VwGH Ra 2018/03/0108

VwGHRa 2018/03/010810.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Fges.m.b.H in F, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. Juli 2018, Zl. LVwG 50.32‑2793/2017‑31, betreffend Rückübereignung gemäß § 37 EisbEG (mitbeteiligte Parteien: 1. A M, 2. J M, beide in F, beide vertreten durch Dr. Klaus Rainer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1451
ABGB §1497
ABGB §7
AVG §59 Abs1
AVG §60
B-VG Art130 Abs1 Z1
EisbEG 1954 §17 Abs1
EisbEG 1954 §17 Abs2
EisbEG 1954 §18 Abs1
EisbEG 1954 §18 Abs2
EisbEG 1954 §37
EisbEG 1954 §37 Abs1
EisbEG 1954 §37 Abs2
EisbEG 1954 §37 Abs4
LuftfahrtG 1958 §99
StGG Art5
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030108.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionsbeantwortung der Mitbeteiligten wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerberin (Halterin des Zivilflughafens G) war über ihren Antrag vom 28. November 2000 auf Erweiterung der genehmigten Zivilflugplatzbewilligung mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. Oktober 2002 antragsgemäß gemäß §§ 68 und 72 LFG die Änderung der bescheidmäßig festgelegten Flugplatzgrenzen und Bodeneinrichtungen (samt den damit in Zusammenhang stehenden erforderlichen landseitigen Infrastruktureinrichtungen) am Flughafen G bewilligt worden. Das zum damaligen Zeitpunkt noch im Eigentum der Mitbeteiligten stehende GSt‑Nr. 163/5 der KG L mit einem Gesamtausmaß von 29.570 m² wurde durch diesen Bescheid in die erweiterten Flugplatzgrenzen teilweise einbezogen, nämlich im Ausmaß einer Teilfläche von 1.497 m² (die nunmehrige GSt‑Nr. 163/29). Da die Mitbeteiligten zu einem Verkauf dieses Grundstücks an die Revisionswerberin zu den von dieser gebotenen Bedingungen nicht bereit waren, stellte die Revisionswerberin am 18. April 2007 einen Enteignungsantrag, in dem sie geltend machte, für die mit Bescheid vom 22. Oktober 2002 bewilligte Erweiterung des Flughafens bedürfe es der Enteignung u.a. des Grundstücks Nr. 163/29 mit 1.497 m².

2 Das über diesen Antrag eingeleitete Verfahren mündete in den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung vom 7. Mai 2008, mit dem gemäß §§ 97 ff LFG iVm § 2 Abs. 2 Z 1 EisbEG auf Antrag der Revisionswerberin zu ihren Gunsten (unter anderem) die Enteignung einer Teilfläche des je zur Hälfte im Eigentum der Mitbeteiligten stehenden Grundstücks Nr. 163/5 der EZ 1169, KG L (mit einer Gesamtfläche von 29.570 m²), verfügt wurde, nämlich 1.497 m² Fläche (die das neu vermessene Grundstück Nr. 163/29 bilden). In diesem Bescheid wurde zudem der Verkehrswert der beanspruchten Fläche mit € 73.053,60 festgesetzt.

3 Nach weiteren „Hinweisen“ (auf die Leistungsfrist, den Vollzug der Enteignung nach § 35 EisbEG und die Verpflichtungen nach § 19 EisbEG) und der Kostenentscheidung wird in der Begründung des Bescheids ‑ nach einer Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften ‑ unter anderem der verfahrenseinleitende Antrag der Revisionswerberin wiedergegeben, der vom beigezogenen Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung aufgenommene Befund und das von diesem erstattete Gutachten; nach einer Wiedergabe des in der mündlichen Verhandlung erfolgten Vergleichsversuchs, der ergebnislos geblieben war, wurde in der Bescheidbegründung abschließend dargelegt, dass der Revisionswerberin mit Bescheid vom 22. Oktober 2002 die Bewilligung zur Erweiterung und Änderung der Flugplatzgrenzen in näher ersichtlichem Umfang erteilt wurde, dass die mit Enteignungsantrag beanspruchten Grundstücke alle innerhalb dieser nunmehr geltenden Flugplatzgrenzen lägen und im aktuell rechtskräftigen Flächenwidmungsplan auch als Flughafengelände ausgewiesen seien. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere des bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Gutachtens des Sachverständigen, sei daher die Enteignung zu verfügen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen, weil die Inanspruchnahme der Grundstücke bzw. Grundstücksteile im öffentlichen Interesse für Zwecke der Luftfahrt (Erweiterung eines Flugplatzes) unbedingt erforderlich sei.

4 Dieser Enteignungsbescheid erwuchs in Rechtskraft und wurde grundbücherlich durchgeführt.

5 In der Folge machten die Mitbeteiligten mit Antrag vom 27. Juli 2012 geltend, die enteigneten Grundstücke seien von der Revisionswerberin bislang keiner Verwendung zugeführt, der vom Gesetz bestimmte Zweck für die Enteignung sei nicht realisiert worden, und beantragten die Aufhebung des Enteignungsbescheids (u.a.) hinsichtlich des Grundstücks Nr. 163/29. Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für die Steiermark vom 16. Juli 2013 abgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Rückübereignung noch nicht vorlägen, weil die Frist zur Beantragung der Betriebsaufnahmebewilligung bis 31. Dezember 2015 erstreckt worden sei (eine von den Mitbeteiligten gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 18. September 2013, 2013/03/0096, als unbegründet abgewiesen).

6 Im Weiteren erfolgte schließlich mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 2. Dezember 2016 eine Änderung der Zivilflugplatz‑Bewilligung gemäß § 77 lit. b LFG dahin, dass die beschwerdegegenständliche Liegenschaft GSt‑Nr. 163/29 nicht mehr innerhalb der bewilligten Flugplatzgrenzen liegt.

7 Auf Grund dessen stellten die Mitbeteiligten am 16. Jänner 2017 (neuerlich) den Antrag, es möge der Enteignungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung vom 7. Mai 2008 hinsichtlich des Grundstücks Nr. 163/29 aufgehoben werden. Sie brachten dazu vor, Grundlage des Enteignungsbescheids sei der Bescheid vom 22. Oktober 2002 gewesen, mit dem der Revisionswerberin die Bewilligung zur Änderung der festgelegten Flugplatzgrenzen und Bodeneinrichtungen erteilt wurde. Die Revisionswerberin habe dazu vorgebracht, es seien die Erweiterung der Flughafengrenze, des Flughafenareals im Bereich Fluggastgebäude und Frachtgebäude und die Situierung von zivilen Bodeneinrichtungen und damit im Zusammenhang stehende erforderlichen Infrastruktureinrichtungen geplant, wobei zur Realisierung dieser Projekte unter anderem das verfahrensgegenständliche Grundstück in Anspruch genommen werden müsse. Die Mitbeteiligten seien seinerzeit davon ausgegangen, dass die zur Rechtfertigung der Enteignung genannten Projektziele tatsächlich realisiert würden und hätten die Enteignung nicht bekämpft, sondern lediglich einen Antrag auf Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung gemäß § 18 EisbEG erstattet. Dieses Verfahren sei zwischenzeitig rechtskräftig abgeschlossen und die Revisionswerberin zur Leistung einer Enteignungsentschädigung in Höhe von € 73.053,60 für das Grundstück Nr. 163/29 verpflichtet worden.

8 Der Revisionswerberin sei vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie über ihren Antrag der Bescheid vom 22. Oktober 2002 dahin geändert worden, dass die festgesetzte Frist, innerhalb der die Erteilung der Betriebsaufnahmebewilligung beantragt werden müsse, bis 31. Dezember 2015 erstreckt werde. Mit dem weiteren Bescheid vom 2. Dezember 2016 sei eine Änderung des Bescheids vom 22. Oktober 2002 schließlich dahin erfolgt, dass das verfahrensgegenständliche Grundstück nunmehr nicht mehr innerhalb der Flughafenerweiterung liege. Ausgehend davon sei der Antrag auf Aufhebung des Enteignungsbescheids berechtigt: Der vom Gesetz als Enteignungsgrund normierte öffentliche Zweck sei nicht verwirklicht worden, weshalb die Verfügung der Enteignung in der Weise rückgängig zu machen sei, dass der Enteignungsbescheid aufgehoben werde (Verweis auf VwGH 12.9.2006, 2003/03/0179).

9 Während die belangte Behörde, die Bezirkshauptmannschaft Graz‑Umgebung, diesen Antrag mit Bescheid vom 21. September 2017 abwies, gab das Verwaltungsgericht ‑ in Stattgebung einer dagegen von den Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde ‑ mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis dem Antrag Folge und verfügte gemäß § 37 Abs. 1 EisbEG iVm Art. 5 Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger die Rückübereignung des Enteignungsgegenstands, also der Liegenschaft mit der Grundstück Nr. 163/29 der EZ 1856 Grundbuch 63248 L. Die ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis wurde nicht zugelassen.

10 In der Begründung des Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht den Verfahrensgang wieder und traf die Feststellung, dass die Revisionswerberin den Enteignungsantrag gestellt habe, um die faktische Verfügungsmacht über das Grundstück zu gewinnen. Die belangte Behörde habe mit Bescheid vom 7. Mai 2008 die Enteignung verfügt, weil die Inanspruchnahme des Grundstücks im öffentlichen Interesse für Zwecke der Luftfahrt (Erweiterung eines Flugplatzes) gelegen sei und auf Grund des Bescheids des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 22. Oktober 2002 betreffend die 5. Änderung der Zivilflugplatz‑Bewilligung unbedingt erforderlich gewesen sei. Mit Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 2. Dezember 2016 schließlich sei diese Änderung der Zivilflugplatz-Bewilligung insofern widerrufen worden, als sich die strittige Liegenschaft nunmehr nicht mehr innerhalb der zuvor mit Bescheid bewilligten (erweiterten) Flugplatzgrenzen befinde.

11 Im Rahmen der Beweiswürdigung legte es unter anderem dar, dass sich die Feststellung, wonach die beschwerdegegenständliche Liegenschaft durch die 5. Änderung der Zivilflugplatz‑Bewilligung als Erweiterungsfläche innerhalb der (neuen) Flugplatzgrenzen einbezogen wurde, aus dem Bescheid vom 22. Oktober 2002 und dem genehmigten Übersichtsplan, der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstelle, ergebe. Die Feststellung, wonach sich der Enteignungsantrag der Mitbeteiligten auf den Bescheid vom 22. Oktober 2002 gestützt habe, um den Flughafen in dem dort bewilligten Ausmaß zu erweitern, ergebe sich nachvollziehbar aus dem Antrag der Revisionswerberin vom 18. April 2007 selbst, in dem sie wörtlich ausgeführt habe, dass es für die bescheidmäßig bewilligte Erweiterung des Flughafens der Enteignung bedürfe.

12 Dem sachverhaltsbezogenen Vorbringen der Revisionswerberin, die verfügte Enteignung sei an kein konkretes Enteignungsprojekt geknüpft gewesen, ein solches habe von der belangten Behörde im Spruch des Enteignungsbescheids daher auch nicht festgelegt werden können, sei nicht zu folgen. Vielmehr ergebe sich aus dem Antrag der Revisionswerberin vom 18. April 2007 nachvollziehbar der konkrete Zweck der beantragten Enteignung. Eine gesetzeskonforme Auslegung des Spruchs des Enteignungsbescheids führe zum Ergebnis, dass diese Enteignung auf Grund des rechtskräftigen Bescheids vom 22. Oktober 2002 erfolgte. Die zwecks Auslegung eines unklaren Bescheidspruchs heranzuziehende Begründung des Bescheids bestätige diese Schlussfolgerung nachvollziehbar.

13 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung legte das Verwaltungsgericht zunächst die maßgebenden Rechtsvorschriften dar und führte aus, nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sei dem durch Art. 5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutz zwar von vornherein die Einschränkung immanent, dass eine Enteignung zu einem vom Gesetz bestimmten öffentlichen Zweck unter den von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Voraussetzungen möglich sei, diese Einschränkung sei aber an die Voraussetzung geknüpft, dass der vom Gesetz bestimmte Zweck auch verwirklicht werde. Werde der Zweck nach Ausspruch der Enteignung nicht verwirklicht oder werde die enteignete Sache zur Verwirklichung nicht benötigt, fehle es an der inneren Rechtfertigung für die Aufrechterhaltung der Enteignung und die Sache sei rückzuübereignen.

14 Fallbezogen wurde Folgendes ausgeführt: Die Mitbeteiligten begehrten die Rückübereignung des Grundstücks Nr. 163/29 wegen Nichterfüllung des Enteignungszwecks (die Zivilflugplatz‑Bewilligung sei hinsichtlich dieses Grundstücks widerrufen worden, eine Betriebsaufnahmebewilligung liege nicht vor). Die Revisionswerberin bestreite die Zulässigkeit des Antrags und erwidere inhaltlich, das enteignete Grundstück könne Zwecke der Luftfahrt, nämlich konkret Zwecke der Perimetersicherung im Hinblick auf die Erweiterungsflächen, erfüllen, weshalb die Voraussetzungen für eine Rückübereignung nicht vorlägen.

15 Den Rechtsausführungen der Revisionswerberin, der aus deren Sicht unvollständige (ein Anbot auf Rückzahlung der Enteignungsentschädigung nicht aufweisende) Antrag der Mitbeteiligten auf Teilaufhebung des Enteignungsbescheids sei zurückzuweisen gewesen, sei zu entgegnen, dass § 37 Abs. 1 EisbEG dem Enteigneten das Recht einräume, die Rückübereignung eines Enteignungsgegenstands zu beantragen. Werde eine Rückübereignung verfügt, sei von der zuständigen Verwaltungsbehörde gemäß § 37 Abs. 2 EisbEG auch über einen angemessenen Rückersatz zu entscheiden. Dass es für die Festlegung eines Rückersatzes eines gesonderten Parteienantrags bedürfe, lasse sich dem §§ 37 Abs. 1 EisbEG nicht entnehmen. Der Anspruch auf eine Entschädigung für eine Enteignung bzw. auf einen Rückersatz für eine Rückübereignung finde seine materiell‑rechtliche Grundlage im Zivilrecht (so verwiesen §§ 1 und 4 EisbEG explizit auf die Bestimmung des § 365 ABGB). Werde ein entsprechender Antrag auf Enteignung bzw. Rückübereignung gestellt, löse dieser jedenfalls einen zivilrechtlichen Anspruch auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des ABGB aus, ohne dass es hiefür eines gesonderten (verwaltungsrechtlichen) Antrags bedürfe. Die Regelungen des § 37 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 EisbEG seien als Zuständigkeitsnormen zu betrachten, mit denen die Festlegung der Höhe der Entschädigung bzw. des Rückersatzes auf einfachgesetzlicher Ebene an die für die Enteignung bzw. Rückübereignung zuständige Verwaltungsbehörde übertragen werde. Der Antragsteller könne in der Folge hinsichtlich der durch die Verwaltungsbehörde festgesetzten Höhe das zuständige Zivilgericht anrufen, was zur Folge habe, dass die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ex lege außer Kraft trete. Demzufolge habe die Behörde nach verfügter Enteignung über eine Entschädigung gemäß § 17 Abs. 2 EisbEG bzw. nach verfügter Rückübereignung über einen Rückersatz gemäß § 37 Abs. 2 EisbEG abzusprechen, unabhängig davon, ob dies gesondert beantragt wurde. Für eine formelle Zurückweisung eines Antrags auf Rückübereignung aus den seitens der Revisionswerberin dargelegten Gründen bestehe daher keine Rechtsgrundlage. Wollte man deren strengen Sicht folgen, hätte zudem auch ihr eigener Enteignungsantrag vom 18. April 2007 zurückgewiesen werden müssen, weil auch dieser keinen Antrag auf Zuerkennung einer Entschädigung enthalten habe.

16 Das Beweisverfahren habe ergeben, dass die Enteignung der Mitbeteiligten auf Grund des Antrags der Revisionswerberin im Hinblick auf die mit Bescheid vom 22. Oktober 2002 bewilligte 5. Zivilflugplatz‑Erweiterung in sinngemäßer Anwendung der einschlägigen Bestimmungen des EisbEG iVm des LFG erfolgt sei. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18. September 2013, 2013/03/0096, in einem Parallelverfahren ebenfalls vorausgeschickt. Auch die hier beschwerdegegenständliche rechtskräftige Enteignung habe daher auf der rechtskräftigen Zivilflugplatzbewilligung (5. Zivilflugplatz‑Erweiterung) aufgebaut. Somit sei auf die Behauptung der Revisionswerberin, der Enteignungsbescheid vom 7. Mai 2008 habe nicht auf dieser 5. Änderung der Zivilflugplatz‑Bewilligung gefußt, sondern sei „ganz allgemein zu Luftfahrtzwecken“ erfolgt, nicht weiter einzugehen.

17 Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (Hinweis auf VwGH 18.10.1989, 89/03/0181) ergebe sich, dass nicht nur die Verfügung einer Enteignung, sondern auch deren Aufrechterhaltung an ein den Gegenstand einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung bildendes Vorhaben gebunden sei. Der auf Basis des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheids erlassene Enteignungsbescheid stehe mit diesem in einem untrennbaren Zusammenhang, weil der Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft im Enteignungsverfahren nicht mehr einwenden könne, die Inanspruchnahme seiner Liegenschaft liege nicht im öffentlichen Interesse; der rechtskräftige eisenbahnrechtliche Baugenehmigungsbescheid lege Lage und Umfang des genehmigten Objekts für das Enteignungsverfahren bindend fest. Daraus folge, dass ein Enteignungsbescheid, der auf einem eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheid aufbaue, mit letzterem in einem untrennbaren Zusammenhang stehe, weshalb im Falle der Aufhebung des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheids dem Enteignungsbescheid die Grundlage entzogen und dieser gleichfalls aufzuheben sei (Verweis auf VwGH 29.1.2014, 2013/03/0004).

18 Auf den zu beurteilenden Fall umgelegt bedeute dies, dass die seinerzeitige Zivilflugplatz‑Bewilligung betreffend die Liegenschaft der Mitbeteiligten untrennbar mit dem darauf aufbauenden Enteignungsbescheid vom 7. Mai 2008 verbunden sei und die Enteignung bei Wegfall dieser Bewilligung rückgängig zu machen sei; der den Rückübereignungsantrag abweisende Bescheid der belangten Behörde erweise sich daher als nicht rechtskonform.

19 Ob die enteignete Grundstücksfläche für andere Zwecke der Revisionswerberin benötigt werde (diese habe im Verfahren vorgebracht, dass die Liegenschaft nunmehr Zwecke der Perimetersicherung erfüllen könne), sei aus der Sicht einer Aufhebung einer Enteignung wegen Nichtverwirklichung des Enteignungszwecks unerheblich und berühre das subjektiv‑öffentliche Recht der Mitbeteiligten auf Geltendmachung der Aufhebung der Enteignung nicht (Verweis auf VwGH 30.9.1992, 90/03/0003).

20 Durch den teilweisen Wegfall der 5. Änderung der Zivilflugplatz‑Bewilligung, durch die das enteignete Grundstück erstmals innerhalb der Flugplatzgrenzen erfasst wurde, sei die Grundlage für die seinerzeitige Enteignung weggefallen. Den Beschwerden der Mitbeteiligten sei daher Folge zu geben und die beantragte Rückübereignung zu verfügen gewesen.

21 Mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage könne das Verwaltungsgericht nicht über einen Rückersatz gemäß § 37 Abs. 2 EisbEG absprechen. Diese Zuständigkeit komme nur jener Verwaltungsbehörde zu, die eine Rückübereignung verfügt habe. Einer sinngemäßen Anwendung des § 37 Abs. 2 EisbEG durch das Verwaltungsgericht stehe bei verfassungskonformer Interpretation der Rechtslage die Regelung nach § 18 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 4 EisbEG entgegen, wonach ein sukzessiver Instanzenzug an das zuständige Zivilgericht vorgesehen sei bei gleichzeitigem Außerkrafttreten der verwaltungsbehördlichen Entscheidung. Die Revisionswerberin sei allerdings in ihrem Rechtsschutz nicht beschränkt, der Rückübereignungsanspruch auf Grund der einschlägigen Bestimmungen des ABGB im Falle einer Rückübereignung jedenfalls bei den Zivilgerichten rückforderbar sei.

22 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ‑ außerordentliche ‑ Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

23 Die Revision ist ‑ entgegen der im Wesentlichen nur den Gesetzeswortlaut wiedergebenden und damit unzureichend begründeten Auffassung des Verwaltungsgerichts - aus den von ihrer Zulässigkeitsbegründung genannten Gründen (Fehlen von Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den vorliegend relevanten, näher ausgeführten, Rechtsfragen) zulässig; sie ist aber nicht begründet.

24 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wurde gemäß § 37 Abs. 1 EisbEG iVm Art. 5 StGG eine Rückübereignung von zuvor für Zwecke der Luftfahrt enteigneten Grundflächen verfügt.

25 Die danach maßgebenden Rechtsvorschriften lauten:

26 1. Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger:

„Artikel 5. Das Eigentum ist unverletzlich. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.“

27 2. Luftfahrtgesetz, BGBl. Nr. 253/1957 idF BGBl. I Nr. 83/2008:

6. Teil

Enteignung für Zwecke der Luftfahrt

Enteignungsrecht

§ 97. Das Eigentum und andere dingliche Rechte können entzogen oder beschränkt werden, wenn darauf im öffentlichen Interesse nicht verzichtet werden kann (Enteignung für Zwecke der Luftfahrt):

a) im Bereich der Zivilluftfahrt

aa) zum Zweck der Errichtung oder Erweiterung von Anlagen der Flugsicherung, oder

bb) zum Zweck der Errichtung oder Erweiterung eines Flugplatzes, oder

cc) zum Zweck der Beseitigung von Luftfahrthindernissen oder deren Anpassung an die Bedürfnisse der Sicherheit der Luftfahrt, soweit die im § 96 hiefür vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichen.

...

 

Enteignungswerber

§ 98. Die Enteignung gemäß § 97 können beantragen:

a) für Zwecke der Flugsicherung der Bund, vertreten durch die Austro Control GmbH,

b) zum Zwecke der Errichtung oder der Erweiterung eines Zivilflugplatzes der Flugplatzhalter,

...

 

Sinngemäße Anwendung des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes

§ 99. (1) Hinsichtlich des Gegenstandes und des Umfanges der Enteignung, der Entschädigung, des Enteignungsverfahrens und des Vollzuges der Enteignung für Zwecke der Zivilluftfahrt gelten die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG), BGBl. Nr. 71/1954, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen sinngemäß.

...

(4) Zuständig für das Enteignungsverfahren ist die Bezirksverwaltungsbehörde.

...“

28 3. Eisenbahn‑Enteignungsentschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954 idF BGBl. I Nr. 111/2010 (EisbEG):

I. Gegenstand und Umfang der Enteignung.

§ 2. (1) Das Enteignungsrecht kann zu einer dauernden oder vorübergehenden Enteignung nur insoweit ausgeübt werden, als es die Herstellung und der Betrieb der Eisenbahn notwendig machen.

(2) Es umfaßt insbesondere das Recht:

1. auf Abtretung von Grundstücken;

...

 

§ 3. (1) Unter der im § 2 bezeichneten Voraussetzung kann die dauernde oder vorübergehende Abtretung von Grundstücken insoweit begehrt werden, als es zur Herstellung der Bahn, der Bahnhöfe, der an der Bahn und an den Bahnhöfen für Zwecke des Eisenbahnbetriebes zu errichtenden Gebäude oder zu sonstigen Anlagen, deren Herstellung dem Eisenbahnunternehmen obliegt, dann zur Unterbringung des beim Bau zu entfernenden Erdmateriales und Schuttes, endlich zur Gewinnung des notwendigen Schüttungs-, Rohstein- und Schottermateriales erforderlich ist.

...

 

II. Gegenstand und Umfang der Entschädigung.

§ 4. (1) Das Eisenbahnunternehmen ist verpflichtet, den Enteigneten für alle durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile gemäß § 365 ABGB. schadlos zu halten.

(2) Als Enteigneter ist jeder anzusehen, dem der Gegenstand der Enteignung gehört, oder dem an einem Gegenstande der Enteignung ein mit dem Eigentume eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zusteht.

...

 

III. Enteignungsverfahren

A. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde

§ 11. (1) Der Gegenstand und der Umfang der Enteignung sowie die Höhe der Entschädigung werden auf Grund der maßgeblichen tatsächlichen Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung festgesetzt.

(2) Zuständig für das Enteignungsverfahren ist die nach § 12 des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60, für die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung zuständige Behörde. ...

...

 

§ 17. (1) Die Behörde hat mit schriftlichem Bescheid den Gegenstand und den Umfang der Enteignung festzusetzen. Der Enteignungsbescheid bezieht sich auf die im Enteignungsplan dargestellten Flächen, deren Ausmaße im zugehörigen Verzeichnis (§ 12), unbeschadet der genaueren Vermessung in der Natur, ausgewiesen sind.

(2) Im Enteignungsbescheid ist auch über die Entschädigung unter Hinweis auf die Leistungsfrist (§ 33) abzusprechen. Liegt darüber ein zulässiges Übereinkommen (§ 22 Abs. 2 und 3) vor, so ist die Entschädigung nach diesem Übereinkommen festzusetzen. Andernfalls ist die Entschädigung auf Grund der Ergebnisse der durchgeführten Erhebungen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes festzusetzen. ...

 

§ 18. (1) Gegen den Bescheid der Behörde kann im Verwaltungsrechtsweg Berufung erhoben werden. Eine Berufung gegen die Entscheidung über die Entschädigung ist aber unzulässig. Dem Enteigneten und dem Eisenbahnunternehmen steht es frei, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen Landesgericht (Abs. 2) zu begehren. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft.

(2) Für die Entscheidung über die Entschädigung ist in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht zuständig, in dessen Sprengel der Gegenstand der Enteignung liegt.

(3) Auf das Recht zur Anrufung des Gerichtes sind die Parteien im Enteignungsbescheid hinzuweisen.

...

 

B. Festsetzung der Entschädigung durch das Gericht

§ 22. (1) Sofern sich das Eisenbahnunternehmen und der Enteignete über die Entschädigung nicht einigen können, hat diese das Gericht festzusetzen.

...

 

§ 23. (1) Dem Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung ist eine Kopie des Enteignungsbescheides anzuschließen.

(2) Hat das Eisenbahnunternehmen die Entschädigung vorbehaltlos gezahlt, so gilt die im Bescheid festgesetzte Entschädigung als von ihm anerkannt.

(3) Der Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung kann ohne Zustimmung des Antragsgegners nicht zurückgezogen werden. Bei Zurückziehung aller Anträge gilt die im Enteignungsbescheid festgelegte Entschädigung als vereinbart.

...

 

C. Leistung der Entschädigung

§ 33. Die Leistungsfrist für die vom Eisenbahnunternehmen zu leistende Entschädigung (§§ 8 und 9) beträgt 14 Tage. Die Frist beginnt mit dem ungenützten Ablauf der dreimonatigen Frist zur Anrufung des Gerichtes (§ 18 Abs. 1), mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Entschädigung oder ‑ sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben ‑ mit dem Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs. Kommt das Eisenbahnunternehmen seiner Verpflichtung nicht innerhalb der Leistungsfrist nach, so hat es die gesetzlichen Verzugszinsen vom Beginn der Leistungsfrist an zu vergüten.

...

 

IV. Vollzug der Enteignung.

Rechte und Pflichten des Eisenbahnunternehmens und des Enteigneten.

§ 35. (1) Die Enteignung ist vollzogen, wenn das Eisenbahnunternehmen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Enteigneten oder im Zwangswege gegen seinen Willen in den Besitz des enteigneten Gegenstandes (§ 2) gelangt ist. Der zwangsweise Vollzug der Enteignung setzt einen rechtskräftigen oder nach § 40 Abs. 2 erlassenen Enteignungsbescheid oder eine nach § 26 getroffene Vereinbarung voraus und steht der Bezirksverwaltungsbehörde zu.

(2) Der Vollzug ist auf Antrag des Eisenbahnunternehmens zu bewilligen, wenn es die im rechtskräftigen Enteignungsbescheid festgesetzte Entschädigung geleistet oder gerichtlich hinterlegt und die in diesem Bescheid festgesetzte Sicherheit geleistet hat.

...

 

§ 36. Kommt das Eisenbahnunternehmen seiner Verpflichtung nicht innerhalb der Leistungsfrist (§ 33) nach, so kann der Enteignete die zwangsweise Leistung der Entschädigung samt Verzugszinsen oder der Sicherheit nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, begehren.

 

Rückübereignung

§ 37. (1) Wird der Enteignungsgegenstand ganz oder teilweise nicht für den Enteignungszweck verwendet, so kann der Enteignete nach Ablauf der für die Bauausführung und Betriebseröffnung festgelegten oder verlängerten Frist oder ‑ wenn keine solche Frist festgelegt worden ist ‑ nach Ablauf von drei Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides bei der Behörde die Rückübereignung des Enteignungsgegenstandes oder seines Teils beantragen. Der Anspruch erlischt, wenn ihn der Enteignete nicht innerhalb eines Jahres ab dem Zugang einer Aufforderung durch das Eisenbahnunternehmen bei der Behörde geltend macht, spätestens aber zehn Jahre nach Rechtskraft des Enteignungsbescheids.

(2) Im Bescheid über die Rückübereignung ist auch über einen angemessenen Rückersatz der Enteignungsentschädigung unter Anrechnung des Wertes zwischenzeitlich begründeter dinglicher und obligatorischer Rechte abzusprechen. Bei unbilligen Härten ist für die Leistung des Rückersatzes unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Enteigneten Ratenzahlung zu bewilligen. Mit Rechtskraft des Rückübereignungsbescheides und vollständiger Leistung oder Sicherstellung des Rückersatzes sind die früheren Rechte des Enteigneten wiederhergestellt.

(3) Die dinglich oder obligatorisch Berechtigten, deren Rechte am Enteignungsgegenstand durch die Enteignung erloschen sind, sind von der Einleitung des Rückübereignungsverfahrens zu verständigen. Soweit sie nicht amtlich bekannt sind, hat die Verständigung durch eine öffentliche Bekanntmachung in zumindest einer im Bundesland weitverbreiteten Tageszeitung und im Internet sowie durch Anschlag in der betreffenden Gemeinde zu erfolgen. Wenn sie innerhalb von drei Monaten nach ihrer Verständigung die Wiederherstellung ihrer Rechte beantragen, so sind ihnen diese in sinngemäßer Anwendung der Abs. 1 und 2 gegen den Rückersatz der empfangenen Entschädigung im Bescheid insoweit wieder zuzuerkennen, als ihnen zwischenzeitlich begründete andere dingliche oder obligatorische Rechte nicht widersprechen.

(4) Auf die Festsetzung des Rückersatzes der Entschädigung ist § 18 Abs. 1 über die Anrufung des Gerichtes anzuwenden. Die Behörde hat die Herstellung des rechtmäßigen Grundbuchstandes zu veranlassen.

(5) Bis zum Erlöschen des Rückübereignungsanspruchs ist die Veräußerung des Enteignungsgegenstandes unzulässig, es sei denn, dass der Enteignete auf seinen Anspruch verzichtet. Eine entgegen dieser Bestimmung vorgenommene Veräußerung ist nichtig. Für Schäden, die dem gutgläubigen Erwerber durch eine derartige Veräußerung entstehen, hat das Eisenbahnunternehmen volle Genugtuung zu leisten.“

29 Die maßgeblichen Vorschriften des EisbEG gehen zurück auf die Novelle BGBl. I Nr. 112/2003 (Außerstreit‑Begleitgesetz).

30 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (225 Blg. NR 22. GP) sprechen als wesentliche Gesichtspunkte der Reform ‑ neben der Anpassung an die allgemeinen Bestimmungen des neuen Außerstreitgesetzes ‑ die Einführung der sukzessiven Kompetenz und eine Straffung des Verwaltungsverfahrens (Trennung des Eisenbahnbau‑ und des ‑enteignungsverfahrens, Entfall der vormals für die Führung des Enteignungsverfahrens zuständigen Kommission und Übertragung der Zuständigkeit an die Behörde) an. Es solle ein rascherer Vollzug der im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignungen ermöglicht, das Gesetz aber auch zugunsten des Enteigneten verbessert werden. Der Entwurf wolle dazu beitragen, „das strukturelle Ungleichgewicht zwischen dem Eisenbahnunternehmen und seinem Gegner zu mildern“. Im verwaltungsbehördlichen Enteignungsverfahren solle nicht nur über den Gegenstand und den Umfang der Enteignung, sondern auch über die Entschädigung abgesprochen werden. „Dieser Teil des Enteignungsbescheids“ solle jedoch „nicht im Verwaltungsrechtsweg bekämpft werden können, sondern nur durch die Anrufung des zuständigen Landesgerichtes“.

31 Zu § 18 wird u.a. Folgendes ausgeführt:

„§ 18 Abs. 1 stellt zunächst klar, dass gegen den Enteignungsbescheid im Verwaltungsrechtsweg berufen werden kann. ...

§ 18 Abs. 1 enthält zudem die schon mehrfach angesprochene sukzessive Kompetenz zur Entscheidung über die Enteignungsentschädigung. Dabei kann es um deren Höhe, aber auch um den Grund des Anspruchs gehen (vgl. etwa VfGH 23. 6. 1994 VfSlg. 13.807/1994; Rath‑Kathrein, Die Neufassung des § 117 Abs. 4 Wasserrechtsgesetz ‑ ein „Quasi‑Quasi‑Instanzenzug“? ZfV 1992, 23, 26 f.) Die sukzessive Kompetenz hat sich in anderen Enteignungsgesetzen durchaus bewährt. Sie dient der Beschleunigung der Enteignungsverfahren und gewährleistet gleichzeitig, dass über den zivilrechtlichen Anspruch auf Entschädigung die ordentlichen Gerichte angerufen werden können. Gegen die Entscheidung der Enteignungsbehörde über die Entschädigung soll daher eine Berufung im Verwaltungsrechtsweg unzulässig sein. Den Parteien soll es aber freistehen, innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheides eine gerichtliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung zu beantragen. Eine Befristung dieses Antrags mit dem Zeitraum von drei Monaten findet sich in den meisten Enteignungsgesetzen. Sieht ein Gesetz aber eine längere Frist vor, so ist diese längere Frist maßgeblich. Im Übrigen soll klargestellt werden, dass die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung mit der Anrufung des Gerichtes kraft Gesetzes außer Kraft tritt.“

32 Zu § 37 heißt es:

§ 37 EisenbEntG 1954 ermöglicht eine gänzliche oder teilweise Aufhebung des Enteignungsbescheides des Landeshauptmanns. Die Bestimmung ist freilich unklar. Sie regelt jedenfalls nicht den Fall, dass der den Enteignungsgrund bildende öffentliche Zweck in der Folge nicht verwirklicht wird (VfGH 3. 10. 1980 VfSlg 8.982). In Anlehnung an § 20a Bundesstraßengesetz 1971 soll daher ein Anspruch des Enteigneten auf Rückübereignung der enteigneten Sache oder ihrer Teile eingeführt werden. Die Frist, ab deren Ablauf der Antrag auf Rückübereignung gestellt werden kann, soll allerdings an die Besonderheiten des eisenbahnrechtlichen Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren angepasst werden. Sofern im Bau- und Betriebsbewilligungsverfahren eine Frist zur Ausführung des Baus und zur Eröffnung des Betriebs der Eisenbahn vorgeschrieben worden ist (§ 35 Abs. 4 Eisenbahngesetz 1957), kann der Enteignete den Antrag auf Rückübereignung erst nach Ablauf dieser Frist stellen. Hat die Behörde die von ihr vorgeschriebene Frist nach § 35 Abs. 4 leg. cit. verlängert, so kommt es auf den Ablauf dieser verlängerten Frist an. Wenn dagegen für die Ausführung des Baus und die Eröffnung des Betriebs keine Frist gesetzt worden ist, so soll der Antrag auf Rückübereignung nach Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft des Enteignungsbescheides gestellt werden können. Im Übrigen folgt § 37 dem Vorbild des § 20a Bundesstraßengesetz 1971, wobei diese Bestimmung aber auf Grund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens vereinfacht werden soll. Die zwischenzeitlich begründeten dinglichen oder obligatorischen Rechte am Enteignungsgegenstand sollen nicht erlöschen, sondern vom Rückübereignungswerber in Anrechung auf den von ihm zu leistenden Rückersatz übernommen werden.“

33 Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 18. September 2013, 2013/03/0096, klargestellt hat, ist auch im luftfahrtrechtlichen Enteignungsverfahren die Bestimmung des § 37 EisbEG anzuwenden: § 99 LFG übernimmt explizit die Systematik des EisbEG und normiert ausdrücklich die sinngemäße Anwendung des EisbEG (auch) hinsichtlich des „Vollzugs der Enteignung“ und damit auch der im mit „Vollzug der Enteignung“ überschriebenen IV. Teil des EisbEG enthaltenen Bestimmung des § 37.

34 Zwar spricht auch die geltende Fassung des § 18 Abs. 1 EisbEG davon, dass gegen den Bescheid der Behörde „im Verwaltungsrechtsweg Berufung erhoben werden“ kann. Ungeachtet dessen, dass eine Anpassung des EisbEG an die Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012 also (nach wie vor) unterblieben ist, muss diese Wendung auf dem Boden des jeweils verfassungsgesetzlich vorgegebenen Gebots einer Beschwerdemöglichkeit und der grundsätzlichen (von im Revisionsfall nicht relevanten Ausnahmen abgesehen) Abschaffung eines administrativen Instanzenzugs dahin verstanden werden, dass gegen die behördliche Entscheidung über die Enteignung, nicht aber über die Entschädigung, Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben werden kann. Dass das Verwaltungsgericht zuständig war, über die Beschwerde der Mitbeteiligten gegen den Bescheid der belangten Behörde (inhaltlich) zu entscheiden, wurde denn auch von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht in Zweifel gezogen.

35 Es entspricht aber auch der ‑ von der Zulässigkeitsbegründung der Revision primär angesprochene ‑ Umstand, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über einen „angemessenen Rückersatz der Enteignungsentschädigung“ iSd § 37 Abs. 2 EisbEG nicht getroffen hat, der geltenden Rechtslage:

36 Gemäß § 37 Abs. 2 EisbEG ist im Bescheid über die Rückübereignung auch über einen angemessenen Rückersatz der Enteignungsentschädigung abzusprechen.

37 Gemäß § 37 Abs. 4 EisbEG ist auf die Festsetzung des Rückersatzes der Entschädigung § 18 Abs. 1 über die Anrufung des Gerichts anzuwenden.

38 Das ‑ an die Stelle der bisherigen Berufungsbehörde getretene ‑ Verwaltungsgericht hat also im Beschwerdeweg über „Gegenstand und Umfang der Enteignung“ (§ 17 Abs. 1 EisbEG) bzw. über die „Rückübereignung des Enteignungsgegenstands“ (§ 37 Abs. 1 EisbEG) abzusprechen. Eine Kompetenz, auch über die „Entschädigung“ für die Enteignung (§ 17 Abs. 2 erster Satz EisbEG)bzw. über den „angemessenen Rückersatz“ dieser Entschädigung (§ 37 Abs. 2 EisbEG) zu entscheiden, kommt ihm aber nicht zu:

39 Wenn das EisbEG normiert, dass im Enteignungsbescheid sowohl über die Enteignung an sich als auch über die dafür festzusetzende Entschädigung abzusprechen ist (§ 17 Abs. 1 und Abs. 2), dass eine „Berufung“ gegen die behördliche Entscheidung über die Enteignung, nicht aber über die Enteignungsentschädigung zulässig ist (§ 18 Abs. 1 erster und zweiter Satz) und dass es den Parteien freisteht, binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheids die Festsetzung der Entschädigung bei Gericht zu beantragen, wobei mit der Anrufung des Gerichts die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Entschädigung außer Kraft tritt (§ 18 Abs. 2 dritter und vierter Satz), wird klargestellt, dass das - die bisherige Berufungsbehörde insoweit ersetzende - Verwaltungsgericht (anders als die Behörde) nur über die Frage der Enteignung, nicht aber über den daraus resultierenden Entschädigungsanspruch, zu entscheiden hat.

40 Gleiches gilt für eine allfällige Rückübereignung nach § 37 EisbEG, weil gemäß § 37 Abs. 4 EisbEG auf die Festsetzung des Rückersatzes der Entschädigung § 18 Abs. 1 über die Anrufung des Gerichts anzuwenden ist: Dementsprechend entscheidet das Verwaltungsgericht nur über die Frage der Rückübereignung, nicht aber über den aus dieser Entscheidung resultierenden Gegenanspruch auf Rückersatz der Enteignungsentschädigung.

41 Diese vom Gesetz vorgegebene Zuständigkeitsverteilung (behördliche Entscheidung über die Enteignung bzw. Rückübereignung samt damit verbundenen Gegenansprüchen auf Enteignungsentschädigung bzw. deren Rückersatz; Entscheidung des im Beschwerdeweg angerufenen Verwaltungsgerichts nur über Enteignung bzw. Rückübereignung; Entscheidung des Zivilgerichts über die Festsetzung der Entschädigung bzw. deren Rückersatz) gilt auch für eine im Revisionsfall vorliegende Konstellation, wenn mit der behördlichen Entscheidung der Antrag (auf Enteignung bzw. Rückübereignung) abgewiesen und demgemäß gar keine Entscheidung über eine Entschädigung bzw. deren Rückersatz getroffen wurde:

42 Die Wendung im (durch § 37 Abs. 4 EisbEG für Rückübereignungsverfahren verwiesenen) § 18 Abs. 1 EisbEG, wonach es dem Enteigneten und dem Eisenbahnunternehmen frei steht, „binnen drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheids die Festsetzung der Entschädigung bei dem zuständigen Landesgericht“ zu begehren, ist offen auch für den Fall, dass durch die Behörde der entsprechende Antrag abgewiesen und ihm erst im Berufungs- bzw. nunmehr Beschwerdeweg stattgegeben wurde. Auch diesfalls tritt Rechtskraft der Enteignungsentscheidung ein, womit die dreimonatige Frist für die allfällige Anrufung des Zivilgerichts zur Festsetzung einer Enteignungsentschädigung in Gang gesetzt wird.

43 Diese Sichtweise entspricht dem von den Materialien genannten, in der systematischen Gliederung des Gesetzes („A. Verfahren vor der Verwaltungsbehörde“ bzw. “B. Festsetzung der Entschädigung durch das Gericht“) zum Ausdruck kommenden Ziel der Novelle durch das Außerstreit-Begleitgesetz, wonach die Entschädigung im Streitfall - also in Ermangelung einer Einigung zwischen Enteignetem und Eisenbahnunternehmen bzw. wenn sich einer der Beteiligten nicht mit der diesbezüglichen behördlichen Entscheidung zufrieden gibt - durch das „Gericht“ (nämlich das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht, in dessen Sprengel der Enteignungsgegenstand liegt; vgl. § 18 Abs. 2 EisbEG) festgesetzt werden soll.

44 Das Unterlassen einer Entscheidung über einen allfälligen Rückersatz der Enteignungsentschädigung durch das Verwaltungsgericht entsprach also dem Gesetz.

45 Ebensowenig berechtigt ist das Revisionsvorbringen insoweit, als es, getragen von der Prämisse, im Enteignungsbescheid vom 7. Mai 2008 sei kein konkreter Enteignungszweck festgelegt worden, geltend macht, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe nicht fest, dass der Enteignungsgegenstand nicht dem bescheidmäßig festgelegten Enteignungszweck zugeführt wurde.

46 In diesem Zusammenhang ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass nach der Judikatur der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts (vgl. nur etwa VfGH 26.2.1998, VfSlg. 15.096/1998 mwN.; VwGH 24.6.2014, 2011/05/0150, mwN.) dem Rechtsinstitut der Enteignung die Rückgängigmachung bei Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Zwecks immanent ist.

47 Wenn nun für den Ausspruch einer Enteignung ‑ sei es in einem entsprechenden eisenbahn‑ oder einem luftfahrtrechtlichen Verfahren ‑ die „Notwendigkeit der Enteignung“, also der Nachweis, dass die Umsetzung des konkreten Vorhabens die Einbeziehung der zu enteignenden Liegenschaft erfordert, Voraussetzung ist, bedarf es einer entsprechenden Konkretisierung, also der Klarstellung, für welches konkrete Projekt die Enteignung erforderlich sei (vgl. VwGH 26.3.2012, 2009/03/0142). In dem eben zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof betont, dass gerade das ‑ schon von Verfassung wegen bestehende ‑ Gebot, eine zweckverfehlende Enteignung rückabzuwickeln, Klarheit darüber erfordert, für welches Vorhaben die Enteignung bewilligt wird, könnte doch ansonsten später nicht festgestellt werden, ob das Vorhaben verwirklicht wurde.

48 Der Verwaltungsgerichtshof hat auch schon klargestellt, dass eine ‑ die Verpflichtung zur Rückgängigmachung der Enteignung begründende ‑ Nichtverwirklichung des als Enteignungsgrund normierten öffentlichen Zwecks dann gegeben ist, wenn dieser überhaupt nicht oder nicht in dem ursprünglich beabsichtigten Ausmaß verwirklicht wird. Ob etwa enteignete Flächen für andere Zwecke benötigt werden, ist aus der Sicht der Aufhebung einer Enteignung wegen Nichtverwirklichung des Enteignungszwecks unerheblich. Der in einem Enteignungsbescheid ausgesprochene öffentliche Zweck der Enteignung ist zufolge des hoheitlichen Charakters des Verwaltungsakts einer nachträglichen Modifikation durch die Parteien des seinerzeitigen Enteignungsverfahrens nicht zugänglich (VwGH 30.9.1992, 90/03/0003).

49 Dass das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat, Enteignungszweck sei die Umsetzung der später, nämlich mit dem Bescheid vom 2. Dezember 2016, wieder geänderten Zivilflugplatz-Bewilligung (Erweiterung des Flugplatzes durch Änderung der festgelegten Flugplatzgrenzen und Einbeziehung des strittigen Grundstücks) gewesen, ist nicht zu beanstanden: Das Verwaltungsgericht konnte sich dazu nicht nur auf den eigenen Antrag der Revisionswerberin, sondern auch auf die Begründung des Enteignungsbescheids vom 7. Mai 2008 stützen. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin ist diese Begründung zur Beurteilung der Frage, was Zweck der ausgesprochenen Enteignung war, heranzuziehen, ist dem Spruch doch nur zu entnehmen, welche Grundflächen welcher Eigentümer zu Gunsten des Enteignungswerbers, der Revisionswerberin, enteignet werden. Zudem verbietet auch der Umstand, dass zumindest im Zweifel der Spruch eines Bescheids gesetzeskonform auszulegen ist (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2018/03/0039), die von der Revisionswerberin vertretene Sichtweise, eine konkrete Zweckfestlegung im Enteignungsbescheid sei nicht vorgenommen worden: Eine solche Festlegung ist einerseits deshalb erforderlich, um beurteilen zu können, ob der angegebene Zweck im öffentlichen Interesse liegt, andererseits erfordert (wie oben ausgeführt) auch eine allenfalls gebotene Rückübereignung Klarheit darüber, für welches Vorhaben die Enteignung bewilligt wird.

50 Die Revision macht weiter geltend, die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Rückübereignung hätte auch deshalb nicht verfügt werden dürfen, weil der verfahrenseinleitende Antrag der Mitbeteiligten einen nicht verbesserungsfähigen Mangel aufgewiesen habe, indem zum einen nicht ausdrücklich die Rückübereignung des betreffenden Grundstücks beantragt worden sei, zum anderen nicht beantragt worden sei, dass die Rückübereignung gegen Ausfolgung der Enteignungsentschädigung erfolgen möge. Das lediglich auf die Teilaufhebung des Enteignungsbescheids (hinsichtlich des Grundstücks Nr. 163/29) gerichtete Begehren sei undeutlich und unzureichend gewesen, weil der damit verfolgte Zweck nicht hervorgegangen sei. Da die Anordnung der Rückübereignung und die Festsetzung des dafür zu leistenden Rückübereignungsentschädigungsbetrags „notwendig gekoppelt“ seien, hätte der Antrag auch beinhalten müssen, dass die (teilweise) Aufhebung des Enteignungsbescheids gegen Bezahlung der Rückübereignungsentschädigung erfolgen solle.

51 Auch dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses auf.

52 Einleitend ist zunächst festzuhalten, dass schon die belangte Behörde den Antrag der Mitbeteiligten auf „Teilaufhebung des Bescheid vom 7.5.2008“ als einen Antrag nach § 37 EisbEG beurteilt hat, wie unzweifelhaft ihre Erledigung vom 4. Mai 2017 erkennen lässt, mit der sie zwecks Wahrung des Parteiengehörs der Revisionswerberin den Antrag der Mitbeteiligten „im somit ... anhängigen Verfahren nach § 37 Eisenbahn‑Enteignungsentschädigungsgesetz (Teilaufhebung des Enteignungsbescheides und Rückübereignung)“ zur Stellungnahme übermittelt hat. Die belangte Behörde hatte daher keinen Zweifel, welcher „Zweck“ mit dem Antrag verfolgt wurde.

53 Ausgehend vom Inhalt der dazu von der Revisionswerberin erstatteten Stellungnahme hatte aber auch sie selbst offenkundig daran keinen Zweifel: So macht sie „zur Frage der Zweckfestlegung im Enteignungsbescheid“ zunächst geltend, der Enteignungsbescheid enthalte keine Festlegung des Enteignungszwecks, weshalb der Antrag der Mitbeteiligten schon deshalb scheitern müsse, weil ohne Zweckbestimmung entzogene Rechte „der Rückübereignungwegen Zweckverfehlung schon per definitionem nicht unterliegen können“. Dass der Antrag auf Rückübereignung gerichtet war, wurde also auch von der Revisionswerberin erkannt.

54 Vor diesem Hintergrund war eine ‑ von der Revision vermisste ‑ Verbesserung des Antrags der Mitbeteiligten zwecks Klarstellung entbehrlich, zumal bei verständiger Würdigung des Antragsinhalts (ein Anspruch auf Rückübereignung ist durch rückwirkende Aufhebung des Enteignungsbescheids zu erfüllen, vgl. VfGH 2.12.1996, VfSlg. 14.686) der Antrag unzweifelhaft als Rückübereignungsantrag iSd § 37 Abs. 1 EisbEG zu verstehen war und von den Beteiligten offenbar auch so verstanden wurde.

55 Der Antrag der Mitbeteiligten war entgegen den Revisionsannahmen aber auch nicht etwa insofern mangelhaft, als er nicht auf einen Rückersatz der Enteignungsentschädigung iSd § 37 Abs. 2 EisbEG Bezug nahm: Dem § 37 Abs. 2 EisbEG, wonach im Bescheid über die Rückübereignung auch über einen angemessenen Rückersatz der Enteignungsentschädigung abzusprechen ist, kann nämlich nicht entnommen werden, dass ein Antrag auf Rückübereignung iSd § 37 Abs. 1 EisbEG etwa ein ausdrückliches Anbot auf einen solchen Rückersatz enthalten müsse. Ein solches Anbot bzw. eine Erklärung dahin, dass die Rückübereignung nur gegen Rückersatz der Enteignungsentschädigung zu erfolgen habe, ist vielmehr entbehrlich, weil § 37 Abs. 2 EisbEG ohnehin anordnet, dass darüber im Bescheid gleichzeitig abzusprechen ist.

56 Die Revision macht schließlich geltend, der Anspruch der Mitbeteiligten auf Rückübereignung sei verjährt. Sie beruft sich dazu auf § 37 Abs. 1 letzter Satz EisbEG und vertritt die Auffassung, entscheidend sei das Verstreichen einer Zehnjahresfrist zwischen Rechtskraft des Enteignungsbescheids und Ergehen der Entscheidung über den Antrag auf Rückübereignung. Selbst wenn also ein solcher Antrag vor Ablauf der Frist gestellt werde, aber innerhalb der Frist keine Entscheidung getroffen wurde, erlösche der Anspruch. Die Rückübereignung hätte also auch deshalb nicht verfügt werden dürfen, weil der von den Mitbeteiligten nicht angefochtene Enteignungsbescheid vom 7. Mai 2008 zwei Wochen nach Zustellung in Rechtskraft erwachsen sei, das in Revision gezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichts vom 11. Juli 2018 daher außerhalb der Zehnjahresfrist ergangen sei.

57 Auch dieses Vorbringen ist unbegründet.

58 § 37 Abs. 1 EisbEG setzt einem Anspruch auf Rückübereignung mehrfache zeitliche Grenzen:

59 Ein solcher Anspruch entsteht erst mit Ablauf der für Bauausführung und Betriebsaufnahme festgelegten, gegebenenfalls verlängerten Frist. In Ermangelung einer solchen Frist kann die Rückübereignung frühestens drei Jahre nach Eintritt der Rechtskraft des Enteignungsbescheids beantragt werden.

60 Der Anspruch erlischt nach § 37 Abs. 1 letzter Satz EisbEG in zwei Fällen. Erhebt das Eisenbahnunternehmen eine entsprechende Aufforderung, steht dem Enteigneten eine einjährige Frist zur Geltendmachung seines Rückübereignungsanspruchs zur Verfügung, „spätestens“ erlischt der Anspruch aber zehn Jahre nach Rechtskraft des Enteignungsbescheids.

61 Der Revisionswerberin ist einzuräumen, dass eine isolierte Betrachtung des Wortlauts des § 37 Abs. 1 letzter Satz EisbEG ihre Auffassung, es komme hinsichtlich des Erlöschens des Anspruchs nicht auf die Antragstellung, sondern bloß auf das Verstreichen der Frist vor Ergehen der über den Antrag absprechenden Entscheidung an, zu stützen scheint.

62 Unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und des offenkundig mit der Regelung verfolgten Ziels ist aber der Auslegung der Vorzug zu geben, wonach der Anspruch dann nicht erlischt, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Zehnjahresfrist geltend gemacht und weiter verfolgt wurde, selbst wenn eine Entscheidung darüber erst nach Ablauf von zehn Jahren ergeht:

63 Zunächst ist festzuhalten, dass es der Enteignungswerber (das Eisenbahnunternehmen) in der Hand hat, einen allfälligen Anspruch auf Rückübereignung gar nicht entstehen zu lassen, indem er den Enteignungsgegenstand für den vorgesehenen Zweck verwendet. Geschieht dies, kann ein Anspruch auf Rückübereignung gar nicht entstehen und ist die Enteignung unter dem Gesichtspunkt der Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG irreversibel, selbst wenn der (zunächst verwirklichte) Zweck in späterer Folge aufgegeben wird (vgl. VwGH 12.9.2006, 2003/03/0179, mwN.)

64 Vom Verhalten des Enteignungswerbers ist aber auch der Beginn des für einen Antrag auf Rückübereignung maßgebenden Fristenlaufs insofern abhängig, als erst der ‑ ungenützte ‑ Ablauf der für Bauausführung bzw. Betriebseröffnung festgelegten Frist den Enteigneten dazu berechtigt, die Rückübereignung zu beantragen. Da der Enteignungswerber regelmäßig Partei des Verfahrens betreffend Bau‑ bzw. Betriebsbewilligung ist, kommt ihm auch das Recht zu, eine Verlängerung der entsprechenden Frist zu beantragen (was auch im Revisionsfall geschehen ist und maßgeblicher Grund für die Abweisung des ersten Rückübereignungsantrags der Mitbeteiligten war).

65 Letztlich hat es der Enteignungswerber auch in der Hand, für den Fall, dass eine Verwendung des Enteignungsgegenstands für den Enteignungszweck nicht erfolgte, Klarheit über eine allfällige Rückabwicklung durch Rückübereignung dadurch zu erzielen, dass von ihm iSd § 37 Abs. 1 letzter Satz erste Alternative EisbEG eine entsprechende Aufforderung erhoben wird. Macht dann der Enteignete nicht binnen eines Jahres seinen Rückübereignungsanspruch geltend, erlischt er.

66 Wollte man nun (im Sinne der von der Revisionswerberin vertretenen Auslegung) die Auffassung vertreten, der Rückübereignungsanspruch erlösche jedenfalls - unabhängig von einer rechtzeitigen Antragstellung durch den Enteigneten - zehn Jahre nach Rechtskraft des Enteignungsbescheids, hieße dies, selbst einem besonders sorgfältigen und sachkundigen Enteigneten, der seinerseits die erforderlichen Schritte für die Durchsetzung seines Rückübereignungsanspruchs gesetzt hat, auch das Risiko einer (von ihm unbeeinflussbaren) Verfahrensverzögerung etwa durch Behörde oder Verwaltungsgericht, aber auch durch den Antragsgegner (also den seinerzeitigen Enteignungswerber) aufzuhalsen.

67 Eine solche Sichtweise wäre schwerlich in Einklang zu bringen mit dem in den Materialien zum Außerstreit‑Begleitgesetz angesprochenen Ziel, die Rechtsstellung des Enteigneten zu verbessern bzw. das „strukturelle Ungleichgewicht zwischen dem Eisenbahnunternehmen und seinem Gegner zu mildern“.

68 Sie stünde zudem in einem erheblichen Spannungsverhältnis zu dem grundsätzlichen Gebot, erforderlichen Rechtsbehelfen ein Mindestmaß an faktischer Effizienz zu verleihen, wenn es darum geht, den verfassungsgesetzlich vorgesehenen Eigentumsschutz (Art. 5 StGG) zu verwirklichen.

69 Anzumerken ist schließlich Folgendes: Bei der in Rede stehenden Bestimmung nach § 37 Abs. 1 letzter Satz EisbEG handelt es sich der Sache nach um eine Verjährungsbestimmung (vgl. dazu Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 260; so auch Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts, 324): Das dem Enteigneten zukommende Recht auf Rückübereignung bei Nichtverwirklichung des Enteignungszwecks wird zeitlich begrenzt und erlischt durch nicht rechtzeitige Geltendmachung.

70 Die rechtspolitische Begründung für die erhebliche Beeinträchtigung erworbener Rechtspositionen durch das Verjährungsrecht liegt vor allem in den Erfordernissen der Rechtssicherheit, der Praktikabilität und der wirtschaftlichen Effektivität. Das Verjährungsrecht dient insoweit zunächst dem Schutz des Schuldners. Dieser soll einerseits nach Ablauf einer längeren Frist nicht mehr mit Forderungen konfrontiert werden, hinsichtlich derer die Beweislage wegen Zeitablaufs schwierig geworden ist; andererseits soll er mit zunehmendem zeitlichen Abstand von der Fälligkeit sich darauf einrichten dürfen, nicht mehr vom Gläubiger in Anspruch genommen zu werden. Das Verjährungsrecht dient aber auch öffentlichen Zwecken, so dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Vermeidung übermäßiger Verfahrensdauer (vgl. nur etwa M. Bydlinski in Rummel 3. Auflage, § 1451 ABGB, Rz 2; Mader/Janisch in Schwimann/Kodek, ABGB 4. Auflage VI § 1451, Rz 2). Zu den zentralen Leitgedanken des Verjährungsrechts zählt danach auch, dass die Verjährung, um sie gegenüber dem Gläubiger zu rechtfertigen, nicht beginnen darf, ohne dass dieser ‑ zumindest objektiv und generell betrachtet ‑ mit den nach den Umständen indizierten Maßnahmen der Rechtsverfolgung säumig ist (vgl. etwa OGH 19.12.1995, 1 Ob 621/95 [verstärkter Senat], wonach die ‑ kurze ‑ Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnt).

71 Wenn sich die Bestimmungen über die Verjährung auch nicht ohne Weiteres auf das öffentliche Recht übertragen lassen, kann dann, wenn in Vorschriften des öffentlichen Rechts Verjährungsbestimmungen ausdrücklich enthalten sind, unter Bedachtnahme auf § 7 ABGB doch ergänzend auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden (vgl. nur etwa VwGH 24.10.2017, Ra 2017/10/0143, mwN.).

72 Die Regelungen über Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung (§§ 1497 ff ABGB) gehören zu den allgemeinen Grundsätzen des zivilrechtlichen Verjährungsrechts (vgl. OGH 27.1.1998, 1 Ob 155/97v). Nach § 1497 ABGB wird die Verjährung u.a. dadurch unterbrochen, dass derjenige, der sich auf dieselbe berufen will, vor dem Ablauf der Verjährungsfrist „von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird“. Einer gerichtlichen Geltendmachung durch den Berechtigten kommt also Unterbrechungswirkung zu.

73 Die Auffassung der Revisionswerberin begegnet daher auch dem Bedenken, dass damit vom allgemeinen Verjährungsrecht abgewichen würde, ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung zu sehen wäre (diese Kritik wird im Übrigen auch von der von der Revisionswerberin berufenen Literaturstimme [Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts, 324] geäußert): Hat der Enteignete (also der „Gläubiger“ im gegebenen Zusammenhang) die notwendigen Schritte zur Effektuierung seines Rückübereignungsanspruchs rechtzeitig gesetzt, so kann eine Berufung auf die „erzieherische Wirkung“ der Verjährungsvorschriften (vgl. neuerlich M. Bydlinski) das Ergebnis nicht rechtfertigen. Dass es der potentielle „Schuldner“ (also der Enteignungswerber bzw. das Eisenbahnunternehmen als der gegebenenfalls zur Rückübereignung Verpflichtete) ohnehin in der Hand hat, seinerseits effektive Schritte zur Umsetzung des Enteignungszwecks bzw. auch nur zur Klarstellung einer allfälligen Rückübereignungspflicht zu setzen, wurde bereits oben betont. Dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und der Vermeidung übermäßigen Verfahrensaufwands schließlich würde durch eine Bestimmung, die den Rückübereignungsanspruch und damit den verfassungsmäßig gebotenen Eigentumsschutz jedenfalls und unabhängig von sonstigen Gegebenheiten insofern beschneidet, als er nach zehn Jahren stets erlischt, keineswegs gedient.

74 Dass die in Revision gezogene Entscheidung auf Rückübereignung erst nach Ablauf von zehn Jahren ab Rechtskraft des seinerzeitigen Enteignungsbescheids ergangen ist, begründet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses.

75 Nach dem Gesagten lässt der Inhalt der Revision erkennen, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen. Die Revision war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

76 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine gesonderte Entscheidung des Berichters über den in der Revision gestellten Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

77 Die von den Mitbeteiligten ‑ ohne Einleitung des Vorverfahrens und ohne entsprechende Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof ‑ erstattete Revisionsbeantwortung war als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 10. Oktober 2018

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