VfGH A17/2016

VfGHA17/201627.6.2017

Zurückweisung einer Staatshaftungsklage wegen eines behaupteten unionsrechtswidrigen Verhaltens des Verwaltungsgerichtshofes durch eine Entscheidung betr die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung; keine Darlegung eines qualifizierten Verstoßes gegen Unionsrecht

Normen

B-VG Art137 / sonstige Klagen
Vlbg RaumplanungsG 1996 §16, §57

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2017:A17.2016

 

Spruch:

I. Die Klage wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger ist schuldig, dem Bund zuhanden der Finanzprokuratur die mit € 574,32 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Begründung

I. Klage, Sachverhalt und Vorverfahren

1. Gestützt auf Art137 B‑VG begehrt der Kläger, den Bund schuldig zu erkennen, den Betrag von € 5.000,– samt 4 % Zinsen seit dem 26. April 2016 sowie den Ersatz der Prozesskosten zuhanden seines Rechtsvertreters binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

2. Dieser Klage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Straferkenntnis vom 18. Juli 2013 legte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz dem Kläger, einem deutschen Staatsbürger, zur Last, er habe eine näher bezeichnete Wohnung zumindest in der Zeit vom 29. Dezember 2011 bis zum 30. Juli 2012, jedenfalls am 29. Dezember 2011 und am 10. Februar 2012, nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs, sondern während des Urlaubs und zu Erholungszwecken nur zeitweilig, sohin als Ferienwohnung genutzt, ohne dass eine entsprechende Flächenwidmung oder Bewilligung der Gemeinde für diese Nutzung vorgelegen sei. Damit habe der Kläger eine Verwaltungsübertretung nach §57 Abs1 lite iVm §16 Vbg. RPG, LGBl 39/1996, idF LGBl 28/2011, begangen, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Bludenz über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 5.000,– verhängte.

Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg – nach einem Zuständigkeitsübergang auf Grund der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform 2012 – mit Erkenntnis vom 21. Mai 2014 ab.

Die vom Kläger dagegen erhobene außerordentliche Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 2015, Ra 2014/06/0026, ab. In dieser Entscheidung erwog der Verwaltungsgerichtshof zunächst zu einer möglichen Verjährung der Strafe bzw. zur Qualifikation der Wohnung als Freizeitwohnsitz und führte daran anschließend im Hinblick auf die unionsrechtlichen Bedenken des Revisionswerbers Folgendes aus:

"Zunächst ist festzuhalten, dass Gegenstand des Verfahrens nicht die Festlegung besonderer Flächen, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen (§16 Abs1 erster Satz RPG), oder die Bewilligung solcher Flächen in Wohn-, Kern- und Mischgebieten (§16 Abs1 zweiter Satz RPG) ist. Es geht auch nicht um die Frage des Vorliegens besonders berücksichtigungswürdiger Umstände gemäß §16 Abs4 oder der besonderen Voraussetzungen des Abs4a RPG. Der Revisionswerber zeigt nicht auf, inwiefern er durch ein allfälliges unionsrechtswidriges Ermessen in §16 Abs1, 4 oder 4a RPG im gegenständlichen Fall der Bestrafung wegen einer flächenwidmungsplanwidrigen Nutzung eines Objektes diskriminiert werde. Er legt auch nicht dar, dass §16 RPG im Sinn der Judikatur des EuGH nicht legitimiert und verhältnismäßig sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, Zl. 2013/06/0078, ergangen zum Salzburger Raumordnungsgesetz 2009). Die Revision lässt weiter offen, auf Grund welcher Umstände die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 2011, Zl. 2009/06/0020, dass eine Unionsrechtswidrigkeit nur dann beachtlich sei, wenn eine Widmung gemäß §16 Abs4 RPG beantragt worden sei, 'leider das EU-Recht verkennt'. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich angesichts des teils nicht entscheidungsrelevanten, teils unbegründet gebliebenen Vorbringens nicht veranlasst, von seiner bisherigen Judikatur (insbesondere in den hg. Erkenntnissen vom 6. Oktober 2011, Zl. 2009/06/0020, und vom 12. Dezember 2013, Zl. 2013/06/0078, mwN) abzugehen.

 

Insoweit eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit geltend gemacht wird, wird auf Art65 Abs2 AEUV hingewiesen, wonach die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit den Verträgen vereinbar ist, nicht berührt wird. Es liegt auch im Sinn des Art65 Abs3 AEUV weder eine willkürliche Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs vor (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, Zl. 2013/06/0078). Gegenteiliges wird auch in der Revision nicht begründet. Der Revisionswerber konnte die gegenständliche Wohnung erwerben und ist berechtigt, diese in gleicher Weise wie österreichische Staatsangehörige zu nutzen.

 

Eine Verletzung der Niederlassungsfreiheit sowie der Kapitalverkehrsfreiheit ist für den Verwaltungsgerichtshof somit nicht zu erblicken (vgl. im Übrigen nochmals das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, Zl. 2013/06/0078, mit Hinweis auf zahlreiche zur europarechtlichen Zulässigkeit von Freizeitwohnsitzen und Ferienwohnungen beschränkenden raumordnungsrechtlichen Regelungen im Lichte der Judikatur des EuGH ergangenen hg. Erkenntnisse).

 

Die Vorlage einer unionsrechtlichen Rechtsfrage an den EuGH durch ein letztinstanzliches nationales Gericht gemäß Art267 Abs3 AEUV ist nur dann zwingend geboten, wenn sich im Verfahren vor dem Gericht eine Frage der Auslegung einer Handlung der Organe der Union stellt, deren Beantwortung für die Entscheidung in der Sache notwendig ist und kein 'acte clair' oder 'acte eclaire' vorliegt (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, Zl. 2013/06/0078); eine derartige Auslegungsfrage ist jedoch im vorliegenden Fall nicht ersichtlich."

3. In der vorliegenden Klage macht der Kläger – zusammengefasst – geltend, die Bestimmungen des §16 und §2 iVm §57 Vbg. RPG bewirkten eine unzulässige Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit, womit sie im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts keine Grundlage für die Bestrafung des Klägers hätten bieten können; gleichzeitig seien hiedurch Art7 EMRK sowie Art49 bzw. 50 GRC verletzt worden, weil eine Bestrafung stattgefunden habe, die auf keine wirksame Gesetzesbestimmung gestützt habe werden können. Die Unionsrechtswidrigkeit sei bereits daraus erkennbar, dass der Vorarlberger Landesgesetzgeber zur Vermeidung einer Vertragsverletzungsklage der Europäischen Kommission mit der Raumplanungsnovelle LGBl 22/2015 – in Kraft getreten am 12. Mai 2015 – die Möglichkeiten zur Erteilung einer Ferienwohnungsberechtigung gemäß §16 Vbg. RPG umfassend novelliert habe. Obwohl dies dem Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung vom 30. September 2015, Ra 2014/06/0026, bereits bekannt gewesen sei, habe dieser keine unionsrechtlichen Bedenken geben §16 Vbg. RPG in der Fassung vor der Novelle LGBl 22/2015 festgestellt und kein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art267 AEUV an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet. Der Verwaltungsgerichtshof habe hiebei die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union für die Zulässigkeit einer Beschränkung der Grundfreiheiten festgelegten Kriterien missachtet, indem er bloß eine Beschränkung des Erwerbs, nicht aber auch der Nutzung der Grundstücke geprüft habe. Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof unberücksichtigt gelassen, dass das Unionsrecht eine Ermessensentscheidung bzw. eine ermessensähnliche Entscheidung, wie sie sowohl in §16 Abs4 als auch in Abs4a Vbg. RPG – nach dem Wortlaut und der Unbestimmtheit zu schließen – enthalten sei, bei Beschränkungen der Grundfreiheiten nicht zulasse, und die genannten Bestimmungen Regelungen darstellten, welche faktisch nur Inländern zugute kämen. Hiedurch habe der Verwaltungsgerichtshof offenkundig und gehäuft das Recht der Europäischen Union verletzt und dem Kläger einen Vermögensschaden zugefügt. Entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sei für einen derartigen Verstoß nicht das Vorliegen einer den konkreten Fall betreffenden Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union erforderlich, welche der Verwaltungsgerichtshof offenkundig verletzt habe.

4. Die Finanzprokuratur erstattete eine Äußerung, in der sie dem Klagsvorbringen wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"Das Klagsvorbringen wird bestritten, soweit es nicht in der Folge ausdrücklich außer Streit gestellt wird.

 

Das Klagebegehren besteht dem Grunde nach nicht zu Recht.

 

Die Stellung des Klägers als Mit- und Wohnungseigentümer der Wohnungseigentumseinheit W 2 in EZ 722 GB 9011 Lech (258/1448 Anteile), weiters der je 10/1448 Anteilen, verbunden AE 8 und 9 wird mit der Maßnahme außer Streit gestellt, dass die Grundbuchsbezeichnung tatsächlich GB 90011 lautet.

 

Der Umstand, dass der Kläger deutscher Staatsbürger ist, wird nicht bestritten.

 

A. Zu den Ausführungen des Klägers hinsichtlich des für die Beschwerde relevanten Sachverhalts wird auf den nachstehenden allgemeinen Hintergrund hingewiesen:

 

Das Verfahren fußt auf der seinerzeitiger raumordnungsrechtlichen Regelung im Land Vorarlberg betreffend die Zulässigkeit von Ferienwohnungen ('Ferienwohnungen').

 

Maßgebliche Rechtsgrundlage war §16 Vorarlberger Raumplanungsgesetz ‑ RPG, LGBl Nr 39/1996, in der Fassung LGBl Nr 43/1999, der in seinem Abs1 erster Satz die Errichtung von Ferienwohnungen nur auf besonders für diesen Zweck gewidmeten Grundstücken vorsah.

 

Vom grundsätzlichen Verbot der Errichtung von Ferienwohnungen bzw. der Nutzung bestehender Wohnungen außerhalb der speziell gewidmeten Flächen für Freizeitzwecke sah das Vorarlberger Landesrecht ursprünglich folgende drei Ausnahmen vor:

 

 Gemäß §16 Abs1 zweiter bis vierter Satz RPG war die Errichtung auf Grund einer Bewilligung im Einzelfall zulässig. Die Bewilligung war von der Behörde zu erteilen, 'wenn dadurch die Errichtung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird'. Das Gesetz sah vor, dass die Erteilung der Bewilligung im Ermessen der Behörde lag.

 Gemäß §16 Abs4 RPG in der Fassung LGBl Nr 43/1999 konnte bei Vorliegen von besonders berücksichtigungswürdigen Umständen eine Ausnahmebewilligung für die Benützung bereits bestehender Wohnungen erwirkt werden. Die Erteilung der Bewilligung war (nur) zulässig, wenn dadurch die Erreichung der Ziele des §2 des RPG nicht gefährdet wurde, und konnte unter Bedingungen und Auflagen erfolgen. Diese Ausnahmeregelung sollte jenen speziellen Fällen gerecht werden, in denen eine Ferienwohnung nicht in der primären Intention, eine solche zu begründen, entsteht, sondern als Folge von besonders berücksichtigungswürdigen Umständen oder Entwicklungen in der Sphäre des Bewilligungswerbers, und dabei die mit den Ferienwohnungsregelungen verfolgten Ziele nicht gefährdet werden.

 Schließlich konnte die Benützung einer bestehenden Wohnung als Ferienwohnung auch gemäß §16 Abs4a RPG in der Fassung LGBl Nr 43/1999 im Einzelfall bewilligt werden. Voraussetzung der Bewilligung war insbesondere eine nachweisliche Nutzung durch mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfs, wobei die weitere Nutzung als Ferienwohnung nur durch den vormaligen Nutzer und seine Familienangehörigen oder aber seine Erben erfolgen durfte. Diese Regelung sollte jenen speziellen Fällen Rechnung tragen, in denen die Entstehung einer Ferienwohnung nicht primär beabsichtigt ist, sondern die Folge von besonderen Entwicklungen im familiären oder beruflichen Bereich ist.

 

Die unionsrechtlichen Bedenken der klagenden Partei gegen diese Rechtslage gingen insbesondere dahin, dass die Ermessensregelung (in Abs1 zweiter bis vierter Satz) ebenso wie die nicht exakte Determinierung in den Absätzen 4 und 4a vor allem eine Benachteiligung ausländischer Interessenten ermögliche.

 

Der Vertreter der klagenden Partei wandte sich (u.a. für die klagende Partei) mit dieser Argumentation in einem Beschwerdeschreiben an die Kommission der Europäischen Union. Diese nahm die Beschwerde zum Anlass, ein Mahnschreiben vom 27.09.2013, C(2013)6092 final, Vertragsverletzungsverfahren Nr 2013/4152, an die Republik Österreich zu richten, in der diese Bedenken vorgetragen wurden.

 

Die österreichische Bundesregierung antwortete auf das Mahnschreiben im Dezember 2013, BKA-VV.13/4152/0002-V/7/2013. Darin trat die Bundesregierung in Abstimmung mit dem Bundesland Vorarlberg den Bedenken detailliert entgegen. Insbesondere wurde im Hinblick auf die bei der Ermessensübung zu beachtenden Raumordnungsgrundsätze und die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zur Auslegung unbestimmter Gesetzesbegriffe, wie sie auch in der hier interessierenden Wendung 'aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen' enthalten sind, bestritten, dass die Regelung zu unbestimmt sei.

 

Ungeachtet dessen reagierte der Vorarlberger Landesgesetzgeber auf das Mahnschreiben mit einer deutlichen Verschärfung der Beschränkungen für Ferienwohnungen:

 

 Die Ausnahmen gemäß §16 Abs4 ROG sind nun nur mehr für bestimmte Erbfälle vorgesehen. Sie ermöglichen auch nur mehr die Nutzung als Ferienwohnung durch den begünstigten Erben und seine Familie.

 Darüber hinaus kann eine Bewilligung auch für Gastgewerbebetriebe unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden.

 Schließlich sieht §16 Abs4a RPG nunmehr eine Ausnahme für Wohnungen vor, die dem Wohnungseigentümer nachweislich mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs gedient hatten. Auch solche Wohnungen durften nur vom Eigentümer und seinen Familienangehörigen als Ferienwohnungen genutzt werden.

 

Die Kommission nahm daraufhin von einer weiteren Verfolgung des Vertragsverletzungsverfahrens Abstand und stellte das Verfahren ein.

 

B. Zum klagsgegenständlichen Sachverhalt ist, soweit er für das Verfahren gegen die hier beklagte Partei von rechtlicher Relevanz ist, auszuführen, dass Gegenstand des dem Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof zugrundeliegenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.09.2015, RA 2014/06/0026, nicht die Festlegung besonderer Flächen, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen (§16 Abs1 erster Satz RPG), oder die Bewilligung solcher Flächen in Wohn-, Kern- und Mischgebieten (§16 Abs1 zweiter bis vierter Satz RPG) war.

 

1. Es ging auch nicht um die Erteilung einer Ausnahmebewilligung bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände gemäß §16 Abs4 leg. cit. oder unter den besonderen Voraussetzungen des Abs4a leg. cit. Gegenstand des Verfahrens Ra 2014/06/0026 war vielmehr die Bestrafung wegen einer flächenwidmungsplanwidrigen Nutzung eines Objektes.

 

2. Wenn in der Klage vorgebracht wird, sämtliche Mit- und Wohnungseigentümer der EZ 722, GB Lech, hätten für das bestehende Gebäude 'einen Antrag auf Widmung als Ferienwohnung gemäß §16 Abs1 VBG RPG am 08.06.2006 eingebracht und auch einen Eventualantrag nach §16 Abs4 VBG RPG in der Fassung vor der Raumplanungsnovelle LGBl 22/2015', wird auf folgende Ausführungen in dem der Staatshaftungsklage zugrunde liegenden Erkenntnis Ra 2014/06/0026 des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen:

 

'Das verfahrensgegenständliche Objekt liegt unstrittig in einem Wohngebiet, in dem keine Festlegung oder Bewilligung für die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung gemäß §16 Abs1 oder 4 RPG vorliegt. Der Revisionswerber wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis, dass er keinen Antrag gemäß §16 Abs4 RPG auf Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung stellte. Ein solcher ist den Verfahrensunterlagen auch nicht zu entnehmen.'

 

Das Verwaltungsgericht Vorarlberg führte in seinem Erkenntnis vom 21.05.2014 (Seite 14, vorletzter Absatz) aus:

 

'Im Übrigen ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gar keinen Antrag auf eine individuelle Ausnahme von der Flächenwidmung gestellt hat.'

 

Gegenteiliges wurde in der Revision nicht vorgebracht. Der Verwaltungsgerichtshof musste somit in seinem Verfahren betreffend das Strafverfahren gemäß §41 Abs1 VwGG davon ausgehen, dass fallbezogen kein Antrag gemäß §16 Abs4 RPG auf Bewilligung der Wohnungsnutzung als Ferienwohnung gestellt wurde. Der Kläger war im Jahr 2006 weder Miteigentümer der EZ 722, GB Lech, noch Antragsteller des 'Umwidmungsantrags'.

 

3. Aus den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden lässt sich Folgendes entnehmen:

 

In einem 'Umwidmungsantrag' der Rechtsvorgängerin des Klägers vom 08.08.2006 wurde für drei im Bau befindliche Wohnungen (darunter die Wohnung W 2, die nunmehr im Eigentum des Klägers steht) auf EZ 722, GB 90011 Lech, die Bewilligung für die Nutzung auch für Zwecke der Ferienwohnungsnutzung beantragt (Beilage ./D).

 

Im Juni 2008 erwarb der Kläger die Wohnung W 2 (Beilage ./C). Die Wohnung darf laut Baubewilligung vom 08.04.2004, Zl. B-641/2004, ausschließlich als ständiger Wohnsitz verwendet werden; im Bescheid wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit einer späteren Bewilligung zur Nutzung als Ferienwohnung nicht gerechnet werden könne (Beilage ./F Seite 2, letzter Absatz und Seite 3, erster Absatz).

 

Der Gemeindevorstand der Gemeinde Lech versagte zunächst mit Bescheid vom 21.09.2012 u.a. dem Kläger eine Bewilligung gemäß §16 Abs4 RPG. Der diesbezügliche Antrag vom 10.07.2012 wurde mit der Klage nicht vorgelegt. Die Berufungskommission der Gemeinde Lech gab mit Bescheid vom 30.01.2013 der Berufung des Klägers keine Folge. Mit Bescheid vom 12.08.2013 (Beilage ./F) gab die Bezirkshauptmannschaft Bludenz als Vorstellungsbehörde der dagegen erhobenen Vorstellung des Klägers statt, hob den Bescheid der Berufungskommission der Gemeinde Lech vom 30.01.2013 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Der Verwaltungsgerichtshof wies die von der Gemeinde Lech gegen den Vorstellungsbescheid erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom 25.05.2016, 2013/06/0165, (Beilage ./G) als unbegründet ab.

 

Ob dieses Verfahren betreffend die Erteilung einer Bewilligung gemäß §16 Abs4 RPG noch anhängig ist, lässt die Klage offen.

 

Zum Zeitpunkt der Bestrafung (18.07.2013) lag jedenfalls keine Bewilligung zur Nutzung der Wohnung W 2 als Ferienwohnung durch den Kläger vor.

 

4. Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des §16 RPG und den verfahrensbezogenen Implikationen einer allfälligen Unionsrechtswidrigkeit:

 

4.1. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 20.09.2010, B63/09-14, betreffend den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Lech zu dem Ergebnis kam, auch bei gebotener Auslegung des RPG im Lichte der vom EuGH entwickelten Anforderungen an Beschränkungen von Ferienwohnungen (Hinweis auf EuGH, C‑515, C‑519/99 bis C‑524/99 und C‑526/99 bis C‑540/99, Reisch, Rz 34; EuGH, Konle, Rz 40) bestünden keine Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit des §16 Abs1 erster Satz RPG; die raumplanerische Vorgangsweise der Gemeinde Lech entspreche den verfassungsrechtlichen Anforderungen (Hinweis auf VfSlg 14.679/1996 und 17.976/2006); §16 Abs1 zweiter bis vierter Satz und Abs4 RPG seien im (damals) vorliegenden Strafverfahren nicht präjudiziell.

 

4.2. Wesentlich dafür, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in dem hier gegenständlichen Verfahren betreffend den Kläger nicht veranlasst sah, von seiner bisherigen Judikatur (insbesondere in den Erkenntnissen vom 06.10.2011, 2009/06/0020, und vom 12.12.013, 2013/06/0078, mwN) abzugehen und ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten, war, dass das Vorbringen in der Revision zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit der gegenständlichen Bestrafung teils nicht entscheidungsrelevant, teils unbegründet war. §16 Abs4 und 4a RPG waren ‑ wie oben dargelegt – fallbezogen nicht zu prüfen (siehe aber unten, Punkt 4.4.). Auch eine Ermessensübung im Sinn des §16 Abs1 zweiter bis vierter Satz RPG war nicht zu beurteilen, weshalb die Revisionsausführungen zu allenfalls unionsrechtswidrigen Ermessenstatbeständen in §16 Abs1 zweiter bis vierter Satz, Abs4 oder Abs4a RPG schon aus diesem Grund nicht zielführend sein konnten. Der Verwaltungsgerichtshof verkannte auch nicht ‑ wie der Kläger meint ‑, dass nationale Maßnahmen wie etwa Nutzungsbeschränkungen ebenfalls die Ausübung der Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können (siehe den Hinweis auf die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.12.2013, 2013/06/0078). Aus der Revision war jedoch nicht zu erkennen, inwiefern diese Nutzungsbeschränkungen für das gegenständliche Strafverfahren relevant sein könnten und weshalb sie ‑ entgegen den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss vom 20.09.2010, B63/09-14 nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig seien oder im Sinn des Art65 Abs3 AEUV eine willkürliche Diskriminierung oder eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs vorliege (vgl. nochmals das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12.12.2013, 2013/06/0078).

 

4.3. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union stellt nicht in Frage, dass die gesetzliche Beschränkung von Ferienwohnungen in vom Tourismus besonders betroffenen Gebieten Vorarlbergs geeignet ist, das Ziel zu erreichen, der dort ansässigen Bevölkerung Wohnraum zu für sie erschwinglichen Preisen zu erhalten (vgl. das Schreiben der Europäischen Kommission vom 18.01.2013 im Verfahren betreffend die Vertragsverletzung Nr 2013/4152, Beilagen. /S und ./T). Die Kommission hegte in diesem Vertragsverletzungsverfahren Zweifel lediglich dahin gehend, dass die Ausnahmetatbestände nicht ausreichend gesetzlich determiniert seien und der Behörde im Ergebnis freies Ermessen einräumten. Die von der Kommission angesprochenen (Ermessens-) Tatbestände lagen jedoch dem gegenständlichen Strafverfahren nicht zugrunde. Vielmehr basierte die Bestrafung auf einer Verwendung der Wohnung entgegen der im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung.

 

4.4. Darüber hinaus ist den vom Kläger geäußerten (und von der Kommission aufgegriffenen) Bedenken gegen §16 Abs4 und 4a RPG in der Sache entgegen zu halten, dass davon auszugehen ist, dass auch die hier maßgebliche, frühere Rechtslage nach dem Vbg RPG den Behörden ungeachtet der Verwendung sog. unbestimmter Gesetzesbegriffe kein undeterminiertes Ermessen bei der Anwendung der Ausnahmebestimmungen des §16 Abs4 und 4a RPG einräumte (vgl. Peter Bernard, Gebundenheit und Ermessen, in: Ermacora et alii [Hrsg.], Allgemeines Verwaltungsrecht, FS Antoniolli, 89).

 

Dazu ist insbesondere festzuhalten, dass sich eine ausdrückliche Bezugnahme auf ein behördliches Ermessen nur in §16 Abs1 dritter Satz RPG fand. Der Kläger hätte sich sachverhaltsbezogen insbesondere auf §16 Abs4 RPG stützen können (Abs4a kommt fallbezogen mangels früherer Nutzung als Hauptwohnsitz durch den Kläger von Haus aus nicht in Betracht). Die Kontrolldichte bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen wie sie gemäß §16 Abs4 RPG zu treffen waren kann aber durchaus als dem europäischen Standard und damit auch den unionsrechtlichen Anforderungen entsprechend qualifiziert werden. Von einem 'freien Ermessen' im Sinne einer weitgehenden Unüberprüfbarkeit durch die Verwaltungsgerichte kann insofern keine Rede sein (vgl. etwa die kritischen Stimmen im Schrifttum zur Ermessenskontrolle durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit allgemein, wie etwa Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in Holoubek/Lang (Hrsg), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2013, 127 [134 ff], oder die Kritik an der von manchen Autoren als zu streng empfundenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Nachprüfung von Abwägungsentscheidungen bei Harald Eberhard/Erich Pürgy/Christian Ranacher, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2015, 70-64).

 

4.5. Die im zitierten Vertragsverletzungsverfahren Nr 2013/4152 artikulierten Bedenken der Europäischen Kommission können den Kläger im gegenständlichen Verfahren somit jedenfalls (auch wenn man die Bedenken gegen §16 Abs4 und 4a RPG nicht bereits aus den unter Punkt 4.3. genannten Gründen im vorliegenden Fall von vornherein für unbeachtlich hält) nicht zum Erfolg führen.

 

C. Aber auch die Ausführungen der klagenden Partei zur Judikatur des Verfassungsgerichtshofs in Staatshaftungsfragen sind missverständlich bzw. unrichtig.

 

So führt der Verfassungsgerichtshof in der von der klagenden Partei zitierten Entscheidung A3/2015 unmissverständlich aus, dass eine auf den Titel der Staatshaftung gestützte Klage nur unter der Voraussetzung zulässig ist, dass ein Verstoß gegen das Unionsrecht geltend gemacht wird, der im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union offenkundig und somit hinreichend qualifiziert ist. Wie der Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache Köbler festhält, liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht durch ein nationales letztinstanzliches Gericht unter Berücksichtigung der Besonderheit der richterlichen Funktion und der berechtigten Belange der Rechtssicherheit insbesondere dann vor, wenn gegen eine klare und präzise Vorschrift verstoßen oder eine einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union offenkundig verkannt wird. Ein Kläger im Staatshaftungsverfahren hat daher begründet darzulegen, dass eine dieser Voraussetzungen erfüllt ist. Der behauptete Verstoß muss also der Art nach möglich sein. Lässt eine Klage dies jedoch vermissen oder [werden] lediglich Auslegungsfragen aufgeworfen, so wird dadurch dieser Anforderung nicht Genüge getan. Eine solche Klage ist unzulässig. Eine allfällige Verletzung der Vorlagepflicht führt für sich genommen noch nicht notwendigerweise zur Bejahung eines Staatshaftungsanspruchs, sondern ist bei der Entscheidung über einen behaupteten Staatshaftungsanspruch zu berücksichtigen. Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem Staatshaftungsverfahren ähnlich einem Rechtsmittelgericht die Richtigkeit der Entscheidung anderer Höchstgerichte zu prüfen. Der Verfassungsgerichtshof ist nur zur Beurteilung berufen, ob ein qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union vorliegt.

 

Die Ausführungen, der Verfassungsgerichtshof würde in seiner Judikatur den Rechtssatz aufstellen, dass eine Verletzung von EU-Recht, welche eine Staatshaftung wegen judiziellen Unrechts begründet, nur möglich sei, wenn ein EuGH-Erkenntnis vorliege, welches offensichtlich verletzt worden sei, ist im Hinblick auf die oben angeführten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes schlicht unrichtig.

 

Wie bereits oben dargelegt, war der alleinige Gegenstand des hier alleine als staatshaftungsbegründend angesehenen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof die Bestrafung wegen einer flächenwidmungsplanwidrigen Nutzung eines Objekts. Aus Sicht der beklagten Partei hat der Verwaltungsgerichtshof daher weder gegen eine klare und präzise unionsrechtliche Vorschrift verstoßen, noch eine einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union offenkundig verkannt und liegt kein Verstoß gegen Unionsrecht vor, zumal kein solcher, der so offenkundig wäre, dass im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union eine Staatshaftung und im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die Zulässigkeit eines Verfahrens nach Art137 B‑VG begründet würde.

 

Die beklagte Partei beantragt sohin die kostenpflichtige Klagszurück‑ in eventu ‑abweisung."

5. Der Kläger erstattete einen weiteren Schriftsatz, in dem er sein ursprüngliches Klagsvorbringen noch einmal zusammengefasst darlegt.

II. Rechtslage

1. §16 Vbg. Raumplanungsgesetz ("Vbg. RPG"), LGBl 39/1996, lautet in der Fassung LGBl 33/2005:

"§16

Ferienwohnungen

 

(1) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Auf anderen als solchen Flächen kann in Wohn-, Kern- und Mischgebieten die Errichtung von Ferienwohnungen durch die Gemeindevertretung bewilligt werden, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Die Bewilligung der Gemeindevertretung bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Bewilligung rechtswidrig ist.

 

(2) Als Ferienwohnung gelten Wohnungen oder Wohnräume, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Nicht als Ferienwohnung gelten Wohnungen und Wohnräume, die Zwecken der gewerblichen Beherbergung von Gästen oder der Privatzimmervermietung dienen. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den üblichen gastgewerblichen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer gewerblichen Beherbergung jedenfalls aus.

 

(3) Die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung ist ‑ abgesehen von der Ausnahme nach Abs4 ‑ nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs1 erfüllt sind. In Gebäuden auf Flächen, auf denen nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen, darf ein ständiger Wohnsitz nicht begründet und aufrechterhalten werden.

 

(4) Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände kann die Gemeinde auf Antrag die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Ein Zubau an Wohnungen und Wohnräumen, die zu Ferienzwecken benützt werden, ist ohne Widmung nach Abs1 nicht zulässig.

 

(4a) Wohnungen und Wohnräume, die dem Wohnungseigentümer nachweislich mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs gedient haben, dürfen von diesem und seinen Familienangehörigen als Ferienwohnungen benutzt werden. Dieses Recht geht ‑ ungeachtet der Dauer der ganzjährigen Nutzung durch den Erblasser ‑ auf die Rechtsnachfolger von Todes wegen, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, über. Wer sich auf eine solche Berechtigung beruft, hat auf Verlangen der Gemeinde nachzuweisen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Gemeinde kann durch Bescheid feststellen, ob für diese Person die Berechtigung zur Nutzung als Ferienwohnung gegeben ist. Abs4 letzter Satz gilt sinngemäß.

 

(5) Die Landesregierung kann von Amts wegen oder auf Antrag der Gemeinde durch Verordnung bestimmen, dass die Bestimmungen der Abs3 und 4 auf das Gebiet oder Teile des Gebiets einer Gemeinde nicht anzuwenden sind. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird.

 

(6) Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung bestimmen, dass die Bestimmungen des Abs4 auf das Gebiet der Gemeinde nicht anzuwenden sind."

2. §16 Vbg. Raumplanungsgesetz ("Vbg. RPG"), LGBl 39/1996, lautet in der Fassung LGBl 22/2015:

"§16

Ferienwohnungen

 

(1) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können mit Widmung besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen.

 

(2) Als Ferienwohnung gelten Wohnungen oder Wohnräume, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Nicht als Ferienwohnung gelten Wohnungen und Wohnräume, die Zwecken der gewerblichen Beherbergung von Gästen oder der Privatzimmervermietung dienen, wenn tagsüber die ständige Anwesenheit einer Ansprechperson gewährleistet ist. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den üblichen gastgewerblichen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer gewerblichen Beherbergung jedenfalls aus.

 

(3) Die Errichtung bzw. die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung ist – abgesehen von der Ausnahme nach Abs4 – nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs1 erfüllt sind. In Gebäuden auf Flächen, auf denen nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen, darf ein ständiger Wohnsitz nicht begründet und aufrechterhalten werden.

 

(4) Die Gemeindevertretung kann in folgenden Fällen die Nutzung – im Falle der litc auch die Errichtung – von Wohnungen oder Wohnräumen, die nach den raumplanungsrechtlichen Vorschriften für Wohnzwecke genutzt werden dürfen, als Ferienwohnung mit Bescheid bewilligen; im Falle eines Wohnteils eines Maisäß-, Vorsäß- oder Alpgebäudes darf nur eine Bewilligung nach litd erteilt werden:

a) auf Antrag des Eigentümers der betreffenden Wohnung oder des betreffenden Wohnraums, wenn er zum Kreis der gesetzlichen Erben des vormaligen, bereits verstorbenen Eigentümers gehört und die Wohnung oder der Wohnraum ihm oder anderen Personen nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dient; eine solche Bewilligung berechtigt nur den Bewilligungsinhaber und seine nahen Angehörigen (Abs7), die betreffende Wohnung oder den betreffenden Wohnraum als Ferienwohnung zu nutzen;

b) auf Antrag des Eigentümers der betreffenden Wohnung oder des betreffenden Wohnraums, wenn er zum Kreis der gesetzlichen Erben des vormaligen Eigentümers gehört und ihm aufgrund geänderter Lebensumstände, insbesondere aufgrund beruflicher oder familiärer Veränderungen, eine Verwendung zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs nicht möglich oder zumutbar ist, die Wohnung oder der Wohnraum anderen Personen nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dient und der Antragsteller im Hinblick auf besondere persönliche, insbesondere familiäre Verhältnisse ein Interesse an der Nutzung der Wohnung oder des Wohnraums als Ferienwohnung hat; lita letzter Teilsatz gilt sinngemäß;

c) auf Antrag des Eigentümers eines gastgewerblichen Beherbergungsbetriebes, wenn die Nutzung als Ferienwohnung zur Errichtung oder Aufrechterhaltung des Beherbergungsbetriebes aus wirtschaftlichen Gründen notwendig ist, die Geschossflächen der betroffenen Ferienwohnungen im Verhältnis zu den Geschossflächen der der gewerblichen Beherbergung dienenden Gebäude oder Gebäudeteile 10 % nicht übersteigen, die betroffenen Ferienwohnungen in einem räumlichen Naheverhältnis zum Beherbergungsbetrieb stehen und mit diesem in organisatorischer oder funktionaler Hinsicht eine Einheit bilden; oder

d) auf Antrag des Eigentümers des betreffenden Wohnteils eines Maisäß-, Vorsäß- oder Alpgebäudes, wenn das Gebäude in einem mit Verordnung der Gemeindevertretung ausgewiesenen Maisäß-, Vorsäß- oder Alpgebiet liegt und der Eigentümer nachweist, dass die ortsübliche landwirtschaftliche Bewirtschaftung der ihm gehörenden landwirtschaftlichen Flächen in diesem Gebiet rechtlich und tatsächlich gesichert ist und die darauf befindlichen Wirtschaftsgebäude tatsächlich erhalten werden. Eine solche Verordnung der Gemeindevertretung darf nur Flächen erfassen, die als Maisäß, Vorsäß oder Alpe genutzt werden oder früher genutzt wurden und aufgrund ihrer Charakteristik als Kulturlandschaft erhaltenswert sind; die Verordnung der Gemeindevertretung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung; die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Verordnung rechtswidrig ist.

 

(5) Der Antrag nach Abs4 hat die zur Beurteilung des Vorliegens der jeweiligen Bewilligungsvoraussetzungen erforderlichen Angaben zu enthalten. Die Richtigkeit dieser Angaben ist durch geeignete Unterlagen nachzuweisen oder, soweit dies nicht möglich ist, anderweitig glaubhaft zu machen. Die Bewilligung kann erforderlichenfalls befristet, mit Auflagen oder unter Bedingungen erteilt werden. Die Bewilligung kann mit Bescheid widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen ihrer Erteilung nicht oder nicht mehr vorliegen.

 

(6) Wer sich auf eine Ausnahme nach Abs2 zweiter Satz beruft, hat dem Bürgermeister auf Verlangen geeignete Nachweise zu erbringen oder, soweit dies nicht möglich ist, anderweitig glaubhaft zu machen, dass die Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Diese Verpflichtung gilt sinngemäß für den Inhaber einer Bewilligung nach Abs4 im Hinblick auf die Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen.

 

(7) Nahe Angehörige sind der Ehegatte, der eingetragene Partner und Personen, die mit dem Bewilligungsinhaber in gerader Linie verwandt sind, ferner Geschwister, Stief-, Wahl-, Pflege- und Schwiegereltern, Stief-, Wahl-, Pflege- und Schwiegerkinder, Nichten und Neffen, sowie die Person, mit der der Bewilligungsinhaber in Lebensgemeinschaft lebt sowie deren Kinder.

 

(8) Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung den Prozentsatz nach Abs4 litc verringern, wenn dies zur Erreichung der Raumplanungsziele nach §2 erforderlich ist, oder erhöhen, wenn dies zur Sicherstellung eines gastgewerblichen Mindestangebotes in der Gemeinde erforderlich ist und dadurch die Erreichung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird.

 

(9) Die Landesregierung kann von Amts wegen oder auf Antrag der Gemeinde durch Verordnung bestimmen, dass die Bestimmungen der Abs3 und 4 lita bis c auf das Gebiet oder Teile des Gebiets einer Gemeinde nicht anzuwenden sind. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird."

III. Zur Zulässigkeit

Gemäß Art137 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

Die Klagebehauptungen vermögen eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes für die Geltendmachung eines unionsrechtlich begründeten Staatshaftungsanspruches, abgeleitet aus einem rechtswidrigen Verhalten des Verwaltungsgerichtshofes, nicht zu begründen:

1. Voraussetzung einer Staatshaftung ist es, dass es durch das Verhalten von Organen eines Mitgliedstaats zur Verletzung einer unionsrechtlichen Rechtsvorschrift gekommen ist, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und dass ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und dem Schaden besteht, der dem Einzelnen entstanden ist (vgl. EuGH 5.3.1996, Rs. C‑46/93 und C‑48/93, Brasserie du Pêcheur SA, Slg. 1996, I‑1029 [Rz 51]; 23.5.1996, Rs. C‑5/94, Hedley Lomas, Slg. 1996, I‑2553 [Rz 32]; 30.9.2003, Rs. C‑224/01, Köbler, Slg. 2003, I‑10239[Rz 51]). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union besteht dabei aber keine reine Unrechtshaftung; vielmehr ist ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann haftungsbegründend, wenn er "hinreichend qualifiziert" ist (EuGH 5.3.1996, Rs. C‑46/93 und C‑48/93, Brasserie du Pêcheur SA, Slg. 1996, I‑1029 [Rz 55]; 8.10.1996, Rs. C‑178/94 ua., Dillenkofer, Slg. 1996, I‑4845 [Rz 21 ff.]; 17.10.1996, Rs. C‑283/94 ua., Denkavit, Slg. 1996, I‑5063 [Rz 48 ff.]; VfSlg 19.361/2011, 19.428/2011).

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht durch ein nationales letztinstanzliches Gericht unter Berücksichtigung der Besonderheit der richterlichen Funktion und der berechtigten Belange der Rechtssicherheit insbesondere dann vor, wenn gegen eine klare und präzise Vorschrift verstoßen oder eine einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union offenkundig verkannt wird. Eine allfällige Verletzung der Vorlagepflicht führt für sich genommen nicht notwendigerweise zur Bejahung eines Staatshaftungsanspruches, sondern ist bei der Entscheidung über einen behaupteten Staatshaftungsanspruch mitzuberücksichtigen (EuGH 30.9.2003, Rs. C‑224/01, Köbler, Slg. 2003, I‑10239 [Rz 51 ff.]; VfSlg 18.448/2008).

Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, in einem Staatshaftungsverfahren wie dem hier vorliegenden – ähnlich einem Rechtsmittelgericht – die Richtigkeit der Entscheidungen anderer Höchstgerichte zu prüfen (VfSlg 19.361/2011; VfGH 5.12.2016, A8/2016).

2. Das vom Kläger angeführte Vertragsverletzungsverfahren, die anlässlich dieses Vertragsverletzungsverfahrens erfolgte Novellierung des §16 Vbg. RPG und die Unterlassung eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art267 AEUV durch den Verwaltungsgerichtshof zeigen keine qualifizierte Verletzung des Unionsrechts auf. Bei Stellungnahmen von Organen der Europäischen Union und der Unterlassung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art267 AEUV handelt es sich nämlich nur um bei der Prüfung eines qualifizierten Verstoßes gegen Unionsrecht gegebenenfalls mitzuberücksichtigende – keinesfalls aber für sich allein genommen ausschlaggebende – Kriterien (EuGH 30.9.2003, Rs. C‑224/01, Köbler, Slg. 2003, I‑10239 [Rz 55]).

3. Im Übrigen setzt sich der Verwaltungsgerichtshof in der vom Kläger als haftungsbegründend angesehenen Entscheidung eingängig mit den vom Kläger vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken auseinander, wobei er zu dem Ergebnis kommt, dass diese für das betreffende Verfahren nicht relevant waren bzw. vom Kläger nicht hinreichend substantiiert vorgetragen wurden. Hierbei konnte der Verwaltungsgerichtshof auf eine – dieselbe Liegenschaft und beinahe dasselbe Vorbringen betreffende – Entscheidung zurückgreifen, in welcher er sich bereits ausführlich mit dem Vorbringen zur Unionsrechtskonformität der relevanten Bestimmungen auseinandergesetzt hatte und dabei keine unionsrechtlichen Bedenken erkennen konnte (VwGH 6.10.2011, 2009/06/0020; ferner verwies der Verwaltungsgerichtshof auf das Erkenntnis vom 12. Dezember 2013, 2013/06/0078).

IV. Ergebnis

1. Die Klage ist daher zurückzuweisen.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

3. Der obsiegenden beklagten Partei sind die verzeichneten Kosten gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 Abs2 ZPO zuzusprechen.

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