Normen
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3
AVG §68 Abs1
B-VG §133 Abs4
VwGG §28 Abs1 Z4
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018200432.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Pakistans, stellte am 27. August 2014 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Freund des Revisionswerbers mit einer Bande eine Feindschaft gehabt habe. Dieser sei von der Bande getötet worden, wobei der Revisionswerber Augenzeuge gewesen sei. Die Bande habe den Revisionswerber aufgefordert "den Mund zu halten". Als sich im Ort verbreitet habe, dass die Bande jemanden umgebracht habe, habe diese geglaubt, dass der Revisionswerber es erzählt habe. Die Familie des getöteten Freundes habe bei der Polizei Anzeige erstattet. Die Bande habe den Revisionswerber und seine Familie aufgefordert, das Dorf zu verlassen.
2 Mit Erkenntnis vom 10. Februar 2016 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die gegen den den Antrag des Revisionswerbers vollumfänglich abweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) erhobene Beschwerde als unbegründet ab.
3 Am 18. August 2016 stellte der Revisionswerber den gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er vorbrachte, dass er, seine Eltern sowie seine Geschwister vom sunnitischen Glauben zum schiitischen Glauben konvertiert seien. Der Revisionswerber habe am Telefon mit einem Gelehrten gesprochen. Er habe bestimmte zehn Wörter am Telefon sagen müssen und seither sei er Schiit. Er habe keinen Kontakt zur schiitischen Gemeinschaft in Wien und kenne auch keine bedeutenden schiitischen Imame in Wien. Die "alten" Fluchtgründe des Revisionswerbers seien zudem noch aufrecht.
4 Mit Bescheid vom 8. Juni 2018 wies das BFA diesen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass die Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Es bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 23. Juli 2018 als unbegründet abgewiesen und eine Revision für nicht zulässig erklärt.
6 Mit Beschluss vom 28. Februar 2019, Zl. E 3436/2018-18, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
7 Daraufhin erhob der Revisionswerber die vorliegende Revision gegen das Erkenntnis des BVwG vom 23. Juli 2018.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Zur Zulässigkeit der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass zur Frage, wann neuen entscheidungsrelevanten Tatsachen ein "glaubhafter Kern" zukomme, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle. Da es keine Rechtsprechung gäbe, nach welchen Kriterien der glaubhafte Kern zu überprüfen sei, habe sich das BVwG mit den neu vorgebrachten Fluchtgründen nicht beschäftigt. Bei eingehender Prüfung wäre das BVwG zu einer anders lautenden Entscheidung hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz gelangt.
12 "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem BVwG war in Bezug auf die Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgte. Das BVwG hatte dementsprechend zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0213; 24.5.2018, Ra 2018/19/0234; jeweils mwN). Dabei entspricht es im Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz der ständigen hg. Rechtsprechung, dass die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen hat, dem Asylrelevanz zukommt (vgl. z.B. VwGH 5.4.2018, Ra 2018/19/0066, mwN).
13 Die Beurteilung, ob die behauptete Sachverhaltsänderung einen "glaubhaften Kern" aufweist, erfolgt stets im Rahmen der Beweiswürdigung (vgl. z.B. VwGH 18.12.2018, Ra 2018/18/0516). 14 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 15.4.2019, Ra 2019/20/0110; 25.9.2018, Ra 2018/01/0364, jeweils mwN). Dass dies vorliegend der Fall wäre, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
16 Darüber hinaus ist die Revision aus weiteren Gründen unzulässig:
Die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision beschäftigen sich ausschließlich mit der Frage der Zurückweisung des Folgeantrags auf internationalen Schutz, und damit (nur) mit jenem Teil des angefochtenen Erkenntnisses, durch welchen der Folgeantrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zurückgewiesen wurde. Diesbezüglich liegt jedoch eine ausschließlich verfahrensrechtliche Erledigung vor, mit der (nur) die Entscheidung in der Sache deshalb abgelehnt wurde, weil eine relevante Änderung des vorgebrachten Sachverhalts im maßgeblichen Zeitraum nicht habe festgestellt werden können. Im Hinblick auf diesen normativen Gehalt des in der Zulässigkeitsbegründung ausschließlich bekämpften Teils des Erkenntnisses vom 23. Juli 2018 (Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz) käme vorliegend allein die Verletzung des Revisionswerbers im Recht auf meritorische Entscheidung über seinen Antrag, nicht aber die Verletzung in dem den Inhalt des Antrages bildenden Recht in Betracht. Der Revisionswerber konnte daher in dem als Revisionspunkt genannten Recht auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bzw. des subsidiär Schutzberechtigten durch das angefochtene Erkenntnis nicht verletzt werden (vgl. VwGH 10.7.2018, Ra 2018/01/0300;17.7.2017, Ra 2017/01/0184, jeweils mwN).
17 Als weiterer - ausdrücklich als solcher bezeichneter - Revisionspunkt wird die Verletzung im Recht auf Parteiengehör geltend gemacht. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften als solche stellt jedoch keinen Revisionspunkt dar, sondern zählt zu den Revisionsgründen (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG). Bei dieser vom Revisionswerber geltend gemachten Rechtsverletzung handelt es sich daher nicht um einen Revisionspunkt, sondern um einen Revisionsgrund, der nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell-rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden kann (vgl. etwa VwGH 30.4.2018, Ra 2017/01/0418; 12.4.2018, Ra 2017/17/0839, jeweils mwN).
18 Werden die Revisionspunkte - wie im gegenständlichen Fall - unmissverständlich ausgeführt, so sind sie auch einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht mehr zugänglich (vgl. VwGH 16.8.2017, Ra 2017/01/0233; 24.11.2016, Ro 2014/07/0037). Die Revision erweist sich daher auch mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig.
19 Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 6. Juni 2019
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