Absetzbarkeit von Aufwendungen für Thermalbadbesuche in Ungarn als außergewöhnliche Belastung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des XY, [Adresse], gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch betreffend Einkommensteuer 2010 nach der am 27. März 2013 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungsführer ist einer Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7. März 1994 zufolge zu 40% (Grad der Behinderung) erwerbsgemindert. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 hat er wie auch schon in den Vorjahren ua. Aufwendungen in Höhe von 4.420,00 € für fünf Kuraufenthalte in Bad Bük (vom 21. Dezember 2009 bis 4. Jänner 2010, vom 17. Februar 2010 bis 25. Februar 2010, vom 3. Juni 2010 bis 8. Juni 2010, vom 11. September 2010 bis 18. September 2010 und vom 22. Dezember 2010 bis 4. Jänner 2011) als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht. Einer Beilage zur Einkommensteuererklärung zufolge entfallen davon 3.192,00 € auf Kilometergelder, 990,00 € auf Aufenthaltskosten und 238,00 € auf Badeeintritte (34 Eintritte a` 7,00 €).
Zum Nachweis der geltend gemachten Aufwendungen hat er folgende Unterlagen vorgelegt:
a) Fünf wortgleiche Bestätigungen von Dr. [Name], datiert mit 18.12.2009, 16.2.2010, 2.6.2010, 9.9.2010 und 20.12.2010, lautend wie folgt:
"Diese Auflistungen der von mir vor Beginn der Badereise nach Bad Bük für meinen Patienten XY (SV-Nr.) angeordneten Badekuren entsprechen den Fakten und den medizinischen Erfordernissen bei meinem Patienten XY.
ÄRZTLICHE BESTÄTIGUNG
Ich habe den Patienten XY (SV-Nr.) wegen seines von mir festgestellten und seit ca. 2 Jahrzehnten chron. Cervicals-, Lumbalsyndrom in Behandlung. Ich betreue XY seit mehr als 20 Jahren und weise ihn zur medizinischen Behandlung gegen arge Schmerzen und seiner gesamten rheumatischen Gelenksleiden jeweils nach meiner ärztlichen Überzeugung bestwirksamen Badekuren in Bad Bük als mir bestgeeignetes Bad hiefür zu.
Für XY ist dies der optimale Kurort, wie ich aus bisherigen Erfahrungen feststellen muss. Daher erfolgt diese Zuweisung zu diesem Zeitpunkt und für dies nach individuellem Erfordernis Badekur, die ich so verordnet habe."
b) Eine mit "Ärztliches Zeugnis über den Kuraufenthalt in Bük/Ungarn des Herrn XY geb. [Datum]" überschriebene Bestätigung eines Arztes in Bük vom 14. Oktober 2011, lautend wie folgt (offensichtliche Rechtschreibfehler berichtigt):
"Ich, Dr. S.L., habe in der Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 den Patienten XY bei den Kuren/Sitzbädern etc therapeutisch begleitet und ich bestätige, dass XY alle Anforderungen der ärztlich angeordneten Kuraufenthalte erfüllt hat."
c) Eine Rechnung über "33 Nächtigungen mit Morgenessen im Jahr 2010" a`30,00 € pro Tag, insgesamt somit 990,00 €.
Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen (insgesamt 4.823,55 €) im Einkommensteuerbescheid 2010 unter Ansatz eines Selbstbehaltes in Höhe von 4.441,15 €.
Die Berücksichtigung eines Selbstbehaltes bekämpfte der Berufungsführer unter Hinweis auf den ihm attestierten Grad der Behinderung von 40% mit Berufung vom 3. Jänner 2012.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Jänner 2012 hat das Finanzamt die Berufung als unbegründet abgewiesen, wobei in der gesonderten, mit 3. Jänner 2012 datierten Bescheidbegründung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Finanzsenates ausgeführt wurde, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Kosten der Kuraufenthalte als außergewöhnliche Belastung nicht vorlägen.
Mit Schreiben vom 6. Februar 2012 erhob der Berufungsführer "Einwand gegen das Schriftstück vom 03.01.2012 mit allen gesetzlichen Mitteln". Das am 3. Jänner 2012 ausgestellte, ihm am 6. Februar 2012 zugestellte Schriftstück enthalte nicht einmal die gesetzlich erforderliche Form, nämlich das Wort "Bescheid" oder eine andere notwendige Benennung für eine Erledigung. Die Ausführungen in dem Schriftstück entsprächen daher nicht der vorgeschriebenen Form.
Nachdem das Finanzamt dieses Schreiben als Vorlageantrag gewertet hatte und dem Berufungsführer eine Mitteilung über die erfolgte Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat übermittelt hatte, ersuchte der Berufungsführer mit Schreiben vom 27. Februar 2012, die Eingabe vom 6. Februar 2012 Dr. Kopf als Vorsitzendem des Unabhängigen Finanzsenates vorzulegen. Er halte ausdrücklich fest, dass die angeführte Eingabe kein Vorlageantrag im Sinne der BAO sei und auch nicht als solcher gewollt gewesen sei.
Mit Schreiben vom 3. März 2012 beantragte der Berufungsführer die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Der weitere Verfahrensverlauf gestaltete sich in chronologischer Reihenfolge wie folgt (auf den Inhalt der angeführten Schriftsätze wird an dieser Stelle verwiesen):
- Schreiben des Leiters der Außenstelle Feldkirch vom 5. März 2012 betreffend die durch die Geschäftsverteilung festgelegte Senatszuständigkeit;
- Schreiben vom 4. März 2012 (richtig wohl: 4. Juni 2012) an den Leiter der Außenstelle Feldkirch;
- Antwortschreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom 15. Juni 2012;
- Schreiben vom 4. Juli 2012 betreffend Anberaumung eines Erörterungstermins;
- Schreiben vom 24. Oktober 2012 betreffend den Stand des Verfahrens;
- Antwortschreiben des Unabhängigen Finanzsenates vom 30. Oktober 2012;
- Persönliche Vorsprache am 7. November 2012 (dabei wurde eine Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7. März 1994 über den Grad der Behinderung sowie ein "Ärztliches Attest" von Dr. [Name] vom 27. September 2005 vorgelegt);
- Vorlage einer Anfrage an das Bundesministerium für Finanzen vom 14. November 2012 samt Antwortschreiben vom 29. November 2012;
- Übergabe eines handschriftlichen Schreibens vom 17. Dezember 2012 an den Leiter der Außenstelle Feldkirch.
In der am 27. März 2013 abgehaltenen Berufungsverhandlung hat der Berufungsführer zusammengefasst ausgeführt, dass er jeweils mit dem privaten PKW nach Ungarn fahre, dort immer bei derselben (privaten) Unterkunftgeberin nächtige und in verschiedenen Gasthäusern in Bük esse. Fallweise werde er von seiner Gattin begleitet, im Jahr 2010 sei dies zweimal der Fall gewesen. Die fünf strittigen Kurreisen hätten vom 21. Dezember 2009 bis 4. Jänner 2010, vom 17. Februar 2010 bis 25. Februar 2010, vom 3. Juni 2010 bis 8. Juni 2010, vom 11. September 2010 bis 18. September 2010 und vom 22. Dezember 2010 bis 4. Jänner 2011 gedauert. Wenn er entsprechende Schmerzen verspüre, suche er seinen Hausarzt auf, der ihm einen Aufenthalt in Bad Bük verordne (siehe Bestätigungen). Am Tag nach der Anreise und am Tag vor der Abreise suche er Dr. S.L. in Bük auf. Dieser sage ihm, dass er Sitzbäder wie bisher machen solle, das sei für ihn das Beste. Dr. S.L. sei nicht im Bad selbst tätig, er habe eine eigene Praxis in Bük. Die Arztbesuche dauerten fünf bis sieben Minuten, die Abrechnung erfolge über die e-card direkt mit der Krankenkasse. Er nehme täglich, in der Regel von halb neun bis halb zwölf Uhr und nach einer Stunde Mittagspause von halb eins bis halb vier Uhr Sitzbäder in den verschieden, zwischen 32 und 39 Grad warmen Becken. Anzahl und Dauer der Bäder bestimme er selbst. Es gebe keinen auf ihn abgestimmten Therapieplan und auch keine kurärztliche Überwachung während des Aufenthaltes, er habe im Bad selbst aber auch noch nie einen Arzt gesehen. Abgesehen von den Sitzbädern mache er keine Therapien, danach gehe er abendessen und früh zu Bett, fallweise mache er einen Spaziergang. Zuschüsse von der Sozialversicherung erhalte er nicht, er würde einmal in fünf Jahren 60,00 € als Zuschuss erhalten. Es sei für ihn absolut unverständlich sei, dass die vorgelegten ärztlichen Bestätigungen nicht anerkannt würden. Seit er nach Ungarn fahre, habe er keine zehn Spritzen gegen die Schmerzen gebraucht; früher habe er bis zu fünfzehn Spritzen im Monat gebraucht. Es sei unverständlich, wenn in diesem Zusammenhang von Urlaub die Rede sei.
Die bei der mündlichen Verhandlung anwesenden Vertreter des Berufungsführers wiesen ergänzend darauf hin, dass von der Rechtsprechung die persönlichen Umstände nicht ausreichend berücksichtigt würden. Im Berufungsfall könnten durch die Kuraufenthalte die mit der Verabreichung von Spritzen verbundenen Nachteile vermieden werden. Der Umstand, dass eine solche Kur die gesundheitsverträglichere Therapiemaßnahme sei, werde zu wenig berücksichtigt. Der Berufungsführer habe den Beweis erbracht, dass die Fahrten nach Bad Bük nicht zum Vergnügen erfolgten, sondern zur Linderung seines Leidens. Eine ärztliche Überwachung zu Beginn und am Ende eines Aufenthaltes sei gegeben. Auch wenn der Ablauf atypisch sei, liege eine Kur im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Anerkennung der Aufwendungen des Berufungsführers für die "Kurreisen" nach Bad Bük als außergewöhnliche Belastung war bereits Gegenstand mehrerer Verfahren beim Unabhängigen Finanzsenat (vgl. UFS 10.2.2006, RV/0233-F/05, betreffend Einkommensteuer 2004, UFS 8.1.2009, RV/0251-F/08, betreffend Einkommensteuer 2005 und 2006, UFS 2.2.2010, RV/0316-F/09, betreffend Einkommensteuer 2007, UFS 4.1.2011, RV/0312-F/10 betreffend Einkommensteuer 2008 sowie UFS 4.1.2011, RV/0517-F/10, betreffend Einkommensteuer 2009, wobei die steuerlich Berücksichtigung jeweils versagt wurde.
Die Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates wurde auch vom Verwaltungsgerichtshof in seinem über die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 10. Februar 2006, RV/0233-F/05, betreffend Einkommensteuer 2004, absprechenden Erkenntnis vom 24. September 2008, 2006/15/0120, bestätigt.
Begründend hat der Verwaltungsgerichtshof auszugsweise folgendes ausgeführt:
"Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa VwGH 22.2.2001, 98/15/0123, und VwGH 10.8.2005, 2001/13/0191).
Nicht jeder auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Kuraufenthalt führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Der Begriff "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. An den - vom Steuerpflichtigen zu führenden - Nachweis dieser Voraussetzungen müssen wegen der im Allgemeinen schwierigen Abgrenzung solcher Reisen von den ebenfalls der Gesundheit dienenden Erholungsreisen strenge Anforderungen gestellt werden.
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss.
Wesentlich ist weiters, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt, d.h. mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, ist und nicht bloß ein Erholungsaufenthalt, welcher der Gesundheit letztlich auch förderlich ist (vgl. VwGH 22.2.2001, 98/15/0123, VwGH 25.4.2002, 2000/15/0139, VwGH 28.10.2004, 2001/15/0164, und VwGH 22.12.2004, 2001/15/0116).
Der Beschwerdeführer macht geltend, er stehe unter ständiger ärztlicher Aufsicht seines Vertrauensarztes. Dieser habe auch bestätigt, dass die Behandlung mit dem Heilwasser für die Heilung und Linderung seiner Krankheit zweckdienlich sei und dass ihm sonst nichts in dieser Art und Weise helfe. Die Heilung bestehe einzig und allein darin, dass sich der Beschwerdeführer in dem Heilwasser aufhalte. Bei dieser Heilmethode sei es nicht vonnöten, dass ein Arzt neben ihm sitze oder ihn in sonstiger Art und Weise beaufsichtige.
Nach der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt die Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nur dann in Betracht, wenn der Aufenthalt nicht den Charakter eines Erholungsurlaubes, sondern jenen eines Kuraufenthaltes hat. Kosten für Urlaubsreisen erwachsen auch nicht dadurch zwangsläufig, dass der Arzt aus medizinischen Gründen solche empfiehlt (vgl. Hofstätter/Reichel, § 34 EStG 1988 - Einzelfälle "Kurkosten"). Ärztliche Anordnungen, die die Notwendigkeit des Kuraufenthaltes belegen, oder Bestätigungen, wonach die Kuranwendungen unter ärztlicher Aufsicht und Kontrolle erfolgt seien, liegen im Beschwerdefall nicht vor. Es kann daher der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Aufwendungen für die genannten Reisen nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 behandelt hat.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die heilende Wirkung des Wassers sei schon dadurch belegt, dass er seit Jahren vier bis achtmal im Jahr diesen Badeort aufsucht, kann daran nichts ändern. Dass der Aufenthalt in diesem Badeort der Gesundheit des Beschwerdeführers förderlich gewesen ist, reicht für die Anerkennung als Kurreise im oben dargestellten Sinne nicht aus."
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist somit, da generell eine Erholungsreise der Gesundheit zuträglich ist, eine Abgrenzung der für die Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft förderlichen Erholungsreisen von den aus medizinischer Sicht notwendigen Reisen im engeren Sinn erforderlich. Eine Reise im letztgenannten Sinn kann demnach nur angenommen werden, wenn die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, insbesondere mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, darstellt und damit sichergestellt ist, dass nicht bloß eine Erholungsreise vorliegt, welche zwar ebenfalls der Gesundheit förderlich ist, aber nicht zu zwangsläufigen und außergewöhnlichen Aufwendungen iSd § 34 EStG 1988 führt (vgl. VwGH 22.4.2009, 2007/15/0022, mwN).
Vor diesem Hintergrund kann aber auch der Berufung betreffend das Jahr 2010 kein Erfolg beschieden sein, zumal sich in sachverhaltsbezogener Hinsicht gegenüber dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend das Jahr 2004 zugrundeliegenden Sachverhalt nichts Ausschlaggebendes geändert hat. Zwar hat der Berufungsführer neben den eingangs widergegebenen ärztlichen Bestätigungen nunmehr auch eine Abrechnung über die Nächtigungen in Ungarn vorgelegt, das Vorliegen eines Kuraufenthaltes lässt sich daraus aber, abgesehen auch davon, dass die gleichlautenden Bestätigungen von Dr. [Name] einem vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnis aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Kur ergibt, nicht gleich gehalten werden kann, nicht ableiten. Nach den Aussagen des Berufungsführers im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung fuhr er jeweils mit dem privaten PKW (zweimal begleitet von seiner Gattin) nach Ungarn, wo er immer bei derselben (privaten) Unterkunftgeberin nächtigte. Zu Beginn und am Ende des Aufenthaltes suchte er in Bük einen Arzt auf, der ihm auch die eingangs wiedergegebene Bestätigung ausgestellt hat. Im Bad Bük nahm er täglich (im Durchschnitt ca. 6 Stunden pro Tag) Sitzbäder in den verschieden warmen Thermalwasserbecken. Anzahl und Dauer der Bäder hat er dabei selbst bestimmt, es gab keinen auf ihn abgestimmten Therapieplan und auch keine kurärztliche Überwachung während des Aufenthaltes. Abgesehen von den Sitzbädern machte er keine Therapien. Am Abend ging er in Bük essen, fallweise machte er noch einen Spaziergang.
Daraus ergibt sich aber in unzweifelhafter Weise, dass die Aufenthalte in Bad Bük nicht mit einer kurmäßig geregelten Tages- und Freizeitgestaltung verbunden waren. Abgesehen davon, dass die Bestätigung des Arztes in Bük nur sehr allgemein gehaltenen ist, gibt es weder einen auf den Berufungsführer abgestellten Therapieplan noch konkret angeordnete Therapien noch ärztliche Atteste über die durchgeführten Untersuchungen noch eine laufende kurärztliche Überwachung. Die gesamte Gestaltung der Aufenthalte lag vielmehr in der freien Disposition des Berufungsführers und handelt es sich bei den Reisen nach Bad Bük daher nach ihrem Gesamtcharakter auch nicht um Kuraufenthalte im hier maßgeblichen Sinn. Die vorgelegten Bestätigungen vermögen an dieser Sachlage nichts zu ändern.
Der Unabhängige Finanzsenat bezweifelt in keiner Weise, dass die Bäder die Schmerzen des Berufungsführers lindern und sich positiv auf seinen Gesundheitszustand auswirken, ist das mineralhaltige Thermalwasser in Bad Bük doch bekannt für seine heilende Wirkung im Zusammenhang mit Erkrankungen des gesamten Bewegungsapparates. Dies allein reicht aber nicht aus, derartige Aufenthalte in öffentlich zugänglichen und auch von sonst Erholungssuchenden genutzten Heilbädern (Bad Bük ist eines der bekanntesten und beliebtesten Heil-, Strand- und Erlebnisbäder Europas und die zweitgrößte Therme Ungarns mit der modernsten Saunawelt des Landes und einem speziellen Medical Wellness Zentrum, das die perfekte Erholung bietet; vgl. http://bukfurdo.hu/de ), als zwingend medizinisch indizierte Kuraufenthalte im dargelegten Sinne anzusehen und damit deren steuerliche Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zu bewirken.
Nach dem vom Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang vertretenen Verständnis erfordert der Begriff "Kur" ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Auch nach der Rechtsprechung des OGH (vgl. OGH 5.12.2000, 10 ObS 311/00h) können nur Maßnahmen unter ärztlicher Aufsicht, die durch speziell geschultes Personal erbracht werden, den therapeutischen Zweck gewährleisten oder medizinisch unerwünschte Nebenwirkungen verhindern und sind daher als Heilmittel zu qualifizieren. Der Umstand, dass ohne eine solche ärztliche Aufsicht und Betreuung durchgeführte Bäder den gewünschten Erfolg bringen und eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirken, stellt für sich somit kein hinreichendes Kriterium dar. Insoweit bestand für den Unabhängigen Finanzsenat daher auch kein Raum im Sinne der Ausführungen des Berufungsführers und seiner Vertreter im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung von steuerlich zu berücksichtigenden Kuraufenthalten auszugehen.
Vor einer Diskreditierung oder gar Verleumdung der Ärzte kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Der Unabhängige Finanzsenat stellt weder die von Dr. [Name] erstellte Diagnose (vgl. das vorgelegte ärztliche Attest vom 27. September 2005) noch die getroffene Feststellung, dass sich die Aufenthalte in Bad Bük positiv auf seine Beschwerden auswirken, in Frage. Ob allerdings die dargelegten Voraussetzungen für das Vorliegen eines als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Kuraufenthaltes im Sinne der abgabenrechtlichen Vorschriften gegeben sind oder nicht, hat die Abgabenbehörde zu beurteilen. Insoweit war daher auch die im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung angeregte (im Übrigen nicht konkret beantragte) Befragung von Dr. [Name] entbehrlich.
Soweit der Berufungsführer schließlich darauf hinweist, dass in einem ihm bekannten vergleichbaren Fall in Niederösterreich die beantragten außergewöhnlichen Belastungen anerkannt worden seien und er damit sein Recht auf Gleichbehandlung aller Abgabepflichtigen anspricht, ist ihm entgegenzuhalten, dass er aus einer allenfalls rechtswidrigen Vorgangsweise gegenüber anderen Abgabepflichtigen für sich keine Rechte ableiten kann (vgl. VwGH 5.4.2001, 2000/15/0150).
Im angefochtenen Bescheid hat das Finanzamt die insgesamt als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen (4.823,55 €) unter Berücksichtigung eines Selbstbehaltes in Höhe von 4.441,15 € anerkannt. Da aus den oben dargelegten Gründen die Aufwendungen für die Kuraufenthalte (4.420,00 €) keine steuerliche Anerkennung finden können, war der Einkommensteuerbescheid 2010 insoweit abzuändern, als lediglich außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 403,55 € (ohne Selbstbehalt) in Ansatz zu bringen waren.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Feldkirch, am 5. April 2013
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise: |