VwGH Ro 2014/06/0044

VwGHRo 2014/06/00445.10.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision 1. des R W, 2. der P W, beide in P, beide vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 18. Juli 2013, Zl. RoBau-8-1/862/1-2013, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. T GesmbH in I, 2. Gemeinde P), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §7;
BauO Tir 2011 §22 Abs2 lita;
BauO Tir 2011 §26 Abs3 lita;
BauO Tir 2011 §26 Abs3 litb;
BauO Tir 2011 §26 Abs6;
BauO Tir 2011 §26;
BauO Tir 2011 §3 Abs1;
BauO Tir 2011 §53 Abs1;
BauRallg;
GdO Tir 2001 §29 Abs1;
GdO Tir 2001 §29 Abs7;
GdO Tir 2001 §48 Abs6;
ROG Tir 2011 §38 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §13;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §7;
BauO Tir 2011 §22 Abs2 lita;
BauO Tir 2011 §26 Abs3 lita;
BauO Tir 2011 §26 Abs3 litb;
BauO Tir 2011 §26 Abs6;
BauO Tir 2011 §26;
BauO Tir 2011 §3 Abs1;
BauO Tir 2011 §53 Abs1;
BauRallg;
GdO Tir 2001 §29 Abs1;
GdO Tir 2001 §29 Abs7;
GdO Tir 2001 §48 Abs6;
ROG Tir 2011 §38 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat den Revisionswerbern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bauansuchen vom 31. August 2011 beantragte die Erstmitbeteiligte (im Folgenden: Bauwerberin) beim Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienwohnhauses mit 17 Wohnungen und einer Tiefgarage, bestehend aus Untergeschoß, Erdgeschoß und zwei Obergeschoßen, auf dem Grundstück Nr. 445, KG P. Nach dem (zuletzt maßgeblichen Austausch‑)Einreichplan sind 22 Tiefgaragenparklätze und fünf oberirdische Stellplätze für Besucher vorgesehen. Das gegenständliche Baugrundstück ist nach dem Flächenwidmungsplan als "gemischtes Wohngebiet" nach § 38 Abs. 2 TROG 2011 gewidmet.

2 Der Erstrevisionswerber ist grundbücherlicher Eigentümer des südlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücks Nr. 968/1 (Weg), KG P.

3 Die Zweitrevisionswerberin ist grundbücherliche Eigentümerin der westlich bzw. südlich gelegenen Grundstücke Nr. 426, 427/1, 442, 444/2, KG P.

4 Die Revisionswerber erhoben vor und in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2012 Einwendungen gegen das Bauvorhaben.

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 15. Oktober 2012 wurde der Bauwerberin die Bewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben unter Auflagen erteilt.

6 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber die Berufung vom 31. Oktober 2012.

7 Mit Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 11. Dezember 2012 (Beschlussfassung am 10. Dezember 2012) wurde die Berufung der Revisionswerber als unbegründet abgewiesen.

8 Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Revisionswerber vom 9. Jänner 2013 wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18. Juli 2013 als unbegründet abgewiesen.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, § 29 der Tiroler Gemeindeordnung regle die Befangenheit der Mitglieder von Kollegialorganen. Sinn der Befangenheitsregelung sei die Wahrung der Unparteilichkeit der Amtsführung und der Schutz der jeweiligen Person vor einem Gewissenskonflikt. Gelinge es nach Absatz 7 dieser Bestimmung nicht, den Gemeindevorstand durch die Einberufung von Ersatzmitgliedern beschlussfähig zu machen, gehe die Zuständigkeit auf den Gemeinderat über. Im gegenständlichen Fall gehe aus dem Sitzungsprotokoll der Sitzung des Gemeinderates vom 10. Dezember 2012 hervor, dass aufgrund der Befangenheit eines Gemeindevorstandsmitglieds der Gemeindevorstand nicht mehr beschlussfähig gewesen sei; damit habe der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde als Berufungsbehörde entscheiden müssen, zumal die zweitmitbeteiligte Gemeinde keine Ersatzmitglieder für die Gemeindevorstände bestellt habe und der Bürgermeister bereits als Erstbehörde entschieden habe. In der Sache führte die belangte Behörde zum Einwand der Revisionswerber, die Verkehrssituation/Verkehrsproblematik in Bezug auf den Zufahrtsweg sei nicht geregelt, aus, dass die verkehrsmäßige Erschließung von Seiten der Behörde von Amts wegen gelöst werden müsse und daher von den Revisionswerbern nicht erfolgreich geltend gemacht werden könne.

Die Frage der Nutzung von Fremdgrund im Bereich der Zufahrt sei als ein zivilrechtlicher Einwand zu qualifizieren.

Es stehe fest, dass der maßgebliche Bereich im Flächenwidmungsplan als gemischtes Wohngebiet gemäß § 38 Abs. 2 TROG 2011 ausgewiesen sei. Die Errichtung einer Wohnanlage mit 17 Wohnungen und Tiefgarage widerspreche dieser Ausweisung nicht. Zu erwartende Immissionen, die von dieser Wohnanlage ausgingen, überstiegen nicht das übliche Ausmaß der zu erwartenden Immissionen dieser Widmungskategorie, sodass der Baubehörde nicht vorgeworfen werden könne, sie habe es verabsäumt, weitere Befunde und Gutachten einzuholen.

9 Nach § 26 Abs. 3 lit. b TBO 2011 komme den Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich der Bestimmungen über den Brandschutz zu. Dies sei aber nicht dahin zu verstehen, dass ihnen ein Mitspracherecht hinsichtlich sämtlicher denkbarer Aspekte des Brandschutzes zustehe, sondern vielmehr nur hinsichtlich jener Gefährdungen, die von der geplanten baulichen Anlage bzw. deren Benützung selbst ausgingen. Ein Mitspracherecht in Bezug auf Bestimmungen, die den Brandschutz betreffen, komme den Nachbarn dann zu, wenn die brandschutzrechtliche Bestimmung auch ihrem Schutz diene. Aus der Beurteilung der Landesstelle für Brandverhütung vom 19. Oktober 2011 gehe hervor, dass gegen die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung unter Einhaltung bestimmter Auflagen keine Einwände bestünden. Diese Auflagen seien in den Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde aufgenommen und die Planunterlagen hinsichtlich des Zuganges zum Heizraum im Haus B entsprechend adaptiert worden. Des Weiteren liege eine Stellungnahme des Bezirksfeuerwehrinspektors vom 1. Oktober 2010 vor. Es sei den Revisionswerbern nicht gelungen, die Unrichtigkeit dieser eingeholten Stellungnahmen aufzuzeigen, noch weniger seien sie diesen Stellungnahmen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten; die Belange des Brandschutzes seien somit seitens der Baubehörden ausreichend erhoben worden.

Das Gutachten des nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen sei schlüssig und nachvollziehbar und daher der Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt worden. Insbesondere habe der Sachverständige ausgeführt, dass das geplante Projekt dem Bebauungsplan entspreche.

10 Gegen diesen Bescheid erhoben die Revisionswerber zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 20. Februar 2014, B 974/2013-12, deren Behandlung abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

11 Die vom Verfassungsgerichtshof erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde gilt in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, als Revision, für deren Behandlung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2016, Ro 2014/10/0075, mwN).

12 Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragten die Revisionswerber die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu die Entscheidung in der Sache selbst.

13 Das in das Verfahren eingetretene Landesverwaltungsgericht Tirol hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

14 Die mitbeteiligten Parteien haben sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Im Revisionsfall ist im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde (10. Dezember 2012) folgende Rechtslage von Bedeutung:

Tiroler Bauordnung 2011 (TBO 2011), LGBl. Nr. 96/2012 (auszugsweise):

"§ 8

Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge

(1) Beim Neubau von Gebäuden und bei der Errichtung sonstiger baulicher Anlagen sind für die zu erwartenden Kraftfahrzeuge der ständigen Benützer und der Besucher der betreffenden baulichen Anlage außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen geeignete Abstellmöglichkeiten (Stellplätze oder Garagen) in ausreichender Anzahl und Größe einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrten zu schaffen. Diese Verpflichtung besteht auch bei jedem Zu- oder Umbau oder jeder sonstigen Änderung von Gebäuden, bei der Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden und bei der Änderung sonstiger baulicher Anlagen, soweit dadurch ein zusätzlicher Bedarf an Abstellmöglichkeiten entsteht. Die Anzahl der mindestens zu schaffenden Abstellmöglichkeiten ist in der Baubewilligung festzulegen. Die für Einkaufszentren erforderlichen Abstellmöglichkeiten dürfen nur in Form von Parkdecks oder unterirdischen Garagen errichtet werden. Dies gilt nicht für die Erweiterung von Einkaufszentren im Rahmen des § 114 Abs. 4, 5 und 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011.

...

(5) Die Gemeinde kann durch Verordnung unter Bedachtnahme auf die örtlichen Erfordernisse für bestimmte Arten von baulichen Anlagen die Anzahl der nach Abs. 1 erster Satz erforderlichen Abstellmöglichkeiten festlegen. Weiters kann die Gemeinde durch Verordnung festlegen, dass die nach Abs. 1 im Bauland oder für bauliche Anlagen auf Sonderflächen nach den §§ 43, 48, 48a und 50 und auf Vorbehaltsflächen nach den §§ 52 und 52a des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 erforderlichen Abstellmöglichkeiten zur Gänze oder zu einem bestimmten Teil nur in Form von Parkdecks oder unterirdischen Garagen errichtet werden dürfen, wenn dies im Interesse der bestmöglichen Nutzung des Baulandes bzw. der betreffenden Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen geboten oder zum Schutz der Gesundheit von Menschen oder zur Vermeidung unzumutbarer Belästigungen erforderlich ist. Eine solche Festlegung kann unter diesen Voraussetzungen auch für bestimmte Teile des Baulandes, für bestimmte Sonderflächen oder Vorbehaltsflächen oder allgemein für Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen, für die mindestens eine bestimmte Anzahl an Abstellmöglichkeiten zu schaffen ist, getroffen werden.

...

§ 9

Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge von Menschen mit

einer Behinderung

(1) Beim Neubau von Wohnanlagen, öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen, Einkaufszentren und sonstigen Gebäuden, die regelmäßig auch von Menschen mit einer Behinderung aufgesucht werden, sind beim betreffenden Gebäude Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge von Menschen mit einer Behinderung in einer dem jeweiligen Verwendungszweck des Gebäudes angemessenen Anzahl zu schaffen. Diese Verpflichtung besteht auch, wenn solche Gebäude durch die Änderung des Verwendungszweckes von bisher anderweitig verwendeten Gebäuden geschaffen werden. Diese Verpflichtung besteht weiters bei jedem Zu- oder Umbau oder jeder sonstigen Änderung solcher Gebäude und bei der Änderung des Verwendungszweckes solcher Gebäude, soweit dadurch ein zusätzlicher Bedarf an solchen Abstellmöglichkeiten entsteht. Die Anzahl der mindestens zu schaffenden Abstellmöglichkeiten ist in der Baubewilligung festzulegen. Diese ist auf die Anzahl der nach § 8 zu schaffenden Abstellmöglichkeiten anzurechnen.

...

§ 26

Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.

(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke,

a) die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren

Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen

Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen und

b) deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines

horizontalen Abstandes von 50 m zu einem Punkt der baulichen Anlage oder jenes Teiles der baulichen Anlage, die (der) Gegenstand des Bauvorhabens ist, liegen.

Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.

(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit

ein Immissionsschutz verbunden ist,

b) der Bestimmungen über den Brandschutz,

c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der

Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe,

d) der Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes

nach § 31 Abs. 6 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2011 hinsichtlich der Mindestabstände baulicher Anlagen von den Straßen und der Bauhöhen,

  1. e) der Abstandsbestimmungen des § 6,
  2. f) das Fehlen eines Bebauungsplanes bei Grundstücken, für

    die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften ein Bebauungsplan zu erlassen ist, im Fall der Festlegung einer besonderen Bauweise auch das Fehlen eines ergänzenden Bebauungsplanes.

(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

...

(6) Werden in der Bauverhandlung privatrechtliche Einwendungen erhoben, so hat die Behörde möglichst auf eine Einigung hinzuwirken. Kommt eine Einigung zustande, so ist diese in der Verhandlungsschrift zu beurkunden. Kommt eine Einigung nicht zustande, so ist die Partei mit ihren Einwendungen auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen. Diese Einwendungen sind in der Baubewilligung ausdrücklich anzuführen.

...

§ 53

Behörden außerhalb der Stadt Innsbruck

(1) Außerhalb der Stadt Innsbruck ist Behörde im Sinn dieses Gesetzes der Bürgermeister, soweit in den Abs. 2, 3 und 4 nichts anderes bestimmt ist. Über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters entscheidet der Gemeindevorstand. Gegen dessen Entscheidungen ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

..."

Die §§ 29 und 48 Tiroler Gemeindeordnung 2001 (TGO), LGBl. Nr. 26/2001, lauten:

"§ 29

Befangenheit

(1) Die Mitglieder der Kollegialorgane der Gemeinde sind, ausgenommen bei der Beratung und Beschlussfassung über Verordnungen und bei der Durchführung von Wahlen, von der Beratung und Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand ausgeschlossen:

a) in den Angelegenheiten, in denen sie selbst, der andere

Eheteil oder eine Person, mit der sie in Lebensgemeinschaft leben,

ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender

Linie, ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher

verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, beteiligt sind,

b) in den Angelegenheiten ihrer Wahl- oder Pflegeeltern,

Wahl- oder Pflegekinder, ihrer Mündel oder Pflegebefohlenen,

c) in den Angelegenheiten, in denen sie als Bevollmächtigte

einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind,

d) wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet

sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

(2) Befangenheit liegt nicht vor, wenn der Verhandlungsgegenstand oder die Amtshandlung die Interessen einer Bevölkerungs- oder Berufsgruppe berührt und das Mitglied des Kollegialorganes die Interessen lediglich als deren Angehöriger zu vertreten hat.

(3) Befangene Personen haben ihre Befangenheit selbst wahrzunehmen. Im Zweifel hat das Kollegialorgan zu entscheiden, ob ein Befangenheitsgrund vorliegt.

(4) Auch eine befangene Person hat auf Verlangen des Kollegialorganes an der Beratung zur Erteilung von Auskünften teilzunehmen.

(5) Die Befangenheitsgründe nach Abs. 1 gelten auch für den Bürgermeister und für die Besorgung von Angelegenheiten nach § 50 Abs. 2 und § 55 Abs. 2. Bei Gefahr im Verzug hat jedoch auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen.

(6) Durch die Abs. 1 bis 5 werden verwaltungs- und abgabenverfahrensrechtliche Vorschriften über die Befangenheit von Organen nicht berührt.

(7) Ist der Gemeindevorstand wegen der Befangenheit der Mehrheit seiner Mitglieder in einem Verhandlungsgegenstand beschlussunfähig, so entscheidet darüber der Gemeinderat.

(...)

§ 48

Arbeitsweise des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse

(1) Der Gemeindevorstand und die Ausschüsse beraten und beschließen in Sitzungen.

(2) Soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften über die Arbeitsweise des Gemeinderates für die Arbeitsweise des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse sinngemäß.

(3) Der Bürgermeister ist berechtigt, Ausschüsse zu Sitzungen einzuberufen und zu verlangen, dass ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung gesetzt wird. Er ist weiters berechtigt, an den Sitzungen von Ausschüssen, denen er nicht angehört, mit beratender Stimme teilzunehmen.

(4) Zur Vorberatung über Anträge von Mitgliedern des Gemeinderates an den Gemeinderat ist der Antragsteller auf sein Verlangen mit beratender Stimme beizuziehen.

(5) Die Sitzungen des Gemeindevorstandes und der Ausschüsse sind nicht öffentlich.

(6) Der Gemeindevorstand und die Ausschüsse sind beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist.

(7) Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und vom Schriftführer zu unterfertigen. Die Einsichtnahme in die Niederschrift ist auf die Mitglieder des Gemeinderates beschränkt."

Tiroler Raumordnungsgesetz 2011 (TROG 2011) idF LGBl. Nr. 56/2011 (auszugsweise):

"§ 38

Wohngebiet

(1) Im Wohngebiet dürfen errichtet werden:

a) Wohngebäude,

b) Gebäude, die der Unterbringung von nach § 13

Abs. 1 lit. c zulässigen Ferienwohnungen oder der

Privatzimmervermietung dienen,

c) Gebäude, die neben Wohnzwecken im untergeordneten Ausmaß

auch der Unterbringung von Büros, Kanzleien, Ordinationen und

dergleichen dienen,

d) Gebäude für Betriebe und Einrichtungen, die der

täglichen Versorgung oder der Befriedigung der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung des betreffenden Gebietes dienen und die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

(2) Im Wohngebiet können Grundflächen als gemischtes Wohngebiet gewidmet werden. Im gemischten Wohngebiet dürfen neben den im Abs. 1 genannten Gebäuden auch öffentliche Gebäude, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude, Gebäude für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen mit höchstens 40 Betten und Gebäude für sonstige Kleinbetriebe errichtet werden, die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

..."

17 Die Revisionswerber bringen zunächst vor, der Gemeinderat der zweitmitbeteiligten Gemeinde sei nicht zuständig gewesen. Das Mitglied T des Gemeindevorstandes sei nicht befangen gewesen. Es komme nicht auf einen subjektiven, sondern auf einen objektiven Tatbestand an; es sei nicht klar, ob der Betroffene selbst seine Befangenheit angezeigt habe. Alleine der Umstand, dass sich T gegen die Erlassung des dem Bauverfahren zugrunde liegenden Bebauungsplanes ausgesprochen habe, sei noch nicht geeignet, seine Unparteilichkeit im Zuge der Amtsführung anzunehmen. Die in der Verhandlung vom 19. Juli 2012 geltend gemachte Einwendung des T sei privatrechtlicher Natur. Mangels Geltendmachung subjektivöffentlicher Rechte könne daher ein konkreter Umstand, der die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stelle, nicht erkannt werden.

Für den Fall, dass eine Befangenheit des Gemeindevorstandmitglieds T gegeben gewesen wäre, wäre der Gemeinderat ex lege nicht dazu befugt gewesen, über die Berufung der Revisionswerber zu entscheiden.

18 In der Sache bringen die Revisionswerber vor, die im Eigentum der Revisionswerber stehenden Grundflächen würden von der Bauwerberin zwecks Erschließung in Anspruch genommen. Die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche habe nach Art. XXXVII EGZPO bereits im Bauverfahren zu erfolgen. Dies stelle eine besondere Prozessvoraussetzung für die Einbringung einer Bauverbotsklage dar. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde dürfe eingewendet werden, dass die Baubehörde primär dazu verhalten sei, eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen. Komme keine Einigung zustande, habe die Behörde den Nachbarn mit seinen Einwendungen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Es sei in keiner Instanz des gegenständlichen Bauvorhabens eine Aufklärung und allfällige Einigung zwischen den Nachbarn und der Bauwerberin zu erzielen versucht worden. Ein Bauvorhaben sei auf seine Tauglichkeit im Sinne des § 3 TBO 2011 zu überprüfen. Die Durchführung eines Ermittlungsverfahrens diene gerade dazu, die Bauplatztauglichkeit eines Bauvorhabens abschließend zu klären. Wenn aber wie im vorliegenden Fall das Bauvorhaben nur durch eine Fremdgrundinanspruchnahme realisierbar sei, sei der logische Schluss zulässig, dass das projektierte Vorhaben nicht in Einklang mit § 3 TBO 2011 zu bringen sei.

Die verkehrsmäßige Erschließung stelle zwar kein aus § 26 Abs. 3 TBO 2011 ableitbares subjektiv-öffentliches Recht dar, die Behörde habe dennoch ein Bauvorhaben im Sinne des § 3 TBO 2011 auf seine verkehrsmäßige Erschließung hin zu prüfen.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 3 TBO 2011 liege eine Bauplatzeignung für das zu bebauende Grundstück nicht vor.

19 Das zu bebauende Grundstück sei als gemischtes Wohngebiet gemäß § 38 Abs. 2 TROG gewidmet, womit auch ein Immissionsschutz verbunden sei, und nahezu ausschließlich von Einfamilienhäusern umgeben. Aufgrund dieses fast ausschließlichen Bestands an Einfamilienhäusern gingen von dem Bauvorhaben Immissionen aus, die nicht als ortsüblich zu qualifizieren seien. Das Ausmaß der (ortsüblichen) Immissionen beschränke sich auf jene, die mit der Bewohnung eines Einfamilienhauses einhergingen, vor allem in Hinblick auf die Abgase, Verkehr, Abluft, Staub und Lärm von Kraftfahrzeugen, Heizung, Lüftung sowie (gemeint: Anzahl der) wohnhafte(n) Personen. Das gegenständliche Projekt habe jedoch die Errichtung einer Wohnanlage bestehend aus 17 Wohnungen und insgesamt 29 Stellplätzen zum Gegenstand. Für die abschließende Klärung, inwieweit mit über das übliche Maß hinausgehenden Immissionen zu rechnen sei, wäre ein entsprechendes immissions- und medizintechnisches Gutachten einzuholen gewesen. Eine Untersuchung, wie viele Stellplätze errichtet werden sollen, sei nicht vorgenommen worden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 1. April 2008, 2008/06/0009).

20 Mit der Verwirklichung des gegenständlichen Bauvorhabens sei die Gefahr des Brandüberganges auf die Liegenschaften der Revisionswerber verbunden. Dies gehe eindeutig aus dem Gutachten des Sachverständigen für Brandschutz hervor, der zu der Schlussfolgerung komme, dass notwendige brandschutztechnische bauliche Erfordernisse zum Teil nicht eingehalten seien. Wenn die belangte Behörde anführe, gegen die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung bestünden unter Einhaltung bestimmter Auflagen keine Einwände, lasse dies nur den zwingenden Schluss zu, dass die Revisionswerber in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht gemäß § 26 Abs. 3 lit. b TBO 2011 verletzt würden. Die belangte Behörde hätte zu prüfen gehabt, ob es durch das Vorschreiben derartiger Auflagen zu einer projektsändernden Maßnahme im Sinne des § 13 AVG komme.

21 Der Ansicht der belangten Behörde, das geplante Projekt entspreche dem Bebauungsplan, sei entgegen zu halten, dass die Feststellungen des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde nicht mit den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens in Einklang stünden. Die Beweiswürdigung sei unschlüssig und nicht nachvollziehbar.

22 Die Revisionswerber hätten in der Vorstellung geltend gemacht, dass es in Folge der Mangelhaftigkeit der Einreichunterlagen zur Verletzung der Abstandsvorschriften gekommen sei. Das dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde liegende hochbautechnische Gutachten erweise sich als unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Für die Revisionswerber sei nicht ersichtlich, welche Unterlagen von dem hochbautechnischen Sachverständigen als fehlend beurteilt worden seien. Es sei fraglich, auf welcher Grundlage der Sachverständige eine entsprechende Beurteilung abgeben habe können.

23 Die Revisionswerber bestreiten die Zuständigkeit des als Berufungsbehörde eingeschrittenen Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde mit dem Vorbringen, das Gemeindevorstandsmitglied T sei nicht befangen gewesen. Die Revisionswerber stellen jedoch nicht in Abrede, dass im Falle der Befangenheit des T der Gemeindevorstand nicht mehr beschlussfähig gewesen sei, zumal die zweitmitbeteiligte Gemeinde keine Ersatzmitglieder für die Gemeindevorstände bestellt und der Bürgermeister bereits als Erstbehörde entschieden habe. Sie führen lediglich aus, der Gemeinderat sei ex lege nicht dazu befugt gewesen, über ihre Berufung zu entscheiden.

Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde die Befangenheit des Gemeindevorstandsmitglieds T mit der Begründung, dieser sei als Nachbar von dem anhängigen Bauverfahren betroffen und es sei aktenkundig, dass er sich in einer Stellungnahme gegen die Erlassung des dem Bauverfahren zugrunde liegenden Bebauungsplanes ausgesprochen habe, nachvollziehbar dargelegt hat (im Übrigen hat sich T nach der Aktenlage mit Schreiben vom 28. November 2012 selbst für befangen erklärt); aufgrund des ex lege-Übergangs der Zuständigkeit vom Gemeindevorstand (infolge dessen Beschlussunfähigkeit) auf den Gemeinderat bedurfte es auch keines gesonderten "Beschlusses" über die Beschlussunfähigkeit des Gemeindevorstandes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2015, Ra 2014/06/0024).

24 Dem Vorbringen der Revisionswerber, die in ihrem Eigentum stehenden Grundflächen würden von der Bauwerberin zwecks Erschließung in Anspruch genommen, ist zu entgegnen, dass selbst zutreffendenfalls die Verbindung eines Bauplatzes mit der öffentlichen Verkehrsfläche nicht Bestandteil des Bauplatzes ist. Der Eigentümer einer als solche Verbindung dienenden Grundfläche hat daher nicht die qualifizierte Stellung nach § 22 Abs. 2 lit. a TBO 2011 (vgl. die bei Müller in Weber/Rath-Kathrein, Tiroler Bauordnung (2014), S 117f unter E 19 zitierte hg. Judikatur sowie das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1991, 89/06/0007, VwSlg 13.365 A/1991).

Den Revisionswerbern kommt hinsichtlich der Frage, ob der Bauplatz gemäß § 3 Abs. 1 TBO 2011 über eine rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche verfügt, kein Mitspracherecht zu, dies auch dann nicht, wenn die in Aussicht genommene Zufahrt über ein Grundstück verläuft, das in ihrem Eigentum steht. Ihre Annahme, dass dadurch "direkt" in ihr Eigentumsrecht eingegriffen werde, ist unzutreffend, weil durch die Erteilung einer Baubewilligung keine Zufahrtsrechte eingeräumt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, 97/06/0248, mwN).

25 Ein Verstoß gegen § 26 Abs. 6 TBO 2011 bedeutet keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des Baubewilligungsbescheides, weil die Revisionswerber dadurch nicht gehindert sind, den Rechtsweg zu beschreiten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. April 2008, 2008/06/0009, zur diesbezüglich gleichen Rechtslage nach der TBO 2001).

26 Der Beurteilung der belangten Behörde in brandschutzrechtlicher Hinsicht, gegen die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung bestünden unter Einhaltung bestimmter Auflagen keine Einwände, halten die Revisionswerber entgegen, diese Ausführungen ließen nur den zwingenden Schluss zu, dass sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht gemäß § 26 Abs. 3 lit. b TBO 2011 verletzt würden; die belangte Behörde hätte nämlich zu prüfen gehabt, ob es durch die Vorschreibung derartiger Auflagen zu einer projektsändernden Maßnahme im Sinne des § 13 AVG komme.

Dem ist zu entgegnen, dass es aus der Sicht der Nachbarn lediglich relevant ist, dass ihre Nachbarrechte nicht verletzt werden. Ob dies durch das Projekt alleine der Fall ist oder erst durch Auflagen gewährleistet wird, hat für die Nachbarrechte keine Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 2015, 2013/06/0129).

27 Die Behörde hat - im Rahmen ihrer Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes - ein Gutachten eines Sachverständigen auf seine Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit hin zu prüfen und ist dabei auch gehalten, sich im Rahmen der Begründung des Bescheides mit dem Gutachten auseinander zu setzen und es entsprechend zu würdigen. Auch haben die Parteien die Möglichkeit, Unvollständigkeiten und Unschlüssigkeiten eines Gutachtens im Rahmen des Verfahrens der Behörde aufzuzeigen oder einem Gutachten (etwa durch Beibringung eines eigenen Gutachtens) auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Eine den Vorgaben des AVG entsprechende Bescheidbegründung erfordert es, dass sich die Behörde mit Einwänden gegen die Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Gutachtens befasst. Allerdings vermag die bloße Behauptung, ein Gutachten wäre unschlüssig, die Tauglichkeit dieses Gutachtens nicht zu erschüttern. Vielmehr ist es notwendig, konkret und mit näherer Begründung darzulegen, worin die Unschlüssigkeit eines Gutachtens liegen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2016, Ro 2014/03/0004, mwN).

Die Beurteilung der belangten Behörde, nach der Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung bestünden gegen die Erteilung der baubehördlichen Genehmigung unter Einhaltung bestimmter Auflagen keine Einwände, ist nicht als unzutreffend zu erkennen; diese Auflagen wurden auch in den Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde aufgenommen. Des Weiteren verweist die belangte Behörde auf die Stellungnahme des Bezirksfeuerwehrinspektors vom 1. Oktober 2010. Die Revisionswerber legen nicht konkret und mit näherer Begründung dar, worin die Unschlüssigkeit dieser Gutachten liege.

28 Mit dem wiedergegebenen Vorbringen zur behaupteten Verletzung von Abstandsvorschriften (siehe Rz 22) legen die Revisionswerber nicht konkret dar, worin die Abweichung von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens genau liege und worin die Unschlüssigkeit bzw. Unvollständigkeit der Beweiswürdigung bestehe. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die Hinweise in den im Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 15. Oktober 2012 angeführten hochbautechnischen Gutachten ("die in der Tiroler Bauordnung 2011 vorgeschriebenen Vermessungstätigkeiten und deren Bestätigung sind zeitgerecht einzubringen") Bezug nehmen, sind sie auf die Ausführungen im Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 11. Dezember 2012 hinzuweisen, wonach damit klargestellt werde, dass dabei die gemäß § 31 TBO 2011 vorzulegenden Bestätigungen (Pflichten des Bauherrn), wie sie unter Punkt 5) und 6) des Baubescheides vom 15. Oktober 2012 angeführt seien, gemeint seien und diese Bestätigungen der Baubehörde erst im Zuge der Ausführung des Bauvorhabens vorgelegt werden könnten.

29 Mit dem nicht weiter konkretisierten Vorbringen, für die Revisionswerber sei nicht ersichtlich, welche Unterlagen vom hochbautechnischen Sachverständigen als fehlend beurteilt wurden, legen sie nicht dar, inwiefern dieser Umstand sie in subjektivöffentlichen Rechten verletzen würde.

30 Die Revisionswerber machen im Hinblick auf die Situierung des zu bebauenden Grundstückes inmitten von (nahezu ausschließlich) Einfamilienhäusern geltend, das Ausmaß der Immissionen beschränke sich daher auf jene, die mit der Bewohnung eines Einfamilienhauses einhergingen. Für die abschließende Klärung, inwieweit mit einer über das übliche Maß hinausgehenden Immission zu rechnen sei, wäre ein entsprechendes immissions- und medizintechnisches Gutachten einzuholen gewesen, was jedoch bis dato nicht erfolgt sei.

31 Dieses Vorbringen führt die Revision zum Erfolg:

Wie bereits ausgeführt (siehe eingangs RZ 1) sind vorliegendenfalls 22 Stellplätze in einer Tiefgarage geplant. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung das Vorliegen besonderer Umstände, die eine über das übliche Maß hinausgehende Immissionsbelastung der Nachbarn nicht ausgeschlossen erscheinen lassen, bejaht, wenn Stellplätze in einer Tiefgarage geplant sind, welche mit besonderen Lüftungen bzw. Schallverhältnissen verbunden ist (vgl. das Erkenntnis vom 24. Februar 2015, 2013/05/0054, mwN).

Im Hinblick auf die geplanten Stellplätze in einer Tiefgarage ist demnach im Revisionsfall das Vorliegen besonderer Umstände zu bejahen. Es wäre somit erforderlich gewesen, durch Einholung von Sachverständigengutachten die Immissionsbelastung an der jeweiligen Grundgrenze der Revisionswerber festzustellen und deren Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu beurteilen.

32 Indem die belangte Behörde diese Mangelhaftigkeit des gemeindebehördlichen Verfahrens nicht aufgriff, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

33 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 4 iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 8/2014). Wien, am 5. Oktober 2016

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