 VwGG verwiesen wird, ist die vom Bundesverwaltungsgericht gewählte Vorgangsweise, seine Unzuständigkeit durch förmlichen Beschluss zum Ausdruck zu bringen, nicht zu beanstanden.

[…] III.2. Zu beurteilen ist im Revisionsfall ausschließlich, ob das Bundesverwaltungsgericht seine Zuständigkeit zu Recht verneint hat.

[…] Art131 B‑VG sieht eine Aufteilung der (sachlichen) Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte in Form von Generalklauseln zugunsten der Landesverwaltungsgerichte (Abs1 und 6 leg. cit.) iVm. einer taxativen Aufzählung jener Angelegenheiten, über die die Verwaltungsgerichte des Bundes entscheiden (Abs2 und 3 leg. cit.), vor. Gemäß Art131 Abs2 erster Satz B‑VG ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig 'in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden'. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes knüpft also, wie die Wortwahl zeigt, daran an, dass eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung im Sinne des Art102 Abs2 B‑VG erledigt wird.

[…] Die Besonderheit des Revisionsfalls liegt darin, dass die belangte Behörde keine Bundesbehörde im organisatorischen Sinn ist. Sie ist ein Organ eines im Vollziehungsbereich des Bundes nach Art10 Abs1 Z8 B‑VG ('Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken, mit Ausnahme solcher auf land- und forstwirtschaftlichem Gebiet') eingerichteten Selbstverwaltungskörpers, dem der Bundesgesetzgeber, gestützt (nunmehr:) auf Art120b Abs2 B‑VG, Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen hat, vorliegendenfalls die Entscheidung gemäß §59 Abs3 Z1 ÄrzteG 1998 über die Streichung aus der Ärzteliste und über das Nichtbestehen der ärztlichen Berufsberechtigung. Eine solche Entscheidung hat die belangte Behörde mit dem durch Beschwerde an das Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid vom 20. Juli 2016 getroffen.

[…] Entscheidend ist daher, ob die Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheit - Streichung aus der Ärzteliste - durch die belangte Behörde als solche unmittelbar durch eine Bundesbehörde iSd. Art131 Abs2 B‑VG zu qualifizieren ist und gegebenenfalls unmittelbare Bundesverwaltung vorliegt.

[…] Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.953/2015 die Auffassung, dass ein Fall der unmittelbaren Bundesverwaltung nicht vorliegen könnte, wenn ein Organ eines anderen Rechtsträgers als des Bundes tätig wird (vgl. Mayer/Muzak, B‑VG5 [2015] Art131 B‑VG I.2; Höllbacher, Unmittelbare Bundesverwaltung [2013] 80f), ausdrücklich abgelehnt, und zwar vor allem mit dem Argument, die von ihm abgelehnte Auffassung übersähe, dass die Tätigkeit von Organen solcher Rechtsträger dann auch der mittelbaren Bundesverwaltung und damit der Bundesverwaltung überhaupt nicht zurechenbar wären. Dass die Verfassung eine Vollzugstätigkeit für den Bund durch solche Rechtsträger schlechthin ausschließe, sei ihr aber nicht zu unterstellen (Hinweis auf Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht: Zuständigkeiten und Aufgabenbesorgung, in Holoubek/Lang [Hrsg.], Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013], 41f). Solche 'bundesnahen Organe' (auch diesbezüglich Hinweis auf Wiederin, aaO. 42) seien daher nach den sie einrichtenden Rechtsgrundlagen der unmittelbaren Bundesverwaltung (und in der Folge der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes) oder der mittelbaren Bundesverwaltung (und damit der Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte) zuzuordnen.

[…] Als Organe eines anderen Rechtsträgers als des Bundes iSd. bisherigen Ausführungen kommen jedenfalls im Vollziehungsbereich des Bundes eingerichtete (vgl. das Erkenntnis VfSlg 4413/1963) nichtgemeindliche Selbstverwaltungskörper ('Sonstige Selbstverwaltung' gemäß Art120a ff B‑VG) in Betracht (vgl. hiezu auch die Erkenntnisse VfSlg 2500/1953 und 8478/1979). Gemäß Art120b Abs2 B‑VG (eingefügt durch die B‑VG-Novelle 2008, BGBl I Nr 2) können solchen Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen werden, wobei die Gesetze einerseits derartige Angelegenheiten als solche des übertragenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen und andererseits eine Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen haben.

[…] Aus der vom Verwaltungsgerichtshof geteilten Auffassung des Verfassungsgerichtshofes folgt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, dass die hoheitliche Besorgung (etwa durch Erlassung von Bescheiden) von Aufgaben der Bundesvollziehung durch Organe eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers grundsätzlich auch in einer Weise in Betracht kommt, die als Besorgung 'unmittelbar durch Bundesbehörden' iSd. Art131 Abs2 B‑VG zu verstehen ist. Eine solche läge dann vor, wenn die hoheitliche Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung durch das Organ eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers ohne Einbindung des Landeshauptmanns, mithin in unmittelbarer Bundesverwaltung erfolgte. Der Verwaltungsgerichtshof legt seinen weiteren Ausführungen weiters die Annahme zugrunde, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer (die belangte Behörde) im Hinblick auf die Errichtung derselben durch Bundesgesetz im Vollzugsbereich des Bundes und die Aufsichtsbefugnisse des zuständigen Bundesministers über die Österreichische Ärztekammer als 'bundesnahe' Einrichtung im Verständnis der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 19.953/2015) anzusehen ist.

[…] Ob der Bundesgesetzgeber im zu beurteilenden Einzelfall die Besorgung einer Angelegenheit der Vollziehung des Bundes 'unmittelbar durch Bundesbehörden' vorgesehen hat, ergibt sich aus der Stellung des Landeshauptmannes. Kommt dem Landeshauptmann eine Weisungs- bzw. Steuerungsbefugnis gegenüber den Organen des Selbstverwaltungskörpers zu - mit dieser Stellung ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch diejenige einer sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde iSd. §68 AVG verbunden -, so ist davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber keine Besorgung 'unmittelbar durch Bundesbehörden' vorgesehen hat. Die umschriebene Weisungs- bzw. Steuerungsbefugnis des Landeshauptmanns, verbunden mit der Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, ist als Rest derjenigen Stellung im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung zu verstehen, die dem Landeshauptmann vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 nach Art102 B‑VG aF zukam. Kommt dem Landeshauptmann hingegen keine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen des Selbstverwaltungskörpers zu, ist vielmehr das zuständige Organ des Selbstverwaltungskörpers dem Bundesminister unmittelbar, also ohne Einbindung des Landeshauptmanns, unterstellt, so wäre davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber eine Besorgung unmittelbar durch Bundesorgane vorgesehen hat (vgl. in diesem Sinne auch Wiederin, aaO. 42, und Faber, Verwaltungsgerichtsbarkeit [2013] 59, Rz 18).

[…] Um beurteilen zu können, ob der Bundesgesetzgeber in der dem Revisionsfall zugrunde liegenden Angelegenheit (Streichung aus der Ärzteliste wegen Wegfalls einer Voraussetzung für die Berufsberechtigung und bescheidmäßiger Abspruch über das Nichtbestehen derselben) eine Besorgung in unmittelbarer Bundesverwaltung vorgesehen hat, woraus sich nach Art131 Abs2 B‑VG die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ergäbe, hat der Verwaltungsgerichtshof die angefochtenen Teile der §§59 Abs3 und 117c Abs1 ÄrzteG 1998 anzuwenden.

[…] IV. Weder §59 Abs3 noch eine andere Bestimmung des ÄrzteG 1998 deutet darauf hin, dass der Bundesgesetzgeber - nach Aufhebung einzelner Teile des ÄrzteG 1998 mit dem erwähnten Erkenntnis VfSlg 19.885/2014 - mit der durch die Novelle BGBl I Nr 56/2015 herbeigeführten Neufassung des §59 ÄrzteG 1998 und der unter einem erfolgten Zuweisung der in Rede stehenden Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer (Entscheidung über die Aufnahme in die Ärzteliste und über die Streichung aus dieser nebst Ausspruchs über das Nichtbestehen der Berufsberechtigung) in deren übertragenen Wirkungsbereich anderes als eine unmittelbare Unterordnung der Österreichischen Ärztekammer unter den Bundesminister verwirklichen wollte. Der Landeshauptmann wird im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Aufgaben der Österreichischen Ärztekammer, wie schon seit der 13. Ärztegesetz-Novelle, nicht erwähnt. Bei Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs ist gemäß §195f Abs1 ÄrzteG 1998 eine ausdrückliche Weisungsbindung nur gegenüber dem Bundesminister angeordnet.

[…] Auf der Grundlage dieses einfachgesetzlichen Auslegungsergebnisses wäre nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass eine Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden iSd. Art131 Abs2 B‑VG vorgesehen ist und folglich eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde besteht.

[…] V. Trifft dieses Auslegungsergebnis zu, so begegnen §59 Abs3 und §195c Abs1 im Zusammenhalt mit §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998 nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes folgenden verfassungsrechtlichen Bedenken:

[…] V.1. Aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber nach Maßgabe des Art120b Abs2 B‑VG Organe eines nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpers in dessen übertragenem Wirkungsbereich zur Vollziehung von Bundesgesetzen berufen darf, folgt nicht, dass er dabei nicht die durch Art102 B‑VG gezogenen Grenzen zu beachten hätte.

[…] Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 zum Ausdruck gebracht, dass bei Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit der Erlassung von Bescheiden die durch Art102 Abs1 B‑VG umschriebene Stellung des Landeshauptmanns als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung nur gewahrt ist, wenn dieser gegen die Entscheidungen von Organen der genannten Selbstverwaltungskörper als Rechtsmittelinstanz vorgesehen ist und ihm jenen gegenüber eine Weisungsbefugnis zukommt (vgl. die Erkenntnisse VfSlg 2500/1953, 2978/1956 und 8478/1979). Da seit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eine Zuständigkeit des Landeshauptmanns als Rechtsmittelinstanz nicht mehr in Betracht kommt, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes davon auszugehen, dass den Anforderungen des Art102 B‑VG bei Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit Angelegenheiten der Bundesvollziehung nur entsprochen wird, wenn dem Landeshauptmann eine ausreichende Weisungs- bzw. Steuerungsbefugnis gegenüber den Selbstverwaltungsorganen zukommt.

[…] Die Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes mit der Erlassung von Bescheiden in einer Angelegenheit der Bundesvollziehung unter Ausschluss einer Weisungs- bzw. Steuerungsbefugnis des Landeshauptmanns, mithin ohne Einbindung des Landeshauptmanns in die Vollziehung dieser Angelegenheit, - woraus sich nach den bisherigen Ausführungen eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Beschwerden gegen solche .Bescheide ergibt - dürfte folglich nur dann zulässig sein, wenn die Angelegenheit der Bundesvollziehung nach Art102 Abs2 B‑VG oder einer anderen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden darf oder die Länder der Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden nach Art102 Abs4 B‑VG zugestimmt haben (vgl. zum Erfordernis einer solchen Zustimmung bei sonstiger Verfassungswidrigkeit zB. die Erkenntnisse VfSlg 8466/1978 zu den Befugnissen der Lebensmitteluntersuchungsanstalten des Bundes und VfSlg 19.123/2010 zum Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz in Bezug auf die Betrauung eines als eigene Bundesbehörde qualifizierten Arbeitsauschusses für externe Qualitätsprüfungen).

[…] Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nun nicht, dass eine implizite Ermächtigung für eine Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes in der durch die B‑VG-Novelle 2008, BGBI. I Nr 2, eingefügten Bestimmung des Art120b Abs2 B‑VG erblickt werden könnte. Diese Bestimmung scheint zumindest lege non distinguente schlechthin eine Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung an Selbstverwaltungskörper zu erlauben, sie enthält keinen Bezug auf Art102 B‑VG. Auch den unter Pkt. II.1.2. wiedergegebenen Materialien ist ein Bezug auf Art102 B‑VG nicht zu entnehmen. Es lässt sich daher die Auffassung vertreten, der Verfassungsgesetzgeber habe mit Art120b Abs2 B‑VG eine Ermächtigung für eine weitere Form unmittelbarer Bundesverwaltung abseits des Art102 Abs2 B‑VG geschaffen, unabhängig davon, ob es sich um eine in Art102 Abs2 B‑VG (oder allenfalls einer anderen Verfassungsbestimmung) angeführte Angelegenheit handelt (so auch in der Literatur Höllbacher, Unmittelbare Bundesverwaltung [2013] 66f, der Art120b Abs2 B‑VG als Iex specialis zu Art102 B‑VG deutet.).

[…] Der Verwaltungsgerichtshof hält diese mögliche Auslegung des Art120b Abs2 B‑VG als Iex specialis zu Art102 B‑VG allerdings nicht für überzeugend. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur unmissverständlich die Bedeutung der mittelbaren Bundesverwaltung und die ihr immanente Stellung des Landeshauptmanns in der Bundesvollziehung zum Ausdruck gebracht. Das gilt nicht nur für die ältere Judikatur (vgl. zB. VfSlg 2264/1952, 2500/1953 und 2978/1956), sondern auch für die Judikatur nach der B‑VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, die mit der Neufassung des Art102 Abs1 B‑VG eine noch stärkere Absicherung der Position des Landeshauptmanns und der ihm unterstellten Behörden bewirkt hat, bedarf doch seit dieser Novelle auch die Einbindung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann, sofern nicht eine Angelegenheit des Art102 Abs2 B‑VG vorliegt, einer Zustimmung der Länder. So hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 (zur rechtlichen Konstruktion der Weinaufsicht) hervorgehoben, dass es das Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung verbiete, Vollzugskonstruktionen zu erfinden, die den Landeshauptmann schlechthin umgehen. Für die Annahme, der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 2008 habe eine derartige Einschränkung des Prinzips der mittelbaren Bundesverwaltung herbeiführen wollen, wie es die vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnte Auffassung impliziert, gibt es insbesondere in den Materialien keinen Anhaltspunkt.

[…] Die vom Verwaltungsgerichtshof abgelehnte Auffassung trägt in sich die Annahme, der einfache Bundesgesetzgeber könne - ohne erkennbare Einschränkungen, abgesehen von einem 'Übermaßverbot' - in jeder der Materien, in denen unmittelbare Bundesverwaltung mangels Aufzählung in Art102 Abs2 B‑VG (oder einer anderen Verfassungsbestimmung) nicht in Betracht kommt, anstelle einer Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung - und damit unter Einbindung des Landeshauptmannes - durch unmittelbar dem zuständigen Bundesminister unterstellte Selbstverwaltungskörper in deren übertragenem Wirkungsbereich die Vollziehung des Bundes besorgen lassen. Es bestünde danach kein Hindernis, etwa die Vollziehung der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art10 Abs1 Z8 B‑VG) weitgehend den Wirtschaftskammern zu übertragen, obwohl Art102 B‑VG eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung verlangt. Selbstverwaltungskörper im übertragenen Wirkungsbereich des Bundes könnten dann in beträchtlichem Ausmaß an die Stelle des Landeshauptmanns und der ihm unterstellten Behörden treten, ohne dass es einer Zustimmung der Länder bedürfte. Dass der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 2008 eine solche Konsequenz gleichsam stillschweigend herbeiführen wollte oder zumindest in Kauf genommen hätte, ist zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht im Geringsten plausibel.

[…] Im Übrigen dürfte auch der Verfassungsgerichtshof, der in seiner neueren Judikatur zu den Grenzen der Zulässigkeit von Ausgliederung der Hoheitsverwaltung des Bundes an ausgegliederte Rechtsträger zumindest hinsichtlich des Erfordernisses der ausdrücklichen einfachgesetzlichen Bindung dieser Ausgegliederten an Weisungen staatlicher Behörden diese Selbstverwaltungskörpern gleichstellt (vgl. das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 zum Hauptverband der Sozialversicherungsträger), im Falle der Besorgung der Bundesvollziehung durch Organe solcher Rechtsträger die Auffassung vertreten, dass die Zulässigkeit einer derartigen Betrauung von der Einhaltung der Schranken des Art102 B‑VG abhängt. So hat er im Erkenntnis VfSlg 19.721/2012 hervorgehoben, dass die Heranziehung der E-Control zu einem Übergang der Vollziehung des Bundes von der mittelbaren Bundesverwaltung zur unmittelbaren Bundesverwaltung führt und hiefür, hätte nicht eine sog. Kompetenzdeckungsklausel bestanden, die Zustimmung der Länder nach Art102 Abs4 B‑VG erforderlich gewesen wäre.

[…] Auch diese Judikatur des Verfassungsgerichtshofes scheint dafür zu sprechen, dass bei Heranziehung von Organen einer Nicht-Gebietskörperschaft - mag es sich bei letzterer um einen ausgegliederten Rechtsträger oder wie im vorliegenden Fall um einen nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörper handeln - in unmittelbarer Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister die Sperrwirkungen des Art102 B‑VG zu wahren sind.

[…] V.2. Für den Revisionsfall ergibt sich daraus Folgendes:

[…] Das ÄrzteG 1998 stützt sich, soweit es die in Rede stehenden Verfahren zur Eintragung in die Ärzteliste bzw. zur Streichung aus dieser betrifft, auf den Kompetenztatbestand 'Gesundheitswesen ...' in Art10 Abs1 Z12 B‑VG (vgl. VfSlg 4413/1963). Für diese Angelegenheiten ergibt sich weder aus Art102 Abs2 B‑VG noch aus einer anderen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung die Zulässigkeit einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden. Eine Zustimmung der Länder liegt, wie unter Pkt. II.2.2. ausgeführt, nach Auskunft des BKA-VD nicht vor. Die vorliegende Angelegenheit wäre demnach in mittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen.

[…] Es ergeben sich daher - zusammenfassend - Bedenken dahin, dass die von §59 Abs3 Z1, §117c Abs1 Z6 und §195f Abs1 ÄrzteG 1998 bewirkte einfachgesetzliche Rechtslage einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheiten der Vollziehung des ÄrzteG 1998 in mittelbarer Bundesverwaltung bewirkt.

[…] V.3. Dagegen kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus folgenden Erwägungen nicht eingewendet werden, die in Rede stehenden Bestimmungen ließen eine verfassungskonforme Auslegung zu:

[…] V.3.1. Man könnte verleitet sein, den verfassungsrechtlichen Bedenken dadurch zu begegnen, dass man die Österreichische Ärztekammer, soweit sie nach dem ÄrzteG 1998 Angelegenheiten der Bundesvollziehung im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen hat (vgl. die Aufzählung dieser Angelegenheiten in §117c), der Weisungs- und Steuerungsbefugnis nicht nur des Bundesministers, sondern auch - in Unterordnung unter diesen (Art103 Abs1 B‑VG) - des zuständigen Landeshauptmann[es] unterworfen deutet. §195f Abs1 ÄrzteG 1998 bringt, wie der Verwaltungsgerichtshof einräumt, nicht unzweifelhaft zum Ausdruck, dass der Weisungszusammenhang von den Organen der Österreichischen Ärztekammer unmittelbar und unter Ausschluss des Landeshauptmanns zum Bundesminister führt. Die damit angedeutete verfassungskonforme Auslegung liefe im Ergebnis darauf hinaus, die in Rede stehenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 so zu verstehen, dass unausgesprochen eine Zuständigkeit des Landeshauptmanns als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, der eine Weisungs- und Steuerungsbefugnis gegenüber der Österreichischen Ärztekammer zukommt, in Überordnung über diese vorauszusetzen ist, wodurch eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung gewährleistet wäre.

[…] V.3.2.1. Dieser 'Rettungsversuch', der sich möglicherweise auf ältere Judikatur des Verfassungsgerichtshofes stützen könnte, in der soweit ersichtlich eine Weisungsgebundenheit von Selbstverwaltungskörpern im übertragenen Wirkungsbereich schon ex constitutione angenommen wurde (vgl. zB. VfSlg 2500/1953), dürfte jedoch angesichts der neueren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes scheitern. Im Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 hat der Verfassungsgerichtshof nämlich zum Ausdruck gebracht, dass es zwar nicht ausgeschlossen sei, auch Selbstverwaltungskörper (nicht anders als andere aus der Staatsverwaltung ausgegliederte Rechtsträger öffentlichen oder privaten Rechts) mit auf 'Außenstehende' bezogenen Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung zu betrauen, die Betrauung eines Selbstverwaltungskörpers mit hoheitlichen Aufgaben gegenüber 'Außenstehenden' setze aber jedenfalls voraus, dass der Selbstverwaltungskörper hiebei - ausdrücklich - an Weisungen des zuständigen obersten Organs der Vollziehung gebunden sei. Im Verhältnis zur Österreichischen Ärztekammer, deren Angehörige nur die Ärztekammern in den Ländern selbst sind (§119 ÄrzteG 1998), sind Ärzte, die aus der Ärzteliste gestrichen werden sollen, 'Außenstehende'. Mangels ausdrücklicher Anordnung einer Weisungs- und Steuerungsbefugnis des Landeshauptmannes gegenüber den Organen der Österreichischen Ärztekammer bei Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, folgt man der in VfSlg 17.023/2003 vertretenen Rechtsanschauung, eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns, die im Ergebnis eine Besorgung von Aufgaben der Bundesvollziehung in Unterordnung unter diesen und damit in mittelbarer Bundesverwaltung bewirken würde, nicht angenommen werden.

[…] V.3.2.2. Selbst wenn man aber die Auffassung vertreten wollte, die wiedergegebenen Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in VfSlg 17.023/2003 erfassten eine Konstellation wie die durch das ÄrzteG 1998 herbeigeführte nicht, es bestehe vielmehr sehr wohl eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmanns als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber der Österreichischen Ärztekammer, maW. diese sei dem Landeshauptmann unterstellt, dürfte dies keine verfassungskonforme Rechtslage bewirken.

[…] Bis zur B‑VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, war es - innerhalb bestimmter, vom Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur gezogenen Grenzen (vgl. die Erkenntnisse VfSlg 2264/1952, 3685/1960) - zulässig, wenn der Bundesgesetzgeber die Besorgung einzelner Angelegenheiten der Bundesvollziehung Organen von nichtgemeindlichen Selbstverwaltungskörpern übertrug, soweit diese dem Landeshauptmann - im Weisungszusammenhang wie auch im Instanzenzug - unterstellt waren. Durch die B‑VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444, wurde Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG dahin geändert, dass auch eine Betrauung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann einer Zustimmung der Länder bedarf, soweit es sich nicht um eine in Art102 Abs2 B‑VG genannte Angelegenheit handelt (oder anderweitig eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ermächtigung für eine derartige Betrauung besteht). Überträgt man den Grundgedanken des Erkenntnisses VfSlg 19.953/2015 (vgl. oben Pkt. III.2) auf die Besorgung von Angelegenheiten in Unterordnung unter den Landeshauptmann (Art102 Abs1 B‑VG), so folgt nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass auch die Heranziehung von Organen von Selbstverwaltungskörpern, die im Vollzugsbereich des Bundes eingerichtet sind, zu Aufgaben der Hoheitsverwaltung des Bundes einer Zustimmung der Länder bedarf, soweit es sich nicht um eine in Art102 Abs2 B‑VG genannte Angelegenheit handelt (oder anderweitig eine ausdrückliche verfassungsgesetzliche Ermächtigung für eine derartige Betrauung besteht).

[…] Der Verwaltungsgerichtshof übersieht nicht, dass - wie die Materialien zur B‑VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444 (RV 182 Blg NR 13. GP, 22) zeigen - die Neufassung des Art102 Abs1 B‑VG auf Betrauungen von Bundesbehörden, die schon zum Zeitpunkt der Erlassung der Novelle bestanden hatten, keinen Einfluss hatte, diese also nicht zurückwirkte. Im Zeitpunkt der Erlassung der Novelle enthielt allerdings das Ärztegesetz (1949) noch keine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer, durch Bescheid festzustellen, dass infolge Wegfalls einer Eintragungsvoraussetzung die Berechtigung zur ärztlichen Berufsausübung erloschen ist (ein bescheidmäßiger Ausspruch war nur für Fälle vorgesehen, in denen sich nachträglich herausstellte, dass eine Eintragungsvoraussetzung von Anfang an nicht bestanden hatte […]). Erst mit der Novelle BGBl Nr 314/1987 wurde in das Ärztegesetz 1984 eine entsprechende Ermächtigung aufgenommen, für die jedoch eine Zustimmung der Länder nicht erteilt wurde […].

[…] Auf die fehlende Rückwirkung der B‑VG-Novelle 1974, BGBI. Nr 444, könnte man sich demnach nur dann berufen, wenn man die Auffassung verträte, dass einerseits sämtliche vorgefundenen Betrauungen von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann verfassungskonform bleiben und andererseits auch sämtliche später vorgesehenen Betrauungen verfassungskonform sind, sofern sie wenigstens der Art nach solchen gleichen, die bereits bei Erlassung der B‑VG-Novelle 1974 bestanden hatten. Soweit ersichtlich gibt es zu dieser Frage keine Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes bestehen zumindest erhebliche Bedenken dagegen, §59 Abs3 ÄrzteG 1998, zu dem ebenfalls eine Zustimmung der Länder fehlt […], selbst wenn er im Zusammenhang mit §195f Abs1 ÄrzteG 1998 eine Unterstellung der Österreichischen Ärztekammer unter den Landeshauptmann bewirkte, trotz fehlender Zustimmung der Länder noch als 'vorgefunden' und damit verfassungskonform anzusehen.

[…] V.3.2.3. Zusammenfassend ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, dass eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen des ÄrzteG 1998 nicht möglich ist."

3. Die Österreichische Ärztekammer erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die Anträge zurück- bzw. abzuweisen, und den in den Anträgen dargelegten Bedenken entgegentritt. Hiezu führt sie wie folgt aus (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"Der Verwaltungsgerichtshof zieht nicht in Zweifel, dass dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer gesetzlich die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Eintragung in die oder Austragung aus der Ärzteliste übertragen werden darf, näherhin in einer Weise, wie dies in §59 ÄrzteG erfolgt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof zieht weiters nicht in Zweifel, dass die Angelegenheit der Eintragung in die oder Austragung aus der Ärzteliste gemäß §117c Abs1 Z6 ÄrzteG gesetzlich dem übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer zugewiesen ist, er stützt seine Überlegungen vielmehr ausdrücklich auf die im Erkenntnis VfSlg 19.885/2014 getroffene Entscheidung.

Der Verwaltungsgerichtshof moniert allein, dass im Hinblick auf diese im Vollzugsbereich des Bundes geführte Verwaltungstätigkeit nicht ausdrücklich die —seines Erachtens gemäß Art102 B‑VG gebotene — Bindung an Weisungen des Landeshauptmanns statuiert ist. Näherhin scheint der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung zu sein, dass §195f ÄrzteG — in den Schriftsätzen […] wird offenbar irrtümlich auf §195c ÄrzteG Bezug genommen — einem verfassungskonformen Verständnis der Rechtslage entgegensteht, da nur eine Bindung an Weisungen des Bundesministers vorgesehen ist […].

Legt man diese Prämissen zugrunde, so ergibt sich allerdings unabweislich, dass der 'Sitz' der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit weder in einer Bestimmung des §59 ÄrzteG noch in einer Bestimmung des §117c ÄrzteG zu sehen ist, dass es vielmehr um die vermeintliche Verfassungswidrigkeit des §195f ÄrzteG geht.

Für diese Beurteilung sprechen auch folgende Überlegungen: Zum einen zählt §117c ÄrzteG verschiedene Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs der Österreichischen Ärztekammer auf, etwa auch Verfahren zur Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste gemäß §35 (§117c Abs1 Z2 ÄrzteG). Die vom Verwaltungsgerichtshof zunächst formulierte Anfechtung beschränkt sich zudem auf die in §117c Abs1 Z6 genannte Z1 des §59 Abs1 ÄrzteG, lässt also die Z2 dieser Bestimmung unangefochten. Sollte der Verfassungsgerichtshof daher der Anfechtung stattgegeben, würde keine 'Bereinigung' der als verfassungswidrig beurteilten Rechtslage erfolgen, vielmehr hätte dies zahlreiche Folgeverfahren betreffend die verschiedenen Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereichs zur Konsequenz. Dies bestätigt, dass der 'Sitz' der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit nicht in den vom Verwaltungsgerichtshof in Anfechtung gezogenen Bestimmungen zu sehen ist.

Zum anderen hält der Verwaltungsgerichtshof jeweils im letzten Satz seiner Anträge […] als Konsequenz einer allfälligen Aufhebung im beantragten Umfang fest: 'Im Falle der Aufhebung im beantragten Ausmaß wäre die Besorgung der Streichung aus der Ärzteliste der mittelbaren Bundesverwaltung zugewiesen und dem Landeshauptmann die ihm verfassungsrechtlich zugewiesene Stellung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gegenüber der gemäß §§2 und 3 AVG zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde gesichert'. Wie die vom Verwaltungsgerichtshof selbst eingehend rekonstruierte Entwicklungsgeschichte des Rechtsregimes der Ärzteliste deutlich belegt, wäre dies ein Effekt, der im diametralen Gegensatz zu den Regelungszielen des Gesetzgebers stünde: Bei allen Schwankungen bezüglich der Zuordnung zu Wirkungsbereichen war es stets das Ziel der gesetzlichen Regelungen, dass ein Organ des Selbstverwaltungskörpers, näherhin der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, zur Entscheidung über die Eintragung in die und Austragung aus der Ärzteliste zuständig sein soll. Eine Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde wurde zu keiner Zeit auch nur erwogen.

[…]

Dazu kommt im Hinblick auf die Anfechtung der beiden Bestimmungen in §59 Abs3 ÄrzteG noch folgendes Bedenken: Die in Anfechtung gezogenen Bestimmungen besagen lediglich, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer in bestimmten Fällen mit Bescheid festzustellen hat, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht oder nicht bestanden hat, und dass er demgemäß die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen hat. Der Tatbestand des Wegfalls bzw. des ursprünglichen Nichtbestehens der Voraussetzungen findet sich jedoch in einer anderen Regelung, nämlich in den verwiesenen Z1 und 2 des §59 Abs1 ÄrzteG. Diese Bestimmungen würden im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in ihrem Bestand nicht berührt. Es würde in den einschlägigen Fällen weiterhin beim Erlöschen kraft Gesetzes bleiben. Dies kann für die Führung der Ärzteliste wohl nicht ohne Relevanz bleiben; das Eintreten der Tatbestandsvoraussetzungen wäre jedenfalls in der Liste anzumerken; entfallen würde nur die bescheidmäßige Erledigung. Unklar wäre, ob in diesem Zusammenhang unter den Voraussetzungen des §59 Abs4 ÄrzteG eine Anhörung durchzuführen ist. Im Streitfall — man denke nur an das ebenfalls kraft Gesetzes eintretende Erlöschen des Rechts zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (§59 Abs6 ÄrzteG) — wäre nach allgemeinen Regeln an die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu denken, wenn dies ein notwendiges Mittel zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ist. Ein solcher Feststellungsbescheid nach allgemeinen Regeln wäre von der sachlich nächstzuständigen Behörde zu erlassen. Dies wäre nach der rechtlichen Einschätzung der Österreichischen Ärztekammer wiederum der Präsident der Österreichischen Ärztekammer.

In diese Richtung weist auch die vom Verwaltungsgerichtshof nicht angefochtene Bestimmung des §125 Abs4 ÄrzteG. Nach Ansicht der Österreichischen Ärztekammer wären die Anträge des Verwaltungsgerichtshofs somit als unzulässig zurückzuweisen.

[…]

III. In der Sache

III.1. Weitergehende Bedenken:

[…]

Soweit in den vorliegenden Anträgen Satzteile in §117c Abs1 Z6 ÄrzteG angefochten werden, geht es um den Wegfall (§59 Abs1 Z1 ÄrzteG) oder um das Hervorkommen des Nichtvorliegens (§59 Abs1 Z2 ÄrzteG) von Voraussetzungen (§4 Abs2 ÄrzteG) für die Eintragung in die Ärzteliste.

Zu diesen Erfordernissen zählen unter anderem

- die mangelnde Eigenberechtigung,

- die mangelnde erforderliche Vertrauenswürdigkeit und

- die mangelnde gesundheitliche Eignung.

Die Eintragung in die Ärzteliste begründet die Mitgliedschaft in der Ärztekammer. Wenn eine Person nicht mehr eigenberechtigt ist oder wenn zB eine strafgerichtliche Verurteilung den Verlust der Vertrauenswürdigkeit indiziert bzw wenn solche Umstände nachträglich hervorkommen, dann ist die Austragung aus der Ärzteliste jener Akt, mit dem die Mitgliedschaft bei der Ärztekammer beendigt wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg 19.885/2014 festgehalten, dass 'der eigene, dh. weisungsfrei zu besorgende Wirkungsbereich jedes Selbstverwaltungskörpers auf Angelegenheiten beschränkt bleiben muss, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zum Selbstverwaltungskörper zusammengeschlossenen Personen gelegen und geeignet sind, von der Gemeinschaft besorgt zu werden (grundlegend hiezu VfSlg 8215/1977; vgl auch Art120a Abs1 B‑VG). Erforderlich ist dabei das Vorliegen beider Elemente und damit eine eindeutige Gruppenbezogenheit der Verwaltungsaufgaben im Hinblick auf die Mitglieder der Selbstverwaltung (vgl. VfSlg 18.548/2008). Die im Falle der Einrichtung von Selbstverwaltung zulässige Ausnahme vom sonst gebotenen Weisungszusammenhang mit den obersten Organen der Vollziehung (Art19 iVm Art20 Abs1 B‑VG) und die sich daraus ergebende Entkoppelung der Selbstverwaltung von deren demokratischer Legitimation erfordern es, dass dem Selbstverwaltungskörper stattdessen seinerseits eine entsprechende demokratische Legitimation durch die von ihm Verwalteten zukommt (vgl. hiezu VfSlg 17.023/2003, 17.869/2006 und 18.548/2008)'.

Der Verfassungsgerichtshof hat daraus die Folgerung gezogen, dass in Bezug auf Eintragungswerber, die 'zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht Mitglieder einer Ärztekammer' sind, ein derartiger demokratischer Legitimationszusammenhang nicht gegeben ist. Die Eintragung in die Ärzteliste dürfe daher nicht dem eigenen Wirkungsbereich zugeordnet werden.

Auf Austragungsfälle treffen diese Überlegungen jedoch nicht zu. Die betreffende Person ist zum gegebenen Zeitpunkt bereits Mitglied der Ärztekammer; die Entscheidung über die Austragung basiert somit auf einer entsprechenden demokratischen Legitimation des entscheidungsbefugten Kammerorgans.

Es ist nicht zu übersehen, dass der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Beurteilung der Gruppenbezogenheit (ausschließliches oder überwiegendes Interesse) drei Arten von Interessen unterscheidet: die Interessen der Österreichischen Ärztekammer, die Interessen des jeweiligen [Eintragungs]werbers sowie öffentliche Interessen. Wendet man diese Überlegungen auf Austragungsfälle an, so mag es Fälle geben, in denen öffentliche Interessen ein noch höheres Gewicht haben, als das Interesse der Ärztekammer am Ausschluss der betreffenden Person. Es darf nicht übersehen werden, dass in solchen Fällen gemäß §62 ÄrzteG ohnehin Zuständigkeiten des Landeshauptmanns vorgesehen sind. Im Regelfall liegt es jedoch im überwiegenden Interesse der Ärztekammer, eine Person, die die elementaren gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kammermitgliedschaft nicht bzw. nicht mehr erfüllt, auszuschließen.

Hält man sich nur den Fall eines justizstrafrechtlichen Delikts vor Augen, das ein Kammermitglied gegenüber einem anderen Kammermitglied begangen hat, so wird sogleich deutlich: Es ist mit dem im verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz mitumschlossenen Sachlichkeitsgebot nicht zu vereinbaren, dass §117c Abs1 Z6 ÄrzteG die Austragung aus der Ärzteliste (in den Fällen des §4 Abs2 und des §59 Abs1 Z1 und 2) generell und ausnahmslos dem übertragenen Wirkungsbereich zuweist. Dies ist nach Ansicht der Österreichischen Ärztekammer verfassungswidrig."

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie den in den Anträgen erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"I.

Zur Rechtslage und zu den Prozessvoraussetzungen:

1. Mit seinem auf Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG gestützten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof aus Anlass einer bei ihm anhängigen Revision die Aufhebung der Wortfolge '1 und' jeweils in §59 Abs3 Z1 und §117c Abs1 Z6 des Ärztegesetzes 1998 – ÄrzteG 1998, BGBl I Nr 169/1998 idF BGBl I Nr 56/2015.

2.1. Zur Rechtslage verweist die Bundesregierung auf die Darstellung des Verwaltungsgerichtshofes […].

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof führt […] aus, dass im Zeitpunkt der Erlassung der B‑VG-Novelle 1974, BGBl Nr 444/1974, das Ärztegesetz noch keine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer vorgesehen habe, durch Bescheid festzustellen, dass infolge Wegfalls einer Eintragungsvoraussetzung die Berechtigung zur ärztlichen Berufsausübung erloschen und eine entsprechende Ermächtigung erst mit der Novelle BGBI. Nr 314/1987 in das Ärztegesetz 1984 aufgenommen worden sei. Die Bundesregierung geht in dieser Frage von einer anderen Rechtslage aus:

Bereits mit der Ärztegesetznovelle 1964 – also vor der vom Verwaltungsgerichtshof erwähnten B‑VG-Novelle 1974 – wurde in §2i Abs9 Ärztegesetz 1949 eine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer zur bescheidmäßigen Feststellung aufgenommen, dass eine Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht bestanden hat. Eine solche Feststellung hatte dann zu erfolgen, wenn es von Anfang an an einer der in §2 Abs2 bis 4 Ärztegesetz 1949 genannten Berufsantrittsvoraussetzungen gemangelt hatte, dies aber erst nachträglich offenbar wurde.

Ebenso wurde durch die Ärztegesetznovelle 1964 in §15 Abs1 lita Ärztegesetz 1949 festgelegt, dass bei (nachträglichem) Wegfall eines der im §2 Abs2 Ärztegesetz 1949 angeführten Erfordernisse die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes erlischt. §15 Abs4 Ärztegesetz 1949 sah für einen solchen Fall vor, dass die Österreichische Ärztekammer die Streichung in der Ärzteliste durchzuführen habe. Zwar war im Gesetzestext für diesen Fall eine bescheidmäßige Feststellung nicht ausdrücklich vorgesehen; die Vollziehung ging aber offenbar von einer Lücke aus, die in der Praxis durch eine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer zur bescheidmäßigen Feststellung, wie sie der eine vergleichbare Situation regelnde §2i Abs9 Ärztegesetz 1949 vorsah, geschlossen wurde (vgl. Strobl, Das österreichische Ärztegesetz: mit Kommentar, §15, 103 FN 3).

Zusammenfassend bestand also bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens der B‑VG-Novelle 1974 eine Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer zur bescheidmäßigen Feststellung des Nichtvorliegens der Berufsberechtigung und zur Streichung aus der Ärzteliste, sei es auf Grund eines bereits ursprünglich bestehenden oder auf Grund eines erst später auftretenden Mangels einer Berufsantrittsvoraussetzung.

2.3. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach §195f ÄrzteG 1998 die Österreichische Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich unmittelbar – also unter Ausschluss des Landeshauptmannes – den Weisungen des zuständigen Bundesministers unterstellt […].

3. Die Bundesregierung stellt außer Streit, dass zur angefochtenen Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer weder eine Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG noch eine Zustimmung nach Abs1 letzter Satz leg.cit. eingeholt wurde.

4. Für die Bundesregierung sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die gegen die Zulässigkeit des Antrags sprechen.

II.

Vorbemerkungen:

Die Bundesregierung weist einleitend darauf hin, dass es im gegenständlichen Gesetzesprüfungsverfahren ausschließlich um die Vereinbarkeit von Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Vollziehung durch Organe der Österreichischen Ärztekammer mit Art102 B‑VG geht. Anders als im Anlassverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geht es somit nicht um eine Auslegung des Art131 Abs1 und 2 B‑VG betreffend die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Verwaltungsgerichten der Länder und dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. dazu das vom Verwaltungsgerichtshof zitierte Erkenntnis VfSlg 19.953/2014), sondern stellt sich lediglich die Frage, ob für die Begründung einer Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich zur bescheidmäßigen Feststellung, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufs nicht besteht, und zur Veranlassung der Streichung aus der Ärzteliste (§59 Abs3 Z1 iVm §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998) eine Zustimmung der Länder gemäß Art102 B‑VG einzuholen gewesen wäre.

Die Bundesregierung verweist weiters auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl. zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012).

Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag des Verwaltungsgerichtshofes […] dargelegten Bedenken.

III.

In der Sache:

1. Der Verwaltungsgerichtshof behauptet mit näherer Begründung, dass es sich bei den Bestimmungen des ÄrzteG 1998 über die Streichung aus der Ärzteliste in kompetenzrechtlicher Sicht um eine Angelegenheit des 'Gesundheitswesens' (Art10 Abs1 Z12 B‑VG) handle, welche mangels Anführung in Art102 Abs2 B‑VG nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden dürfe. Die diesbezügliche Zuständigkeit des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich in unmittelbarer Unterordnung unter den Bundesminister – also unter Ausschaltung des Landeshauptmannes – hätte daher einer Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG bedurft.

2. Die Bundesregierung betont zunächst, dass – soweit ersichtlich – die Frage, ob die bundesgesetzliche Begründung einer Zuständigkeit eines Organs eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung in unmittelbarer Unterordnung unter den Bundesminister einer Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG bedarf, noch nicht Gegenstand eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof war.

Der Verwaltungsgerichtshof begründet seine Anfechtung […] mit Schlussfolgerungen aus drei – älteren – Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 2500/1953, 2978/1956 und 8478/1979).

Gegenstand der beiden Erkenntnisse aus den Jahren 1953 (VfSlg 2500) und 1956 (VfSlg 2978) war jeweils die Frage, ob die Begründung eines unmittelbaren Berufungsrechts gegen den Bescheid eines Organs einer Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft an den Bundesminister unter Ausschaltung des Landeshauptmannes mit Art102 B‑VG vereinbar sei. Mit dieser Frage hatte sich der Verfassungsgerichtshof in den beiden genannten Erkenntnissen zu befassen (und sie jeweils verneint), nicht mit der Frage der Zustimmung der Länder zur Erlassung des zugrunde liegenden Bundesgesetzes nach dem schon damals in Geltung stehenden Art102 Abs4 B‑VG (vgl. Marschall, Zur Errichtung von Bundesbehörden, ÖJZ1971, 477, 507 [507]). Überdies hat sich die Verfassungsrechtslage hinsichtlich der Frage des administrativen Instanzenzuges durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I Nr 51/2012, grundlegend geändert, nämlich zum einen durch die grundsätzliche Abschaffung des administrativen Instanzenzuges (auch für die Angelegenheiten, die von sonstigen Selbstverwaltungskörpern – im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich – besorgt werden), und zum anderen durch die ersatzlose Aufhebung des Art103 Abs4 B‑VG.

Aus diesen Gründen erscheint es daher zumindest zweifelhaft, ob die beiden genannten Erkenntnisse aus den Jahren 1953 und 1956 für das gegenständliche Verfahren überhaupt maßgeblich sind.

Gegenstand des Erkenntnisses aus dem Jahr 1979 (VfSlg 8478) war die Frage des Instanzenzuges in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung, die von einem sonstigen Selbstverwaltungskörper im eigenen Wirkungsbereich besorgt wurde. Schon aus diesem Grund erscheint dieses Erkenntnis hier nicht unmittelbar einschlägig.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hebt in seinem Anfechtungsbeschluss […] hervor, dass die Position des Landeshauptmannes durch die B‑VG-Novelle 1974 noch gestärkt worden sei, da seitdem gemäß Art102 Abs1 letzter Halbsatz B‑VG eine Vollziehung durch Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann, sofern nicht eine Angelegenheit des Art102 Abs2 B‑VG vorliege, einer Zustimmung der Länder bedürfe.

Die Bundesregierung bestreitet keineswegs die zentrale Stellung, die das B‑VG dem Landeshauptmann in der mittelbaren Bundesverwaltung zuweist (vgl. zur Bedeutung der mittelbaren Bundesverwaltung zB VfSlg 11.403/1987). Der Verwaltungsgerichtshof übersieht jedoch, dass nach den Materialien zur B‑VG-Novelle 1974 die 'Stärkung des Instituts der mittelbaren Bundesverwaltung' (RV 182 BlgNR 13. GP 22) bzw. die 'Stärkung der Stellung des Landeshauptmannes' (RV 182 BlgNR 13. GP 24) ihren Ausdruck allein in den konkreten Verfassungsänderungen des Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG (betreffend das Zustimmungsrecht der Länder) und des Art103 Abs4 B‑VG (betreffend den Instanzenzug in der mittelbaren Bundesverwaltung) gefunden hat. Die Materialien enthalten keinen Hinweis darauf, dass durch diese beiden Verfassungsänderungen über deren unmittelbaren Regelungsinhalt hinausgehende Zustimmungsrechte der Länder im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung oder gar eine prinzipienhafte Zweifels- oder Auslegungsregel in diese Richtung eingeführt werden sollte. Im Gegenteil zeigt sich an der Änderung des Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG durch die B‑VG-Novelle 1974, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber für eine Erweiterung des Zustimmungsrechts der Länder über den Wortlaut des Art102 B‑VG hinaus eine ausdrückliche Verfassungsänderung für erforderlich erachtete.

Aus der B‑VG-Novelle 1974 kann also für den Standpunkt des Verwaltungsgerichtshofes zu der hier verfahrensgegenständlichen Frage nichts gewonnen werden.

4. Der Verwaltungsgerichtshof gesteht in seinem Anfechtungsbeschluss […] selbst zu, dass in dem durch die B‑VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 eingefügten Art120b Abs2 B‑VG eine implizite Ermächtigung für eine Betrauung von Organen eines Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich erblickt werden könne, zumal diese Bestimmung keinen Bezug auf Art102 B‑VG enthalte; er hält dies ausdrücklich für eine 'mögliche Auslegung'.

Die Bundesregierung hält diese Auslegung nicht bloß für möglich, sondern für zutreffend. Der anfechtende Verwaltungsgerichtshof behauptet gar nicht, dass sich seine Auffassung aus dem Text, den Erläuterungen, der Entstehungsgeschichte oder der Systematik des Art120b Abs2 B‑VG ergäbe. Er behauptet vielmehr, dass das Schweigen dieser Bestimmung zur Frage der Anwendbarkeit des Art102 B‑VG nicht als eine 'Einschränkung des Prinzips der mittelbaren Bundesverwaltung', das durch die B‑VG-Novelle 1974 gestärkt worden sei, gedeutet werden könne.

Dass aus der B‑VG-Novelle 1974 nichts für die Position des Verwaltungsgerichtshofes gewonnen werden kann, wurde bereits zuvor dargelegt (vgl. Pkt. III.3.). Gegen die Auslegung der B‑VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 durch den Verwaltungsgerichtshof spricht zunächst, dass der Verfassungsgesetzgeber offenbar die Notwendigkeit gesehen hat, die einfachgesetzliche Anordnung einer Weisungsbindung im übertragenen Wirkungsbereich in Art120b Abs2 B‑VG (vgl. auch Art151 Abs38 letzter Satz B‑VG) ausdrücklich zu normieren, obwohl sich schon zuvor aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Verpflichtung der einfachen Gesetzgebung ergeben hat, eine solche Weisungsbindung zu normieren (vgl. VfSlg 17.023/2003; dazu Rill, Wie können wirtschaftliche und soziale Selbstverwaltung sowie die Sozialpartnerschaft in der Bundesverfassung verankert werden? JRP 2005, 107 [115, 124], auf dessen Vorarbeiten für den Österreich-Konvent die Art120a ff B‑VG zurückgehen). Vor diesem Hintergrund verbietet sich eine Zweifelsregel, wie sie der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde liegt, der Verfassungsgesetzgeber der B‑VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 hätte die Nichtanwendbarkeit der Zustimmungsrechte des Art102 B‑VG ausdrücklich anordnen müssen. Es wäre vielmehr ein Wertungswiderspruch, wenn aus dem Schweigen des Verfassungsgesetzgebers zur Frage der Zustimmungsrechte der Länder auf die (Weiter-)Geltung einer (behaupteten) Verfassungsrechtslage geschlossen würde, während der Verfassungsgesetzgeber hinsichtlich einer Frage von vergleichbarer Bedeutung, nämlich der Weisungsbindung, eine ausdrückliche Regelung offenbar für notwendig erachtet hat. Dies gilt umso mehr, als im einen Fall – der Frage der Zustimmungsrechte – die zu Grunde liegende Rechtsprechung Jahrzehnte zurückliegt (vgl. VfSlg 2500/1953, 2978/1956), während sie im anderen Fall – der Frage der Weisungsbindung – vergleichsweise rezent war (vgl. VfSlg 16.400/2001).

5.1. Auch ein Vergleich mit den Bestimmungen des B‑VG über die territoriale Selbstverwaltung zeigt nach Auffassung der Bundesregierung, dass nicht ohne weiteres von einer Anwendung des Art102 B‑VG auf die Vollziehung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch nicht-staatliche Organe ausgegangen werden kann:

Die Besorgung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch Selbstverwaltungskörper im übertragenen Wirkungsbereich stellt eine Form der mittelbaren Verwaltung dar. Die Zulässigkeit der Übertragung solcher Angelegenheiten auf die Gemeinden ergibt sich aus Art119 Abs1 B‑VG. Art119 Abs1 und 2 B‑VG unterstellt den Bürgermeister bei der Besorgung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung den Weisungen der zuständigen Organe des Bundes; gemäß Art119 Abs4 B‑VG kann er in diesen Fällen vom Landeshauptmann seines Amtes verlustig erklärt werden. Art119 B‑VG begründet also für die mittelbare Vollziehung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch die Gemeinden ein Organisations- und Verantwortungsmodell, das jenem der Art102 ff B‑VG, der mittelbaren Vollziehung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung durch die Länder, deutlich nachgebildet ist (Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung [1987] 185). Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang aber, dass sich dieser Organisations- und Verantwortungszusammenhang nicht schon aus den Art102 ff B‑VG ergibt, sondern durch Art119 B‑VG erst gesondert angeordnet wird. Das zeigt sich auch daran, dass der Weisungs- und Verantwortungszusammenhang bei den Gemeinden sowohl für die Angelegenheiten der mittelbaren, als auch der unmittelbaren Bundesverwaltung gilt (vgl. Art119 Abs2 und 4 B‑VG: 'Bundesvollziehung').

Weber(aaO 186 f) hat daher treffend festgestellt, dass sich 'die Frage, ob der Bürgermeister dabei eine im Sinne des Art102 Abs1 B‑VG dem Landeshauptmann unterstellte Behörde ist, [nicht stellt], da Art119 B‑VG eben bundesverfassungsrechtlich eine Sonderregelung trifft, die, insbesondere im Hinblick auf Art119 Abs4 B‑VG, durchaus auch als Unterstellungsnorm gedeutet werden könnte. Die Gemeinden sind daher gleichfalls bundesverfassungsrechtlich vorgesehene Organe der mittelbaren Bundesverwaltung.' Wird demnach eine Gemeinde bundesgesetzlich mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich betraut, ist für eine Anwendung des Art102 Abs4 B‑VG von vornherein kein Platz; auch die Anwendbarkeit der Zustimmungsregelung des Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG scheidet von vornherein aus (vgl. auch Höllbacher, Unmittelbare Bundesverwaltung [2013] 59 f, der davon ausgeht, dass Art119 B‑VG im Verhältnis zu Art102 B‑VG eine lex specialis darstellt).

In vergleichbarer Weise stellt sich die Rechtslage hinsichtlich der Besorgung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung durch nicht-territoriale Selbstverwaltungskörper dar. Die verfassungsrechtliche Grundlage dieser Form der Vollziehung ergibt sich seit der B‑VG-Novelle BGBl I Nr 2/2008 aus Art120b Abs2 B‑VG. Welche verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die bundesgesetzliche Begründung einer Zuständigkeit von Organen nicht-territorialer Selbstverwaltungskörper in solchen Angelegenheiten zur Anwendung gelangen und welcher Organisations- und Verantwortungszusammenhang in solchen Fällen besteht, ergibt sich nicht aus den Art102 ff B‑VG, sondern aus den – später in Kraft getretenen – Art120a und 120b B‑VG. Art120b Abs2 B‑VG sieht für die Übertragung einer Angelegenheit der Bundesverwaltung in den übertragenen Wirkungsbereich eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers zum einen eine Bezeichnungspflicht vor (vgl. hingegen Art118 Abs2 B‑VG), zum anderen die Begründung einer Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan (vgl. Art119 Abs1 und 2 B‑VG).

Auch hinsichtlich des Art120b B‑VG kann davon ausgegangen werden, dass es sich im Verhältnis zu Art102 B‑VG um eine Spezialregelung im Bereich der Bundesvollziehung handelt (vgl. auch Höllbacher, aaO 66).

Die Bundesregierung sieht sich daher auch auf Grund eines systematischen Vergleiches mit den Bestimmungen über den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde und deren Verhältnis zu Art102 B‑VG in der Auffassung bestärkt, dass Art120b Abs2 B‑VG im Verhältnis zu Art102 B‑VG eine besondere Ermächtigung zur Besorgung von Aufgaben der (mittelbaren) Bundesverwaltung durch nicht-territoriale Selbstverwaltungskörper darstellt und die Zustimmungsrechte der Länder gemäß Art102 Abs1 letzter Satz und Abs4 B‑VG dabei nicht zur Anwendung kommen (vgl. auch Höllbacher, aaO 66 f).

5.2. Die zuvor behandelten Bestimmungen des Art119 B‑VG wurden erst durch die sog. Gemeindeverfassungsnovelle 1962, BGBl Nr 205/1962, ins B‑VG eingefügt. Auch diese Änderung der Verfassungsrechtslage spricht dafür, dass die vom Verwaltungsgerichtshof geltend gemachte ältere Judikatur (VfSlg 2500/1953, 2978/1956) für die Frage der Anwendbarkeit des Art102 B‑VG und der darin enthaltenen Zustimmungsrechte der Länder auf die Übertragung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung auf Organe von (nicht-territorialen) Selbstverwaltungskörpern nicht mehr unmittelbar einschlägig sein kann.

6. Die Bundesregierung geht davon aus, dass dem Begriff 'Bundesbehörde' in Art102 Abs1 und 4 B‑VG ein organisatorisches Verständnis zu Grunde liegt:

Ob der Verwendung des Begriffes 'Organ' oder 'Behörde' im B‑VG ein organisatorisches oder ein funktionelles Verständnis zukommt, ist anhand der jeweiligen Bestimmung und ihres Regelungskontextes zu ermitteln (vgl. jüngst Raschauer, Bund – Verwaltung – Organ, JRP 2017, 110 [112 ff]). So ist etwa der Kompetenztatbestand 'Einrichtung der Bundesbehörden […]' in Art10 Abs1 Z16 B‑VG organisatorisch zu verstehen. Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Prüfung der Gesetzesmäßigkeit von Verordnungen 'einer Bundesbehörde' gemäß Art139 Abs1 Z5 B‑VG erstreckt sich hingegen auch auf Behörden, die keine Organe des Rechtsträgers Bund sind und erfasst etwa auch Verordnungen von Organen nicht-territorialer Selbstverwaltungskörper in Angelegenheiten der Bundesverwaltung (vgl. Aichlreiter, Art139 B‑VG, in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht [1. Lfg 2001] Rz 4). Hingegen ist zur Kundmachung der Aufhebung einer solchen Verordnung wegen Gesetzeswidrigkeit gemäß Art139 Abs5 B‑VG die zuständige 'oberste Behörde des Bundes' verpflichtet, womit nur ein Organ des Rechtsträgers Bund gemeint ist.

Für Art102 B‑VG ergibt sich schon aus der Systematik und dem Regelungskontext dieser Bestimmung, dass der Begriff 'Bundesbehörde' in einem organisatorischen Verständnis verwendet wird. Pernthaler (Die verfassungsrechtlichen Schranken der Selbstverwaltung in Österreich, 3. ÖJT, Bd I/3 [1967] 77) hat dies zutreffend damit begründet, 'daß Art102 B‑VG. eine ausgesprochene Organisationsnorm statuiert und die Ausdrücke 'Bundesbehörde' und 'Landesbehörde' jedenfalls im ersten Satz des Abs1 nur im organisatorischen Sinne gemeint sein können, da dies gerade das Unterscheidungsmerkmal von mittelbarer und unmittelbarer Bundesverwaltung darstellt. Es ist deshalb auch die Deutung sinngemäßer, daß der Ausdruck 'Bundesbehörde' im selben Absatz, zweiter Satz, im organisatorischen Sinne zu verstehen sei und damit 'Behörden des Rechtsträgers Bund' bedeute' […]. Nichts anderes kann für die Verwendung des Begriffes 'Bundesbehörde' in Art102 Abs4 B‑VG gelten.

Die Zustimmungsrechte der Länder gemäß Art102 Abs1 letzter Satz und Abs4 B‑VG gelangen daher nach Auffassung der Bundesregierung nur dann zur Anwendung, wenn ein Bundesgesetz die Betrauung eines Organs des Rechtsträgers Bundes anstelle des Landeshauptmannes oder in Unterordnung unter diesen mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung vorsieht, nicht hingegen bei einer solchen Betrauung eines Organs eines Selbstverwaltungskörpers (oder eines sonstigen nicht-staatlichen Organs) im übertragenen Wirkungsbereich.

7. Dieses organisatorische Behördenverständnis ist auch mit dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung vereinbar:

Die Bundesregierung verkennt nicht, dass dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung in der jüngeren Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Schutzfunktion zugunsten der Stellung des Landeshauptmannes zugeschrieben wird. Dies bedingt aber nicht eine funktionelle Auslegung des Begriffes der 'Bundesbehörde' in Art102 B‑VG, wenngleich damit auch der Schutzfunktion dieser Bestimmung stärker Rechnung getragen würde. Dass eine solche funktionelle Auslegung von Organisationsbestimmungen des B‑VG keine notwendige Antwort auf Erscheinungen der Vollziehung durch nicht-staatliche Rechtsträger sein muss, zeigt sich exemplarisch an der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Weisungsbindung gegenüber aus der staatlichen Verwaltung ausgegliederten und mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung beliehenen Rechtsträgern. Der Verfassungsgerichtshof versteht die Wendung 'Organe des Bundes und der Länder' in Art20 Abs1 B‑VG so, dass eine Weisungsbindung auf Grund dieser Bestimmung nur gegenüber Organen dieser Rechtsträger (in einem organisatorischen Sinn) besteht (VfSlg 16.400/2001). Zwar sichert die Weisungsbindung des Art20 Abs1 B‑VG die Leitungs- und Organisationsverantwortung des Bundesministers als eines obersten Organs, das seinerseits dem Parlament gegenüber verantwortlich ist. Diese Schutzfunktion führt den Verfassungsgerichtshof aber keineswegs dazu, dem Organbegriff dieser Bestimmung ein funktionelles Verständnis zugrunde zulegen, wodurch der Bedeutung des Weisungsprinzips ja viel eher Rechnung getragen werden könnte. Vielmehr leitet der Verfassungsgerichtshof, gerade weil Art20 Abs1 B‑VG gegenüber nicht-staatlichen Organen nicht gilt, aus dem Organisationskonzept der Bundesverfassung Schranken und verfassungsrechtliche Vorgaben für die einfachgesetzliche Betrauung von ausgegliederten Rechtsträgern mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung ab.

Sollte der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sein, dass bei einem organisatorischen Behördenverständnis des Art102 Abs1 und 4 B‑VG dem Prinzip der mittelbaren Bundesverwaltung nicht hinreichend Rechnung getragen würde, könnte auch die Auffassung vertreten werden, dass eine Betrauung von sonstigen Selbstverwaltungskörpern mit der Vollziehung von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung im übertragenen Wirkungsbereich in unmittelbarer Unterordnung unter einen Bundesminister nicht schrankenlos zulässig ist. Eine solche einschränkende Auslegung könnte sich auf Vorbilder in der bisherigen Judikatur berufen: So hat der Verfassungsgerichtshof vor der Einfügung des Zustimmungsrechts der Länder in Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG durch die B‑VG-Novelle 1974 die Möglichkeit der Betrauung von Bundesbehörden in Unterordnung unter den Landeshauptmann mit Aufgaben der Vollziehung 'nicht im Regelfall', sondern nur 'ausnahmsweise' für zulässig erachtet (VfSlg 2264/1952). Im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 hat der Verfassungsgerichtshof erstinstanzliche Zuständigkeiten eines Bundesministers im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung 'in einem bestimmten Ausmaß und unter Einhaltung sonstiger verfassungsrechtlicher Grenzen' für zulässig erachtet, sofern dadurch nicht das System der mittelbaren Bundesverwaltung unterlaufen wird, was insbesondere bei einer dekonzentrierten Besorgung solcher Angelegenheiten im Bereich der Länder der Fall sei.

Legt man vergleichbare Schranken an die Betrauung von nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpern mit Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in unmittelbarer Unterordnung unter einen Bundesminister an, könnten daher etwa nicht – wie vom Verwaltungsgerichtshof als argumentum ad absurdumvorgebracht […] – Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie (Art10 Abs1 Z8 B‑VG) weitgehend auf die Wirtschaftskammern übertragen werden.

Im gegenständlichen Fall wären diese Schranken aber nach Auffassung der Bundesregierung auch nicht überschritten:

Zum einen handelt es sich bei den Zuständigkeiten zur Verfahrensführung, die der Österreichischen Ärztekammer in den übertragenen Wirkungsbereich zugewiesen sind, nur um einen Teilausschnitt der behördlichen Zuständigkeiten nach dem ÄrzteG 1998 (vgl. hinsichtlich des übertragenen Wirkungsbereiches §117c Abs1 leg. cit. einerseits, hinsichtlich des staatlichen Zuständigkeitsbereiches zB §56 Abs2 und 3, §52c, §62, §63, §197 Abs3 und §199 leg. cit. andererseits). Zieht man als Beurteilungsmaßstab aber alle Zuständigkeiten von Organen von nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpern im Vergleich mit den Zuständigkeiten staatlicher Organe in den Angelegenheiten des (Berufsrechts im Bereich des) Gesundheitswesens heran, kann von einer Aushöhlung der Stellung des Landeshauptmannes keinesfalls gesprochen werden.

Zum anderen begründet die angefochtene Bestimmung eine Zuständigkeit eines Organs der Österreichischen Ärztekammer und nicht von Organen der Ärztekammern in den Ländern, sodass es nicht zu einer dekonzentrierten Besorgung eines Teilbereichs der Vollziehung des Ärzterechts im Bereich der Länder kommt, wie dies im Erkenntnis VfSlg 11.403/1987 hinsichtlich der Weinaufsicht des Bundes der Fall war. Auch der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Anfechtungsbeschluss […] als warnendes Beispiel der von ihm abgelehnten Auslegung die weitgehende Übertragung der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie auf die 'Wirtschaftskammern' (Plural!) an, womit offenbar die Landeskammern (und nicht Bundeskammer) gemeint sind. Eine solche dekonzentrierte Besorgung von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung in den Ländern liegt im vorliegenden Fall aber gerade nicht vor.

8.1. Der Verwaltungsgerichtshof vermeint schließlich aus den Erkenntnissen VfSlg 17.023/2003 und 19.721/2012 ableiten zu können, dass im Fall der Besorgung der Bundesvollziehung durch ausgegliederte Rechtsträger die Schranken des Art102 B‑VG einzuhalten seien und schließt daraus, dass dies für alle Organe einer Nicht-Gebietskörperschaft, also auch für Organe eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers gelten müsse.

Zutreffend ist, dass sowohl die Betrauung ausgegliederter Rechtsträger mit Angelegenheiten der Bundesvollziehung wie auch die Übertragung solcher Angelegenheiten in den übertragenen Wirkungsbereich eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers die ausdrückliche Anordnung einer Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Organ verlangt (vgl. für Beleihungen VfSlg 16.400/2001, für die nicht-territorialen Selbstverwaltungskörper VfSlg 17.023/2003 und nunmehr Art120b Abs2 B‑VG). Daraus kann aber nach Auffassung der Bundesregierung nicht der Schluss gezogen werden, dass Art102 B‑VG und die darin enthaltenen Zustimmungsrechte der Länder in solchen Fällen zur Anwendung gelangen.

Allenfalls könnte eine vereinzelte Aussage im Erkenntnis VfSlg 19.721/2012 so verstanden werden, dass der Verfassungsgerichtshof sich zur Frage des Erfordernisses einer Zustimmung gemäß Art102 Abs4 B‑VG zur Betrauung der E‑Control GmbH mit dem Betrieb einer Datenbank geäußert hat; allerdings scheint er diese Aussage im folgenden Satz sogleich zu relativieren. Jedenfalls würde es sich lediglich um ein – nicht näher begründetes und die Frage keinesfalls abschließend beantwortendes – obiter dictumhandeln, da sich die Frage der Zustimmung im gegenständlichen Fall wegen des Bestehens einer Kompetenzdeckungsklausel gar nicht gestellt hat. Wörtlich führte der Verfassungsgerichtshof aus:

'Für die Übertragung des Betriebs der Datenbank an die E-Control wäre demnach die Zustimmung aller Länder in ausdrücklicher und förmlicher Weise notwendig gewesen. Im Hinblick darauf, dass mit ArtI Abs1 Preistransparenzgesetz eine verfassungsrechtliche Regelung besteht, die die Begründung der Zuständigkeit von Bundesbehörden in nicht in Art102 Abs2 B‑VG angeführten Angelegenheiten für verfassungsrechtlich zulässig erklärt, erübrigt sich eine Prüfung der Frage, ob eine Zustimmung aller Länder erforderlich und bejahendenfalls auch tatsächlich erfolgt ist […]' […].

Die Bundesregierung verkennt nicht, dass es sich sowohl bei Organen eines nicht-territorialen Selbstverwaltungskörpers als auch bei sog. ausgegliederten Rechtsträgern bzw. deren Organen jeweils um nicht-staatliche Organe handelt. Es können aber allein aus diesem Grund nicht schematisch die Rechtsprechung bzw. einzelne Anordnungen der Bundesverfassung von dem einen auf den anderen Organkomplex übertragen werden. Das erscheint schon mangels ausdrücklicher Anordnungen des B‑VG zur Betrauung von ausgegliederten Rechtsträgern mit Aufgaben der Vollziehung (vgl. VfSlg 3685/1960) ausgeschlossen. Welche verfassungsrechtlichen Vorgaben in diesem Zusammenhang bestehen, ist je nach Gegenstand (zB Weisungsbindung, Amtsverschwiegenheit, Interpellation etc) anhand der betreffenden Bestimmungen der Bundesverfassung zu beurteilen bzw. ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber nicht näher dargelegt, dass und warum ausgegliederte Rechtsträger einerseits und nicht-territoriale Selbstverwaltungskörper andererseits unter dem Gesichtspunkt des Art102 B‑VG nach denselben Kriterien beurteilt werden sollten. Schon deshalb muss auf die Frage der Maßgeblichkeit des Erkenntnisses VfSlg 19.721/2012 für das gegenständliche Gesetzesprüfungsverfahren nicht weiter eingegangen werden.

8.2. Aus prozessualer Vorsicht bestreitet die Bundesregierung aber ausdrücklich, dass Art102 B‑VG und die darin enthaltenen Zustimmungsrechte der Länder auf die Übertragung von Angelegenheiten der Bundesverwaltung auf sog. ausgegliederte Rechtsträger zur Anwendung gelangt. Die Nichtanwendbarkeit dieser Bestimmungen ergibt sich schon daraus, dass es angesichts der Vielfalt solcher Rechtsträger mitunter gar nicht möglich ist festzustellen, ob es sich dabei um ein Organ des Bundes oder eines Landes handelt (etwa bei natürlichen Personen oder bei Gesellschaften, die im Eigentum mehrerer Rechtsträger stehen). Es erscheint daher sogar zweifelhaft, ob auf die Besorgung von Angelegenheiten der Bundes- und Landesvollziehung durch ausgegliederte Rechtsträger überhaupt der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche anwendbar ist (vgl. unter Berufung auf das Erkenntnis VfSlg 17.421/2004 zB Mayr, Organisationsrechtliche Fragen einer einzigen nationalen Akkreditierungsstelle, in Jahrbuch Öffentliches Recht 2010, 93 [99 ff]; Pürgy, Die Mitwirkung von Beliehenen des Bundes an der Landesvollziehung, ZfV 2011, 745 mwH); solche Rechtsträger scheinen viel eher kompetenzrechtlich neutral (Wiederin, Das Bundesverwaltungsgericht, in Holoubek/Lang, Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2008] 29 [39]).

9. Nur der Vollständigkeit halber stellt die Bundesregierung klar, dass die von ihr vorgeschlagene Auslegung nicht mit dem Erkenntnis VfSlg 4413/1963 in Widerspruch steht: Während es im vorliegenden Verfahren um Fragen der Organisation der Vollziehung innerhalb der Bundesverwaltung geht, ging es im Erkenntnis VfSlg 4413/1963 um den Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche von Bund und Ländern. Der Verfassungsgerichtshof sprach aus, dass die Betrauung der im Vollziehungsbereich der Länder (vgl. Art11 Abs1 Z2 B‑VG) eingerichteten Ärztekammern mit Angelegenheiten des Gesundheitswesens mit diesem Grundsatz unvereinbar sei. Im vorliegenden Fall geht es hingegen um eine Einbindung der im Vollziehungsbereich des Bundes (vgl. Art10 Abs1 Z8 B‑VG) eingerichteten Österreichischen Ärztekammer in die Bundesverwaltung, sodass der Grundsatz der Trennung der Vollziehungsbereiche von vornherein nicht berührt ist.

10. Sollte der Verfassungsgerichtshof ungeachtet der vorstehenden Ausführungen der Bundesregierung dennoch der Auffassung sein, dass Art102 B‑VG auf die Betrauung eines Organs eines sonstigen Selbstverwaltungskörpers im übertragenen Wirkungsbereich mit einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung zur Anwendung gelangt und es daher bei einer unmittelbaren Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister einer Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG bedürfe, führte dies dennoch nicht zur Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich selbst zur Erwägung stellt […], ließe sich das ÄrzteG 1998 verfassungskonform so deuten, dass eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmannes als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde besteht, der – in Unterordnung unter den Bundesminister – eine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen der Österreichischen Ärztekammer im Bereich des übertragenen Wirkungsbereichs zukommt. Eine solche verfassungskonforme Deutung erschiene vor allem deshalb möglich, weil eine solche Zuständigkeit des Landeshauptmannes durch das ÄrzteG 1998 nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Dadurch wäre, wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend ausführt, eine Besorgung in mittelbarer Bundesverwaltung gewährleistet.

Die Bundesregierung kann auch nicht erkennen, dass das Erkenntnis VfSlg 17.023/2003 einer solchen Auslegung entgegenstehen würde, wie der Verwaltungsgerichtshof vermeint […]. In diesem Erkenntnis wird lediglich das Erfordernis einer Weisungsbindung gegenüber staatlichen Organen bei einer Vollziehung im übertragenen Wirkungsbereich bestätigt.

Bei einer solchen Auslegung des ÄrzteG 1998 läge folglich kein Fall des Art102 Abs4 B‑VG (Zuständigkeit einer Bundesbehörde anstelle des Landeshauptmannes) vor, sondern wäre eine Anwendung des Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG zu prüfen. Dieser sieht seit der B‑VG-Novelle 1974 ein Zustimmungsrecht der Länder vor, wenn Bundesbehörden mit der Vollziehung – ausgenommen in den Angelegenheiten des Art102 Abs2 B‑VG – in Unterstellung unter den Landeshauptmann betraut werden. Nach den Materialien zur B‑VG-Novelle 1974 wirkt die Neufassung dieser Bestimmung allerdings, worauf der Verwaltungsgerichtshof selbst hinweist […], nicht zurück (RV 182 BlgNR 13. GP 22). Eine Betrauung von Bundesbehörden mit der Vollziehung einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung in Unterordnung unter den Landeshauptmann, die – zumindest ihrer Art nach – schon zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der B‑VG-Novelle 1974 bestanden hat, bedarf daher keiner Zustimmung der Länder. Nach Auffassung der Bundesregierung muss dies auch dann gelten, wenn eine solche Zuständigkeit, etwa auf Grund der Neuerlassung eines Gesetzes, zwar neu formuliert und an die Rechtsentwicklung angepasst wird, der Sache nach aber unverändert geblieben ist.

Ein solcher Fall liegt hier – entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes […] – vor: Schon nach dem Ärztegesetz 1949 konnte nämlich die Österreichische Ärztekammer den Wegfall einer für die ärztliche Berufsausübung notwendigen Voraussetzung bescheidmäßig feststellen (vgl. näher oben Pkt. I.2.2.). Einer Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs1 letzter Satz B‑VG bedurfte daher weder die geltende Fassung jener Bestimmungen des ÄrzteG 1998, die die in Rede stehende Zuständigkeit der Österreichischen Ärztekammer begründen, noch eine andere, seit der B‑VG-Novelle 1974 erlassene Bestimmung diesen Inhalts.

11. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass §59 Abs3 und §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998 nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

5. Der Verfassungsgerichtshof hat die Länder eingeladen eine Äußerung zu erstatten; davon haben Niederösterreich, Salzburg, die Steiermark, Tirol und Vorarlberg Gebrauch gemacht. In der Sache haben sie sich den Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes angeschlossen.

6. Die Partei des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof zu G177/2017 und jene des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zu G200/2017 haben als beteiligte Parteien jeweils eine Äußerung erstattet, in der sie sich den Bedenken der antragstellenden Gerichte anschließen.

IV. Zulässigkeit

Der Verfassungsgerichtshof hat über die in sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Anträge erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw. des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Gesetzesprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl. VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).

Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011; VfGH 14.3.2017, G311/2016). Das antragstellende Gericht hat all jene Normen anzufechten, die für das anfechtende Gericht präjudiziell sind und vor dem Hintergrund der Bedenken für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden Gerichtes teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014; VfGH 10.3.2015, G201/2014).

Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua.; vgl. auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua.). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua.).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua.).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl. zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

2. Die Österreichische Ärztekammer erachtet den Antrag als unzulässig, weil die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit im Falle der Aufhebung der §§59 Abs3 Z1 und Z2 sowie 117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998 nicht beseitigt werden könne und der beantragte Aufhebungsumfang insofern zu eng gefasst sei: Hinsichtlich der in den Anträgen monierten fehlenden Bindung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer an Weisungen des Landeshauptmannes sei der Sitz der vermeintlichen Verfassungswidrigkeit weder in §59 noch in §117c ÄrzteG 1998 zu sehen – vielmehr gehe es um die vermeintliche Verfassungswidrigkeit des §195f Abs1 ÄrzteG 1998.

Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, dass das ÄrzteG 1998 eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes nicht ausdrücklich ausschließe. §195f Abs1 ÄrzteG 1998 könne vielmehr verfassungskonform so interpretiert werden, dass eine unausgesprochene Zuständigkeit des Landeshauptmannes als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde bestehe, dem in Unterordnung unter den zuständigen Bundesminister eine Weisungsbefugnis gegenüber den Organen der Österreichischen Ärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich zukomme.

3. Die Anträge sind im Ergebnis unzulässig:

3.1. Die antragstellenden Gerichte behaupten die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Heranziehung des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer – also eines Organs der Selbstverwaltung im Vollzugsbereich des Bundes – zur Vollziehung der Aufgabe, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht bzw. nicht bestanden hat, und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen, in Unterordnung unter den Landeshauptmann in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung nur mit Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs1 B‑VG hätte erfolgen dürfen.

3.2. §195f Abs1 ÄrzteG 1998 sehe vor, dass die Österreichische Ärztekammer bei der Vollziehung der Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit (jetzt: Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) gebunden ist. Dies schließe – da eine verfassungskonforme Interpretation nicht möglich sei (vgl. auch VwGH 26.1.2017, Ra 2016/11/0173) – nach Ansicht der antragstellenden Gerichte allerdings eine Weisungszuständigkeit des Landeshauptmannes aus. Dies führe dazu, dass der Präsident der Österreichischen Ärztekammer in Unterordnung unter den Bundesminister tätig werde, weshalb eine Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG erforderlich sei.

3.3. Da diese Zustimmung weder gemäß Art102 Abs1 noch gemäß Abs4 B‑VG erfolgt sei,

ergeben sich nach Auffassung der antragstellenden Gerichte "Bedenken dahin, dass die von §59 Abs3 Z1, §117c Abs1 Z6 und §195f Abs1 ÄrzteG 1998 bewirkte einfachgesetzliche Rechtslage einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheiten der Vollziehung des ÄrzteG 1998 in mittelbarer Bundesverwaltung bewirkt".

4. Gerade im Lichte der vorgebrachten Bedenken ist es auszuschließen, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit der fehlenden Zustimmung der Länder zur Übertragung der Aufgabe an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, mit Bescheid festzustellen, dass die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht besteht bzw. nicht bestanden hat, und die Streichung aus der Ärzteliste zu veranlassen, ohne Einbeziehung der – auch für diese Aufgabe maßgeblichen – den Weisungs- und Organisationszusammenhang normierenden Bestimmung des §195f Abs1 ÄrzteG 1998 abschließend beurteilt werden kann. Die antragstellenden Gerichte hätten daher vor dem Hintergrund ihrer Bedenken – die tragend davon ausgehen, durch die Übertragung dieser Zuständigkeit an den Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer sei jedenfalls eine Angelegenheit, die in mittelbarer Bundesverwaltung vollzogen werden müsste, dieser ohne Zustimmung der Länder entzogen worden – auch §195f Abs1 ÄrzteG 1998 anzufechten gehabt, um den Verfassungsgerichtshof im Falle des Zutreffens der Bedenken in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden kann (vgl. VfGH 10.3.2015, G201/2014).

5. Die unter G177/2017, G200/2017 und G239/2017 jeweils gestellten Anträge, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in §59 Abs3 Z1 sowie die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 56/2015 und der unter G246/2017 gestellte Antrag, §59 Abs3 Z2 zur Gänze sowie die Wort- und Zeichenfolge "und 2" in §117c Abs1 Z6 ÄrzteG 1998 idF BGBl I 56/2015 als verfassungswidrig aufzuheben, erweisen sich daher als zu eng und sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

V. Ergebnis

1. Die Anträge waren daher insgesamt zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Der beteiligten Partei sind die für die abgegebene Äußerung begehrten Kosten nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines auf Antrag eines Gerichtes eingeleiteten Normenprüfungsverfahrens Sache des antragstellenden Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 19.019/2010 mwN).

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