VwGH Ro 2017/07/0007

VwGHRo 2017/07/000727.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der Republik Österreich, vertreten durch den Landeshauptmann von Steiermark als Verwalter des öffentlichen Wassergutes, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 12. Dezember 2016, Zl. LVwG 46.23-2324/2016-20, betreffend wasserrechtliche Bewilligung und Einräumung von Dienstbarkeiten (belangte Behörde:

Landeshauptmann von Steiermark; mitbeteiligte Partei: K GmbH in J, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §56 impl;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §47 Abs5 idF 2013/I/033;
VwGG §47 idF 2013/I/033;
WRG 1959 §12;
WRG 1959 §60 Abs1 litc;
WRG 1959 §60;
WRG 1959 §63;
WRG 1959 §64;
WRG 1959 §72 Abs1 litb;
WRG 1959 §72 Abs1;
WRG 1959 §72;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RO2017070007.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 11. Juli 2016 erteilte die belangte Behörde, der Landeshauptmann von Steiermark (im weiteren: LH), der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftanlage "KW S L" (im Folgenden: WKA) mit einer Engpassleistung von 564 kW (Jahresarbeitsvermögen 1665 GWh) unter Auflagen (Spruchpunkt I.).

Der LH räumte der mitbeteiligten Partei und ihren Rechtsnachfolgern hinsichtlich des in Spruchpunkt I. verliehenen Wasserbenutzungsrechts zu Lasten der im bücherlichen Eigentum der Revisionswerberin als öffentlichem Wassergut stehenden, näher konkretisierten Grundstücke gemäß § 63 lit. b WRG 1959 zur Errichtung, Erhaltung und zum Betrieb der WKA im Enteignungsweg genauer bezeichnete Dienstbarkeitsrechte ein; diese bestanden in der Grundinanspruchnahme für Bauwerke im Ausmaß von 239,00 m2 sowie in der Grundinanspruchnahme für Sohlsicherungen und benützte Flächen im Ausmaß von 653,50 m2 (Spruchpunkt II.A).

Mit Spruchpunkt II.B setzte der LH für die Einräumung der in Spruchpunkt II.A bezeichneten Dienstbarkeitsrechte eine zu leistende Gesamtentschädigung in der Höhe von EUR 913,04 als einmaligen Pauschalbetrag fest.

2 Dagegen erhob die Revisionswerberin beim Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) Beschwerde.

3 Am 22. November 2016 führte das LVwG eine mündliche Verhandlung durch, bei der ua der energiewirtschaftliche Amtssachverständige ein Gutachten erstattete. Zum Bedarf an der Wasserkraftanlage verwies er zum einen darauf, dass für den Anteil erneuerbarer Energiequellen das nationale Ziel für Österreich in Abstimmung mit der Europäischen Union mit 34 % bis zum Jahr 2020 festgelegt worden sei, zum anderen auf die "Energiestrategie Steiermark 2025". Nach einer zahlenmäßig belegten Darstellung der zu erwartenden Verfehlung dieses Ziels und der dahinter stehenden Entwicklungen vertrat er den Standpunkt, dass es zur Erreichung der energiewirtschaftlichen Ziele notwendig wäre, alle möglichen zur Verfügung stehenden Optionen von erneuerbaren Energiequellen zu nutzen, wobei in Summe das Potential einer größeren Anzahl kleinerer Anlagen höher sei als jenes der größeren Anlagen. Nach Erläuterung des Beitrags des gegenständlichen Wasserkraftwerks zur Erreichung der energiewirtschaftlichen Zielsetzungen des Landes Steiermark heißt es mit näherer Begründung, dass die zusätzlich bereit gestellte Energiemenge geeignet sei, einen nennenswerten Beitrag zur Erreichung der energiewirtschaftlichen Zielsetzungen zu leisten.

4 Das LVwG wies mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2016 die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG in Verbindung mit §§ 12 Abs. 2, 63 lit. b, 102 und 105 WRG 1959 als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erklärte gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für zulässig (Spruchpunkt II.).

5 Das LVwG führte in seiner - im Wesentlichen auf die Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen (ASV) sowie des ASV für Energiewirtschaft gestützten - Begründung zusammengefasst aus, vom Verwalter des öffentlichen Wassergutes sei keine Zustimmung für die Inanspruchnahme des öffentlichen Wassergutes erteilt worden. Da es zu keiner gütlichen Einigung gekommen sei, sei in weiterer Folge die Einräumung eines Zwangsrechts beantragt worden. Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens seien ausschließlich die Spruchpunkte I. und II.A, da der Verwalter des öffentlichen Wassergutes sich gegen die Zwangsrechtseinräumung gewandt und ausgeführt habe, dass diese nicht vorgenommen hätte werden dürfen und somit auch die wasserrechtliche Bewilligung abgewiesen hätte werden müssen.

6 Bei der Einräumung eines Zwangsrechtes müsse grundsätzlich zuerst der Bedarf geprüft werden; bei einem Kraftwerk müsse dieser Bedarf aus energiewirtschaftlicher Sicht gegeben sein. Gerade dieser Bedarf sei im vorliegenden Verfahren durch die Beiziehung eines energiewirtschaftlichen Sachverständigen nochmals überprüft worden und habe dieser in seinem Gutachten schlüssig ausgeführt, dass sehr wohl ein Bedarf an der Erzeugung der erneuerbaren Energie bestehe. Unter dem Aspekt, dass Großkraftwerke nicht in unbeschränkter Zahl realisierungsfähig seien, stellten gerade kleine Kraftwerke, wie das verfahrensgegenständliche, einen wesentlichen Beitrag zur Zielerreichung aus energiewirtschaftlicher Sicht dar.

7 Die gegenständliche WKA diene dem öffentlichen Interesse an der Nutzung der Wasserkraft als erneuerbarer Energiequelle und es sei auch tatsächlich ein Mangel an erneuerbarer Energie und somit ein Bedarf an der Erzeugung derselben gegeben, wie sich aus den Ausführungen des Amtssachverständigen ableiten lasse. Auch wenn es sich beim gegenständlichen Wasserkraftwerk um ein Kleinwasserkraftwerk handle, leiste ein derartiges Kraftwerk in der Summe einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Energieziele. Durch die Realisierung des gegenständlichen Kraftwerks würden drei Kraftwerke zusammengelegt und es entfielen damit zwei Querbauwerke; darin liege eine wesentliche Verbesserung in ökologischer Sicht. Auch werde dadurch die Erzeugung erneuerbarer Energie erheblich erhöht. Die gegenständliche WKA entspreche etwa der Menge von 40 % einer größeren Biogasanlage (von 500 kW).

8 Der wasserbautechnische ASV habe festgehalten, dass die durch das Zwangsrecht betroffenen Grundflächen für die technische und wirtschaftliche einwandfreie Ausübung und Realisierung des Projekts jedenfalls unbedingt erforderlich seien. Diese Flächen könnten nicht auf andere Weise beschaffen werden.

9 Zum Beschwerdevorbringen, wonach die durch die WKA unbedingt erforderlichen Grundflächen zu gering berechnet worden seien, werde festgehalten, dass im Zuge des Verfahrens vor dem LVwG eine Überprüfung der technisch unbedingt erforderlichen Flächen durchgeführt und festgestellt worden sei, dass die dem Bescheid zu Grunde gelegten Dienstbarkeitsflächen jedenfalls erforderlich und angemessen seien.

10 Die ordentliche Revision sei zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Thematik der Enteignung des öffentlichen Wassergutes fehle.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.

12 Mit Schriftsatz vom 6. Februar 2017 erstattete die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragte.

13 Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2017 erstattete auch die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragte.

14 1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abhängt, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15 Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

17 2.1. Das LVwG ließ gegen das angefochtene Erkenntnis die ordentliche Revision gemäß § 25a VwGG mit der Begründung zu, dass eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur "Thematik der Enteignung des öffentlichen Wassergutes" fehle.

18 Mit dieser Formulierung wird aber keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargestellt; es handelt sich dabei nur um eine allgemeine Umschreibung eines wasserrechtlichen Themengebietes, nicht aber um eine konkrete und präzise rechtliche Fragestellung.

19 Sollte das LVwG mit der "Thematik der Enteignung des öffentlichen Wassergutes" die Frage nach der Zulässigkeit einer solchen Vorgangsweise gemeint haben, so übersieht es zudem auch, dass dazu bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2002, 2001/07/0069).

20 Mit der Begründung des LVwG für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wird daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bezeichnet.

21 2.2. Für die Revisionswerberin bedeutet dies, dass sie von sich aus Gründe geltend machen musste, aus denen sich die Revision als zulässig erwiese.

22 Der Verwaltungsgerichtshof kann auch eine (ordentliche) Revision annehmen, die von einer anderen als der in der Zulässigkeitsbegründung des LVwG in der Revision angesprochenen, grundsätzlichen Rechtsfrage abhängt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 2014, Ro 2014/03/0078). In einem solchen Fall ist von der revisionswerbenden Partei auf die vorliegende Rechtssache bezogen bezüglich jeder von ihr - über die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes hinaus - als von grundsätzlicher Bedeutung qualifizierten Rechtsfrage konkret (unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) aufzuzeigen, warum der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsfrage in einer Entscheidung über die Revision als solche von grundsätzlicher Bedeutung zu behandeln hätte, von der die Lösung der Revision abhängt (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 30. Juni 2015, Ro 2015/03/0021, und vom 31. März 2016, Ro 2016/07/0002).

23 2.3. Die Revision trifft im Zusammenhang mit der "Thematik der Enteignung des öffentlichen Wasserguts" keine weiteren Ausführungen. Die Revision erachtet aber andere Fragestellungen als von grundsätzlicher Bedeutung und sieht die Zulässigkeit der Revision insbesondere aus den in Punkten 2.2.1 und 2.2.2 der Revision dargestellten Überlegungen als gegeben.

24 3. Zur ersten Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung (Punkt 2.2.1.) verweist die Revisionswerberin darauf, dass das von ihr im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte Gutachten des DI S ergeben habe, dass für das gesamte Projekt der mitbeteiligten Partei eine Grundinanspruchnahme von rund 1.570 m2 notwendig wäre. Im Gegensatz hierzu sei mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 2016 auf Basis des Gutachtens des DI B ausgesprochen worden, dass öffentliches Wassergut für Bauwerke im Ausmaß von 239 m2 und für Sohlsicherungen und sonstige benützte Flächen von 653,50 m2 beansprucht würde. Das LVwG habe die vom Gutachten des DI S zusätzlich erfassten Flächen unberücksichtigt gelassen und sei offenbar rechtsirrig davon ausgegangen, dass eine wasserrechtlich bewilligungspflichtige Anlage fremde Rechte nur dann berühre, wenn damit dauerhafte bzw. schwerwiegende Eingriffe in die Substanz des Grundeigentums verbunden seien, während bloß temporär wirkende bzw. die in § 4 Abs. 2 WRG 1959 festgelegten Widmungszwecke nicht beeinträchtigende Auswirkungen a priori ohne Relevanz wären.

Die mangels Zustimmung notwendige Zwangsrechtseinräumung beziehe sich daher nicht auf die gesamte vom Projekt in Anspruch genommene Fläche. Die dennoch erfolgte Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung stehe daher im Widerspruch zum Gesetz.

25 3.1. Das LVwG holte im Hinblick auf die divergierenden Gutachten der DI S und DI B ein Gutachten des wasserbautechnischen ASV ein, welches zum Ergebnis kam, dass aus fachlicher Sicht jene Flächen zur dauerhaften Inanspruchnahme unbedingt erforderlich seien, die im Gutachten des DI B bereits beschrieben worden seien. Die höhere Flächeninanspruchnahme des Gutachtens des DI S sei aus wasserbautechnischer Sicht nicht erforderlich. Das LVwG stützte sich in seiner rechtlichen Beurteilung auf dieses Gutachten.

26 3.2. Vorauszuschicken ist, dass die Revisionswerberin irrt, wenn sie meint, es seien bei der Zwangsrechtseinräumung die Flächen für die Bauwerke (von 239,00 m2) unberücksichtigt geblieben. Dem in Revision gezogenen Erkenntnis, mit dem der in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde aufrecht erhalten wurde, ist die Einräumung eines Zwangsrechts zum einen für die Grundinanspruchnahme für Bauwerke (239,00 m2) und zum anderen für Grundinanspruchnahme für Sohlsicherungen und benützte Flächen (653,50 m2) zu entnehmen.

27 3.3. Die Revisionswerberin verkennt den Umstand, dass das WRG 1959 zwischen einer vorübergehenden und einer dauerhaften Inanspruchnahme von fremden Grundstücken zur Wasserbenutzung differenziert.

28 Für die vorübergehende Inanspruchnahme von fremden Grundstücken zur Ausführung und Erhaltung von Wasserbauten sieht § 72 Abs. 1 lit. b WRG 1959 eine Legalservitut vor, die eine Benutzung benachbarter Grundstücke ohne Zustimmung des betroffenen Grundeigentümers und ohne wasserrechtliches Verfahren ermöglicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2009, 2007/07/0008). Die Einräumung von Zwangsrechten nach den §§ 60 ff WRG 1959 erweist sich aber nur dann als erforderlich, wenn die damit verbundenen Eingriffe in Rechte Dritter den durch § 72 Abs. 1 WRG 1959 gesteckten Rahmen übersteigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2016, Ro 2014/07/0020). Daher scheidet die Einräumung eines Zwangsrechtes für die im § 72 leg. cit. genannten gesetzlichen Verpflichtungen aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 2000, 99/07/0094).

29 Da es sich bei den in § 72 WRG 1959 vorgesehenen Verpflichtungen um eine Legalservitut handelt, ist es - entgegen der Ansicht der Revisionswerberin - auch nicht notwendig, darüber im Bewilligungsbescheid abzusprechen.

30 3.4. Die Differenzierung zwischen einer durch die Legalservitut gedeckten vorübergehenden Inanspruchnahme von Grundflächen zum einen und der dauerhaften Inanspruchnahme von Grundflächen, bei der mangels Zustimmung eine Zwangsrechtseinräumung notwendig ist, steht in Übereinstimmung mit der Rechtslage und der Rechtsprechung.

31 Auch aus den in der Revision zitierten hg. Erkenntnissen vom 25. Februar 2016, 2013/07/0044, bzw. vom 27. Juni 2002, 99/07/0163, ergibt sich nichts Gegenteiliges; in beiden Erkenntnissen ging es um eine dauerhafte Grundstücksinanspruchnahme, wo sich die Einräumung eines Zwangsrechts als notwendig erwies und mit einer Legalservitut nicht das Auslangen gefunden hätte werden können.

32 3.5. Der Revisionswerberin gelingt es somit nicht, mit diesem Vorbringen eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.

33 4. Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision weiters vor (Punkt 2.2.2.), es mangle an einem gemäß § 63 lit. b WRG 1959 notwendigen Bedarf für eine Enteignung. Das LVwG beschränke sich in seinen diesbezüglichen rechtlichen Ausführungen auf den allgemeinen Hinweis, dass die verfahrensgegenständliche Anlage einem öffentlichen Interesse an der Nutzung der Wasserkraft diene und ein Mangel an erneuerbarer Energie gegeben sei. Daraus könne - entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 2016, 2013/07/0044 - ebenso wenig wie aus dem eingeholten energiewirtschaftlichen Gutachten ein Bedarf abgeleitet werden. Indem das LVwG bei der Beurteilung des Bedarfs nach dem Eingriff in das Eigentumsrecht der Revisionswerberin in einer den Ermessensspielraum verletzenden Weise vorgegangen sei, weiche das Erkenntnis von der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

34 4.1. Bevor in die Interessenabwägung iSd §§ 63 und 64 WRG 1959 einzugehen ist, muss das Vorliegen eines Bedarfs eines Eingriffs in die Rechte Dritter begründet werden. Fehlt es an der Erforderlichkeit selbst, so erweist sich eine Interessenabwägung als nicht mehr notwendig (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. April 2012, 2010/07/0127, und vom 29. September 2016, 2013/07/0229).

35 Es muss also ein Bedarf nach diesem Eingriff in Rechte Dritter gegeben sein. Unter "Bedarf " ist begrifflich ein Mangelzustand zu verstehen. Ein solcher Zustand ist vernünftigerweise nicht anzunehmen, wenn hinreichend andere Befriedigungsmöglichkeiten bestehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2012, 2010/07/0084, und vom 22. Dezember 2016, Ro 2014/07/0019).

36 4.2. Die Beurteilung des Vorliegens des Bedarfs an dem gegenständlichen Kleinkraftwerk stellte eine Entscheidung im Einzelfall dar. Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel.

37 4.3. Im vorliegenden Fall stützte sich das LVwG zur Begründung des Bedarfs auf das Gutachten des ASV für Energiewirtschaft; es erachtete dessen Inhalt als vollständig und schlüssig.

38 Das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach der vom energiewirtschaftlichen ASV errechnete Beitrag des Vorhabens zur Erreichung des angestrebten Anteils an erneuerbarer Energie in der Steiermark äußerst gering bzw. vernachlässigbar erscheine und durch andere Energiequellen abgedeckt werden könne, vermag die Tauglichkeit des Gutachtens des ASV nicht zu erschüttern. Um die Unschlüssigkeit des Gutachtens darzulegen, wäre es vielmehr notwendig gewesen, konkret und mit näherer Begründung darzulegen, worin die Unschlüssigkeit eines Gutachtens liegen soll (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 2016, Ro 2014/06/0044).

Die Beweiswürdigung des LVwG kann nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre (vgl. den Beschluss vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/09/0104).

39 4.4. Die Revisionswerberin verweist auf das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2016, 2013/07/0044, und meint, im vorliegenden Fall sei diametral anders entschieden worden. Damit übersieht sie aber, dass der dem genannten Erkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt mit dem gegenständlichen nicht vergleichbar ist: Wie bereits dargelegt, stützte das LVwG die Begründung des Bedarfs an der Enteignung im vorliegenden Fall auf ein schlüssiges Gutachten des ASV und nicht - wie in dem dem Erkenntnis vom 25. Februar 2016 zugrunde liegenden Sachverhalt - auf bloße Behauptungen des Konsenswerbers. Darüber hinaus ging es im dortigen Erkenntnis um ein auch in Bezug auf die Engpassleistung (15 kW) nicht vergleichbares Kleinstkraftwerk.

40 Abgesehen davon begründete das LVwG im vorliegenden Fall den Bedarf nicht nur - wie im hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2016, 2013/07/0044 - allgemein mit dem öffentlichen Interesse an der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern, sondern zahlenmäßig belegt und bezogen auf nationale Zielvorgaben für den Anteil erneuerbarer Energiequellen. Auch daran scheitert die Vergleichbarkeit.

41 4.5. Es ist auch sonst nicht erkennbar, dass das LVwG in seine Einzelfallbeurteilung Aspekte einbezogen hätte, welche nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes völlig bedeutungslos sind, oder dass es die in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der in Rede stehenden Rechtsfrage entwickelten Grundsätze verkannt hätte.

42 Das LVwG ist daher auch im Hinblick auf die nach §§ 60 WRG 1959 erforderliche Bedarfsprüfung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

43 4.6. Der Revisionswerberin gelingt es somit nicht, eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.

44 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.

45 6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

46 7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

47 Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Kosten war abzuweisen, weil die belangte Behörde funktionell für die Revisionswerberin tätig geworden ist. Es erscheint gedanklich ausgeschlossen, dass ein und derselbe Rechtsträger sich selbst Kosten ersetzen kann. § 47 VwGG setzt zwei verschiedene Rechtsträger der obsiegenden und der unterlegenen Partei voraus, da nur unter dieser Voraussetzung einem solchen Rechtsträger Aufwandersatz "zufließen" kann (§ 47 Abs. 5 letzter Satz VwGG). Ein Kostenersatz, der auf eine bloße Umschichtung innerhalb des Rechenwerks desselben Rechtsträgers (wenn auch zwischen verschiedenen Budgetansätzen) hinausläuft, kann diesem Rechtsträger (hier: dem Bund) nicht "zufließen". Im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem

Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, kommt der Zuspruch von Kostenersatz daher nicht in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, 97/08/0442, mwN).

Wien, am 27. April 2017

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