Unrichtiges Antragsdatum im Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2016:RV.7100093.2016
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke über die Beschwerde der M***** K*****, *****Adresse*****, vertreten durch die Sachwalterin Mag. Margot Artner, Rechtsanwalt, 1060 Wien, Luftbadgasse 4/3, datiert mit 17. 6. 2014, eingebracht am 20. 6. 2014, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, 1030 Wien, Marxergasse 4, vom 16. 5. 2014, womit der Antrag "vom 26. 7. 2013" auf erhöhte Familienbeihilfe für die im Juni 1989 geborene M***** K***** ab Juli 2013 abgewiesen wird, Versicherungsnummer 3*****, zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Abweisungsbescheid vom 16. 5. 2014 wird gemäß § 279 BAO aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Antrag
Die Beschwerdeführerin (Bf) M***** K***** stellte mit Telefax vom 30. 7. 2013 durch ihre Sachwalterin einen Antrag auf Familienbeihilfe mit dem Formular Beih 1 und einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihife wegen erheblicher Behinderung mit dem Formular Beih 3 und schloß diesen Anträgen verschiedene Unterlagen bei.
Das Begleitschreiben ist mit 30. 7. 2013 datiert, das Telefax ebenfalls mit 30. 7. 2013. Die beiden Formulare Beih 1 und Beih 3 weisen klar sichtbar das Unterfertigungsdatum 24. 7. 2013 auf. Eingangsvermerke der belangten Behörde sind nirgends ersichtlich.
Beih 1
Den Angaben auf dem am 24. 7. 2013 durch die Sachwalterin unterfertigten Formular Beih 1 zufolge ist die im Juni 1989 geborene Bf arbeitslos und bezieht Bezüge vom AMS und der MA 40.
Beih 3
Den Angaben auf dem am 24. 7. 2013 durch die Sachwalterin unterfertigten Formular Beih 1 zufolge ist die Bf infolge Intelligenzminderung F.70 und Emotional Instabile Persönlichkeitsstörung F 60.3 erheblich behindert. Der Erhöhungsbetrage werde "ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, den die/der medizinische Sachverständige feststellt im Höchstausmaß von rückwirkend fünf Jahren ab Antragstellung" beantragt. Pflegegeld werde nicht bezogen.
AMS
Laut Bezugsbestätigung des Arbeitsmarktservice Wien vom 20. 11. 2012 sind folgende Ansprüche für die Bf vorgemerkt:
MA 40
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, Sozialzentrum für den 9. und 11. Bezirk, hat der Bf mit Bescheid vom 23. 5. 2013 Mindestsicherung wie folgt zuerkannt:
Leistung zur Deckung des Lebensunterhalts und der Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs:
von 01.07.2013 bis 31.07.2013 EUR 412,66
von 01.08.2013 bis 31.08.2013 EUR 386.67
von 01.09.2013 bis 30.09.2013 EUR 386,67
von 01.10.2013 bis 31.10.2013 EUR 412,66
von 01.11.2013 bis 30.11.2013 EUR 386,67
von 01.12.2013 bis 31.12.2013 EUR 412.66
von 01.01.2014 bis 31.01.2014 EUR 386,67
von 01.02.2014 bis 28.02.2014 EUR 386,67
von 01.03.2014 bis 31.03.2014 EUR 464,64
von 01.04.2014 bis 30.04.2014 EUR 386,67
von 01.05.2014 bis 31.05,2014 EUR 412.66
von 01.06.2014 bis 30.06.2014 EUR 386,67.
Der Antrag auf Zuerkennung einer über den Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarts
hinausgehenden Mietbeihilfe wurde abgewiesen.
Pensionsversicherung
Die Pensionsversicherungsanstalt teilte der Bf am 16. 7. 2013 mit, dass Anträge vom 11. 7. 2013 auf Zuerkennung einer Invaliditätspension und Pflegegeld bei der Pensionsversicherungsanstalt eingelangt und der weiteren Erledigung zugeleitet worden seien.
Sachwalterbestellung
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. 11. 2012 wurden von der einschreitenden Rechtsanwältin als Sachwalterin für die Bf zu besorgenden Angelegenheiten gemäß § 268 Abs. 3 Z 2 ABGB unter anderem auf die Vertretung vor Gerichten, Behörden, Dienststellen und Sozialversicherungsträgern erweitert. Die Beschlussbegründung wurde nicht vorgelegt.
Gutachten des Sozialministeriumservice vom 14. / 15. 5. 2014
Das Sozialministeriumservice erstattete hierauf am 14. / 15. 5. 2014 nach Untersuchung der Bf am 14. 5. 2014 folgendes Erstgutachten:
Anamnese:
3.5 -18.Lj. in Heim aufgewachsen, kaum Kontakt zu den Eltern, auch zu den 3 Geschwistern kein Kontakt mehr. Hauptschulabschluss (ohne Klassenwiederholungen), AMS-Kurse, bislang keine Erwerbstätigkeit.
Alkoholproblem im 19.-21.Lj. Mehrfache psychiatrische stat. Aufenthalte wegen Aggressionsdurchbrüchen in alkoholisiertem Zustand. Selbstverletzungen mittels Ritzen im Rahmen des Alkoholabusus. Durch Unterstützung des Freundes seit 21.Lj. Alkoholkarenz. Epilepsie neg.
Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz):
keine Medikation; keine FÄ-Betreuung, keine Psychotherapie
Untersuchungsbefund:
regelrecht
Status psychicus / Entwicklungsstand:
seit 18.Lj. besachwaltet (Mag. Margot A*****) aus finanz. Gründen; lebt gemeinsam mit Freund; kein PG-Bezug; Haushalt wird gemeinsam mit Partner erledigt; viel mit ihren Hunden unterwegs. Rezidiv. Stimmungsschwankungen, leichte Rechenschwäche, Schlaf gut, seit Jahren keine Selbstverletzungen mehr; würde gerne Teilzeitbeschäftigung haben, verminderte Ausdauer; h.o. freundlich, offen, gut affizierbar, psychisch dzt. stabil und in ADLs selbständig.
Relevante vorgelegte Befunde:
keine
Diagnose(n):
emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Richtsatzposition: 030401 Gdb: 030% ICD: F60.3
Rahmensatzbegründung:
2 Stufen über unterem Rahmensatz, da leicht unterdurchschnittliche Begabung und Unreife.
Gesamtgrad der Behinderung: 30 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.
Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich nicht dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
erstellt am 2014-05-14 von B***** Silvia Facharzt für Neurologie und Psychiatrie
zugestimmt am 2014-05-15 Leitender Arzt: F***** Wolfgang
Abweisungsbescheid
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. 5. 2014 wies das Finanzamt den "Antrag vom 26. 7. 2013 auf erhöhte Familienbeihilfe" für die Bf "ab Juli 2013" ab und begründete dies wie folgt:
Gemäß § 8 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Beschwerde
Mit Schreiben vom 17. 6. 2014, mit Telefax am 20. 6. 2014 dem Finanzamt übermittelt, erhob die Bf durch ihre Sachwalterin Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid vom 16. 5. 2014:
Gegen den Bescheid vom 16. Mai 2014 vom Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, VSNR 3*****, erhebt die Antragstellerin binnen offener Frist Beschwerde.
Der Bescheid wird zur Gänze wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und unrichtiger Tatsachenfeststellungen zufolge wesentlicher Verfahrensmängel und unrichtiger Beweiswürdigung angefochten.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Behörde erster Instanz den Antrag der Antragstellerin vom 16. Mai 2014 auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch bestehe nicht. weil die Antragstellerin voraussichtlich nicht dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Die Antragstellerin hat am 31. Jänner 2014 ordnungsgemäß einen Antrag auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe gestellt.
Schon aus dem psychiatrischen Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2007 geht - nach Einsicht des Sachverständgen in Schreiben der Jugendwohlfahrt - folgender Sachverhalt hervor: Die Antragstellerin wurde seit ihrem vierten Lebensjahr vom Jugendamt betreut, hat die Sonderschule (und nicht wie von ihr manchmal behauptet und von der Behörde angenommen die Hauptschule) besucht, ist sehr unreif und kann mit Geld nicht umgehen. Bereits 2007 wurde eine Intelligenzminderung festgestellt. Das Verhalten der Antragstellerin war schon damals indifferent, kritiklos und wenig realitätsbezogen; ihre Stimmung ebenfalls indifferent, die Antragstellerin wenig affizierbar. Auch 2012 kann die Antragstellerin laut neuerlich eingeholtem Sachverständigengutachten nicht rechnen, kann Unterscheidungsfragen nicht beantworten und wirkt während des Tests zunehmend angespannt und dysphorisch. Sie hat es bis dato nicht geschafft, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch der Besuch von AMS-Kursen scheitert allzu oft, sodass Gelder immer wieder gesperrt werden. Impulsdurchbrüche erschweren jede Zusammenarbeit erheblich.
Beweis:
Neurologisches und Psychiatrisches Gutachten vom 6.11.2007
Psychiatrisches Gutachten vom 16.10.2012.
Aus all diesen Gründen stellt die Antragstellerin, vertreten durch ihre Sachwalterin, den
Antrag,
den Bescheid vom 16. Mai 2014, VSNR 3*****, des Finanzamts 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf, insofern abzuändern, dass der Antrag der Antragstellerin auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe bewilligt und dieser so weit wie möglich rückwirkend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe in der gesetzlichen Höhe zuerkannt und ausbezahlt wird; in eventu
den oben genannten Bescheid aufzuheben und der Behörde erster Instanz die neuerliche Bescheiderlassung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.
Beigeschlossen waren das angeführte neurologische und psychiatrische Gutachten vom 6. 11. 2007 sowie das psychiatrisches Gutachten vom 16. 10. 2012, beide an das Pflegschaftsgericht im Sachwalterschaftsverfahren.
Diese Gutachten fanden auch Eingang in das Gutachten des Sozialministeriumservice vom 2. / 5. 3. 2015:
Gutachten des Sozialministeriumservice vom 2. / 5. 3. 2015
Das Sozialministeriumservice erstattete hierauf am 2. / 5. 3. 2015 nach Untersuchung der Bf am 18. 2. 2015 folgendes Zweitgutachten:
Anamnese:
Eine Sachwalterin habe Sie seit etwa 2007 (dem 18.Lj). Sie habe Alkohol und Geldprobleme gehabt. Wäre im Alter von 3,5 Jahren aus dem Heim gekommen, mit etwa 17 Jahren in Kontakt zum Alkohol gekommen. Nach Abschluß der Sonderschule habe Sie bis heute nur Kurse des AMS besucht. In Linz habe Sie Geld über das AMS bezogen, jetzt in Wien eine Mindestsicherung übeer die MA40. Sie wäre mehrmals im KH Wels stationär aufgenommen gewesen (wegen Alkoholabusus), das erste Mal mit 17. Alkohol wäre lt. eigenen Angaben jetzt kein Problem, am Wochenende trinke Sie meist einen Doppler. Der Freund habe Sie vom regelmäßigen Konsum "weggebracht". Keine nervenärztliche Betreuung, keine medikamentöse Stütze. 2007 wurde eine leichte Intelligenzminderung diagnostiziert; eine teilweise Besachwalterung als notwendig erachtet. Im Jahr 2012 wurde die Patientin neuerlich nervenärztlich untersucht, zusätzlich auch eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung diagnostiziert und der beantragten Erweiterung der bestehenden Sachwalterschaft zugestimmt.
Behandlung/Therapie (Medikamente, Therapien - Frequenz):
Keine
Untersuchungsbefund:
160cm/55kg; kein fokales Defizit.
Status psychicus / Entwicklungsstand:
Stimmung ausgeglichen, in beiden Skalenbereichen ausreichend affizierbar. Konzentration und Denkflexibilität beeinträchtigt. Daueraufmerksamkeit reduziert. Beeinträchtigte Kritik und Einsichtsfähigkeit. Nivellierte Persönlichkeitsstruktur. Keine Biorhythmusstörungen explorierbar.
Relevante vorgelegte Befunde:
2007-11-06 NEUROPSYCHIATRISCHES GUTACHTEN
leichte Intelligenzminderung
2012-10-16 PSYCHIATRISCHES GUTACHTEN
leichte Intelligenzminderung; emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Diagnose(n):
Intellektuelle Beeinträchtigung
Richtsatzposition: 030103 Gdb: 050% ICD: F79.0
Rahmensatzbegründung:
Anamnestisch Sonderschulabgänger. Die emotional instabile
Persönlichkeitsstörung untermauert die fehlende Unabhängigkeit im Alltag.
Gesamtgrad der Behinderung: 50 vH voraussichtlich mehr als 3 Jahre anhaltend.
Im Vergleich zum Vorgutachten Erhöhung des GdB. Zwischenzeitlich wurden relevante Befunde die kogntive und psychische Seite der Patientin betreffend vorgelegt.
Eine Nachuntersuchung in 3 Jahren ist erforderlich.
Die rückwirkende Anerkennung der Einschätzung des Grades d. Behinderung ist ab 2012-10-01 aufgrund der vorgelegten relevanten Befunde möglich.
Der(Die) Untersuchte ist voraussichtlich dauernd außerstande, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Erwerbsunfähig ab 2012-10 (neben der intellektuellen Minderbegabung wurde erschwerend auch eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert)
erstellt am 2015-03-02 von Ma***** Bettina Facharzt für Neurologie
zugestimmt am 2015-03-05 Leitender Arzt: F***** Wolfgang
Beschwerdevorentscheidung
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 17. 3. 2015 wies das Finanzamt die "Beschwerde vom 20.06.2014" als unbegründet ab:
Sie haben im Juli 2013 einen Antrag auf Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe beim ho Finanzamt eingebracht.
Gemäß § 8 Abs. 5 ff Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der derzeit gültigen Fassung gilt ein Kind als erheblich behindert, bei dem nicht nur eine vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50% betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit ist durch
eine Bescheinigung des Sozialministeriumservice auf Grund eines ärztlichen
Sachverständigengutachtens nachzuweisen.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab 1. Juli 2011 gültigen Fassung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Laut neuerlichem fachärztlichem Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom 5.3.2015 wurde eine 50%ige Behinderung und dauernde Erwerbsunfähigkeit ab 1.10.2012 festgestellt.
Zu diesem Zeitpunkt befanden Sie sich im 23. Lebensjahr und nicht mehr in Berufsausbildung.
Es besteht daher laut oben genannter gesetzlicher Bestimmungen kein Anspruch auf
Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Vorlageantrag
Mit Schreiben vom 22. 4. 2015, eingebracht mit Telefax vom 23. 4. 2015, stellte die Bf durch ihre Sachwalterin Vorlageantrag:
Die Antragstellerin stellt den Antrag auf Entscheidung über ihre Beschwerde vom 20_6 2014 gegen den Bescheid vom 16. Mai 2014 vom Finanzamt Wien 3/617/11/15 Schwechat Gerasdorf, VSNR 3*****, durch das Bundesfinanzgericht
Die Antragstellerin hat eine traumatische frühe Kindheit (Jugendwohlfahrtsbetreuung und Fremdunterbringung ab dem dritten Lebensjahr) hinter sich. Jene krankheitswertigen Störungen, die zur festgestellten Behinderung und Erwerbsunfähigkeit geführt haben, nämlich die Intelligenzminderung der Antragstellerin in Kombination mit ihrer Persönlichkeitsstörung haben ihre Wurzeln, wenn nicht schon in gegebener Veranlagung so doch jedenfalls in der frühesten Kindheit und den vielen desaströsen Erfahrungen der Antragstellerin während ihrer Entwicklung.
Das zeigt sich auch in dem nun ausgehobenen Befund des psychologischen Dienstes des AMS LGS Linz vom 22-6-2009 (vor Ewigkeiten angefragt und nun doch noch leider jetzt erst aufgetaucht). Neben einer Darstellung der Lebensgeschichte der Antragstellerin (einschließlich schon damals gescheiterter Bemühungen zur beruflichen Integration) heißt es: "Zusammenhängend mit der persönlichen Instabilität und sozialen Anpassungsschwierigkeiten ist bereits seit Jahren und auch nach wie vor von einer fast unveränderten Situation auszugehen und somit von nicht realistisch erscheinender Unterbringungsmöglichkeit am Normalarbeitsmarkt ... bzw. somit steht mehr die Existenzabsicherung im Vordergrund (zB auch über Sozialhilfe)."
Beweis: Befund des psychologischen Dienstes des AMS LGS Linz vom 22.6.2009.
Befund des psychologischen Dienstes
Der angesprochene Befund des psychologischen Dienstes des AMS vom 22. 6. 2009, erstellt von Dr. Georg H*****, Klinischer Gesundheits- und Arbeitspsychologe, enthält unter anderem dataillierte Ausführungen zum Lebenslauf der Bf, insbesondere auch deren zahlreichen vergeblichen Arbeitsversuchen. Zum Krankheitsbild wird unter anderem ausgeführt:
Persönlichkeitsdiagnastisch ist ihre persönliche Selbstbeschreibung beim Freiburger-Persönlichkeits-Inventar FPI-R gekennzeichnet durch ein auffallend hohes Ausmaß an aggressivem Verhalten bzw. reaktiver aggressiver Durchsetzung gegenüber anderen (dies wird auch beimTest und im Gespräch recht deutlich!), verstärkte Betroffenheit von körperlichen Beschwerden, durchaus gegebene aktive Leistungs- u. Handlungsorientierung, sowie auch sozial verantwortliche u. hilfsbereite Orientierung.
Folgende Stellungnahme gab der Psychologe ab:
Dem schwächeren Gesamtergebnis bei der intellektueller Leistungsüberprüfung entspricht grundsätzlich der Grenzbereich zwischen einfach qualifiziertem berufsbezogenem Ausbildungsniveau und dem Anlern- bzw. Hilfsbereich, bezüglich der ausgeprägten schulabhängigen Schwächen u. auch Einschränkungen/Mängeln bei den Arbeitshaltungen u. im Sozialverhalten erscheinen die Voraussetzungen für berufliche Qualifizierungen nicht himeichend u. angemessen vorhanden und diesbezüglich wäre ein längerdauerndes Arbeitstraining sinnvoll u. zu empfehlen zB. auch im geschützten Bereich mit sozialpädagogischer Begleitung etwa im Rahmen von beruflichen Vorschulungseinrichtungen (z.B. in regionaler Nähe Hof T***** od. St. E***** oder auch Geschützte Werkstätten u.ä. -jedoch von vornherein mit klarer Ablehnung : "ich gehe da sicher nicht hin"), zusammenhängend mit der persönlichen Instabilität und sozialen Anpassungsschwierigkeiten ist bereits seit Jahren und auch nach wie vor von einer fast veränderten Situation auszugehen und somit von nicht realistisch erscheinender Unterbringungsmöglichkeit am Normalarbeitsmarkt (somit bisher auch stets Abbrüche aller bisherigen Integrationshilfe in den Arbeitmarkt durch AMS-Jgdl. Kurse od. zuletzt Beschäftigungsprojekt R***** zusammenhängend mit vorhandenen Verhaltensauffälligkeiten) bzw. somit steht mehr die Existenzabsicherung im Vordergrund (z.B. auch über Sozialhilfe).
Vorlage
Mit Bericht vom 11. 1. 2016 legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter anderem aus:
Folgende Bescheide sind angefochten:
Gegenstand: Familienbeihilfe Datum Bescheid: 16.05.2014
Jahr/Zeitraum: 01.07.2013 Datum Beschwerde: 20.06.2014
Fachgebiet: Familienlastenausgleich Datum BVE: 17.03.2015
Gesamter Senat beantragt: Nein Datum Vorlageantrag: 23.04.2015
Verfahrenskategorie: Beih Mündliche Verhandlung beantragt: Nein
Sachverhalt:
Frau Mag. A***** beantragt als Sachwalterin die Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe für Fr. Martina K***** ohne Antragszeitpunkt im Juli 2013. Aufgrund der vorgelegten Befunde werden im Erstgutachten 30 % und im zweiten Gutachten wegen weiterer Unterlagen 50 % mit dauerner Erwerbsunfähigkeit ab Oktober 2012 bescheinigt. Zu diesem Zeitpunkt war Fr. K***** bereits 23 Jahre alt und befand sich nicht in Berufsausbildung. Die Beschwerde wurde deshalb abgewiesen. Im Vorlageantrag wurde ein Befund eines Psychologen aus dem Jahr 2009 vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass eine Integration in den normalen Arbeitsmarkt unmöglich scheint und die Existenzabsicherung (auch über Sozialhilfe) im Vordergrund stehe.
Beweismittel:
Befund Dr. H***** (klin. Gesundheits- und Arbeitspsychologe), Vorlageantrag beigelegt; Gutachten vom 19.3.2015 und 16.5.2014
Stellungnahme:
Fr. K***** befand seit dem Abbruch der Lehre 2006 in keiner Berufsausbildung. Für die Gewährung der (erhöhten) Familienbeihilfe muss eine dauernde Erbwerbsunfähigkeit vor dem vollendeten 21. Lebensjahr vorliegen. Die dauernde Erwerbsunfähigkeit wird aber erst ab 1.10.2012 bescheinigt (nach Vollendung des 21. Lebensjahres).
Beschluss vom 18. 1. 2016
Mit beiden Parteien übermitteltem Beschluss vom 18. 1. 2016 trug das Bundesfinanzgericht der belangten Behörde auf:
I. Der belangten Behörde Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf wird unter Hinweis auf die Säumnisfolge des § 266 Abs. 4 BAO aufgetragen, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses den Antrag der Beschwerdeführerin M***** K***** vom 26. 7. 2013, über den der angefochtene Bescheid vom 16. 5. 2014 abspricht, dem Gericht (in Kopie bzw als PDF) vorzulegen oder anzugeben, dass ein derartiger Antrag nicht existiert.
II. Außerdem möge die belangte Behörde innerhalb dieser Frist mitteilen, in welcher Form der aktenkundige Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. 7. 2013, der belangten Behörde am 30. 7. 2013 übermittelt, von ihr erledigt wurde.
Dies wurde folgendermaßen begründet:
Das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf hat dem Bundesfinanzgericht am 11. 1. 2016 die Beschwerde der M***** K***** vom 16. 5. 2014 gegen den Abweisungsbescheid vom 16. 5. 2014 vorgelegt. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. 5. 2014 hat das Finanzamt den "Antrag vom 26. 7. 2013 auf erhöhte Familienbeihilfe" für die Bf "ab Juli 2013" abgewiesen. Unter „Erstantrag mit erh. FBH“ legte das Finanzamt im Zuge der Beschwerdevorlage Unterlagen vor, aus denen sich ergibt, dass M***** K***** mit Telefax vom 30. 7. 2013 durch ihre Sachwalterin einen Antrag auf Familienbeihilfe mit dem Formular Beih 1 und einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung mit dem Formular Beih 3 gestellt hat. Das Begleitschreiben ist mit 30. 7. 2013 datiert, das Telefax ebenfalls mit 30. 7. 2013. Die beiden Formulare Beih 1 und Beih 3 weisen klar sichtbar das Unterfertigungsdatum 24. 7. 2013 auf. Eingangsvermerke der belangten Behörde sind nirgends erkenntlich. Der Antrag vom 26. 7. 2013, über den der angefochtene Bescheid abgesprochen hat, wurde dem Gericht vom Finanzamt bislang nicht vorgelegt. Aus den vorgelegten Akten ist ferner nicht ersichtlich, dass und bejahendenfalls wie die am 30. 7. 2013 dem Finanzamt übermittelten Anträge auf Familienbeihilfe und auf den Erhöhungsbetrag an Familienbeihilfe vom 24. 7. 2013 erledigt wurden. Gemäß § 266 BAO hat die Behörde dem Gericht die Akten des Verwaltungsverfahrens (vollständig) vorzulegen. Gemäß § 2a BAO gelten die Bestimmungen der BAO (Bundesabgabenordnung) sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. Gemäß § 183 Abs. 4 BAO ist den Parteien vor Erlassung des abschließenden Sachbescheides Gelegenheit zu geben, von den durchgeführten Beweisen und vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu zu äußern. In tatsächlicher Hinsicht ist auf die elektronische Aktenvorlage des Finanzamts zu verweisen. In rechtlicher Hinsicht wird auf die gefestigte Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts zu Abweisungsbescheiden in Familienbeihilfeangelegenheiten, die den Antrag, über den sie absprechen, unzutreffend bezeichnen, hingewiesen (vgl. BFG 10. 4. 2014, RV/7100643/2014; BFG 9. 9. 2014, RV/7103494/2012; BFG 2. 2. 2015, RV/7103048/2014; BFG 5. 6. 2015, RV/7104516/2014).
E-Mail vom 8. 2. 2016
Das Finanzamt gab mit E-Mail vom 8. 2. 2016 bekannt:
Betreffend der Beschwerde von Frau M***** K*****, vertreten durch die Sachwalterin Mag. Margot A*****, wird mitgeteilt, dass es keinen Antrag datiert mit 26.7.2013 gibt. Der einzige existente Antrag wurde per Fax am 30.7.2013 eingebracht, unterfertigt am 24.7.2013, wurde im System falsch mit 26.7.2013 (siehe Anhang) angemerkt und mit einer Abweisung erledigt.
Aus dem Anhang ergibt sich:
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) M***** K***** stellte mit Telefax vom 30. 7. 2013 durch ihre Sachwalterin einen Antrag auf Familienbeihilfe mit dem Formular Beih 1 und einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihife wegen erheblicher Behinderung mit dem Formular Beih 3 und schloß diesen Anträgen verschiedene Unterlagen bei.
Das Begleitschreiben ist mit 30. 7. 2013 datiert, das Telefax ebenfalls mit 30. 7. 2013. Die beiden Formulare Beih 1 und Beih 3 weisen klar sichtbar das Unterfertigungsdatum 24. 7. 2013 auf. Eingangsvermerke der belangten Behörde sind nirgends ersichtlich.
Dieser Antrag wurde vom Finanzamt im EDV-System falsch mit dem Datum 26. 7. 2013 angemerkt. Ein Antrag der Bf mit Datum 26. 7. 2013 existiert nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag der Bf "vom 26. 7. 2013" abgewiesen.
Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen stützen sich auf die Aktenlage und die E-Mail des Finanzamts vom 8. 2. 2016.
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids
Gemäß § 10 Abs. 1 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe nur auf Antrag gewährt und ist die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4 FLAG 1967) besonders zu beantragen.
Der angefochtene Bescheid vom 16. 5. 2014 spricht mit der Abweisung eines Antrags „vom 26. 7. 2013“ über ein Anbringen ab, das überhaupt nicht gestellt wurde.
Für die Bedeutung einer Aussage im Spruch eines Bescheides kommt es darauf an, wie der Inhalt objektiv zu verstehen ist, und nicht, wie ihn die Abgabenbehörde verstanden wissen wollte oder wie ihn der Empfänger verstand (VwGH 15. 12. 1994, 93/15/0243).
Bei eindeutigem Spruch ist die Begründung nicht zu seiner Ergänzung oder Abänderung heranzuziehen (VwGH 23. 1. 1996, 95/05/0210).
Da die Bf am 26. 7. 2013 keinen Antrag auf Familienbeihilfe gestellt hat, durfte die belangte Behörde einen derartigen Antrag auch nicht abweisen.
Es kann angehen, wenn anstelle des Datums der Einreichung eines schriftlichen Anbringens als solches das im Anbringen angeführte Datum oder das Datum des Einlangens dieses Anbringens angeführt wird, wenn damit das Anbringen ohne Zweifel zu identifizieren ist. Es ist aber fehlerhaft, ein Anbringen mit einem gänzlich anderen Datum zu bezeichnen.
Das richtige Datum eines Anbringens bzw dessen Einlangens oder dessen Postaufgabe ist nicht nur für dessen Identifizierbarkeit, sondern auch für die Berechnung von Fristenläufen maßgebend.
Die richtige Bezeichnung von Anbringen (§ 85 BAO) und Bescheiden (§§ 92 - 96 BAO) ist gerade im Familienbeihilfenverfahren von Bedeutung (vgl. das auf Grund einer Amtsbeschwerde ergangene Erkenntnis VwGH 10. 12. 2013, 2012/16/0037). Es ist keineswegs völlig unüblich, dass von Beihilfewerbern hintereinander an verschiedenen Tagen Anbringen mit unterschiedlichem Inhalt gestellt werden.
Wie ausgeführt, ist gemäß § 10 FLAG 1967 die Familienbeihilfe nur über Antrag zu gewähren. Dem Antragsdatum kommt daher, anders als etwa bei von Amts wegen einzuleitenden Verfahren wie einem Verfahren zur Rückforderung von Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG 1967, im Verfahren betreffend Zuerkennung von Familienbeihilfe wesentliche Bedeutung zu.
Als Sache des Beschwerdeverfahrens, somit als Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, ist jene Angelegenheit anzusehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. für viele etwa VwGH 10. 11. 2015, Ro 2015/19/0001, oder VwGH 29. 1. 2015, 2012/15/0030).
Anders als etwa bei mangelhaften Eingaben, die auch vom Bundesfinanzgericht gemäß § 269 Abs. 1 BAO i. V. m. § 85 Abs. 2 BAO einem Mängelbehebungsverfahren unterzogen werden können, oder bei einer Entscheidung "in der Sache" durch Änderung des Spruches des angefochtenen Bescheides gemäß § 278 Abs. 1 BAO ist es dem Bundesfinanzgericht im Bescheidbeschwerdeverfahren verwehrt, durch Änderung des Antragsdatums, auf das sich ein antragsbedürftiger Bescheid in seinem Spruch bezieht, den Prozessgegenstand auszutauschen.
Spricht ein antragsbedürftiger Bescheid über einen Antrag vom Tag X ab, ist Sache des Bescheidbeschwerdeverfahrens ein Antrag vom Tag X und nicht ein solcher vom Tag Y. Hat die Behörde mit ihrem Bescheid ein nicht gestelltes Anbringen vom Tag X vermeintlich erledigt, ist der diesbezügliche Bescheid ersatzlos aufzuheben. Ein allfällig am Tag Y gestelltes Anbringen wurde mit einem Bescheid, der über einen Antrag vom Tag X abspricht, hingegen nicht erledigt, und ist gegebenenfalls einer Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO zugänglich.
Aufhebung des angefochtenen Bescheides
Der Abweisungsbescheid vom 16. 5. 2014 betreffend einen nicht gestellten Antrag vom 26. 7. 2013 ist daher schon aus diesem Grund rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG); er ist gemäß § 279 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufzuheben (vgl. BFG 10. 4. 2014, RV/7100643/2014; BFG 9. 9. 2014, RV/7103494/2012; BFG 2. 2. 2015, RV/7103048/2014; BFG 5. 6. 2015, RV/7104516/2014; BFG 2. 2. 2016, RV/7101204/2015).
Hinweise für das weitere Verfahren
Da das mit 24. 7. 2013 datierte und am 30. 7. 2013 eingebrachte Anbringen der Bf, ihr Familienbeihilfe unter Berücksichtigung des Erhöhungsbetrages nach § 8 Abs. 4 FLAG 1967 zu gewähren, somit nach wie vor unerledigt ist, wird das Finanzamt in weiterer Folge über dieses Anbringen - Gewährung von Familienbeihilfe (Grundbetrag) unter Berücksichtigung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung - zu entscheiden zu haben.
Vorerst ist festzuhalten, dass das Finanzamt mit dem Bescheid vom 16. 5. 2014 über Familienbeihilfe "ab Juli 2013" abgesprochen hat.
Dies war bei einem Antrag, Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag "ab dem Zeitpunkt des Eintrittes der erheblichen Behinderung, den die/der medizinische Sachverständige feststellt im Höchstausmaß von rückwirkend fünf Jahren ab Antragstellung" zu gewähren, zutreffend, da das dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Gutachten eine nicht i. S. d. § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erheblichen Behinderung (30%) festgestellt hat.
Sollte das weitere Verfahren eine i. S. d. § 8 Abs. 5 FLAG 1967 erhebliche Behinderung ergeben, wird darauf zu achten sein, dass die Bf Familienbeihilfe und Erhöhungsbetrag ab dem Zeitpunkt des Eintritts der erheblichen Behinderung, begrenzt mit fünf Jahren vor Antragstellung im Juli 2013, beantragt hat.
Mit dem Vorlageantrag hat die Bf einen Befund des psychologischen Dienstes
des AMS Linz vom 22. 6. 2009 vorgelegt. Damals befand sich die Bf im 20. Lebensjahr.
Es kann im Hinblick auf die - hier nur auszugsweise wiedergegebenen - detaillierten Ausführungen in diesem Befund nicht ausgeschlossen werden, dass dieses Beweismittel zu einer anderen Einschätzung durch das Sozialministeriumservice als in den bisherigen Gutachten führt.
Das Sozialministeriumservice konnte sich bisher nicht mit dem mit dem Vorlageantrag vorgelegten Beweismittel auseinandersetzen.
Im Sinne der ständigen Rechtsprechung des BFG ist daher vor Erledigung des mit 24. 7. 2013 datierten und am 30. 7. 2013 eingebrachten Anbringens durch das Finanzamt ein neuerliches Gutachten des Sozialministeriumservice einzuholen, wobei bei der Gutachtensanforderung der Befund vom 22. 6. 2009 dem Sozialministeriumservice vollständig zu übermitteln ist (vgl. BFG 10. 11. 2015, RV/7105545/2014; BFG 19. 7. 2015, RV/7104999/2014; BFG 20. 4. 2015, RV/7103843/2014; BFG 6. 4. 2015, RV/7103602/2014; BFG 23. 3. 2015, RV/7105504/2014; BFG 2. 3. 2015, RV/7100039/2015; BFG 21. 7. 2014, RV/7101144/2014; BFG 17. 3. 2014, RV/7100539/2014).
Nichtzulässigkeit einer Revision
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig, da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Wien, am 1. März 2016
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG |
betroffene Normen: | § 8 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise: | VwGH 29.01.2015, 2012/15/0030 |