Normen
61999CJ0515 Reisch VORAB;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs1;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs15 idF 1993/027;
RPG Vlbg 1996 §16;
RPG Vlbg 1996 §2;
61999CJ0515 Reisch VORAB;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs1;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs15 idF 1993/027;
RPG Vlbg 1996 §16;
RPG Vlbg 1996 §2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Entscheidung über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens 1. Instanz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe an die Bezirkshauptmannschaft B vom 4. Juli 2007 suchte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer um Umwidmung der Liegenschaft EZ. 722, GB L, in "Ferienwohnungen" an. Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer der genannten Liegenschaft. Diese Widmung sei angezeigt, da alle umliegenden Grundstücke in O praktisch ausschließlich eine Ferienwohnungswidmung aufwiesen und auch in der jüngsten Zeit noch derartige Umwidmungen erfolgt seien. Die Verweigerung der Umwidmung durch die Gemeinde L würde gegen den Gleichheitsgrundsatz und die Grundfreiheiten der Europäischen Union verstoßen. Darüber hinaus zeigte der Beschwerdeführer an, dass er seine Wohnungseigentumseinheit auf dieser Liegenschaft "vorläufig" entgegen seinem ursprünglichen Vorhaben nicht als Hauptwohnsitz verwende.
Mit Erledigung vom 20. August 2007 äußerte sich der Bürgermeister der Gemeinde L gegenüber der Bezirkshauptmannschaft B zum Umwidmungsvorbringen ablehnend und begründete dies mit den raumplanerischen Entwicklungszielen der Gemeinde L.
Die Bezirkshauptmannschaft B gab mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. Oktober 2007 dem Beschwerdeführer bekannt, dass ihm folgende Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt werden:
1. Er habe es als Eigentümer der Wohnung W 1 in der Wohnanlage auf Gst.-Nr. 167/17, GB L in O, die auf Grund des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde L vom 28. April 2004 über einen Baukonsens zur Verwendung für einen ganzjährig gegebenen Wohnbedarf verfüge, zu verantworten, dass diese Wohnung im Frühjahr und Sommer 2007, jedenfalls am 4. Juli 2007, ohne die dafür erforderliche Baubewilligung für eine wesentliche Verwendungsänderung als Ferienwohnung genutzt worden sei. 2. Er habe es weiters zu verantworten, dass diese Wohnung zur genannten Zeit entgegen den Bestimmungen des § 16 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (RPG) als Ferienwohnung genutzt worden sei, weshalb die Nutzung nicht zur Deckung des ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes erfolgt sei.
In einer Stellungnahme vom 31. Oktober 2007 bestritt der Beschwerdeführer nicht die nicht erfolgte ganzjährige Nutzung der gegenständlichen Wohnung, sondern brachte vor, diese als Zweitwohnsitz zur Abdeckung seines Wohnbedarfes, aber auch zum Arbeiten und nicht bloß zu Erholungszwecken verwendet zu haben. Aus dem Baubescheid der Gemeinde L vom 28. April 2004 ergebe sich weder aus dem Spruch noch aus einer Auflage, dass ausschließlich ein Hauptwohnsitz bewilligt worden wäre. Eine Bestrafung nach § 16 RPG würde voraussetzen, dass er die Wohnung als Ferienwohnung, also ausschließlich gemäß der gesetzlichen Definition zu Ferienwohnzwecken, verwendet hätte. Außerdem würde eine Bestrafung voraussetzen, dass ihm die Widmung des gegenständlichen Grundstückes entgegen der Kapitalverkehrsfreiheit und dem allgemeinen Diskriminierungsverbot sowie den sonstigen Grundsätzen des EU-Rechts rechtswidrig verweigert worden wäre. Nur dann wäre aber eine Bestrafung nach § 16 RPG möglich, nicht aber auch dann, wenn das gegenständliche Grundstück rechtswidrig keine Widmung aufweise, welche auch die Ferienwohnungsnutzung erlaube, weil diese dem Beschwerdeführer in diskriminierender Weise verweigert worden sei.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 14. März 2008 wurde der Beschwerdeführer der oben genannten Verwaltungsübertretungen gemäß 1. § 55 Abs. 1 lit. a iVm § 18 Abs. 1 lit. b Vorarlberger Baugesetz (Vlbg. BauG) und 2. § 57 Abs. 1 lit. e iVm § 16 RPG für schuldig erkannt und es wurden über ihn 1. gemäß § 55 Abs. 2 Vlbg. BauG eine Geldstrafe von EUR 1.500,-
-, im Nichteinbringungsfall 35 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, und
2. gemäß § 57 Abs. 2 lit. b RPG eine Geldstrafe von EUR 4.000,--, im Nichteinbringungsfall 40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt, ferner wurde ihm ein Beitrag zu den Strafverfahrenskosten von EUR 550,-- vorgeschrieben.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in der der Beschwerdeführer außer Streit stellte, die gegenständliche Wohnung im Tatzeitraum als Ferienwohnung genutzt zu haben, der Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG hinsichtlich Spruchpunkt 1. Folge, hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich ein. Der Berufung gegen Spruchpunkt 2. gab die belangte Behörde keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe einer geringfügigen Änderung des Spruches. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG von 20 % der verhängten Strafe, somit von EUR 800,--, vorgeschrieben. Dabei wurde im Spruch ausdrücklich angeordnet, dass dieser Betrag zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten ist.
In der Begründung hielt die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer die gegenständliche Wohnung nicht zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes, sondern während des Urlaubes und zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt habe. Das Objekt befinde sich nach dem Flächenwidmungsplan in einem Wohngebiet, in dem die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung nicht zulässig sei. Es liege auch keine Bewilligung der Gemeinde zur Nutzung dieser Wohnung als Ferienwohnung vor.
Zu dem (hier noch verfahrensgegenständlichen) Spruchpunkt 2. führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, sie verkenne nicht, dass der EuGH in seinen Entscheidungen zu Grundverkehrsgesetzen festgehalten habe, dass sich Bestimmungen, die die Errichtung von Zweitwohnungen aus raumplanerischen Erfordernissen in bestimmten Gebieten untersagten, im Rahmen der Vorschriften des EG-Vertrages über den freien Kapitalverkehr halten müssten. Die Ausübung des Rechts, im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates Immobilien zu erwerben, zu nutzen und darüber zu verfügen, das, wie sich aus Art. 44 Abs. 2 lit. e EG ergebe, die notwendige Ergänzung der Niederlassungsfreiheit darstelle, "führe zu Kapitalverkehr" (gemeint offenbar "einem freien Kapitalverkehr"), welcher durch die in den Grundverkehrsgesetzen enthaltenen Maßnahmen eingeschränkt werde. Der EuGH sehe eine solche Beschränkung jedoch als zulässig an, wenn die nationalen Vorschriften in nicht diskriminierender Weise ein im allgemeinen Interesse liegendes Ziel verfolgten und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachteten.
Hinsichtlich der ersten Voraussetzung seien Beschränkungen der Errichtung von Zweitwohnungen in einem bestimmten geographischen Gebiet, die ein Mitgliedstaat in Verfolgung raumplanerischer Ziele zur Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung und einer vom Tourismus unabhängigen Wirtschaftstätigkeit verfüge, als Beitrag zu einem im allgemeinen Interesse liegenden Ziel anzusehen. Die durch die Novellierung der Bestimmungen über Ferienwohnungen durch LGBl. Nr. 27/1993 festgelegten gemeinde- und landesentwicklungspolitischen Zielsetzungen (nämlich die Erhaltung der derzeitigen Fremdenverkehrsstruktur, die Hintanhaltung infrastruktureller Probleme und insbesondere der Umstand, dass durch Ferienwohnungsgebietswidmungen Bauflächen für Dauerwohnsitze verloren gehen), würden im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgen, weshalb sie mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Einklang stünden.
In Bezug auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht erkennbar, wie sich das gleiche Ergebnis mit anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen erreichen ließe, weshalb aus Sicht der belangten Behörde die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Kapitalverkehrsfreiheit europarechtlich unbedenklich seien.
Entgegen den Ausführungen in der Berufung ergebe sich aus einem Rundschreiben an die Gemeindebürger vom 21. Februar 2007 nicht, dass es im Bereich O keinen Bedarf an Grundstücken für ständige Wohnsitze der Bevölkerung gebe. Allein der Umstand, dass sich für ein gewisses zum Verkauf gestandenes Grundstück kein einheimischer Käufer habe finden lassen, lasse diesen Schluss jedenfalls nicht zu. Gerade dem Schreiben sei zu entnehmen, dass ein Kaufanbot aus der Gemeinde L eingelangt sei, der Käufer jedoch das Grundstück zu dem von der Gemeinde geforderten Preis nicht habe kaufen können oder wollen.
Die gegenständliche Liegenschaft befinde sich in einem Gebiet, welches als Bauwohngebiet gewidmet sei. Dieses Gebiet grenze an ein Gebiet mit einer Widmung Freifläche Landwirtschaftsgebiet an. Alle umliegenden Grundstücke seien, sofern sie nicht als Freifläche Landwirtschaftsgebiet gewidmet seien, als Bauwohngebiet gewidmet. Lediglich ein angrenzendes Grundstück, nämlich das Grundstück Nr. 167/18, KG L, habe zusätzlich eine Widmung für eine besondere Fläche für Ferienwohnungen. Eine "Inselwidmung" des Grundstückes des Beschwerdeführers bestehe somit nicht. Alle anderen vom Beschwerdeführer genannten Grundstücke, auf welchen nach dem Flächenwidmungsplan ebenfalls die Errichtung von Ferienwohnungen zulässig sei, lägen in einiger Entfernung vom Grundstück des Beschwerdeführers.
Dass zum einen von der Gemeinde bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände eine Bewilligung zur Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung erteilt werden könne und zum anderen Wohnungen, welche mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnungsbedarfes gedient hätten, in Zukunft als Ferienwohnung dienen dürften, sei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sachlich gerechtfertigt (Erkenntnis vom 14. Juni 1997, G 82/96). Der Verfassungsgerichtshof gelange im genannten Erkenntnis weiters zum Ergebnis, dass die Bestimmung, nach der von der Gemeinde bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände eine Bewilligung zur Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung erteilt werden könne, hinreichend determiniert sei. Entgegen dem Berufungsvorbringen könne folglich nicht davon ausgegangen werden, dass nach dieser Bestimmung ein willkürliches Vorgehen der Gemeinde möglich wäre.
Für das Verwaltungsstrafverfahren sei entscheidend, dass eine Bewilligung zur Nutzung der Wohnung als Ferienwohnung gemäß § 16 Abs. 4 RPG nicht vorliege. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Berufungsvorbringen lasse sich erschließen, dass ein Antrag darauf vom Beschwerdeführer gestellt worden wäre. Es sei lediglich eine Umwidmung beantragt und von der Gemeinde abgelehnt worden. Auch eine vermutete Verfassungswidrigkeit bzw. EU-Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Bestimmungen wären jedoch in einem derartigen Bewilligungsverfahren geltend zu machen. Da zwischen dem Ausgangsverfahren (Verwaltungsstrafverfahren) und der vom Beschwerdeführer angesprochenen Vorlagefrage (Erteilung einer Bewilligung) kein Zusammenhang bestehe, weil die Erteilung der Bewilligung nicht versagt worden sei und die Frage rein hypothetischen Charakter hätte, sei auch ein Vorabentscheidungsersuchen unzulässig. Eine Diskriminierung des Beschwerdeführers sei nicht erkennbar, da die gegenständlichen Regelungen nicht an die Staatsbürgerschaft anknüpften.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 20. September 2010, B 63/09, ablehnte. Der Verfassungsgerichtshof sah begründend - auch unter gebotener Auslegung des RPG im Lichte der vom EuGH entwickelten Anforderungen an Beschränkungen von Zweitwohnsitzen - keine Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der bestehenden, nicht auf "besondere Fläche" lautenden Widmung des gegenständlichen Grundstückes. Der beträchtliche Anteil der Ferienwohnungen an der Gesamtzahl der Wohnungen in L lasse den von der Gemeinde L im Zuge der örtlichen Raumplanung vorgenommenen Ausschluss von solchen Festlegungen im Flächenwidmungsplan als - nicht unverhältnismäßige - "Verfolgung raumplanerischer Ziele zur Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung" erscheinen (Verweis auf EuGH, Reisch, Rz 34; EuGH, Konle, Rz 40). Die raumplanerische Vorgangsweise der Gemeinde L entspreche auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen, zumal der Ausschluss von Freizeitwohnsitzwidmungen in der Gemeinde L unter Rücksichtnahme auf die regionalen Erfordernisse (nämlich bei einer vorgefundenen beträchtlichen Freizeitwohnsitzquote) erfolge.
Parallel dazu hat der Beschwerdeführer auch eine (nur gegen den die erstinstanzlich verhängte Strafe bestätigenden Spruchpunkt 2. gerichtete) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Weiters legte der Beschwerdeführer eine Ergänzung seines Beschwerdevorbringens vor.
Die belangte Behörde hat nach Abschluss des Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof die Verwaltungsakten vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im § 2 Vorarlberger Raumordnungsgesetz - RPG, LGBl. Nr. 39/1996, sind die Raumplanungsziele wie folgt aufgezählt:
"(1) Die Raumplanung hat eine dem allgemeinen Besten dienende Gesamtgestaltung des Landesgebiets anzustreben.
(2) Ziele der Raumplanung sind
a) die nachhaltige Sicherung der räumlichen Existenzgrundlagen der Menschen, besonders für Wohnen und Arbeiten,
- b) die Erhaltung der Vielfalt von Natur und Landschaft,
- c) der bestmögliche Ausgleich der sonstigen Anforderungen an das Gebiet.
(3) Bei der Planung sind insbesondere folgende weitere Ziele zu beachten:
a) Mit Grund und Boden ist haushälterisch umzugehen, insbesondere sind Bauflächen bodensparend zu nutzen.
b) Die verschiedenen Möglichkeiten der Raumnutzung sind möglichst lange offenzuhalten.
c) Die natürlichen und naturnahen Landschaftsteile sowie die Trinkwasserreserven sollen erhalten bleiben.
d) Die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen dürfen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
e) Die äußeren Siedlungsränder sollen nicht weiter ausgedehnt werden.
f) Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen sind einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden.
g) Räumlichen Strukturen, die zu unnötigen motorisierten Individualverkehr führen, ist entgegenzuwirken.
h) Für Einrichtungen des Gemeinbedarfs sind geeignete Standorte festzulegen."
§ 16 RPG idF LGBl. Nr. 33/2005 lautet:
"§ 16
Ferienwohnungen
(1) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§ 28) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Auf anderen als solchen Flächen kann in Wohn-, Kern- und Mischgebieten die Errichtung von Ferienwohnungen durch die Gemeindevertretung bewilligt werden, wenn dadurch die Erreichung der im § 2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung liegt im behördlichen Ermessen und kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Die Bewilligung der Gemeindevertretung bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Die Genehmigung darf von der Landesregierung nur versagt werden, wenn die Bewilligung rechtswidrig ist.
(2) Als Ferienwohnung gelten Wohnungen oder Wohnräume, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Nicht als Ferienwohnung gelten Wohnungen und Wohnräume, die Zwecken der gewerblichen Beherbergung von Gästen oder der Privatzimmervermietung dienen. Verfügungsrechte über Wohnungen und Wohnräume, die über den üblichen gastgewerblichen Beherbergungsvertrag hinausgehen, schließen die Annahme einer gewerblichen Beherbergung jedenfalls aus.
(3) Die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung ist - abgesehen von der Ausnahme nach Abs. 4 - nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind. In Gebäuden auf Flächen, auf denen nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen, darf ein ständiger Wohnsitz nicht begründet und aufrechterhalten werden.
(4) Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände kann die Gemeinde auf Antrag die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der im § 2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Ein Zubau an Wohnungen und Wohnräumen, die zu Ferienzwecken benützt werden, ist ohne Widmung nach Abs. 1 nicht zulässig.
(4a) Wohnungen und Wohnräume, die dem
Wohnungseigentümer nachweislich mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs gedient haben, dürfen von diesem und seinen Familienangehörigen als Ferienwohnungen benutzt werden. Dieses Recht geht - ungeachtet der Dauer der ganzjährigen Nutzung durch den Erblasser - auf die Rechtsnachfolger von Todes wegen, die zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, über. Wer sich auf eine solche Berechtigung beruft, hat auf Verlangen der Gemeinde nachzuweisen, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Die Gemeinde kann durch Bescheid feststellen, ob für diese Person die Berechtigung zur Nutzung als Ferienwohnung gegeben ist. Abs. 4 letzter Satz gilt sinngemäß.
(5) Die Landesregierung kann von Amts wegen oder auf Antrag der Gemeinde durch Verordnung bestimmen, dass die Bestimmungen der Abs. 3 und 4 auf das Gebiet oder Teile des Gebiets einer Gemeinde nicht anzuwenden sind. Eine solche Verordnung darf nur erlassen werden, wenn dadurch die Erreichung der in § 2 genannten Raumplanungsziele nicht gefährdet wird.
(6) Die Gemeindevertretung kann durch Verordnung bestimmen, dass die Bestimmungen des Abs. 4 auf das Gebiet der Gemeinde nicht anzuwenden sind."
§ 57 RPG idF LGBl. Nr. 58/2001 lautet auszugsweise:
"(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer
…
e) entgegen den Bestimmungen des § 16 Wohnungen oder Wohnräume als Ferienwohnung nutzt oder zur Nutzung als Ferienwohnung überlässt,
…
(1) Von der Bezirkshauptmannschaft sind Verwaltungsübertretungen nach
...
b) Abs. 1 lit. e mit einer Geldstrafe bis 35.000 Euro zu bestrafen.
…"
In dem in den Verwaltungsakten der belangten Behörde befindlichen Beschluss der Gemeindevertretung der Gemeinde L vom 1. Dezember 2006, mit welchem der Umwidmungsantrag des Beschwerdeführers abgelehnt wurde, heißt es u.a., die Gemeinde habe bei der Erarbeitung des räumlichen Entwicklungsbildes klare Ziele definiert, wobei für Zweitwohnungen (Ferienhäuser und Ferienwohnungen nach § 16 Abs. 2 RPG) keine zusätzlichen Flächen ausgewiesen werden sollten, da eine Zunahme des Bestandes an Ferienwohnungen für die Entwicklung der Gemeinde L Nachteile erwarten lasse und somit zu einer Gefährdung der Erreichung der im § 2 RPG genannten Raumplanungsziele führte. In einem beschränkt baulich nutzbaren Gebiet wie L seien die räumlichen Existenzgrundlagen langfristig nicht gesichert, wenn die bescheidenen Raumreserven zu Lasten der dort wohnenden und arbeitenden Menschen für nur kurzfristig und nicht schlechthin existenziell notwendige Nutzungen wie Ferienwohnungen in Anspruch genommen werden sollten. Eine Zunahme des Bestandes an Ferienwohnungen sei für die Entwicklung der Gemeinde L nachteilig und widerspreche dem erarbeiteten räumlichen Entwicklungsleitbild. Angesichts der besonderen Situation der Gemeinde L in Bezug auf die Beengtheit des Siedlungsraumes und des hohen Qualitätsstandes des touristischen Angebotes würde eine ständige Zunahme von Ferienwohnungen die Entwicklung der Gemeinde als geeignetes Erholungs- und Fremdenverkehrsgebiet gefährden. Es sei daher eine restriktive Haltung in Bezug auf Ferienwohnungswidmungen notwendig, um die bewährte Struktur aufrechterhalten zu können. Eine Umnutzung von für ständige Wohnsitze bewilligten Wohnungen in Ferienwohnungen würde lediglich den Eigentümern dieser Wohnungen ermöglichen, diese zu horrenden Preisen zu verkaufen. Die daraus resultierende Preisentwicklung für Immobilien würde bewirken, dass der Ankauf bzw. die Anmietung von Wohnungen für Dauerwohnsitze nicht mehr finanzierbar wäre. Diese Entwicklung könne nach Abwägung aller Interessen aus raumplanerischer Sicht nicht unterstützt werden.
Der Beschwerdeführer meint, dass § 16 Vorarlberger Raumplanungsgesetz ihm gegenüber insbesondere einen Verstoß gegen die unmittelbar anwendbare Grundfreiheit des Kapitalverkehrs und das allgemeine Diskriminierungsverbot darstelle.
Dazu ist Folgendes auszuführen:
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 5. März 2002, C-515/99 u. a., im Fall Reisch u.a., zu einer Regelung des Salzburger Grundverkehrsgesetzes ausgesprochen, dass Maßnahmen, durch die ein Verfahren der vorherigen Anzeige/Genehmigung des Erwerbs von Baugrundstücken eingeführt wird, bereits durch ihren Gegenstand den freien Kapitalverkehr beschränkten. Solche Beschränkungen könnten gleichwohl zugelassen werden, wenn die nationalen Vorschriften in nicht diskriminierender Weise ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel verfolgten und wenn sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachteten, d.h. wenn sich das gleiche Ergebnis mit anderen, weniger einschneidenden Maßnahmen nicht erreichen ließe. Beschränkungen der Errichtung von Zweitwohnungen in einem bestimmten geografischen Gebiet, die ein Mitgliedstaat in Verfolgung raumplanerischer Ziele zur Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung und einer vom Tourismus unabhängigen Wirtschaftstätigkeit verfüge, könnten als Beitrag zu einem im Allgemeininteresse liegenden Ziel angesehen werden. Diese Feststellung könne durch andere Anliegen, die diesen Maßnahmen zu Grunde lägen, wie solche des Umweltschutzes, nur erhärtet werden. Aus den Vorschriften des Salzburger GVG habe sich auch keine Ungleichbehandlung von österreichischen Erwerbern und Personen, die ihren Wohnsitz in anderen Mitgliedstaaten haben und die vom Vertrag garantierten Freiheiten in Anspruch nähmen, ergeben (zur Rechtslage in Tirol vgl. in diesem Zusammenhang auch das hg. Erkenntnis vom 23. Juni 2010, Zl. 2008/06/0200).
Es kann somit auf Grund der Überlegungen des EuGH zu den durch die Flächenwidmung vorgesehenen Beschränkungen für Ferienwohnungen kein Widerspruch der hier maßgebenden Rechtslage zum Unionsrecht gesehen werden. Die mit § 16 RPG verfolgte Regelung dient dem vom EuGH anerkannten Allgemeininteresse der Erhaltung einer dauerhaft ansässigen Bevölkerung, sie gilt für österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten in gleicher Weise.
Allerdings stellte der EuGH in seinem - vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde angeführten - Urteil vom 15. Mai 2003, C- 300/01 , im Fall Salzmann, gestützt auf das Urteil Konle vom 1. Juni 1999, C-302/97 , fest, dass eine Maßnahme wie § 8 Abs. 3 Vorarlberger Grundverkehrsgesetz (VGVG), da sie dem Erwerber des Baugrundstückes den Beweis für die künftige Nutzung des zu erwerbenden Grundstückes auferlege, den zuständigen Behörden einen weiten Beurteilungsspielraum lasse, der einem freien Ermessen sehr nahe kommen könne, weshalb nicht ausgeschlossen sei, dass ein Verfahren der vorherigen Genehmigung, wie das, um das es im Ausgangsstreit gehe, diskriminierend angewendet werde. In den anderen, in der Beschwerde angeführten Urteilen des EuGH (Urteil des EuGH vom 1. Juni 1999 in der Rechtssache C-302/97 , Konle; und Urteil vom 23. September 2003 in der Rechtssache C-452/01 , Ospelt) waren ebenfalls das aus raumplanerischen Gründen aufgestellte Erfordernis einer dem Erwerb von Baugrundstücken vorausgehenden Nutzungserklärung und der in diesem Zusammenhang bestehende weite Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörden gegenständlich.
Auch in den in der Beschwerde und deren Ergänzung angeführten Urteilen des EuGH vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/92 , Kraus, betreffend die Genehmigung zur Führung eines in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades, und vom 10. März 2009 in der Rechtssache C-169/07 , Hartlauer Handelsgesellschaft mbH, betreffend die Bewilligung der Errichtung eines privaten Ambulatoriums für Zahnheilkunde, ging es nicht um Verordnungen. Beiden dort gegenständlichen Genehmigungs- bzw. Bewilligungsverfahren lag ein durch individuellen Rechtsakt zu erledigender Antrag zugrunde.
Schon im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer gar keinen Antrag gemäß § 16 Abs. 4 RPG auf eine individuelle Ausnahme von der Flächenwidmung gestellt hat, scheidet eine Diskriminierung, wie sie in den den genannten Fällen von Einzelgenehmigungen zugrundeliegenden Sachverhalten an sich möglich wäre, aus.
Der Gesetzgeber hat es im Übrigen im § 16 RPG der Planungsbehörde eingeräumt festzulegen, auf welchen besonderen Flächen auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Dieser Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers wird durch die Raumordnungsgrundsätze und Raumordnungsziele determiniert. Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, das Ermessen des Verordnungsgebers sei nicht nachvollziehbar und diskriminierend, ist anzumerken, dass sich bereits der Verfassungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 20. September 2010, B 63/09, mit der Frage der Gesetzmäßigkeit der bestehenden Widmung des Grundstückes, auf dem sich die Wohnung des Beschwerdeführers befindet, nicht als "besondere Fläche" auf der "auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen", beschäftigt und keine Bedenken geäußert hat; auch der Verwaltungsgerichtshof erblickt keine Rechtswidrigkeit der bestehenden Widmung des betreffenden Grundstückes.
Wie bereits der Verfassungsgerichtshof (vgl. das auch von der belangten Behörde zitierte Erkenntnis vom 14. Juni 1997, Slg.Nr. 14.850) zu § 14 RPG 1973, LGBl. Nr. 15/1973 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 27/1993, ausgesprochen hat, hat der Gesetzgeber bei systematischer Interpretation des § 14 Abs. 15 RPG 1973 mit hinreichender Deutlichkeit die Art und das Gewicht der Umstände erkennen lassen, die diese berücksichtigungswürdig machen und die damit als Bewilligungsvoraussetzung nach § 14 Abs. 15 erster Satz RPG 1973 heranzuziehen sind, weshalb keine Bedenken im Sinne des Legalitätsprinzips bestünden. Nichts anderes gilt für die hier relevante Rechtslage. Sie schafft Abhilfe dagegen, dass "vollkommen unkontrollierbar und zufällig und nicht steuerbar Ferienwohnungsnutzungen entstehen".
Da einerseits gegen die hier relevante Widmung keine rechtlichen Bedenken bestehen (vgl. dazu den zitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 20. September 2010) und der Beschwerdeführer andererseits keinen Antrag gemäß § 16 Abs. 4 oder 4a RPG gestellt hat, der in diskriminierender Weise hätte abgelehnt werden können, waren die von ihm verlangten Ermittlungen zu unterschiedlichen Behandlungen im Zusammenhang mit Ferienwohnungswidmungen zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Lichte des Beschwerdevorbringens nicht erforderlich.
Aus den oben dargestellten Gründen verstoßen die im § 16 RPG vorgesehenen, hier relevanten Beschränkungen für Ferienwohnungen nicht gegen Gemeinschaftsrecht, weshalb die über den Beschwerdeführer verhängte Strafe zu Recht ausgesprochen wurde.
Die Beschwerde ist aber insofern berechtigt, als sie geltend macht, die Berufungsbehörde habe die Reduktion der Strafe von EUR 5.500,-- auf EUR 4.000,-- bei Bemessung der Verfahrenskosten erster Instanz insofern unberücksichtigt gelassen, als ausdrücklich die Entrichtung "zusammen mit … dem Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens" aufgetragen wurde. Es wäre die geringere Strafe maßgeblich gewesen (s. Walter/Thienel Verwaltungsverfahrensgesetze17, 322).
Somit war der angefochtene Bescheid in seinem Ausspruch über die Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, im Übrigen jedoch die Beschwerde nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 6. Oktober 2011
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